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Freigeisterhaus -> Kultur und Gesellschaft

#1: Schule Autor: NordseekrabbeWohnort: Dresden BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 01:22
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Die Schulzeit, heißt es ja immer, sei die beste Zeit des Lebens.
Sicher ist, das man in der Schulzeit im Nachhinein betrachtet viele Sachen hatte, die gut waren (wie z. B. 12 Wochen Urlaub im Jahr etc...)

Aber jeder von uns denkt mit Sicherheit an seine eigene Schulzeit zurück. Ich hatte einige Lehrer, die konnten mit mir gar nicht (wie gesagt in der Berufsschule wurde ich von einer gemobbt), andere waren so mittelprächtig, mit meinen Klassenlehreren hatte ich oft viel Glück gehabt.

Lieblingsfächer waren bei mir Sprachen, Deutsch, Musik, WiPo usw...

Gerne erinnert man sich auch an solche Sachen wie Bundesjugendspiele oder Schulfeste (Schulkönig) usw. zurück.

Was habt Ihr für Erinnerung an Eure Schulzeit und auch das sicher oft lästige Thema Schulaufgaben/Hausaufgaben?

#2:  Autor: atheist666 BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 01:28
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Die schönsten Erinnerungen habe ich an meine Oberstufenzeit, da habe ich die interessantesten Leute kennengelernt. Sehr glücklich

#3:  Autor: DeHergWohnort: Rostock BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 01:40
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Zitat:
Was habt Ihr für Erinnerung an Eure Schulzeit
die Erkenntnis das es niemals gut gehen kann wenn man Haubt/Realschule und Gymnasium zusammenlegt(persönliche Einschätzung aus Erfahrung)

(und die Vermutung das die klassische Literatur(Goethe,Lessing,etc) nur künstlich hochgelobt wird)
Zitat:
und auch das sicher oft lästige Thema Schulaufgaben/Hausaufgaben?
komm, die machte man doch schnell in der Pause bevor entsprechender Unterricht begann(größere Belegarbeiten und Vorträge ausgenommen)

#4: Re: Schule Autor: Kival BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 01:59
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Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
Was habt Ihr für Erinnerung an Eure Schulzeit und auch das sicher oft lästige Thema Schulaufgaben/Hausaufgaben?


Die Schulzeit war größtenteils stinklangweilig, mit den meisten Mitschülern konnte ich nicht viel anfangen, auch wenn es später besser wurde und ich habe so gu wie nie Hausaufgaben gemacht.

#5: Re: Schule Autor: NordseekrabbeWohnort: Dresden BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 02:07
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Kival hat folgendes geschrieben:
Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
Was habt Ihr für Erinnerung an Eure Schulzeit und auch das sicher oft lästige Thema Schulaufgaben/Hausaufgaben?


Die Schulzeit war größtenteils stinklangweilig, mit den meisten Mitschülern konnte ich nicht viel anfangen, auch wenn es später besser wurde und ich habe so gu wie nie Hausaufgaben gemacht.


Wie bist Du da denn durchgekommen, wenn Du fast nie Hausaufgaben gemacht hast?

#6:  Autor: Peter H. BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 02:08
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Schulzeit das war eine öde Zeit, in der ich viel unnützes "Formalwissen" vermittelt bekam. Vieles hatte keinen wirklichen Nährwert, war abstrakt, weltfremd, fern von einem selbst. Im gesellschaftlichen Bereich nahezu alles idealistisch, mancherlei Reaktionäres , nichts jedoch fortschrittlich.
Darüberhinaus die Schule als bloße Paukanstalt.

#7:  Autor: atheist666 BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 02:10
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Peter H. hat folgendes geschrieben:
Schulzeit das war eine öde Zeit, in der ich viel unnützes "Formalwissen" vermittelt bekam. Vieles hatte keinen wirklichen Nährwert, war abstrakt, weltfremd, fern von einem selbst. Im gesellschaftlichen Bereich nahezu alles idealistisch, mancherlei Reaktionäres , nichts jedoch fortschrittlich.
Darüberhinaus die Schule als bloße Paukanstalt.


Sei mal bloß froh, daß das Dein Altvorderer der Karl aus Trier nicht gehört hat. Lachen

#8: Re: Schule Autor: Kival BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 02:15
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Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
Was habt Ihr für Erinnerung an Eure Schulzeit und auch das sicher oft lästige Thema Schulaufgaben/Hausaufgaben?


Die Schulzeit war größtenteils stinklangweilig, mit den meisten Mitschülern konnte ich nicht viel anfangen, auch wenn es später besser wurde und ich habe so gu wie nie Hausaufgaben gemacht.


Wie bist Du da denn durchgekommen, wenn Du fast nie Hausaufgaben gemacht hast?


Wurde kaum bemerkt; war den Lehrern wohl auch bei mir egal.

#9: Re: Schule Autor: NordseekrabbeWohnort: Dresden BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 02:18
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Kival hat folgendes geschrieben:
Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
Was habt Ihr für Erinnerung an Eure Schulzeit und auch das sicher oft lästige Thema Schulaufgaben/Hausaufgaben?


Die Schulzeit war größtenteils stinklangweilig, mit den meisten Mitschülern konnte ich nicht viel anfangen, auch wenn es später besser wurde und ich habe so gu wie nie Hausaufgaben gemacht.


Wie bist Du da denn durchgekommen, wenn Du fast nie Hausaufgaben gemacht hast?


Wurde kaum bemerkt; war den Lehrern wohl auch bei mir egal.


Bei mir vermerkten sich das die Lehrer im Notiz- oder Klassenbuch.

#10:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 02:20
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Was man nicht merkt, kann man kaum eintragen.

#11:  Autor: NordseekrabbeWohnort: Dresden BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 02:21
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Kival hat folgendes geschrieben:
Was man nicht merkt, kann man kaum eintragen.


Richtig. Das heißt aber auch, daß die Hausarbeiten bei Euch kaum kontrolliert worden - in Form von Vortragen oder so. Ich finde das bedenklich.

#12:  Autor: atheist666 BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 02:25
    —
Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Was man nicht merkt, kann man kaum eintragen.


Richtig. Das heißt aber auch, daß die Hausarbeiten bei Euch kaum kontrolliert worden - in Form von Vortragen oder so. Ich finde das bedenklich.


Tja, das ist die Schule von heute, früher gab es sowas nicht. zynisches Grinsen

#13:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 02:40
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Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Was man nicht merkt, kann man kaum eintragen.


Richtig. Das heißt aber auch, daß die Hausarbeiten bei Euch kaum kontrolliert worden - in Form von Vortragen oder so.


Doch, gab immer Fragen zu den Hausaufgaben, aber dafür muss ich doch nicht vorbereitet sein Schulterzucken

Zitat:
Ich finde das bedenklich.


Ich nicht.

#14: Re: Schule Autor: hainer BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 04:29
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Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
Die Schulzeit, heißt es ja immer, sei die beste Zeit des Lebens.

Mich musste meine Mutter ins Klassenzimmer der ersten Jahrgangstufe zerren. Ich kann mich erinnern, daß ich dabei vor Zorn geheult habe. Dazu gabs dann das Standardfoto mit Schultüte voller Leckereien zur Bestechung. Ging mir am Arsch vorbei. Böse Was für ein scheiß System. Ich konnte nichtmal ein geqältes Grinsen für das obligatorische Foto mit Schultüte aufsetzen. *Hass* Kanns bis heute nicht verzeihen. Ich mag das nicht. Scheiß Zwang.

Bin ich froh daß ich erwachsen bin und mir dieser billige Staat mit seinen drittklassig ausgebildeten Lakaien die sich "Lehrer" rühmen nicht mehr auf den Senkel geht.

#15: Re: Schule Autor: CriticWohnort: Arena of Air BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 04:58
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hainer hat folgendes geschrieben:
Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
Die Schulzeit, heißt es ja immer, sei die beste Zeit des Lebens.

Mich musste meine Mutter ins Klassenzimmer der ersten Jahrgangstufe zerren. Ich kann mich erinnern, daß ich dabei vor Zorn geheult habe. Dazu gabs dann das Standardfoto mit Schultüte voller Leckereien zur Bestechung. Ging mir am Arsch vorbei. Böse Was für ein scheiß System. Ich konnte nichtmal ein geqältes Grinsen für das obligatorische Foto mit Schultüte aufsetzen. *Hass* Kanns bis heute nicht verzeihen. Ich mag das nicht. Scheiß Zwang.

Bin ich froh daß ich erwachsen bin und mir dieser billige Staat mit seinen drittklassig ausgebildeten Lakaien die sich "Lehrer" rühmen nicht mehr auf den Senkel geht.


Ich war ja schon von Anfang an besonders Cool. In der Grundschulklasse war ich der einzige Linkshänder. Ansonsten herrschte ja schon besondere Freude, als der erste Schultag beendet war. Die anderen Kinder schulterten ihre Schultaschen und rannten davon wie die Teufel. Und ich Knirps habe mich mit dem scheißschweren Ding abgeschleppt und war in der Zeit nicht mal aus dem Raum rausgekommen, als die Mitschüler schon außer Hörweite waren. Was unsere erste Hausaufgabe anging, nämlich ein Bild zu malen, auf dem wir den Inhalt unserer Schultüte (jetzt denken wir mal scharf nach, was mit Leuten gewesen wäre, die keine bekommen hätten...) aufmalen sollten. Ich habe natürlich dann auch als Einziger dazugeschrieben, was das im Einzelnen sein sollte. Was konnten die mir noch beibringen? Lachen

#16: Re: Schule Autor: astarte BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 09:48
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Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
Die Schulzeit, heißt es ja immer, sei die beste Zeit des Lebens.
Sicher ist, das man in der Schulzeit im Nachhinein betrachtet viele Sachen hatte, die gut waren (wie z. B. 12 Wochen Urlaub im Jahr etc...)

Aber jeder von uns denkt mit Sicherheit an seine eigene Schulzeit zurück. Ich hatte einige Lehrer, die konnten mit mir gar nicht (wie gesagt in der Berufsschule wurde ich von einer gemobbt), andere waren so mittelprächtig, mit meinen Klassenlehreren hatte ich oft viel Glück gehabt.

Lieblingsfächer waren bei mir Sprachen, Deutsch, Musik, WiPo usw...

Gerne erinnert man sich auch an solche Sachen wie Bundesjugendspiele oder Schulfeste (Schulkönig) usw. zurück.

Was habt Ihr für Erinnerung an Eure Schulzeit und auch das sicher oft lästige Thema Schulaufgaben/Hausaufgaben?


Schulzeit, das war doch die Zeit, in der man viele Freunde findet, (ein paar für immer) in der man sich x-tausendmal verliebt und entliebt, immer entweder Schmetterlinge im Bauch oder übelster Liebeskummer, in der man die Freunde bequem ohne sich verabreden und mit Terminkalendern jonglieren zu müssen, einfach trifft (und was für Abends ausmachen kann), in der man sich mit einigen Nervensägen rumschlagen muss, die eben auch immer da sind, in der man stundenlang die Ticks der Lehrer beobachten kann (perfekt zum Üben von Karikaturenzeichnen..) in der man sich von langen Nächten erholen kann,...war da noch was?
Oh ja, Noten, Arbeiten, Lernen, Hausaufgaben, na gut, das nimmt man halt so mit.

gestern bekam ich die Mail: Klassentreffen ist angesagt im April 08. f..fünf..fünfund...fundundzwanzig Jahre Abi. Ohnmacht

#17:  Autor: MobienneWohnort: Allgäu BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 11:24
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schule war okay. ich mußte nie viel lernen und hatte trotzdem ganz gute noten.
lehrer gab es solche und solche. obwohl - es waren doch mehr nieten, als welche, die einem wirklich was mitgeben konnten. meine englischlehrerin auf dem gymmi war gut. in meinem erweiterten bekanntenkreis sind auch einige lehrer dabei - zu denen wollte ich meine kinder (wenn ich welche hätte) wirklich nicht schicken. also wenn das, was diese leute so verkörpern, das ist, was sie den kindern beibringen - nee danke.

was ich an schule nervig fand, waren sie gesellschaftlichen ereignisse. am schlimmsten: tanzschule. immer diese angst, sitzengelassen zu werden. immer dieses pubertäre gemache. also verliebt hab ich mich in der schule nie. zu der zeit wollte mich auch keiner. Smilie ich war nicht so hübsch glattgebügelt und nicht so gebrauchs-dümmlich. ganz schlimm waren auch klassenfahrten. wer mit wem und wann und warum. ich konnte das nicht. nervig. von daher war ich froh, als das ca. in der elften klasse vorbei war. da hat man sich dann um andere sachen gekümmert.

#18:  Autor: sehr gut BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 11:48
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Peter H. hat folgendes geschrieben:
Schulzeit das war eine öde Zeit, in der ich viel unnützes "Formalwissen" vermittelt bekam. Vieles hatte keinen wirklichen Nährwert, war abstrakt, weltfremd, fern von einem selbst. Im gesellschaftlichen Bereich nahezu alles idealistisch, mancherlei Reaktionäres , nichts jedoch fortschrittlich.
Darüberhinaus die Schule als bloße Paukanstalt.


Ja - wenn man als Ziel hatte Menschen zu züchten die die Sklaven-Metalität intus haben und aufs funktionieren reduziert werden sollen, dann fande ich meine Schulzeit treffend dafür.

Aus meiner heutigen Sicht von «Leben» waren diese Jahre überwiegend unnütze Zeit, teilweise möchte ich es sogar als lebensfeindlich bezeichnen.

#19:  Autor: Svea BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 11:51
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Mir hat die Oberstufe und die viele Freizeit gut gefallen. Sehr glücklich

#20:  Autor: sehr gut BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 12:19
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Zitat:
Mir hat die Oberstufe und die viele Freizeit gut gefallen Sehr glücklich


Glückliche Sklaven sind die erbittertsten Feinde der Freiheit.
Marie von Ebner-Eschenbach

#21:  Autor: Nasrallah BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 12:42
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Ich hatte nie wieder so viel Freiheit wie während meiner Schulzeit - alleine das reicht aus, um sie positiv in Erinnerung zu halten.
Interessanterweise habe ich teilweise gerade jene Fächer/Lehrer positiv in Erinnerung, die mir damals wegen des hohen Aufwandes/Anspruches weniger gefallen haben.
Von Fächern/Lehrern, bei denen ich nie etwas gemacht bzw. gelernt habe, habe ich kaum noch Erinnerungen.

#22:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 13:01
    —
sehr gut hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Mir hat die Oberstufe und die viele Freizeit gut gefallen :D


Glückliche Sklaven sind die erbittertsten Feinde der Freiheit.
Marie von Ebner-Eschenbach


Weia.

---

Meine Schulzeit war von folgenden Erfahrungen geprägt.
Zwangsumerziehung vom Links- zum Rechtshänder; Gymnasialzeit auf einer reinen Jungenschule (zunächst waren selbst Lehrer nur männlich) mit elitärem Anspruch; Lehrkörper bestand -bis auf die letzten Jahre- durchweg aus Typen mit leicht sadistischem Einschlag, sprich "alte Pädagogik"; meine soziale Rolle über die Jahre war die eines respektierten Aussenseiters (scheint mein Leben geprägt zu haben); bis auf meine Schulzeit im Ausland war Schule für mich gleichbedeutend mit Unglück. Gerechtigkeithalber möchte ich hinzufügen, daß es einige wenige Lehrer gab, die mir nützliches und menschliches vermittelt haben.

#23:  Autor: Xamanoth BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 13:12
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Ich war auch ein glücklicher Sklave. Genaugenommen war ich - zumindest ab der Oberstufe - ein richtiger "Streber". Deutsch, Geschichte, Politik, Latein und vor allem Philosophie haben mir unglaublichen Spaß gemacht. Dort habe ich auch immer schön gelernt und Hausaufgabe gemacht. Den entsprechenden Lehrern verdanke ich so einiges.

Mathe, Physik und Englisch haben mir weniger gefallen. Was ich noch sehr bedaure, insbesondere angesichts meiner doch recht defizitären Englischkenntnisse. Auch das meine musikalischen und künstlerischen Kenntnisse eher bescheiden sind, sind Mängel, denen ich damals bedeutend leichterm hätte abhelfen können als heute. Zudem hätte ich Religion nicht so früh abwählen sollen.

Die Schule ist doch ein konzentriertes, kostenloses Bildungsangebot - wer das nicht ausgiebig nutzt ist selber schuld. Das Bejammern und angreifen von schulischen Pflichten und Zwängen sowie die Verherrlichung des dem widerstrebenden Rebellentums (Glückliche Sklaven und ähnlicher Schwachsinn) kann ich nicht nachvollziehen. Bei Zeligs erfahrungen war es natürlich noch etwas anderes.

Noten und entsprechende Ambitonen finde ich nebensächlich. Wenn man dem Stoff mit Engagement und Interesse folgt, das Bildungsangebot ausgiebig nutzt, stellen sich gute Noten von selbst ein. (ist auf der Uni leider nicht mehr so leicht...)

#24:  Autor: sehr gut BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 13:39
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@Xamanoth

Zitat:
Die Schule ist doch ein konzentriertes, kostenloses Bildungsangebot...


Was vermittelt wird ist selektiertes Wissen, vieles was als Wissen vermittelt werden könnte wurde verworfen. Da Schule auf das spätere Leben im jeweiligen System vorbereiten soll sind die Auswahlkriterien des gelehrten/verworfenen Wissens die Werte unseres Systems. Ob unser (kap.) System dem Leben dient, diese Beurteilung überlasse ich dir...


Zitat:
Das Bejammern und angreifen von schulischen Pflichten und Zwängen sowie die Verherrlichung des dem widerstrebenden Rebellentums (Glückliche Sklaven und ähnlicher Schwachsinn) kann ich nicht nachvollziehen.


Ich wüsste nicht was mein Umfeld für ein Interesse daran haben könnte das ich ein freies Wesen sein sollte, man würde die Macht über mich verlieren.

#25:  Autor: AlchemistWohnort: Hamburg BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 13:47
    —
Schule war toll. Die Probleme, die man damals hatte, kommen einem heute so nichtig vor. Einige Fächer waren so dermaßen langweilig und öde, die ingen mir auch am Arsch vorbei. Andere Fächer, Chemie, Physik, English, Geschichte, fand ich gut. Jeden Tag die Freunde zu sehen war auch angenehm.
Im Nachhinein ärgert es mich, dass ich damals relativ uninteressiert war.

Hausaufgaben habe ich nie gemacht, Schullektüren in den seltensten Fällen gelesen.

(Kann mich an eine zweistündige Deutschklausur erinnern über ein Buch, das ich nicht gelesen hatte. In der ersten Stunde hab ich das Buch gelesen/überflogen und in der zweiten STunde die Kausuraufgaben gelöst. Ergebnis 7 Punkte Cool Fand ich gar nicht mal sos chlecht)

#26:  Autor: Tapuak BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 13:47
    —
Mir fällt zu meiner Schulzeit ein,

...dass ich das Glück hatte, immer mit genügend Leuten in meiner Klasse/Jahrgang gut zurechtzukommen.

...dass ich mit sehr wenig Aufwand durchgekommen bin. Selbst für die Abiturprüfungen habe ich wohl weniger gelernt als für jede beliebige Klausur oder sonstige Arbeit an der Uni.

...dass ich den Unterricht oft langweilig fand und ich mich daher eher wenig mündlich beteiligt habe, während ich schriftlich meist bessere Noten hatte.

...dass man sehr viel Freizeit hatte, zumindest, wenn man das Ganze so minimal angegangen ist wie ich.

...dass es schade ist, dass ich in Französisch, Bio und Physik nicht mehr gelernt habe. Das lag einerseits an meinem mangelnden Interesse, andererseits aber auch an dem teilweise wirklich sehr schlechten - oder gar nicht erteilten - Unterricht. Als das Interesse nach der Schule dann da war, habe schließlich selbstständig Einiges nachgeholt (in Französisch leider nicht).

#27:  Autor: AlchemistWohnort: Hamburg BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 13:48
    —
Tapuak hat folgendes geschrieben:
Mir fällt zu meiner Schulzeit ein,

...dass ich das Glück hatte, immer mit genügend Leuten in meiner Klasse/Jahrgang gut zurechtzukommen.

...dass ich mit sehr wenig Aufwand durchgekommen bin. Selbst für die Abiturprüfungen habe ich wohl weniger gelernt als für jede beliebige Klausur oder sonstige Arbeit an der Uni.

...dass ich den Unterricht oft langweilig fand und ich mich daher eher wenig mündlich beteiligt habe, während ich schriftlich meist bessere Noten hatte.

...dass man sehr viel Freizeit hatte, zumindest, wenn man das Ganze so minimal angegangen ist wie ich.

...dass es schade ist, dass ich in Französisch, Bio und Physik nicht mehr gelernt habe. Das lag einerseits an meinem mangelnden Interesse, andererseits aber auch an dem teilweise wirklich sehr schlechten - oder gar nicht erteilten - Unterricht. Als das Interesse nach der Schule dann da war, habe schließlich selbstständig Einiges nachgeholt (in Französisch leider nicht).


Ha!
Genauso war es bei mir.

Geschichte Abiklausur habe ich überhaupt gar nix für gelernt, z.B.
Leider musste ich in der Uni dann das Lenen lernen

#28:  Autor: Valen MacLeodWohnort: Jenseits von Eden BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 13:55
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DeHerg hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Was habt Ihr für Erinnerung an Eure Schulzeit
die Erkenntnis das es niemals gut gehen kann wenn man Haubt/Realschule und Gymnasium zusammenlegt(persönliche Einschätzung aus Erfahrung)

Also ich 'schulte' in einer kombinierten Realschule und Gymnasium und fand da problemlos - bis auf diese lästige Arroganz der Gymnasiasten.

#29:  Autor: MobienneWohnort: Allgäu BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 14:02
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ich sehe in der schule auch nicht in erster linie zwang oder sklavenhaltung.
natürlich gibt es strukturen und natürlich kann man die lehrplaninhalte gut oder schlecht finden.
einen wirklich freien geist kann das aber doch nicht beeindrucken, oder? zwinkern
man lernt, wie man lernt, wie man etwas verarbeitet, wie man leistung bringt, mehr und mehr konsequenzen und verantwortung für sein handeln trägt. man bekommt wissen aus verschiedensten richtungen angeboten und kann dieses annehmen, vertiefen, anzweifeln, bestärken usw. man sozialisiert sich unter gleichaltrigen. man kann seinen platz finden, stärken und schwächen erkennen. ist für das spätere arbeitsleben doch alles nicht schlecht. klar. das kann man alles kritisieren und hinterfragen und kommt dann irgendwann beim kapitalistischen system an. in den wald wollte ich aber für meinen teil nicht zurück.

#30:  Autor: Einsiedler BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 14:44
    —
Bereits auf dem Heimweg von meiner letzten Abi-Prüfung überkam mich
- nach der Erleichterung, nun den Prüfungsstreß hinter mir zu haben -
eine gewisse Wehmut, daß die eigentlich ganz angenehme Schulzeit
nun vorbei war.
Die meisten Lehrer, die ich hatte, waren ganz in Ordnung (was vielleicht
insofern kein Wunder war, als eine Tochter des Direx in meine Klasse ging).
Mein Leib- und Magenfach war Mathe, danach Naturwissenschaften.
Mit Sprachen konnte ich mich weniger anfreunden (Aufsätze habe ich gehaßt
- ich hatte immer Mühe, auch nur ansatzweise in die Nähe der vorgegebenen
Wortzahl zu kommen), und vor Sport hatte ich regelrecht Horror.
Ach ja, und Hausaufgaben habe ich eigentlich auch meist gleich in der
Schule erledigt, dafür war mir meine Freizeit zu schade ...

#31:  Autor: astarte BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 15:42
    —
mobienne hat folgendes geschrieben:
also verliebt hab ich mich in der schule nie. zu der zeit wollte mich auch keiner. Smilie ich war nicht so hübsch glattgebügelt und nicht so gebrauchs-dümmlich. ganz schlimm waren auch klassenfahrten. wer mit wem und wann und warum. ich konnte das nicht. nervig. von daher war ich froh, als das ca. in der elften klasse vorbei war. da hat man sich dann um andere sachen gekümmert.


Geschockt da ging es richtig los, in der zehnten, elften... Glattgebügelt und gebrauchs-dümmlich?? Muss man das sein um sich verlieben zu können? Am Kopf kratzen
Ich war das sicher nicht und immer unter den ebenso "ungebügelten" zu finden, ein richtig guter Haufen war das, wie gesagt, zu ein paar hab ich heute noch viel Kontakt und zu vielen ab und zu.

#32:  Autor: PfaffenschreckWohnort: City of dope BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 16:23
    —
Alchemist hat folgendes geschrieben:
Schule war toll. Die Probleme, die man damals hatte, kommen einem heute so nichtig vor. Einige Fächer waren so dermaßen langweilig und öde, die ingen mir auch am Arsch vorbei. Andere Fächer, Chemie, Physik, English, Geschichte, fand ich gut. Jeden Tag die Freunde zu sehen war auch angenehm.
Im Nachhinein ärgert es mich, dass ich damals relativ uninteressiert war.

Hausaufgaben habe ich nie gemacht, Schullektüren in den seltensten Fällen gelesen.

(Kann mich an eine zweistündige Deutschklausur erinnern über ein Buch, das ich nicht gelesen hatte. In der ersten Stunde hab ich das Buch gelesen/überflogen und in der zweiten STunde die Kausuraufgaben gelöst. Ergebnis 7 Punkte Cool Fand ich gar nicht mal sos chlecht)

*dasGefühlhabindenSpiegelzuschauen*

#33:  Autor: MobienneWohnort: Allgäu BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 16:29
    —
astarte007 hat folgendes geschrieben:
mobienne hat folgendes geschrieben:
also verliebt hab ich mich in der schule nie. zu der zeit wollte mich auch keiner. Smilie ich war nicht so hübsch glattgebügelt und nicht so gebrauchs-dümmlich. ganz schlimm waren auch klassenfahrten. wer mit wem und wann und warum. ich konnte das nicht. nervig. von daher war ich froh, als das ca. in der elften klasse vorbei war. da hat man sich dann um andere sachen gekümmert.


Geschockt da ging es richtig los, in der zehnten, elften... Glattgebügelt und gebrauchs-dümmlich?? Muss man das sein um sich verlieben zu können? Am Kopf kratzen ...


nö, muß man nicht - aber bei den jungs waren halt die modetrendigen "lauten" girlies immer beliebter. also bei mir in der klasse hatte der gewisse "durchschnitt" immer mehr beziehungs-und pubertätsgemache als ich. so schema f ist in dem alter präsenter. an mir war in dem alter zumindest keiner interessiert - ich hab wahrscheinlich auch keine entsprechenden signale ausgesendet. ab der 11. klasse ca. hatte sich das dann wirklich etwas gelegt - da ging es schon auf eine art nächste stufe von sozialen kontakten, mehr gemeinsame unternehmungen, eigene freizeitinteressen, persönlichkeitsbildung usw. da hatte man aus anderen gründen interesse an anderen. irgendwie so. so hab ich es zumindest empfunden.


Zuletzt bearbeitet von Mobienne am 11.11.2007, 16:54, insgesamt 2-mal bearbeitet

#34:  Autor: Gustav Aermel BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 16:35
    —
Oh mein Gott, die Schulzeit.

Alles begann in Vorpommern

Ne Ehrenrunde in der ersten Klasse.

2.-3. in ner LRS-Klasse. (Neue Schule)

4. 1. Halbjahr dann wieder in ner "normalen" Klasse.

4. 2. Halbjahr Grundschule, jetzt in Schleswig Holstein, LRS wird aberkannt.

5. Klasse Realschule. (ne 4 in Deutsch, Schrift, Englisch und Sport. Lachen )

6. Klasse Grundschule, jetzt mal in Brandenburg.

7.-10. Klasse Realschule.

11.-13. Klasse Gesamtschule.

(9 mal ne neue Klasse, 7 unterschiedliche Schulen)

Wenn ich so zurückschaue, war die Sek 2 am Besten.

Da ging es mit Party und Saufen erst richtig los.

Und seitdem kann ich Skat spielen. Lachen

Die Beste Zeit war also das Abi, dass davor war weniger schön.

Da gibt es Storys. skeptisch

#35:  Autor: TelliamedWohnort: Wanderer zwischen den Welten BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 22:01
    —
Am 1. September, dem Weltfriedenstag, zu jedem Schuljahr der gleiche Beginn.
"Aaachtung!" Die in der Aula im Blauhemd versammelten Schüler erheben sich. Als erster schreitet der Direktor nach vorn, gefolgt von Parteisekretär, stellvertretendem Direktor und FDJ-Sekretär sowie den übrigen Lehrern. Vorn angekommen, wenden sie sich mit einer Kehrtwendung um zum Schülerpublikum.
"Ein Lied!"* Dann die Ansprache des Direktors, die immer mit den gleichen Worten begann: "1. September. Ein neues Schuljahr. Wie die Ministerin für Volksbildung, Genossin Margot Honecker, auf der letzten Delegiertenkonferenz ausführte, muß an den Schulen iiintensiver gelernt werden!"


Doch in einem Jahr geriet die Eröffnungsveranstaltung nicht gut. Eine hoch aufgeschossene Schülerin, die vorn stand, hatte ein Gedicht aufzusagen, und das hieß: "Ich bin gewachsen!" und ging weiter: "Ich bin gewachsen und bin mir dessen nicht bewußt!"
Sie steht also vor der lauschenden Aula und schmettert los: "Ich bin gewachsen!" Totenstille. Dann noch einmal: "Ich bin gewachsen und bin mir dessen nicht bewußt!" Da der Chor vor Lachen ausfiel, konnte auch das Lied nicht angestimmt werden. Der Beginn der Feier mußte wiederholt werden, ohne das Gedicht.


Schön war in der 10. Klasse das Schulfach Astronomie. Ganz legal, von den Eltern toleriert, konnten sich die Pärchen im sternenüberhimmelten Park mit einem selbstgebauten Quadranten treffen, um "Sterne zu beobachten".

Sozialistische Wehrerziehung im Wald, südlich von Erfurt, 12. und letzte Klasse. Da ich wegen einer chronischen Erkrankung vom Sportunterricht befreit war, hatte ich als Streckenposten im Wald zu stehen, bis alle Jungen der Schule in ihrer GST-Uniform (= Gesellschaft für Sport und Technik) an mir vorbeigerannt waren. Die kamen auch vorbeigeschlendert, zeigten mir einen Vogel und dann stand ich, bis es dunkel wurde, niemand zur Ablösung kam, und ich schließlich nach Hause trottete.
Am nächsten Tag die ganze Schule in der Aula. Direktor: "Da dachten die Herrschaften, sie hätten ihre Zulassung zum Studium bereits in der Tasche! Wie ernst sie die sozialistische Wehrerziehung nehmen, zeigt sich daran, dass sie während des Manövers einfach in die Dorfkneipe von Rhoda gezogen sind!"
Vor dem Studium kamen all die männlichen Mitschüler, die Kneipengänger, die diesmal noch einmal Glück gehabt hatten, zur Ableistung des Wehrdienstes zur Kasernierten Volkspolizei, wo sie der Vater eines Mädchens aus unserer Klasse als Unteroffizier nach Herzenslust schliff.


* z.B. "Das Wunderland" (von Johannes R. Becher, Schöpfer der Nationalhymne)
"Es soll hiermit ein Lied gesungen werden,
das Kunde bringt von einer neuen Zeit.
Von einem wunderbaren Land auf Erden, das leuchtend stieg aus der Vergangenheit.
-- Wo ist das Land, das Wunderland gelegen?
Von dem das Volk in seinen Liedern singt?"

Gemeint mit dem Wunderland war "Deutschland". 1972 wurde der Text eines anderen Liedes aus den 1950er Jahren abgeändert, weil man nicht mehr "Deutschland" sagen durfte. "Unser Lied, das für Deutschland wir singen, dieses Lied braust von Bayern zum Belt!" hieß dann "Unser Lied, das für alle wir singen, dieses Lied braust durch unsere Welt!"

#36:  Autor: Peter H. BeitragVerfasst am: 11.11.2007, 23:56
    —
Zu meiner Kritik an meiner Schulzeit sei noch Folgendes angemerkt:
1. ich vermisste Polytechnische Bildung
2. ich wünschte mir Ganzheitsunterricht, dies bedeutet die Verquickung von Theorie und Praxis
3. es fehlten komplexe Unterrichtsformen, d.h. fächerübergreifender Unterricht
4. es störte mich der Frontalunterricht
5. Gruppenarbeit wurde vernachlässigt
6. Fehlen von Projektarbeit (praktische Arbeit mit (anschließender) theoretischer Auswertung
7. fehlende Vermittlung nützlichen Wissens wie z.B. Buchführung, handwerklicher Kenntnisse, Gartenbau, zerlegen und entwickeln von Geräten und Maschinen etc.

#37:  Autor: DeHergWohnort: Rostock BeitragVerfasst am: 12.11.2007, 01:27
    —
Valen MacLeod hat folgendes geschrieben:
DeHerg hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Was habt Ihr für Erinnerung an Eure Schulzeit
die Erkenntnis das es niemals gut gehen kann wenn man Haubt/Realschule und Gymnasium zusammenlegt(persönliche Einschätzung aus Erfahrung)

Also ich 'schulte' in einer kombinierten Realschule und Gymnasium und fand da problemlos - bis auf diese lästige Arroganz der Gymnasiasten.
also ich war erst in der Realschuule und später dann auf dem Gymnasium.und was ich erlebt habe war ein Unterschied wie Tag und Nacht.
In der Real:ein absoluter Raubtierkäfig.Jede 2.Pause mind. eine größere Schlägerei auf dem Schulhof.Jede Form von Eigeninititive oder aus der Menge positiv hervorstechende Leistung sofort von den Mitschülern mit Außgrenzung und Verfolgung bestraft.Dagegen absolut hilflose Lehrer die von den Schülern eher als Feind denn als Informationsquelle betrachtet wurden.(bis zur 8. Klasse gab es sogar noch welche die mit Essen warfen)

dagegen das Gym(bisher die beste Zeit):Fachspeziefisch interresierte Mitschüler.angenehmes Klima.Spielerische Konkurrenz.Sogar gegenseitige Bewunderung bei besonderen Einfällen/Leistungen(Steckenpferd).

das Scenario was einige Politiker bei diesen Konzept der Kombination heraufbeschwöhren, das die (schulisch)schwächeren dort durch die (schulisch)besseren angespornt würden kann ich aufgrund meiner eindrücke nur als Phantasterei abtun.ich vermute daher eher eine durch Gewalt nach unten korrigierte Leistung .

#38:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 12.11.2007, 01:38
    —
DeHerg hat folgendes geschrieben:
dagegen das Gym(bisher die beste Zeit):Fachspeziefisch interresierte Mitschüler.angenehmes Klima.Spielerische Konkurrenz.Sogar gegenseitige Bewunderung bei besonderen Einfällen/Leistungen(Steckenpferd).


WO warst du bitte?

#39:  Autor: DeHergWohnort: Rostock BeitragVerfasst am: 12.11.2007, 01:45
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
DeHerg hat folgendes geschrieben:
dagegen das Gym(bisher die beste Zeit):Fachspeziefisch interresierte Mitschüler.angenehmes Klima.Spielerische Konkurrenz.Sogar gegenseitige Bewunderung bei besonderen Einfällen/Leistungen(Steckenpferd).


WO warst du bitte?

berufsbildende Schulen Quedlinburg(Fachgym. Wirtschaft)
mit der Klasse hab ich warscheinlich auch nen ziemlichen Glücksgriff gezogen(LK Mathe)

#40:  Autor: CriticWohnort: Arena of Air BeitragVerfasst am: 12.11.2007, 03:41
    —
Ach ja: Und ein bißchen hat mich ja in Erinnerung zurückgeworfen, daß eine Mitschülerin von "damals" inzwischen geheiratet hat. (Nein, nicht die, auf die ich schon damals stand und die sich schon damals einen Dreck für mich interessierte, weil ich auch damals schon nur Wissen zu bieten hatte. Sonst wäre ich wohl heute im Irrenhaus oder tot.)

Ansonsten hätte ich also schon ganz gerne mal ein bißchen Theorie oder Anleitung gehabt. Da fällt mir zum Beispiel der Kunstunterricht etwas negativ auf: Es wäre ja durchaus möglich gewesen, den Kindern auch ein bißchen zu erklären, wie man bestimmte Sachen macht. Durch Zufall bin ich dann vor ein paar Wochen mal beim Durchschalten bei einer Wiederholung von "Bob Ross - The Joy of Painting" hängengeblieben und konnte mir dort ansehen, wie man so etwas wie Farbverläufe für Sonnenuntergänge etc. produzieren kann. Vielleicht habe ich auch damals nicht genug experimentiert, weil mich das gar nicht so interessiert hat. Und in Musik hat mich natürlich das Notenlesen gestört, während ich andererseits eine gewisse Affinität für die "Alte Musik" erwarb, als uns mal als Klangbeispiel ein bestimmtes Stück vorgespielt wurde. Ich suche heute noch eine Aufnahme davon Lachen. Ansonsten wußte ich auch, daß es sich bei einem anderen Stück, das nicht bezeichnet wurde, um eines von J.S.Bachs "Brandenburgischen Konzerten" handelte, ohne daß ich dieses Stück sinnigerweise jemals gehört hatte, nur eben eines der anderen "Brandenburgischen Konzerte"...

Oder auch die Lehrer, die eine Klausur dann nochmal gaaanz genau durchlesen, um eventuell doch noch den einen Fehler zu finden, der verhindert, daß man die Note bekommt, die bei ihnen nur "für Shakespeare höchstpersönlich" reserviert ist. Oder diejenigen, bei denen man auch nur eine Seite der Medaille präsentiert bekommt, weil die eine ganz bestimmte Meinung haben.

Oder diejenigen, die man ohnehin stets unterschätzt hat. Was habe ich "Sportfeste" auch immer gehaßt, ich war ja sowieso beim Sport immer eher mau, wenn man mal von Dreien beim Skilaufen oder beim Barrenturnen absieht. Und der letzte Sportlehrer, bei dem es auch nicht besser lief, meinte, als er meine Abmeldung unterschrieb: "Ich habe Sie noch nie so glücklich gesehen". Da war der Politik/SoWi-Lehrer, in seiner Partei eine "lokale Größe", von dem alle gedacht haben, er würde beim "Sponsorenlauf", bei dem irgendwann einmal Spendengelder gesammelt wurden, nach spätestens einer Runde aufhören. Irgendwann zwei Stunden später war das "Sportfest" dann vorbei, und der Mann lief immer noch. Und die Sponsoren standen immer noch mit offenen Mündern da -- was diese Wette sie wohl gekostet haben mag Lachen.

Auch nicht zu vergessen, daß ich im Deutsch-Abitur dann für das Thema 14 Punkte bekommen hatte, für das ich am wenigsten gelernt hatte (Vergleich eines romantischen Naturgedichtes mit einem Gedicht von einem "Hofdichter" der Nazizeit). Die ganze Zeit über war ich im Geschichts-Lk stets einen Punkt gewesen als eine bestimmte Frau. Und in der Abiturklausur hat sie es dann doch geschafft, mich um eben jenen Punkt zu schlagen Lachen. Heute macht sie anscheinend in Kulturmanagement. Die Lösung für die einzige Aufgabe in der Mathe-Abitur-Klausur (13 Punkte), die ich nicht gelöst hatte (Orthogonale Projektion bzw. Spiegelung eines Punktes an einer Geraden im dreidimensionalen Raum), fand ich, als ich Jahre später im Rahmen der Vorlesung "Graphische Systeme" mal dasselbe Problem bearbeiten mußte. (Es dürfte da aber so einige Lösungsmöglichkeiten geben.)

#41: Re: Schule Autor: ShadaikWohnort: MG BeitragVerfasst am: 12.11.2007, 11:13
    —
Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
Was habt Ihr für Erinnerung an Eure Schulzeit und auch das sicher oft lästige Thema Schulaufgaben/Hausaufgaben?


Die Schulzeit war größtenteils stinklangweilig, mit den meisten Mitschülern konnte ich nicht viel anfangen, auch wenn es später besser wurde und ich habe so gu wie nie Hausaufgaben gemacht.


Wie bist Du da denn durchgekommen, wenn Du fast nie Hausaufgaben gemacht hast?

Das ist nicht sonderlich schwer.

Ansonsten hat Kival meine Schulzeit ja schon ganz gut beschrieben.

#42:  Autor: ateyimWohnort: Istanbul BeitragVerfasst am: 12.11.2007, 11:45
    —
ich hatte eigentlich eine sehr gute Schulzeit und es wurde von Jahr zu Jahr besser. Daher bin ich irgendwie auch nach dem Abitur in ein Loch gestürzt...

ich merkte da erst, wie sehr die Schule, die Mitschüler, die ich jeden Tag sah, Teil meines Lebens geworden waren, und wie sehr ich mich daran gewöhnt hatte. Es gab Momente, da glaubte ich gar - heute muss ich darüber Schmunzeln - , dass ich den Boden unter den Füssen verliere. Bis zum Tag des Abiturfestes habe ich mich nicht konkret damit auseinandergesetzt, dass ein neuer Lebensabschnitt beginnen wird. Daher brauchte sehr lange bis ich dieses Kapitel für endgültig abgeschlossen angesehen habe. Ich habe sogar noch gehofft, dass die Uni eine aehnliche Situation schafft wie die tollen Jahre in der Oberstufe, aber die Hochschule ist eine ganz andere Welt...

Es ist erschreckend, dass ich heute noch, 19 Jahre nach dem ABI sehr oft von den Leuten damals traeume, von gemeinsamen Erlebnissen, von Lehrern etc. Wenn ich traeume, dass ich heute mit Kumpels z.B. ein fremdes Land bereise, dann sinds nicht die engsten Personen um mich herum von heute, sondern aus der Schulzeit.

Eine Sache, dessen psychologischer Hintergrund mich doch schon interessiert...

#43:  Autor: AlchemistWohnort: Hamburg BeitragVerfasst am: 12.11.2007, 12:03
    —
ateyim hat folgendes geschrieben:
ich hatte eigentlich eine sehr gute Schulzeit und es wurde von Jahr zu Jahr besser. Daher bin ich irgendwie auch nach dem Abitur in ein Loch gestürzt...

ich merkte da erst, wie sehr die Schule, die Mitschüler, die ich jeden Tag sah, Teil meines Lebens geworden waren, und wie sehr ich mich daran gewöhnt hatte. Es gab Momente, da glaubte ich gar - heute muss ich darüber Schmunzeln - , dass ich den Boden unter den Füssen verliere. Bis zum Tag des Abiturfestes habe ich mich nicht konkret damit auseinandergesetzt, dass ein neuer Lebensabschnitt beginnen wird. Daher brauchte sehr lange bis ich dieses Kapitel für endgültig abgeschlossen angesehen habe. Ich habe sogar noch gehofft, dass die Uni eine aehnliche Situation schafft wie die tollen Jahre in der Oberstufe, aber die Hochschule ist eine ganz andere Welt...

Es ist erschreckend, dass ich heute noch, 19 Jahre nach dem ABI sehr oft von den Leuten damals traeume, von gemeinsamen Erlebnissen, von Lehrern etc. Wenn ich traeume, dass ich heute mit Kumpels z.B. ein fremdes Land bereise, dann sinds nicht die engsten Personen um mich herum von heute, sondern aus der Schulzeit.

Eine Sache, dessen psychologischer Hintergrund mich doch schon interessiert...


Da habe ich das Glück das meine engsten Freunde das mittlerweile auch schon seit zwanzig Jahren sind

#44:  Autor: HeizölrückstoßabdämpfungWohnort: Stralsund BeitragVerfasst am: 12.11.2007, 12:09
    —
Die Schulzeit war schon nicht schlecht, vor allem wie viel Zeit ich dort hatte. Außer in Mathe und Physik, habe ich fast nie Hausaufgaben gemacht, interessiert haben mich nur Naturwissenschaften und Geschichte. Deutsch, Musik und Kunst sowie Französisch habe ich gehasst und auch nie wirklich was dafür getan. Zum Abi hats trotzdem gereicht. War zwar ne geile Zeit, aber das Studentenleben war noch um einiges schöner.

#45:  Autor: Ralf Rudolfy BeitragVerfasst am: 12.11.2007, 13:14
    —
Ich erinnere mich nur ungerne an meine Schulzeit zurück.

#46:  Autor: Sinuhe BeitragVerfasst am: 27.11.2007, 01:39
    —
Ich mag meine Schulzeit so lala. Irgendwie komm ich mit vielen Gleichaltrigen nicht allzu gut zurecht. Mittlerweile finde ich es jedoch besser, weil mir die Klassenmentalität der Oberstufe angenehmer ist. Ich glaube, dass ich viel lieber auf ein Internat gegangen wäre - wir hatten dazu mal aufeinmal Stipendienangebote, aber ich hatte dafür zu schlechte Noten...hätte ich das vorher gewusst, dann hätte ich natürlich auf meine Noten besser geachtet... Naja egal, werde mich nach meinem Abi mit einem sozialen Auslandsjahr hoffentlich persönlich maßgeblich weiterentwickeln. Mir fehlt es an sozialen Kompetenzen, wobei ich da recht positiv in die Zukunft blicke, da ich langsam check, wie die menschliche Psyche und damit ich selber ticke.
Im Leben ist dieser Selbstbezug für das Erlangen von Glückseligkeit fundamental. Ich muss einfach wieder zu mir selbst, also zu meinen natürlichen Bedürfnissen finden. Der Mensch ist zu Dingen fähig, die weit außerhalb seines Vorstellungsvermögens liegen. Visionen sollen gebildet und - ganz wichtig - umgesetzt werden Cool

#47:  Autor: AhrimanWohnort: 89250 Senden BeitragVerfasst am: 27.11.2007, 02:57
    —
Die Erinnerungen an die acht Jahre in der "Schloßschule" in Chemnitz sind weitgehend verblaßt. Nur einige Klippen erheben sich noch aus diesem Nebelmeer.
Wie ich das kleine Einmaleins paukte und uns unser Rechenlehrer mit Kopfrechnen-Übungen quälte. Ja, damals war die Schule noch deutsch, wir hatten Rechnen, Leibesübungen, Naturkunde, und ein Nominativ war ein Hauptwort, ein Adjektiv war ein Eigenschaftswort.
Aus den ersten beiden Schuljahre erinnere ich mich an Herrn Oberlehrer Dittmann, der es trefflich verstand, den Rohrstock anzuwenden. Verflucht, tat das weh, wenn man so zwei drei oder vier auf die Handfläche bekam. Aber ab dem dritten Jahr durfte er nicht mehr hauen. Trotzdem gabs schon mal eine Ohrfeige...
Mal ernsthaft: Geblieben sind vor allem die Erinnerungen an die letzten beiden Jahre. Und da ärgere ich mich heute noch, daß uns das Frl. Matthes mit Goethes "Herman und Dorothea" anödete. Für diese dämliche Hexameterleier könnte ich dem ollen Geheimrath heute noch irgendwohin treten. Des weiteren ist mir rätselhaft geblieben, wozu wir lernen sollten, Dreiecke zu berechnen. Auch die Zinseszinsrechnung war völlig für die Katz: Als ich das endlich mal brauchte, machte es ein freundlicher Herr in der Sparkasse für mich.
Mein schönstes Schuljahr war 1945, da gab es nämlich so gut wie keine Schule. Dafür aber einen herrlichen Sommer, und die Ruinen der ausgebombten Häuser waren der tollste Abenteuerspielplatz, den man sich nur denken kann.
Als nach dem Krieg dann die Schule wieder anlief, hatten wir als Direx einen strammen und betagten Genossen, der, wie er stolz erzählte, mal "Siedler" gewesen war. Dem saß die Hand locker, ich habe mehr als eine Backpfeife von ihm bekommen. Wir nannten ihn den Regenspender, weil er so eine feuchte Aussprache hatte. Mit ihm waren einige "Junglehrer" gekommen, einige alte Nazis waren gegangen worden. Unser Klassenlehrer Herr Fuchs bekam eines Tages einen Tobsuchtsanfall, als er hörte, wie einer rief: "Achtung, Füchschen kommt!" Dumm und humorlos wie er war, machte er dann auch Karriere. Eines Tages hatte er das SED-Parteiabzeichen an der Jacke, und als ich die Schule zum letzten Male besuchte (wir "machten rüber" über die Grenze), war er Schuldirektor.

#48:  Autor: blaue fee BeitragVerfasst am: 27.11.2007, 06:35
    —
ach ja, die Schulzeit...

- neurotische Lehrer (wir hatten einen Deutschlehrer der uns noch in der K13 gesagt hat, wir sollen uns Hefte mit gelben Umschlag zulegen, anstelle dieser neumodischen Ordner), von denen man völlig abgängig ist (auch von denen, die einen am zweiten Schultag in eine Schublade packen)

- Chaoten als Mitschüler, mit denen wenns dumm läuft jahrelang zusammen bleiben muss; im bestenfalls hat man ein paar enge Freunde, und der rest ist ignorierbar

- der unterricht: langweilig, stures auswendig lernen (genau so wies im Heft steht, sonst ists falsch), meistens sowieso nur quatsch, der keinen interessiert

Fazit: Die Zeit mit den Kumpels war das beste, auf den Rest kann man getrost verzichten. Nirgendwo sonst, muss man sich jahrelang immer mit dem selben Leuten und Beschäftigungen rummquälen, obwohl man eigentlich was besseres vor hat

#49: Re: Schule Autor: Ankh BeitragVerfasst am: 27.11.2007, 10:19
    —
Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
Die Schulzeit, heißt es ja immer, sei die beste Zeit des Lebens.
Sicher ist, das man in der Schulzeit im Nachhinein betrachtet viele Sachen hatte, die gut waren (wie z. B. 12 Wochen Urlaub im Jahr etc...)

Aber jeder von uns denkt mit Sicherheit an seine eigene Schulzeit zurück. Ich hatte einige Lehrer, die konnten mit mir gar nicht (wie gesagt in der Berufsschule wurde ich von einer gemobbt), andere waren so mittelprächtig, mit meinen Klassenlehreren hatte ich oft viel Glück gehabt.

Lieblingsfächer waren bei mir Sprachen, Deutsch, Musik, WiPo usw...

Gerne erinnert man sich auch an solche Sachen wie Bundesjugendspiele oder Schulfeste (Schulkönig) usw. zurück.

Was habt Ihr für Erinnerung an Eure Schulzeit und auch das sicher oft lästige Thema Schulaufgaben/Hausaufgaben?

Grundschule: Ganz lustig, viel Freizeit, eigentlich hab ich es als sehr angenehm in Erinnerung.
Realschule: Reinster Terror bis zur 9. - dann sitzen geblieben, und die letzten zwei Jahre habe ich dann doch wieder richtig schöne Zeiten gehabt, jede Menge Freunde und sehr viel Spaß.
Berufsschule: Der Großteil der Klasse kann mich nicht ab (was mir ehrlich gesagt auch vollkommen Scheißegal ist), komme aber dennoch mit einem Teil der Klasse eigentlich ganz gut aus, so eine Art "Hahn im Korb" Smilie - Die Lehrerinnen bevorzugen mich aufgrund meiner Leistungen (Wohlgemerkt ohne eine Minute zu lernen) und wohl auch aufgrund meiner Gedanken und Äußerungen.

#50:  Autor: SanneWohnort: Nordschland BeitragVerfasst am: 27.11.2007, 11:21
    —
Schule: eine vertane Chance. Mit den Augen rollen

#51:  Autor: AhrimanWohnort: 89250 Senden BeitragVerfasst am: 27.11.2007, 18:05
    —
Ich hatte sogar auch als Vater dann noch Ärger mit der Schule.
Mein Jüngster kam mit einen Notendurchschnitt aus der Grundschule, der glatt für den numerus clausus gereicht hätte, und so schickte ich ihn aufs Gymnasium. Dort schrieb er lauter Fünfer und ging nach einem Jahr ab auf die Hauptschule.
Hieraus ergab sich für mich die Folgerung, daß entweder die Lehrer der Grundschule oder die im Gymnasium nicht richtig tickten. Ein Jahr später wechselte er auf die Realschule und kam dort beim Abschluß zu den vier Besten des Jahrganges. (Heute hat er einen absolut sicheren Arbeitsplatz: Er sitzt im Arbeitsamt in der Vermittlung.)
Auch mit der Realschule gab es Ärger: Die Klasse fuhr für zwei Wochen zum Wintersport. Ich behielt den Jungen zuhause. Ich sah nicht ein, daß ich ihm für viel Geld Schi und dergleichen kaufen sollte, mit denen er gar nichts anfangen konnte, weil er nie gelernt hatte damit umzugehen. Ich bekam dann einen Rüffel von der Schulbehörde, denn der Junge hätte während dieser Zeit in die Parallelklasse gehen müssen.
Ich pfiff dem Landrat was: Wenn meines Sohnes Klassenkameraden Urlaub machen, dann er wohl auch. Ich fand das unsozial schrieb ich, er solle seine Lehrer dazu anhalten, solche Fahrten im Sommer zu machen, wo man nur eine Badehose (oder einen Regenmantel) braucht und keine teure Schiausrüstung. Geantwortet hat er darauf nicht.

