Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ||
Ach, Quark. Die Zitate von Nolte erklären ja nicht nur die Handlungen aus den Gefühlen, |
Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
sondern sie wollen auch die Gefühle selbst erklären, z.B. aus der Bedrohung durch den Bolschewismus, und dann erklären sie die Gefühle für gerechtfertigt. |
Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
Und die Antwort auf die Frage, warum die Handlungen selbst nicht gerechtfertigt sein sollen, obwohl die Gefühle, aus denen sie resultieren, für gerechtfertigt erklärt werden, bleiben sie uns mal eben schuldig. Du siehst, wieso das für viele Leute zumindest ein Geschmäckle hat? |
fwo hat folgendes geschrieben: | ||
Willst Du mir primitivem Naturwissenschaftler damit jetzt andeuten, dass Dein Menschenbild eines Philosophen so aussieht, dass für Dich das z.B. Gefühl des Hasses (subjektive Ebene) eine auch nach außen (soziale Ebene - da können wir rechtfertigen) hinreichende Begründung ist, jemanden umzubringen, nur weil der gehasste Typ wirklich ein Arschloch ist, das Gefühl also berechtigt? Danke für diesen Hinweis. Ich hätte das jetzt für Allgemeingut gehalten, dass Gefühle nicht hinreichend sind, Taten zu begründen, die andere Menschen betreffen. |
Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
Warum nennt Nolte denn die Gefühle, um die es hier geht, "berechtigt"? |
Zitat: |
„Das vorliegende Buch geht von der Annahme aus, daß die von Furcht und Haß erfüllte Beziehung zum Kommunismus tatsächlich die bewegende Mitte von Hitlers Empfindungen und von Hitlers Ideologie war, daß er damit nur auf besonders intensive Weise dasjenige artikulierte, was zahlreiche deutsche und nichtdeutsche Zeitgenossen empfanden, und daß alle diese Empfindungen und Befürchtungen nicht nur verstehbar, sondern auch großenteils verständlich und bis zu einem bestimmten Punkte sogar gerechtfertigt waren. In einer Gegenwart, in der den kommunistischen Parteien mehrerer Länder an einer Regierungsbeteiligung gelegen ist oder war und wo sie allesamt, jedenfalls in Europa, auf sehr zivile Weise um Zusammenarbeit mit nicht-terroristischen Linkskräften bemüht sind, bedarf es der gedanklichen Anstrengung, wenn man sich daran erinnern will, daß »dieselben« kommunistischen Parteien zwischen 1919 und 1935 überall die Parteien des »bewaffneten Aufstandes« waren, daß Lenin meinte, »die Bourgeoisie« sei in aller Welt »bis zum Irrsinn erbittert« (vgl. a.a.O.), daß man noch 1930 in ganz Europa bebende Angst wahrnahm und daß der stellvertretende Kriegskommissar Frunse 1924 schrieb: »Allein schon durch die Tatsache unserer Existenz untergraben wir ihre (der alten, bürgerlichen Welt) Grundlagen, zerstören wir ihre Stabilität und flößen dadurch ihren Vertretern das Gefühl erbittertsten Hasses, sinnloser Angst und eingefleischter Feindschaft gegen alles Sowjetische ein« (vgl. a.a.O.). Das Erstaunliche ist in Wahrheit, daß bei weitem nicht alle Bürger und Kleinbürger Europas und Amerikas von diesem Empfinden der Angst und des Hasses erfüllt waren und daß im