#52:  Autor: satscheWohnort: Südhessen BeitragVerfasst am: 27.11.2007, 19:50
    —
Sinuhe hat folgendes geschrieben:
Ich mag meine Schulzeit so lala. Irgendwie komm ich mit vielen Gleichaltrigen nicht allzu gut zurecht. Mittlerweile finde ich es jedoch besser, weil mir die Klassenmentalität der Oberstufe angenehmer ist. Ich glaube, dass ich viel lieber auf ein Internat gegangen wäre - wir hatten dazu mal aufeinmal Stipendienangebote, aber ich hatte dafür zu schlechte Noten...hätte ich das vorher gewusst, dann hätte ich natürlich auf meine Noten besser geachtet... Naja egal, werde mich nach meinem Abi mit einem sozialen Auslandsjahr hoffentlich persönlich maßgeblich weiterentwickeln. Mir fehlt es an sozialen Kompetenzen, wobei ich da recht positiv in die Zukunft blicke, da ich langsam check, wie die menschliche Psyche und damit ich selber ticke.
Im Leben ist dieser Selbstbezug für das Erlangen von Glückseligkeit fundamental. Ich muss einfach wieder zu mir selbst, also zu meinen natürlichen Bedürfnissen finden. Der Mensch ist zu Dingen fähig, die weit außerhalb seines Vorstellungsvermögens liegen. Visionen sollen gebildet und - ganz wichtig - umgesetzt werden Cool




Pillhuhn oder Grohe

http://www.pillhuhn-kneipe.de/

http://www.grohe-gastro.de/

oder Pillhuhn und Grohe, soziale Kompetenzen umsonst.
Sehr glücklich

#53:  Autor: CriticWohnort: Arena of Air BeitragVerfasst am: 28.11.2007, 03:28
    —
Ahriman hat folgendes geschrieben:
Auch mit der Realschule gab es Ärger: Die Klasse fuhr für zwei Wochen zum Wintersport. Ich behielt den Jungen zuhause. Ich sah nicht ein, daß ich ihm für viel Geld Schi und dergleichen kaufen sollte, mit denen er gar nichts anfangen konnte, weil er nie gelernt hatte damit umzugehen. Ich bekam dann einen Rüffel von der Schulbehörde, denn der Junge hätte während dieser Zeit in die Parallelklasse gehen müssen.


Ich kann mich erinnern, daß unsere Schule mit genug Skiern ausgestattet war, daß man auch eine Stufe in die Alpen schicken konnte. Die Ski-"Freizeit" in der 10.Klasse hatte anscheinend schon Tradition. (Na gut, aber das war vielleicht damals noch nicht so.) Nur einen neuen Skianzug und eine Brille sollte ich nach Vorstellung meiner Eltern schon haben. Allerdings war ich sowieso auf Klassenfahrt auch immer der, der am kränksten war: der Magen, mein ewiges Problem...

#54:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 30.06.2016, 01:18
    —
beachbernie hat folgendes geschrieben:
AdvocatusDiaboli hat folgendes geschrieben:
... zwei Trottel für ein Hallelujah...


Treffender kann man Dich und c3P nicht charakterisieren! Lachen


Das fand ich jetzt nicht wirklich relevant oder interessant. Das hier schon eher:

They Dream of School and None of the Dreams Are Good / Sie träumen von der Schule und keiner der Träume ist schön

Ich fand den Artikel bemerkenswert, weil ich genau diese Art von Träumen über meine Schulzeit habe. Treffender kann man mich nicht verletzen. Verlegen

#55:  Autor: beachbernieWohnort: Haida Gwaii BeitragVerfasst am: 30.06.2016, 01:42
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
beachbernie hat folgendes geschrieben:
AdvocatusDiaboli hat folgendes geschrieben:
... zwei Trottel für ein Hallelujah...


Treffender kann man Dich und c3P nicht charakterisieren! Lachen


Das fand ich jetzt nicht wirklich relevant oder interessant. Das hier schon eher:

They Dream of School and None of the Dreams Are Good / Sie träumen von der Schule und keiner der Träume ist schön

Ich fand den Artikel bemerkenswert, weil ich genau diese Art von Träumen über meine Schulzeit habe. Treffender kann man mich nicht verletzen. Verlegen



Ich fand das auch nicht relevant oder interessant, weshalb ich vergebens im Mod-Thread anregte das Zeug in den Sandkasten zu schieben, aber gut, befassen wir uns (diesmal hoffentlich ungestoert) lieber mit was interessantem.

Das Thema Schultraeume finde ich tatsaechlich interessant und habe auch oefter solche. Das scheint gar kein so seltenes Phaenomen zu sein. Meist geht es in meinen in unterschiedlichen Varianten darum, dass es mir irgendwie gelingt das "System Schule" zu ueberlisten und z.B. ganze Faecher nicht zu besuchen, ohne dass es jemand merkt und ich trotzdem den Schulabschluss kriege. Mitunter ist das aber auch recht unangenehm, weil ich zum Abschluss hin Schiss kriege, dass mein Schwindel doch noch auffliegt und ich den Schulabschluss doch nicht kriege.

Ist oft ziemlich wirr und nicht immer so furchtbar logisch. Einmal traeumte ich, dass ich mich gezwungen sah, neben der Uni auch mein altes Gymnasium noch zu besuchen um heimlich die fehlenden Faecher nachzuholen, bevor an der Uni jemand was merkt und ich von der Uni fliege.

#56:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 30.06.2016, 23:59
    —
beachbernie hat folgendes geschrieben:
Das Thema Schultraeume finde ich tatsaechlich interessant und habe auch oefter solche. Das scheint gar kein so seltenes Phaenomen zu sein. Meist geht es in meinen in unterschiedlichen Varianten darum, dass es mir irgendwie gelingt das "System Schule" zu ueberlisten und z.B. ganze Faecher nicht zu besuchen, ohne dass es jemand merkt und ich trotzdem den Schulabschluss kriege. Mitunter ist das aber auch recht unangenehm, weil ich zum Abschluss hin Schiss kriege, dass mein Schwindel doch noch auffliegt und ich den Schulabschluss doch nicht kriege.

Ist oft ziemlich wirr und nicht immer so furchtbar logisch. Einmal traeumte ich, dass ich mich gezwungen sah, neben der Uni auch mein altes Gymnasium noch zu besuchen um heimlich die fehlenden Faecher nachzuholen, bevor an der Uni jemand was merkt und ich von der Uni fliege.


Diese Schulträume sind offenbar sehr häufig, in ihrer Struktur ziemlich ähnlich - und sie sind selten angenehm. Offensichtlich nehmen viele Menschen unterbewusst wahr, dass mit dem Bildungssystem etwas nicht stimmt, sonst würde es sie nicht bis in ihre Träume verfolgen. Vielleicht wäre das mal ein neuer Ansatz, das Bildungssystem zu reformieren: Die unausgesprochenen Traumata, die es bei vielen Menschen verursacht, zu untersuchen.

#57:  Autor: CriticWohnort: Arena of Air BeitragVerfasst am: 01.07.2016, 00:43
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
beachbernie hat folgendes geschrieben:
Das Thema Schultraeume finde ich tatsaechlich interessant und habe auch oefter solche. Das scheint gar kein so seltenes Phaenomen zu sein. Meist geht es in meinen in unterschiedlichen Varianten darum, dass es mir irgendwie gelingt das "System Schule" zu ueberlisten und z.B. ganze Faecher nicht zu besuchen, ohne dass es jemand merkt und ich trotzdem den Schulabschluss kriege. Mitunter ist das aber auch recht unangenehm, weil ich zum Abschluss hin Schiss kriege, dass mein Schwindel doch noch auffliegt und ich den Schulabschluss doch nicht kriege.

Ist oft ziemlich wirr und nicht immer so furchtbar logisch. Einmal traeumte ich, dass ich mich gezwungen sah, neben der Uni auch mein altes Gymnasium noch zu besuchen um heimlich die fehlenden Faecher nachzuholen, bevor an der Uni jemand was merkt und ich von der Uni fliege.


Diese Schulträume sind offenbar sehr häufig, in ihrer Struktur ziemlich ähnlich - und sie sind selten angenehm. Offensichtlich nehmen viele Menschen unterbewusst wahr, dass mit dem Bildungssystem etwas nicht stimmt, sonst würde es sie nicht bis in ihre Träume verfolgen. Vielleicht wäre das mal ein neuer Ansatz, das Bildungssystem zu reformieren: Die unausgesprochenen Traumata, die es bei vielen Menschen verursacht, zu untersuchen.
Das vielleicht auch. Aber ich denke auch, das Bildungssystem prägt Menschen ja recht stark, sie machen viele Erfahrungen darin. Und - sofern Träume etwas bedeuten, nämlich Gedanken und Erinnerungen zu "sortieren", die man in der letzten Zeit so hatte - das Gehirn verwendet wahrscheinlich Bilder, die es kennt, als Metaphern für diese Gedanken. Ich bin in der Schule, weiß nicht, wohin ich soll, was für eine Stunde ich gerade habe, heißt dann natürlich: "Ich bin gerade ratlos in meinem Leben, weiß nicht, wie ich mich entscheiden oder was ich machen soll." Die Prüfungsmetapher kenne ich auch: "Ich habe ein Problem und weiß gerade nicht, wie ich das lösen soll."

Es gibt natürlich dann wieder den Rat, man sollte versuchen, den Traum "umzuwidmen": Wenn man gerade irgendwo herunterfalle, dann solle man sich Flügel wachsen lassen, damit es anschließend ein schöner Rundflug wird. Und die Prüfung bestehe man dann natürlich auch mit Bravour, weil man das alles kenne. Aber dazu muß man wohl auch talentiert und/oder geübt und/oder zugeschnitten sein. Man hat die Träume ja, weil man sich sorgt, da denkt man vielleicht weniger an Erfolg bei der Prüfung.

#58:  Autor: beachbernieWohnort: Haida Gwaii BeitragVerfasst am: 01.07.2016, 03:48
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
beachbernie hat folgendes geschrieben:
Das Thema Schultraeume finde ich tatsaechlich interessant und habe auch oefter solche. Das scheint gar kein so seltenes Phaenomen zu sein. Meist geht es in meinen in unterschiedlichen Varianten darum, dass es mir irgendwie gelingt das "System Schule" zu ueberlisten und z.B. ganze Faecher nicht zu besuchen, ohne dass es jemand merkt und ich trotzdem den Schulabschluss kriege. Mitunter ist das aber auch recht unangenehm, weil ich zum Abschluss hin Schiss kriege, dass mein Schwindel doch noch auffliegt und ich den Schulabschluss doch nicht kriege.

Ist oft ziemlich wirr und nicht immer so furchtbar logisch. Einmal traeumte ich, dass ich mich gezwungen sah, neben der Uni auch mein altes Gymnasium noch zu besuchen um heimlich die fehlenden Faecher nachzuholen, bevor an der Uni jemand was merkt und ich von der Uni fliege.


Diese Schulträume sind offenbar sehr häufig, in ihrer Struktur ziemlich ähnlich - und sie sind selten angenehm. Offensichtlich nehmen viele Menschen unterbewusst wahr, dass mit dem Bildungssystem etwas nicht stimmt, sonst würde es sie nicht bis in ihre Träume verfolgen. Vielleicht wäre das mal ein neuer Ansatz, das Bildungssystem zu reformieren: Die unausgesprochenen Traumata, die es bei vielen Menschen verursacht, zu untersuchen.


Ob diese Art Traeume wirklich auf's Bildungssystem zielen? Ich habe da meine Zweifel. Mir erscheint das zu oberflaechlich gedacht. Ich glaube eher, dass die Schule hier 'ne Metapher fuer etwas ist, das mehr tiefenpsychologisch angelegt ist, mehr mit mir zu tun hat als mit Schule. Critics Intepretaton erscheint mir plausibler.

#59:  Autor: CriticWohnort: Arena of Air BeitragVerfasst am: 01.07.2016, 06:01
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beachbernie hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
beachbernie hat folgendes geschrieben:
Das Thema Schultraeume finde ich tatsaechlich interessant und habe auch oefter solche. Das scheint gar kein so seltenes Phaenomen zu sein. Meist geht es in meinen in unterschiedlichen Varianten darum, dass es mir irgendwie gelingt das "System Schule" zu ueberlisten und z.B. ganze Faecher nicht zu besuchen, ohne dass es jemand merkt und ich trotzdem den Schulabschluss kriege. Mitunter ist das aber auch recht unangenehm, weil ich zum Abschluss hin Schiss kriege, dass mein Schwindel doch noch auffliegt und ich den Schulabschluss doch nicht kriege.

Ist oft ziemlich wirr und nicht immer so furchtbar logisch. Einmal traeumte ich, dass ich mich gezwungen sah, neben der Uni auch mein altes Gymnasium noch zu besuchen um heimlich die fehlenden Faecher nachzuholen, bevor an der Uni jemand was merkt und ich von der Uni fliege.


Diese Schulträume sind offenbar sehr häufig, in ihrer Struktur ziemlich ähnlich - und sie sind selten angenehm. Offensichtlich nehmen viele Menschen unterbewusst wahr, dass mit dem Bildungssystem etwas nicht stimmt, sonst würde es sie nicht bis in ihre Träume verfolgen. Vielleicht wäre das mal ein neuer Ansatz, das Bildungssystem zu reformieren: Die unausgesprochenen Traumata, die es bei vielen Menschen verursacht, zu untersuchen.


Ob diese Art Traeume wirklich auf's Bildungssystem zielen? Ich habe da meine Zweifel. Mir erscheint das zu oberflaechlich gedacht. Ich glaube eher, dass die Schule hier 'ne Metapher fuer etwas ist, das mehr tiefenpsychologisch angelegt ist, mehr mit mir zu tun hat als mit Schule. Critics Intepretaton erscheint mir plausibler.
Dann gibt es evtl. noch den strengen Lehrer oder die Bio-Klausur, von der man Alpträume hat. Es hat also vielleicht mit beidem zu tun: Warum gerade sucht sich das Gehirn die Schule als Metapher aus? Die Schule ist ja biographisch ein großer Posten mit entsprechend viel Quellmaterial. Und dort erlebt man gerade solche Situationen unentwegt, und vom Schüler wird erwartet, in dem System zu funktionieren:

Es gibt einen Zeitplan, selbst die Pausenzeiten werden auf die Minute eingebimmelt, und man läuft unentwegt durchs Gebäude, weil man gleich irgendwo sein muß. Dann gibt es natürlich auch ständig Prüfungen, dann hat man womöglich keine Peilung von dem, was einem da abverlangt wird, ... .

Und die meisten waren nicht in jedem Fach gut, haben also schonmal eine Zurücksetzung erlebt, und selbst die guten Schüler hatten vielleicht mal solche Angst vor der Prüfung, daß sie fast gebrochen hätten, oder kamen sich bei manchen Fragen vor wie ein Analphabet.

Und dann gibt es natürlich auch noch mögliche individuelle Erfahrungen mit "netten" Mitschülern (Hänseleien, Mobbing, ...). Oder daß man auf Klassenfahrten eigentlich immer krank war(*). Also ich denke, sowas kann sich durchaus negativ einbrennen. Und da in unserem Kulturkreis fast alle eine Schule besucht haben, ist das natürlich auch weit verbreitet.

(Und was ist mit positiven Erfahrungen? Brennen die sich vielleicht nicht so stark ein oder tauchen nur nicht so stark auf, wenn man Sorgen hat? Oder: Wenn die Schule anders funktionieren würde, wenn man daran weniger negative Erinnerungen hätte, würde das Gehirn vielleicht andere Metaphern verwenden, um negative Befindlichkeiten auszudrücken?)


______________
(* = Wobei das Gehirn daraus auch mal was Positives gemacht hat: Ich träumte, ich war auf Klassenfahrt nach Berlin. Wir sind mit dem Bus durch die Stadt gekurvt, und ich bin irgendwann einfach an einer Ampel aus dem Bus gestiegen -- und hatte mich damit metaphorisch gesehen von dem Ganzen befreit. Danach war dann mir einen Job zu suchen zwar etwas befremdlich, aber ich empfand das nicht mal als so schlimm.)

#60:  Autor: wolle BeitragVerfasst am: 01.07.2016, 15:39
    —
Critic hat folgendes geschrieben:

Und die meisten waren nicht in jedem Fach gut, haben also schonmal eine Zurücksetzung erlebt, und selbst die guten Schüler hatten vielleicht mal solche Angst vor der Prüfung, daß sie fast gebrochen hätten, oder kamen sich bei manchen Fragen vor wie ein Analphabet.

Ich habe auch Leute an der FH kennen gelernt, die so nervös vor und in der Prüfung waren, dass sie nichts mehr auf die Reihe bekommen haben, und letztlich das Studium geschmissen haben.
Die hätten eine Psychotherapie gut gebrauchen können.
Die Ängste sind auch vergleichbar mit Lampenfieber.

Die Traumatisierungen bleiben lange und werden unterbewusst und in Träumen verarbeitet.
Vereinzelt hatte ich auch solche Träume.

Die Prüfungsangst kenne ich auch, und auch, dass man manche Aufgaben der Prüfung nicht versteht.
Gerade in Mathematik waren die Studenten, die Abitur hatten, den Kommilitonen, die von der Fachoberschule kamen, überlegen.

Es hilft, wenn man sich in einer Gruppe zusammen auf Prüfungen vorbereitet.

#61:  Autor: AhrimanWohnort: 89250 Senden BeitragVerfasst am: 01.07.2016, 16:26
    —
Hab ich da Schwein gehabt. Den Abschlußprüfungen der Volksschule bin ich entgangen, weil wir kurz vorher "rübergemacht" haben in die "Westzone". Bei der Gehilfenprüfung war ich aus bestimmten Gründen, die ich schamhaft verschweigen möchte sicher, daß ich wenigstens mit "befriedigend" rauskommen würde. Und bei beiden Führerscheinprüfungen hatte ich genügend schwarzgefahrene Kilometer hinter mir, daß mir das ein Klacks war. Später dann hat mich niemand mehr examiniert.

#62:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 02.07.2016, 00:25
    —
beachbernie hat folgendes geschrieben:
Ob diese Art Traeume wirklich auf's Bildungssystem zielen? Ich habe da meine Zweifel. Mir erscheint das zu oberflaechlich gedacht. Ich glaube eher, dass die Schule hier 'ne Metapher fuer etwas ist, das mehr tiefenpsychologisch angelegt ist, mehr mit mir zu tun hat als mit Schule. Critics Intepretaton erscheint mir plausibler.


Ich finde, das schliesst sich beides nicht gegenseitig aus. Die Erinnerung an die Schule kann eine Metapher für eine aktuelle Lebenssituation sein, aber das die Schule als Metapher funktioniert, sagt auch etwas über die Schule und das Schulsystem aus. Besonders interessant finde ich Deinen Satz:

Zitat:
Ich glaube eher, dass die Schule hier 'ne Metapher fuer etwas ist, das mehr tiefenpsychologisch angelegt ist, mehr mit mir zu tun hat als mit Schule.


Etwas ähnliches schreibt ja auch der Verfasser des Textes, den ich hier verlinkt habe.

Zitat:
My own most common school dream is one in which I suddenly discover, in high school or college, that I have been enrolled in some class that I was unaware of or had forgotten about and never attended. It is the day of the final exam, and I am searching through dungeon-like hallways trying to find the classroom. I finally get to the classroom, late, and I realize that I have no idea what the subject is and can’t make heads or tails of the exam questions. I used to think this was an odd dream, probably representing some unique aspect of my personality, but now, in this survey, I have learned that this is the most common of all school dreams, at least among those who responded to the survey.
https://www.psychologytoday.com/blog/freedom-learn/201606/they-dream-school-and-none-the-dreams-are-good

(Hervorhebung in beiden Zitaten von mir)

#63:  Autor: beachbernieWohnort: Haida Gwaii BeitragVerfasst am: 02.07.2016, 00:46
    —
Ich selbst hatte allerdings keinerlei traumatische oder Angsterfahrungen mit der Schule gemacht. Ich war im Gymnasium immer unterfordert. Ich machte routinemaessig staendig blau und musste mir trotzdem nie Sorgen um meine Versetzung machen. Ich haette in jedem Schuljahr in jedem Fach eine Note schlechter haben koennen und waere trotzdem immer versetzt worden, manchmal haetten auch 2 Noten schlechter in jedem Fach meine Versetzung nicht verhindern koennen. Ich kam mit allen Lehrern gut genug aus, sodass ich hier auch keinerlei Grund zur Angst gehabt haette und Opfer von Bullies war ich ebenfalls nie. Ich bin nie widerwillig zur Schule gegangen. Meine groesstes Schulproblem war Langeweile in manchen Faechern.

Wo sollte also die Quelle meiner Aengste in solchen Traeumen liegen, wenn nicht voellig ausserhalb der Schule und somit in mir selbst?

#64:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 02.07.2016, 00:53
    —
beachbernie hat folgendes geschrieben:
Wo sollte also die Quelle meiner Aengste in solchen Traeumen liegen, wenn nicht voellig ausserhalb der Schule und somit in mir selbst?


Sorry, das war mein Fehler. Ich dachte, ich rede mit einem Sterblichen, ich wusste nicht, dass Du es bist, Sheldon.

#65:  Autor: CriticWohnort: Arena of Air BeitragVerfasst am: 02.07.2016, 01:01
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
beachbernie hat folgendes geschrieben:
Wo sollte also die Quelle meiner Aengste in solchen Traeumen liegen, wenn nicht voellig ausserhalb der Schule und somit in mir selbst?


Sorry, das war mein Fehler. Ich dachte, ich rede mit einem Sterblichen, ich wusste nicht, dass Du es bist, Sheldon.
Oder wie FDR mal sagte: Es (Das Einzige, wovor wir Angst haben müßten,) sei ja nur die Angst vor der Angst Am Kopf kratzen.

Und, bb, speisen sich bei Dir Angstträume dann aus anderen Quellen?

#66:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 02.07.2016, 01:05
    —
Critic hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
beachbernie hat folgendes geschrieben:
Wo sollte also die Quelle meiner Aengste in solchen Traeumen liegen, wenn nicht voellig ausserhalb der Schule und somit in mir selbst?


Sorry, das war mein Fehler. Ich dachte, ich rede mit einem Sterblichen, ich wusste nicht, dass Du es bist, Sheldon.
Oder wie FDR mal sagte: Es (Das Einzige, wovor wir Angst haben müßten,) sei ja nur die Angst vor der Angst Am Kopf kratzen.


Das Einzige, vor dem wir Angst haben müssen, sind diejenigen, die keine Angst haben.

#67:  Autor: beachbernieWohnort: Haida Gwaii BeitragVerfasst am: 02.07.2016, 03:39
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
beachbernie hat folgendes geschrieben:
Wo sollte also die Quelle meiner Aengste in solchen Traeumen liegen, wenn nicht voellig ausserhalb der Schule und somit in mir selbst?


Sorry, das war mein Fehler. Ich dachte, ich rede mit einem Sterblichen, ich wusste nicht, dass Du es bist, Sheldon.


So war das bei mir halt in der Schule. Schulterzucken

An der Uni machte ich dann zum ersten Mal die Erfahrung, dass man fuer den Erfolg seiner Ausbildung auch mal arbeiten muss. Sehr glücklich

Jo, meine Schulzeit war eine schoene Zeit und Aengste waren woanders angesiedelt, nicht in der Schule. Ich war nun mal kein Opfer des Schulsystems. Mit diesem Klischee kann ich leider nicht dienen Smilie

#68:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 02.07.2016, 08:04
    —
beachbernie hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
beachbernie hat folgendes geschrieben:
Wo sollte also die Quelle meiner Aengste in solchen Traeumen liegen, wenn nicht voellig ausserhalb der Schule und somit in mir selbst?


Sorry, das war mein Fehler. Ich dachte, ich rede mit einem Sterblichen, ich wusste nicht, dass Du es bist, Sheldon.


So war das bei mir halt in der Schule. Schulterzucken

An der Uni machte ich dann zum ersten Mal die Erfahrung, dass man fuer den Erfolg seiner Ausbildung auch mal arbeiten muss. Sehr glücklich

Jo, meine Schulzeit war eine schoene Zeit und Aengste waren woanders angesiedelt, nicht in der Schule. Ich war nun mal kein Opfer des Schulsystems. Mit diesem Klischee kann ich leider nicht dienen Smilie

Du Glücklicher.
Ich kenne das auch aus meinem Umfeld.
Leider kenne ich dies nicht aus eigener Erfahrung.
Die Schule war für mich vom Anfang bis zum Ende der reinster Horror, wo ich noch sehr lange drann zu knabbern hatte.

#69:  Autor: beefyWohnort: Land der abgehärteten Seelen BeitragVerfasst am: 02.07.2016, 11:12
    —
Ich stell mir beim Lesen hier gerade folgende Frage:
Traumatas werden in Träumen verarbeitet.Fakt.Erlebe ich beruflich leider sehr oft.Auch an mir selbst.
keiner meiner "Kunden" durchlebt dabei Schultraumatas, sondern eben die teilweise extremsten und unvorstellbaren Sachen, die sie so erlebt haben.
Meine eigene Schulzeit war auch nicht gerade rosig, die Traumatas die mich verfolgen sind aber auch andere.und das obwohl sie sich zeitlich mit der Schulzeit überschneiden.
Meine Frage (zugegeben etwas offtopic) ist nun: Sind diese Schultraumatas Anzeichen einer vergleichsweise eher behüteten Kindheit? Oder liegt das an mir und meinem Job in dem ich mit Traumatas konfrontiert werde die zumindest mich schon durchs erzähltbekommen Traumatisieren ?ich bin da gewiss abgestumpft, und Traumata ist Traumata.Ich will da nichts kleinreden, ich frag nur ob das menschliche Hirn da irgendwas sortiert oder gewichtet, bevor es sich in Träumen ums bearbeiten kümmert.(Ich schreibe jetzt absichtlich nicht verarbeitet...) ?

#70: Vorschlag für Threaderöffnung Autor: Religionskritik-WiesbadenWohnort: Wiesbaden BeitragVerfasst am: 02.07.2016, 11:18
    —
Mal ein Vorschlag,
das Schule - Traumathema ist doch so interessant,
da könnte man auch einen eigenen Thread drauss machen,
Titel vielleicht: Wie lange und auf welche Weise wirkt unsere Schulzeit nach im Leben.
(gerne auch ein wenig umständlicher Titel, Smilie )

#71: Re: Vorschlag für Threaderöffnung Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 03.07.2016, 00:59
    —
Religionskritik-Wiesbaden hat folgendes geschrieben:
Mal ein Vorschlag,
das Schule - Traumathema ist doch so interessant,
da könnte man auch einen eigenen Thread drauss machen,
Titel vielleicht: Wie lange und auf welche Weise wirkt unsere Schulzeit nach im Leben.
(gerne auch ein wenig umständlicher Titel, Smilie )


Vielleicht können die Moderatoren das Thema vom Thread abtrennen.

#72:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 03.07.2016, 01:03
    —
beefy hat folgendes geschrieben:
Sind diese Schultraumatas Anzeichen einer vergleichsweise eher behüteten Kindheit?


Das kann ich nicht bestätigen. Und meine Kindheit war alles andere als behütet.

#73:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 03.07.2016, 13:41
    —
Hm, zum Thema Schul-Traum, habe ich mir das Bisher so erklärt:

Es sind Träume, in denen man in einer Prüfungssituation ist. Bewährungsträume. Unser ganzes Leben lang geraten wir immer wieder in Situationen, in denen wir uns bewähren müssen, und zugleich nicht sicher sind, ob wir das schaffen. Das ist ein Ausdruck tiefer Verunsicherung, aber man kann sich bewähren. Nur scheint die Bewährung, wenn man am Ende im Traum vielleicht doch wider Erwarten und unbegreiflicherweise das Abitur geschafft hat, nichts an der grundsätzlichen existenziellen Lage zu ändern, daß wir solchen Situationen immer wieder ausgeliefert sein können, wie die ängstlich zitterende Maus dem Fuchs.
Schulprüfungen kennen alle von uns, deswegen haben sie einen universellen Charakter in unserer Kultur. Sie finden in einer Lebensphase statt, in der wir höchst sensibel und empfänglich für solche Eindrücke sind. Viele von uns sind in diesem Alter verunsichert, weil die Zukunft ungewiss ist. Die Universalität scheint rätselhaft zu sein, aber aufgrund dieser Überlegungen erklärbar.
Es gibt eine letzte große Prüfung, die wirklich universell ist, von der man jedoch nicht berichten, und daher auch sich nicht austauschen kann.
Den Großteil meiner Schulzeit fand ich furchtbar. Meine Zeit im Ausland bin ich gerne zur Schule gegangen.
Meine Abitur-Träume habe ich noch Jahrzehnte nach dem Abi gehabt. Das Grundgefühl, das ich dann beim Aufwachen hatte, war immer, daß ich nicht glauben konnte, das Abi bestanden zu haben, und daß es irgendwie unverdient war. Das zeigt vielleicht etwas von meiner Grundkonstitution, was nicht universell ist.

#74:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 03.07.2016, 18:43
    —
Obwohl ich die Schule als der grausamste und unfreieste Zeit meines Lebens empfunden habe, kann ich mich nicht an einem Traum erinnern, wo die Schule drinn vorkam.
Nach den letzten Schultag habe ich meine Bücher im Garten verbrannt, und das Thema war für mich erledigt.
Jetzt konnte das Leben beginnen.

#75:  Autor: CriticWohnort: Arena of Air BeitragVerfasst am: 05.07.2016, 02:57
    —
Jetzt mal bezogen auf die ganze Bildungsgeschichte, Schule, Uni:

In gewissen Grenzen ist das ja nicht einmal die schlechteste Zeit im Leben. Mit 15,16 mag man sich denken: boah, endlich erwachsen sein, das kann man kaum erwarten. Aber so langsam komme ich in das Alter, in dem ich denke: nochmal so jung sein, vielleicht sogar ohne manches von dem Wissen von heute, wäre doch schön.

Es gibt natürlich viele Sachen, die mich auch belastet haben. Man mußte sich mit Dingen befassen, zu denen man keinen Bezug hatte: Wenn man meine Sportnoten oder meine durchwachsenen Kunstnoten sieht, dann weiß man, daß ich nicht "universal begabt" bin Lachen.

Aber jeden Tag irgendein neues Wissen zu erwerben scheint so ungefähr das Einzige zu sein, das ich mich einigermaßen hochhält. Insofern fand ich die Uni natürlich toll und habe die auch lange genossen. (Und im Prinzip lernt man ja auch später immer dazu, wenn auch informal (bzw. muß halt sein, damit man seine Aufgaben erfüllen kann).) Und es ist - insofern "behütet aufgewachsen" - ja auch eine Zeit ohne größere Verantwortung.

Und trotzdem habe ich ja solche Träume. Denn so ganz ohne Belastungen geht es ja auch nie ab: Bei manchen Sachen hat mich das Organisatorische fast mehr gefordert als es dann letztendlich zu machen. Bestimmte Prüfungen waren schon auch eine gewisse Hürde und gegen Ende haben manche davon mich tatsächlich auch gesundheitlich belastet. Und auch andere Sachen habe ich erlebt oder auch nicht, was mich auch belastet und was sich manchmal auch in Träumen niederschlägt.

#76:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 06.07.2016, 00:22
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Das zeigt vielleicht etwas von meiner Grundkonstitution, was nicht universell ist.


Schon wieder das gleiche Muster. Jemand, der die Schule erfolgreich mit dem Abitur hinter sich gebracht hat, hat noch viele Jahre später Träume, die ihn an sich selbst zweifeln lassen. Und er sucht den Fehler bei sich.

#77:  Autor: CriticWohnort: Arena of Air BeitragVerfasst am: 06.07.2016, 04:01
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Das zeigt vielleicht etwas von meiner Grundkonstitution, was nicht universell ist.


Schon wieder das gleiche Muster. Jemand, der die Schule erfolgreich mit dem Abitur hinter sich gebracht hat, hat noch viele Jahre später Träume, die ihn an sich selbst zweifeln lassen. Und er sucht den Fehler bei sich.
Es kann sogar möglich sein, daß Menschen, die in einem Bereich erfolgreich sind, das aufgrund ihrer Selbstzweifel sind. Wer das Gefühl hat, dort (ob tatsächlich eine Prüfung oder im übertragenen Sinne bei einem Problem, das sich im Leben stellt) nicht bestehen zu können, arbeitet womöglich extra hart daran, bis er sich hinreichend sicher ist - und damit auch, um die Selbstzweifel zu bekämpfen. Erfahrungsgemäß kann man sich aber so auch nicht unbedingt "therapieren": Die Selbstzweifel können bleiben, auch wenn man die Prüfung besteht. Am Kopf kratzen

#78:  Autor: AhrimanWohnort: 89250 Senden BeitragVerfasst am: 06.07.2016, 11:36
    —
Was mich rückblickend an der Schule maßlos ärgert ist die sinnlos vergeudete Zeit, in der man uns völlig nutzloses Zeug beibrachte. Ein ganzes Jahr lang haben wir die Sowjetunion gelernt, aber keiner von uns allen hätte gewußt, was und wo Konstanz oder Wetzlar ist. Man hat uns in der Volksschule mit der Zinseszinsrechnung gequält zu einer Zeit, da man ohne Abitur nicht Bankkaufmann werden konnte. Vermutlich kann man das heute als Hauptschüler auch nicht. Im letzten Schuljahr hat man uns mit Algebra gefoltert, aber die simpelsten Grundlagen der Physik völlig übergangen. Keiner von uns hätte den Unterschied zwischen Masse und Gewicht erklären können - ich bei Schulabgang auch nicht.
Darum war ich auch stocksauer, als ich Vater war und die Schule mich belästigte mit "Elternbeirat" und ähnlichem Kram. Sowas hatte man zu meiner Schulzeit nicht gehabt, da mußten die Lehrer ihre Arbeit selber machen.
Wenn ich vom Direx eine Ohrfeige bekam hütete ich mich, das zuhause zu erzählen - da hätte ich noch eine dazu bekommen. Heute dagegen...

#79:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 06.07.2016, 14:00
    —
Ahriman hat folgendes geschrieben:

Wenn ich vom Direx eine Ohrfeige bekam hütete ich mich, das zuhause zu erzählen - da hätte ich noch eine dazu bekommen. Heute dagegen...
Was übrigens mal Zeit wurde, dass das verboten wurde.
Ohne diese Prügeleien hätten sie mir vielleicht mehr beibringen können in der Schule.
Für diese körperliche Tüchtigungen, können sie meinentwege die früheren Lehrer, die sie anwendeten, allesammt einbuchten.

#80:  Autor: AhrimanWohnort: 89250 Senden BeitragVerfasst am: 06.07.2016, 19:26
    —
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Ahriman hat folgendes geschrieben:

Wenn ich vom Direx eine Ohrfeige bekam hütete ich mich, das zuhause zu erzählen - da hätte ich noch eine dazu bekommen. Heute dagegen...
Was übrigens mal Zeit wurde, dass das verboten wurde.
Ohne diese Prügeleien hätten sie mir vielleicht mehr beibringen können in der Schule.
Für diese körperliche Tüchtigungen, können sie meinentwege die früheren Lehrer, die sie anwendeten, allesammt einbuchten.

Die sind doch alle schon lange tot. Im Übrigen, die wußten das nicht besser, die haben selber Haue gekriegt, als sie klein waren. Der Rohrstock war in meiner Schule bis etwa 1942 in Gebrauch, dann gab es ihn nicht mehr. Backpfeifen waren meist nur Affekthandlungen der Lehrer, da mußte man schon sehr frech kommen, daß dann die Sicherung durchbrannte. Nach 1945, als die "Genossen" kamen, stolz auf möglichst proletarische Abstammung, da gabs schnell mal Dresche. Die hatten vermutlich alle auch ihren Minderwertigkeitskomplex. Mein Klassenlehrer Fuchs (mit SED-Parteiabzeichen auf dem Revers) ist mal bis zu einem Tobsuchtsanfall ausgeflippt, weil ihn ein Schüler Füchslein genannt und er das gehört hatte.

#81:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 06.07.2016, 19:49
    —
Ahriman hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Ahriman hat folgendes geschrieben:

Wenn ich vom Direx eine Ohrfeige bekam hütete ich mich, das zuhause zu erzählen - da hätte ich noch eine dazu bekommen. Heute dagegen...
Was übrigens mal Zeit wurde, dass das verboten wurde.
Ohne diese Prügeleien hätten sie mir vielleicht mehr beibringen können in der Schule.
Für diese körperliche Tüchtigungen, können sie meinentwege die früheren Lehrer, die sie anwendeten, allesammt einbuchten.

Die sind doch alle schon lange tot. Im Übrigen, die wußten das nicht besser, die haben selber Haue gekriegt, als sie klein waren. Der Rohrstock war in meiner Schule bis etwa 1942 in Gebrauch, dann gab es ihn nicht mehr. Backpfeifen waren meist nur Affekthandlungen der Lehrer, da mußte man schon sehr frech kommen, daß dann die Sicherung durchbrannte. Nach 1945, als die "Genossen" kamen, stolz auf möglichst proletarische Abstammung, da gabs schnell mal Dresche. Die hatten vermutlich alle auch ihren Minderwertigkeitskomplex. Mein Klassenlehrer Fuchs (mit SED-Parteiabzeichen auf dem Revers) ist mal bis zu einem Tobsuchtsanfall ausgeflippt, weil ihn ein Schüler Füchslein genannt und er das gehört hatte.


An den Haare oder Ohren ziehen, Ohrfeigen etc. Das ganze Programm war bei uns noch Gang und Gebe.
Einfach Widerlich, dieses ganze Machtgehabe.

#82:  Autor: beachbernieWohnort: Haida Gwaii BeitragVerfasst am: 06.07.2016, 20:04
    —
Auf den duemmsten Spruch zu diesem Thema "Eine Ohrfeige hat noch niemandem geschadet!" gibt es nur eine logische Antwort: "Na dann ist ja gut!". Dann holt man aus und verpasst dem Gegenueber eine von der Sorte, die noch niemandem geschadet hat. Sehr glücklich

#83:  Autor: DesperadoxWohnort: Hamburg BeitragVerfasst am: 07.07.2016, 02:36
    —
beachbernie hat folgendes geschrieben:
Auf den duemmsten Spruch zu diesem Thema "Eine Ohrfeige hat noch niemandem geschadet!" gibt es nur eine logische Antwort: "Na dann ist ja gut!". Dann holt man aus und verpasst dem Gegenueber eine von der Sorte, die noch niemandem geschadet hat. Sehr glücklich
Manchmal vermisse ich hier echt einen Like-Button. zwinkern

#84:  Autor: BlueAngel BeitragVerfasst am: 07.07.2016, 12:24
    —
vrolijke hat folgendes geschrieben:

An den Haare oder Ohren ziehen, Ohrfeigen etc. Das ganze Programm war bei uns noch Gang und Gebe.
Einfach Widerlich, dieses ganze Machtgehabe.


Sehe ich auch so, aber heute hat das leider ins andere Extrem umgeschlagen. Ich hatte viele "Lasst mich euer bester Kumpel sein"-Lehrer, bei denen ich nichts gelernt habe und bei denen es im Unterricht immer drunter und drüber ging.

#85:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 07.07.2016, 12:30
    —
BlueAngel hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:

An den Haare oder Ohren ziehen, Ohrfeigen etc. Das ganze Programm war bei uns noch Gang und Gebe.
Einfach Widerlich, dieses ganze Machtgehabe.


Sehe ich auch so, aber heute hat das leider ins andere Extrem umgeschlagen. Ich hatte viele "Lasst mich euer bester Kumpel sein"-Lehrer, bei denen ich nichts gelernt habe und bei denen es im Unterricht immer drunter und drüber ging.

Das waren bestimmt links-grüne Alt-68er. Keine Disziplin.

#86:  Autor: beachbernieWohnort: Haida Gwaii BeitragVerfasst am: 07.07.2016, 18:34
    —
BlueAngel hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:

An den Haare oder Ohren ziehen, Ohrfeigen etc. Das ganze Programm war bei uns noch Gang und Gebe.
Einfach Widerlich, dieses ganze Machtgehabe.


Sehe ich auch so, aber heute hat das leider ins andere Extrem umgeschlagen. Ich hatte viele "Lasst mich euer bester Kumpel sein"-Lehrer, bei denen ich nichts gelernt habe und bei denen es im Unterricht immer drunter und drüber ging.


Du meinst, wenn Dir in der Schule der Lehrer oefter eine reingehauen haette, waere aus Dir was geworden? Geschockt

#87:  Autor: BlueAngel BeitragVerfasst am: 07.07.2016, 23:37
    —
beachbernie hat folgendes geschrieben:

Du meinst, wenn Dir in der Schule der Lehrer oefter eine reingehauen haette, waere aus Dir was geworden? Geschockt


Warum so aggressiv?

Lies nochmal genau nach was ich geschrieben habe.

#88:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 14.07.2016, 00:40
    —
BlueAngel hat folgendes geschrieben:
Lies nochmal genau nach was ich geschrieben habe.


Du hast geschrieben, dass Du in der Schule nichts gelernt hast.

#89:  Autor: BlueAngel BeitragVerfasst am: 14.07.2016, 01:28
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
Du hast geschrieben, dass Du in der Schule nichts gelernt hast.


Nein habe ich nicht geschrieben. Ich habe geschrieben, dass ich bei den "Lasst mich euer euer bester Kumpel sein"-Lehrern nichts gelernt habe. Und von denen hatte ich einige. Da musste ich mir den Stoff immer zuhause selbst erarbeiten, weil der Unterricht so mies war und es immer drunter und drüber ging.

#90:  Autor: beachbernieWohnort: Haida Gwaii BeitragVerfasst am: 14.07.2016, 03:46
    —
BlueAngel hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
Du hast geschrieben, dass Du in der Schule nichts gelernt hast.


Nein habe ich nicht geschrieben. Ich habe geschrieben, dass ich bei den "Lasst mich euer euer bester Kumpel sein"-Lehrern nichts gelernt habe. Und von denen hatte ich einige. Da musste ich mir den Stoff immer zuhause selbst erarbeiten, weil der Unterricht so mies war und es immer drunter und drüber ging.


Bei mir war das anders rum. Ich war vom Unterricht der eher konservativen "Pauker" so gelangweilt, dass ich lieber derem Unterricht fern blieb und mir den Stoff zuhause oder in der Alternativbuchhandlung, in der ich oefters jobte, aneignete. Es waren demgegenueber die mehr kumpelhaften, innovativen Lehrertypen, deren Unterricht mir am meisten brachte, vor allem weil die auch Dinge vermittelten, die man nicht aus Lehrbuechern auswendig lernen kann. Deshalb hatte ich erheblich niedrigere Fehlquoten bei unseren guten "kumpelhaften" 68er-Lehrern und vieles, was die mir beibrachten, ist auch heute noch praesent. zwinkern

#91:  Autor: BlueAngel BeitragVerfasst am: 14.07.2016, 15:26
    —
beachbernie hat folgendes geschrieben:

Bei mir war das anders rum. Ich war vom Unterricht der eher konservativen "Pauker" so gelangweilt, dass ich lieber derem Unterricht fern blieb und mir den Stoff zuhause oder in der Alternativbuchhandlung, in der ich oefters jobte, aneignete. Es waren demgegenueber die mehr kumpelhaften, innovativen Lehrertypen, deren Unterricht mir am meisten brachte, vor allem weil die auch Dinge vermittelten, die man nicht aus Lehrbuechern auswendig lernen kann. Deshalb hatte ich erheblich niedrigere Fehlquoten bei unseren guten "kumpelhaften" 68er-Lehrern und vieles, was die mir beibrachten, ist auch heute noch praesent. zwinkern


So ist eben jeder anders. Für mich ist das nichts gewesen und der heutige Trend zu kumpelhaften Lehrertypen, die mit so einer Art "Waldorfpädaogigk" ankommen hat mich in meiner Schullaufbahn sehr gestört.

Ich kam am besten mit so alten Knochen klar, die etwas strenger waren. Vor denen hatten alle Schüler Respekt, es herrschte immer eine ruhige Arbeitsatmosphäre in der Klasse, Chaos gab es nicht und der Unterricht war klar strukturiert und effizient. Da habe ich richtig viel gelernt und viel mitgenommen.

#92:  Autor: Elmo BeitragVerfasst am: 14.07.2016, 19:52
    —
Guten Abend,

diese "strengen alten Knochen" waren für mich Grund genug meine Kinder nicht in eine Regelschule zu stecken. Als mir irgendwann aufging, dass es hier in Deutschland ja Schulpflicht für alle gibt und ich meine geliebten, von mir in die Welt gesetzten Kinder in so eine Mühle stecken sollte, das hat mir regelrecht einen Panikschub verursacht, und ich habe echt überlegt auszuwandern. Glücklicherweise habe ich dann entdeckt, dass es ja auch Reformschulen gibt und dann meine Kinder in eine freie Schule geschickt, in der sie, zumindest die ersten 10 Jahre ihres Schülerlebens unbehelligt von Stress und Notendruck in Ruhe und ihrem Tempo die wichtigen Dinge lernen konnten.

Meine eigene Schulzeit verursacht mir sogar heute bisweilen noch Albträume, es war einfach nur gruselig. Wobei ich am Ende die Oberstufe mit einem Minimalmass an Anwesenheit dann hinter mich brachte. Ich muss sagen, das Studium (obwohl ich die ganze Zeit noch arbeiten musste) fand ich nicht so schlimm. Das ist leider in den letzten Jahren dann erst so "verschult" worden, zumindest scheint mir das der Fall zu sein, wenn ich sehe was die Kinder jetzt so treiben (bzw. meine Tochter, mein Sohn studiert (noch) nicht).

Ich denke, dass unser Schulsystem ziemlich veraltet ist und dringend grudsätzliche Reformen benötigt. Und zwar nicht mit dem Ziel in so wenig wie möglich Zeit so viel wie möglich Kram in jeden der sich nicht wehrt hineinzustopfen. So wie es derzeit ist, macht es aus Kindern die nicht "der Norm" entsprechen sehr schnell und vollkommen unnötigerweise Verlierer, und fördert auch diejenigen nicht wirklich denen das System dort leicht fällt. Es ist in meinen Augen pervers, dass heute sogar Grundschüler regelmässig Nachhilfe bekommen, damit sie nicht durchs Raster fallen. Es ist unsinnig, dass man Kinder, die von sich aus nichts anderes als Lernen im Kopf haben, so lange frustriert bis sie lernen als etwas anstrengendes, und unerstrebenswertes ansehen. Das ist doch strange...


Liebe Grüße
Andrea

#93:  Autor: lucWohnort: Nice. Paris. Köln BeitragVerfasst am: 14.07.2016, 21:28
    —
Ich kann mich an die Vorschule und an die Grundschule noch erinnern. Ich habe meine Lehrerinnen immer inbrünstig geliebt. Auf dem Gymnasium waren meine Gefühle schon weniger intensiv. Die Mathematiklehrer habe ich alle gehasst aber irgendwie respektiert. Ich fand sie arrogant aber sie konnten etwas, was ich nicht konnte (was ich übrigens auch nie können werde). Meinen Spanischlehrer fand ich suspekt, ein Macho mit Franco-Allüren, ein Ewiggestriger aber irgendwie kam es nicht zu offenen Konflikten. Ich mochte damals auch kein Spanisch.Das klang furchtbar in meinen Ohren. Heute lerne ich gern diese Sprache. Insgesamt habe ich keine sehr schlechten Erinnerungen. Ich war nur ein bisschen gestresst, weil ich meine Hausgaben oft ohne viel Konzentration und Engagement machte. Die Resultate waren am nächsten Tag entsprechend. Es war mir peinlich aber mein Hang zur Faulheit war stärker und faul bin ich heute immer noch.. Eigentlich haben mir Lehrer immer imponiert. Sie konnten sich gut ausdrücken, sie wussten viel und für mich waren sie damals die besseren Menschen.

#94:  Autor: DesperadoxWohnort: Hamburg BeitragVerfasst am: 14.07.2016, 21:54
    —
BlueAngel hat folgendes geschrieben:
beachbernie hat folgendes geschrieben:

Bei mir war das anders rum. Ich war vom Unterricht der eher konservativen "Pauker" so gelangweilt, dass ich lieber derem Unterricht fern blieb und mir den Stoff zuhause oder in der Alternativbuchhandlung, in der ich oefters jobte, aneignete. Es waren demgegenueber die mehr kumpelhaften, innovativen Lehrertypen, deren Unterricht mir am meisten brachte, vor allem weil die auch Dinge vermittelten, die man nicht aus Lehrbuechern auswendig lernen kann. Deshalb hatte ich erheblich niedrigere Fehlquoten bei unseren guten "kumpelhaften" 68er-Lehrern und vieles, was die mir beibrachten, ist auch heute noch praesent. zwinkern


So ist eben jeder anders. Für mich ist das nichts gewesen und der heutige Trend zu kumpelhaften Lehrertypen, die mit so einer Art "Waldorfpädaogigk" ankommen hat mich in meiner Schullaufbahn sehr gestört.

Ich kam am besten mit so alten Knochen klar, die etwas strenger waren. Vor denen hatten alle Schüler Respekt, es herrschte immer eine ruhige Arbeitsatmosphäre in der Klasse, Chaos gab es nicht und der Unterricht war klar strukturiert und effizient. Da habe ich richtig viel gelernt und viel mitgenommen.

Kann ich beides so nicht unterschreiben.Gute Lehrer, die uns was vermitteln konnten und uns mit ihrem Wissen faszinierten, hatten wir generell nicht viele und die paar, die es gab, waren ziemlich 50/50 auf beide "Lager" verteilt.

#95:  Autor: DesperadoxWohnort: Hamburg BeitragVerfasst am: 14.07.2016, 21:58
    —
Elmo hat folgendes geschrieben:
Guten Abend,

diese "strengen alten Knochen" waren für mich Grund genug meine Kinder nicht in eine Regelschule zu stecken. Als mir irgendwann aufging, dass es hier in Deutschland ja Schulpflicht für alle gibt und ich meine geliebten, von mir in die Welt gesetzten Kinder in so eine Mühle stecken sollte, das hat mir regelrecht einen Panikschub verursacht, und ich habe echt überlegt auszuwandern. Glücklicherweise habe ich dann entdeckt, dass es ja auch Reformschulen gibt und dann meine Kinder in eine freie Schule geschickt, in der sie, zumindest die ersten 10 Jahre ihres Schülerlebens unbehelligt von Stress und Notendruck in Ruhe und ihrem Tempo die wichtigen Dinge lernen konnten.
...

Ob man seinen Kinder umbedingt einen Gefallen tut, wenn man sie 10 Jahre von allem Stress und "Ernst des Lebens" fernhält, wage ich zu bezweifeln.Nach der Schule sind sie dann auf den Konkurrenzkampf im Berufsleben unvorbereitet.

#96:  Autor: lucWohnort: Nice. Paris. Köln BeitragVerfasst am: 14.07.2016, 22:17
    —
Meine Lehrer waren nicht kumpelhaft aber das hätte ich auch nicht gern gehabt.. Ich habe vor allem Wissensvermittlung und eine magische Distanz erwartet. Ich wollte sie bewundern.

#97:  Autor: Elmo BeitragVerfasst am: 15.07.2016, 07:13
    —
Guten Morgen,

Desperadox hat folgendes geschrieben:

Ob man seinen Kinder umbedingt einen Gefallen tut, wenn man sie 10 Jahre von allem Stress und "Ernst des Lebens" fernhält, wage ich zu bezweifeln.Nach der Schule sind sie dann auf den Konkurrenzkampf im Berufsleben unvorbereitet.


Nun ja, bislang kommen meine Kinder noch ganz gut klar, aber mal schauen, was die Zeit bringt...

Was ich aber sehr spannend finde: wenn ich das etwas überspitzt umformuliere was du implizierst, dann heisst das: die Schule dient nicht in erster Linie dazu den Kindern Wissen (worüber auch immer) zu vermitteln, sie stark, selbstbewusst, sozial kompeten zu machen, sondern dazu sie schon mal abzuhärten für den späteren Arbeitsmarkt.

Das ist eigentlich das "Hauptargument" vieler Gegner des jetzigen Schulsystems. Sie bemängeln, dass das gesammte Schulsystem darauf ausgerichtet sei "Untertanen" für unser kapitalistisches Wirtschaftssystem herzustellen, und nicht die Menschen, die es durchlaufen zu fördern. Ich finde das eigentlich immer etwas übertrieben, als Ansicht und denke so "gefühlsmässig" dass wir da einfach hinterherhängen. Aber wer weiss, vielleicht hast du, und haben die Kritiker ja Recht.

Empfehlen zu dem Thema möchte ich diese Dokumentation:
Alphabet - Angst oder Liebe

Ein wirklich sehr guter Beitrag, finde ich.

Liebe Grüße
Andrea

#98:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 15.07.2016, 08:29
    —
Die Schule und die Uni haben in dieser Art der Kapitalwirtschaft - aus der Sicht ihrer Interessen, verbunden mit einem bestimmten Menschenbild - in erster Linie die Funktion verwertbares *Menschenmaterial* herzustellen. Das ist die Rolle der Schule innerhalb der gesamten gesellschaftlichen Produktion. Also stellen auch die Schule und die Uni etwas her und gehören somit zur *großen Fabrik*, um es mal so auszudrücken.

Das Ganze hat auch etwas von Fließband und das, was dann vom Fließband runterrollt, soll den obigen Erwartungen gemäß als Fremdverwertbares funktionieren. Aber wenn engagierte Eltern und Schüler und Lehrer unter diesen festgeklöppelten und unverrückbaren Rahmenbedingungen noch etwas gestalten wollen in Richtung fächerübergreifende Erkenntnisse, Mitbestimmungs- und Gestaltungskompetenzen, Kritikfähigkeit auf der Basis wissenschaftlicher Methoden, individuelle Förderung von Begabungen und Potenzialen oder auch Negation des schwachsinnigen Prüfungsfetischismus, dann müssen sie das als winzige Freiräume sozusagen abknappsen von den Vorgaben der Lernfabrik.

Da ist dann durchaus einiges möglich, zum Glück. Aber Schule und Uni sind eingebunden in das *totale Ganze* und insofern aus sich heraus überhaupt nicht veränderbar, sondern eigentlich nur von außen, von außerhalb der Schule ...-

#99:  Autor: tillich (epigonal) BeitragVerfasst am: 18.07.2016, 19:25
    —
BlueAngel hat folgendes geschrieben:
[...] So ist eben jeder anders. Für mich ist das nichts gewesen und der heutige Trend zu kumpelhaften Lehrertypen, die mit so einer Art "Waldorfpädaogigk" ankommen hat mich in meiner Schullaufbahn sehr gestört.

Weder sind "kunpelhafte Lehrertypen" ein "heutiger Trend" noch haben sie irgendwas mit Waldorfpädagogik zu tun.

Ich möchte nicht allzu giftig wirken, aber ziemlich viele Aussagen zu Schule solcher Art (sofern sie nicht beim - durchaus interessanten und lehrreichen, aber eben auch anekdotischen - Selbsterlebten bleiben) zeugen von ziemlich wenig Einblick in aktuelle Theorie und Praxis von Schule.

#100:  Autor: lucWohnort: Nice. Paris. Köln BeitragVerfasst am: 18.07.2016, 19:56
    —
Ich habe mal Nachhilfeunterricht in Französisch gegeben. Ich habe leider gemerkt, dass es nicht darum ging, den Schülern Französisch beizubringen sondern dass es darum ging, den Schülern Passé simple, Passé composé, Imparfait, Conditionnel passé beizubringen. Ein bisschen Grammatik braucht man schon aber nicht nur Grammatik. Mit den Augen rollen Mit den Augen rollen Mit den Augen rollen

#101:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 18.07.2016, 21:07
    —
luc hat folgendes geschrieben:
Ich habe mal Nachhilfeunterricht in Französisch gegeben. Ich habe leider gemerkt, dass es nicht darum ging, den Schülern Französisch beizubringen sondern dass es darum ging, den Schülern Passé simple, Passé composé, Imparfait, Conditionnel passé beizubringen. Ein bisschen Grammatik braucht man schon aber nicht nur Grammatik. Mit den Augen rollen Mit den Augen rollen Mit den Augen rollen


Dabei kann man prima mit einer Sprache zurecht kommen, ohne einen einzigen Gramatikregel zu kennen. Pfeifen

#102:  Autor: lucWohnort: Nice. Paris. Köln BeitragVerfasst am: 18.07.2016, 21:19
    —
vrolijke hat folgendes geschrieben:
luc hat folgendes geschrieben:
Ich habe mal Nachhilfeunterricht in Französisch gegeben. Ich habe leider gemerkt, dass es nicht darum ging, den Schülern Französisch beizubringen sondern dass es darum ging, den Schülern Passé simple, Passé composé, Imparfait, Conditionnel passé beizubringen. Ein bisschen Grammatik braucht man schon aber nicht nur Grammatik. Mit den Augen rollen Mit den Augen rollen Mit den Augen rollen


Dabei kann man prima mit einer Sprache zurecht kommen, ohne einen einzigen Gramatikregel zu kennen. Pfeifen


Es kommt darauf an. Für den Beruf muss man schon einigermaßen korrekt schreiben können.

#103:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 18.07.2016, 21:22
    —
luc hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
luc hat folgendes geschrieben:
Ich habe mal Nachhilfeunterricht in Französisch gegeben. Ich habe leider gemerkt, dass es nicht darum ging, den Schülern Französisch beizubringen sondern dass es darum ging, den Schülern Passé simple, Passé composé, Imparfait, Conditionnel passé beizubringen. Ein bisschen Grammatik braucht man schon aber nicht nur Grammatik. Mit den Augen rollen Mit den Augen rollen Mit den Augen rollen


Dabei kann man prima mit einer Sprache zurecht kommen, ohne einen einzigen Gramatikregel zu kennen. Pfeifen


Es kommt darauf an. Für den Beruf muss man schon einigermaßen korrekt schreiben können.


Kommt drauf an, für welchen Beruf.
Ich habe erlebt, dass meine deutsche Handwerker-Kollegen mitunter schlechter schrieben als ich. zwinkern

#104:  Autor: lucWohnort: Nice. Paris. Köln BeitragVerfasst am: 18.07.2016, 21:42
    —
Manchmal werden wir sehr schlecht auf Prüfungen vorbereitet. In Frankreich hatte ich fürs Abitur Spanisch und das Fach konnte ich nicht abwählen. Wir hatten nur Literatur und Grammatik gemacht. Die Prüfung lief mündlich und es ging eigentlich nur um Smalltalk auf Spanisch, was ich gar nicht erwartet hatte. Ich bekam keinen Ton raus und bekam die entsprechende Note. Ich habe meinen Lehrer verflucht.

#105:  Autor: tillich (epigonal) BeitragVerfasst am: 18.07.2016, 22:03
    —
vrolijke hat folgendes geschrieben:
luc hat folgendes geschrieben:
Ich habe mal Nachhilfeunterricht in Französisch gegeben. Ich habe leider gemerkt, dass es nicht darum ging, den Schülern Französisch beizubringen sondern dass es darum ging, den Schülern Passé simple, Passé composé, Imparfait, Conditionnel passé beizubringen. Ein bisschen Grammatik braucht man schon aber nicht nur Grammatik. Mit den Augen rollen Mit den Augen rollen Mit den Augen rollen

Dabei kann man prima mit einer Sprache zurecht kommen, ohne einen einzigen Gramatikregel zu kennen. Pfeifen

q.e.d. zwinkern

#106:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 10.09.2016, 22:36
    —
Interessanter Thread.

Da kommt vieles zusammen, was mir etwas bedeutet.


Kramer hat folgendes geschrieben:
They Dream of School and None of the Dreams Are Good / Sie träumen von der Schule und keiner der Träume ist schön

Ich fand den Artikel bemerkenswert, weil ich genau diese Art von Träumen über meine Schulzeit habe. Treffender kann man mich nicht verletzen. Verlegen

Wenn Schule solch bleibende Eindrücke hinterläßt, daß Menschen über Jahrzehnte davon heimgesucht werden, dann läuft da etwas schief. Warum brauchte es erst diesen Artikel, bevor Menschen ins Reden kommen und dann feststellen: "Ja, so geht's mir auch."

Betrachten wir derartige Kränkungen als alltäglich und normal und wundern uns deshalb nicht darüber?

Leider hat Peter Gray nur eine Online-Studie vorzuweisen, bestätigt durch hiesige Kommentare. Aber angenommen, Grays Beobachtung wäre durch mehrere Studien belegt - müßte man dann Schulen nicht wegen ihrer krankmachenden Wirkung schließen?


(Zu Peter Gray ein anderes mal mehr.)

#107:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 10.09.2016, 22:37
    —
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Ich möchte nicht allzu giftig wirken, aber ziemlich viele Aussagen zu Schule solcher Art (sofern sie nicht beim - durchaus interessanten und lehrreichen, aber eben auch anekdotischen - Selbsterlebten bleiben) zeugen von ziemlich wenig Einblick in aktuelle Theorie und Praxis von Schule.

Anekdotisch? Anekdote ist die Einzahl von Daten. Viele gleichlautende Anekdoten sind gute Daten. zwinkern



Zur aktuellen Theorie und Praxis kann ich wenig sagen - noch. Meine Tochter kommt nächste Woche in die Schule. Die Einführungsveranstaltung hat mir bereits einen ersten Einblick gewährt, ich bin vorzeitig gegangen um meinen Blutdruck zu schonen. Die vortragende Lehrerin hatte es geschafft, gleich mehrere meiner persönlichen Aufreger hintereinander abzuspulen. Zum Beispiel:

    Man muß konsequent im Umgang mit Kindern sein. Wenn man ausgemacht hat, daß erst der Geschirrspüler ausgeräumt wird, bevor das Kind raus darf, dann kommt es ohne Ausräumen auch nicht 'raus.


Ein Fall für meine Giftspritze. Denn "etwas ausmachen", daß heißt für mich:

    "Gibst du mir deinen Lutscher, dann bekommst du diese Murmel."
    "Ich möchte aber zwei Murmeln haben."
    "Nein, aber die eine große schöne Blaue kannst du haben."
    "Ok, abgemacht"


Eine Abmachung wird in gegenseitigem Einverständnis getroffen. Was die Lehrerin vorgeschlagen hat, war eine Anordnung oder ein Befehl. Ein bisschen mehr Selbstkritik, wie Worte und Sprache verwendet wird, wäre angebracht. Wie sagte Einstein: "Sprache ist ein Werkzeug zum Denken." [i]Language becomes an instrument of reasoning in the true sense of the word."

E. meinte dann, "Warum regst du dich so auf, was hast du denn erwartet?" Ok, ok, ich reg mich schon wieder ab. Nicht erwartet hatte ich, bereits in einer Einführungsveranstaltung unverlangte Erziehungstipps in Richtung Michael Winterhoff zu hören.



Im Merkblatt zum ersten Schultag stand dann noch:

Zitat:
Um 8:15 treffen sich alle bei der Nikolai-Kirche.

Fett und unterstrichen im Original. Wie kann man das im Jahre 2016 noch so schreiben?

Entweder haben sie noch nicht gemerkt, daß es inzwischen Konfessionslose und Anhänger anderer Religionen gibt. Oder sie haben es gemerkt und es war ihnen egal - wohlmeinend intepretiert als "ökumenisches" Anliegen; böswillig interpretiert als ein Ausdruck der "Leitkultur".

So oder so: Mit den Augen rollen

Meinen Unmut sollte ich mit den Betreffenden klären, damit da nichts anbrennt. Sonst nagt das weiterhin an mir und ich kann den Leuten nicht mehr offen gegenübertreten. Lieber einmal gescheit gezofft, statt dauerhaft unterschwellig verhasst. Mehrere Menschen haben mir allerdings davon abgeraten - am Ende müßte meine Tochter das ausbaden. Falls diese Menschen recht hätten, wäre die Sache noch mal eine Hausnummer schlimmer, als erwartet. Geschockt

#108:  Autor: astarte BeitragVerfasst am: 10.09.2016, 23:27
    —
smallie hat folgendes geschrieben:


    Man muß konsequent im Umgang mit Kindern sein. Wenn man ausgemacht hat, daß erst der Geschirrspüler ausgeräumt wird, bevor das Kind raus darf, dann kommt es ohne Ausräumen auch nicht 'raus.


...

Eine Abmachung wird in gegenseitigem Einverständnis getroffen. Was die Lehrerin vorgeschlagen hat, war eine Anordnung oder ein Befehl. ...

Wieso? Kann doch gemeinsam beschlossen worden sein.

#109:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 10.09.2016, 23:30
    —
astarte hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:


    Man muß konsequent im Umgang mit Kindern sein. Wenn man ausgemacht hat, daß erst der Geschirrspüler ausgeräumt wird, bevor das Kind raus darf, dann kommt es ohne Ausräumen auch nicht 'raus.


...

Eine Abmachung wird in gegenseitigem Einverständnis getroffen. Was die Lehrerin vorgeschlagen hat, war eine Anordnung oder ein Befehl. ...

Wieso? Kann doch gemeinsam beschlossen worden sein.


Und konsequent bedeutet, dass es dann auch so ausgeführt wird. (Wenn es dann echt gemeinsam beschlossen wurde).

#110:  Autor: astarte BeitragVerfasst am: 10.09.2016, 23:44
    —
vrolijke hat folgendes geschrieben:
astarte hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:


    Man muß konsequent im Umgang mit Kindern sein. Wenn man ausgemacht hat, daß erst der Geschirrspüler ausgeräumt wird, bevor das Kind raus darf, dann kommt es ohne Ausräumen auch nicht 'raus.


...

Eine Abmachung wird in gegenseitigem Einverständnis getroffen. Was die Lehrerin vorgeschlagen hat, war eine Anordnung oder ein Befehl. ...

Wieso? Kann doch gemeinsam beschlossen worden sein.


Und konsequent bedeutet, dass es dann auch so ausgeführt wird. (Wenn es dann echt gemeinsam beschlossen wurde).

Und selbst wenn das Kind sich nicht drum reißt, auch altersgemäße Aufgaben im Haushalt zu erledigen. So verkehrt finde ich eigentlich nicht, wenn in einer Familie jeder seinen Teil betragen muss.

#111:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 11.09.2016, 00:53
    —
astarte hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:


    Man muß konsequent im Umgang mit Kindern sein. Wenn man ausgemacht hat, daß erst der Geschirrspüler ausgeräumt wird, bevor das Kind raus darf, dann kommt es ohne Ausräumen auch nicht 'raus.


...

Eine Abmachung wird in gegenseitigem Einverständnis getroffen. Was die Lehrerin vorgeschlagen hat, war eine Anordnung oder ein Befehl. ...

Wieso? Kann doch gemeinsam beschlossen worden sein.

Der Beschluß hat eine Schlagseite. Er ist keine Abmachung, kein Handel im Sinne von gegenseitigem Geben und Nehmen, sondern eine Strafandrohung.

Wenn der gemeinsame Beschluß selbstverständlich wäre, müßte er nicht ausdrücklich erwähnt werden. So stelle ich mir eine Kausalkette vor, die dazu führt, daß ein strafbewehrter Beschluß nötig wird:

    Kleinkind sieht, wie du den Spüler ausräumst. Kleinkind will mitmachen. Darf aber nicht mitmachen, weil es Geschirr zerdeppern könnte. Wenn es groß genug ist, um kein Geschirr mehr zu zurdeppern, soll es, muß es plötzlich doch wieder mitmachen. Hat dann aber keine Lust mehr.


"Dann darfst du nicht 'raus" ist unzulässig. Raus zu dürfen ist unverhandelbar. Genau so gut könnte ich den Handel vorschlagen: "Du räumst den Geschirrspüler aus, sonst gibt es Schläge." Das Kind wird in gegenseitigem Einverständnis den Geschirrspüler ausräumen.

Das wäre aber Zwang. Zwang hat in einer gleichberechtigten Beziehung nichts zu suchen und mit gegenseitigem Einverständnis nichts zu tun. Hier wird ein Machtgefälle ausgenutzt und dann auch noch als Konsens verkauft.

#112:  Autor: astarte BeitragVerfasst am: 11.09.2016, 09:39
    —
smallie hat folgendes geschrieben:

Der Beschluß hat eine Schlagseite. Er ist keine Abmachung, kein Handel im Sinne von gegenseitigem Geben und Nehmen, sondern eine Strafandrohung.

Wenn der gemeinsame Beschluß selbstverständlich wäre, müßte er nicht ausdrücklich erwähnt werden. So stelle ich mir eine Kausalkette vor, die dazu führt, daß ein strafbewehrter Beschluß nötig wird:

    Kleinkind sieht, wie du den Spüler ausräumst. Kleinkind will mitmachen. Darf aber nicht mitmachen, weil es Geschirr zerdeppern könnte. Wenn es groß genug ist, um kein Geschirr mehr zu zurdeppern, soll es, muß es plötzlich doch wieder mitmachen. Hat dann aber keine Lust mehr.


"Dann darfst du nicht 'raus" ist unzulässig. Raus zu dürfen ist unverhandelbar. Genau so gut könnte ich den Handel vorschlagen: "Du räumst den Geschirrspüler aus, sonst gibt es Schläge." Das Kind wird in gegenseitigem Einverständnis den Geschirrspüler ausräumen.

Das wäre aber Zwang. Zwang hat in einer gleichberechtigten Beziehung nichts zu suchen und mit gegenseitigem Einverständnis nichts zu tun. Hier wird ein Machtgefälle ausgenutzt und dann auch noch als Konsens verkauft.

Ok, ich verstehe.

Alle Familienmitglieder wollen Nachmittags raus. Rausgehen ist nicht verhandelbar.

Alle Familienmitglieder waren mal Kleinkinder, die nicht mit Geschirr hantieren durften, alle sollen jetzt aber, und die haben jetzt alle keine Lust mehr. Alle sind gleichberechtigt. Zwang gibt es ja nicht.

Frage: wer räumt dann das Geschirr raus?
Smilie

Jo so funktioniert das bestimmt.

Zitat:
Genau so gut könnte ich den Handel vorschlagen: "Du räumst den Geschirrspüler aus, sonst gibt es Schläge."

Kannst du das?
Ich kann dazu sagen: Pillepalle

(edit: gefeilt)

#113:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 11.09.2016, 13:43
    —
Nur eine kleine Frage:
Ist die Beziehung zwischen Eltern und Kind wirklich gleichberechtigt?

Ich sehe da ein Faktum, das ganz laut und deutlich NEIN sagt: Es gibt soetwas wie eine juristische und moralische Verantwortung der Eltern für ihre Kinder. Der kann man nur gerecht werden, indem man regelmäßig Vorrechte in Anpruch nimmt. So durfte mein Sohn ab 5? 6? mit Stöckchen am Lagerfeuer spielen, wenn ich dabei war. Genauso durfte er an den (nicht abgezäunten) Teich auf unserem Grundstück, wenn ich dabei war. Ohne mich (bzw. mein Weib) war das Gelände Tabu - und wir konnten auch darauf vertrauen, dass er diese Regeln einhielt.

Aber wenn einer die Regeln macht und der andere sie einhalten muss, oder allgemeiner: wenn ein derartiges Informations- und Kontrollgefälle besteht wie zwischen Eltern und Kindern (zumindest anfangs) dann ist es in meinen Augen Unsinn, da von Gleichberechtigung zu reden.

#114:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 11.09.2016, 13:44
    —
Ich war einige Jahre Elternbeiratsvorsitzender an der Gesamtschule, die meine Kinder besuchten (~1200 Schüler/innen).
Hatte dabei häufig mit Elternteilen zu tun, die so ähnlich tickten wie @smallie Ohnmacht

#115:  Autor: astarte BeitragVerfasst am: 11.09.2016, 13:47
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
Nur eine kleine Frage:
Ist die Beziehung zwischen Eltern und Kind wirklich gleichberechtigt?

Ich sehe da ein Faktum, das ganz laut und deutlich NEIN sagt: Es gibt soetwas wie eine juristische und moralische Verantwortung der Eltern für ihre Kinder. Der kann man nur gerecht werden, indem man regelmäßig Vorrechte in Anpruch nimmt. So durfte mein Sohn ab 5? 6? mit Stöckchen am Lagerfeuer spielen, wenn ich dabei war. Genauso durfte er an den (nicht abgezäunten) Teich auf unserem Grundstück, wenn ich dabei war. Ohne mich (bzw. mein Weib) war das Gelände Tabu - und wir konnten auch darauf vertrauen, dass er diese Regeln einhielt.

Aber wenn einer die Regeln macht und der andere sie einhalten muss, oder allgemeiner: wenn ein derartiges Informations- und Kontrollgefälle besteht wie zwischen Eltern und Kindern (zumindest anfangs) dann ist es in meinen Augen Unsinn, da von Gleichberechtigung zu reden.

Das denke ich auch.

edit: smallies Scenario funktioniert dann, wenns Mutti (oder Vati) macht, ob Lust oder nicht, auch raus will oder nicht. Also der Depp, der dann halt doch nicht ganz gleich ist. zwinkern

#116:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 11.09.2016, 15:52
    —
astarte hat folgendes geschrieben:
Alle Familienmitglieder wollen Nachmittags raus. Rausgehen ist nicht verhandelbar.

Alle Familienmitglieder waren mal Kleinkinder, die nicht mit Geschirr hantieren durften, alle sollen jetzt aber, und die haben jetzt alle keine Lust mehr. Alle sind gleichberechtigt. Zwang gibt es ja nicht.

Frage: wer räumt dann das Geschirr raus?
Smilie

Jo so funktioniert das bestimmt.

Ach, das hatte doch Tarvoc kürzlich als Sig: "Es gibt immer einen Weg." Gemeint war sicherlich ein annehmbarer Weg, keiner, bei dem der Zweck die Mittel heiligt.

(Ich hoffe, das richtig in Erinnerung zu haben, sonst wär's peinlich.)

EDIT: steht immer noch da: There is always a lever. You just have to find it.


astarte hat folgendes geschrieben:

Zitat:
Genau so gut könnte ich den Handel vorschlagen: "Du räumst den Geschirrspüler aus, sonst gibt es Schläge."

Kannst du das?
Ich kann dazu sagen: Pillepalle

Geschlagen werden bereitet mehr Unlust als Spüler ausräumen. Da sind wir uns wohl einig. Sind wir uns auch einig, daß Spüler ausräumen = 'raus dürfen die Anwendung von Zwang ist? Vermutlich schon.

Worüber wir uns nicht einig sind, ist ob Zwang eine statthafte Methode im Umgang mit anderen Menschen ist. Für dich scheint Zwang eine erlaubte Methode zu sein, für mich ist er es nicht (außer natürlich als Abwehr von Zwang.)


Zuletzt bearbeitet von smallie am 11.09.2016, 16:27, insgesamt einmal bearbeitet

#117:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 11.09.2016, 15:56
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:
Ich war einige Jahre Elternbeiratsvorsitzender an der Gesamtschule, die meine Kinder besuchten (~1200 Schüler/innen).
Hatte dabei häufig mit Elternteilen zu tun, die so ähnlich tickten wie @smallie Ohnmacht

Cool. Cool Ich dachte immer, ich stünde da in Deutschland ziemlich allein mit meinen spinnerten Ideen, wenn ich von lange vergessenen Leuten wie Ekkehard von Braunmühl absehe.



Leider fehlt bei deiner Feststellung ein Argument. Wenn du gesagt hättest: "... und diese Eltern hatten alle unausstehliche und ungebildete Kinder", dann wäre es ein Argument gewesen, von dem ich mich abgrenzen hätte müssen.

Denkst du, daß jeder Weg, der vom üblichen Erziehungsschema abweicht - oder vom üblichen Schulsystem, um das Thema nicht aus den Augen zu lassen -, unweigerlich schlechter ist, als das, was wir haben?

Gegenbeispiel im nächsten Beitrag.

#118:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 11.09.2016, 15:58
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
Nur eine kleine Frage:
Ist die Beziehung zwischen Eltern und Kind wirklich gleichberechtigt?

Ich sehe da ein Faktum, das ganz laut und deutlich NEIN sagt: Es gibt soetwas wie eine juristische und moralische Verantwortung der Eltern für ihre Kinder. Der kann man nur gerecht werden, indem man regelmäßig Vorrechte in Anpruch nimmt. So durfte mein Sohn ab 5? 6? mit Stöckchen am Lagerfeuer spielen, wenn ich dabei war. Genauso durfte er an den (nicht abgezäunten) Teich auf unserem Grundstück, wenn ich dabei war. Ohne mich (bzw. mein Weib) war das Gelände Tabu - und wir konnten auch darauf vertrauen, dass er diese Regeln einhielt.

Aber wenn einer die Regeln macht und der andere sie einhalten muss, oder allgemeiner: wenn ein derartiges Informations- und Kontrollgefälle besteht wie zwischen Eltern und Kindern (zumindest anfangs) dann ist es in meinen Augen Unsinn, da von Gleichberechtigung zu reden.

Dazu was von Peter Gray. Er war auch Autor des Artikels im Startbeitrag von Kramer.


smallie hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Spiel als Grundlage des sozialen Gefüges unter Jägern und Sammlern
Peter Gray

American Journal of PLAY - 2009


NACHSICHT GEGENÜBER KINDERN

Das meistgebrauchte Wort, mit dem Anthropologen die Erziehung unter Jägern und Sammlern beschreiben ist: Nachsicht. Die Erwachsenen vertrauen den Instinkten ihrer Kinden und können sie deshalb gewähren lassen [...]. Sie glauben, Kinder wüßten am Besten, was sie brauchen und wann sie es brauchen, deshalb gibt es wenige Machtkämpfe [battle of will] zwischen Erwachsenen und Kindern.

Am Besten läßt sich die Natur des Umgangs mit Kindern unter Jägern und Sammlern durch einige Zitate von Forschern zeigen, die in solchen Kulturen lebten.

    "Mit den Kindern der Aborigines wird äußerst nachsichtig umgegangen, manchmal werden sie gesäugt, bis sie vier oder fünf sind. Von Körperstrafe hört man fast nie."

    "Jäger und Sammler erteilen ihren Kindern keine Anordnungen, zum Beispiel ruft kein Erwachsener Schlafenszeit aus. Nachts bleiben die Kinder bei den Erwachsenen, bis sie müde werden und einschlafen. Die Parakana greifen nicht in das Leben ihrer Kinder ein. Sie schlagen nicht, schimpfen nicht, werden Kindern gegenüber weder körperlich noch verbal aggressiv. Sie erteilen kein Lob und haben kein besonderes Augenmerk auf deren Entwicklung."

    "[...] Für eine andere Person, egal welchen Alters, zu entscheiden, was sie tun soll, ist jenseits des Verhaltenrepertoires der Yequana. Man ist sehr interessiert daran, was jeder tut, aber niemand versucht, das zu beeinflussen - oder gar zu erzwingen. Der Antrieb des Kindes ist sein eigener Wille."

    "Die Kinder [Infants and young children] [der Inuit-Jäger-und-Sammler aus der Gegend der Hudson Bay] dürfen ihre Umgebung bis an die Grenzen ihrer körperlichen Fähigkeiten erforschen, mit minimaler Einmischung der Erwachsenen. Wenn ein Kind einen gefährlichen Gegenstand ergreift, lassen die Eltern meist zu, daß das Kind die Gefahren selbst herausfindet. Es wird vorausgesetzt, daß das Kind weiß, was es tut."

    "Die Kinder der Ju/’hoansi weinten äußerst selten, vermutlich weil es nichts zu weinen gab. Kein Kind wurde je angeschrien, geohrfeigt oder sonst wie körperlich bestraft, Schmipfen war die Ausnahme. Die meisten hörten bis zur Pubertät kein entmutigendes Wort. Und sogar dann wurde Tadel, wenn es überhaupt Tadel war, mit sanfter Stimme vorgetragen."



In unserer Kultur würden viele Menschen derartige Nachsicht als Rezeptur sehen, die Desaster hervorbringt und verwöhnte und unersättliche Kinder aus denen verwöhnte und unersättliche Erwachsene werden. Aber, den Forschern zufolge, die unter Jägern und Sammlern lebten, könnte nichts weiter von der Wahrheit entfernt sein. Hier folgt, was Thomas über die Angelegenheit sagt, so wie sie sich bei den Ju/’hoansi darstellt: "Gelegentlich wird uns erzählt, daß man Kinder verwöhne, wenn man sie zuvorkommend behandelt, aber das ist nur die Meinung derer, die nicht wissen, wie erfolgreich derartige Methoden sein können. Frei von Frust oder Furcht, sonnig und kooperative, sind die Kinder der Ju/’hoan, die meist ohne nahe Geschwisterkonkurrenz aufwachsen, sind wie aus dem Traum jeder Eltern. Keine Kultur könnte je bessere, intelligenter, liebenswürdigere oder selbständigere Kinder erziehen."

http://www.journalofplay.org/sites/www.journalofplay.org/files/pdf-articles/1-4-article-hunter-gatherer-social-existence.pdf [PDF]

Bei so vielen Superlativen regt sich bei mir fast schon wieder ein Widerspruch. Pfeifen Aber in erster Näherung trifft der Artikel die Sache auf den Kopf.

Und ja, es ist mir klar, daß München am Mittleren Ring etwas anderes ist, als ein Urwald-Trampelpfad.

#119:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 11.09.2016, 17:39
    —
Wenn Menschen zusammenleben ist es wohl ein normaler Vorgang, dass sie diverse anfallende Tätigkeiten untereinander verteilen.
Es dürfte so wohl auf völlig normal sein, dass man die Tätigkeiten wofür man sich entschieden hat, auch erledigt. Wenn nicht; gibts Konsequenzen von der Gesellschaft.
Das hat noch nichts mit Machtverhältnisse zu tun.

#120:  Autor: astarte BeitragVerfasst am: 11.09.2016, 18:13
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
...
Geschlagen werden bereitet mehr Unlust als Spüler ausräumen. Da sind wir uns wohl einig. Sind wir uns auch einig, daß Spüler ausräumen = 'raus dürfen die Anwendung von Zwang ist? Vermutlich schon.

Worüber wir uns nicht einig sind, ist ob Zwang eine statthafte Methode im Umgang mit anderen Menschen ist. Für dich scheint Zwang eine erlaubte Methode zu sein, für mich ist er es nicht (außer natürlich als Abwehr von Zwang.)

Antwortest du noch auf die Frage, wer den Spüler denn ausräumt, oder eierst du weiter theoretisch rum?

Und antwortest du noch auf die Frage, was verkehrt daran ist, dass jeder in der Familie einen Teil erledigt?

Definiere Zwang. Spülmaschine ausräumen läuft für mich unter Aufgabe/Arbeit/Pflicht.
Tatsache ist: es gibt Arbeit zu erledigen. Daraus ergibt sich für die Familie ein Sachzwang: jemand muss sie tun. Die Frage war: was spricht dagegen diesen "Zwang" (=Arbeit/Pflicht) auf alle nach ihren Möglichkeiten zu verteilen, damit alle dann ihre Freizeit (= Recht) genießen können.
Tut einer da nicht mit (=bricht die Abmachung), läd er anderen die Pflicht auf. Das Geschirr räumt sich nicht selbst auf. Also wer übt da Zwang auf wen aus?

#121:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 11.09.2016, 19:57
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:
Ich war einige Jahre Elternbeiratsvorsitzender an der Gesamtschule, die meine Kinder besuchten (~1200 Schüler/innen).
Hatte dabei häufig mit Elternteilen zu tun, die so ähnlich tickten wie @smallie Ohnmacht

Cool. Cool Ich dachte immer, ich stünde da in Deutschland ziemlich allein mit meinen spinnerten Ideen, wenn ich von lange vergessenen Leuten wie Ekkehard von Braunmühl absehe.



Leider fehlt bei deiner Feststellung ein Argument. Wenn du gesagt hättest: "... und diese Eltern hatten alle unausstehliche und ungebildete Kinder", dann wäre es ein Argument gewesen, ...

Diese Eltern hatten eine merkwürdige Vorstellung davon, wie Mitbestimmung in der Schule funktioniert. Sie fanden sich immer wichtig und richtig, und ihre Kinder waren dauernd potentielle Opfer von Lehrern, Schülern und überhaupt. Und mit Argumenten konnten sie sehr schlecht umgehen. Deshalb beschränke ich mich hier auf eine Feststellung.

#122:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 12.09.2016, 00:46
    —
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Es dürfte so wohl auf völlig normal sein, dass man die Tätigkeiten wofür man sich entschieden hat, auch erledigt.

Man? Wer ist das? Wer hat sich für etwas entschieden? Die Info fehlt da noch. Sind Entscheidungen verbindlich, die man selbst nicht getroffen hat? Die Frage reicht weit über das Threadthema hinaus.

Schau dir das Zeug im übernächsten Beitrag an, und dann sag mir, wer beschlossen hat, das sei der richtige Weg. Ist zwar auf Englisch, aber der Formalismus ist international.


vrolijke hat folgendes geschrieben:
Wenn nicht; gibts Konsequenzen von der Gesellschaft.
Das hat noch nichts mit Machtverhältnisse zu tun.

Oh doch. Konsequenzen lassen sich nur durch Machtverhältnisse durchsetzen.

#123:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 12.09.2016, 00:49
    —
Elmo hat folgendes geschrieben:
Es ist unsinnig, dass man Kinder, die von sich aus nichts anderes als Lernen im Kopf haben, so lange frustriert bis sie lernen als etwas anstrengendes, und unerstrebenswertes ansehen. Das ist doch strange...

Du bist nicht die Einzige, die diese Frustration feststellt. Ähnliches habe ich im Bekanntenkreis auch schon gehört.

Spiel ist die natürliche Art, etwas zu lernen. Die Methoden der Schule sind wenig spielerisch, da geht es um Punkte im Lehrplan, die abgehakt werden müssen. Natürliche Aufmerksamkeit und natürliches Interesse springen hingegen gerne von einem Punkt zum anderen, kommen vom hundertsten ins tausendste. Deshalb laufen Threads gerne mal off-topic.

Motivation - das ist das Zauberwort, um Anstrengendes zu Erstrebenswertem zu machen. Das gilt für die Schule und auch für's Spüler-Ausräumen. zwinkern



Die Unzulänglichkeit des Lehrplanes wurde schon von vielen Autoren bemängelt. Teils mit sich widersprechenden Argumenten ... Pfeifen

Ich greife mal Lockharts Beschwerde heraus. Auszüge im nächsten Beitrag.

Lockhart beginnt sein Lament mit einem fiktiven Alptraum (ha!) eines Musikers, dem seine geliebte Musik in der Schule auf das Malen von Pünktchen und Strichen auf Notenpapier reduziert wird. Das war glücklicherweise nur ein Alptraum, aber die Realität, in die er erwacht, ist nicht viel anders.

Lockhart nennt einige Beispiele, bei denen die Darstellung in Mathematikbüchern jeder Intuition und jedem natürlichen Verständnis zuwiderläuft.

#124:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 12.09.2016, 00:50
    —
Zu den schaurigen Details.

Wer hat beschlossen, daß Schulunterricht, Matheunterricht so aussieht? Wer von euch möchte das verteidigen?

Zitat:
A Mathematician’s Lament
Paul Lockhart - 2002



[...]



https://www.maa.org/external_archive/devlin/LockhartsLament.pdf

Das kommt mir bekannt vor.


Einen Absatz habe ich übersetzt, weil er so schön polemisch ist.

Lockharts Lament hat folgendes geschrieben:
GRUNDSCHULMATHEMATIK

Hier fängt die Indoktrination an. Schüler lernen, daß Mathemaktik nicht etwas ist, daß man tut, sondern etwas, das einem angetan wird. Der Schwerpunkt liegt darauf, stillzusitzen, Arbeitsblätter auszufüllen und Anweisungen zu befolgen. Von den Kindern wird erwartet, daß sie einen Satz an Algorithmen zur Manipulation von Hindi-Symbolen meistern, ohne daß es ihnen ein echtes Verlangen wäre oder sie neugierig darauf wären und die vor wenigen Jahrhunderten noch als zu schwierig für den durchschnittlichen Erwachsenen galten. Auf dem Einmal-eins wird herumgeritten, wie auf den Nerven von Eltern, Lehrer und den Kindern.


LOWER SCHOOL MATH.

The indoctrination begins. Students learn that mathematics is not something you do, but something that is done to you. Emphasis is placed on sitting still, filling out worksheets, and following directions. Children are expected to master a complex set of algorithms for manipulating Hindi symbols, unrelated to any real desire or curiosity on their part, and regarded only a few centuries ago as too difficult for the average adult. Multiplication tables are stressed, as are parents, teachers, and the kids themselves.

#125:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 12.09.2016, 01:13
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:
Ich war einige Jahre Elternbeiratsvorsitzender an der Gesamtschule, die meine Kinder besuchten (~1200 Schüler/innen).
Hatte dabei häufig mit Elternteilen zu tun, die so ähnlich tickten wie @smallie Ohnmacht

Cool. Cool Ich dachte immer, ich stünde da in Deutschland ziemlich allein mit meinen spinnerten Ideen, wenn ich von lange vergessenen Leuten wie Ekkehard von Braunmühl absehe.



Leider fehlt bei deiner Feststellung ein Argument. Wenn du gesagt hättest: "... und diese Eltern hatten alle unausstehliche und ungebildete Kinder", dann wäre es ein Argument gewesen, ...

Diese Eltern hatten eine merkwürdige Vorstellung davon, wie Mitbestimmung in der Schule funktioniert. Sie fanden sich immer wichtig und richtig, und ihre Kinder waren dauernd potentielle Opfer von Lehrern, Schülern und überhaupt. Und mit Argumenten konnten sie sehr schlecht umgehen. Deshalb beschränke ich mich hier auf eine Feststellung.


Nun ja... wenn die Eltern mit ihren Anliegen so abgebügelt wurden, wie manche User hier im... ach, egal. Nobody is perfect.

#126:  Autor: astarte BeitragVerfasst am: 12.09.2016, 01:32
    —
astarte hat folgendes geschrieben:

Antwortest du noch auf die Frage, wer den Spüler denn ausräumt, oder eierst du weiter theoretisch rum?

Und antwortest du noch auf die Frage, was verkehrt daran ist, dass jeder in der Familie einen Teil erledigt?

Nicht. Alles klar.

#127:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 12.09.2016, 01:34
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
Elmo hat folgendes geschrieben:
Es ist unsinnig, dass man Kinder, die von sich aus nichts anderes als Lernen im Kopf haben, so lange frustriert bis sie lernen als etwas anstrengendes, und unerstrebenswertes ansehen. Das ist doch strange...

Du bist nicht die Einzige, die diese Frustration feststellt. Ähnliches habe ich im Bekanntenkreis auch schon gehört.


Ich verweise da gerne auf eines meiner Lieblingsbücher, "Onkel Wolfram" von Oliver Sacks. Ich muss dazu vorweg schicken, dass Chemie in der Schule (speziell in der Oberstufe) in eines der Fächer war, dass ich am meisten gehasst habe. Ich hätte wegen Chemie beinahe mein Abi nicht geschafft. Dass ich es doch noch geschafft habe, lag wohl nur daran, dass mein Chemielehrer zwar ein lausiger Chemielehrer war, aber ansonsten wirklich ein netter Kerl. Aber egal, ich schweife ab.

"Onkel Wolfram" ist eigentlich das Buch über die Kindheitserinnerungen von Oliver Sacks, über seine Kindheit in einer jüdischen Ärztefamilie in London während des zweiten Weltkriegs. Es ist aber auch das Buch über seine Liebe zur Chemie, angefeuert von seinem Onkel, der eine Glühbirnen-Fabrik hatte. Eingeflochten is seine Kindheitserinnerungen beschreibt Sacks die Entstehung des Periodensystems der Elemente, also eine Art "kurze Geschichte der Chemie". Er beschreibt das aber nicht als wissenschaftliche Abhandlung, sondern als eine Geschichte über Menschen, die heraus finden wollten, woraus die Welt besteht, wie sie sich anfühlt, riecht, welche Gefahren da lauern - immer ein wenig aus der Sicht eines staunendes Kindes.

Das Buch endet damit, dass Oliver Sacks endlich Chemie als Schulfach belegen kann und mit der dort beschriebenen Chemie nichts anfangen kann. Was für ihn vorher eine Welt voller interessanter Entdeckungen und spannender Experimente war, wurde zu einem theoretischen Brei aus Formeln, die man auswendig lernen musste. Er wurde dann auch nicht Chemiker, sondern Neurologe. Auch kein schlechter Beruf. Dennoch zeigt das Buch, wie die Schule jemanden, der eigentlich von einem Fach begeistert ist, dazu bringen kann, andere Wege zu gehen.

#128:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 12.09.2016, 02:29
    —
astarte hat folgendes geschrieben:
astarte hat folgendes geschrieben:

Antwortest du noch auf die Frage, wer den Spüler denn ausräumt, oder eierst du weiter theoretisch rum?

Und antwortest du noch auf die Frage, was verkehrt daran ist, dass jeder in der Familie einen Teil erledigt?

Nicht. Alles klar.

Ach bitte, Menschenskind. Ich bin weder Schnell- noch Vielschreiber. Das sollte dir aufgefallen sein.

Aber gut, meinetwegen. Folgendes habe ich heute schon aufgeschrieben, aber nicht mehr abgeschickt, weil es noch nicht wirklich auf den Punkt kommt.


astarte hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
...
Geschlagen werden bereitet mehr Unlust als Spüler ausräumen. Da sind wir uns wohl einig. Sind wir uns auch einig, daß Spüler ausräumen = 'raus dürfen die Anwendung von Zwang ist? Vermutlich schon.

Worüber wir uns nicht einig sind, ist ob Zwang eine statthafte Methode im Umgang mit anderen Menschen ist. Für dich scheint Zwang eine erlaubte Methode zu sein, für mich ist er es nicht (außer natürlich als Abwehr von Zwang.)

Antwortest du noch auf die Frage, wer den Spüler denn ausräumt, oder eierst du weiter theoretisch rum?

Die Frage wurde doch schon im Mummonkan vor 800 Jahren beantwortet.

Zitat:
Ein Mönch sagte zu Joshu: "Ich bin gerade ins Kloster eingetreten, bitte lehre mich."
Joshu fragte: "Hast du schon deinen Reisbrei gegessen?"
Der Mönch antwortete: "Ja, habe ich."
"Dann," sagte Joshu, "geh und wasch deine Schüssel."

http://www.csudh.edu/phenom_studies/mumonkan/mumonkan.htm



astarte hat folgendes geschrieben:
Und antwortest du noch auf die Frage, was verkehrt daran ist, dass jeder in der Familie einen Teil erledigt?

Bitte noch mal zurücklesen. Meine Kritik war die Vertauschung von Abmachung/Konsens und Anordnung/Zwang. Das halte ich nach wie vor für manipulativ, etwas als Konsens zu deklarieren, was ein Befehl ist.

Meine Kritik war auch, was solche Aussagen in einer Einführungsveranstaltung zu suchen haben. Was bitteschön hat Spülmaschinenausräumen mit Schule zu tun? Wieso erzählt die Lehrerin sowas?


astarte hat folgendes geschrieben:
Definiere Zwang. Spülmaschine ausräumen läuft für mich unter Aufgabe/Arbeit/Pflicht.

Eigentlich könnte das Geschirr ja vom Spüler auf den Tisch und dann zurück in den Spüler wandern. Das wäre die rationelle Lösung. Daß das Geschirr erst in den Schrank soll, ist dein persönlicher Zwang. Zustimmung

#129:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 12.09.2016, 02:54
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
Zu den schaurigen Details.

Wer hat beschlossen, daß Schulunterricht, Matheunterricht so aussieht? Wer von euch möchte das verteidigen?

.....

Ich.

Matheunterricht sieht auch nicht so aus, sondern beim selben Buch fast so unterschiedlich, wie es Lehrer gibt.

Mathe (nicht mit Rechnen zu verwechseln) ist ein sehr abstraktes Fach - es gibt Lehrer die das unterrichten können und es gibt welche, die das nicht unterrichten können - obwohl sie es gelernt haben.

Ich weiß nicht, wie es heute an der Uni ist, aber früher war es für das Studuim eines Mathelehrers HL tatsächlich wichtiger, eine Mathematik weit jenseits dessen zu lernen, was je in der Schule drankommt, und Didaktik der Mathematik war dagegen im Umfang ziemlich gering, weshalb man als Schüler entweder das Glück gehabt hat, ein didaktisches Naturtalent zu bekommen, oder man hat Pech gehabt. Man konnte auch noch größeres Pech haben, und dann bekam man auch in der Oberstufe gar keine Mathematik, sondern nur ein etwas komplizierteres Rechnen mit Schmuckzeichen. Den Eindruck hatte ich z.T. bei den Leuten aus dem sprachlichen Zweig unseres Jahrgangs.

Dass aber auch dieses abstrakte Fach Spaß machen kann, habe ich - in genau dieser Formulierung - 30 Jahre nach meinem Abi erfahren, als ich im Wald spazieren ging, ein bekanntes Gesicht sah, wir uns grüßten und beide überlegen mussten, woher wir uns kannten. Als ich es wusste und ihn bei Vornamen nagenannt hatte und dann meinen sagte, war der erste Satz: "Stimmt. Du bist der, bei dem wir gelernt haben, dass Mathe Spaß machen kann." Ich hatte schon während der Mittelstufe und bis ins Studium Mathenachhilfe gegeben, normalerweise Einzelunterricht, aber der war ein Schüler einer Gruppe gewesen, die sich gefunden hatte.

Ich habe damals den Unterricht, den ich gemacht habe, nicht so empfunden, hätte auch nie diesen Anspruch erhoben, aber, wenn das die erste Assoziation dieses Menschen war, muss er es wohl so empfunden haben.

Wenn ich das, was ich den Kindern damals beigebracht habe, in einem Buch zum Nachlesen hätte mitgeben wollen, hätte dieses Buch auch mit prinzipiell ähnlichen Dingen vollgestanden, wie sie hier karikiert werden. Es gibt mit Sicherheit auch genügend Lehrer, die das so blöde unterrichten - sonst wäre meine Nachhilfe auch nicht so ein Erlebnis gewesen - aber man kann von dieser Darstellung nicht auf den Unterricht schließen.

Das einzige, was ich also an dem von Dir vorgestellten Text sehen kann, ist dass dem Schreiber selbst die Mathematik in der Schule keinen Spaß gemacht hat. Aus dem, was ich bei Mitstudenten des faches Bio an der Uni gesehen habe, habe ich gemerkt, dass es wohl ziemlich viele Schüler gab / gibt? denen das so geht. Und wir sind auch sofort beieinander, wenn es darum geht, die Ausbildung der Mathelehrer zu verbessern - wenn sie nicht schon besser geworden ist.

Meine beiden Kinder, der eine direkt vor dem Abitur, der andere in der Mittelstufe haben übrigens beide Spaß am Matheunterricht und sowohl ich als auch meine Frau (Lehrer Mathe Physik HL) halten uns da völlig raus.

#130:  Autor: AhrimanWohnort: 89250 Senden BeitragVerfasst am: 12.09.2016, 11:50
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
Eigentlich könnte das Geschirr ja vom Spüler auf den Tisch und dann zurück in den Spüler wandern. Das wäre die rationelle Lösung.

In Anbetracht dessen, daß der ganz Arbeitsvorgang nicht mal fünf Minuten dauert ist es nicht erfindlich, warum man über so eine Geringfügigkeit überhaupt redet.

#131:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 12.09.2016, 12:55
    —
Ahriman hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Eigentlich könnte das Geschirr ja vom Spüler auf den Tisch und dann zurück in den Spüler wandern. Das wäre die rationelle Lösung.

In Anbetracht dessen, daß der ganz Arbeitsvorgang nicht mal fünf Minuten dauert ist es nicht erfindlich, warum man über so eine Geringfügigkeit überhaupt redet.


Klar doch!

#132:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 12.09.2016, 15:44
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Leider fehlt bei deiner Feststellung ein Argument. Wenn du gesagt hättest: "... und diese Eltern hatten alle unausstehliche und ungebildete Kinder", dann wäre es ein Argument gewesen, ...

Diese Eltern hatten eine merkwürdige Vorstellung davon, wie Mitbestimmung in der Schule funktioniert.

Wie funktioniert Mitbestimmung in der Schule denn?

(Wahrscheinlich so wie beim Militär. *duck* )


schtonk hat folgendes geschrieben:
Sie fanden sich immer wichtig und richtig, und ihre Kinder waren dauernd potentielle Opfer von Lehrern, Schülern und überhaupt. Und mit Argumenten konnten sie sehr schlecht umgehen. Deshalb beschränke ich mich hier auf eine Feststellung.

Kurz etwas Grundsätzliches, das über das Schulthema hinausgeht.

    - Entweder man glaubt, bereits in der besten aller möglichen Welten zu leben.
    - Oder man glaubt, daß nichts auf der Welt perfekt ist und es deshalb immer etwas zu ändern und zu verbessern gibt.

Ich wähle den zweiten Satz. Es wird immer Dinge geben, die schief laufen, die falsch sind, die ungerecht genannt werden können und so weiter. Das ist eine Konstante im Dasein und gilt nicht nur für rückständige Gesellschaften, sondern für alle, auch die denkbar besten.

Sollen wir uns mit dem erreichten zufrieden geben? Oder arbeiten wir an einer pragmatischen Utopie, in dem echte - oder nur eingebildete - Mißstände offen angesprochen und ausdiskutiert werden?

Wenn dir keine Kritikpunkte an der Schule einfallen - dann hast du nur noch nicht genau genug hingeschaut. Soviel zum Grundsätzlichen, zurück zum Thema:



Du bist doch vom Fach. Wie siehst du die Behauptung aus Kramers Link, daß Schule bei einigen Alpträume erzeugt?

Siehst du das als Kollateralschaden eines notwendigen Systems? Wo ist deine Schmerzgrenze, ab der du sagst: "Oh Mist, wir haben hier ein Problem." 5% Betroffene, 20%, 50%? Siehst du die Ursache dafür in einem defizitären Schulsystem oder in einer defizitären Persönlichkeitsstruktur der Betroffenen? Oder sagst du, das sei alles Mumpitz und ein Fall von Erinnerungsverfälschung?

#133:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 13.09.2016, 01:21
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Leider fehlt bei deiner Feststellung ein Argument. Wenn du gesagt hättest: "... und diese Eltern hatten alle unausstehliche und ungebildete Kinder", dann wäre es ein Argument gewesen, ...

Diese Eltern hatten eine merkwürdige Vorstellung davon, wie Mitbestimmung in der Schule funktioniert.

Wie funktioniert Mitbestimmung in der Schule denn?

Jedenfalls nicht so:

smallie hat folgendes geschrieben:
..Die Einführungsveranstaltung hat mir bereits einen ersten Einblick gewährt, ich bin vorzeitig gegangen um meinen Blutdruck zu schonen. ...


Statt dessen sitzen bleiben, sich kritisch zu Wort melden, den Dialog mit anderen Eltern(teilen) suchen, zu Elternabenden gehen, sich im Elternbeirat organisieren/engagieren und im Rahmen seiner (des EBR) bescheidenen Möglichkeiten aktiv sein.

Zitat:
(Wahrscheinlich so wie beim Militär. *duck* )

Na klar, wahrscheinlich. Und wahrscheinlich blickst du voll durch, weil du so viel Erfahrung damit hast. Musst nur noch die entsprechende Graphik verlinken und ganz viele Textbeispiele dazu.


Zitat:
Wenn dir keine Kritikpunkte an der Schule einfallen - dann hast du nur noch nicht genau genug hingeschaut. Soviel zum Grundsätzlichen,

Ok, ich hätte gerne erst mal Belege (meinetwegen Anhaltspunkte) dafür, dass mir nichts Kritisches zur Schule einfällt.
Und: Nicht genug hingeschaut? Also ich bin nicht weggelaufen wie du.


Zitat:
Du bist doch vom Fach.

Von welchem?

Zitat:
Wie siehst du die Behauptung aus Kramers Link, daß Schule bei einigen Alpträume erzeugt?

Wenns da steht wirds wohl so sein.

Zitat:
Siehst du das als Kollateralschaden eines notwendigen Systems? Wo ist deine Schmerzgrenze, ab der du sagst: "Oh Mist, wir haben hier ein Problem." 5% Betroffene, 20%, 50%? Siehst du die Ursache dafür in einem defizitären Schulsystem oder in einer defizitären Persönlichkeitsstruktur der Betroffenen? Oder sagst du, das sei alles Mumpitz und ein Fall von Erinnerungsverfälschung?

Sind wir hier bei der Inquisition?

#134:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 13.09.2016, 01:27
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:
Ich war einige Jahre Elternbeiratsvorsitzender an der Gesamtschule, die meine Kinder besuchten (~1200 Schüler/innen).
Hatte dabei häufig mit Elternteilen zu tun, die so ähnlich tickten wie @smallie Ohnmacht

Cool. Cool Ich dachte immer, ich stünde da in Deutschland ziemlich allein mit meinen spinnerten Ideen, wenn ich von lange vergessenen Leuten wie Ekkehard von Braunmühl absehe.



Leider fehlt bei deiner Feststellung ein Argument. Wenn du gesagt hättest: "... und diese Eltern hatten alle unausstehliche und ungebildete Kinder", dann wäre es ein Argument gewesen, ...

Diese Eltern hatten eine merkwürdige Vorstellung davon, wie Mitbestimmung in der Schule funktioniert. Sie fanden sich immer wichtig und richtig, und ihre Kinder waren dauernd potentielle Opfer von Lehrern, Schülern und überhaupt. Und mit Argumenten konnten sie sehr schlecht umgehen. Deshalb beschränke ich mich hier auf eine Feststellung.


Nun ja... wenn die Eltern mit ihren Anliegen so abgebügelt wurden, wie manche User hier im... ach, egal. Nobody is perfect.

Dein Bügelbrett im Oil/Smoke-Trööt schon abgebaut? Smilie

#135:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 13.09.2016, 01:36
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:

Dein Bügelbrett im Oil/Smoke-Trööt schon abgebaut? Smilie


Sind wir hier bei der Inquisition?

#136:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 13.09.2016, 08:55
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
....Wie siehst du die Behauptung aus Kramers Link, daß Schule bei einigen Alpträume erzeugt?
....

@ smallie:
Ich bin nicht vom Fach, aber soviel kann ich Dir sagen:

Das untersuchte System beinhaltet nicht nur Schüler und Lehrer. Da sind auch Eltern und Mitschüler dran beteiligt und es wäre vorschnell, grundsätzlich nur Lehrer und Stoff für diese Alpträume verantwortlich zu machen - da gibt es wahrscheinlich einige unterschiedliche Konstellationen,die dann am Ende zu diesem Ergebnis führen, mir fallen zu den von Dir vermuteten sofort noch ein:
1) mobbende Mitschüler
2) zuviel erwartende Eltern
3) Überforderung
Unsere Lehrer sind zur Wissenvermittlung ausgebildet und leider weder Psychologen noch Therapeuten. Das heißt, Du kannst der Schule einen ganzen Teil ihres Schreckens nehmen, indem Du auf Dein Kind aufpasst und neugierig wirst, wenn es sich ändert oder allgemein auffällig ist.

Als Beispiel, wo ich mich gewundert habe, dass die Lehrer das so spät mitbekommen haben: Der ältere von mir wurde von der Grundschule bis in die 6 Klasse gemobbt. Mir gegenüber hat er sich gewehrt wie Teufel, wenn ich nur versucht habe ihn festzuhalten, gegen Mitschüler war er wehrlos. Wir haben lange gebraucht, um das überhaupt zu merken - die Kinder versuchen das zu verbergen. Was da geholfen hat, war eine polizeiliche Untersuchung mit der impliziten Strafandrohung - vorher haben die Eltern der beteiligten Engel nur ihre Engel gesehen - und ein spezielles Trainig, das auf Kreisebene angeoten wurde - der steht jetzt vor dem Abi, geht gerne in die Schule, wobei man nicht ausschließen kann, dass er einmal durch irgendwelche Erlebnisse psychisch wieder in diese Situation zurückversetzt wird und dann Alpträume aus der Schule hat.