Gegenteil von vielen Seiten dem großen sozialen Experiment in Rußland ein sympathisierendes Interesse entgegengebracht wurde. Aber wenn Lenins und Frunses Aussagen in dieser Allgemeinheit nicht zutrafen, so wäre doch nichts törichter als die Annahme, daß nur Hitler und ein kleiner Kreis von Menschen um ihn herum von eingebildeten Schreckgespenstern geplagt gewesen seien. (**). Wer glaubt, daß Hitler in erster Linie ein Alldeutscher gewesen sei, der das Gespenst des Kommunismus nur benutzt habe, um seine Eroberungsabsichten zu tarnen, der sollte einmal das 1911 publizierte Buch von Otto Richard Tannenberg »Groß-Deutschland - Die Arbeit des 20. Jahrhunderts« mit seinem naiven und großspurigen Optimismus und danach »Mein Kampf« lesen, und er sollte sich fragen, worin der tiefgreifende Unterschied begründet liegt, da doch die alldeutschen Ziele so weitgehend übereinstimmen.“ |
unquest hat folgendes geschrieben: |
Den Unterschied von verständlich und gerechtfertigt würde ich zum Beispiel beim Fliegen so sehen:
Hat jemand Angst während des Fliegens, ist diese Angst vielleicht verständlich aber nicht gerechtfertigt, weil einfach zu wenig Flugzeuge abstürzen. Als gerechtfertigt würde ich die Angst ansehen, wenn ein Triebwerk brennt. Es besteht objektiv Gefahr von außen. Übertragen auf Nolte müsste er den Nachweis erbringen, dass die Gefahr des Bolschewismus in Deutschland ab 1919 objektiv und real war. |
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ||
Das wäre das eine. Er müsste aber darüber hinaus auch noch zeigen, wie eine Bedrohung durch den Bolschewismus einen bis zum Vernichtungswunsch gehenden Rassenhass auf das Judentum rechtfertigt. |
Samson83 hat folgendes geschrieben: |
Rechtfertigung gibt es nicht. |
Samson83 hat folgendes geschrieben: |
Findest du selbst ernsthaft keine Antwort wenn du "rechtfertigt" durch "verursacht" ersetzt? |
Samson83 hat folgendes geschrieben: |
Marx und Trotzki hatten welche Religion? |
Samson83 hat folgendes geschrieben: | ||||
Rechtfertigung gibt es nicht. Findest du selbst ernsthaft keine Antwort wenn du "rechtfertigt" durch "verursacht" ersetzt? Marx und Trotzki hatten welche Religion? |
AdvocatusDiaboli hat folgendes geschrieben: | ||||||
Atheismus? |
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ||||
Deine Polemik verfehlt völlig meinen Punkt, und ich habe den dumpfen Eindruck, dass das womöglich Absicht sein könnte. Deine Zerstückelung meines Beitrags deutet jedenfalls in die Richtung. Aber vielleicht liege ich ja falsch. Also okay, dann fang' ich halt extra für dich nochmal ein paar Schritte früher an. Warum nennt Nolte denn die Gefühle, um die es hier geht, "berechtigt"? |
Zitat: |
Warum nennt Nolte denn die Gefühle, um die es hier geht, "berechtigt"? |
Kurbjuweit hat folgendes geschrieben: |
.... Fischer. ....Im Jahr 1961 publizierte dieser Mann das Buch "Griff nach der Weltmacht". Darin stand ein Satz, der vieles veränderte. Für Fischer "trägt die deutsche Reichsführung einen erheblichen Teil der historischen Verantwortung für den Ausbruch des allgemeinen Krieges".