Der zweite wollte schon in der ersten Klasse nicht in die Schule und fiel bei der Einschulung damit auf, dass er am Bein meiner Frau hängenblieb und die dann mit ihm am Bein in die Klasse gehumpelt ist und er dann dort eine halbe Stunde brauchte, um sich von dem Bein zu lösen. Ansonsten war der Junge mutig, sozial ein Attraktionspunkt, nicht doof .... alles in Ordnung, aber Schule war offensichtlich ein Ort des Schreckens. Ich habe bis weit in die 2. Klasse hinein gebraucht, um festzustellen, dass er ein schwerer Fall von Legasthenie ist. In meinen Augen ein Unding: Der Schulpsychologin, die ihn untersucht hat, war es nicht aufgefallen.

An der Legasthenie konnten wir nichts ändern - aber daran, dass das in der Klasse zu sehr auffiel: Ich habe jahrelang jeden Tag mit ihm gelesen, zuerst er ein Stück, dann ich ein Stück; wir machen das auch heute noch regelmäßig, er ist jetzt 15 und trotz Legasthenie einer der Klassenbesten.

Dass ich selbst schon als Schüler Mathenachhilfe gegeben habe, habe ich erzählt. Ich habe dabei auch einmal bei zwei Jungs die Empfehlung gegeben, die beiden vom Gymnasium in die Mittelschule zu schicken. Nachdem die Empörung der Eltern sich gelegt hatte und entsprechende Beratung durch die Lehrer stattgefunden hatte, haben die Eltern das gemacht. Ich habe die beiden Schüler behalten, nicht mehr in Mathe, sondern ich Chemie, weil die in der Mittelschule in dem Fach 2 Jahre Vorsprung hatten, und habe innerhalb eines halben Jahres beobachten können, wie aus depressiven fröhliche Kinder wurden.

Ich selbst bin mit einer Schule, die in der Lehrerschaft einen ordentlichenTeil seelischer Kriegskrüppel hatte, gut ausgekommen. Unter den Schülern war ich Außenseiter, aber geachteter Außenseiter, ein Clown, der sich bei Bedarf wehren konnte. Die Lehrer kamen entweder gut mit mir aus (meine Nachhilfeschüler bekam ich immer durch Empfehlung aus dem Lehrerzimmer), oder gar nicht. Das heißt, es gab im Lehrerzimmer auch Zoff wegen mir, ich weiß von mindestens einer Klassenkonferenz meinetwegen, aber es gab nie ein geschlossene Front gegen mich. Insofern war es in der Schule besser bestellt als zu Hause, mit meinen Eltern kam ich nicht zurecht - und die nicht mit mir. Deshalb bin ich immer gerne in die Schule gegangen.

Das war jetzt einfach mal aus dem prallen Leben, um dieses Klischee - hier die böse Schule, da das arme Kind - mal etwas in alle Beteiligten aufzulösen.

#137:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 13.09.2016, 22:50
    —
Identisch mit Beitrag #2068227, deshalb leereditiert. - schtonk-

#138:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 13.09.2016, 22:53
    —
Identisch mit Beitrag #2068227, deshalb leereditiert. - schtonk-

#139:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 13.09.2016, 23:01
    —
Identisch mit Beitrag #2068227, deshalb leereditiert. - schtonk-

#140:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 13.09.2016, 23:47
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Wie funktioniert Mitbestimmung in der Schule denn?

Jedenfalls nicht so:

smallie hat folgendes geschrieben:
..Die Einführungsveranstaltung hat mir bereits einen ersten Einblick gewährt, ich bin vorzeitig gegangen um meinen Blutdruck zu schonen. ...


Statt dessen sitzen bleiben, sich kritisch zu Wort melden, den Dialog mit anderen Eltern(teilen) suchen, zu Elternabenden gehen, sich im Elternbeirat organisieren/engagieren und im Rahmen seiner (des EBR) bescheidenen Möglichkeiten aktiv sein.

[...]

Und: Nicht genug hingeschaut? Also ich bin nicht weggelaufen wie du.

Um das sofort anzusprechen fehlte mir die Zivilcourage. Außerdem war ich wütend und hätte die Arme nur hitzköpfig anblaffen können, damit wäre meinem Anliegen nicht geholfen.

Ansonsten siehe oben:

smallie hat folgendes geschrieben:
Meinen Unmut sollte ich mit den Betreffenden klären, damit da nichts anbrennt. Sonst nagt das weiterhin an mir und ich kann den Leuten nicht mehr offen gegenübertreten. Lieber einmal gescheit gezofft, statt dauerhaft unterschwellig verhasst. Mehrere Menschen haben mir allerdings davon abgeraten - am Ende müßte meine Tochter das ausbaden. Falls diese Menschen recht hätten, wäre die Sache noch mal eine Hausnummer schlimmer, als erwartet. Geschockt




schtonk hat folgendes geschrieben:
Zitat:
(Wahrscheinlich so wie beim Militär. *duck* )

Na klar, wahrscheinlich. Und wahrscheinlich blickst du voll durch, weil du so viel Erfahrung damit hast. Musst nur noch die entsprechende Graphik verlinken und ganz viele Textbeispiele dazu.

Du bist nicht der erste, der sich über sowas beschwert. Einmal im Schulbus, vermutlich vierte Klasse, spuckte ein Kind auf einen Sitz, polierte ihn, damit der Herr Professor, also ich, einen angemessenen Sitzplatz hat.

Kinder sind da etwas direkter, bei dir ist es nur indirekt gesagt, aber es läuft auf's Gleiche hinaus.



schtonk hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Wenn dir keine Kritikpunkte an der Schule einfallen - dann hast du nur noch nicht genau genug hingeschaut. Soviel zum Grundsätzlichen,

Ok, ich hätte gerne erst mal Belege (meinetwegen Anhaltspunkte) dafür, dass mir nichts Kritisches zur Schule einfällt.

Als Kritiker der Sache bist du mir bisher noch nicht aufgefallen.



schtonk hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Du bist doch vom Fach.

Von welchem?

Psychologie?



schtonk hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Wie siehst du die Behauptung aus Kramers Link, daß Schule bei einigen Alpträume erzeugt?

Wenns da steht wirds wohl so sein.

Sowas würde ich nur sarkastisch sagen.

Ich glaube Dingen nicht blind, nur weil sie irgendwo stehen. Die Alptraum-Behauptung jedoch wurde hier im Forum ausreichend bestätigt.



schtonk hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Siehst du das als Kollateralschaden eines notwendigen Systems? Wo ist deine Schmerzgrenze, ab der du sagst: "Oh Mist, wir haben hier ein Problem." 5% Betroffene, 20%, 50%? Siehst du die Ursache dafür in einem defizitären Schulsystem oder in einer defizitären Persönlichkeitsstruktur der Betroffenen? Oder sagst du, das sei alles Mumpitz und ein Fall von Erinnerungsverfälschung?

Sind wir hier bei der Inquisition?

Wenn's dir egal ist, daß Schule Alpträume verursacht - mir ist es nicht egal. Wenn du nicht darüber spekulieren willst, warum das so ist - insbesondere als Elternbeiratsvorsitzender, dann - fehlen mir die Worte.

#141:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 14.09.2016, 02:58
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
...

schtonk hat folgendes geschrieben:
Zitat:
(Wahrscheinlich so wie beim Militär. *duck* )

Na klar, wahrscheinlich. Und wahrscheinlich blickst du voll durch, weil du so viel Erfahrung damit hast. Musst nur noch die entsprechende Graphik verlinken und ganz viele Textbeispiele dazu.

Du bist nicht der erste, der sich über sowas beschwert. Einmal im Schulbus, vermutlich vierte Klasse, spuckte ein Kind auf einen Sitz, polierte ihn, damit der Herr Professor, also ich, einen angemessenen Sitzplatz hat.

Kinder sind da etwas direkter, bei dir ist es nur indirekt gesagt, aber es läuft auf's Gleiche hinaus.

Frage



smallie hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Wenn dir keine Kritikpunkte an der Schule einfallen - dann hast du nur noch nicht genau genug hingeschaut. Soviel zum Grundsätzlichen,

Ok, ich hätte gerne erst mal Belege (meinetwegen Anhaltspunkte) dafür, dass mir nichts Kritisches zur Schule einfällt.

Als Kritiker der Sache bist du mir bisher noch nicht aufgefallen.

Und daraus denkst du, obigen Schluss ziehen zu dürfen?

smallie hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Wie siehst du die Behauptung aus Kramers Link, daß Schule bei einigen Alpträume erzeugt?

Wenns da steht wirds wohl so sein.

Sowas würde ich nur sarkastisch sagen.

Ich glaube Dingen nicht blind, nur weil sie irgendwo stehen. Die Alptraum-Behauptung jedoch wurde hier im Forum ausreichend bestätigt.

Ausreichend heißt? Von zwei, drei oder vier Leuten im FGH?
Ich hab mal spaßeshalber meine Kinder (18, 25) gefragt sowie Arbeitskollegen (ich habe zahlreiche davon): Keine Alpträume. Kann ich natürlich hier nicht belegen, ist aber so.

smallie hat folgendes geschrieben:
Wenn's dir egal ist, daß Schule Alpträume verursacht - mir ist es nicht egal. Wenn du nicht darüber spekulieren willst, warum das so ist - insbesondere als Elternbeiratsvorsitzender, dann - fehlen mir die Worte.

Zum "egal" siehe oben. Und spekulieren will ich tatsächlich nicht.

Aber dein moralinsaures "insbesondere als Elternbeiratsvorsitzender", das dir die Worte fehlen lässt, ist gekennzeichnet von einer Anklagehaltung, die an, sagen wir mal Frechheit grenzt.

Als EBR-Vors. hatte ich echt ne Menge Arbeit. Zeitaufwand und Material- sowie Spritkosten? Die eigenen Taschen, gefüttert mit Baumwolle und Engagement, haben herhalten müssen.
Es ging nicht um Alpträume, sondern um ganz profane Dinge wie z.B. die sogen. "Busproblematik". Das Wort verfolgt mich heute noch. Kinder drängeln beim Ein- und Aussteigen, zweie sind gestürzt, wer ist der/die Schuldige? - Der EBR-Vors. soll das mal rausfinden und mit der Schulleitung für Abhilfe sorgen. Werden die Erwartungen nicht erfüllt, klingelt schon mal öfters das Telefon zu Hause. "Ach Sie essen gerade? Tut mir leid, das ist jetzt aber wichtig..." Dann die unfreundlichen Busfahrer, und einer hat während der Fahrt telefoniert. Welcher? Weiß man nicht, aber Sie müssen da was tun. Ok, 2 Termine beim Busunternehmer inkl. Medienreferentin, herausgehandelt, dass die Fahrer bald Namensschilder bekommen und noch mal speziell instruiert werden.

Da ging es um die neue Freiluftterasse, um das Angebot beim Mensaessen (Hamburger oder nicht etc), um die Schülertoiletten, um Mitgestaltung bei den neuen AGs, die Berufsbildungsmesse erforderte auch Mitarbeit, der Handglockenchor suchte eine neue Leiterin, die Frage einer Fußgängerbrücke über die Hauptsraße wurde ellenlang diskutiert (einige Eltern wollten es ihren Kindern nicht zumuten, die 200 m bis zur Fußgängerampel zu gehen) und und und... Ach ja, die Übergangsphase von G9 zu G8, ja, die verschafft mir heute noch Alpträume. Und auch das bescheuerte "Eltern-Plus" von Karin Wolff hier in Hessen. Die CDU-Schlagworte waren "Unterrichtsgarantie" und "verlässliche Schule". Meine Güte, was eine Augenwischerei, die Realität war nachher ziemlich trostlos. Einige Wenige und ich hatten seinerzeit versucht, einen Protest der Eltern dagegen zu organisieren, aber die überwiegende Mehrheit sagte nur "määh". Mama mia, waren das Diskussionen...

Teilweise 3 Termine die Woche neben meiner Berufstätigkeit, ich war hie und da ganz schön gehetzt, die Familie kam auch manchmal zu kurz.
Aber einen regelmäßigen Termin (1 mal pro Woche) davon habe ich immer genossen, das war das Treffen mit dem Schuldirektor. Ich hatte ihm vorgeschlagen, das einzurichten, und er war sofort einverstanden. Dabei stellte ich fest, dass er (nicht in dem Maße wie ich) so manche Kritik an den Lehrinhalten hatte, besonders bei Mathe. Aber: Lehrpläne kann man nicht ad hoc ändern, weiß man ja, nicht wahr?
Er litt genauso wie ich an Eltern, deren Vorschlagsvielfalt sich auf eine Anti-Raucherkampagne nach der anderen beschränkte und die einem wichtigen Programm wie Lions Quest skeptisch gegenüberstanden (das waren tatsächlich meist die Evangelen im fortgeschrittenen Stadium). Und einmal gestand er mir, dass er sich schon mal vor der stellvertr. EBR-Vorsitzenden hinter der Tür versteckt habe. Was ich gut verstehen konnte, weil sie immer auftrat wie eine Managerin in eigener Sache. Profilneurose und so... Wir mussten lachen.

Na ja, und es gab immer wieder mal einen Anlass, zu dem im offiziellen Teil eine Redebeitrag des EBR fest eingeplant war, dann noch ab und zu eine Schulkonferenz, EBR-Sitzungen (natürlich mit Schriftführer), und die Homepage des EBR (Typo 3) musste auch immer wieder mal aktualisiert werden. Also es war so einiges, und weißt du was? Aus unerfindlichen Gründen kam ich nie auf die Idee, mir über eventuelle Alpträume, die als Spätfolgen der Schule drohen könnten, Gedanken zu machen. Verwerflich, was?

Wie gesagt, ich hab da ne Menge Energie reingesteckt und bereue es auch nicht, denn das ist einfach notwendig. Und besser als aufstehen und weglaufen mit fadenscheiniger Begründung (hättest nur anblaffen können). Nö, du warst einfach beleidigt, dass die schnöde Welt nicht mit dir deine abgehobenen Ansprüche teilt.

Dann kann dieses hier
smallie hat folgendes geschrieben:

Oder man glaubt, daß nichts auf der Welt perfekt ist und es deshalb immer etwas zu ändern und zu verbessern gibt.

ja nur Lippenbekenntnis sein.

#142:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 15.09.2016, 01:04
    —
Geschockt Ein Vierfachbeitrag! Ganz so nachdrücklich wollte ich das nicht sagen.



fwo hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Zu den schaurigen Details.

Wer hat beschlossen, daß Schulunterricht, Matheunterricht so aussieht? Wer von euch möchte das verteidigen?

.....

Ich.

Matheunterricht sieht auch nicht so aus, sondern beim selben Buch fast so unterschiedlich, wie es Lehrer gibt.

Das ist zweifellos richtig, und wird auch immer so bleiben, egal wie gut die Bücher sind.

Das heißt aber nicht, daß man sich mit schlechten Büchern abfinden muß.


fwo hat folgendes geschrieben:
Mathe (nicht mit Rechnen zu verwechseln) ist ein sehr abstraktes Fach - es gibt Lehrer die das unterrichten können und es gibt welche, die das nicht unterrichten können - obwohl sie es gelernt haben.

Da fällt mir der Mathe-Lehrer ein, der meinte, "das müßt ihr jetzt nicht verstehen" und dann ohne weitere Erklärung etwas über den Körper der reellen Zahlen diktierte.

Wobei ich nicht ausschließen möchte, daß er nur dem Lehrplan folgend kurz Körper erwähnt hat, sich insgeheim und sehr pragmatisch aber dachte, sowas kommt in der Prüfung nicht dran, deshalb behandle ich es auch nicht. zwinkern



fwo hat folgendes geschrieben:
...weshalb man als Schüler entweder das Glück gehabt hat, ein didaktisches Naturtalent zu bekommen, oder man hat Pech gehabt. Man konnte auch noch größeres Pech haben, und dann bekam man auch in der Oberstufe gar keine Mathematik, sondern nur ein etwas komplizierteres Rechnen mit Schmuckzeichen. Den Eindruck hatte ich z.T. bei den Leuten aus dem sprachlichen Zweig unseres Jahrgangs.

Siehe nächsten Beitrag. Stichwort Normalverteilung.



fwo hat folgendes geschrieben:
Wenn ich das, was ich den Kindern damals beigebracht habe, in einem Buch zum Nachlesen hätte mitgeben wollen, hätte dieses Buch auch mit prinzipiell ähnlichen Dingen vollgestanden, wie sie hier karikiert werden.

Nur das Übersetzte war Karikatur. Die Rest ist Ernst und stammt verbatim aus Schulbüchern. (Wenn Lockhart das nicht gefälscht hat.)


fwo hat folgendes geschrieben:
Das einzige, was ich also an dem von Dir vorgestellten Text sehen kann, ist dass dem Schreiber selbst die Mathematik in der Schule keinen Spaß gemacht hat.

Hast du den Text wirklich gelesen? Pfeifen

Lockharts Argument war, daß die natürliche Intuition verloren geht, wenn Offensichtliches durch einen Formalismus ersetzt wird. Der obendrein noch nicht einmal wasserdicht ist, weil mit einer Messung an Punkten AB, CD die irgendwo an einer "Kurve" gleich ausfallen noch nicht gezeigt ist, daß die "Kurven" wirklich Geraden sind. Der "Beweis" setzt Symmetrie und Geraden voraus, und beruft sich dabei darauf, daß die Winkelsumme in der Ebene 180° ist, was völlig vom Himmel fällt und eine einfache Tatsache mit einer komplizierteren "beweist", die noch nicht mal allgemeingültig ist.




fwo hat folgendes geschrieben:
Und wir sind auch sofort beieinander, wenn es darum geht, die Ausbildung der Mathelehrer zu verbessern - wenn sie nicht schon besser geworden ist.

OK.

Ergänzend: wer macht die Lehrpläne und wer schreibt die Schulbücher?

Vergleiche: "Nichts in der Biologie ergibt Sinn, außer im Lichte der Evolutionstheorie." (Dobzhansky) Aber Evolutionstheorie wird im Biologieunterricht stiefmütterlich behandelt. Dann ergibt mit Dobzhansky auch Biologieunterricht keinen Sinn. Wer denkt sich sowas aus?



fwo hat folgendes geschrieben:
Meine beiden Kinder, der eine direkt vor dem Abitur, der andere in der Mittelstufe haben übrigens beide Spaß am Matheunterricht und sowohl ich als auch meine Frau (Lehrer Mathe Physik HL) halten uns da völlig raus.

Raushalten? Mal sehen, wie die Sache in der Schule so dargestellt wird. Ich müßte mein Verhalten ändern, wenn ich mich plötzlich raushielte.

Heuer habe ich folgendes improvisiert: nimm drei oder vier Pappbecher. Beschrifte sie am dicken Ende rundum mit den Ziffern 0 - 9. Steck die Becher ineinander, so daß die Ziffern ablesbar bleiben. Bring einen weiteren Becher an, daran eine Pappe mit eingeschnittenem Sichtfenster. (Ich hab einfach zwei Finger genommen.)

Schwupps, schon hast du ein Ding, mit dem du Einer, Zehner, Hunderter erklären kannst. Ob das jetzt besser ist, als die herkömmliche Art, das zu erklären, weiß ich nicht - ich weiß ja nicht mal, was heute Standard ist.

Was mich zu der Frage bringt, ob Lehrmethoden auch getestet werden, bevor man sie ausrollt, oder ob das Schreibtischentscheidungen nach dem Vermutungsprinzip sind. Mein Eindruck ist, daß Lehrmethoden alle Jahrzehnte geändert werden, weil sich die Mode geändert hat, nicht aber, weil sie sich in langjährigen Versuchen als besser herausgestellt haben.

#143:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 15.09.2016, 01:22
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:

Ich hab mal spaßeshalber meine Kinder (18, 25) gefragt sowie Arbeitskollegen (ich habe zahlreiche davon): Keine Alpträume. Kann ich natürlich hier nicht belegen, ist aber so.


Ich bin ja quasi der Urheber dieser Debatte und ich habe - noch bevor ich hier gepostet habe - mal in meinem Umfeld nachgefragt. Und da war die Resonanz überwältigend. "Ja, solche Träume habe ich ständig!"

Es kann nicht natürlich sein, dass wir aus völlig verschiedenen Umfeldern entstammen. Ich komme aus einer total dysfunktionalen Familie und wenn ich Familienmitglieder oder alte Freunde frage, dann haben die den gleichen gestörten Hintergrund. Vielleicht sind wir Aliens in Deiner Welt.

#144:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 15.09.2016, 01:33
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:

Ich hab mal spaßeshalber meine Kinder (18, 25) gefragt sowie Arbeitskollegen (ich habe zahlreiche davon): Keine Alpträume. Kann ich natürlich hier nicht belegen, ist aber so.


Ich bin ja quasi der Urheber dieser Debatte und ich habe - noch bevor ich hier gepostet habe - mal in meinem Umfeld nachgefragt. Und da war die Resonanz überwältigend. "Ja, solche Träume habe ich ständig!"

Es kann nicht natürlich sein, dass wir aus völlig verschiedenen Umfeldern entstammen. Ich komme aus einer total dysfunktionalen Familie und wenn ich Familienmitglieder oder alte Freunde frage, dann haben die den gleichen gestörten Hintergrund. Vielleicht sind wir Aliens in Deiner Welt.

Aber damit erzählst Du auch selbst, was ich oben versucht habe auseinanderzuklabüstern: Das was der Traum da im Zusammenhang mit der Schule wieder in Erinnerung bringt, hängt nicht unbedingt ursächlich allein mit der Schule zusammen.

#145:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 15.09.2016, 01:52
    —
fwo hat folgendes geschrieben:

Aber damit erzählst Du auch selbst, was ich oben versucht habe auseinanderzuklabüstern: Das was der Traum da im Zusammenhang mit der Schule wieder in Erinnerung bringt, hängt nicht unbedingt ursächlich allein mit der Schule zusammen.


Das wäre ja eine halbwegs gute Erklärung, wenn es die anderen Träume nicht gäbe.

#146:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 15.09.2016, 02:01
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
....Wie siehst du die Behauptung aus Kramers Link, daß Schule bei einigen Alpträume erzeugt?
....

@ smallie:
Ich bin nicht vom Fach, aber soviel kann ich Dir sagen:

Das untersuchte System beinhaltet nicht nur Schüler und Lehrer. Da sind auch Eltern und Mitschüler dran beteiligt und es wäre vorschnell, grundsätzlich nur Lehrer und Stoff für diese Alpträume verantwortlich zu machen - da gibt es wahrscheinlich einige unterschiedliche Konstellationen,die dann am Ende zu diesem Ergebnis führen, mir fallen zu den von Dir vermuteten sofort noch ein:
1) mobbende Mitschüler
2) zuviel erwartende Eltern
3) Überforderung

Passt. Keine Einwände.


fwo hat folgendes geschrieben:
Unsere Lehrer sind zur Wissenvermittlung ausgebildet und leider weder Psychologen noch Therapeuten. Das heißt, Du kannst der Schule einen ganzen Teil ihres Schreckens nehmen, indem Du auf Dein Kind aufpasst und neugierig wirst, wenn es sich ändert oder allgemein auffällig ist.

Das Problem bin erstmal ich. Mir war nicht bewußt, wie weit ich außerhalb dessen stehe, was als "normal" angesehen wird, bevor ich ein Kind hatte. Im selbstgewählten Umfeld, das halbwegs so tickt wie ich, fiel mir das nicht auf.

Das Verhalten meiner Tochter hat sich mit dem Kindergarten geändert. Kürzlich:

ich komm mit ihr an eine Baustelle, eine große Kreuzung ist abgesperrt mit diesen hüfthohen rot-weißen Plastiksperren. Und zwar komplett, so daß man um den Block gehen hätte müssen, um auf die andere Seite zu kommen. Es war Wochenende, keine Arbeiter auf der Baustelle. Also bin ich einfach durchgegangen. Ihr war das unangenehm und sie fragte: "Papa, darf man das?" Von mir hat sie diese Autoritätshörigkeit nicht, die nicht mehr fragt, ob man einen Schaden anrichtet oder sich in Gefahr begibt, sondern einfach den Buchstaben und Absperrungen folgt.

Piaget schreibt, daß die erste moralische Stufe die Furcht vor Bestrafung sei. Ausgemachter Blödsinn, siehe das lange Zitat von Peter Gray über die Nachsicht gegenüber Kindern. Die im Kindergarten haben es aber geschafft, Piaget #1 bei meiner Tochter zu installieren.

Das halte ich jetzt nicht für so schlimm, wie es sich anhört. Da vertraue ich auf ausreichend "Resilienz" meiner Tochter. Es fällt mir nur auf, weil es sich nahtlos einfügt in alles, was ich in letzter Zeit über gesellschaftliche Mechanik geschrieben habe.



fwo hat folgendes geschrieben:
Das war jetzt einfach mal aus dem prallen Leben, um dieses Klischee - hier die böse Schule, da das arme Kind - mal etwas in alle Beteiligten aufzulösen.

"Böse" gehört nicht zu meinem Wortschatz. zwinkern

Ein Grundsatzargument. Stichwort Gaußsche Normalverteilung. Es gibt gute, durchschnittliche und schlechte Lehrer. Es wäre ein Wunder, wenn es da nichts Haarsträubendes zu berichten gäbe. Das Argument gilt immer, von der barbarischsten Gesellschaft bis zur fortgeschrittensten Utopie. Es gilt sogar, wenn du vertauschst, was gut und schlecht sein soll. Und trotzdem wehrt sich zum Beispiel schtonk gegen den Versuch, Grundsatzkritik gegenüber Schule anzubringen.


PS:

fwo hat folgendes geschrieben:
An der Legasthenie konnten wir nichts ändern

Da fällt mir eine Arbeit ein, die mir vor langer Zeit untergekommen ist. Sie behauptete einen Zusammenhang zwischen Legasthenie und Schriftarten mit symmetrischen oder rotationssymmetrischen Buchstaben, p q d b. Ich fand das damals nicht recht überzeugend, weil es nur einen kleinen Teil der Buchstaben betrifft und für Schreibschrift wohl auch nicht gilt. Allerdings schreibt meine Tochter Buchstaben auch gerne verkehrt herum. Sollte doch etwas an der Sache sein?

Ob der Sache weiter nachgegangen wurde, wäre ein Test, ob das "System" hinreichend lernfähig ist und ob Lehrplankommissionen und Schulbuchverlage fachwissenschaftliche Beiträge zur Kenntnis nehmen und prüfen.

#147:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 15.09.2016, 02:14
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:

Ich hab mal spaßeshalber meine Kinder (18, 25) gefragt sowie Arbeitskollegen (ich habe zahlreiche davon): Keine Alpträume. Kann ich natürlich hier nicht belegen, ist aber so.


Ich bin ja quasi der Urheber dieser Debatte und ich habe - noch bevor ich hier gepostet habe - mal in meinem Umfeld nachgefragt. Und da war die Resonanz überwältigend. "Ja, solche Träume habe ich ständig!"

Es kann nicht natürlich sein, dass wir aus völlig verschiedenen Umfeldern entstammen. Ich komme aus einer total dysfunktionalen Familie und wenn ich Familienmitglieder oder alte Freunde frage, dann haben die den gleichen gestörten Hintergrund. Vielleicht sind wir Aliens in Deiner Welt.

Aber damit erzählst Du auch selbst, was ich oben versucht habe auseinanderzuklabüstern: Das was der Traum da im Zusammenhang mit der Schule wieder in Erinnerung bringt, hängt nicht unbedingt ursächlich allein mit der Schule zusammen.

Ja, ein wichtiger Hinweis. Im unseren Träumen geschehen ja manchmal Dinge, die abseits des real Möglichen liegen. Sie sind aber Produkte unserer Gefühle, Wünsche, Ängste, Erwartungen. Das muss doch eine Quelle haben, und Freud hat das Seelenleben genannt. Und wenn man etwas ganz Verrücktes und Unmögliches träumt, muss man die äußere Gestalt des Traumes unterscheiden von ihrem affektiven Gehalt. Noch mal Freud, er nannte das Verschiebung, für die in heiklen Fällen die Traumzensur sorgt.

Hat man nun einen schrecklichen Traum, der mit Schule/Lehrern zu tun hat, wäre es demnach möglich, dass eine ganz andere Instanz gemeint ist, z.B. der Vater/die Mutter. Vor beiden hat man uns aber im Kindesalter Respekt gelehrt, und auch wenn man sich später kritisch mit ihnen auseinandergesetzt haben mag, so bleibt doch immer dieser Grundrespekt vorhanden: Widersprich nicht. Und vllt hat man immer noch Angst vor ihnen und will es nicht zugeben. Die Angst vor dem Lehrer ist da viel akzeptabler vor einem selbst, und so verschiebt man womöglich im Traum das, was eigentlich auf die Eltern gemünzt ist, auf ihn. Also Schule = Elternhaus.

Das eben Ausgeführte kann sein, muss aber nicht. Und bevor ich jetzt weiter in die Traumdeutung abgleite und Spekulant genannt werde, hör ich lieber auf Smilie


Edith: Worteinfügung


Zuletzt bearbeitet von schtonk am 15.09.2016, 02:17, insgesamt einmal bearbeitet

#148:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 15.09.2016, 02:16
    —
smallie hat folgendes geschrieben:

Das Verhalten meiner Tochter hat sich mit dem Kindergarten geändert. Kürzlich:

ich komm mit ihr an eine Baustelle, eine große Kreuzung ist abgesperrt mit diesen hüfthohen rot-weißen Plastiksperren. Und zwar komplett, so daß man um den Block gehen hätte müssen, um auf die andere Seite zu kommen. Es war Wochenende, keine Arbeiter auf der Baustelle. Also bin ich einfach durchgegangen. Ihr war das unangenehm und sie fragte: "Papa, darf man das?" Von mir hat sie diese Autoritätshörigkeit nicht, die nicht mehr fragt, ob man einen Schaden anrichtet oder sich in Gefahr begibt, sondern einfach den Buchstaben und Absperrungen folgt.


Das ist aber kein gutes Beispiel - in jeder Hinsicht: Das ist kein gutes Beispiel für die Diskussion und Du warst kein gutes Beispiel für Deine Tochter. Diese Absperrungen sind nicht dazu da, um Menschen in ihrer Freiheit einzuschränken, die dienen der Sicherheit aller Verkehrsteinehmer. Was Du da gemacht hast, war wie, mit einem Kind über eine rote Ampel zu gehen, wenn gerade kein Auto kommt. Deine Tochter hat da richtig reagiert, als ihr das unangenehm war - aber Du hast ihr Bauchgefühl quasi überfahren.

#149:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 15.09.2016, 02:29
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Kramer hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:

Aber damit erzählst Du auch selbst, was ich oben versucht habe auseinanderzuklabüstern: Das was der Traum da im Zusammenhang mit der Schule wieder in Erinnerung bringt, hängt nicht unbedingt ursächlich allein mit der Schule zusammen.


Das wäre ja eine halbwegs gute Erklärung, wenn es die anderen Träume nicht gäbe.

Ich bin eben mal an den Anfang zurückgegangen:
Kramer hat folgendes geschrieben:
.... Diese Schulträume sind offenbar sehr häufig, in ihrer Struktur ziemlich ähnlich - und sie sind selten angenehm. Offensichtlich nehmen viele Menschen unterbewusst wahr, dass mit dem Bildungssystem etwas nicht stimmt, sonst würde es sie nicht bis in ihre Träume verfolgen. ...

Ich halte den Schluss für falsch: Selbst wenn Dein Traum Dich in eine Situation zurückbringt, in der Du verletzt wurdest, ist es nicht zwingend, dass das, was "nicht stimmte" durch die Situation bedingt war, in der Du es gemerkt hast. Diese Träume sind kein Sensorium für die "Stimmigkeit" der Schule, wenn überhaupt, dann für Deine gesamte Situation in der Schule. Da ist ganz wichtig: Welche Erwartungen hatten Deine Eltern an Dich? Welche hattest Du an Deine Eltern, wenn Du versagen würdest? Wie sah überhaupt das Verhältnis zu Deinen Eltern aus?*** Dieses Verhältnis ist bestimmend für die kindliche Aufnahme der Situation Schule und für die Gefühle, die es da hat. Selbst ein sadistischer Lehrer gewinnt nur dann Gewalt über ein Kind, wenn die Eltern ihn - bewusst oder unbewusst - unterstützen.

Eltern können da ganz viel verbocken - das muss auch nicht schuldhaft sein. Und das passiert um so leichter, je intelligenter und sensibler das Kind ist, weil es dann schneller im Erraten der Wünsche ist und sich denen anpasst, bevor sie ausgesprochen wurden.

*** Bitte versteh das nicht als eine Aufforderung, Dich hier auszuziehen. Das ist einfach eine Aufzählung der beteiligten Parameter, die mir sofort in den Sinn kommen.

#150:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 15.09.2016, 02:55
    —
@ smallie Die Zeit läuft mir gerade weg, deshalb nur zwei kurze Anmerkungen:

smallie hat folgendes geschrieben:
....
ich komm mit ihr an eine Baustelle, eine große Kreuzung ist abgesperrt mit diesen hüfthohen rot-weißen Plastiksperren. Und zwar komplett, so daß man um den Block gehen hätte müssen, um auf die andere Seite zu kommen. Es war Wochenende, keine Arbeiter auf der Baustelle. Also bin ich einfach durchgegangen. Ihr war das unangenehm und sie fragte: "Papa, darf man das?" Von mir hat sie diese Autoritätshörigkeit nicht, die nicht mehr fragt, ob man einen Schaden anrichtet oder sich in Gefahr begibt, sondern einfach den Buchstaben und Absperrungen folgt.

Piaget schreibt, daß die erste moralische Stufe die Furcht vor Bestrafung sei. Ausgemachter Blödsinn, siehe das lange Zitat von Peter Gray über die Nachsicht gegenüber Kindern. Die im Kindergarten haben es aber geschafft, Piaget #1 bei meiner Tochter zu installieren.

Piaget hat relativ wenig wirklich untersucht, ganz viel einfach so "gesehen", hatte aber wohl eine ganz gute Trefferquote. Zur Situation gebe ich Kramer recht, obwohl da noch mehr zu zu schreiben wäre. Und bei dem Zitat von Gray gehen ich davon aus, dass die Ethnologen, deren Berichte er zitiert, gar nicht in der Lage waren, die unterschwelligen "Bestrafungen" zu erkennen, mit denen Gewissen erzeugt wird. Auch Du machst das übrigens, auch wenn es Dir nicht bewusst ist - und das ist auch gut so, wenn Du ein Kind haben willst, das in der Gesellschaft (damit meine ich nicht unbedingt unsere) leben kann.
smallie hat folgendes geschrieben:
....
fwo hat folgendes geschrieben:
An der Legasthenie konnten wir nichts ändern

Da fällt mir eine Arbeit ein, die mir vor langer Zeit untergekommen ist. Sie behauptete einen Zusammenhang zwischen Legasthenie und Schriftarten mit symmetrischen oder rotationssymmetrischen Buchstaben, p q d b. Ich fand das damals nicht recht überzeugend, weil es nur einen kleinen Teil der Buchstaben betrifft und für Schreibschrift wohl auch nicht gilt. Allerdings schreibt meine Tochter Buchstaben auch gerne verkehrt herum. Sollte doch etwas an der Sache sein?

Ob der Sache weiter nachgegangen wurde, wäre ein Test, ob das "System" hinreichend lernfähig ist und ob Lehrplankommissionen und Schulbuchverlage fachwissenschaftliche Beiträge zur Kenntnis nehmen und prüfen.

Legasthenie ist mW kein ganz einheitliches Bild, aber eine Rechts/Linksschwäche gehört immer dazu. Dementsprechend hat das Kind lange Schwierigkeiten spiegelbildliche Buchstaben wie b und d sicher zu unterscheiden.

Das wesentliche, was Schule da lernen muss - für SH habe ich versucht, das über die Elternschaft anzuleiern, weiß aber nicht, was draus geworden ist - ist, dass es heute möglich ist, die Legasthenie zu erkennen, bevor diese Kinder der Tortur des Schreibenlernens unterworfen wurden. Und wenn man früh genug mit speziellem Training beginnt, ist dieser Mangel sehr weitgehend auszugleichen, was wichtig ist, weil auch heute noch Schrift unser Hauptinputkanal für Information ist.

Diese Prüfung erst beim Übergang zur weiterführenden Schule zu machen, ist eine Katastrophe - diese Prüfung gehört standardmäßig in die erste Klasse.

p.s. @ smallie: Ganz löschen geht leider nur mit dem letzten Post eines Threads. Aber Du könntest drei Deines 4-fachposts leereditieren. Das würde dafür sorgen, dass sie weniger Platz verbrauchen und mehr Posts im Zusammenhang lesbar bleiben.

#151:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 15.09.2016, 12:30
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smallie hat folgendes geschrieben:
Geschockt Ein Vierfachbeitrag! Ganz so nachdrücklich wollte ich das nicht sagen.
...


Drei davon habe ich editiert. Einfach etwas Geduld nach Abschicken des Postings, manchmal dauert es eben etwas länger.
Und du kannst das Editieren auch ruhig selbst übernehmen, mit dem entspr. Hinweis versehen natürlich.

#152:  Autor: tillich (epigonal) BeitragVerfasst am: 16.09.2016, 21:39
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
Das Verhalten meiner Tochter hat sich mit dem Kindergarten geändert. Kürzlich:

ich komm mit ihr an eine Baustelle, eine große Kreuzung ist abgesperrt mit diesen hüfthohen rot-weißen Plastiksperren. Und zwar komplett, so daß man um den Block gehen hätte müssen, um auf die andere Seite zu kommen. Es war Wochenende, keine Arbeiter auf der Baustelle. Also bin ich einfach durchgegangen. Ihr war das unangenehm und sie fragte: "Papa, darf man das?" Von mir hat sie diese Autoritätshörigkeit nicht, die nicht mehr fragt, ob man einen Schaden anrichtet oder sich in Gefahr begibt, sondern einfach den Buchstaben und Absperrungen folgt.

Am erlebten Beispiel übersiehst du mE, dass diese Situation für ein Kind völlig anders ist als für dich. "Hüfthoch" sind diese Sperren nur für dich - für ein Kind dieses sind sie wahrscheinlich so hoch, dass es gar nicht, jedenfalls aber nur mit einem weitaus größeren toten Winkel zum Boden darüber schauen kann. Dasselbe gilt an einer roten Ampel - ein Kind kann über Hindernisse wie parkende Autos viel schlechter hinwegschauen als ein Erwachsener.

Dazu kommen mW höhere Reaktionszeiten, schlechtere Möglichkeiten Sinneseindrücke parallel wahrzunehmen, eine geringere Erfahrung um Gefahren (wie Geschwindigkeiten) einzuschätzen usw. Sprich: In dieser Situation ist es in ganz hohem Maße sinnvoll, dass es erst einmal den "Autoritäten" Ampel und Absperung folgt und erst später, wenn es dazu nämlich in der Lage ist, lernt, diese zu hinterfragen und die tatsächliche Gefahr selbst einzuschätzen.

Ich sehe da auch eine Parallele zur Vereinbarung über das Geschirrspüler-Ausräumen. Ja, dein Verdacht, dass eine solche Vereinbarung, von der gesprochen wurde, nicht aufgrund einer gleichberechtigten Aushandlung zustande gekommen ist, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit berechtigt - weil ein Kind gar nicht in der Lage ist, die Rahmenbedingungen der Vereinbarung auch nur annähernd in gleichem Maße zu überblicken wie der Erwachsene. Ein Kind kann eben gar nicht abschätzen, welche Arbeiten im Haushalt alle notwendig sind, wie umfangreich sie sind usw., von den über den Haushalt hinausgehenden Arbeiten für die Familie gar nicht zu reden.

Dennoch kann man mE dennoch, wenn auch nicht "gleichberechtigt" wie zwischen Erwachsenen, aber dennoch kindgerecht fair, Vereinbarungen treffen, die Beiträge des Kindes wie Geschirrspülerausräumen beinhalten. Denn Kinder sind schon in der Lage, einzusehen, dass so etwas nur ein kleiner Teil der Haushaltsarbeit ist und dass es durchaus in ihrem Sinne ist, wenn die diversen Hausarbeiten gemacht werden; und sie sind auch in der Lage, zB darüber zu verhandeln, welchen angemessenen Teil der Hausarbeit sie machen.

Die Perspektive sollte natürlich sein, dass sich die Kinder nach und nach zu gleichberechtigten Partnern werden. Dafür ist es aber mE nicht hilfreich, dass man einfach so tut, als wäre das Kind schon ein Partner auf Augenhöhe, wenn das gar nicht stimmt.

#153:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 17.09.2016, 09:22
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Geschockt Ein Vierfachbeitrag! Ganz so nachdrücklich wollte ich das nicht sagen.
...


Drei davon habe ich editiert. Einfach etwas Geduld nach Abschicken des Postings, manchmal dauert es eben etwas länger.

Danke.

Hatte dreimal Server-Timeout und danach nicht geschaut, ob was da stand.

#154:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 17.09.2016, 09:25
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Wie siehst du die Behauptung aus Kramers Link, daß Schule bei einigen Alpträume erzeugt?

Wenns da steht wirds wohl so sein.

Sowas würde ich nur sarkastisch sagen.

Ich glaube Dingen nicht blind, nur weil sie irgendwo stehen. Die Alptraum-Behauptung jedoch wurde hier im Forum ausreichend bestätigt.

Ausreichend heißt? Von zwei, drei oder vier Leuten im FGH?
Ich hab mal spaßeshalber meine Kinder (18, 25) gefragt sowie Arbeitskollegen (ich habe zahlreiche davon): Keine Alpträume. Kann ich natürlich hier nicht belegen, ist aber so.

Ich selbst hatte keine Schul-Alpträume, aber ich war auch ein guter Schüler und viel zu brav. Übers Studium habe ich einen wiederkehrenden Traum, erst kürzlich wieder: ich arbeite schon lange im Beruf, mir fehlen aber noch Prüfungen, um mein Studium abzuschließen. Das schreibe ich nicht dem "bösen System", ich war ganz einfach ein fauler Student.



Kurz das Internet befragt ergibt etliche Treffer zum Thema. Hier zum Beispiel werden weiterführende Studien genannt: Why You're Still Having School Anxiety Dreams…Years after Graduation



Sehr schön auch dies:


https://xkcd.com/557/

Es geht also nicht nur um zwei, drei oder vier Leute im FGH.



schtonk hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Wenn's dir egal ist, daß Schule Alpträume verursacht - mir ist es nicht egal. Wenn du nicht darüber spekulieren willst, warum das so ist - insbesondere als Elternbeiratsvorsitzender, dann - fehlen mir die Worte.

Zum "egal" siehe oben. Und spekulieren will ich tatsächlich nicht.

Aber dein moralinsaures "insbesondere als Elternbeiratsvorsitzender", das dir die Worte fehlen lässt, ist gekennzeichnet von einer Anklagehaltung, die an, sagen wir mal Frechheit grenzt.

Wenn du sagst, nur "zwei, drei oder vier Leuten im FGH" haben davon berichtet, dann stempelst du das als Lappalie ab, oder als Ausreißer. Die zwei, drei oder vier Leuten könnten das ebenfalls als Frechheit ansehen.



schtonk hat folgendes geschrieben:
Aber einen regelmäßigen Termin (1 mal pro Woche) davon habe ich immer genossen, das war das Treffen mit dem Schuldirektor. Ich hatte ihm vorgeschlagen, das einzurichten, und er war sofort einverstanden. Dabei stellte ich fest, dass er (nicht in dem Maße wie ich) so manche Kritik an den Lehrinhalten hatte, besonders bei Mathe. Aber: Lehrpläne kann man nicht ad hoc ändern, weiß man ja, nicht wahr?

[...]

Aus unerfindlichen Gründen kam ich nie auf die Idee, mir über eventuelle Alpträume, die als Spätfolgen der Schule drohen könnten, Gedanken zu machen. Verwerflich, was?

Was du da alles gemacht hast war schön und gut, hilft aber bei der Frage, ob und falls ja, warum Schule Alpträume erzeugt, nicht weiter.

Ich kam selbst nicht auf die Idee, über diese Alpträume nachzudenken. Sie sind mir nicht aufgefallen, weil ich nicht betroffen bin. Peter Grays Blog habe ich in meinen Lesezeichen, aber diese eine Meldung ist mir durchgerutscht.



schtonk hat folgendes geschrieben:
Und besser als aufstehen und weglaufen mit fadenscheiniger Begründung (hättest nur anblaffen können).

Konflikte auszutragen habe ich nicht gelernt. Weder im Elternhaus, noch in der Schule. Vielleicht hätte mir der Lions-Quest weitergeholfen, oder Janov und die Urschreitherapie zwinkern, vielleicht auch nicht, weil solche Hemmungen tief sitzen.

Daß ich mich aufregen kann und darf, mußte ich erst lernen. Gelernt habe ich das erst mit Kind - wenn das Kind sich aufregen darf, dann darf ich das auch. Als Lernender schießt man allerdings manchmal über das Ziel hinaus und fällt auf den Arsch.

Schau doch mal, was wir gerade machen. Mir ist eine unsachliche Bemerkung wie gerade du als Elterbeiratsvorsitzender rausgerutscht. Du hast dich angeblafft gefühlt, und ich habe erfolgreich von meinem eigentlichen Thema abgelenkt.



schtonk hat folgendes geschrieben:
Nö, du warst einfach beleidigt, dass die schnöde Welt nicht mit dir deine abgehobenen Ansprüche teilt.

Andersrum: die schnöde Welt erhebt Ansprüche, die ihr nicht zustehen.

Auf diesen Thread bezogen fallen mir zwei Sachen ein. Ich beschränke mich vorerst auf eine.



In den dreißiger Jahren hatte L. P. Benezet Zweifel an der Art, wie Mathematik in der Unterstufe gelehrt wird.

Er hat dann über mehrere Jahre hinweg zwei Klassen beobachtet, die nach der herkömmlichen Methode und nach seiner unterrichtet wurden. Glaubt man der Darstellung, war seine Methode besser. (Ich hoffe, das irgendwann mal ausführlich aufschreiben zu können.)

Zitat:
The Teaching of Arithmetic I: The Story of an experiment
L. P. Benezet - 1935

In the first place, it seems to me that we waste much time in the elementary schools, wrestling with stuff that ought to be omitted or postponed until the children are in need of studying it. If I had my way, I would omit arithmetic from the first six grades.

What possible needs has a ten-year-old child for a knowledge of long division?

http://www.inference.phy.cam.ac.uk/sanjoy/benezet/1.html



Jahrzehnte später schreibt Keith Devlin über Straßenmathematik. Er stellt fest, daß Kinder zwar alle arithmetischen Probleme beherrschen, wenn man ihnen praktische Fragen stellt. Formuliert man die Fragen aber abstrakt arithmetisch, dann versagen sie; sie schaffen den Sprung von der einen Formulierung zur anderen nicht. Das halte ich für sehr plausibel. Auch wenn das nur 30 oder 40% aller Kinder betrifft, ist das ein Problem.

Ob derartige Überlegungen - oder Fakten - bereits in den Mathe-Lehrplan eingeflossen sind?


(Der Lehrplan ist nebenbei gesagt nur die halbe Miete.)

#155:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 17.09.2016, 09:56
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
Ich bin ja quasi der Urheber dieser Debatte und ich habe - noch bevor ich hier gepostet habe - mal in meinem Umfeld nachgefragt. Und da war die Resonanz überwältigend. "Ja, solche Träume habe ich ständig!"

Es kann nicht natürlich sein, dass wir aus völlig verschiedenen Umfeldern entstammen. Ich komme aus einer total dysfunktionalen Familie und wenn ich Familienmitglieder oder alte Freunde frage, dann haben die den gleichen gestörten Hintergrund. Vielleicht sind wir Aliens in Deiner Welt.

Aber damit erzählst Du auch selbst, was ich oben versucht habe auseinanderzuklabüstern: Das was der Traum da im Zusammenhang mit der Schule wieder in Erinnerung bringt, hängt nicht unbedingt ursächlich allein mit der Schule zusammen.

Aus einem anderen Blickwinkel, alles hypothetisch:

Geh zum Arzt, erzähle von Alpträumen über die Arbeit. Wird er dich krankschreiben? Oder wird er sagen, das könnte aus Ihrer Kindheit herrühren, gehen Sie weiter zur Arbeit! Womöglich wird der Arzt erst mal nachfragen, was in der Arbeit belastendes vorgefallen sei.

Die Frage stellt sich analog auch für die Schule. Ohne zurück gelesen zu haben, denke ich, daß dazu schon was in diesem Thread steht.

#156:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 17.09.2016, 17:46
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
....
Jahrzehnte später schreibt Keith Devlin über Straßenmathematik. Er stellt fest, daß Kinder zwar alle arithmetischen Probleme beherrschen, wenn man ihnen praktische Fragen stellt. Formuliert man die Fragen aber abstrakt arithmetisch, dann versagen sie; sie schaffen den Sprung von der einen Formulierung zur anderen nicht. Das halte ich für sehr plausibel. Auch wenn das nur 30 oder 40% aller Kinder betrifft, ist das ein Problem.

Ob derartige Überlegungen - oder Fakten - bereits in den Mathe-Lehrplan eingeflossen sind?


(Der Lehrplan ist nebenbei gesagt nur die halbe Miete.)

Das ist der Unterschied zwischen Rechnen und Mathematik. Das ist kein Sprung von einer Formulierung zur anderen sondern von einem Abstraktionsgrad zum anderen. Und: Es ist nicht jeder (in sinnvoller Zeit) fähig, jeden Abstraktionsgrad zu erreichen. Oder, wie ein Lehrer das mal zu einer Klasse gesagt hat, die sich beschwerte, er könne nicht unterrichten (er war schon etwas älter): " Sie sind nicht meine erste Klasse. Daher weiß ich, dass ich diesen Stoff unterrichten kann. Ich würde mir sogar zutrauen, ihn einem Schimpansen beizubringen. Nur, soviel Zeit haben wir hier nicht." (Es war eine Ingenieursschule und die Schüler waren alle bereit erwachsen.)

#157:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 17.09.2016, 17:49
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
Ich bin ja quasi der Urheber dieser Debatte und ich habe - noch bevor ich hier gepostet habe - mal in meinem Umfeld nachgefragt. Und da war die Resonanz überwältigend. "Ja, solche Träume habe ich ständig!"

Es kann nicht natürlich sein, dass wir aus völlig verschiedenen Umfeldern entstammen. Ich komme aus einer total dysfunktionalen Familie und wenn ich Familienmitglieder oder alte Freunde frage, dann haben die den gleichen gestörten Hintergrund. Vielleicht sind wir Aliens in Deiner Welt.

Aber damit erzählst Du auch selbst, was ich oben versucht habe auseinanderzuklabüstern: Das was der Traum da im Zusammenhang mit der Schule wieder in Erinnerung bringt, hängt nicht unbedingt ursächlich allein mit der Schule zusammen.

Aus einem anderen Blickwinkel, alles hypothetisch:

Geh zum Arzt, erzähle von Alpträumen über die Arbeit. Wird er dich krankschreiben? Oder wird er sagen, das könnte aus Ihrer Kindheit herrühren, gehen Sie weiter zur Arbeit! Womöglich wird der Arzt erst mal nachfragen, was in der Arbeit belastendes vorgefallen sei.

Die Frage stellt sich analog auch für die Schule. Ohne zurück gelesen zu haben, denke ich, daß dazu schon was in diesem Thread steht.

Krank schreibt ein Arzt nur bei hinreichendem Leidendruck bzw. Arbeitsunfähigkeit.

Und wenn der Arzt eine behandlungsbedürftige psychische Krankheit vermutet, schickt er den Patienten hoffentlich zu einem Therapeuten, der mehr fragt, als was belastendes vorgefallen ist. (Wenn das so einfach wäre, bräuchten wir keine Therapeuten.)

#158:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 19.09.2016, 00:32
    —
Noch mal zum Kernproblem, das möchte ich nicht aus den Augen verlieren. In in den Worten von Peter Gray:

Zitat:
Stell dir einen Job vor, in der deine Arbeit täglich vom Chef bis ins Kleinste geregelt wird. Es wird dir genauestens gesagt, was du zu tun hast, wie du es zu tun hast und wann. Du mußt auf deinem Stuhl sitzenbleiben, bis dein Chef sagt, du darfst aufstehen. Deine Arbeit wird ständig ausgewertet und mit der Arbeit deiner Kollegen verglichen. Eigene Entscheidungen darfst du nur selten treffen.

Schule ist allzuoft genau wie dieser Alptraumjob, den ich gerade beschrieben habe; und schlimmer, denn Schüler können nicht kündigen.



Imagine a job in which your work every day is micromanaged by your boss. You are told exactly what to do, how to do it, and when to do it. You are required to stay in your seat until your boss says you can move. Each piece of your work is evaluated and compared, every day, with the work done by your fellow employees. You are rarely trusted to make your own decisions. [...]

School, too often, is exactly like the kind of nightmare job that I just described; and, worse, it is a job that kids are not allowed to quit.

https://www.psychologytoday.com/blog/freedom-learn/201408/the-danger-back-school

Ist das ein treffende Beschreibung? Ich denke schon.

Nur eine weitere Sache herausgegriffen: In den Ferien sinkt die Zahl der Kinder, die in der Notfallpsychiatrie landen auf die Hälfte. Im Mai, wenn Jahresendnoten festgemacht werden, ist sie am Höchsten.

Zitat:



Klinische Fälle sind nur die Spitze eines Eisberges. Falls der behauptete Zusammenhang stimmt, ist das Problem noch viel größer.

#159:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 19.09.2016, 00:48
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
@ smallie Die Zeit läuft mir gerade weg, ...

Das kenn' ich, deshalb höre ich für heute auch auf, ohne die ausstehenden Antworten noch anzubringen.

#160:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 19.09.2016, 22:44
    —
Großartig. Mit den Augen rollen Geht schon los.


Es gab eine Zeit, da fragte mich meine Tochter jedesmal, wenn wir an einer Schule vorbeikamen: "Wann komme ich endlich in die Schule?" Heuer im Frühjahr meinte sie, "Ich mag nicht mehr in den Kindergarten gehen, ich mag in die Schule."

Nach dem ersten Schultag sagte sie: "Die ganze Zeit sitzen..."

Heute waren wir bei einem meiner Freunde.

    Freund: Und wie gefällt es dir in der Schule?
    smalline: Früher habe ich mich auf die Schule gefreut, jetzt freue ich mich nicht mehr.
    Freund: Das ging ja schnell.


Auf Nachfrage meinte sie: "Ich mache alles falsch."

Stein des Anstoßes: es sollte die 1 geschrieben werden. smalline schreibt die 1 von unten nach oben und dann nach links. Sagt die Lehrerin, das sei falsch. Ich hätte gesagt: "Die 1 hast du richtig geschrieben, aber schau mal, so 'rum geht es auch." Und dann hätte ich etwas derart gesagt: "Bei uns schreibt man von links nach rechts. Wenn du die 1 auch von links nach rechts schreibst, macht es weniger Arbeit, wenn wir zu den großen Zahlen kommen, bei denen mehrere Ziffern nebeneinander stehen. Willst du dir viel Arbeit machen, oder wenig?"

Wo bleibt da die Sensibilität, Kinder anzuspornen, statt sie zu entmutigen?

Das könnte dann auch die Antwort sein auf Elmo:

Elmo hat folgendes geschrieben:
Es ist unsinnig, dass man Kinder, die von sich aus nichts anderes als Lernen im Kopf haben, so lange frustriert bis sie lernen als etwas anstrengendes, und unerstrebenswertes ansehen. Das ist doch strange...

#161:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 26.09.2016, 23:56
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:

Das Verhalten meiner Tochter hat sich mit dem Kindergarten geändert. Kürzlich:

ich komm mit ihr an eine Baustelle, eine große Kreuzung ist abgesperrt mit diesen hüfthohen rot-weißen Plastiksperren. Und zwar komplett, so daß man um den Block gehen hätte müssen, um auf die andere Seite zu kommen. Es war Wochenende, keine Arbeiter auf der Baustelle. Also bin ich einfach durchgegangen. Ihr war das unangenehm und sie fragte: "Papa, darf man das?" Von mir hat sie diese Autoritätshörigkeit nicht, die nicht mehr fragt, ob man einen Schaden anrichtet oder sich in Gefahr begibt, sondern einfach den Buchstaben und Absperrungen folgt.


Das ist aber kein gutes Beispiel - in jeder Hinsicht: Das ist kein gutes Beispiel für die Diskussion und Du warst kein gutes Beispiel für Deine Tochter. Diese Absperrungen sind nicht dazu da, um Menschen in ihrer Freiheit einzuschränken, die dienen der Sicherheit aller Verkehrsteinehmer.

Den Vorwurf, kein gutes Beispiel für die Diskussion zu sein, möchte ich nicht auf mir sitzen lassen.

Hab' ich mich so mißverständlich ausgedrückt, daß es gefährlich klang? Da war einfach die Teerdecke der Straße weg und das war's dann. Ich komme mir ein bisschen albern bis affig vor, das mit Bildern zu unterstreichen - aber die Sache ist mir wichtig.


Wir wollten von links oben nach rechts unten.




Ich wette einen Fünfer, daß meine Tochter keine Probleme mit der Sache gehabt hätte, wären wir damals nicht die einzigen gewesen, die gerade über die Baustelle wollten.





Kramer hat folgendes geschrieben:
Deine Tochter hat da richtig reagiert, als ihr das unangenehm war - aber Du hast ihr Bauchgefühl quasi überfahren.

Gelegentlich wird auch mal das gemacht, was ich sage. nee Sonst wäre das Verhältnis ja nicht gleichberechtigt. zwinkern Sie hätte sich schon gewehrt, wenn ihr die Sache völlig gegen den Strich gegangen wäre.

#162:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 06.02.2017, 23:58
    —
Letzte Woche gab's das Lerngespräch.

Statt Zeugnisse zu verteilen, können Schulen Lerngespräche abhalten. Die Lehrkraft spricht dann mit dem Kind über seine Stärken und Schwächen. Die Schule meiner Tochter hat sich für Lerngespräche entschieden.

Mit dieser Zusatzforderung:

Elternbrief hat folgendes geschrieben:
Bitte denken Sie daran, dass nur ein Elternteil das Kind zum Gespräch begleitet.


Frage Pillepalle

Die Lehrerin hatten einen Bewertungsbogen mit mehreren Rubriken vorbereitet, Lesen/Schreiben, Rechnen, Sachkunde, Sozialverhalten. Die Rubriken hatten Unterpunkte. Grob schätze ich 40 Unterpunkte insgesamt. Mit jeweils vier Bewertungsgraden, dargestellt durch Kreuzchen in einer von vier Spalten. Weiter gab es noch Kringel auf der mittleren Tabellenlinie, ob die für "Nicht ermittelt" oder für "Durchschnitt" steht, kann ich nicht sagen.

Weiter mußten die Kinder sich selbst einschätzen, in dem sie auf drei Blättern bestimmte Fragen in grün, gelb, oder rot ausmalten. Einen Punkt hatte smalline gelb angemalt - vor einer Weile hatte smalline sich mir gegenüber beklagt, in der Schule nicht so viele Freunde zu haben wie im Kindergarten. Das konnte die Lehrerin aber nicht aus ihr herauskitzeln, weil sie mit ihrer suggestiven Fragestellung die Antworten bereits vorgab.

Abschließend wurde eine Zielvereinbarung getroffen. Die Lehrerin hatte bemängelt, daß smalline Wörter nicht richtig auf Zeilen schreibt und Zahlen nicht in die dafür vorgesehenen Kästchen. Auf die Frage, was sie sich vornähme, sagte smalline irgendwas mit Bilder malen. Der Satz hat's aber nicht in die Zielvereinbarung geschafft. Stattdessen schrieb die Lehrerin: "Ich will ordentlicher arbeiten." Das wurde dann von smalline, der Lehrerin und der Mama unterschrieben.

Als smalline und Mama weg waren, sagte ich zur Lehrerin, daß ich per Suchmaschine keine andere Schule fand, die nur ein Elternteil erlaubt. Daraufhin verwies sie auf den Elternbrief. Ich: "Was hat das mit meiner Aussage zu tun?" Sie wurde dann pampig und meinte, heute ginge es um meine Tochter und sie habe keine Lust mehr, das Gespräch fortzusetzen.

Im Elternbrief stand tatsächlich:

Elternbrief hat folgendes geschrieben:
Für Ihr Kind ist der Tag an dem das Elterngespräch stattfindet ein besonderer Tag! Die meisten werden aufgeregt und gespannt sein. Es wäre schon, wenn Sie vielleicht am Nachmittag/Abend auch etwas Besonderes planen: Lieblingsessen kochen/Essen gehen/Kino ??? usw. )

Aber wenn der Tag wirklich so besonders ist, warum möchte die Schule, daß nur ein Elternteil mitkommt?



PS:

Ich frage mich, was ich im Umgang mit meiner Tochter anders machen hätte können, damit sie die Einsicht und das Selbstbewußtsein hat, zu sagen: "Sie haben nicht hingeschrieben, was ich sagte." Mir gegenüber protestiert sie ja auch, wenn sie mich bei einer widersprüchlichen Aussage ertappt.

#163:  Autor: Religionskritik-WiesbadenWohnort: Wiesbaden BeitragVerfasst am: 07.02.2017, 00:07
    —
darauf:

https://youtu.be/QVfilY9_K44?t=81

#164:  Autor: sponorWohnort: München BeitragVerfasst am: 07.02.2017, 12:01
    —
LEGs (Lernentwicklungsgespräche) hatten wir jetzt in der Grundschule das zweite Mal. Bin sehr angetan davon. Leider nur statt der Halbjahreszeugnisse, fürs Jahresende muss es ein "richtiges" Zeugnis sein... naja, anderes Thema.

Bei uns bekommen die Kinder und Lehrer exakt den gleichen Bogen und füllen ihn unabhängig voneinander aus (auch so ca. 5-10 Fragen je "Fach" plus Sozialkompetenzen; in der 1. Klasse noch mit elterlicher Unterstützung).
Im Gespräch, zu dem natürlich beide Eltern kommen dürfen (sie müssen sich bloß im Hintergrund halten und dürfen auch nicht zwischendurch mitreden), werden dann i.W. nur divergierende Einschätzungen besprochen und etwaige zusätzliche, allgemeine Fragen.

Wir haben wohl einfach mehr Glück mit der Lehrerin gehabt...

#165:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 07.02.2017, 12:48
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
....
Ich frage mich, was ich im Umgang mit meiner Tochter anders machen hätte können, damit sie die Einsicht und das Selbstbewußtsein hat, zu sagen: "Sie haben nicht hingeschrieben, was ich sagte." Mir gegenüber protestiert sie ja auch, wenn sie mich bei einer widersprüchlichen Aussage ertappt.

Ist aber auch nicht so lustig.

Meine beiden sind gewöhnt, dass jede Sache ausdiskutiert wird und erleben dabei auch gelegentlich, dass sie Recht behalten.

Wenn der Lehrer als Person zu dünn ist, um sich subjektiv eine "Niederlage" erlauben zu können, kann es vorkommen, dass er sich mit Aussagen wie "Schließlich bin ich hier die studierte Person" "rettet". Das war im Fach Biologie und ich kann beurteilen, dass er definitiv Unrecht hatte. Der steht jetzt relativ lächerlich da (Gestern habe ich allerdings insofern ein Stück Ehrenrettung gemacht, als ich dem Sohn bis zur Einsicht erklären konnte, warum der Lehrer gestern Recht hatte). Dieser Sohn ist 18. Heute gehe ich für den anderen (15) in ein Elterngespräch, weil die Lehrerin sich beschwert, er behandle sie von oben herab. Da ich (auch von anderen - ich glaube meinen Kindern nicht alles) weiß, dass ihr Unterricht sowohl fachlich als auch pädagogisch unter aller Sau ist####, kann ich den Burschen auf der einen Seite verstehen*** , auf der anderen Seite hat auch sie ein Existenzrecht, und der Fachkräftemangel führt da zu den absonderlichsten Blüten: Sie ist Griechin, und hat, so schlecht wie ihr Deutsch ist, wahrscheinlich in Griechenland studiert. Jetzt unterrichtet sie hier Geschichte und ihre Kenntnisse in deutscher Geschichte sind so begrenzt, dass sie bereits in der Mittelstufe von ihren Schülern vorgeführt wird, und jetzt in Philosophie entscheidet sie ethische Fragen aus dem Schulbuch (die nebenbei auch noch schlecht gestellt sind) nach dem Lösungszettel aus dem Schulbuch mit der Begründung "Weil das hier so steht". Philosophie? Streitkultur - gerade in Philosophie?

Ich weiß noch nicht, was ich ihr nachher sage, oder, ob ich meinen Kredit in der Lehrerschaft, den ich als Elternvertreter gesammelt habe, anbreche.

*** Meinem Vater ist es an einem Elternsprechtag passiert, dass eine Lehrerin anfing zu heulen, nachdem er seinen Namen genannt hatte. Dabei war formal nichts gegen mich einzuwenden - ich hatte weder eine Tadel noch ein Rüge auf dem Konto.

EDIT
p.s.
### Neu gelernt: Man darf den Kindern nicht alles glauben, auch wenn verschiedene dabei sind, die nicht direkt etwas miteinander zu tun haben. Das Deutsch der Lehrerin ist nicht so schlecht, sie hat in Hamburg studiert - wie gut sie fachlich ist, habe ich mich entschlossen, das nicht mehr zu wissen. Die Mechanismen, die zu dieser Konfrontation zwischen den Schülern und dieser Lehrerin geführt haben, würden mich allerdings schon interessieren.


Zuletzt bearbeitet von fwo am 17.02.2017, 11:14, insgesamt einmal bearbeitet

#166:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 07.02.2017, 20:22
    —
Religionskritik-Wiesbaden hat folgendes geschrieben:
darauf:

https://youtu.be/QVfilY9_K44?t=81


Da gibt's ja diesen alten Kalauer:

§1 - Ich habe immer Recht
§2 - Sollte ich mal nicht Recht haben, tritt §1 in Kraft.

#167:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 07.02.2017, 20:48
    —
sponor hat folgendes geschrieben:
LEGs (Lernentwicklungsgespräche) hatten wir jetzt in der Grundschule das zweite Mal. Bin sehr angetan davon. Leider nur statt der Halbjahreszeugnisse, fürs Jahresende muss es ein "richtiges" Zeugnis sein... naja, anderes Thema.

Bei uns bekommen die Kinder und Lehrer exakt den gleichen Bogen und füllen ihn unabhängig voneinander aus (auch so ca. 5-10 Fragen je "Fach" plus Sozialkompetenzen; in der 1. Klasse noch mit elterlicher Unterstützung).

Oh. So herum ginge es dann bei einem LEG auch oder eher darum, Unterschiede in Selbst- und Fremdwahrnehmung zu finden.


sponor hat folgendes geschrieben:
Wir haben wohl einfach mehr Glück mit der Lehrerin gehabt...

Ich befürchte, das Problem geht tiefer.

Wenn es regelmäßig Eltern gäbe, die die Anordnung "nur einer darf kommen" mißachteten, wäre die Reaktion eine andere gewesen. Dann hätte die Schule die Sache vielleicht hinterfragt oder wenigstens die Gründe dazugeschrieben, warum sie das so haben wollen. Vermutlich war ich der erste Punk, der sich sowas herausgenommen hat. Werde bei Gelegenheit nachfragen und dann berichten.

#168:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 07.02.2017, 21:20
    —
sponor hat folgendes geschrieben:
LEGs (Lernentwicklungsgespräche) hatten wir jetzt in der Grundschule das zweite Mal. Bin sehr angetan davon. Leider nur statt der Halbjahreszeugnisse, fürs Jahresende muss es ein "richtiges" Zeugnis sein... naja, anderes Thema.

Bei uns bekommen die Kinder und Lehrer exakt den gleichen Bogen und füllen ihn unabhängig voneinander aus (auch so ca. 5-10 Fragen je "Fach" plus Sozialkompetenzen; in der 1. Klasse noch mit elterlicher Unterstützung).
Im Gespräch, zu dem natürlich beide Eltern kommen dürfen (sie müssen sich bloß im Hintergrund halten und dürfen auch nicht zwischendurch mitreden), werden dann i.W. nur divergierende Einschätzungen besprochen und etwaige zusätzliche, allgemeine Fragen.

Wir haben wohl einfach mehr Glück mit der Lehrerin gehabt...

So ähnlich war das bei unseren beiden auch, es hieß aber einfach nur 'Elternprechtag' (ist ja schon ein paar Jahre her) und es gab keinen Fragebogen.

smallie hat folgendes geschrieben:

[...]

Wenn es regelmäßig Eltern gäbe, die die Anordnung "nur einer darf kommen" mißachteten, wäre die Reaktion eine andere gewesen. (...)

Ich finde das ist eine Sache für die Elternvertretung.

#169:  Autor: Quinn (the Eskimo)Wohnort: Duisburg; Isny BeitragVerfasst am: 17.02.2017, 09:18
    —
Hallo zusammen, ich bin der Neue und komm' jetzt öfter.
Hier sind etliche pfiffige und durchdachte Dinge über die Schule gesagt worden. Da aber dem Schulsystem und dem Unterricht keine Logik im Sinne von 2*2=4 zugrundeliegt, weil sich im Unterricht immer etwas Mehrschichtiges abspielt, das in den Bereich der "weichen" Disziplinen (Pädagogik, Psychologie usw.) fällt, laufen Argumente gern in die Falle "Das ist meine Meinung, und du hast deine. Kann man nix machen."
Ich bin nun vor einiger Zeit auf Klaus Holzkamp und die "Kritische Psychologie" gestoßen, die mir
a) die Augen geöffnet, weil
b) eine für mich adäquate Möglichkeit geliefert haben, Schule und ihren Bedingungsrahmen kühl zu analysieren.
Und da fällt zunächst auf, dass Schule - ganz systematisch - ihre Schwierigkeiten selbst produziert und sie dann in grandioser Verkehrung der Zusammenhänge den Schülerinnen ans Bein bindet.
Ein Beispiel (neben der Notengebung) ist der "Lehrlernkurzschluss", der darin besteht, dass man schulischerseits umstandslos annimmt, dass das, was unterrichtet (gelehrt) wird, auch genau so in den Köpfen der Schüler ankommt (gelernt wird). Wenn man den Gedanken mal schrittchenweise verfolgt, sieht man schnell, welches Desaster schon in diesem Zusammenhang angerichtet wird.

LG

Quinn

#170:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 17.02.2017, 13:00
    —
Quinn (the Eskimo) hat folgendes geschrieben:
Hallo zusammen, ich bin der Neue und komm' jetzt öfter.
....

Moin Quinn. Willkommen.
1.) Warum fängst Du mit einer Drohung an? zwinkern
2.) Warum heißt Du nicht Mighty Quinn?
3.) Kannst Du uns mal genauer erklären, warum es jetzt gerade Holzbrink sein soll, der unsere Schulen besser macht. In der Psychologie hat er sich ja nicht gerade durchgesetzt.

#171:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 17.02.2017, 13:50
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Nur eine kleine Frage:
Ist die Beziehung zwischen Eltern und Kind wirklich gleichberechtigt?

Ich sehe da ein Faktum, das ganz laut und deutlich NEIN sagt: Es gibt soetwas wie eine juristische und moralische Verantwortung der Eltern für ihre Kinder. Der kann man nur gerecht werden, indem man regelmäßig Vorrechte in Anpruch nimmt. So durfte mein Sohn ab 5? 6? mit Stöckchen am Lagerfeuer spielen, wenn ich dabei war. Genauso durfte er an den (nicht abgezäunten) Teich auf unserem Grundstück, wenn ich dabei war. Ohne mich (bzw. mein Weib) war das Gelände Tabu - und wir konnten auch darauf vertrauen, dass er diese Regeln einhielt.

Aber wenn einer die Regeln macht und der andere sie einhalten muss, oder allgemeiner: wenn ein derartiges Informations- und Kontrollgefälle besteht wie zwischen Eltern und Kindern (zumindest anfangs) dann ist es in meinen Augen Unsinn, da von Gleichberechtigung zu reden.

Dazu was von Peter Gray. Er war auch Autor des Artikels im Startbeitrag von Kramer.


smallie hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Spiel als Grundlage des sozialen Gefüges unter Jägern und Sammlern
Peter Gray

American Journal of PLAY - 2009


NACHSICHT GEGENÜBER KINDERN

Das meistgebrauchte Wort, mit dem Anthropologen die Erziehung unter Jägern und Sammlern beschreiben ist: Nachsicht. Die Erwachsenen vertrauen den Instinkten ihrer Kinden und können sie deshalb gewähren lassen [...]. Sie glauben, Kinder wüßten am Besten, was sie brauchen und wann sie es brauchen, deshalb gibt es wenige Machtkämpfe [battle of will] zwischen Erwachsenen und Kindern.

Am Besten läßt sich die Natur des Umgangs mit Kindern unter Jägern und Sammlern durch einige Zitate von Forschern zeigen, die in solchen Kulturen lebten.

    "Mit den Kindern der Aborigines wird äußerst nachsichtig umgegangen, manchmal werden sie gesäugt, bis sie vier oder fünf sind. Von Körperstrafe hört man fast nie."

    "Jäger und Sammler erteilen ihren Kindern keine Anordnungen, zum Beispiel ruft kein Erwachsener Schlafenszeit aus. Nachts bleiben die Kinder bei den Erwachsenen, bis sie müde werden und einschlafen. Die Parakana greifen nicht in das Leben ihrer Kinder ein. Sie schlagen nicht, schimpfen nicht, werden Kindern gegenüber weder körperlich noch verbal aggressiv. Sie erteilen kein Lob und haben kein besonderes Augenmerk auf deren Entwicklung."

    "[...] Für eine andere Person, egal welchen Alters, zu entscheiden, was sie tun soll, ist jenseits des Verhaltenrepertoires der Yequana. Man ist sehr interessiert daran, was jeder tut, aber niemand versucht, das zu beeinflussen - oder gar zu erzwingen. Der Antrieb des Kindes ist sein eigener Wille."

    "Die Kinder [Infants and young children] [der Inuit-Jäger-und-Sammler aus der Gegend der Hudson Bay] dürfen ihre Umgebung bis an die Grenzen ihrer körperlichen Fähigkeiten erforschen, mit minimaler Einmischung der Erwachsenen. Wenn ein Kind einen gefährlichen Gegenstand ergreift, lassen die Eltern meist zu, daß das Kind die Gefahren selbst herausfindet. Es wird vorausgesetzt, daß das Kind weiß, was es tut."

    "Die Kinder der Ju/’hoansi weinten äußerst selten, vermutlich weil es nichts zu weinen gab. Kein Kind wurde je angeschrien, geohrfeigt oder sonst wie körperlich bestraft, Schmipfen war die Ausnahme. Die meisten hörten bis zur Pubertät kein entmutigendes Wort. Und sogar dann wurde Tadel, wenn es überhaupt Tadel war, mit sanfter Stimme vorgetragen."



In unserer Kultur würden viele Menschen derartige Nachsicht als Rezeptur sehen, die Desaster hervorbringt und verwöhnte und unersättliche Kinder aus denen verwöhnte und unersättliche Erwachsene werden. Aber, den Forschern zufolge, die unter Jägern und Sammlern lebten, könnte nichts weiter von der Wahrheit entfernt sein. Hier folgt, was Thomas über die Angelegenheit sagt, so wie sie sich bei den Ju/’hoansi darstellt: "Gelegentlich wird uns erzählt, daß man Kinder verwöhne, wenn man sie zuvorkommend behandelt, aber das ist nur die Meinung derer, die nicht wissen, wie erfolgreich derartige Methoden sein können. Frei von Frust oder Furcht, sonnig und kooperative, sind die Kinder der Ju/’hoan, die meist ohne nahe Geschwisterkonkurrenz aufwachsen, sind wie aus dem Traum jeder Eltern. Keine Kultur könnte je bessere, intelligenter, liebenswürdigere oder selbständigere Kinder erziehen."

http://www.journalofplay.org/sites/www.journalofplay.org/files/pdf-articles/1-4-article-hunter-gatherer-social-existence.pdf [PDF]

Bei so vielen Superlativen regt sich bei mir fast schon wieder ein Widerspruch. Pfeifen Aber in erster Näherung trifft der Artikel die Sache auf den Kopf.

Und ja, es ist mir klar, daß München am Mittleren Ring etwas anderes ist, als ein Urwald-Trampelpfad.

Und weil ich den Thread gerade überflogen habe, möchte ich hierzu noch etwas bemerken:
@smallie
Du bemerkst zwar, dass Dir der Unterschied zwischen München am Mittleren Ring und einem Urwald-Trampelpfad klar sei, aber genau da frage ich zur Sicherheit nochmal nach:
Die Situationen sind ja nicht nur mit unterschiedlichen Gefahren ausgestattet, es sind völlig unterschiedliche Welten. Gerade als Biologe habe ich Respekt vor dem Wissen, das in einer Jäger- und Sammler-Kultur angesammelt wurde. Trotzdem muss ich sehen, dass es sich um ein völlig anderes Wissen handelt als das, was Kinder heute bei uns lernen müssen, um in ihrer Kultur zu bestehen. Anderes Wissen bedeutet nicht nur inhaltlich anders, sondern auch vom Zugang her: Das fängt an mit dem Sichbewegen in der Landschaft und geht weiter mit der Herstellung von Werkzeug, das auch gelernt werden muss, bei dem Vattern auch da seinen Senf dazu gibt, aber das doch gleichzeitig zum größten Teil körperlich gelernt wird, durch Zen-mäßiges Üben (auch wenn die sich über Zen keine Gedanken machen), bis die Vorgänge soweit automatisiert sind, dass sie unbewusst ablaufen. Das gilt auch für den Umgang mit Waffen. Die "Theorie", die diese Kinder lernen müssen, ist meist schon in ihrer Umgangssprache enthalten - die brauchen keine institutionalisierte Schule.

Die Gesellschaft, in die wir unserer Kinder schicken, hat an jeder Stelle, vom Professor über die Hausfrau bis zum Müllwerker, einen derart großen kulturellen Überbau, dass wir gar nicht die Wahl haben, unsere Kinder so aufwachsen zu lassen wie Jäger und Sammler. Die beneidenswerte Freiheit. in der Smalline anscheinend aufwächst (meine letztlich auch, wenn Du oben etwas zwischen den Zeilen liest) ist schön für diese Kinder, weil ihre Eltern offensichtlich Zeit und Vermögen (in diesem Fall kein Geld) besitzen, so auf diese Kinder einzugehen - kann man das allgemein voraussetzen? Das ändert aber nichts daran, dass auch diese Kinder irgendwie an soetwas ähnliches angeschlossen werden müssen wie den berühmten Nürnberger Trichter. Den müssen wir so umgestalten, dass sie trotzdem eine Kindheit behalten, aber ich bin mir nicht sicher, dass uns die Jäger und Sammler, so sympathisch sie mir sind, dabei viel helfen können - die leben in einer völlig anderen Welt.

#172:  Autor: Quinn (the Eskimo)Wohnort: Duisburg; Isny BeitragVerfasst am: 17.02.2017, 14:59
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
Moin Quinn. Willkommen.
1.) Warum fängst Du mit einer Drohung an? zwinkern
2.) Warum heißt Du nicht Mighty Quinn?
3.) Kannst Du uns mal genauer erklären, warum es jetzt gerade Holzbrink sein soll, der unsere Schulen besser macht. In der Psychologie hat er sich ja nicht gerade durchgesetzt.


Hi!
zu 1.) Klare Verhältnisse schaffen!
zu 2.) Die Frage ist ja mal berechtigt. Es ist so, dass mein Hund aus einem sog. Q-Wurf stammt; da die Züchterin es mit der Rockmusik hat, haben ihre Hunde offiziell (also in den Papieren) alle Namen, die damit zu tun haben. Nach mittlerweile um die 40 Konzerte, die ich von Dylan gesehen/gehört habe, war klar: Der Welpe isses, korrekter Titel des Songs hin oder her. Im Alltag heißt er bloß Quinn.
zu 3.) Holzkamp ist Mitte der 90er gestorben. Er ist, wie ich es sehe, u. a. aus ähnlichen Gründen nicht in der Diskussion, wie es Deschner ist: Die beiden werden für gefährlich gehalten, weil sie den Dingen kühl und sachlich auf den Grund gehen. Es gibt sicher einige andere, die das auch getan haben, konsequent und parteiisch (für die Schüler/innen), wie etwa Dewey oder Illich, aber nicht so umfassend wie H.
Ich bleibe mal bei dem Stichwort "Lehrlernkurzschluss". Der entsteht dadurch, dass Lehramtsanwärter lernen, eine Stunde zu planen. Wenn die Stunde nicht geklappt hat, liegt es an der falschen Planung. Aber die Sch. zu fragen, wo die Reise hingehen soll, auf die Idee kommt niemand. Da nun die Macht über die schulischen (also eben auch die Lern-)Verhältnisse in den Händen von Behörden und Lehrern liegt, können also Lern-(eigentlich: Lehr-)Inhalte amtlich durchgesetzt werden, mit dem Effekt, dass Sch. beginnen, "defensiv" zu lernen. Das heißt, für sie (denk mal zurück an deine Schultage) geht es beim Lernen meist (mindestens aber oft) um "Bedrohungsabwehr": "Bevor der Typ im Englischunterricht mich wieder anbrummt, lerne ich lieber die Vokabeln.", Mutter soll nicht wieder schluchzen:"Junge, was soll nur aus dir werden?" oder die Schülerin will versetzt werden, den magischen Schein haben, der zum Studium berechtigt usf. - Das hat aber mit dem Lerngegenstand nichts oder wenig zu tun. Diese Situation aufzuheben, sie in eine im besten Sinne emnzipatorische umzumodeln, würde sowas wie eine Revolution bedeuten, weil sofort, wenn man damit begänne, die Herrschaftsfrage gestellt würde. Wer aber will das? Das würde u. a. eine völlig andere Ausbildung des Personals bedeuten, wahrscheinlich müsste man sich über die Auswahl der Lehramtsstudentinne/studenten intensive Gedanken machen, ja vielleicht sogar hier eine Art Holzkamp-Gruppe eröffnen, was weiß ich.
Was ich aber weiß: Holzkamp lohnt. U. a. weil er alle Beteiligten in der Auseinandersetzung munitioniert. Und zwar absolut parteiisch: für die Schülerinnen und Schüler und gegen die Herrschaftsmechanismen, die als heimlicher Lehrplan den jungen Menschen oft über ein Jahrzehnt lang eingebläut werden.

Erstmal so weit: Ich muss mit Quinn raus.

Lieben gruß

Friedhelm

quote gerichtet. vrolijke

#173:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 17.02.2017, 19:17
    —
Quinn (the Eskimo) hat folgendes geschrieben:
...
Ich bin nun vor einiger Zeit auf Klaus Holzkamp und die "Kritische Psychologie" gestoßen, ...

Eine interssante Anregung. Der Name war mir nicht bekannt, und auf der Suche nach Information bin ich hierauf gestoßen:

(...) Auf diesem wissenschaftshistorischen Hintergrund muss der Beitrag von Holzkamp zur Entwicklung kritischer Psychologie hervorgehoben werden, weil er zeitgenössisch und später oft unterschätzt oder übersehen worden ist.
...
Wer kritische Psychologie machen wollte, bewegte sich allerdings schon zu der Zeit, als die »Sinnliche Erkenntnis« erschien, in Feindesland. (...)


Ich habe das bisher nur überflogen, werde das in aller Ruhe durchlesen, wenn ich Zeit dazu habe. Aber eine Idee davon, warum er sich nicht durchsetzen konnte, habe ich schon.

#174:  Autor: Quinn (the Eskimo)Wohnort: Duisburg; Isny BeitragVerfasst am: 17.02.2017, 21:14
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:
Quinn (the Eskimo) hat folgendes geschrieben:
...
Ich bin nun vor einiger Zeit auf Klaus Holzkamp und die "Kritische Psychologie" gestoßen, ...

Eine interssante Anregung. Der Name war mir nicht bekannt, und auf der Suche nach Information bin ich hierauf gestoßen:

(...) Auf diesem wissenschaftshistorischen Hintergrund muss der Beitrag von Holzkamp zur Entwicklung kritischer Psychologie hervorgehoben werden, weil er zeitgenössisch und später oft unterschätzt oder übersehen worden ist.
...
Wer kritische Psychologie machen wollte, bewegte sich allerdings schon zu der Zeit, als die »Sinnliche Erkenntnis« erschien, in Feindesland. (...)


Ich habe das bisher nur überflogen, werde das in aller Ruhe durchlesen, wenn ich Zeit dazu habe. Aber eine Idee davon, warum er sich nicht durchsetzen konnte, habe ich schon.


Danke für den Hinweis auf den Aufsatz! Über den auf S. 4 zitierten Franco Basaglia kommt eine allgemeinere Sichtweise rein, die "Befriedungsverbrechen" der Intellektuellen; höchst spannend und sicher ein Fall für eine gesonderte Diskussion!
Danke nochmal und good night!
Quinn the Eskimo

#175:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 19.02.2017, 20:09
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Nur eine kleine Frage:
Ist die Beziehung zwischen Eltern und Kind wirklich gleichberechtigt?

Ich sehe da ein Faktum, das ganz laut und deutlich NEIN sagt: Es gibt soetwas wie eine juristische und moralische Verantwortung der Eltern für ihre Kinder. Der kann man nur gerecht werden, indem man regelmäßig Vorrechte in Anpruch nimmt. So durfte mein Sohn ab 5? 6? mit Stöckchen am Lagerfeuer spielen, wenn ich dabei war. Genauso durfte er an den (nicht abgezäunten) Teich auf unserem Grundstück, wenn ich dabei war. Ohne mich (bzw. mein Weib) war das Gelände Tabu - und wir konnten auch darauf vertrauen, dass er diese Regeln einhielt.

Aber wenn einer die Regeln macht und der andere sie einhalten muss, oder allgemeiner: wenn ein derartiges Informations- und Kontrollgefälle besteht wie zwischen Eltern und Kindern (zumindest anfangs) dann ist es in meinen Augen Unsinn, da von Gleichberechtigung zu reden.

Dazu was von Peter Gray. Er war auch Autor des Artikels im Startbeitrag von Kramer.


smallie hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Spiel als Grundlage des sozialen Gefüges unter Jägern und Sammlern
Peter Gray

NACHSICHT GEGENÜBER KINDERN

Das meistgebrauchte Wort, mit dem Anthropologen die Erziehung unter Jägern und Sammlern beschreiben ist: Nachsicht. Die Erwachsenen vertrauen den Instinkten ihrer Kinden und können sie deshalb gewähren lassen [...]. Sie glauben, Kinder wüßten am Besten, was sie brauchen und wann sie es brauchen, deshalb gibt es wenige Machtkämpfe [battle of will] zwischen Erwachsenen und Kindern.

<schnipp>

http://www.journalofplay.org/sites/www.journalofplay.org/files/pdf-articles/1-4-article-hunter-gatherer-social-existence.pdf [PDF]

Und weil ich den Thread gerade überflogen habe, möchte ich hierzu noch etwas bemerken:
@smallie

Bitte, gerne. Da steht schon seit langem eine Antwort an dich aus.


fwo hat folgendes geschrieben:
Du bemerkst zwar, dass Dir der Unterschied zwischen München am Mittleren Ring und einem Urwald-Trampelpfad klar sei, aber genau da frage ich zur Sicherheit nochmal nach:
Die Situationen sind ja nicht nur mit unterschiedlichen Gefahren ausgestattet, es sind völlig unterschiedliche Welten. Gerade als Biologe habe ich Respekt vor dem Wissen, das in einer Jäger- und Sammler-Kultur angesammelt wurde.

Zwei Wochen in der Kalahri oder im australischen Outback, ohne Supermarkt, und ich wäre tot.


fwo hat folgendes geschrieben:
Trotzdem muss ich sehen, dass es sich um ein völlig anderes Wissen handelt als das, was Kinder heute bei uns lernen müssen, um in ihrer Kultur zu bestehen. Anderes Wissen bedeutet nicht nur inhaltlich anders, sondern auch vom Zugang her: Das fängt an mit dem Sichbewegen in der Landschaft und geht weiter mit der Herstellung von Werkzeug, das auch gelernt werden muss, bei dem Vattern auch da seinen Senf dazu gibt, aber das doch gleichzeitig zum größten Teil körperlich gelernt wird, durch Zen-mäßiges Üben (auch wenn die sich über Zen keine Gedanken machen), bis die Vorgänge soweit automatisiert sind, dass sie unbewusst ablaufen. Das gilt auch für den Umgang mit Waffen. Die "Theorie", die diese Kinder lernen müssen, ist meist schon in ihrer Umgangssprache enthalten - die brauchen keine institutionalisierte Schule.

Ich hab' noch nicht ganz erfasst, worauf du hinaus willst.

Du meinst, weil es so viel zu lernen gibt, kann es kein gleichberechtigtes Verhältnis zwischen Eltern und Kind mehr geben?


fwo hat folgendes geschrieben:
Die Gesellschaft, in die wir unserer Kinder schicken, hat an jeder Stelle, vom Professor über die Hausfrau bis zum Müllwerker, einen derart großen kulturellen Überbau, dass wir gar nicht die Wahl haben, unsere Kinder so aufwachsen zu lassen wie Jäger und Sammler.

Sie sollen ja nicht aufwachsen wie Jäger und Sammler. Mit Rousseau habe ich nichts am Hut - ich brauche elektrischen Strom. zwinkern

Was ich aus Peter Grays "Spiel als Grundlage des sozialen Gefüges unter Jägern und Sammlern" mitnehme, ist nicht das Leben unter Jägern und Sammlern, sondern Spiel als erstrebenswerte Grundlage jeden sozialen Gefüges.

Mir geht's um den egalitären Geist, der dahintersteckt - den hätte ich gerne übernommen.


fwo hat folgendes geschrieben:
Die beneidenswerte Freiheit. in der Smalline anscheinend aufwächst (meine letztlich auch, wenn Du oben etwas zwischen den Zeilen liest) ist schön für diese Kinder, weil ihre Eltern offensichtlich Zeit und Vermögen (in diesem Fall kein Geld) besitzen, so auf diese Kinder einzugehen - kann man das allgemein voraussetzen?

Kann man nicht voraussetzen.

Im nächsten Beitrag dazu noch eine längere Geschichte.


fwo hat folgendes geschrieben:
Das ändert aber nichts daran, dass auch diese Kinder irgendwie an soetwas ähnliches angeschlossen werden müssen wie den berühmten Nürnberger Trichter. Den müssen wir so umgestalten, dass sie trotzdem eine Kindheit behalten, ...

Gut, daß du "soetwas ähnliches" gesagt hast, denn das Bild vom Nürnberger Trichter ist mir zu eng. Der (junge) Verstand ist wie ein Schwamm, der alles aufsaugt. Mein Bild wäre eher eins von Gießkannen für's Grobe und Pipetten für's Feine.

Wissen, Sachverständnis, Bildung sehe ich als hedonistische Angelegenheit. Daß das nicht allen so geht, ist mir klar. Vor einer Weile meinte ein Psychologiestudent, warum ich mich für solche Dinge interessiere, obwohl ich mein Studium schon längst abgeschlossen habe.

Es bleibt die Frage, welche Art von Wissen vermittelt werden soll? Achtung: Vaterstolz voraus - wenn's nicht sachdienlich wäre, würde ich das nicht erzählen.

STAR WARS - Clone Wars, erste Staffel. Einige Droidikas, oder wie die Dinger heißen, rollen auf Yoda und Co. zu und fahren ihre Energieschirme hoch. Die Jedi feuern auf die Droidikas, aber die Schüsse prallen am Schutzschirm ab. Die Droidikas feuern zurück. Sagt smalline: hey, wieso können die durch den Schutzschirm schießen? Recht hatte sie, und ihrem Doofpapa ist das noch nicht mal aufgefallen.

Kinder haben die Fähigkeit, Dinge unvoreingenommen zu sehen. Die Fähigkeit ist dem Homo Sapiens angeboren, sie muß nicht eingetrichtert werden. Eher besteht die Gefahr, daß diese Fähigkeit unter einem Berg von Routine, Formalien sowie unter dem stetigen Strom von Klischees begraben wird.


fwo hat folgendes geschrieben:
... aber ich bin mir nicht sicher, dass uns die Jäger und Sammler, so sympathisch sie mir sind, dabei viel helfen können - die leben in einer völlig anderen Welt.

Oh doch. Kann weiterhelfen.


Peter Gray hat folgendes geschrieben:
Spiel ist

(1) selbst-gewählt und selbst-geleitet
(2) folgt einem inneren Antrieb
(3) folgt Regeln, die vom Verstand gesetzt werden
(4) braucht Vorstellungskraft
(5) braucht einen handelnden, wachen aber stressfreien geistigen Rahmen.



Play is activity that is

(1) self-chosen and self-directed;
(2) intrinsically motivated;
(3) structured by mental rules;
(4) imaginative; and
(5) produced in an active, alert, but nonstressed frame of mind.

http://www.journalofplay.org/sites/www.journalofplay.org/files/pdf-articles/1-4-article-hunter-gatherer-social-existence.pdf

Peter Gray stellt das in einen Zusammenhang mit Egalitarismus: die Freiwilligkeit des Spiels führt dazu, daß man sich zusammenrauft, sonst gehen einem die Spielpartner aus - ganz salopp gesagt.

Das ist irgendwann verloren gegangen, als Extrembeispiel sage ich Manchesterkapitalismus mit 70 Arbeitsstunden die Woche und Kinderarbeit. Inzwischen haben wir die industrielle Revolution halbwegs verarbeitet und die aus ihr folgenden Katastrophen des zwanzigsten Jahrhundert überlebt. Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt um darüber nachzudenken: wie wollen wir leben? Das Spielerische steht für mich dabei ganz weit oben auf der Liste.

#176:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 19.02.2017, 20:21
    —
@smallie
Irgendwie habe ich wohl meinen wesentlichen Gedanken nicht so richtig weitergegeben:
Der kulturelle Überbau, mit dem wir leben, ist so groß und mit hierarchischer Struktur, dass Du den wahrscheinlich nur bei Ausnahmekindern spielerisch vermitteln kannst. Der brauch die Struktur auch schon in der Vermittlung - auch wenn ich davon ausgehe, dass die Pädagogik und Didaktik da noch nicht wirklich am Menschen angekommen ist.

#177:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 19.02.2017, 20:32
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
Die beneidenswerte Freiheit. in der Smalline anscheinend aufwächst (meine letztlich auch, wenn Du oben etwas zwischen den Zeilen liest) ist schön für diese Kinder, weil ihre Eltern offensichtlich Zeit und Vermögen (in diesem Fall kein Geld) besitzen, so auf diese Kinder einzugehen - kann man das allgemein voraussetzen?

Die letzten Jahre nahm ich mir einigermaßen regelmäßig einen Tag im Monat frei, um mit smalline etwas zu unternehmen. Zoo, Museum, Vergnügungspark. In der Arbeit hat mir das einen Rüffel eingebracht, warum ich soviele einzelne Urlaubstage habe, Urlaub sei zur Erhohlung des Arbeitnehmers da.

Ein Standardtermin war der Tag der offenen Tür bei den Physikern an der Uni. Mit Lasershow, Rauchkanone, Starts von Meßballons, Zutritt zu den Laboren. Wenn's langweilig wird, geht's in den botanischen Garten - die Gewächshäuser sind nur Wochentags und vormittäglich zugänglich. Oder einfach mal in die Bibliothek gehen, das Personal fragen, wie viele Bücher herumstehen - drei Millionen - und dann die Kinderbuchecke suchen. Am Brunnen planschen gehört natürlich auch dazu. zwinkern

Auf der Homepage des Veranstalters heißt es dazu:

Zitat:
Eine wichtige Zielgruppe sind Schülerinnen und Schüler, die wir ganz besonders ermutigen möchten, ihre Eltern und ihre Lehrerinnen und Lehrer anzusprechen und so eventuell einen Besuch mit der ganzen Klasse anzustoßen oder vom Unterricht für diesen Tag freigestellt zu werden und mit Freunden oder Familie kommen zu können. Auf Wunsch können wir gerne Anwesenheitsbescheinigungen austellen!

http://www.physik.uni-regensburg.de/fakultaet/mertins/HOME/events/tag-der-offenen-tur-jedes/index.php

Die Leute dort gehen offensichtlich davon aus, daß ein Freistellung möglich ist.


Ha! Das sollte doch ein gutes Argument sein, damit ich auch weiterhin fernab vom Trott einige Tage Auszeit von der Schule einfordern kann. In angemessenen Rahmen von vier oder fünf Tagen pro Schuljahr.

Ziemlich bald nach Schulanfang war ich beim Rektor und brachte dieses Anliegen vor. Er meinte dann, er stehe kurz vor der Pensionierung, aber so einen Fall hätte er noch nicht gehabt. Ich denke, er fand mein Anliegen nicht unsympathisch, hat von Fahrradtouren mit seinen Kindern erzählt. Am Ende meinte er, ihm seien die Hände gebunden, das Schulgesetz gäbe das nicht her. Wenn ich unbedingt wolle, dann solle ich meine Tochter krank melden - er dürfe nur nichts davon wissen. Das fand ich sehr, sehr sympathisch, sagte ihm aber, das wäre nicht meine Art, ich würde lieber mit offenen Karten spielen.

Meiner Ansicht nach hat er unrecht, daß ihm die Hände gebunden seien. Beim letzten Tag der offenen Tür an der Uni hatte ich eine der Bescheinigungen mitgenommen, die die Uni austellt. Die hielt ich ihm unter die Nase. Darauf er: "das wird wohl alles am Nachmittag stattfinden."

Eine plumpe Ausrede. Leider hatte ich nicht die Geistesgegenwart, ein Programm vorzulegen. Allerdings sagte ich, mein Anliegen noch einmal schriftlich zu formulieren. Das steht noch aus. Die Moral von der Geschicht geht weit über Schule hinaus. Wenn noch nicht mal Rektoren bereit sind, ergebnisoffen auf Argumente zu hören, dann läuft's an vielen Stellen unserer Gesellschaft so.

Das ist letztlich ein Fall von:

zelig hat folgendes geschrieben:
Ohne die Absicht, die eigenen Voraussetzungen zu reflektieren, ohne die Absicht das bessere Argument gelten zu lassen, und letztlich nur noch eine Art Stellungskrieg um die Oberhand der veröffentlichten Darstellung führen.

#178:  Autor: Quinn (the Eskimo)Wohnort: Duisburg; Isny BeitragVerfasst am: 22.02.2017, 21:53
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
@smallie
Irgendwie habe ich wohl meinen wesentlichen Gedanken nicht so richtig weitergegeben:
Der kulturelle Überbau, mit dem wir leben, ist so groß und mit hierarchischer Struktur, dass Du den wahrscheinlich nur bei Ausnahmekindern spielerisch vermitteln kannst. Der brauch die Struktur auch schon in der Vermittlung - auch wenn ich davon ausgehe, dass die Pädagogik und Didaktik da noch nicht wirklich am Menschen angekommen ist.


@fwo
Das sehe ich im Wesentlichen genauso. Zudem steht noch eine Antwort von mir aus auf deine Frage, was Holzkamp für die Lösung der hier aufgeworfenen Fragen anzubieten hat. (ich hatte schon ein Textchen fertig, aber dann – computermäßiges Fossil, dass ich bin – auf einen falschen Knopf gedrückt: Weg war’s.
Erstmal: Menschen lernen individuell im sozialen Zusammenhang. Da allerdings der soziale (gesellschaftliche) Zusammenhang bei Jägers und Sammlers ein deutlich anderer ist als der z. B. im Dortmunder Norden resp. in der Münchener Innenstadt, sind eben auch die Lerninhalte nur schwer vergleichbar; unser Referenzsammler würde womöglich (plötzlich dahin gebeamt) den ersten Kreisverkehr in Köln nicht überleben. Insofern scheint es mir sinnvoll zu gucken, wie ein Mensch (heutzutage) lernt, und was er dafür bestenfalls braucht.
Dazu ist es hilfreich, sich zu vergegenwärtigen, dass niemand den Blick auf den ganzen Kuchen des möglichen Wissens haben kann; jeder Einzelne „sieht“ immer nur den ihm zugewandten Teil der Torte. Das heißt: Der Blick aufs Ganze ist uns verstellt, aber wir können (und sollten) versuchen, ein immer größeres Stück Torte zu erkennen. Das ist entwicklungsgeschichtlich in uns angelegt. Schon Säuglinge, weiß man heute, stellen in richtigen Versuchsanordnungen fest, wie ein Gegenstand zu Boden fällt (z. B. wenn man ihn schubst), Greiflinge sehen zu, dass sie ihre Umgebung begreifen usf. Daraus folgt u. a., dass nicht zwei Menschen gleich lernen, weil sich selbst bei Zwillingen etwa der Blickwinkel auf das Spielzeug des Geschwisters ändert, die Temperatur usw. Zwar minimal, aber eben dennoch. Dass wir – zweitens – im sozialen Verbund lernen (durch Nachahmen, Kommunikation usw., ist, glaube ich eher trivial).
Wichtig ist nun im Zusammenhang der Kritischen Psychologie, dass Menschen Lernentscheidungen treffen (müssen): Was will ich als nächstes tun, was interessiert mich jetzt? (Definition des sog. intentionalen Lernens: „Änderung eines als problematisch empfundenen Zustand in Richtung auf Verfügungserweiterung.“) Beispiel: Ich will einer Brieffreundin in Neuseeland mitteilen, dass ich eine Kiwi gegessen habe, weiß aber nicht, was das auf Englisch heißt (Problem). Ich kann nun den Brief anders verfassen und das Problem umschiffen. Aber ich kann auch eine Lernentscheidung treffen (das Wort nachgucken, Großeltern fragen, vielleicht einen Lehrer ...) Mit einer der Methoden finde ich heraus, die Frucht heißt auf Englisch kiwi, d.h., ich habe meine „Weltverfügung“ um ein Wort erweitert. Das ist kein sehr komplexes Beispiel, aber es mag das Prinzip verdeutlichen.
Jetzt stoßen wir aber auf zwei Probleme:
1. Das Kind sollte in seinen Lernentscheidungen keinen Schaden nehmen (heiße Herdplatte), und
2. trotzdem sollte ihm ermöglicht werden, Erfahrungen zu machen.
An dieser Stelle wird gern über einen „Schonraum“ für die Youngster nachgedacht, in dem sie sich und anderes „folgenlos“ erproben können. In diesem Schonraum müssten die Erwachsenen (auch und gerade in den Erscheinungsformen „Priester“, „Lehrer“ u. ä. m.) sich mit Ratschlägen zurückhalten und allenfalls als ECHTE Gesprächspartner zur Verfügung stehen, was z. B. bedeutet, dass sie ihre Macht allenfalls in begründeten Ausnahmen (wie oben: Herdplatte) ausüben, weil sonst die Gefahr zu groß ist, dass über die ausgeübte Macht (Lehrpläne, Vorschriften, Sanktionen ...), die die Schüler/innen bis zu 13 Jahre täglich erfahren, mehr Untertanen als Ingenieure herangebildet würden. Würden? Werden!
Und nun beginnt eine spannende Entdeckungsreise.
Es ist halb neun, der Hund stupst mich. Kurze Pause? Quinn the Eskimo

#179:  Autor: tillich (epigonal) BeitragVerfasst am: 23.02.2017, 01:38
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
Meiner Ansicht nach hat er unrecht, daß ihm die Hände gebunden seien. Beim letzten Tag der offenen Tür an der Uni hatte ich eine der Bescheinigungen mitgenommen, die die Uni austellt.

Denke ich auch. Schulkinder können mW durchaus für andere Dinge, die man im weiteren Sinn als Bildung oder gemeinnützig ansehen kann, freigestellt werden. ZB wurden bei uns, als ich noch ehrenamtlich in einem Jugendverband gearbeitet habe, Gruppenleiter und Helfer bei Veranstaltungen ziemlich regelmäßig freigestellt, zB am Freitag vor Pfingsten zur Vorbereitung de Pfingstzeltlagers uÄ. Für Bildungsveranstaltungen dürfte ähnliches möglich sein. Aber: Kann, nicht muss. Wenn die Schule sagt, ist nicht wegen Klassenarbeit oÄ, dann ist halt nicht. Und man muss natürlich genau in die Regelungen des jeweiligen Bundeslandes schauen.

#180:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 23.02.2017, 11:58
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Meiner Ansicht nach hat er unrecht, daß ihm die Hände gebunden seien. Beim letzten Tag der offenen Tür an der Uni hatte ich eine der Bescheinigungen mitgenommen, die die Uni austellt.

Denke ich auch. Schulkinder können mW durchaus für andere Dinge, die man im weiteren Sinn als Bildung oder gemeinnützig ansehen kann, freigestellt werden. ZB wurden bei uns, als ich noch ehrenamtlich in einem Jugendverband gearbeitet habe, Gruppenleiter und Helfer bei Veranstaltungen ziemlich regelmäßig freigestellt, zB am Freitag vor Pfingsten zur Vorbereitung de Pfingstzeltlagers uÄ. Für Bildungsveranstaltungen dürfte ähnliches möglich sein. Aber: Kann, nicht muss. Wenn die Schule sagt, ist nicht wegen Klassenarbeit oÄ, dann ist halt nicht. Und man muss natürlich genau in die Regelungen des jeweiligen Bundeslandes schauen.

Es gäbe auch die "harte Tour", nämlich dass smallie nicht anfragt, sondern seine Tochter einfach für eine außerschulische Bildungsveranstaltung abmeldet. Ich glaube nicht, dass irgend ein Direx unter diesen Bedingungen versuchen würde die formale Schulpflicht per Richter durchzusetzen. Wahrscheinlich könnte er nicht einmal sicher darauf vertrauen, dass der Richter sich der Ansicht anschließt, die Schulpflicht sei in so einem Fall verletzt.

Wie sagte man früher? Wer verzagt ist im Bitten, macht den anderen beherzt im Abschlagen.

#181:  Autor: AhrimanWohnort: 89250 Senden BeitragVerfasst am: 23.02.2017, 15:15
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
Es gäbe auch die "harte Tour", nämlich dass smallie nicht anfragt, sondern seine Tochter einfach für eine außerschulische Bildungsveranstaltung abmeldet. Ich glaube nicht, dass irgend ein Direx unter diesen Bedingungen versuchen würde die formale Schulpflicht per Richter durchzusetzen. Wahrscheinlich könnte er nicht einmal sicher darauf vertrauen, dass der Richter sich der Ansicht anschließt, die Schulpflicht sei in so einem Fall verletzt.

In Bayern gab's bei sowas eine schriftliche Abmahnung vom Landrat, damit konnte ich mir den Hintern wischen.
Ich hatte meinen Sohn nicht mit der Klasse zum Skiurlaub fahren lassen, mit der Begründung, daß diese Art Wintersport die Alpenumwelt ruiniert und außerdem sinnlose unnötige Kosten verursacht (Ausrüstung und Kleidung, die man wegen Klimawandels am Fuß der Alpen schon lange nicht mehr gebrauchen kann). Boshafterweise ließ ich ihn auch noch zuhause bleiben, warum sollte er nicht schulfrei haben wie die anderen?
Es ging also nicht mal um eine Bildungsveranstaltung. Ich vermute, solche Vergehen gegen die Schulpflicht muß man wohl öfter machen, ehe da ernsthafte Folgen eintreten.

#182:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 23.02.2017, 17:24
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
@smallie
Irgendwie habe ich wohl meinen wesentlichen Gedanken nicht so richtig weitergegeben:
Der kulturelle Überbau, mit dem wir leben, ist so groß und mit hierarchischer Struktur, dass Du den wahrscheinlich nur bei Ausnahmekindern spielerisch vermitteln kannst.