... Für Gerhard Ritter, damals ein maßgeblicher Historiker, war "Griff nach der Weltmacht" unerträglich. Er hatte dem Kaiser im Ersten Weltkrieg als Soldat gedient, Fischers Thesen waren für ihn ein "nationales Unglück". Er wollte keine Revision. Die Fischer-Kontroverse brach aus. Gestritten wurde in Zeitungen und Zeitschriften und auf dem Historikertag 1964 in Berlin. ... Eine schöne Pointe: Deutschland revolutionierte in den sechziger Jahren sein Geschichtsbild, weil ein Buch nicht zu dick werden durfte. .... Eine andere Pointe: Gerhard Ritter, der Fischers Thesen damals so heftig widersprochen hatte, stand dem Widerstand gegen Hitler nahe und war deswegen kurz in Haft. Fritz Fischer aber, wie später bekannt wurde, hatte mit den Nazis sympathisiert. Fischer habe ihm erzählt, sagt Wehler, dass er nach dem Krieg schwer damit klargekommen sei, Teil dieser Maschinerie des Grauens gewesen zu sein, als Soldat, als Stipendiat eines NS-Instituts. Er habe durch seine Arbeit einen Beitrag für ein besseres Deutschland leisten müssen. "Das gefiel mir, dass er durch die Forschung eine Reinigung, eine Katharsis erlebt hat", sagt Wehler. Hat Fischer deshalb mit Absicht zugespitzt? Man kann ihn nicht mehr fragen. Er ist tot, genauso Ritter, genauso Geiss. Ritter hatte geschrieben, dass Fischers Buch ein Höhepunkt der "Selbstverdunkelung deutschen Geschichtsbewusstseins" sei. "Nach meiner Überzeugung wird sich das nicht weniger verhängnisvoll auswirken als der Überpatriotismus von ehedem." Später gab ihm Geiss hier in Teilen recht. Er kritisierte die Tendenz, Fischers Rede vom "deutschen Sonderweg" zum Anlass für eine vollkommene Verdammung Deutschlands zu nehmen. Da kannte er schon den zweiten Kampf um die deutsche Geschichte, den Historikerstreit. .... |
fwo hat folgendes geschrieben: |
Dass Nolte sich in seinem Verstehenwollen mit der Person Hitlers, ihrer Wahrnehmung und ihren Gefühlen auseinandersetzte, war wohl sein eigentlicher Tabubruch. |
fwo hat folgendes geschrieben: |
Stattdessen kam der Wortführer der Antwort gar nicht aus der Wissenschaft, gab selbst zu, vom Thema keine Ahnung zu haben, und sitilisierte die Fragen zum moralischen Thema schlechthin, wobei er selbstverständlich auf der richtigen Seite stand. |
fwo hat folgendes geschrieben: |
(Wäre bestimmt interessant mal zu untersuchen, in welcher persönlichen Geschichte diese Saubermann-Attitüde Habermans' ihren Urspung hat .s.u.) |
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: |
Womöglich ist das überhaupt die Methode der "Frankfurter Schule". |
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ||
Nein, ist es nicht. Aber deine Theorie diesbezüglich hat ohnehin den kleinen Schönheitsfehler, dass Habermas diesen Stil schon pflegte, bevor er zur Frankfurter Schule kam, z.B. in der von mir erwähnten Auseinandersetzung mit Heidegger. Horkheimer und Adorno hatten es übrigens beide abgelehnt, Habermas zu habilitieren, und sein Einfluss in der Frankfurter Schule wuchs im selben Maße, in dem der ihre zurückging, bzw. insbesondere nach Adornos Tod. |
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: |
Bezüglich der Einschätzung der wissenschaftlichen Methode von Habermas scheinen wir uns einig zu sein. |
Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
...
Naja, Habermas' Umgang mit dem Thema NS war in der Tat auch sonst in mehr als einer Hinsicht unverantwortlich. Z.B. hat er ja Heidegger angegangen, als dieser seine Vorlesungen aus der Zeit unverändert wiederveröffentlichte, aber gleichzeitig schwieg er sich über Rothackers exzessive Vertuschung seiner (Rothackers) Nazi-Verstrickungen beharrlich aus, obwohl Rothacker sowohl politisch als auch ideologisch-philosophisch ein ganzes Stück stärker verstrickt war als Heidegger. Ich kann ja noch verstehen, dass man seinem eigenen Doktorvater nicht ans Bein pinkelt, aber dann sollte man sich vielleicht auch gegenüber anderen Leuten etwas zurückhalten. Oder man kritisiert die Verstrickungen schonungslos, dann aber bitte auch da, wo es einem selbst weh tun könnte. |
schtonk hat folgendes geschrieben: |
Auch sonst. Aha. Hier spricht der Kenner der Habermas`schen Biographie |
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: |
...