Neuer Versuch:

du meinst also, weil wir in einer hierarchischen Gesellschaft leben, würde der egalitäre Jäger-und-Sammler-Ansatz zu Kindern führen, die in der Gesellschaft nicht sozialadäquat leben können?

Die Gefahr sehe ich eher nicht. O-Ton smalline zum Opa:
    Beim Papa bin ich die Bestimmerin, im Kindergarten bin ich nicht die Bestimmerin.

Diese Einstellung qualifiziert sie für einen Job bei VW. Ermm.




Zu den Ausnahmekindern hat Sylvia Serfaty kürzlich geschrieben:

Zitat:
So you don’t think of yourself as having a gift — you weren’t a prodigy.

No. We do a disservice to the profession by giving this image of little geniuses and prodigies. These Hollywood movies about scientists can be somewhat counterproductive, too. They are telling children that there are geniuses out there that do really cool stuff, and kids may think, “Oh, that’s not me.”

https://www.quantamagazine.org/20170221-mathematical-truth-sylvia-serfaty-interview/




fwo hat folgendes geschrieben:
Der brauch die Struktur auch schon in der Vermittlung - auch wenn ich davon ausgehe, dass die Pädagogik und Didaktik da noch nicht wirklich am Menschen angekommen ist.

Du sprichst von hierarchischer Struktur? Also etwas wie: "Du lernst jetzt das große Einmaleins, sonst..."?

Die denke eher, die Vermittlung muß echtes Interesse wecken, damit sie nachhaltig wirkt. Im Unterricht wird vorgegebener Stoff in vorgegebener Reihenfolge abgearbeitet. (Hoffentlich kein Klischee!?) Das kollidiert mit der Natur der menschlichen Neugier und Aufmerksamkeit, die eher sprunghaft ist.

Vergleiche:

Zitat:
F: Papa, was ist in den Zellen?
A: Zellflüssigkeit, Membranen, der Zellkern.
F: Was ist im Zellkern?
A: Atome.
F: Was ist in den Atomen?
A: Elektronen und Atomkerne.
F: Und was ist in den Atomkernen?
A: Protonen und Neutronen.
F: Und was ist in denen?
A: Quarks.
F: Und was ist in den Quarks?
A: Das weiß niemand.


mit:

Zitat:
Heute erzähle ich dir von den Protonen.

Letzteres hat einen hohen Gähn-Koeffizienten. Ist kein spielerisches Herangehen an die Sache. Außerdem ist mit nacktem Faktenwissen oder schriftlich dividieren heute nicht mehr viel gewonnen in Zeiten von Suchmaschinen oder Taschenrechnern.

Ich stelle mir eine gute Schule als etwas Dialogisches vor, bei dem man sich gemeinsam gerade auftauchenden Fragen nähert, anstatt mit einer vorgefertigten Antwort in die Tür zu fallen. Oft genug werden Kinderfragen so tief gehen, daß auch der Lehrer nur mit Nachschlagen eine Antwort findet.

So sollte Schule aussehen. Ich werde nicht die Luft anhalten, bis es soweit ist.

#183:  Autor: Quinn (the Eskimo)Wohnort: Duisburg; Isny BeitragVerfasst am: 23.02.2017, 19:19
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
Ich stelle mir eine gute Schule als etwas Dialogisches vor, bei dem man sich gemeinsam gerade auftauchenden Fragen nähert, anstatt mit einer vorgefertigten Antwort in die Tür zu fallen. Oft genug werden Kinderfragen so tief gehen, daß auch der Lehrer nur mit Nachschlagen eine Antwort findet.

So sollte Schule aussehen. Ich werde nicht die Luft anhalten, bis es soweit ist.


Lernen II
Hallo, da bin ich noch mal, um den Beitrag von gestern etwas abzurunden.
Der entscheidende Haken ist erreicht durch die Kontamination von Lernen durch die Schule, weil sie als Sozialisationsinstanz auf die Normierung menschlichen Verhalten hin organisiert ist; Schüler können sich drehen und wenden, sooft sie wollen: sie bekommen Schule als Kontrollinstanz zu Gesicht. Das baut nicht unbedingt Eigeninitiative auf. Deutlicher noch: Das provoziert das sog. defensive Lernen; Lernen nämlich nicht aufgrund des Interesses an einem Gegenstand, sondern Lernen als Bedrohungsabwehr (Lieber Vokabeln lernen, sonst exponiert einen der Französischlehrer wieder; besser die binomischen Formeln irgendwie in die Birne, sonst ist Mutter nach der Klassenarbeit enttäuscht: „Was soll noch mal aus dir werden?“ u. ä. m.), als eine Art Palisadenzaun (auf dem Tisch Goethe, darunter sms).
Dem defensiven Lernen entgegengesetzt wäre das sog. expansive Lernen, im Zuge dessen der Lerner der Herr über das Verfahren wäre, indem er es wäre, er „seine“ Probleme aufwerfen, seine Fragen stellen könnte, da ja (vgl. oben) nur er wissen kann, was er als nächstes „braucht“.
Schließlich noch ein paar Bemerkungen zur Methodik. Dem expansiven Lernen entspricht die antwortsuchende Frage, deren Kennzeichen es ist, dass sie nur mein Gegenüber beantworten kann, nach dem Muster: „Wie bist du auf diese Lösung gekommen?“ resp. „Was möchtest du als nächstes tun? Warum?“ – Dieses Verhalten wäre geeignet, die Youngster in der Formulierung von Lernentscheidungen zu trainieren, was bedeuten würde, dass der Lerner sich immer besser kennenlernt, mithin verhaltenssicherer wird.
Dem defensiven Lernen hingegen entspricht die sog, vorauswissende Frage, die zur Bewertung, Sortierung, letztlich zur Installation von Herrschaftsstrukturen im Klassenraum dient. Sie ist bis zur Stunde offenbar nicht aus Klassenräumen zu verbannen. Das Muster ist ein Dreischritt: Lehrer initiiert („Wann war die Schlacht bei Cap Finisterre?“ – Schülerin reagiert („1512?“) – Lehrer evaluiert („Falsch, fünf.“). Man kann das auch „Frage – Antwort – Note“ nennen. Das ist der Deutlichkeit halber sehr schematisch dargestellt, ist aber immer noch das beherrschende Szenarium (Ich nenne dies die Jaucherisierung des Unterrichts.
Der mehrfach erwähnte Holzkamp fordert, diese Methode als Kunstfehler (wie im Hospital ein unsterile Spritze) zu ächten. Und recht hat er: Die vorauswissende Frage gehört in dieselbe Abfalltonne wie die Noten.
Daran müssen alle Interessierten arbeiten, weil die hier angesprochenen Individuallösungen eben keine Lösungen sind (obwohl sie einem im Einzelfall das Herz erwärmen). Das wäre anstrengend, würde aber auf Dauer zwingend zu anderen gesellschaftlichen Verhältnissen führen.
Und das ist es doch, was wir alle wollen, oder?

Herzlich grüßt
Der Quinn

quote gerichtet. vrolijke

#184:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 23.02.2017, 21:44
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
@smallie
Irgendwie habe ich wohl meinen wesentlichen Gedanken nicht so richtig weitergegeben:
Der kulturelle Überbau, mit dem wir leben, ist so groß und mit hierarchischer Struktur, dass Du den wahrscheinlich nur bei Ausnahmekindern spielerisch vermitteln kannst.

Neuer Versuch:

du meinst also, weil wir in einer hierarchischen Gesellschaft leben, würde der egalitäre Jäger-und-Sammler-Ansatz zu Kindern führen, die in der Gesellschaft nicht sozialadäquat leben können?

.....

Ähhh - lässt Du Dich jetzt auch schon von einzelnen Reizwörtern leiten, weil Du schon vorher weißt, was die andere Seite schreiben will?

Mit hierarchischer Stuktur meine ich, dass Du schon ungeheuer viel Vorwissen haben musst, um zum Beispiel die Frage nach einem Mitochondrium überhaupt stellen zu können und nochmehr, um die Antworten dazu zu verstehen.

Das Mitochondrium war jetzt ein willkürliches Beispiel aus meinem Arbeitgebiet, ich hätte auch das Bruttosozialprodukt oder den Risikostrukturausgleich der Krankenkassen als Beispiel nehmen können. Oder eine Risc-Architektur. oder oder oder

Dass man einen fragend entwicklenden Unterricht vorbereiten kann, genauso, wie man die Fragen aus der Schülerschaft aufgreifen kann (setzt aber voraus, dass die überhaupt welche stellen, ist eine ganz andere Sache.

#185:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 24.02.2017, 22:39
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
@smallie
Irgendwie habe ich wohl meinen wesentlichen Gedanken nicht so richtig weitergegeben:
Der kulturelle Überbau, mit dem wir leben, ist so groß und mit hierarchischer Struktur, dass Du den wahrscheinlich nur bei Ausnahmekindern spielerisch vermitteln kannst.

Neuer Versuch:

du meinst also, weil wir in einer hierarchischen Gesellschaft leben, würde der egalitäre Jäger-und-Sammler-Ansatz zu Kindern führen, die in der Gesellschaft nicht sozialadäquat leben können?

.....

Ähhh - lässt Du Dich jetzt auch schon von einzelnen Reizwörtern leiten, weil Du schon vorher weißt, was die andere Seite schreiben will?

Erwischt. Immerhin habe ich noch den Anstand, nachzufragen, bevor ich lospoltere. zwinkern


fwo hat folgendes geschrieben:
Mit hierarchischer Stuktur meine ich, dass Du schon ungeheuer viel Vorwissen haben musst, um zum Beispiel die Frage nach einem Mitochondrium überhaupt stellen zu können und nochmehr, um die Antworten dazu zu verstehen.

Also war meine erste Auslegung doch richtig? Du meinst, weil es so viel zu lernen gibt, kann es kein gleichberechtigtes Verhältnis zwischen Eltern und Kind mehr geben?

Du gehst die Sache aus einem zu akademischen Blickwinkel an. Hier mein Vorschlag, wie man Mitochondrien schultauglich darstellt. Dazu muß ich ein bisschen ausholen.


Quinn (the Eskimo) hat folgendes geschrieben:
Dazu ist es hilfreich, sich zu vergegenwärtigen, dass niemand den Blick auf den ganzen Kuchen des möglichen Wissens haben kann; jeder Einzelne „sieht“ immer nur den ihm zugewandten Teil der Torte. Das heißt: Der Blick aufs Ganze ist uns verstellt, aber wir können (und sollten) versuchen, ein immer größeres Stück Torte zu erkennen.

Auf akademischen Niveau stimmt das, da kann niemand mehr den Blick auf's Ganze über alle Fächer hinweg behalten. Sogar innerhalb eines Faches weiß der Ameisenkundler Dinge, die der Vogelkundler nicht weiß und umgekehrt. Auf Schulniveau sieht das anders aus, hier ist der Überblick noch möglich.

Big History - ich würde das mit Universalgeschichte übersetzen, ist ein Ansatz, der Wissen in den großen Zusammenhang der Weltgeschichte stellt. Vom Urknall über die Entstehung der Erde und des Lebens auf ihr, über die Entstehung von intelligentem Leben, Bewußtsein, und Kultur bis hin zur Frage, was das für's Menschsein bedeutet.

Die Idee hat inzwischen den Weg ins populäre gefunden. Bill Brysons "Kurze Geschichte von Allem" drehts sich doch darum? - Hab's nicht gelesen. Oder dies als Kinderbuch:

Zitat:
Peter Goes: "Vom Urknall bis heute"

Nicht weniger als die Geschichte der Welt erzählt der Illustrator Peter Goes: Vom Urknall bis in die Gegenwart verpackt er sie in beeindruckende Wimmelbilder, die in den Bann ziehen. Die Textpassagen fallen dagegen überraschend ab.

http://www.deutschlandradiokultur.de/peter-goes-vom-urknall-bis-heute-zeitreise-in.1270.de.html?dram:article_id=357816


Soviel als Anregung für einen Lehrplan mit 30% mehr Sinn.

Zurück zu fwo:


fwo hat folgendes geschrieben:
Das Mitochondrium war jetzt ein willkürliches Beispiel aus meinem Arbeitgebiet, ich hätte auch das Bruttosozialprodukt oder den Risikostrukturausgleich der Krankenkassen als Beispiel nehmen können. Oder eine Risc-Architektur. oder oder oder

Unterschätze das Mitochondrium nicht. In der Universalgeschichte kommt ihm ein tragende Rolle zu.

Hier die Geschichte des Lebens auf der Erde, zusammengefasst in vier Buchstaben, wobei ein Buchstabe für eine Milliarde Jahre steht:

    BCCC


Soll bedeuten: eine Milliarde Jahre lang gab es nur einfache Bakterien und Archaen. Danach gab es auch Blaualgen, Cyanobakterien - mit Mitochondrien - und die haben unseren Planeten erst zu dem gemacht, was er heute ist. Das Kambrium und folgende Zeitalter sind in dieser Auflösung nicht darstellbar. zwinkern

Diese B/C-Zäsur läßt sich auch Grundschülern vermitteln. Denke ich.






PS:

Hier schließt sich ein interessantes philosophisches Problem an: ab wann weiß ich - oder ein Schüler -, was Mitochondrien sind?

Zum Beispiel weiß ich zum Stichwort sexuelle Fortpflanzung: das Erbgut des Zellkern stammt von Mutter und Vater, das Mitochondrium nur von der Mutter. Außerdem sind die Mitochondrien die Kraftwerke der Zellen. ATP. Adenintriphosphat oder war es Adenotriphosphat? *räusper* Darüber hinaus weiß ich nichts.

Weiß ich jetzt, was Mitochondrien sind? Meh. Weiß es der Schüler, der das im Unterricht gelernt hat, dafür eine 1 erhält, aber trotzdem nicht mehr von der Sache versteht, als ich? Ist Schule in der Lage, zwischen Auswendiggelerntem und Verstandenem zu unterscheiden?

#186:  Autor: sehr gut BeitragVerfasst am: 24.02.2017, 22:47
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
Außerdem sind die Mitochondrien die Kraftwerke der Zellen. ATP. Adenintriphosphat oder war es Adenotriphosphat? *räusper* Darüber hinaus weiß ich nichts.

Adenosintriphosphat? (nicht gegoogelt)

#187:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 25.02.2017, 05:48
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
....
Zum Beispiel weiß ich zum Stichwort sexuelle Fortpflanzung: das Erbgut des Zellkern stammt von Mutter und Vater, das Mitochondrium nur von der Mutter. Außerdem sind die Mitochondrien die Kraftwerke der Zellen. ATP. Adenintriphosphat oder war es Adenotriphosphat? *räusper* Darüber hinaus weiß ich nichts.

Weiß ich jetzt, was Mitochondrien sind? Meh. Weiß es der Schüler, der das im Unterricht gelernt hat, dafür eine 1 erhält, aber trotzdem nicht mehr von der Sache versteht, als ich? Ist Schule in der Lage, zwischen Auswendiggelerntem und Verstandenem zu unterscheiden?

Also bevor ein Kind die Frage nach Mitochondrien stellen kann, muss es zuerst wissen, dass es eine belebte Welt und eine unbelebte Welt gibt. Dann muss es lernen, dass die belebte Welt in Zellen aufgebaut sind und dass diese Zelle alle relativ ähnlich sind.

Jetzt sagst Du , dass die Mitochondrien Kraftwerke sind, aber was sind Kraftwerke? Vom Phospahtsäurecyclus rede ich noch gar nicht, ich rede von dem Vorwissen, das Du brauchst, um nur das Bild Kraftwerk zu verstehen. Und ich möchte eigentlich, dass die Kinder verstehen und nicht auswendig lernen.

Um mal ein Beispiel aus der Praxis zu bringen: Mein Älterer sollte am Anfang der Oberstufe einen Vortrag über irgendeine Ecke des innerzellulären Stoffwechsels halten. Der Bursche ist neugierig und auch nicht doof und war mit Begeisterung dabei. Das erste war natürlich: "Papa, komm mal her. Du hast doch Lehrbücher .... "
Habe ich natürlich noch, wenn auch schon etwas älter. Sein Stichwort war auch nicht im Index, das hieß damals noch anders. Ich habe ihm dann die Stichwörter gegeben, unter denen er suchen muss, und ihn damit erstmal allein gelassen.

Nach ein paar Stunden habe ich mir dann angesehen, wie weit er gekommen war, und er war so weit, dass er fast geheult hätte: Meine altern Schwarten hatten ihm natürlich nicht gereicht, deshalb war er ins Internet gegangen. Was er immerhin schon von mir angenommen hat: Bei so einer Suche von Wikipedia auszugehen. Er hatte da inzwischen fürchterlich viel Biochemie auf zwei Bildschirmen dargestellt, von der er anfing zu ahnen, dass er das bis zum nächsten Montag nicht verstehen würde. Ich habe ihm dann ein nicht ganz dünnes Buch "Reaktionsmechanismen der organischen Chemie auf den Tisch gelegt, das die organische Chemie auf der Ebene der Bindungselektronen abhandelt und habe ihn dann mit der Bemerkung, dass er das durchgearbeitet haben müsste, wenn er nur die Chance haben wollte, das zu verstehen, völlig zerstört.

Danach habe ich mich noch ca 2 h mit ihm unterhalten, um ihm zu erklären, dass das verständnis, was er bis Montag erlangen könne, nur auf der Bildebene (Kraftwerk u.Ä.) sei, und das bereits das für einen Schüler relativ heftig sei (gut, er war Einserkandidat).

Du kannst also bei diesem Informationsangebot auch richtig neugierige Kinder nicht einfach loslaufen lassen, wie der Lehrer es hier gemacht hatte, weil Du bereits einen ordentlichen Überblick brauchst, um nur die Ebene zu beschränken, in der Du noch verstehst.

#188:  Autor: AhrimanWohnort: 89250 Senden BeitragVerfasst am: 25.02.2017, 12:30
    —
Smallie hat folgendes geschrieben:
Ist Schule in der Lage, zwischen Auswendiggelerntem und Verstandenem zu unterscheiden?
Will sie das überhaupt?

#189:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 25.02.2017, 13:12
    —
Ahriman hat folgendes geschrieben:
Smallie hat folgendes geschrieben:
Ist Schule in der Lage, zwischen Auswendiggelerntem und Verstandenem zu unterscheiden?
Will sie das überhaupt?

Vom Anspruch her schon, aber es ist sehr stark personenabhängig, ob sie es überhaupt kann.

#190:  Autor: AdvocatusDiaboliWohnort: München BeitragVerfasst am: 25.02.2017, 13:46
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
Ahriman hat folgendes geschrieben:
Smallie hat folgendes geschrieben:
Ist Schule in der Lage, zwischen Auswendiggelerntem und Verstandenem zu unterscheiden?
Will sie das überhaupt?

Vom Anspruch her schon, aber es ist sehr stark personenabhängig, ob sie es überhaupt kann.


Wird in den Schulen heutzutage eigentlich das Lernen gelernt? Ich habe das in meiner Schulzeit vermisst. Ich war an zwei verschiedenen Gymnasien in NRW und Bayern. Kein Lehrer hat je darüber gesprochen WIE man den Stoff lernt, der einem da vorgesetzt wurde.

#191:  Autor: astarte BeitragVerfasst am: 25.02.2017, 14:27
    —
AdvocatusDiaboli hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Ahriman hat folgendes geschrieben:
Smallie hat folgendes geschrieben:
Ist Schule in der Lage, zwischen Auswendiggelerntem und Verstandenem zu unterscheiden?
Will sie das überhaupt?

Vom Anspruch her schon, aber es ist sehr stark personenabhängig, ob sie es überhaupt kann.


Wird in den Schulen heutzutage eigentlich das Lernen gelernt? Ich habe das in meiner Schulzeit vermisst. Ich war an zwei verschiedenen Gymnasien in NRW und Bayern. Kein Lehrer hat je darüber gesprochen WIE man den Stoff lernt, der einem da vorgesetzt wurde.

Mein Sohn hatte ich glaube sogar in der Fünften das Fach "Lernen lernen".
Fand er doof.
Vielleicht war das zu früh.

#192:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 25.02.2017, 16:31
    —
astarte hat folgendes geschrieben:
AdvocatusDiaboli hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Ahriman hat folgendes geschrieben:
Smallie hat folgendes geschrieben:
Ist Schule in der Lage, zwischen Auswendiggelerntem und Verstandenem zu unterscheiden?
Will sie das überhaupt?

Vom Anspruch her schon, aber es ist sehr stark personenabhängig, ob sie es überhaupt kann.


Wird in den Schulen heutzutage eigentlich das Lernen gelernt? Ich habe das in meiner Schulzeit vermisst. Ich war an zwei verschiedenen Gymnasien in NRW und Bayern. Kein Lehrer hat je darüber gesprochen WIE man den Stoff lernt, der einem da vorgesetzt wurde.

Mein Sohn hatte ich glaube sogar in der Fünften das Fach "Lernen lernen".
Fand er doof.
Vielleicht war das zu früh.

Hätte es das bei mir gegeben, wer weiß was aus mir geworden wäre. zwinkern
In der Schule war ich nicht der Hellste. Ich habe aber auch mehr "die Zeit abgesessen".
Eines Tages hatten wir mal ein Referendar (ich hoffe, ich habe die richtige Bezeichnung benutzt), der uns in eine stunde eine "Schaafbank" (keine Ahnung wie das ding auf Deutsch heißt. Übersetzt heißt das "Hobelbank". Bei Hobelbank kommen aber nur Holzverarbeitende Maschinen) erklärte.
So sieht das aus:

Damit werden mittels einen Meißel, Metalwerkstücken "gehobelt".

Nach der Stunde bekamen wir darüber eine Klausur.
Meine Klassenkameraden hatten nur Bahnhof verstanden, und brachten kaum was zur Papier.
Ich hatte die maximale Punktzahl.

Der Typ hat wohl genau meine "Lernader" getroffen.
Leider war dies eine sehr seltene Erfahrung bei mir.
Wahrscheinlich hätte mir das Fach "Lernen lernen" viel bringen können.

#193:  Autor: astarte BeitragVerfasst am: 25.02.2017, 16:39
    —
vrolijke hat folgendes geschrieben:

Hätte es das bei mir gegeben, wer weiß was aus mir geworden wäre. zwinkern
In der Schule war ich nicht der Hellste. Ich habe aber auch mehr "die Zeit abgesessen".
Eines Tages hatten wir mal ein Referendar (ich hoffe, ich habe die richtige Bezeichnung benutzt), der uns in eine stunde eine "Schaafbank" (keine Ahnung wie das ding auf Deutsch heißt. Übersetzt heißt das "Hobelbank". Bei Hobelbank kommen aber nur Holzverarbeitende Maschinen) erklärte.
So sieht das aus:

Damit werden mittels einen Meißel, Metalwerkstücken "gehobelt".

Nach der Stunde bekamen wir darüber eine Klausur.
Meine Klassenkameraden hatten nur Bahnhof verstanden, und brachten kaum was zur Papier.
Ich hatte die maximale Punktzahl.

Der Typ hat wohl genau meine "Lernader" getroffen.
Leider war dies eine sehr seltene Erfahrung bei mir.
Wahrscheinlich hätte mir das Fach "Lernen lernen" viel bringen können.

Nee, das war eher theoretisch. Was du beschreibst, ist eher eine sehr anschauliche Art des Lehrens.

Den Kindern sollten Lerntechniken vermittelt werden, wie man sich den Lernstoff zB Vokabeln besser merken kann.

Ich denke aber bei deinem Beispiel auch, den Lehrern sollte man eher das Lehren besser beibringen, als den Kindern Tricks, sich den schlecht präsentierten Lehrstoff dennoch anzueignen.

#194:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 25.02.2017, 16:54
    —
astarte hat folgendes geschrieben:

Nee, das war eher theoretisch. Was du beschreibst, ist eher eine sehr anschauliche Art des Lehrens.

Den Kindern sollten Lerntechniken vermittelt werden, wie man sich den Lernstoff zB Vokabeln besser merken kann.

Ich denke aber bei deinem Beispiel auch, den Lehrern sollte man eher das Lehren besser beibringen, als den Kindern Tricks, sich den schlecht präsentierten Lehrstoff dennoch anzueignen.


Es gibt auch gewisse "Tricks", womit man Sachen besser merken kann.
Manchmal kommt man selber drauf*, aber es wäre schon nützlich das manchmal gezeigt zu bekommen.

* Neben unsere Toilette ist ein Duschvorhang mit 12 Katzen drauf.
Ich habe von Anfang an versucht, die verschiedene Katzen auswendig zu lernen.
Wochenlang ist mir dies nicht gelungen... bis ich drauf gekommen bin, sie in gleichartige Gruppen einzuteilen.
Ich habe einmal draufgeschaut, und ich hatte sie "drinn"!
3 schwarze: Waterloo, Elektrik und Psycho
2 mit Kinder: Mammy und Babysitter
2 die was anhaben: Boxer und Mylady
2 "normale": Single und Tiger
2 die sich umdrehen: Boss und Cheese
1 ganz bunten: Gay

#195:  Autor: AhrimanWohnort: 89250 Senden BeitragVerfasst am: 26.02.2017, 13:22
    —
Die fragliche Maschine hieß in der Maschinenfabrik, in der ich mal arbeitete, "der Shepping". Leicht zu erraten, daß das "Shaping" heißen sollte.
https://de.wikipedia.org/wiki/Sto%C3%9Fmaschine

#196:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 26.02.2017, 13:42
    —
Ahriman hat folgendes geschrieben:
Die fragliche Maschine hieß in der Maschinenfabrik, in der ich mal arbeitete, "der Shepping". Leicht zu erraten, daß das "Shaping" heißen sollte.
https://de.wikipedia.org/wiki/Sto%C3%9Fmaschine


Auf Deutsch heiß die Stoßmaschine. Da wäre ich nie draufgekommen. Nicht mal der, (meistens guter) Übersetzer www.uitmuntend.de hats gewußt.

#197:  Autor: AhrimanWohnort: 89250 Senden BeitragVerfasst am: 26.02.2017, 18:48
    —
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Ahriman hat folgendes geschrieben:
Die fragliche Maschine hieß in der Maschinenfabrik, in der ich mal arbeitete, "der Shepping". Leicht zu erraten, daß das "Shaping" heißen sollte.
https://de.wikipedia.org/wiki/Sto%C3%9Fmaschine


Auf Deutsch heiß die Stoßmaschine. Da wäre ich nie draufgekommen. Nicht mal der, (meistens guter) Übersetzer www.uitmuntend.de hats gewußt.

Die Fachleute für die "spanabhebende Verformung" in Deutschland nennen den Vorgang, da das Werkzeug sich über dem Material bewegt "stoßen". Wird aber das Material unter dem fest angebrachten Werkzeug bewegt, nennen sie es "hobeln". Das sieht dann so aus:

An haargenau so einem Ding hab ich mal gearbeitet.

#198: Lernen:? Autor: Quinn (the Eskimo)Wohnort: Duisburg; Isny BeitragVerfasst am: 26.02.2017, 20:30
    —
Hi,
mir ist nicht ganz klar, worüber hier diskutiert wird:
Geht es um Erinnerungen an die eigene Schulzeit?
Die mehr oder weniger schlüssigen Erläuterungen diverser Verfahren in verschiedenen Disziplinen, mithin um die methodische Kompetenz von Lehrer oder Lehrerin?
Die Tricks, wie man als Schüler/in mit schulischen Zumutungen umgehen kann?
Die Möglichkeiten, die Eltern haben, ihr Kind dem System zu entziehen?
Die Frage, ob Menschen vor ewigen Zeiten genauso gelernt haben wie Menschen heutzutage; also um das Menschenbild?

Ich finde alle diese Ansätze (und mehr) total interessant. Der Haken ist m. E. nur, dass, wenn man glaubt, aus (vermutlichen) Abläufen und Verhaltensweisen im Neolithikum Schlüsse auf das heute notwendige, sinnvolle, organisierte und/oder verlangte Lernen ziehen zu können, daraus andere Schlussfolgerungen gezogen werden müssten, als wenn man annähme, der Mensch ändere sich im Laufe der Jahrtausende.

Um daran anzuknüpfen: Ich ziehe ein historisches Menschenbild vor, dem zu Grunde liegt, dass alles geworden ist (sich entwickelt hat). Das zieht allerdings sofort das Problem nach sich, dass sich die Lerninhalte zügig verändern. Wenn dann aber die Institution, in der
die menschliche Tätigkeit (Lernen) organisiert wird, sich immer noch in der Logik von vor 200 Jahren bewegt, haben wir ein Problem. Und diesem Problem kommen wir nicht durch Verhaltensweisen bei, die den Schulzirkus augenzwinkernd akzeptieren, weil wir dann den gegebenen Rahmen staatlich organisierter Lernorganisation (man kann auch sagen: Untertanenproduktion) nicht verlassen resp. überschreiten/ändern. Daran hat keine Schulbehörde ein Interesse.

Wichtig wäre mir noch anzudeuten, dass ich mich natürlich auch auf die Seite meiner Tochter gestellt habe, wenn es "gegen das System" ging; aber: s. o. Das hat Spaß gemacht, aber nix geändert.

Also wäre für mich eine mögliche Spezifizierung des Themas spannend: Schule muss radikal (an die Wurzel gehend) geändert werden, wenn wir die Youngster nicht in ihr verrotten lassen wollen.

Ich bin gespannt.

Lieben Gruß an euch alle von

Quinn (the Eskimo)

#199: Re: Lernen:? Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 26.02.2017, 21:22
    —
Quinn (the Eskimo) hat folgendes geschrieben:
Hi,
mir ist nicht ganz klar, worüber hier diskutiert wird:
Geht es um Erinnerungen an die eigene Schulzeit?
Die mehr oder weniger schlüssigen Erläuterungen diverser Verfahren in verschiedenen Disziplinen, mithin um die methodische Kompetenz von Lehrer oder Lehrerin?
Die Tricks, wie man als Schüler/in mit schulischen Zumutungen umgehen kann?
Die Möglichkeiten, die Eltern haben, ihr Kind dem System zu entziehen?
Die Frage, ob Menschen vor ewigen Zeiten genauso gelernt haben wie Menschen heutzutage; also um das Menschenbild?

Ich finde alle diese Ansätze (und mehr) total interessant. Der Haken ist m. E. nur, dass, wenn man glaubt, aus (vermutlichen) Abläufen und Verhaltensweisen im Neolithikum Schlüsse auf das heute notwendige, sinnvolle, organisierte und/oder verlangte Lernen ziehen zu können, daraus andere Schlussfolgerungen gezogen werden müssten, als wenn man annähme, der Mensch ändere sich im Laufe der Jahrtausende.

Um daran anzuknüpfen: Ich ziehe ein historisches Menschenbild vor, dem zu Grunde liegt, dass alles geworden ist (sich entwickelt hat). Das zieht allerdings sofort das Problem nach sich, dass sich die Lerninhalte zügig verändern. Wenn dann aber die Institution, in der
die menschliche Tätigkeit (Lernen) organisiert wird, sich immer noch in der Logik von vor 200 Jahren bewegt, haben wir ein Problem. Und diesem Problem kommen wir nicht durch Verhaltensweisen bei, die den Schulzirkus augenzwinkernd akzeptieren, weil wir dann den gegebenen Rahmen staatlich organisierter Lernorganisation (man kann auch sagen: Untertanenproduktion) nicht verlassen resp. überschreiten/ändern. Daran hat keine Schulbehörde ein Interesse.

Wichtig wäre mir noch anzudeuten, dass ich mich natürlich auch auf die Seite meiner Tochter gestellt habe, wenn es "gegen das System" ging; aber: s. o. Das hat Spaß gemacht, aber nix geändert.

Also wäre für mich eine mögliche Spezifizierung des Themas spannend: Schule muss radikal (an die Wurzel gehend) geändert werden, wenn wir die Youngster nicht in ihr verrotten lassen wollen.

Ich bin gespannt.

Lieben Gruß an euch alle von

Quinn (the Eskimo)

Die Intension des Threads wird meistens in den ersten Beitrag formuliert.
Im Laufe der Diskussion gibt es meistens Abweichungen in diverse Richtungen.
Um genaueres zu erfahren kommt man nicht drumm herum, den ganzen Thread zu lesen.

#200: Re: Lernen:? Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 26.02.2017, 22:04
    —
Quinn (the Eskimo) hat folgendes geschrieben:
Hi,
mir ist nicht ganz klar, worüber hier diskutiert wird:
[...]
Also wäre für mich eine mögliche Spezifizierung des Themas spannend: Schule muss radikal (an die Wurzel gehend) geändert werden, wenn wir die Youngster nicht in ihr verrotten lassen wollen.

Ich bin gespannt.

Lieben Gruß an euch alle von

Quinn (the Eskimo)


Hallo Quinn,

bis heute habe ich noch keine Debatte über Pädagogik oder Schule erlebt, die nicht nach kurzer Zeit entweder im Anekdotischen oder in Konfusion geendet ist, oder einer Mischung aus beidem. Schlimmer noch, meistens endeten sie dann nicht, sondern zogen sich hin, bis auch der Letzte den Tod der Langeweile gestorben war.

Warum das so ist, kann ich nicht abschließend sagen, vielleicht, weil jeder, der einmal eine Schule besucht hat, meint, auf diesem Gebiet ein Fachmann zu sein, vielleicht, weil dieses Thema von sich aus zu Illusion und Selbstbetrug einlädt.

Vielleicht sind aber auch einfach die Ansprüche falsch. Man kann nicht mit erwarten, mit dem Wissen von gestern und den Lehrern von heute für eine Welt von morgen vorzubereiten, von der noch keiner weiß, wie sie aussehen wird. Insofern bin ich nicht sicher, ob es möglich ist, dich hier und in einem solchen Thread zufriedenzustellen.

#201: Re: Lernen:? Autor: Quinn (the Eskimo)Wohnort: Duisburg; Isny BeitragVerfasst am: 26.02.2017, 22:44
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Quinn (the Eskimo) hat folgendes geschrieben:
Hi,
mir ist nicht ganz klar, worüber hier diskutiert wird:
[...]
Also wäre für mich eine mögliche Spezifizierung des Themas spannend: Schule muss radikal (an die Wurzel gehend) geändert werden, wenn wir die Youngster nicht in ihr verrotten lassen wollen.

Ich bin gespannt.

Lieben Gruß an euch alle von

Quinn (the Eskimo)


Hallo Quinn,

bis heute habe ich noch keine Debatte über Pädagogik oder Schule erlebt, die nicht nach kurzer Zeit entweder im Anekdotischen oder in Konfusion geendet ist, oder einer Mischung aus beidem. Schlimmer noch, meistens endeten sie dann nicht, sondern zogen sich hin, bis auch der Letzte den Tod der Langeweile gestorben war.

Warum das so ist, kann ich nicht abschließend sagen, vielleicht, weil jeder, der einmal eine Schule besucht hat, meint, auf diesem Gebiet ein Fachmann zu sein, vielleicht, weil dieses Thema von sich aus zu Illusion und Selbstbetrug einlädt.

Vielleicht sind aber auch einfach die Ansprüche falsch. Man kann nicht mit erwarten, mit dem Wissen von gestern und den Lehrern von heute für eine Welt von morgen vorzubereiten, von der noch keiner weiß, wie sie aussehen wird. Insofern bin ich nicht sicher, ob es möglich ist, dich hier und in einem solchen Thread zufriedenzustellen.


Hi Marcellinus,

ich suche Mitstreiter (im besten Sinne des Wortes), aus zwei Gründen:
1. Es geht nicht an, dass ganze Jahrgänge von jungen Leuten den Zynikern in den Schulbehörden überlassen werden, weil
2. politisch/gesellschaftliche Veränderungen zeigen, dass den Jugendlichen zumindest in einem großen Teil ihrer Schulzeit vorenthalten wird, sich mit Denken anzufreunden.
Ich glaube, dass dein vorletzter Satz den Kern trifft. Das bedeutet für mich aber, dass wir den Schülerinnen und Schülern Unterstützung anbieten sollten. Die sollte m. E. darin bestehen, die pädagogische Praxis einem Update zu unterziehen, nämlich die Youngster zu den Hauptakteuren von Schule zu machen (Wissen von heute), damit sie zusammen mit den Lehrerinnen und Lehrern, die's wirklich begreifen, versuchen können, ihre/unsere Zukunft zu formen.
Und: Ich wäre nicht beleidigt, wenn deine Vermutung einträfe, nach der ich nicht zufriedenzustellen wäre. Schade wär's halt.

Liebe Grüße

Quinn

#202: Re: Lernen:? Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 26.02.2017, 23:10
    —
Quinn (the Eskimo) hat folgendes geschrieben:

... Und: Ich wäre nicht beleidigt, wenn deine Vermutung einträfe, nach der ich nicht zufriedenzustellen wäre. Schade wär's halt.


Dann muß man zuerst einmal schauen, worum es überhaupt geht:

1. Das Reden bzw. Schreiben über Schulen, wie sie sind, wie sie sein sollten; oder
2. Das Betreiben von Schulen bzw. das Handeln in Schulen, als Lehrer, als Schüler, als Schulbehörden, um nur mal die drei zu nennen.

Auf das zweite haben wir eigentlich keinen Einfluß. Das ist Schulpolitik und die ist in Deutschland ein hoffnungsloses Minenfeld als politischen Interessen auf quer über alle Ebenen, von den Kommunen über die Kreise bis zum jeweiligen Bundesland.

Dann ist da das beteiligte Personal, in Deutschland in verbeamteten oder quasiverbeamten Verhältnissen. Da bewegt sich nur etwas in Jahrzehnten.

Schließlich gibt es kaum ein Gebiet, auf dem es so sehr menschelt wie im Bereich von Schule, und auf dem es so wenige belastbare Tatsachen gibt. Gleichzeitig ist es schwer bis unmöglich, etwas Neues aufzubauen, aber ungeheuer leicht, etwas Funktionierendes zu zerstören, auch, aber nicht nur, weil es kaum Einigkeit darüber gibt, was das eigentlich ist: "etwas Funktionierendes".

Ich will dich weder beleidigen, noch enttäuschen; das brauche ich auch gar nicht, das schafft die Wirklichkeit ganz allein. zwinkern

#203:  Autor: Pfirsich BeitragVerfasst am: 28.02.2017, 19:34
    —
Manchmal verläuft der Wandel in der Schulpolitik richtig schnell. Etwa wenn ein Wahlkampf ansteht.

Bayern kehrt zum G9 zurück.
Noch vor ein paar Monaten hat Kumi Spaenle kategorisch ausgeschlossen, dass das G9 flächendeckend wieder eingeführt wird.

Ein Kommentator des Merkur schrieb dazu, mit Schulpolitik ließen sich keine Wahlen gewinnen, wohl aber verlieren. Prominentes Beispiel sei der ehem. Ministerpräsident von Niedersachsen, McAllister.
Weiß jemand, was der bzw. sein Kultusminister da verbockt hat?

#204: Re: Lernen:? Autor: Quinn (the Eskimo)Wohnort: Duisburg; Isny BeitragVerfasst am: 01.03.2017, 12:56
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Quinn (the Eskimo) hat folgendes geschrieben:

... Und: Ich wäre nicht beleidigt, wenn deine Vermutung einträfe, nach der ich nicht zufriedenzustellen wäre. Schade wär's halt.


Dann muß man zuerst einmal schauen, worum es überhaupt geht:

1. Das Reden bzw. Schreiben über Schulen, wie sie sind, wie sie sein sollten; oder
2. Das Betreiben von Schulen bzw. das Handeln in Schulen, als Lehrer, als Schüler, als Schulbehörden, um nur mal die drei zu nennen.

Auf das zweite haben wir eigentlich keinen Einfluß. Das ist Schulpolitik und die ist in Deutschland ein hoffnungsloses Minenfeld als politischen Interessen auf quer über alle Ebenen, von den Kommunen über die Kreise bis zum jeweiligen Bundesland.

Dann ist da das beteiligte Personal, in Deutschland in verbeamteten oder quasiverbeamten Verhältnissen. Da bewegt sich nur etwas in Jahrzehnten.

Schließlich gibt es kaum ein Gebiet, auf dem es so sehr menschelt wie im Bereich von Schule, und auf dem es so wenige belastbare Tatsachen gibt. Gleichzeitig ist es schwer bis unmöglich, etwas Neues aufzubauen, aber ungeheuer leicht, etwas Funktionierendes zu zerstören, auch, aber nicht nur, weil es kaum Einigkeit darüber gibt, was das eigentlich ist: "etwas Funktionierendes".

Ich will dich weder beleidigen, noch enttäuschen; das brauche ich auch gar nicht, das schafft die Wirklichkeit ganz allein. zwinkern


Hallo Marcellinus,
warum so pessimistisch, gerade in so einem Forum, das doch in der Grundhaltung gegen einen ganz alten Hut, nämlich Religion und Kirche mit Deschner bewaffnet anrennt?
Der Philosoph, von dem ich am meisten gelernt habe (Ernst Bloch), hat mal gesagt: "Wird Wissen wiedergekäut, so ernährt es nur Ochsen. Die keine sind, suchen die Regel des Findens und folgen ihr dann." (Pädagogica, 31) Grandios, oder?
Es gäbe eine Menge Gründe, dieser Einsicht zu folgen. Allerdings ist sie nicht sehr verbreitet, wird geradezu verschwiegen: Dass nämlich, wollte sich diese Gesellschaft tatsächlich - wie du an anderer Stelle schreibst - einer emanzipierten Zukunft entgegen entwickeln, Schule grundsätzlich und radikal ausgemistet und im wohlverstandenen Sinne der Subjekte des Lernens, der Schülerinnen und Schüler nämlich, organisiert gehört. Davon ist nix zu sehen. Eher im Gegenteil: Wenn z. B. die NRW-Landesregierung verkündet, sie werde erhebliche Mittel in die Schulen Pumpen, klingt das gut. Wenn man aber weiß, dass die Mittel für Computer ausgegeben werden, wenn man dann vielleicht zudem weiß, wie der schulische Alltag im Umgang mit Computern abläuft, dann kann man sich schon mal fragen, wem außer den Herstellern der Rechner das Ganze zugute kommt.
In der Tat ist "Schule" ein schwieriges Gebiet, aber wieso lassen wir uns davon beeindrucken? Es gibt nämlich die von dir vermissten belastbaren Tatsachen, und zwar mengenweise. Wir müssten sie nur finden und zur Kenntnis nehmen wollen, um dann eine Lobby für die Youngster zu bilden, insbesondere vor Wahlen.
Interessant fände ich in diesem Zusammenhang in der Tat, mal genau und kühl zu gucken, was da eigentlich in den aktuellen Schulen "funktioniert"; da wird man nicht viel finden (wozu i. ü. die aktiven Lehrerinnen und Lehrer, obwohl m. E. falsch resp. unzureichend ausgebildet, nicht viel können).
Die Wirklichkeit (zu der wir beide doch wohl auch gehören, oder?) übrigens kann mich nicht enttäuschen. Ich bin allerdings seit mehreren Jahrzehnten immer wieder von den Socken, wie leichtfertig man die Youngster (und mit ihnen unsere Zukunft) dem irrationalen Gewese der zuständigen Politik überlässt. Ich bin jetzt 68, aber dazu bin ich nach wie vor nicht bereit.

Liebe Grüße!

Quinn (the Eskimo)

#205: Re: Lernen:? Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 01.03.2017, 13:06
    —
Quinn (the Eskimo) hat folgendes geschrieben:

Hallo Marcellinus,
warum so pessimistisch [...] ?


Erfahrung! Eher legt ein Schwein Eier, als daß es im Deutschland mit seinen 16 Duodezfürstentümern, deren Ehrgeiz im umgekehrten Verhältnis zu ihren Fähigkeiten steht, zusätzlich unter den Begrenzungen des Beamtenrechts, zu einer Bildungsreform kommt, die diesen Namen verdient. Das ist auch kein Pessimismus, sondern Realismus.

#206:  Autor: Quinn (the Eskimo)Wohnort: Duisburg; Isny BeitragVerfasst am: 01.03.2017, 13:16
    —
Pfirsich hat folgendes geschrieben:
Manchmal verläuft der Wandel in der Schulpolitik richtig schnell. Etwa wenn ein Wahlkampf ansteht.

Bayern kehrt zum G9 zurück.
Noch vor ein paar Monaten hat Kumi Spaenle kategorisch ausgeschlossen, dass das G9 flächendeckend wieder eingeführt wird.

Ein Kommentator des Merkur schrieb dazu, mit Schulpolitik ließen sich keine Wahlen gewinnen, wohl aber verlieren. Prominentes Beispiel sei der ehem. Ministerpräsident von Niedersachsen, McAllister.
Weiß jemand, was der bzw. sein Kultusminister da verbockt hat?


Das ist relativ einfach: Seit einiger Zeit hat sich in Bayern (wie in NRW, BaWü und anderswo) Widerstand formiert, weil G8 die Schülerinnen und Schüler unter einen Druck setzt, der sie kaum noch atmen lässt, der ihr gesamtes Leben auf "Lernen" zuschneidet. "Lernen" deshalb in " ", weil es sich im Wesentlichen um sog. bulimisches Lernen handelt: Fakten in den Kopf, in der Klassenarbeit wieder ausspucken, fertig. Das nun wieder liegt daran, dass in G8 die Inhalte von G9 vermittelt werden sollen, also der Stoff von neun Jahren in acht. Das hat mit der berühmten Zukunftsfähigkeit so viel zu tun wie Kuh mit Handstand.
Wichtiger aber: Viele Jugendliche kennen kaum noch Leben außer der Schule. Darüber klagen i. Ü. Vereine, caritative Organisationen, Feuerwehr etc., denen der Nachwuchs fehlt. Auf der anderen Seite werden Tranquilizer, Aufputschmittel oder Ritalin etc. verordnet, um die jungen Menschen für ein Leben im Hamsterrad zu präparieren.
Das machen immer mehr nicht mehr mit, in den verschiedensten Bundesländern.

Liebe Grüße vom
Quinn

P.S.: Komme mir jetzt bitte keiner mit Enkel oder Nachbarstochter, die entspannt durchs G8 gesurft sind: Geschenkt!

#207: Re: Lernen:? Autor: Quinn (the Eskimo)Wohnort: Duisburg; Isny BeitragVerfasst am: 01.03.2017, 13:25
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Quinn (the Eskimo) hat folgendes geschrieben:

Hallo Marcellinus,
warum so pessimistisch [...] ?


Erfahrung! Eher legt ein Schwein Eier, als daß es im Deutschland mit seinen 16 Duodezfürstentümern, deren Ehrgeiz im umgekehrten Verhältnis zu ihren Fähigkeiten steht, zusätzlich unter den Begrenzungen des Beamtenrechts, zu einer Bildungsreform kommt, die diesen Namen verdient. Das ist auch kein Pessimismus, sondern Realismus.


Solche Erfahrungen, auf die du anspielst, habe ich auch, mengenweise. Aber wir haben die Argumente. Diese, in die richtigen Hände gebracht, werden irgendwann Sprengkraft entwickeln, da bin ich mir mit Nietzsche (in deiner Signatur) einig.

Lieben Gruß (und in die Hände gespuckt)!

Quinn

#208:  Autor: Pfirsich BeitragVerfasst am: 01.03.2017, 14:57
    —
Quinn (the Eskimo) hat folgendes geschrieben:
Pfirsich hat folgendes geschrieben:
Manchmal verläuft der Wandel in der Schulpolitik richtig schnell. Etwa wenn ein Wahlkampf ansteht.

Bayern kehrt zum G9 zurück.
Noch vor ein paar Monaten hat Kumi Spaenle kategorisch ausgeschlossen, dass das G9 flächendeckend wieder eingeführt wird.

Ein Kommentator des Merkur schrieb dazu, mit Schulpolitik ließen sich keine Wahlen gewinnen, wohl aber verlieren. Prominentes Beispiel sei der ehem. Ministerpräsident von Niedersachsen, McAllister.
Weiß jemand, was der bzw. sein Kultusminister da verbockt hat?


Das ist relativ einfach: Seit einiger Zeit hat sich in Bayern (wie in NRW, BaWü und anderswo) Widerstand formiert, weil G8 die Schülerinnen und Schüler unter einen Druck setzt, der sie kaum noch atmen lässt, der ihr gesamtes Leben auf "Lernen" zuschneidet. "Lernen" deshalb in " ", weil es sich im Wesentlichen um sog. bulimisches Lernen handelt: Fakten in den Kopf, in der Klassenarbeit wieder ausspucken, fertig. Das nun wieder liegt daran, dass in G8 die Inhalte von G9 vermittelt werden sollen, also der Stoff von neun Jahren in acht. Das hat mit der berühmten Zukunftsfähigkeit so viel zu tun wie Kuh mit Handstand.
Wichtiger aber: Viele Jugendliche kennen kaum noch Leben außer der Schule. Darüber klagen i. Ü. Vereine, caritative Organisationen, Feuerwehr etc., denen der Nachwuchs fehlt. Auf der anderen Seite werden Tranquilizer, Aufputschmittel oder Ritalin etc. verordnet, um die jungen Menschen für ein Leben im Hamsterrad zu präparieren.
Das machen immer mehr nicht mehr mit, in den verschiedensten Bundesländern.

Liebe Grüße vom
Quinn

P.S.: Komme mir jetzt bitte keiner mit Enkel oder Nachbarstochter, die entspannt durchs G8 gesurft sind: Geschenkt!


Herzlichen Dank, Quinn the Eskimo!

Als ich mich, u. a. wegen des bayerischen Schulsystems, gegen Kinder entschied, war ich 16 und das G8 noch nicht einmal ein Gedanke.
Aber ich habe nicht gewusst, dass man in Niedersachsen auch so [...] war wie die hohle Frau Meier (Monika Hohlmeier, Qualifikation: Strauß-Tochter). Die wiederum ist der Hauptgrund, weshalb ich keinesfalls auf Europaebene CSU wählen werde.

Edit: Soviel ich mich erinnere, ging es der Partei, die bei uns immer Recht hat, gar nicht um die SchülerInnen selber (Zukunftsfähigkeit), sondern um einen möglichst frühen Zugriff der "Wirtschaft" auf selbige.

#209:  Autor: Quinn (the Eskimo)Wohnort: Duisburg; Isny BeitragVerfasst am: 01.03.2017, 15:52
    —
Pfirsich hat folgendes geschrieben:
Quinn (the Eskimo) hat folgendes geschrieben:
Pfirsich hat folgendes geschrieben:
Manchmal verläuft der Wandel in der Schulpolitik richtig schnell. Etwa wenn ein Wahlkampf ansteht.

Bayern kehrt zum G9 zurück.
Noch vor ein paar Monaten hat Kumi Spaenle kategorisch ausgeschlossen, dass das G9 flächendeckend wieder eingeführt wird.

Ein Kommentator des Merkur schrieb dazu, mit Schulpolitik ließen sich keine Wahlen gewinnen, wohl aber verlieren. Prominentes Beispiel sei der ehem. Ministerpräsident von Niedersachsen, McAllister.
Weiß jemand, was der bzw. sein Kultusminister da verbockt hat?


Das ist relativ einfach: Seit einiger Zeit hat sich in Bayern (wie in NRW, BaWü und anderswo) Widerstand formiert, weil G8 die Schülerinnen und Schüler unter einen Druck setzt, der sie kaum noch atmen lässt, der ihr gesamtes Leben auf "Lernen" zuschneidet. "Lernen" deshalb in " ", weil es sich im Wesentlichen um sog. bulimisches Lernen handelt: Fakten in den Kopf, in der Klassenarbeit wieder ausspucken, fertig. Das nun wieder liegt daran, dass in G8 die Inhalte von G9 vermittelt werden sollen, also der Stoff von neun Jahren in acht. Das hat mit der berühmten Zukunftsfähigkeit so viel zu tun wie Kuh mit Handstand.
Wichtiger aber: Viele Jugendliche kennen kaum noch Leben außer der Schule. Darüber klagen i. Ü. Vereine, caritative Organisationen, Feuerwehr etc., denen der Nachwuchs fehlt. Auf der anderen Seite werden Tranquilizer, Aufputschmittel oder Ritalin etc. verordnet, um die jungen Menschen für ein Leben im Hamsterrad zu präparieren.
Das machen immer mehr nicht mehr mit, in den verschiedensten Bundesländern.

Liebe Grüße vom
Quinn

P.S.: Komme mir jetzt bitte keiner mit Enkel oder Nachbarstochter, die entspannt durchs G8 gesurft sind: Geschenkt!


Herzlichen Dank, Quinn the Eskimo!

Als ich mich, u. a. wegen des bayerischen Schulsystems, gegen Kinder entschied, war ich 16 und das G8 noch nicht einmal ein Gedanke.
Aber ich habe nicht gewusst, dass man in Niedersachsen auch so [...] war wie die hohle Frau Meier (Monika Hohlmeier, Qualifikation: Strauß-Tochter). Die wiederum ist der Hauptgrund, weshalb ich keinesfalls auf Europaebene CSU wählen werde.

Edit: Soviel ich mich erinnere, ging es der Partei, die bei uns immer Recht hat, gar nicht um die SchülerInnen selber (Zukunftsfähigkeit), sondern um einen möglichst frühen Zugriff der "Wirtschaft" auf selbige.
...
... und das ist genau, was mich in den Zorn treibt: "Zukunftsfähigkeit"? Man muss sich nur Folgendes vor Augen halten:
1. Das Entwicklungstempo der unterschiedlichsten Bereiche; mein erstes Mobiltelefon z. B. war noch begehbar.
2. Woher soll demzufolge irgendjemand wissen, welche Kenntnisse man braucht, um nach einem Schulabschluss die nächsten 40 Jahre zu absolvieren?
3. Veränderungen in der Schule wirken nach 6 - 8 Jahren; Wahlperioden dauern 4 - 5 Jahre.
Allein schon da passt nix zusammen.

Mach's gut!

Quinn

#210:  Autor: Quinn (the Eskimo)Wohnort: Duisburg; Isny BeitragVerfasst am: 01.03.2017, 15:59
    —
Hallo pfirsich,

du kannst auch mal in den Link gucken:

http://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/gymnasium-niedersachsen-plant-rueckkehr-zu-g9-a-954574.html

LG

Quinn

#211:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 18.01.2018, 00:30
    —
FLOH-Lesefitness


Die Tochter hat aus der Schule einen Zettel nach Hause gebracht, auf dem die Eltern Lesezeit des Kindes per Unterschrift bestätigen sollen. Das war mir suspekt, hab rumgelesen was es damit auf sich hat. Jetzt ist mir die Sache noch etwas mehr suspekt.


Zitat:
Basale Lesekompetenz fördern
Ein Forschungsbericht zum FLOH-Lesefitness-Training

vorgelegt von Prof. Dr. Gabriele Gien, Lehrstuhl für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt


Um die Kinder auch zu Hause zum Lesen anzuspornen, werden die Eltern mit einbezogen. Sie sollen eine – wenn möglich – tägliche Lesezeit ihres Kindes von fünf bis zehn Minuten bestätigen, was dann mit einem Papiermotiv, beispielsweise einem Baustein, einem Blatt oder einer Blume belohnt wird.

https://www.domino-verlag.de/wp-content/uploads/2016/06/Lesefitness-Studie.pdf

Belohnung als pädagogisches Mittel? Ach nee.


Verblüffender Weise behauptet die Broschüre, daß die Schule gar nicht so viel ausrichten kann:

Forschungsbericht hat folgendes geschrieben:
Lesen beginnt auf dem Schoß von Eltern, Großeltern, erwachsenen Lesevorbildern, die bereits die Kleinsten mit Bilderbüchern und der wunderbaren Sprache von Literatur konfrontieren. Untersuchungen haben gezeigt, dass der spätere Leseerfolg maßgeblich von der Art und Häufigkeit dieser literarischen Begegnung in den ersten fünf Lebensjahren abhängt.

Maßgeblich!? Tja, was immer in der Schule gemacht wird, ist damit wenig maßgeblich.



Forschungsbericht hat folgendes geschrieben:
So haben diese Kinder 32 Millionen Wörter mehr gehört als Kinder, denen nicht vorgelesen wird.

Ein bisschen viel.

32 Mio. in fünf Jahren sind 6 400 000 in einem Jahr. Sind 17 500 wörter pro Tag. Frau Holle hat 1052 Wörter. Man müßte es täglich über 16 mal lesen, um auf die Zahl zu kommen. Das ist sportlich. Die Zahl ergibt eher Sinn, wenn ich sie die Zahl der Wörter verstehe, die insgesamt mit dem Kind gesprochen werden.

Zur mündlichen Sprache sagt der Forschungsbericht leider nichts. Wäre aber wichtig.



Hier ist Lesen etwas höchst persönliches.
Forschungsbericht hat folgendes geschrieben:
Die Checkhefte werden von den Kindern selbst geführt und geben ihnen so das Gefühl der Selbstkontrolle, durch die Fragen nach Lieblingsbüchern und individuellen Lesezeiten merken die Schülerinnen und Schüler, dass Lesen etwas höchst Persönliches ist.



Dann ist es etwas gemeinschaftliches:
Forschungsbericht hat folgendes geschrieben:
Neben den individuellen Leseleistungen werden in den Checkheften auch häusliche Vorlesezeiten dokumentiert, die für die Nachhaltigkeit des Leseprozesses sorgen und die durch die Möglichkeit, Leseunterschriften gegen ein Papiermotiv für das große Klassenposter einzutauschen, Lesen und Leseerfolge als etwas Gemeinschaftliches erscheinen lassen.

Das geht mir so sehr gegen den Strich, daß ich einen extra Beitrag bräuchte, um mich zu erklären.




Jedenfalls haben regelmäßige Tests ergeben, daß die Kinder in der ersten Klasse lesen lernen. Auf den Arm nehmen Angeblich liegt es am FLOH-Lesetraining:

Forschungsbericht hat folgendes geschrieben:
Testbögen 1. Jahrgangsstufe

<Bild geschnippt>

Wie aus der Abbildung ersichtlich, gibt es einen Zuwachs der Lese geschwindigkeit zwischen den Messzeitpunkten t1 und t5 in allen untersuchten Klassen der Jahrgangstufe 1.

Der Tempo-Check der ersten Klassen beweist somit die positive Auswirkung des Lesefitness-Trainings auf die Schülerinnen und Schüler und zwar mit einer Steigerung in erheblichem Umfang.

Damit alleine ist noch nichts bewiesen. Es fehlt die Kontrollgruppe.

Außerdem zeigen sich positive Auswirkungen nur für das Lesetempo. Das Leseverständnis steigt hingegen kaum.

Forschungsbericht hat folgendes geschrieben:
Ausgenommen bei den Klassen Nr. 7, 8 und 11 ist zwischen den Messzeitpunkten t1 und t5 ein Zuwachs beim Verständnis-Check zu verzeichnen. Dieser fällt jedoch deutlich niedriger aus als der Zuwachs beim Tempo-Check.



Die Handreichung erklärt das mit der erreichbaren Punktzahl:
Forschungsbericht hat folgendes geschrieben:
Dies ist allerdings darauf zurückzuführen, dass die er reichbaren Punkte beim Verständnis-Check viel geringer sind (nur 17 erreichbare Punkte pro Verständnis-Check gegenüber 70 Punkten beim Tempo-Check) und eine Verbesserung aus diesem Grund vor allem graphisch weniger deutlich erkennbar wird.

Das ist ziemlich falsch. Wo haben die Leute rechnen gelernt?

Ob sich jemand beispielsweise von 35 auf 70 Punkte steigert, oder von 8 auf 16, beides ist graphisch wie numerisch die gleiche Steigerung.



Hier die Kontrollgruppe. Angeblich verbessern sich Kinder ohne FLOH-Lestraining über das Schuljahr hinweg kaum:
Forschungsbericht hat folgendes geschrieben:
In etwa acht Kontrollklassen mit geringem Lesetraining wurde der Lesefitness-Check als Messinstrument eingesetzt, um die Ergebnisse vergleichen zu können. Vor allem die Zunahme der Lesegeschwindigkeit war im Vergleich zu den Testklassen nicht signifikant, was aber der Vorerwartung entsprach.

Gemeint ist vermutlich, daß FLOH signifikant besser abschnitt. Wörtlich steht da aber, daß es keinen signifikanten Unterschied gab.

Leider enthält der Forschungsbericht weder Zahlen noch Diagramme zu den Kontrollen. Das ist so nicht üblich.



Nochmal zur Sache mit der Belohnung.

Wenn man etwas macht, macht man es der Sache wegen. Die Belohnung für's lesen lernen ist lesen können. Ich dachte, die Pädagogen seien schon weiter und hätten das verstanden. Zweifellos ist Lesen eine Kernkompetenz, aber es mit der Brechstange zu versuchen, hilft auch nix. Belohnung ist Bestechung ist unlauteres Mittel. Wenn Lernen kein Spiel ist, dann taugt es nicht.




PS:

Von der thüringischen Lehrerschaft gibt es eine Broschüre zu Lesekompetenz, die mir viel besser gefällt.

#212:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 18.01.2018, 04:29
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
....
Außerdem zeigen sich positive Auswirkungen nur für das Lesetempo. Das Leseverständnis steigt hingegen kaum.

Forschungsbericht hat folgendes geschrieben:
Ausgenommen bei den Klassen Nr. 7, 8 und 11 ist zwischen den Messzeitpunkten t1 und t5 ein Zuwachs beim Verständnis-Check zu verzeichnen. Dieser fällt jedoch deutlich niedriger aus als der Zuwachs beim Tempo-Check.



Die Handreichung erklärt das mit der erreichbaren Punktzahl:
Forschungsbericht hat folgendes geschrieben:
Dies ist allerdings darauf zurückzuführen, dass die er reichbaren Punkte beim Verständnis-Check viel geringer sind (nur 17 erreichbare Punkte pro Verständnis-Check gegenüber 70 Punkten beim Tempo-Check) und eine Verbesserung aus diesem Grund vor allem graphisch weniger deutlich erkennbar wird.

Das ist ziemlich falsch. Wo haben die Leute rechnen gelernt?

Ob sich jemand beispielsweise von 35 auf 70 Punkte steigert, oder von 8 auf 16, beides ist graphisch wie numerisch die gleiche Steigerung.
....

Was falsch ist, ist, dass Du davon ausgehst, dass die Darstellung in einer pädagogischen Veröffentlichung sinnvoll gewählt wird.

Pädagogen gehen doch nicht von relativen Zuwächsen aus, in der Pädagogik wird absolut gemessen. Und dann sind die Zuwächse bei der einen Messreihe mit dem geringeren Maximalwert eben geringer. Das ist wirklich so, und damit auch nicht falsch. Ob das sinnvoll ist, das so darzustellen, ist eine andere Frage.

#213:  Autor: sponorWohnort: München BeitragVerfasst am: 18.01.2018, 09:16
    —
Vom konkreten Beispiel hier weiß ich nichts, aber bei uns in der Grundschule werden in den Klassen auch "Lesepässe" zwecks Motivation täglichen Übens verteilt (eigene, ohne "wissenschaftlichen Hintergrund"). Sobald die Kinder sich darauf ~10 mal unterschreiben ließen, dass sie eine bestimmte, ans Können angepasste Zeit lang gelesen haben, können sie die Pässe in eine Belohnungseinheit umtauschen. Macht jeder Lehrer (tatsächlich ist auch 1 Mann dabei!) individuell.

Ich kann da jetzt nichts verwerfliches dran finden – am Anfang ist es einfach sehr mühsam Lesen zu lernen. Dafür intrinsische Motivation zu finden ist nicht allen gegeben, die kommt dann später (hoffentlich) schon. (Und sei es per Asterix, wovon man unseren Großen derzeit oft nur per Trennschleifer wegkriegt. zwinkern)

#214:  Autor: astarte BeitragVerfasst am: 18.01.2018, 09:31
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
FLOH-Lesefitness
.....
Zitat:
Basale Lesekompetenz fördern
Ein Forschungsbericht zum FLOH-Lesefitness-Training

vorgelegt von Prof. Dr. Gabriele Gien, Lehrstuhl für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt


Um die Kinder auch zu Hause zum Lesen anzuspornen, werden die Eltern mit einbezogen. Sie sollen eine – wenn möglich – tägliche Lesezeit ihres Kindes von fünf bis zehn Minuten bestätigen, was dann mit einem Papiermotiv, beispielsweise einem Baustein, einem Blatt oder einer Blume belohnt wird.

https://www.domino-verlag.de/wp-content/uploads/2016/06/Lesefitness-Studie.pdf

Belohnung als pädagogisches Mittel? Ach nee.

.......

Nochmal zur Sache mit der Belohnung.

Wenn man etwas macht, macht man es der Sache wegen. Die Belohnung für's lesen lernen ist lesen können. Ich dachte, die Pädagogen seien schon weiter und hätten das verstanden. Zweifellos ist Lesen eine Kernkompetenz, aber es mit der Brechstange zu versuchen, hilft auch nix. Belohnung ist Bestechung ist unlauteres Mittel. Wenn Lernen kein Spiel ist, dann taugt es nicht.

Bestechung mit einem Papiermotiv? Ohje! Smilie
Das ist doch eher eine Anerkennung. Und Anerkennung und Lob ist auch Belohnung. Auch verwerflich?
Dass es genau um diejenigen gehen mag, die es wegen der Sache allein eben nicht machen, kommt dir nicht in den Sinn? Eventuell um diese Familien, in denen den Eltern schon der Spaß am Lesen an sich fern ist? Die Kinder fordern die Bestätigung, was die Eltern eben mit einbezieht, und die Kinder sind dann stolz auf ihr Papiermotiv. Der Stolz und die Belohnung, dass das Lesen durch die Übung bald nicht mehr so schwierig und abschreckend erscheint, vielleicht sogar anfängt Spaß zu machen, kommt ja erst mit der Zeit! (wie es sponor oben auch richtig sagt)

#215:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 18.01.2018, 12:08
    —
astarte hat folgendes geschrieben:
....
Dass es genau um diejenigen gehen mag, die es wegen der Sache allein eben nicht machen, kommt dir nicht in den Sinn? Eventuell um diese Familien, in denen den Eltern schon der Spaß am Lesen an sich fern ist? ...

Das dürfte ein sehr wesentlicher Punkt sein. Ich habe über einen Kindergartenfreund meines jüngeren Sohnes erst lernen müssen, dass es Familien gibt, in denen nicht vorgelesen wird. Der hat tatsächlich beim Vorlesen mit großen Augen dagesessen, mit zugehört, und dann erzählt, so etwas würden seine Eltern nicht machen....

Die Konsequenz war, dass der besagte Sohn, der in der Schule nie das Lesen gelernt hätte, sondern sich zum funktionalen Analphabeten durchgemogelt hätte, weil er (bei überdurchschnittlicher Intelligenz) Legastheniker in einem Ausmaß ist, das ich mir vorher nicht vorstellen konnte, in der 5. Klasse als einer der besten Leser galt, weil ich täglich mit ihm geübt habe, wozu selbstverständlich gehört hat, dass auch ich weiter vorgelesen habe. (Ich habe das bis zum Alter von ca 12 täglich mit ihm gemacht, bis 14 dann mit verringerter Frequenz. Er wird jetzt 17 liest für meine Ohren immer noch nicht wirklich flüssig. Aber ich bewundere ihn insgesamt für dieses Durchhalten.)

Der einzige Schluss, den ich daraus ziehen kann, ist der, dass in ziemlich vielen Haushalten gar nicht mit den Kindern gelesen wird, auch nicht ihnen vorgelesen. Vor dem Hintergrund kann ich diese milde Motivation auch nicht verdammen. Lesenkönnen ist tatsächlich die eigentliche Belohnung - aber die fährt nur ein, wer lange genug übt, was bei unterschiedlichen Kindern unterschiedlich lange dauert. Es scheint heute sehr vielen Kindern zu lange zu dauern, als dass sie ohne weitere Unterstützung am Ball bleiben.

#216:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 18.01.2018, 23:33
    —
Kurz vorausgeschickt, damit ich das nicht in die folgenden Antworten pressen muß. Aus dem Vorwort der erwähnten thüringischen Broschüre Lesen wollen - Lesen lernen - Lesen können.

Mir gefällt, wie der Text Neugier und die Verhinderung von Neugier beschreibt. Mir gefällt auch die Gelassenheit, die ganz im Gegensatz zu einem vermeintlichen Pisa-"Schock" steht.


Zitat:
Das Spielen und das Lesen

Das war gemein! Mein Vater hielt sich die Zeitung ewig lange vor die Nase, eine Zeitung, die ganz oben verschnörkelte schwarze große Zeichen hatte. Darunter gab es endlose Zeilen, selten von ein paar sehr grauen Bildern unterbrochen. Was steht denn drin? wollte ich ungeduldig wissen. Nichts, was dich interessiert, beschied mein Vater. Du wirst schon noch früh genug lesen lernen.

Das war sehr gemein! Genau wie die Antwort meiner Mutter, wenn ich fragte, ob die Babys zum Bauchknopf herauskommen: Das wirst Du später erfahren, wenn Du groß bist. Erwachsene, und besonders Eltern, waren in der Tat gemein. Alles sollte man erst später erfahren, wenn man lesen konnte. Doch würde es mir dann noch etwas nützen? Ich wollte jetzt und gerade jetzt wissen, was in der Zeitung stand und wozu der Bauchknopf überhaupt da war.

[...]

Zum Schluss eines jeden Textes sollte eine Zusammenfassung stehen. Hier ist sie:

Wer gut lesen kann, hat sicherlich manche Vorteile. Ob er dadurch glücklich wird, steht auf einem anderen Blatt: geschrieben, gedruckt oder in unsichtbarer Tinte. Denn im wahren Leben ist es oft besser, man ist gut in Sport und Spiel. Am besten aber, man versteht sich auf spielerisches Lesen und gelassenes Leben.

https://www.db-thueringen.de/servlets/MCRFileNodeServlet/dbt_derivate_00028136/175alles.pdf

#217:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 19.01.2018, 01:14
    —
astarte hat folgendes geschrieben:
Bestechung mit einem Papiermotiv? Ohje! Smilie

Auch Ohje. Da haben wir wohl einen Grundsatzkonflikt.


astarte hat folgendes geschrieben:
Das ist doch eher eine Anerkennung. Und Anerkennung und Lob ist auch Belohnung. Auch verwerflich?

Ja, verwerflich im Sinne, daß man es verwerfen, weglassen kann.

Ist inzwischen nicht mal mehr eine völlige Außenseiterposition. *uff*

Zitat:
"Belohnungen sind eine Form der Strafe"

Eine Mutter fragt: Hallo Frau Saalfrank, mein Sohn ist jetzt fünf Jahre alt und hat gestern die Stützrädchen vom Fahrrad selbst abgemacht und ist zum ersten Mal ohne Hilfe gefahren. Ich hab ihm für diesen Schritt schon lange eine große Tafel Schokolade als Belohnung versprochen.

Katharina Saalfrank antwortet: Sie können natürlich Schokolade schenken und das so machen. Ich möchte Sie aber für die dahinter liegenden Mechanismen sensibilisieren. Interessant zu wissen ist dabei Folgendes: Vor allem ist das Belohnen, Loben und Belobigen ein manipulativer Umgang mit Kindern. Das machen wir uns oft gar nicht klar, weil es so gut klappt und auf den ersten Blick effektiv ist.

Schauen wir genauer hin, stellen wir fest, dass es entwicklungspsychologisch aber nicht sinnvoll ist. Denn es ist erwiesen, dass die Motivation aus dem Menschen selbst heraus noch wirksamer ist als die Motivation von außen. Die Entwicklungspsychologie geht davon aus, dass Kinder von sich aus selbstständig werden und aus sich heraus handeln wollen. Sie tragen also den Motor für ihre Entwicklung in sich und benötigen keine Motivation von außen.

http://www.spiegel.de/gesundheit/psychologie/belohnungen-sind-eine-form-der-strafe-sagt-katharina-saalfrank-a-1182021.html


Das deckt sich damit:

smallie hat folgendes geschrieben:
Play as a Foundation for Hunter-Gatherer Social Existence

Jäger und Sammler erteilen ihren Kindern keine Anordnungen ... Sie erteilen kein Lob und haben kein besonderes Augenmerk auf deren Entwicklung.
...
Man ist sehr interessiert daran, was jeder tut, aber niemand versucht, das zu beeinflussen - oder gar zu erzwingen. Der Antrieb des Kindes ist sein eigener Wille.




astarte hat folgendes geschrieben:
Dass es genau um diejenigen gehen mag, die es wegen der Sache allein eben nicht machen, kommt dir nicht in den Sinn?

Doch, schon. Ich meine nur, das FLOH-Training sei hier nutzlos.


astarte hat folgendes geschrieben:
... und die Kinder sind dann stolz auf ihr Papiermotiv.

Das hältst du für erstrebenswert? Kinder dazu abzurichten, stolz auf Papiermotive zu sein?



astarte hat folgendes geschrieben:
Der Stolz und die Belohnung, dass das Lesen durch die Übung bald nicht mehr so schwierig und abschreckend erscheint, vielleicht sogar anfängt Spaß zu machen, kommt ja erst mit der Zeit! (wie es sponor oben auch richtig sagt)

Falls folgendes aus der thüringischen Arbeit stimmt, ist es eher umgekehrt. Viele Schüler verlieren ihre Lust am Lesen erst mit der Zeit.

Lesen wollen hat folgendes geschrieben:
Karin Richter und Monika Plath untersuchten 2001 1200 Kinder der zweiten bis vierten Klasse hinsichtlich ihrer Lesemotivation und kamen hierbei zu dem Ergebnis, dass ein Leseknick nach der 2. Klasse erfolgte ... Dies bedeutet, dass die Lesemotivation unserer Schülerinnen und Schüler im Alter von sieben bis neun Jahren erheblich abnimmt. Auch andere Studien deuten auf einen Leseknick zwischen dem achten und dem zehnten Lebensjahr hin und sowie zwischen dem 11. bis 13. Lebensjahr (Harmgarth 1997).

Das Zitat ist ein bisschen Radio Eriwan - wo immer man hinschaut findet man Leseknicke. Aber es stellt die richtige Frage, wie nachhaltig ein nudging beim Lesenlernen sein kann.

#218:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 19.01.2018, 01:20
    —
Wenn mir etwas suspekt erscheint, ist das zuerst eine Ahnung, ein Bauchgefühl. Hier habe ich eine schlechte Ahnung. Aus dem Waschzettel des Verlages, der FLOH herausgibt:


Zitat:
Ziel: Förderung der Lesemotivation, Steigerung der Leseleistung

Jedes Kind wird bei seinem Lesefertigkeitsstand abgeholt und trainiert individuell und kompetenzorientiert seine Lesefähigkeiten mit 7 Verständnis- und 7 Tempo-Checks im Schuljahr

https://www.domino-verlag.de/lehrer/lesefitness/

Welch mehrdeutige Folter der deutschen Sprache. Wer solche Sätze sagt, ist nicht kompetent, um Lesechecks herauszugeben.

Aber Hauptsache, wir haben Checks. Let's Rock



Die Materialien des FLOH-Trainings stammen aus einer Stiftung des Domino-Verlages. Der Verlag gibt auch eine Kinderzeitschrift heraus.
Zitat:
Lesen lernt man nur durch Lesen – daher gibt es dazu für Sie als Lehrkraft alle 14 Tage ein neues FLOHKISTE/floh!-Heft mit vielen verschiedenen Texten in unterschiedlichen Längen und Textsorten. Alle Checks basieren auf Texten aus FLOHKISTE/floh! und bei vielen Geschichten fehlt im Check der Schluss. Diesen können Sie dann im begleitenden, im Preis inbegriffenen Abonnement zu Ende lesen lassen.

Auch das ist mir suspekt. Wie genau der Domino-Verlag und der VBE verbandelt sind, habe ich nicht weiter verfolgt.

#219:  Autor: astarte BeitragVerfasst am: 19.01.2018, 11:03
    —
smallie hat folgendes geschrieben:

astarte hat folgendes geschrieben:
Das ist doch eher eine Anerkennung. Und Anerkennung und Lob ist auch Belohnung. Auch verwerflich?

Ja, verwerflich im Sinne, daß man es verwerfen, weglassen kann.

Okaaay. Lassen wir also Anerkennung weg. Dann aber bloß nicht zeigen, dass man gut findet, wenn ein Kind sich anstrengt, und etwas erreicht hat. Könnte ja Anerkennung sein. Weiß ja jeder, dass auch Erwachsene sehr gut ohne Anerkennung für ihre Arbeit immer motiviert bleiben. Smilie
smallie hat folgendes geschrieben:

Ist inzwischen nicht mal mehr eine völlige Außenseiterposition. *uff*

Zitat:
"Belohnungen sind eine Form der Strafe"

Eine Mutter fragt: Hallo Frau Saalfrank, mein Sohn ist jetzt fünf Jahre alt und hat gestern die Stützrädchen vom Fahrrad selbst abgemacht und ist zum ersten Mal ohne Hilfe gefahren. Ich hab ihm für diesen Schritt schon lange eine große Tafel Schokolade als Belohnung versprochen.

Katharina Saalfrank antwortet: Sie können natürlich Schokolade schenken und das so machen. Ich möchte Sie aber für die dahinter liegenden Mechanismen sensibilisieren. Interessant zu wissen ist dabei Folgendes: Vor allem ist das Belohnen, Loben und Belobigen ein manipulativer Umgang mit Kindern. Das machen wir uns oft gar nicht klar, weil es so gut klappt und auf den ersten Blick effektiv ist.

Schauen wir genauer hin, stellen wir fest, dass es entwicklungspsychologisch aber nicht sinnvoll ist. Denn es ist erwiesen, dass die Motivation aus dem Menschen selbst heraus noch wirksamer ist als die Motivation von außen. Die Entwicklungspsychologie geht davon aus, dass Kinder von sich aus selbstständig werden und aus sich heraus handeln wollen. Sie tragen also den Motor für ihre Entwicklung in sich und benötigen keine Motivation von außen.

http://www.spiegel.de/gesundheit/psychologie/belohnungen-sind-eine-form-der-strafe-sagt-katharina-saalfrank-a-1182021.html


Das deckt sich damit:

smallie hat folgendes geschrieben:
Play as a Foundation for Hunter-Gatherer Social Existence

Jäger und Sammler erteilen ihren Kindern keine Anordnungen ... Sie erteilen kein Lob und haben kein besonderes Augenmerk auf deren Entwicklung.
...
Man ist sehr interessiert daran, was jeder tut, aber niemand versucht, das zu beeinflussen - oder gar zu erzwingen. Der Antrieb des Kindes ist sein eigener Wille.

Okaaay..... Man hat kein besonderes Augenmerk auf die Entwicklung, aber ist sehr interessiert daran was jeder tut? Was denn jetzt? Und wir waren bei Familien, wo man das (Lesen aus Interesse und Spaß) ja eben nicht tut.
Wir waren bei Familien, in denen das mit der intrinsischen Motivation bezüglich des Lesens nicht funktioniert. Wo Lesen keine Beschäftigung ist, die man gern tut, die man aus Interesse tut, sondern nur zur Not wenns sein muss, und mühsam? Oder wo Lesenkönnen, nicht als wichtig, und der Spaß und das Interesse am Lesen nicht vorgelebt und vermittelt wurde, und die Neugier darauf bis zum Schuleintritt nicht geweckt wurde?
Wenn Lesen keine Freizeitbeschäftigung ist, wenn ein Kind in seiner engeren Umgebung nie Menschen mit Interesse und Freude einfach lesen sieht? Du meinst, da kommen die Kinder schon von selber drauf?

Kinder aus solchen Familien treffen also in der 1. Klasse auf Kinder, die diese Motivation mitbringen, und einen Packen Vorerfahrungen durch häufiges Vorlesen haben, evtl schon etwas lesen können, und flott voran kommen. Sie fühlen sich schnell abgehängt, sammeln Misserfolgserlebnise weil ihnen die Vorerfahrungen fehlen.
Oder sie landen in einer Klasse wo mehrheitlich kaum Lesemotivation mitgebracht wird. Was denkst du, woher die dann auf einmal kommen soll?
Und du meinst, die soll man nicht versuchen mit phösen Anreizen zu helfen zu etwas Motivation zu kommen?
Zitat:

astarte hat folgendes geschrieben:
Dass es genau um diejenigen gehen mag, die es wegen der Sache allein eben nicht machen, kommt dir nicht in den Sinn?

Doch, schon. Ich meine nur, das FLOH-Training sei hier nutzlos.

Na dann mach mal bessere Vorschläge, was Lehrer machen sollen, damit nicht so viele Kinder schon beim Lesenlernen abgehängt werden.

smallie hat folgendes geschrieben:

astarte hat folgendes geschrieben:
... und die Kinder sind dann stolz auf ihr Papiermotiv.

Das hältst du für erstrebenswert? Kinder dazu abzurichten, stolz auf Papiermotive zu sein?

Du hältst es für besser, es zu unterlassen, sie erst mal sanft extrinsisch zu motivieren. Und so zu versuchen, ihnen den Weg zum Erfolg und zu dem Erlebnis, dass man mit diesem Text mühsam zu entziffern zu lernen, spannendes erfahren kann, überhaupt zu ermöglichen?

smallie hat folgendes geschrieben:

astarte hat folgendes geschrieben:
Der Stolz und die Belohnung, dass das Lesen durch die Übung bald nicht mehr so schwierig und abschreckend erscheint, vielleicht sogar anfängt Spaß zu machen, kommt ja erst mit der Zeit! (wie es sponor oben auch richtig sagt)

Falls folgendes aus der thüringischen Arbeit stimmt, ist es eher umgekehrt. Viele Schüler verlieren ihre Lust am Lesen erst mit der Zeit.

Lesen wollen hat folgendes geschrieben:
Karin Richter und Monika Plath untersuchten 2001 1200 Kinder der zweiten bis vierten Klasse hinsichtlich ihrer Lesemotivation und kamen hierbei zu dem Ergebnis, dass ein Leseknick nach der 2. Klasse erfolgte ... Dies bedeutet, dass die Lesemotivation unserer Schülerinnen und Schüler im Alter von sieben bis neun Jahren erheblich abnimmt. Auch andere Studien deuten auf einen Leseknick zwischen dem achten und dem zehnten Lebensjahr hin und sowie zwischen dem 11. bis 13. Lebensjahr (Harmgarth 1997).

Das Zitat ist ein bisschen Radio Eriwan - wo immer man hinschaut findet man Leseknicke. Aber es stellt die richtige Frage, wie nachhaltig ein nudging beim Lesenlernen sein kann.

Nach der zweiten Klasse, sollte das flüssige Lesen ja schon funktionieren. Wer die Neugier nicht ganz verloren hatte, aber durch wenig Unterstützung zuhause, keine Vorerfahrungen und mangelnde Motivation durch Vorbilder zuhause, noch immer mühsam entziffert, und noch nicht zum flüssigen Lesen kam, der mag dann die Lust verlieren, kann gut sein. Wenn in der außerschulischen Umgebung Lesen einfach keine Freizeitbeschäftigung ist, sondern andere Dinge als wichtig vorgelebt werden, dann ist es nun mal schwierig, sich weiter zu motivieren.

Nach deinen Ausführungen scheint dein Schluss zu sein: wenn die Kinder nicht von sich aus die Motivation mitbringen Lesen lernen zu wollen, dann kann die Schule auch nix machen.
Aber da es ganz schlimm ist, sie "abzurichten" in dem man ihren Stolz weckt, und somit die Bemühung belohnt, damit sie zur Belohnung an sich ("Ich erfahre eine spannende Geschichte, weil ich flüssig und sinnerfassend Lesen kann") überhaupt kommen, lassen wir das halt. Mit den Augen rollen

#220:  Autor: astarte BeitragVerfasst am: 19.01.2018, 12:02
    —
Zudem ist so ein Projekt auch nur EIN Baustein, Lesemotivation zusätzlich zu fördern.

Fördern müsste man sie ja gar nicht, wenn sie sowieso immer da wäre, wie smallie andeutet. Lachen
Das Problem ist, dass ganz kleine Kinder an allem Interesse mitbringen, aber dann durch Beobachtung, Nachahmen natürlich nur das anstreben, was ihnen geboten wird. Die Möglichkeit, die Anregung muss schon da sein. In einer Familie und Umgebung, die keinerlei Sport treibt, hat es die Motivation Sport zu machen ebenso schwer.

In meinem Dorf zB gehen die Grundschüler einmal in 14 Tagen in die örtliche kleine Bücherei, die gut mit Kinderbüchern jeder Art ausgestattet ist. Druck besteht soweit ich weiß nur, indem sie mit der Klasse in der Unterrichtszeit dorthin gehen, und jeder mindestens ein Buch mitnehmen muss. Videos und Hörspiele dürfen in der Zeit nicht ausgeliehen werden, wer die will, muss mit den Eltern kommen. (ohhhh phöse Manipulation, ein Abrichtungsversuch: nicht lesende Eltern werden von den Kindern in die Bücherei geschleppt, weil es dort DVDs gibt, und da sehen sie aber viel mehr Bücher, und das Interesse könnte geweckt werden! Geschockt) Soviel ich weiß, wird auch nicht abgefragt, ob das Kind jedes Buch wirklich liest und wie viel es vom Inhalt behalten hat.
Der Anreiz soll sein, dass die Kinder die Vielfalt der Bücher sehen.
Der Reiz der vielen Bücher wirkt bei den Meisten, die meisten nehmen mehr als ein Buch mit, und wühlen mit Begeisterung, stöbern und schmökern. Daneben sehen sie das Angebot für die Erwachsenen schon da stehen, und die Besucher, die sich dort eindecken.

Hin und wieder macht die Schule dann Aktionen, dass jedes Kind sein Lieblingsbuch benennen soll, kurz den Inhalt beschreiben soll, was es daran so mag, und evtl ein Bild dazu malt. Diese Blätter werden dann in der Bücherei ausgestellt. Ohne Wertung. Aber: Ohhhh Manipulation, Anerkennung, Abrichtung, Dressur! Bestimmt phöse!!! zynisches Grinsen

Das wäre für die Kinder nicht nötig, die sowieso seit sie leben mit den Eltern kommen, und mit Büchern und Lesen aufwachsen. Die bleiben nicht beim Regal mit ihrer Altersempfehlung, die sind zum Ende der Grundschulzeit bei den Jugendbüchern angelangt. Die brauchen keine Projekte, aber bei anderen wird dadurch die Neugier erst richtig geweckt, sie wissen oft gar nicht, was es alles für Bücher gibt. Sie werden vielleicht keine Vielleser, aber zumindest besteht die Chance, dass die intrinsische Motivation angeregt wird. Manche möchten immer lieber Sachbücher mit vielen Bildern und wenig Text mitnehmen, oder gleich Bilderbücher. Aber immerhin. Besser wie nix.

#221:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 19.01.2018, 12:29
    —
Ich komme aus dem Präkariat; kann man so sagen. Eine reine Arbeitersiedlung. 80% der Väter arbeitete in eine der Bergwerke im Ort.
Meine Mutter habe ich nie ein Buch lesen sehen.
Für "kulturelle Events" war die Kirche zuständig. -Pfadfinder, lokales Volkstheater, Jugendheime, etc- hatten alle einen kirchlichen Überbau.

Es hat Jahrzehnte gebraucht, bis ich gemerkt habe, dass es neben Geld verdienen noch andere Themen gibt.
Diese Geistesarmut ist fast noch schlimmer als die finanzielle.

Man sollte keine Gelegenheit versäumen, was gegen Geistesarmut zu unternehmen.

#222:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 19.01.2018, 13:31
    —
astarte hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:

Zitat:
"Belohnungen sind eine Form der Strafe"

Eine Mutter fragt: Hallo Frau Saalfrank, mein Sohn ist jetzt fünf Jahre alt und hat gestern die Stützrädchen vom Fahrrad selbst abgemacht und ist zum ersten Mal ohne Hilfe gefahren. Ich hab ihm für diesen Schritt schon lange eine große Tafel Schokolade als Belohnung versprochen.

Katharina Saalfrank antwortet: Sie können natürlich Schokolade schenken und das so machen. Ich möchte Sie aber für die dahinter liegenden Mechanismen sensibilisieren. Interessant zu wissen ist dabei Folgendes: Vor allem ist das Belohnen, Loben und Belobigen ein manipulativer Umgang mit Kindern. Das machen wir uns oft gar nicht klar, weil es so gut klappt und auf den ersten Blick effektiv ist.

Schauen wir genauer hin, stellen wir fest, dass es entwicklungspsychologisch aber nicht sinnvoll ist. Denn es ist erwiesen, dass die Motivation aus dem Menschen selbst heraus noch wirksamer ist als die Motivation von außen. Die Entwicklungspsychologie geht davon aus, dass Kinder von sich aus selbstständig werden und aus sich heraus handeln wollen. Sie tragen also den Motor für ihre Entwicklung in sich und benötigen keine Motivation von außen.

http://www.spiegel.de/gesundheit/psychologie/belohnungen-sind-eine-form-der-strafe-sagt-katharina-saalfrank-a-1182021.html


Das deckt sich damit:

smallie hat folgendes geschrieben:
Play as a Foundation for Hunter-Gatherer Social Existence

Jäger und Sammler erteilen ihren Kindern keine Anordnungen ... Sie erteilen kein Lob und haben kein besonderes Augenmerk auf deren Entwicklung.
...
Man ist sehr interessiert daran, was jeder tut, aber niemand versucht, das zu beeinflussen - oder gar zu erzwingen. Der Antrieb des Kindes ist sein eigener Wille.

Okaaay..... Man hat kein besonderes Augenmerk auf die Entwicklung, aber ist sehr interessiert daran was jeder tut? Was denn jetzt? Und wir waren bei Familien, wo man das (Lesen aus Interesse und Spaß) ja eben nicht tut.
Wir waren bei Familien, in denen das mit der intrinsischen Motivation bezüglich des Lesens nicht funktioniert. Wo Lesen keine Beschäftigung ist, die man gern tut, die man aus Interesse tut, sondern nur zur Not wenns sein muss, und mühsam? Oder wo Lesenkönnen, nicht als wichtig, und der Spaß und das Interesse am Lesen nicht vorgelebt und vermittelt wurde, und die Neugier darauf bis zum Schuleintritt nicht geweckt wurde?


Ich sehe da eigentlich keinen Widerspruch bei Euch. Der Vorwurf, man würde Kinder manipulieren, bezieht sich ja darauf, sie mit 'themenfremden' Belohnungen zum Lesen zu bringen. Vorlesen würde ich in diesem Zusammenhang nicht als Manipulation sehen, denn es wird ja nicht versucht, das Kind mit einem starken Anreiz, der mit der Sache nichts zu tun hat, zum Lesen zu bewegen, sondern durch die Sache an sich. Beim Vorlesen wird dem Kind etwas präsentiert, das ihm (hoffentlich) Freude macht und das es ohne Hilfe anderer erreichen kann, wenn es sich die entsprechenden Fähigkeiten aneignet. Das Kind wird nicht über seinen Wunsch nach Süssem manipuliert, sondern durch den Wunsch, 'das' auch zu können, motiviert.

#223:  Autor: astarte BeitragVerfasst am: 19.01.2018, 13:57
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:

Ich sehe da eigentlich keinen Widerspruch bei Euch. Der Vorwurf, man würde Kinder manipulieren, bezieht sich ja darauf, sie mit 'themenfremden' Belohnungen zum Lesen zu bringen. Vorlesen würde ich in diesem Zusammenhang nicht als Manipulation sehen, denn es wird ja nicht versucht, das Kind mit einem starken Anreiz, der mit der Sache nichts zu tun hat, zum Lesen zu bewegen, sondern durch die Sache an sich. Beim Vorlesen wird dem Kind etwas präsentiert, das ihm (hoffentlich) Freude macht und das es ohne Hilfe anderer erreichen kann, wenn es sich die entsprechenden Fähigkeiten aneignet. Das Kind wird nicht über seinen Wunsch nach Süssem manipuliert, sondern durch den Wunsch, 'das' auch zu können, motiviert.

smallie fand die Belohnung durch ein Papiermotiv verwerflich, das die Kinder für Unterschriften der Eltern bekommen, die bestätigen, dass die Kinder 10 bis 15 Minuten gelesen haben. Das kann man als "themenfremde" Belohnung bezeichnen.

Das Argument, es würde nichts nützen, weil die Motivation des Kindes ja immer da sei, ist für mich aber Blödsinn. Die ist eben leider in vielen Fällen heute nicht da, weil in vielen Familien eben nicht vorgelesen wird, und nicht gelesen wird.

Effektiver mag sein, Eltern eine Belohnung zu bieten, die ihren Kindern schon im Kleinkindalter täglich vorlesen, die von selbst auf diese Idee nicht kommen. Aber das war nicht Thema.

#224:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 19.01.2018, 14:07
    —
astarte hat folgendes geschrieben:
Das Argument, es würde nichts nützen, weil die Motivation des Kindes ja immer da sei, ist für mich aber Blödsinn. Die ist eben leider in vielen Fällen heute nicht da, weil in vielen Familien eben nicht vorgelesen wird, und nicht gelesen wird.


Die Motivation zum Lesen ist nicht da, weil die Kinder alle Möglichkeiten haben, sich multimedial zu unterhalten. Die heutige Elterngeneration ist ja auch die, die als erste die Möglichkeit hatte, sich als Kind rundum vom Fernsehen berieseln zu lassen.

#225:  Autor: astarte BeitragVerfasst am: 19.01.2018, 14:35
    —
Dem Artikel aus smallies Beitrag kann ich übrigens durchaus zustimmen.
http://www.spiegel.de/gesundheit/psychologie/belohnungen-sind-eine-form-der-strafe-sagt-katharina-saalfrank-a-1182021.html

Ein Kind sieht andere Kinder fahrradfahren, es hat eins zur Verfügung, da ist die Motivation vom Kind meist da, es zu lernen.
Ein Kind für Leistungen oft zu belohnen, kann durchaus die intrinsische Motivation stören.

Das Problem ist aber, dass vom Kind verlangt wird, Lesen zu üben, auch wenn es daran kein eigenes Interesse entwickelt hat (nicht entwickeln konnte?), oder nicht ausreichend viel, um die Mühe auf sich zu nehmen.

#226:  Autor: Samson83 BeitragVerfasst am: 19.01.2018, 14:35
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
astarte hat folgendes geschrieben:
Das Argument, es würde nichts nützen, weil die Motivation des Kindes ja immer da sei, ist für mich aber Blödsinn. Die ist eben leider in vielen Fällen heute nicht da, weil in vielen Familien eben nicht vorgelesen wird, und nicht gelesen wird.


Die Motivation zum Lesen ist nicht da, weil die Kinder alle Möglichkeiten haben, sich multimedial zu unterhalten. Die heutige Elterngeneration ist ja auch die, die als erste die Möglichkeit hatte, sich als Kind rundum vom Fernsehen berieseln zu lassen.

Ich frage mich dennoch, ob früher mehr gelesen wurde, also ca. Anfang des Jahrhunderts. Es taucht in alten Büchern immer wieder die Phrase auf, dass gerade in ländlichen Gegenden die einzigen Bücher Bibel und Gesangbuch waren. Meine Oma (9Cool ist auch heute noch nahezu Analphabetin und war nur 4 Jahre auf der Schule (das nahm man in Ostpreußen damals auffem Land nicht so genau,gerade bei Mädchen...)

#227:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 19.01.2018, 14:42
    —
Samson83 hat folgendes geschrieben:

Ich frage mich dennoch, ob früher mehr gelesen wurde, also ca. Anfang des Jahrhunderts.


So vor 18 Jahren? Glaube nicht.

#228:  Autor: astarte BeitragVerfasst am: 19.01.2018, 14:50
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
astarte hat folgendes geschrieben:
Das Argument, es würde nichts nützen, weil die Motivation des Kindes ja immer da sei, ist für mich aber Blödsinn. Die ist eben leider in vielen Fällen heute nicht da, weil in vielen Familien eben nicht vorgelesen wird, und nicht gelesen wird.


Die Motivation zum Lesen ist nicht da, weil die Kinder alle Möglichkeiten haben, sich multimedial zu unterhalten. Die heutige Elterngeneration ist ja auch die, die als erste die Möglichkeit hatte, sich als Kind rundum vom Fernsehen berieseln zu lassen.

Eben, aber es muss dennoch geübt werden.
Und trotzdem alle Kinder die Möglichkeit haben, sich multimedial zu unterhalten, gibt es immer noch Kinder, die sehr gerne lesen. Es kommt mMn eben drauf an, ob die Kinder im Alltag erleben, dass Bücher selbstverständlich rumliegen, benutzt werden, eine interessante Alternative sind, oder ob im Haushalt nur ein paar geschenkte Bücher einsam im Regal als Deko verstauben, und Mutti oder Vati und die älteren Geschwister nie mit einem in der Hand gesehen wurden. Während RTL2 und facebook offensichtlich viel interessanter sind.

Wenn aber die große Schwester/der große Bruder sich neben anderem auch dicke Romane wünscht, und tagelang damit im Zimmer versackt. Und wenn das Kind die auch sehen will, sagen "nix da, das ist nichts für so Kleine". Wenn die Eltern sich auch öfter mit Büchern entspannen, oder Wissen daraus holen, und jeden Abend ein Buch vorgelesen wird, mit sichtlicher Freude daran und nicht mit der Miene "Mist, jetzt muss ich wieder, weil im Kiga gesagt wurde, die Kinder lernens nicht, wenn ich nicht vorlese." Dann wird das Kind neugierig, selbst die Geschichten und das Wissen aus den Buchstaben ziehen zu können.

Das ist ähnlich beim selbst kochen, beim Sport, bei Musik selbst machen. Nur das Lesen lernen müssen kommt halt bei jedem hierzulande, und ist ein wichtiger Punkt zur Teilhabe am Leben und den beruflichen Erfolg.
edit: RS

#229:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 19.01.2018, 15:17
    —
astarte hat folgendes geschrieben:
Das ist ähnlich beim selbst kochen, beim Sport, bei Musik selbst machen. Nur das Lesen lernen müssen kommt halt bei jedem hierzulande, und ist ein wichtiger Punkt zur Teilhabe am Leben und den beruflichen Erfolg.


Ich sehe das gelassen. Einer meiner Freunde war - als ich ihn kennen gelernt habe - ein Lesemuffel. In seinem Bücherregal standen ein paar Lustige Taschenbücher, die typischen Restbestände aus der Kindheit (diese billigen Kurzfassungen von Robinson Crusoe und die Schatzinsel)und ein Buch mit den witzigsten Sprüchen von Al Bundy. Damals waren wir Anfang/Mitte 20. Über seine erste Frau - die Literaturwissenschaft studiert hat - hat er seine Liebe zur Literatur entdeckt, hat das Studienfach gewechselt und ist heute Deutschlehrer und Hobbyautor.

#230:  Autor: Samson83 BeitragVerfasst am: 19.01.2018, 17:29
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:

Ich frage mich dennoch, ob früher mehr gelesen wurde, also ca. Anfang des Jahrhunderts.


So vor 18 Jahren? Glaube nicht.

"das Jahrhundert" wird gefühlt immer das 20. bleiben. Isso.

#231:  Autor: sehr gut BeitragVerfasst am: 19.01.2018, 22:35
    —
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Ich komme aus dem Präkariat; kann man so sagen. Eine reine Arbeitersiedlung. 80% der Väter arbeitete in eine der Bergwerke im Ort.
Meine Mutter habe ich nie ein Buch lesen sehen.
Für "kulturelle Events" war die Kirche zuständig. -Pfadfinder, lokales Volkstheater, Jugendheime, etc- hatten alle einen kirchlichen Überbau.

Es hat Jahrzehnte gebraucht, bis ich gemerkt habe, dass es neben Geld verdienen noch andere Themen gibt.
Diese Geistesarmut ist fast noch schlimmer als die finanzielle.

Man sollte keine Gelegenheit versäumen, was gegen Geistesarmut zu unternehmen.

Wobei ein Buch auch 'nur' Gedanken von anderen Menschen transportieren kann, das ein Buch kommen muß um zu eigenen(bzw anderen) Gedanken anzuregen wär wichtig wenn Gedanken um etwas 'falsches' kreisen würden oder sie in einer 'Gedankenwelt' gefangen wären.

Wodrum geht es bei Büchern? Das blosse reinschaufeln von vielen Buchstaben um den Apparat nicht einschlafen zu lassen?

#232:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 19.01.2018, 22:45
    —
sehr gut hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Ich komme aus dem Präkariat; kann man so sagen. Eine reine Arbeitersiedlung. 80% der Väter arbeitete in eine der Bergwerke im Ort.
Meine Mutter habe ich nie ein Buch lesen sehen.
Für "kulturelle Events" war die Kirche zuständig. -Pfadfinder, lokales Volkstheater, Jugendheime, etc- hatten alle einen kirchlichen Überbau.

Es hat Jahrzehnte gebraucht, bis ich gemerkt habe, dass es neben Geld verdienen noch andere Themen gibt.
Diese Geistesarmut ist fast noch schlimmer als die finanzielle.

Man sollte keine Gelegenheit versäumen, was gegen Geistesarmut zu unternehmen.

Wobei ein Buch auch 'nur' Gedanken von anderen Menschen transportieren kann, das ein Buch kommen muß um zu eigenen(bzw anderen) Gedanken anzuregen wär wichtig wenn Gedanken um etwas 'falsches' kreisen würden oder sie in einer 'Gedankenwelt' gefangen wären.

Wodrum geht es bei Büchern? Das blosse reinschaufeln von vielen Buchstaben um den Apparat nicht einschlafen zu lassen?


Ich finde es wichtig, mit möglichst viele diverse Gedanken konfrontiert zu werden.
Nur so lernt man nicht gleich auf jeden "Heilsversprecher" herein zu fallen, die billige Lösungen als Allheilmittel anpreisen, oder auf chemisches Zeugs zu vertrauen dass gleich das Hirn wegspült. Böse

#233:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 19.01.2018, 23:30
    —
sehr gut hat folgendes geschrieben:


[...]
...Wodrum geht es bei Büchern?

Um Bildung.

sehr gut hat folgendes geschrieben:
... Das blosse reinschaufeln von vielen Buchstaben um den Apparat nicht einschlafen zu lassen?

Welchen verschwörungstheoretischen Apparat meinst du?

#234:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 19.01.2018, 23:40
    —
sehr gut hat folgendes geschrieben:
Wodrum geht es bei Büchern? Das blosse reinschaufeln von vielen Buchstaben um den Apparat nicht einschlafen zu lassen?


Du sprichst da ein ganz brandheisses Thema an. Ja, Bücher sind sehr gefährlich. Wenn man sich anschaut, wie liebevoll sie in Buchhandlungen und Bibliotheken dargeboten werden, diesen Tempeln der Belesenheit, kann man gar nicht anders, als von einer neuzeitlichen Religion zu sprechen. Und schau sie Dir doch an, diese belesenen Brillenschlangen, wie selbstgefällig sie in Cafés und auf Parkbänken sitzen, in ihren Schmökern blättern und dem Rest der Welt vortäuschen, sie würden gerade die wichtigste Weisheit der Welt in sich reinschaufeln. Doch verbieten kann man Bücher auch nicht, denn dann würden noch gefährlichere Bücher den Schwarzmarkt überschwemmen. Ganz zu schweigen von der Beschaffungskriminalität, die dann unter den Leseratten ausbrechen würde. Genau, Leseratten! Dieser Name hat schon seinen Grund.

#235:  Autor: sehr gut BeitragVerfasst am: 19.01.2018, 23:49
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:
sehr gut hat folgendes geschrieben:
... Das blosse reinschaufeln von vielen Buchstaben um den Apparat nicht einschlafen zu lassen?

Welchen verschwörungstheoretischen Apparat meinst du?

Den Apparat der auf deinem Hals ist .... es ging hier um "Geistesarmut".
Bei "Buchstaben reinschaufeln" sollte man davon ausgehen das dies nicht wörtlich genommen wird, wie auch "Apparat".

#236:  Autor: narr BeitragVerfasst am: 19.01.2018, 23:57
    —
sehr gut hat folgendes geschrieben:
Wodrum geht es bei Büchern? Das blosse reinschaufeln von vielen Buchstaben um den Apparat nicht einschlafen zu lassen?

Geschockt

ich dachte immer, es geht um Spaß... hab ich mich so geirrt... Weinen

#237:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 20.01.2018, 00:06
    —
sehr gut hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:
sehr gut hat folgendes geschrieben:
... Das blosse reinschaufeln von vielen Buchstaben um den Apparat nicht einschlafen zu lassen?

Welchen verschwörungstheoretischen Apparat meinst du?

Den Apparat der auf deinem Hals ist .... es ging hier um "Geistesarmut".
Bei "Buchstaben reinschaufeln" sollte man davon ausgehen das dies nicht wörtlich genommen wird, wie auch "Apparat".

Dann drück dich doch einfach klar aus. Ohne Schwurbel und Fragezeichen.

#238:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 20.01.2018, 00:10
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:

Dann drück dich doch einfach klar aus. Ohne Schwurbel und Fragezeichen.


Das ist Literatur, das soll Deinen Apparat wach rütteln.

#239:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 20.01.2018, 00:29
    —
Smilie

#240:  Autor: AhrimanWohnort: 89250 Senden BeitragVerfasst am: 20.01.2018, 12:11
    —
sehr gut hat folgendes geschrieben:

Wobei ein Buch auch 'nur' Gedanken von anderen Menschen transportieren kann, das ein Buch kommen muß um zu eigenen(bzw anderen) Gedanken anzuregen wär wichtig wenn Gedanken um etwas 'falsches' kreisen würden oder sie in einer 'Gedankenwelt' gefangen wären.

Wodrum geht es bei Büchern? Das blosse reinschaufeln von vielen Buchstaben um den Apparat nicht einschlafen zu lassen?

Nein. Beim Lesen guter Bücher lernt man ganz nebenbei den richtigen Gebrauch der Sprache und alles was dazugehört: Rechtschreibung, Grammatik, Satzbau, Stil usw. An deinen obigen Sätzen ist zu erkennen, daß dir da noch viel, sehr viel fehlt. Du hast wohl nicht viel gelesen?

Vorsicht!
Bücher gefährden deine Dummheit!

#241:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 20.01.2018, 13:11
    —
astarte hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:

astarte hat folgendes geschrieben:
Das ist doch eher eine Anerkennung. Und Anerkennung und Lob ist auch Belohnung. Auch verwerflich?

Ja, verwerflich im Sinne, daß man es verwerfen, weglassen kann.

Okaaay. Lassen wir also Anerkennung weg. Dann aber bloß nicht zeigen, dass man gut findet, wenn ein Kind sich anstrengt, und etwas erreicht hat. Könnte ja Anerkennung sein.

Gelegentlich sag ich schon mal: "Wow, das ist gut. Das gefällt mir." Ich möchte das nur nicht inflationär betreiben - der Grundsatz in vielen populären Artikeln der vergangenen Generation war "Loben, loben, loben".


Machen wir ein Spiel. Ich werde dich gleich mal loben:

astarte hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Das deckt sich damit:

smallie hat folgendes geschrieben:
Play as a Foundation for Hunter-Gatherer Social Existence

Jäger und Sammler erteilen ihren Kindern keine Anordnungen ... Sie erteilen kein Lob und haben kein besonderes Augenmerk auf deren Entwicklung.
...
Man ist sehr interessiert daran, was jeder tut, aber niemand versucht, das zu beeinflussen - oder gar zu erzwingen. Der Antrieb des Kindes ist sein eigener Wille.

Okaaay..... Man hat kein besonderes Augenmerk auf die Entwicklung, aber ist sehr interessiert daran was jeder tut? Was denn jetzt?

Die widersprüchlichen Zitate stammen aus zwei unterschiedlichen ethnographischen Studien. Das hätte ich klarer herausstellen sollen.