Die von dir so genannte "Saubermann-Attitüde" ist die eigentliche und einzige "wissenschaftliche" Methode von Habermas, und er hat sie von Anfang an erfolgreich verwendet. Er kann es vermutlich gar nichts anders. Habermas war immer auf der Seite des politischen Zeitgeistes, und er hat immer Philosophen, die anderer Meinung waren, dadurch attackiert, dass er sie zu Aussätzigen erklärt hat, niemals dadurch, dass er ihre Argumente widerlegt hat. Womöglich ist das überhaupt die Methode der "Frankfurter Schule". Ich habe mich relativ ausführlich mit dem "Positivismusstreit" befasst, und da hat er es ganz genau so gemacht. Das war am Anfang seiner "wissenschaftlichen" Karriere als Philosoph. |
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ||
Womöglich. Dass Hitlers Gefühle aus Hitlers Sicht berechtigt waren, ist ja nun nicht so eine große Überraschung. Ich habe gar kein Problem damit, wenn jemand versucht, sich auf dieser Ebene Hitler zu nähern und finde das sogar interessant, obwohl ich der Ansicht bin, dass sich das Phänomen NS nicht auf das psychologische Profil einer einzelnen Person reduzieren lässt. Die Frage ist, warum Nolte hier von einer Berechtigung von Gefühlen reden musste. Du erklärst das ja wiederum aus Noltes eigener Psychologie und seiner Erziehung, was ich übrigens fast genau so auch schon von Nolte-Kritikern gehört habe. Auch den Drang, die eigene Forschung darüber vor sich selbst und anderen rechtfertigen zu wollen, kann ich nachvollziehen. Aber wenn man dabei versehentlich stattdessen das Objekt der Forschung, also Hitlers Gefühle, für berechtigt erklärt, dann leistet man diesem Zweck eher einen Bärendienst. .... |
schtonk hat folgendes geschrieben: | ||
Das klingt so ein wenig nach AfD-Wissenschaftsverständnis Aber ich will die Spezialisten hier nicht weiter stören. |
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | ||||
Du lieferst ein schönes Beispiel für die Anwendung der Habermas Methode: Wer eine Meinung hat, die einem nicht passt, wird in die Schmuddel-Ecke gestellt. Ohne Argumente. |
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ||
Das wäre das eine. Er müsste aber darüber hinaus auch noch zeigen, wie eine Bedrohung durch den Bolschewismus jemanden zu einem bis zum Vernichtungswunsch gehenden Rassenhass gegen das Judentum berechtigt. |
fwo hat folgendes geschrieben: |
Deshalb nochmal vorneweg: Ich bin kein Nolte-Fan. Ich fand es nur anlässlich seines Todes nochmal ganz interessant mal einen Rückblick auf den Historikerstreit zu werfen udn fand den Anlass, die Schrift Noltes, nicht geeignet, diese Antworten hervorzurufen, die darauf kamen, die z.T. hier einfach unreflektiert wiederholt wurden. |
schtonk hat folgendes geschrieben: | ||
Ei verbibbscht, hab ich doch glatt übersehen, wie sachlich und sauber du in Sachen Habermas "argumentierst" Edith: Wird dir auch schon übel, wenn du im Straßenverkehr links abbiegen musst? |
Habermas - Schadensabwicklung hat folgendes geschrieben: |
Eine in Überzeugungen verankerte Bindung an universalistische Verfassungsprinzipien hat sich leider in der Kulturnation der Deutschen erst nach – und durch – Auschwitz bilden können. Wer uns mit einer Floskel wie „Schuldbesessenheit“ [...] die Schamröte über dieses Faktum austreiben will, [...] zerstört die einzige verläßliche Basis unserer Bindung an den Westen.
http://www.zeit.de/1986/29/eine-art-schadensabwicklung/seite-5 |
Marcellinus hat folgendes geschrieben: | ||
Es ging damals, und es geht heute immer noch, darum, auf welcher Seite man steht, und ob die eigene, natürlich die "richtige" Seite "gewinnt". Man will nicht in Recht sein, man will Recht behalten. |
smallie hat folgendes geschrieben: | ||
Ich find's schade, daß dieser Thread an Nolte-Kritik hängengeblieben ist, anstatt sich ans eigentliche Thema zu wagen. Die grundsätzlichen Fragen des Historikerstreits sind ja nicht beantwortet, wenn Noltes Ansatz verworfen wird. Ach, und: Wie soll man über Utopien reden, ohne sich die Dystopien genauer anzusehen? |
output generated using printer-friendly topic mod. Alle Zeiten sind GMT + 1 Stunde