Du hast aufmerksam gelesen und mitgedacht. Laß mich das versuchsweise als Lob formulieren: Gute astarte, hast du toll gemacht! Wie fühlst du dich jetzt? Geehrt? Oder veralbert, weil ich etwas eigentlich selbstverständliches als ungewöhnlich hervorhebe? Genau so werden sich Kinder fühlen. Schwingt bei einem Lob nicht unterschwellig auch mit: "das hätte ich von dir nicht erwartet, deshalb muß ich das ausdrücklich erwähnen"?




astarte hat folgendes geschrieben:
Und wir waren bei Familien, wo man das (Lesen aus Interesse und Spaß) ja eben nicht tut.

Mein Thema war eigentlich das FLOH-Lesefitnesstraining des Domino-Verlags. Du deutest das als Generalangriff auf Leselern-Strategien um. So ist es nicht.



astarte hat folgendes geschrieben:
Wo Lesen keine Beschäftigung ist, die man gern tut, die man aus Interesse tut, sondern nur zur Not wenns sein muss, und mühsam? Oder wo Lesenkönnen, nicht als wichtig, und der Spaß und das Interesse am Lesen nicht vorgelebt und vermittelt wurde, und die Neugier darauf bis zum Schuleintritt nicht geweckt wurde?

Richtig. Das ist das Problem.



astarte hat folgendes geschrieben:
Und du meinst, die soll man nicht versuchen mit phösen Anreizen zu helfen zu etwas Motivation zu kommen?

Wenn die phösen Anreize langfristig wirksam sein sollten, dann bin ich sofort still und ziehe mein Argument zurück. Nur bin ich davon eben nicht überzeugt. Wo ist die Lernzielkontrolle für diesen Ansatz?

Mein Bauchgefühl sagt, bei FLOH ist etwas merkwürdig. Ich schau in den Forschungsbericht - finde aber nichts zur Wirksamkeit. Ich schaue weiter und stelle fest, das Material wird herausgegeben von der Stiftung eines Verlages, der damit seine eigenen Produkt pushen will (danach sieht es auf den ersten Blick aus).

Die FLOH-Leute machen 5 bzw. 7 Lesechecks im Jahr. Ahhrrrg! Als Lehrer weiß ich doch, wo die Kinder beim Lesen stehen, ohne einen Test dazu zu brauchen. Die Kinder werden selbst wissen, wo sie ungefähr stehen.

Reden wir über den Pisa-Schock. Schock bitte mit Anführungszeichen lesen - ist es schockierend, wenn die deutschen Kinder im internationalen Vergleich "nur" durchschnittlich sind? Der Witz dabei: der versammelten Lehrer- und Elternschaft ist vorher nicht aufgefallen, wo die Kinder stehen. Shoking!

Und dann kommt die FLOH-Initiative, bietet den Lehrern eine bequeme Gießkannenmethode, so daß die Kundschaft sich einreden kann wir tun was.



astarte hat folgendes geschrieben:
Na dann mach mal bessere Vorschläge, was Lehrer machen sollen, damit nicht so viele Kinder schon beim Lesenlernen abgehängt werden.

Gerne.

Ich würde vorschlagen, erst mal einen Gang zurückzuschalten. Wenn die Lust am Buch im Elternhaus nicht erworben wurde, muß die Schule das übernehmen. Dann wird in der ersten Klasse zuerst etwas vorgelesen, dann werden Bilderbücher betrachtet. Über die Geschichten läßt sich dann gemeinschaftlich sprechen. Da läßt sich vieles ausdenken.

Sprechen wird unterschätzt. Vor dem Lesen, vor dem Schreiben, vor dem Rechnen, muß Sprechen kommen.



astarte hat folgendes geschrieben:
Nach deinen Ausführungen scheint dein Schluss zu sein: wenn die Kinder nicht von sich aus die Motivation mitbringen Lesen lernen zu wollen, dann kann die Schule auch nix machen.

Das ist nicht mein Schluß, sondern steht übereinstimmend sowohl im "Forschungsbericht" wie bei den Thüringern. Das soll nicht heißen, daß man gar nichts machen kann.


Forschungsbericht hat folgendes geschrieben:
Lesen beginnt auf dem Schoß von Eltern, Großeltern, erwachsenen Lesevorbildern, die bereits die Kleinsten mit Bilderbüchern und der wunderbaren Sprache von Literatur konfrontieren. Untersuchungen haben gezeigt, dass der spätere Leseerfolg maßgeblich von der Art und Häufigkeit dieser literarischen Begegnung in den ersten fünf Lebensjahren abhängt.


Lesen lernen hat folgendes geschrieben:
Feneberg (1997) konstatierte auf der Grundlage empirischer Studien, dass die jeweils im konkreten Kontext vorherrschende Alltags- und Gesprächskultur, vor allem in den Familien, eine bedeutsame Einflussgröße für die Vorleseerfahrungen von Kindern bildet. Ähnliche Befunde äußerten sich bereits in den 80er Jahren [...], dass das Textverstehen als wesentlicher Bestandteil von Lesekompetenz in hohem Maße von den sprachlichen Handlungsmustern moderiert wird, die im konkreten Umfeld des Kindes vorherrschend sind. [...] Des Weiteren verweist eine Vielzahl neuerer Studien zur Lesekompetenz auf die Bedeutung von paraliterarischen Formen der Kommunikation [...]



Im letzten Zitat taucht auch wieder die Gesprächskultur auf, die ich oben vorgeschlagen hatte.

Das ist alt, das hat L. P. Benezet schon vor achtzig Jahren vorgeschlagen. (Ich sollte das nachreichen.)

#242:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 20.01.2018, 16:12
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
....Gute astarte, hast du toll gemacht! Wie fühlst du dich jetzt? Geehrt? Oder veralbert, weil ich etwas eigentlich selbstverständliches als ungewöhnlich hervorhebe? Genau so werden sich Kinder fühlen. Schwingt bei einem Lob nicht unterschwellig auch mit: "das hätte ich von dir nicht erwartet, deshalb muß ich das ausdrücklich erwähnen"?
...

Bei erwachsenen Menschen mit ausreichendem Selbstwertgefühl ist das so.

Ist das auch bei Zwergen in der Entwicklung dieses Gefühles so? Wo ich Dir recht gebe, ist, dass man das übertreiben kann - ich muss bei einem Fünfjährigen normalerweise nicht mehr loben, dass er selbständig aufs Klo gegangen ist und es ihm sowohl gelungen ist, die Scheiße wirklich im Becken zu versenken als auch, dass er sich den Hintern selbst abgewischt hat.

#243:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 20.01.2018, 18:36
    —
Kurz zu Herrn Benezet.

smallie hat folgendes geschrieben:
In den dreißiger Jahren hatte L. P. Benezet Zweifel an der Art, wie Mathematik in der Unterstufe gelehrt wird.

Er hat dann über mehrere Jahre hinweg zwei Klassen beobachtet, die nach der herkömmlichen Methode und nach seiner unterrichtet wurden. Glaubt man der Darstellung, war seine Methode besser. (Ich hoffe, das irgendwann mal ausführlich aufschreiben zu können.)

Zitat:
The Teaching of Arithmetic I: The Story of an experiment
L. P. Benezet - 1935

In the first place, it seems to me that we waste much time in the elementary schools, wrestling with stuff that ought to be omitted or postponed until the children are in need of studying it. If I had my way, I would omit arithmetic from the first six grades.

What possible needs has a ten-year-old child for a knowledge of long division?

http://www.inference.phy.cam.ac.uk/sanjoy/benezet/1.html


Weiter schreibt er, und das passt gut zu Leseförderung:

L. P. Benezet hat folgendes geschrieben:
Ich machte mir Sorgen über die Unfähigkeit eines durchschnittlichen Kindes beim Gebrauch der englischen Sprache. Falls die Kinder eigenständige Gedanken hatten, waren sie hilflos dabei, sie in verständliches Englisch zu übersetzen. Ich nahm einen Stenographen mit in eine achte Klasse und bat die Kinder in ihren eigenen Worten zu sagen, daß bei zwei Brüchen mit gleichem Zähler der Bruch mit dem kleineren Nenner größer ist. Typische Antworten:

[Nicht übersetzt. Siehe unten.]

Im Herbst 1929 entschloß ich mich, auf formelle Unterweisung in Arithmetik zu verzichten und konzentrierte mich darauf, den Kindern Lesen, Denken und Wiedergeben beizubringen. Und mit Wiedergeben meine ich keine wörtliche Wiedergabe der Worte des Lehrers oder Lehrbuches. Ich meine in englischer Sprache zu sprechen.

Die Kinder in diesen Klassen ermunterte ich zur mündlichen Rede. Sie erzählten von Büchern, die sie gelesen hatten, von ihren Erlebnissen und Ausflügen. Sie erzählten die Geschichten der Filme, die sie gesehen hatten und die Geschichten, die sie sich ausgedacht hatten. Frei vom Zwang, das große Einmaleins oder die schriftliche Division lernen zu müssen, herrschte fröhlicher Geist unter ihnen.

... in traditionell unterrichteten vierten Klassen waren die Kinder zögerlich und zurückhaltend, wenn ich sie fragte, was sie gelesen hätten. In einer Klasse fand ich keinen einzigen Schüler, der sich zur Sünde des Lesens bekannt hätte. In den experimentellen Klassen kämpften die Kinder gerade zu darum, von ihrer Lektüre zu erzählen. Als die Stunde um war, gab es immer noch ein dutzend Meldungen von Kindern, die mehr zu erzählen gehabt hätten und nun enttäuscht dreinschauten.




I was distressed at the inability of the average child in our grades to use the English language. If the children had original ideas, they were very helpless about translating them into English which could be understood. I went into a certain eighth-grade room one day and was accompanied by a stenographer who took down, verbatim, the answers given me by the children. I was trying to get the children to tell me, in their own words, that if you have two fractions with the same numerator, the one with the smaller denominator is the larger. I quote typical answers.


    "The smaller number in fractions is always the largest."

    "If the numerators are both the same, and the denominators one is smaller than the one, the one that is the smaller is the larger."

    "If you had one thing and cut it into pieces the smaller piece will be the bigger. I mean the one you could cut the least pieces in would be the bigger pieces."

    "The denominator that is smallest is the largest."

    "If both numerators are the same number, the smaller denominator is the largest - the larger - of the two."

    "If you have two fractions and one fraction has the smallest number at the bottom. It is cut into pieces and one has the more pieces. If the two fractions are equal, the bottom number was smaller than what the other one in the other fraction. The smallest one has the largest number of pieces - would have the smallest number of pieces, but they would be larger than what the ones that were cut into more pieces."



In the fall of 1929 I made up my mind to try the experiment of abandoning all formal instruction in arithmetic below the seventh grade and concentrating on teaching the children to read, to reason, and to recite - my new Three R's. And by reciting I did not mean giving back, verbatim, the words of the teacher or of the textbook. I meant speaking the English language.

[...]

The children in these rooms were encouraged to do a great deal of oral composition. They reported on books that they had read, on incidents which they had seen, on visits that they had made. They told the stories of movies that they had attended and they made up romances on the spur of the moment. It was refreshing to go into one of these rooms. A happy and joyous spirit pervaded them. The children were no longer under the restraint of learning multiplication tables or struggling with long division. They were thoroughly enjoying their hours in school.

[...] In the traditional fourth grades when I asked children to tell me what they had been reading, they were hesitant, embarrassed, and diffident. In one fourth grade I could not find a single child who would admit that he had committed the sin of reading. I did not have a single volunteer, and when I tried to draft them, the children stood up, shook their heads, and sat down again. In the four experimental fourth grades the children fairly fought for a chance to tell me what they had been reading. The hour closed, in each case, with a dozen hands waving in the air and little faces crestfallen, because we had not gotten around to hear what they had to tell.

Mir erscheint das sehr plausibel.

Derartiges wird sich aber kaum durchsetzen, weil es im Vergleich zu traditionellen Methoden schlecht prüfungsfähig ist. (Hmm. Weiß nicht genau, nur so ein Gedanke.)

#244:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 20.01.2018, 18:59
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
....Gute astarte, hast du toll gemacht! Wie fühlst du dich jetzt? Geehrt? Oder veralbert, weil ich etwas eigentlich selbstverständliches als ungewöhnlich hervorhebe? Genau so werden sich Kinder fühlen. Schwingt bei einem Lob nicht unterschwellig auch mit: "das hätte ich von dir nicht erwartet, deshalb muß ich das ausdrücklich erwähnen"?
...

Bei erwachsenen Menschen mit ausreichendem Selbstwertgefühl ist das so.

Ist das auch bei Zwergen in der Entwicklung dieses Gefühles so?

Ich denke schon.

Würdest du zu einem Kind, das gerade laufen lernt, sagen: "Das machst du aber toll!" Viel motivierender wäre es, nichts zu sagen, und dafür eine Runde Fangen zu spielen.

#245:  Autor: AhrimanWohnort: 89250 Senden BeitragVerfasst am: 20.01.2018, 19:07
    —
Ich erinnere mich jetzt an die sechste Klasse. Da brachte die Lehrerin einen Stapel Bücher mit, an die dreißig Exemplare des "Rübezahl" von Musäus. Die wurden verteilt, und dann mußten wir reihum vorlesen. Ich habe mich dabei grausig gelangweilt, und als ich endlich drankam war ich natürlich in dem Buch schon drei Seiten weiter.
Ich erinnere mich, daß ich viele meiner Mitschüler als absolute Dummköpfe verachtete: Sowas einfaches wie Lesen nicht zu können! Einige stoppelten sich den Text buchstabenweise zusammen und wußten offensichtlich gar nicht, was sie da produzierten. Allerdings, der Sarkasmus und die feine Ironie des Herrn Musäus in seiner Wiedergabe dieses (und anderer) Volksmärchen, das wurde mir erst gut zehn Jahre später bewußt.
Ich erinnere mich auch noch, wie ich mich in die altdeutsche Frakturschrift verbiß und sie aus eigenem Antrieb lesen lernte. Wir hatten zuhause ein großes dickes Mächenbuch, das war in dieser Schrift gedruckt, und da waren auch noch andere als die Grimm'schen Märchen drin, die wollte ich unbedingt lesen. Ein Märchen mit dem Titel "Wie der Teufel mit dem Schneider um die Wette furzte" muß einen Buben doch unweigerlich interessieren!
Nur die alten Schulaufsatzhefte meiner Mama - die konnte ich nicht lesen. Die hatte noch so eine spitzige eckige Schrift gelernt und geschrieben, damit kam ich nicht zurecht.

#246:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 20.01.2018, 19:37
    —
Ahriman hat folgendes geschrieben:
....Nur die alten Schulaufsatzhefte meiner Mama - die konnte ich nicht lesen. Die hatte noch so eine spitzige eckige Schrift gelernt und geschrieben, damit kam ich nicht zurecht.

Du meinst Sütterlin, oder?



Die habe ich als Kind anhand alter Familiendokumente in Eigenregie erlernt.

#247:  Autor: astarte BeitragVerfasst am: 20.01.2018, 20:01
    —
smallie hat folgendes geschrieben:

astarte hat folgendes geschrieben:
Na dann mach mal bessere Vorschläge, was Lehrer machen sollen, damit nicht so viele Kinder schon beim Lesenlernen abgehängt werden.

Gerne.
Ich würde vorschlagen, erst mal einen Gang zurückzuschalten. Wenn die Lust am Buch im Elternhaus nicht erworben wurde, muß die Schule das übernehmen. Dann wird in der ersten Klasse zuerst etwas vorgelesen, dann werden Bilderbücher betrachtet. Über die Geschichten läßt sich dann gemeinschaftlich sprechen. Da läßt sich vieles ausdenken.

Sprechen wird unterschätzt. Vor dem Lesen, vor dem Schreiben, vor dem Rechnen, muß Sprechen kommen.

astarte hat folgendes geschrieben:
Nach deinen Ausführungen scheint dein Schluss zu sein: wenn die Kinder nicht von sich aus die Motivation mitbringen Lesen lernen zu wollen, dann kann die Schule auch nix machen.

Das ist nicht mein Schluß, sondern steht übereinstimmend sowohl im "Forschungsbericht" wie bei den Thüringern. Das soll nicht heißen, daß man gar nichts machen kann.


Forschungsbericht hat folgendes geschrieben:
Lesen beginnt auf dem Schoß von Eltern, Großeltern, erwachsenen Lesevorbildern, die bereits die Kleinsten mit Bilderbüchern und der wunderbaren Sprache von Literatur konfrontieren. Untersuchungen haben gezeigt, dass der spätere Leseerfolg maßgeblich von der Art und Häufigkeit dieser literarischen Begegnung in den ersten fünf Lebensjahren abhängt.


Lesen lernen hat folgendes geschrieben:
Feneberg (1997) konstatierte auf der Grundlage empirischer Studien, dass die jeweils im konkreten Kontext vorherrschende Alltags- und Gesprächskultur, vor allem in den Familien, eine bedeutsame Einflussgröße für die Vorleseerfahrungen von Kindern bildet. Ähnliche Befunde äußerten sich bereits in den 80er Jahren [...], dass das Textverstehen als wesentlicher Bestandteil von Lesekompetenz in hohem Maße von den sprachlichen Handlungsmustern moderiert wird, die im konkreten Umfeld des Kindes vorherrschend sind. [...] Des Weiteren verweist eine Vielzahl neuerer Studien zur Lesekompetenz auf die Bedeutung von paraliterarischen Formen der Kommunikation [...]


Im letzten Zitat taucht auch wieder die Gesprächskultur auf, die ich oben vorgeschlagen hatte.

Das ist alt, das hat L. P. Benezet schon vor achtzig Jahren vorgeschlagen. (Ich sollte das nachreichen.)

Nein von mir wird das Sprechen bestimmt nicht unterschätzt. Lachen
Das ist alles richtig, und mir bestimmt nicht neu. Smilie
Genau was deine Zitate schrieb ich ja oben auch schon, das fehlt eben vielen Kindern etwas, oder mehr.
Und das soll die Schule nachholen, ohne dass sie Verstärker einsetzen darf, damit die Eltern auch bisschen mitmachen. Na fein.


Zuletzt bearbeitet von astarte am 20.01.2018, 20:02, insgesamt einmal bearbeitet

#248:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 20.01.2018, 20:02
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
....Gute astarte, hast du toll gemacht! Wie fühlst du dich jetzt? Geehrt? Oder veralbert, weil ich etwas eigentlich selbstverständliches als ungewöhnlich hervorhebe? Genau so werden sich Kinder fühlen. Schwingt bei einem Lob nicht unterschwellig auch mit: "das hätte ich von dir nicht erwartet, deshalb muß ich das ausdrücklich erwähnen"?
...

Bei erwachsenen Menschen mit ausreichendem Selbstwertgefühl ist das so.

Ist das auch bei Zwergen in der Entwicklung dieses Gefühles so?

Ich denke schon.

Würdest du zu einem Kind, das gerade laufen lernt, sagen: "Das machst du aber toll!" Viel motivierender wäre es, nichts zu sagen, und dafür eine Runde Fangen zu spielen.

Die Sache mit dem Lob hat so viele Facetten - sie ist abhängig von mehreren Items wie Alter, Situation, regionale Kultur, Lautstärke und Intonation beispielsweise, dass man das hier gar nicht abhandeln kann.

#249:  Autor: astarte BeitragVerfasst am: 20.01.2018, 20:19
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
....Gute astarte, hast du toll gemacht! Wie fühlst du dich jetzt? Geehrt? Oder veralbert, weil ich etwas eigentlich selbstverständliches als ungewöhnlich hervorhebe? Genau so werden sich Kinder fühlen. Schwingt bei einem Lob nicht unterschwellig auch mit: "das hätte ich von dir nicht erwartet, deshalb muß ich das ausdrücklich erwähnen"?
...

Bei erwachsenen Menschen mit ausreichendem Selbstwertgefühl ist das so.

Ist das auch bei Zwergen in der Entwicklung dieses Gefühles so?

Ich denke schon.

Würdest du zu einem Kind, das gerade laufen lernt, sagen: "Das machst du aber toll!" Viel motivierender wäre es, nichts zu sagen, und dafür eine Runde Fangen zu spielen.

Die Sache mit dem Lob hat so viele Facetten - sie ist abhängig von mehreren Items wie Alter, Situation, regionale Kultur, Lautstärke und Intonation beispielsweise, dass man das hier gar nicht abhandeln kann.

So ist es. Ich kenne es jedenfalls so, dass die Eltern sich tatsächlich riesig freuen und noch stolzer als das Kind selbst sind, wenn das Kind die ersten Schritte frei geht. Und dass sie völlig spontan und ehrlich ihre Gefühle auch ausdrücken. Und warum denn bitte auch nicht? Da ist sicher nichts Falsches daran. Sollen sich Eltern ihre echten Gefühle verkneifen und nichts sagen? So ein Käse. Lachen Das ist absolut authentisch, und so kommt es auch beim Kind an.

btw zum von mir Gefetteten: man muss ein Kind nicht zum Laufenlernen motivieren: die Motivation ist beim Kind bereits vorhanden, und da kann ich mir auch nicht vorstellen, dass das dem Kind ausgetrieben werden könnte, außer es hat schwerere Beeinträchtigungen wie eine Behinderung. zwinkern Das geht beim Lesen eben leider schon.

(eigentlich weiß auch jeder, der Kinder hat, dass man dann noch nicht sofort fangen spielt, denn der Weg vom ersten freien Gehen zum sicheren Laufen ist noch ein bisschen. Lachen)

#250:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 21.01.2018, 03:48
    —
astarte hat folgendes geschrieben:
... Sollen sich Eltern ihre echten Gefühle verkneifen und nichts sagen? So ein Käse. Lachen Das ist absolut authentisch, und so kommt es auch beim Kind an.
...

Also wenn ich was von absolut authentischen Gefühlen höre, bin ich sofort wieder bei smallie: Ich kann mich an solche Gefühle meiner Mutter erinnern, mit denen sie mir bereits als Kind - ich rede also nicht von mir als Halbwüchsigem - absolut und authentisch auf den Sack gegangen ist. Mit Freude, mit Angst und mit Wut. Die Gefühle bei ihr waren echt, alber für mich immer an der falschen Stelle, oder die falschen Gefühle.

Die Anerkennung, von der ich mein Selbstwertgefühl habe, kam, solange ich mich erinnern kann, von anderen Leuten.

Anerkennung muss sein, muss auch fühlbar sein, aber es geht nicht um Lob um jeden Preis. Es gibt übrigens mit Antolin schon länger ein Programm, bei dem sich die Pädagogen streiten, ob das denn motivationstechnisch auf dem letzten Stand sei.
Wikipedia hat folgendes geschrieben:
Fraglich ist, ob mit Antolin die intrinsische Motivation – das Bücherlesen um seiner selbst willen – durch ein externes Anreizsystem ersetzt oder vielmehr ergänzt wird. Während sich in der Pädagogik sonst die Auffassung durchgesetzt hat, dass Belohnungen und Strafen für mehr oder weniger Leistung die Lernfreude eher bremsen, funktioniert Antolin nach einem Bonussystem, das sonst vor allem aus der Berufswelt der Erwachsenen bekannt ist.

Für meine beiden war das Programm, das hier an den Grundschulen empfohlen wurde, sehr unterschiedlich. Der ältere hat die Bücher nur so verschlungen, der kleinere, mit seiner sehr starken Leseschäche, hat grundsätzlich nur mit mir gelesen, und da kamen wir nie auf so große Seitenzahlen.

Gut an dem Teil war, dass das Kind selbst anschließend bei der Beantwortung inhaltlicher Fragen sehen konnte, was es von dem, was es da gelesen hatte, verstanden hatte. Die Datenbank dazu wird nicht nur von Verlagsmittarbeitern gemacht, sonder teilweise auch von Eltern oder Schülern. Das bedeutet gleichzeitig, dass die Bücher, die bei Antolin gelesen werden können, nicht auf den Verlag, der diese Datenbank betreibt, beschränkt ist.

#251:  Autor: astarte BeitragVerfasst am: 21.01.2018, 09:56
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
astarte hat folgendes geschrieben:
... Sollen sich Eltern ihre echten Gefühle verkneifen und nichts sagen? So ein Käse. Lachen Das ist absolut authentisch, und so kommt es auch beim Kind an.
...

...

Rasend interessant. Aber bist du bei smallie, dass es besser sei, zu einem Kind das die ersten freien Schritte lernt, nichts zu sagen, sondern eine Runde fangen zu spielen? Also sich nicht mit ihm zu freuen, was es selbst erreicht hat, sondern etwas fordern, womit es zu dem Zeitpunkt klar überfordert ist? Das war nämlich der Zusammenhang. Sogar gefettet. Nur mal so erwähnt.
Zitat:

Anerkennung muss sein, muss auch fühlbar sein, aber es geht nicht um Lob um jeden Preis.

Bravo! Gut erkannt! Lachen Nur eben das fehlt bei dem obigen Beispiel.

Schulterzucken

Bei wie vielen der betreffenden Kindern welches Programm motivierend wirkt, weiß ich auch nicht. Ich denke aber es geht immer noch um diese, die eben nicht die Unterstützung von Zuhause haben, aber auch nicht um Kinder mit starker Leseschwäche oder Legasthenie. Ob es eine Lösung ist, wie von smallie vorgeschlagen, in der Schule das Vorlesen und die Gesprächskultur nachholen zu wollen, die anderen seit Geburt geboten wird - na ich weiß nicht wie das in der Schule gehen soll.
Heute gehen aber ein Großteil der Kinder bereits früh in Krippe und Kindergarten, wo dies eher möglich ist - und wahrscheinlich auch gemacht wird, und vielen Kindern was bringt.

#252:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 21.01.2018, 13:47
    —
astarte hat folgendes geschrieben:
....
Zitat:

Anerkennung muss sein, muss auch fühlbar sein, aber es geht nicht um Lob um jeden Preis.

Bravo! Gut erkannt! Lachen Nur eben das fehlt bei dem obigen Beispiel.

Schulterzucken
....

Ich weiß, ich mache sowas selten, deshalb kannst Du Dir es gerade nicht vorstellen, aber ließ es doch einfach als Zustimmung zu dem, was Du in diesem Punkt geschrieben hattest.

Ich habe nur etwas allergisch auf die "absolut authentischen Gefühle" reagiert. .....

Gefühle irren zwar anders, aber ich schätze im Endeffekt ähnlich oft wie Intellekt. Speziell, wenn man sich die Begeisterung der Eltern für ihre Sprösslinge ansieht - in jedem Lehrer-Elterngespräch ein ewiger Quell der Verwunderung.

#253:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 21.01.2018, 15:41
    —
fwo hat folgendes geschrieben:

Die Anerkennung, von der ich mein Selbstwertgefühl habe, kam, solange ich mich erinnern kann, von anderen Leuten.


Kann ich bestätigen. Das lag wahrscheinlich auch daran, dass von diesen anderen Leuten auch Kritik kam, wenn Kritik angebracht war, während die Eltern einfach alles toll fanden. Man merkt dann irgendwann unbewusst, dass man auf das Urteil seiner Eltern nicht allzu viel geben sollte.

#254:  Autor: Diligentia BeitragVerfasst am: 21.01.2018, 15:47
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:

Die Anerkennung, von der ich mein Selbstwertgefühl habe, kam, solange ich mich erinnern kann, von anderen Leuten.


Kann ich bestätigen. Das lag wahrscheinlich auch daran, dass von diesen anderen Leuten auch Kritik kam, wenn Kritik angebracht war, während die Eltern einfach alles toll fanden. Man merkt dann irgendwann unbewusst, dass man auf das Urteil seiner Eltern nicht allzu viel geben sollte.


"Man kann bei der Wahl seiner Eltern
nicht vorsichtig genug sein!"

[Götz Werner
(Unternehmer; "dm"-Gründer)
zitiert seine eigene Mutter)


zwinkern

#255:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 21.01.2018, 20:37
    —
astarte hat folgendes geschrieben:
Nein von mir wird das Sprechen bestimmt nicht unterschätzt. Lachen

Ich meine ja auch nicht dich, sondern die Schule. Wird Sprache in der Schule unterschätzt?

Ich würd' zu gern sehn, wie's in den Klassenzimmern so zugeht, bei verschiedenen Lehrern, oder auch in verschiedenen Bundesländern. Ich würd' auch gerne wissen, ob Benezets Thesen von den Pädagogen und Didaktikern jemals näher betrachtet wurde?



astarte hat folgendes geschrieben:
Genau was deine Zitate schrieb ich ja oben auch schon, das fehlt eben vielen Kindern etwas, oder mehr.

Das ist eine eigene Antwort wert.


astarte hat folgendes geschrieben:
Und das soll die Schule nachholen, ohne dass sie Verstärker einsetzen darf, damit die Eltern auch bisschen mitmachen. Na fein.

Vergiß die Eltern, die werden sich nicht mehr ändern.

Welchen Verstärker meinst du eigentlich? Das FLOH-Trainig - hältst du es für einen wirksamen Verstärker? Warum steht in der thüringischen Broschüre nichts von Verstärkern?


Mein Unbehagen in Sachen Verstärker nochmal ganz anders gesagt: ich halte das für bemüht, so wie in trying too hard.

    Mönch: Wie lange muß ich lernen, um zur Erleuchtung zu gelangen?
    Meister: Fünf Jahre.
    Mönch: Und wenn ich mich besonders anstrenge?
    Meister: Zehn Jahre




astarte hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Ich denke schon.

Würdest du zu einem Kind, das gerade laufen lernt, sagen: "Das machst du aber toll!" Viel motivierender wäre es, nichts zu sagen, und dafür eine Runde Fangen zu spielen.

...

So ist es. Ich kenne es jedenfalls so, dass die Eltern sich tatsächlich riesig freuen und noch stolzer als das Kind selbst sind, wenn das Kind die ersten Schritte frei geht. Und dass sie völlig spontan und ehrlich ihre Gefühle auch ausdrücken. Und warum denn bitte auch nicht? Da ist sicher nichts Falsches daran. Sollen sich Eltern ihre echten Gefühle verkneifen und nichts sagen? So ein Käse. Lachen Das ist absolut authentisch, und so kommt es auch beim Kind an.

Hab' ich mißverständlich geschrieben, oder hast du mißverständlich gelesen?

Ich ergänze um ein Wort:

smallie hat folgendes geschrieben:
Würdest du zu einem Kind, das gerade laufen lernt, sagen: "Das machst du aber toll!" Viel motivierender wäre es, nichts lobendes zu sagen, und dafür eine Runde Fangen zu spielen.

Es wäre ja Käse, wenn ich oben schreibe, Sprechen werde unterschätzt, und es dann selbst unterließe.


Auch in deiner Variante würde ich auf das Lob verzichten:

    Freude: "Uii! Du gehst!"
    Lob: "Du hast gehen gelernt, das hast du gut gemacht!"




astarte hat folgendes geschrieben:
(eigentlich weiß auch jeder, der Kinder hat, dass man dann noch nicht sofort fangen spielt, denn der Weg vom ersten freien Gehen zum sicheren Laufen ist noch ein bisschen. Lachen)

Du hast also nie auf allen Vieren fangen gespielt?

#256:  Autor: astarte BeitragVerfasst am: 21.01.2018, 21:17
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
astarte hat folgendes geschrieben:
Nein von mir wird das Sprechen bestimmt nicht unterschätzt. Lachen

Ich meine ja auch nicht dich, sondern die Schule. Wird Sprache in der Schule unterschätzt?

Ich fürchte es wird vorausgesetzt. skeptisch

Zitat:

Mein Unbehagen in Sachen Verstärker nochmal ganz anders gesagt: ich halte das für bemüht, so wie in trying too hard.
...

Hart ist es bestimmt, das gezielt und von der Schule gefordert ("und sei gefälligst von selbst motiviert!") aufzuholen, was eigentlich bereits vorhanden sein sollte, und in einer halbwegs gesprächs- und bisschen lesefreudigen und sonst nicht arg schrägen Familie auch ist. Gibt es da vielleicht auch ein Entwicklungsfenster, wo es besonders leicht ist, und später schwerer wird?
(edit: naja allerdings gibt es Erwachsene, die noch Lesen und schreiben lernen, und nicht sehr langsam)
smallie hat folgendes geschrieben:
Ich ergänze um ein Wort:

smallie hat folgendes geschrieben:
Würdest du zu einem Kind, das gerade laufen lernt, sagen: "Das machst du aber toll!" Viel motivierender wäre es, nichts lobendes zu sagen, und dafür eine Runde Fangen zu spielen.

Es wäre ja Käse, wenn ich oben schreibe, Sprechen werde unterschätzt, und es dann selbst unterließe.

Auch in deiner Variante würde ich auf das Lob verzichten:

    Freude: "Uii! Du gehst!"
    Lob: "Du hast gehen gelernt, das hast du gut gemacht!"

Wie schtonk schon sagte, es kommt auf vieles an. Wer wie was sagt, ruft, Mimik, ....
Das kann man so schriftlich nicht werten - aber auch kaum abwerten. zB "Super, jetzt hast dus raus!" was ist das: Lob? Oder nicht? Schulterzucken
Zitat:

astarte hat folgendes geschrieben:
(eigentlich weiß auch jeder, der Kinder hat, dass man dann noch nicht sofort fangen spielt, denn der Weg vom ersten freien Gehen zum sicheren Laufen ist noch ein bisschen. Lachen)

Du hast also nie auf allen Vieren fangen gespielt?

Wenn das Kind grad vor Stolz platzt, weil es endlich das raushat, was es schon eine ganze Zeit versucht hat: auf zwei Beinen gehen? Nö. Das hätte das Kind auch nicht interessiert. Lachen
"Aha, du kannst gehen.
-----
Komm lass uns krabbeln!"

zwinkern

#257:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 24.01.2018, 00:23
    —
astarte hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Auch in deiner Variante würde ich auf das Lob verzichten:

    Freude: "Uii! Du gehst!"
    Lob: "Du hast gehen gelernt, das hast du gut gemacht!"

Wie schtonk schon sagte, es kommt auf vieles an. Wer wie was sagt, ruft, Mimik, ....
Das kann man so schriftlich nicht werten - aber auch kaum abwerten. zB "Super, jetzt hast dus raus!" was ist das: Lob? Oder nicht? Schulterzucken


astarte hat folgendes geschrieben:
Und dass [Eltern] völlig spontan und ehrlich ihre Gefühle auch ausdrücken. Und warum denn bitte auch nicht? Da ist sicher nichts Falsches daran. Sollen sich Eltern ihre echten Gefühle verkneifen und nichts sagen?

Es geht nicht darum, sich Gefühle zu verkneifen.

Der Punkt ist, daß Lob (und Tadel) ausdrücklich als Methode eingesetzt werden sollen. Das ist operante Konditionierung, damit will ich nichts zu tun haben. nee Passt nicht zu meinem Soll-Menschenbild.

Mein Ist-Menschenbild gibt diesen Vorschlag her: mach einen Wettbewerb zwischen mehreren Klassen, welche Klasse den größen Baum baut. Die ersten drei Siegerklassen erhalten eine nennenswerte Belohnung. Dann werden die Kinder in den Klassen untereinander sozialen Druck aufbauen, damit die Wenig-Leser mehr lesen.

Zynisch, wirksam, machenswert?



astarte hat folgendes geschrieben:
Wenn das Kind grad vor Stolz platzt, weil es endlich das raushat, was es schon eine ganze Zeit versucht hat: auf zwei Beinen gehen? Nö. Das hätte das Kind auch nicht interessiert. Lachen
"Aha, du kannst gehen.
-----
Komm lass uns krabbeln!"

zwinkern

Du meinst, wenn das Kind "fangen" begrifflich mit "krabbeln" verknüpft hat, kann es nicht mehr abstrahieren und käme nicht auf die Idee, daß man sich auch laufend fangen kann?

#258:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 24.01.2018, 00:34
    —
Noch was zu FLOH.

Ich dachte, der Forschungsbericht von Frau Prof. Dr. Gabriele Gien sei die Zusammenfassung einer Studie. Irrtum. Der Forschungsbericht ist die Studie, mehr gibt es nicht. Auf der Suche nach dem Original bin auf ihren Lebenslauf gestoßen, darin eine Veröffentlichungsliste:

Zitat:
Leseprozesse auf der Grundlage neurowissenschaftlicher und neurodidaktischer Untersuchungen

– Laufzeit: Januar 2011 bis Oktober 2011, abgeschlossen
– Forschungsbericht liegt vor: Gien, G.: Basale Lesekompetenz fördern. Ein Forschungsbericht. Stiftung Lesen/Domino Verlag, München 2012 (38 S.)
– Quantitative Studie mit qualitativen Anteilen, „Auftragsforschung“ der Stiftung Lernen und des Domino Verlages in München. Gefördert durch die Stiftung Lernen und den Domino Verlag

http://www.ku.de/fileadmin/1903/Gabriele_Gien_Lebenslauf_Nov2016.pdf

Alles klar.

Eine bezahlte Studie, die zum Ergebnis kommt, daß die Methode des Auftraggebers funktioniert. Eine Studie, die den Punkt der Wahrheit hinter einer mehrdeutigen Formulierung verbirgt und die konkreten Zahlen unterschlägt.

Die Lehrerin meiner Tochter ist hier anscheinend auf einen Zug aufgesprungen, ohne sich den Fahrplan näher anzusehen. Ok, kommt vor. Merkwürdig ist, daß es niemandem auffällt und sich dann herumspricht.

#259:  Autor: astarte BeitragVerfasst am: 24.01.2018, 00:36
    —
smallie hat folgendes geschrieben:

astarte hat folgendes geschrieben:
Wenn das Kind grad vor Stolz platzt, weil es endlich das raushat, was es schon eine ganze Zeit versucht hat: auf zwei Beinen gehen? Nö. Das hätte das Kind auch nicht interessiert. Lachen
"Aha, du kannst gehen.
-----
Komm lass uns krabbeln!"

zwinkern

Du meinst, wenn das Kind "fangen" begrifflich mit "krabbeln" verknüpft hat, kann es nicht mehr abstrahieren und käme nicht auf die Idee, daß man sich auch laufend fangen kann?

Blödsinn. Lachen
Ich versuchte dir zu verdeutlichen, wie deine Idee, doch auf den Erfolg des Kindes frei gehen zu können, zu reagieren mit dem Angebot doch „ne Runde (krabbelnd) fangen zu spielen“, das Kind und seine Freude, seinen Stolz und sein momentanes Interesse, komplett ignoriert. Im besten Fall ignoriert das Kind dich ebenfalls, und probiert sich an seinem neuen Können fröhlich weiter. Und findet dann vllt jemand anderes, der es besser versteht und sich mit freut.

#260:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 24.01.2018, 10:13
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
Noch was zu FLOH.

Ich dachte, der Forschungsbericht von Frau Prof. Dr. Gabriele Gien sei die Zusammenfassung einer Studie. Irrtum. Der Forschungsbericht ist die Studie, mehr gibt es nicht. Auf der Suche nach dem Original bin auf ihren Lebenslauf gestoßen, darin eine Veröffentlichungsliste:

Zitat:
Leseprozesse auf der Grundlage neurowissenschaftlicher und neurodidaktischer Untersuchungen

– Laufzeit: Januar 2011 bis Oktober 2011, abgeschlossen
– Forschungsbericht liegt vor: Gien, G.: Basale Lesekompetenz fördern. Ein Forschungsbericht. Stiftung Lesen/Domino Verlag, München 2012 (38 S.)
– Quantitative Studie mit qualitativen Anteilen, „Auftragsforschung“ der Stiftung Lernen und des Domino Verlages in München. Gefördert durch die Stiftung Lernen und den Domino Verlag

http://www.ku.de/fileadmin/1903/Gabriele_Gien_Lebenslauf_Nov2016.pdf

Alles klar.

Eine bezahlte Studie, die zum Ergebnis kommt, daß die Methode des Auftraggebers funktioniert. Eine Studie, die den Punkt der Wahrheit hinter einer mehrdeutigen Formulierung verbirgt und die konkreten Zahlen unterschlägt.

Die Lehrerin meiner Tochter ist hier anscheinend auf einen Zug aufgesprungen, ohne sich den Fahrplan näher anzusehen. Ok, kommt vor. Merkwürdig ist, daß es niemandem auffällt und sich dann herumspricht.

Das klingt für mich, als hätte sich in der Pädagogik in den letzten 30 Jahren dann doch nicht so viel verändert. Was ich auf Nachfragen öfter zu hören bekam, war, dass ich den Wissenschaftsbegriff viel zu naturwissenschaftlich sähe, Geisteswissenschaften würden anders funktionieren.

#261:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 24.01.2018, 10:25
    —
astarte hat folgendes geschrieben:
....
Ich versuchte dir zu verdeutlichen, wie deine Idee, doch auf den Erfolg des Kindes frei gehen zu können, zu reagieren mit dem Angebot doch „ne Runde (krabbelnd) fangen zu spielen“, das Kind und seine Freude, seinen Stolz und sein momentanes Interesse, komplett ignoriert. Im besten Fall ignoriert das Kind dich ebenfalls, und probiert sich an seinem neuen Können fröhlich weiter. Und findet dann vllt jemand anderes, der es besser versteht und sich mit freut.

Das kenne ich auch so: Wenn Kinder aus eigenem Antrieb etwas heruasgefunden haben, dann wollen sie das auch erstmal eine ganze Weile machen. Die setzen sich ja nicht das abstrakte Ziel des Lernens, sondern da ist immer etwas bestimmtes, dass sie gerade machen wollen und nicht können.

Nur, wenn das Lernen selbst ein müheloses Spiel ist, hält das Kind sich mit dem Ergebnis nicht auf und will sofort das nächste haben - und verpasst die Vertiefungsphase. Das ist das Problem, wenn man Überflieger in der Klasse hat, die man nicht mit entsprechenden Sonderaufgaben ruhigstellen kann.

#262:  Autor: astarte BeitragVerfasst am: 24.01.2018, 13:52
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
astarte hat folgendes geschrieben:
....
Ich versuchte dir zu verdeutlichen, wie deine Idee, doch auf den Erfolg des Kindes frei gehen zu können, zu reagieren mit dem Angebot doch „ne Runde (krabbelnd) fangen zu spielen“, das Kind und seine Freude, seinen Stolz und sein momentanes Interesse, komplett ignoriert. Im besten Fall ignoriert das Kind dich ebenfalls, und probiert sich an seinem neuen Können fröhlich weiter. Und findet dann vllt jemand anderes, der es besser versteht und sich mit freut.

Das kenne ich auch so: Wenn Kinder aus eigenem Antrieb etwas heruasgefunden haben, dann wollen sie das auch erstmal eine ganze Weile machen. Die setzen sich ja nicht das abstrakte Ziel des Lernens, sondern da ist immer etwas bestimmtes, dass sie gerade machen wollen und nicht können.

Nur, wenn das Lernen selbst ein müheloses Spiel ist, hält das Kind sich mit dem Ergebnis nicht auf und will sofort das nächste haben - und verpasst die Vertiefungsphase. Das ist das Problem, wenn man Überflieger in der Klasse hat, die man nicht mit entsprechenden Sonderaufgaben ruhigstellen kann.

Wobei das Laufen lernen, also die Motorik bei den allermeisten ein sehr starker Antrieb ist, wenn keine Behinderung das grundsätzlich verhindert. Auch Kinder mit Störungen der motorischen Entwicklung, Koordination oder schwacher Muskulatur kommen meist auf die zwei Beine, wenn auch weniger geschickt und kraftvoll, und öfter auf der Nase landend, als ein motorisch fittes Kind.

Bei kognitiven "höhereren" Leistungen im Vorschul/Schulalter ist auch die Motivation schon ein schwierigeres Thema, für diejenigen, denen es so gar nicht "zufliegt". Sie sind älter, nehmen ja sehr bewusst die Mühe wahr, sehen evlt auch die Leichtigkeit wie andere lernen, die Alternativen sind so zahlreich und so leicht zu haben, und ihre Vorbilder im engen Umfeld sind oft auch nicht motiviert.

Die Probleme gute Programme für die Schule die bei den verschiedenen Kindern wirken, zu entwickeln und durchzusetzen, sind schon klar, nur wer solche Knaller wie smallie als Beispiele besserer Motivation bzw nicht nötiger Motivation bringt, dem traue ich da auch kein Urteil zu.

#263:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 25.01.2018, 22:08
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Noch was zu FLOH. ...

Das klingt für mich, als hätte sich in der Pädagogik in den letzten 30 Jahren dann doch nicht so viel verändert. Was ich auf Nachfragen öfter zu hören bekam, war, dass ich den Wissenschaftsbegriff viel zu naturwissenschaftlich sähe, Geisteswissenschaften würden anders funktionieren.

Deshalb bestehen einige Geisteswissenschaftler so hartnäckig darauf, daß Wissenschaft nur ein soziales Konstrukt sei.

Ist die Arbeit von Frau Gien nicht Beweis genug, daß sie Recht haben? noc

#264:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 25.01.2018, 22:23
    —
astarte hat folgendes geschrieben:
Im besten Fall ignoriert das Kind dich ebenfalls, und probiert sich an seinem neuen Können fröhlich weiter. Und findet dann vllt jemand anderes, der es besser versteht und sich mit freut.

Lachen Das Menetekel an der Wand.

Die Nachbarin meinte letzten Sommer, ich sei ein Kindermensch, weil die mir so zugetan sind.



astarte hat folgendes geschrieben:
Die Probleme gute Programme für die Schule die bei den verschiedenen Kindern wirken, zu entwickeln und durchzusetzen, sind schon klar, nur wer solche Knaller wie smallie als Beispiele besserer Motivation bzw nicht nötiger Motivation bringt, dem traue ich da auch kein Urteil zu.

Erst deutest du meine Kritik an FLOH als Generalangriff auf Leselernstrategien. Dann stellst du meinen Verzicht auf operante Konditionierung als lieblos dar oder liest in meine Worte hinein, man solle nicht mit Kindern sprechen, obwohl ich davor genau das Gegenteil behauptete.

Das gleiche jetzt beim Knaller.

Die Idee ist etablierte Sozialpsychologie. Muzafer Sherif und das Robbers-Cave-Experiment, 1950er Jahre. Wirksam wäre das. Aber was läßt dich glauben, ich würde derartiges vorschlagen, wenn das erste Wort danach "zynisch" ist? Das wäre ja Käse, wo ich doch zwei Seiten lang gegen solches Vorgehen argumentiert habe.

Klar, ich hätte ausdrücklich: "Und wo zieht ihr jetzt die Grenze?" dahinter schreiben sollen. Aber, mei, ich hab weder ein FLOH-Lesetraining noch ein FLOH-Schreibtraining mitgemacht.



PS:

Außerdem hast du dich erfolgreich darum herumgedrückt, ob operante Konditionierung ein gültiger Ansatz beim hiesigen Problem ist.

#265:  Autor: astarte BeitragVerfasst am: 25.01.2018, 23:49
    —
smallie hat folgendes geschrieben:

Die Nachbarin meinte letzten Sommer, ich sei ein Kindermensch, weil die mir so zugetan sind.

Mag sein. Du schreibst hier vielleicht einfach theoretischen Blödsinn. Nur auf das was du schreibst, kann ich mich beziehen - übrigens schreibe ich immer dazu, auf was davon ich antworte. Schulterzucken

Zitat:

.....
Außerdem hast du dich erfolgreich darum herumgedrückt, ob operante Konditionierung ein gültiger Ansatz beim hiesigen Problem ist.

Und? Ich schreibe nicht zu allem was du geschrieben hast.
Du gehst auch auf vieles nicht ein, was ich geschrieben habe. Und den Rest hast du auch nicht richtig gelesen.

#266:  Autor: Grey BeitragVerfasst am: 20.03.2018, 15:54
    —
Ahriman hat folgendes geschrieben:
sehr gut hat folgendes geschrieben:

Wobei ein Buch auch 'nur' Gedanken von anderen Menschen transportieren kann, das ein Buch kommen muß um zu eigenen(bzw anderen) Gedanken anzuregen wär wichtig wenn Gedanken um etwas 'falsches' kreisen würden oder sie in einer 'Gedankenwelt' gefangen wären.

Wodrum geht es bei Büchern? Das blosse reinschaufeln von vielen Buchstaben um den Apparat nicht einschlafen zu lassen?

Nein. Beim Lesen guter Bücher lernt man ganz nebenbei den richtigen Gebrauch der Sprache und alles was dazugehört: Rechtschreibung, Grammatik, Satzbau, Stil usw. An deinen obigen Sätzen ist zu erkennen, daß dir da noch viel, sehr viel fehlt. Du hast wohl nicht viel gelesen?

Vorsicht!
Bücher gefährden deine Dummheit!


Du erhälst von mir 5 von 5 Sternen für diesen Beitrag, Ahriman. bravo

#267:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 28.05.2018, 21:00
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
Der Punkt ist, daß Lob (und Tadel) ausdrücklich als Methode eingesetzt werden sollen. Das ist operante Konditionierung, damit will ich nichts zu tun haben. nee Passt nicht zu meinem Soll-Menschenbild.

Mein Ist-Menschenbild gibt diesen Vorschlag her: mach einen Wettbewerb zwischen mehreren Klassen, welche Klasse den größen Baum baut. Die ersten drei Siegerklassen erhalten eine nennenswerte Belohnung. Dann werden die Kinder in den Klassen untereinander sozialen Druck aufbauen, damit die Wenig-Leser mehr lesen.

Zynisch, wirksam, machenswert?


astarte hat folgendes geschrieben:
... wer solche Knaller wie smallie als Beispiele besserer Motivation bzw nicht nötiger Motivation bringt, dem traue ich da auch kein Urteil zu.


Vorhersagen sind gerade in anderen Threads ein Thema.

Vor eine Weile hab' ich Harry Potter gesehen. Gryffindor minus 50 Punkte. Das Punktesystem ist keine Erfindung von J.K. Rowling, sondern in englischen Internaten verbreitet.

Das werte ich als Bestätigung meiner Vorhersage. Zustimmung

#268:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 28.05.2018, 21:49
    —
Hab mit der Schulleitung über FLOH-Lesefitniss gesprochen. Der Schulleiter hat vorgeschlagen, meine Einwände an Frau Prof. Gien weiterzureichen.

Das ist der Text:


Guten Tag in die Runde.

Es würde mich freuen, wenn Sie das im Kollegenkreis weiterreichen und diskutieren.



Das Kernargument daraus:

    Testbögen 1. Jahrgangsstufe

    Der Tempo-Check der ersten Klassen beweist somit die positive Auswirkung des Lesefitness-Trainings auf die Schülerinnen und Schüler und zwar mit einer Steigerung in erheblichem Umfang.


Tatsächlich zeigt der Forschungsbericht nur, daß die Lesefitness in einer Jahrgangsstufe zunimmt. Das ist sicher auch ohne FLOH-Training so. Einen Beweis des "erheblichen Umfangs" bleibt die Arbeit schuldig. Im Einzelnen:


Auffällig ist, daß die Zahl der ausgewerteten Checkhefte nicht zu den üblichen Klassengrößen passt.

    Im Rahmen der empirischen Studie wurden so über 1.600 Checkhefte von fast 100 Klassen ausgewertet, von denen 1.000 vollständig ausgefüllte Hefte (aus etwa 80 Klassen) für die empirische Auswertung herangezogen wurden.

In einer durchschnittlichen Klasse sitzen 20 oder 22 Schüler - korrekt? Es gingen aber nur die Checkhefte von 12,5 Schülern pro Klasse in die Auswertung ein. Was wurde aus den Checkheften von rund 8 Schülern je Klasse? Der Verdacht liegt nahe, daß vor allem leseschwache Schüler den Check nicht vollständig ausgefüllt haben, was die Ergebnisse verzerren würde.

Zur Kontrollgruppe findet sich diese eine dürre Aussage:

    In etwa acht Kontrollklassen mit geringem Lesetraining wurde der Lesefitness-Check als Messinstrument eingesetzt, um die Ergebnisse vergleichen zu können. Vor allem die Zunahme der Lesegeschwindigkeit war im Vergleich zu den Testklassen nicht signifikant, was aber der Vorerwartung entsprach.


Der letzte Satz ist mehrdeutig. Gemeint ist vermutlich, es gäbe signifikante Unterschiede bei der Zunahme der Lesegeschwindigkeit. Leider enthält der Forschungsbericht weder Zahlen noch Diagramme zu den Kontrollklassen, die Aussage läßt sich also nicht überprüfen.

Die Auswahl der Klassen mit geringem Lesetraining wurde unter anderem an geringer Lesekultur im Elternhaus festgemacht. Damit werden zwei Einflußgrößen vermischt - familiäre Lesekultur und Unterricht nach FLOH-Lesefitness. Eine sinnvolle Kontrollgruppe sollte den gleichen lesekulturellen Hintergrund haben.

Der Forschungsbericht erwähnt elterliche Lesekultur sogar als maßgebliche Variable:

    Lesen beginnt auf dem Schoß von Eltern, Großeltern, erwachsenen Lesevorbildern, die bereits die Kleinsten mit Bilderbüchern und der wunderbaren Sprache von Literatur konfrontieren. Untersuchungen haben gezeigt, dass der spätere Leseerfolg maßgeblich von der Art und Häufigkeit dieser literarischen Begegnung in den ersten fünf Lebensjahren abhängt.

Diese Überlegung geht in die Untersuchung nicht ein. Damit widerspricht sich die Arbeit selbst. Wenn die vorschulischen Erfahrungen maßgeblich für den späteren Lernerfolg sind, wie kann FLOH-Lesefitness dann noch in erheblichem Umfang wirksam sein?



Soviel zum Inhalt des Forschungsberichts.


Ergänzend zwei Meta-Argumente. Erstens. So stellt Frau Gien den Forschungsbericht in ihrem Lebenslauf dar. Er war eine Auftragsarbeit.

    Leseprozesse auf der Grundlage neurowissenschaftlicher und neurodidaktischer Untersuchungen

    – Quantitative Studie mit qualitativen Anteilen, „Auftragsforschung“ der Stiftung Lernen und des Domino Verlages in München. Gefördert durch die Stiftung Lernen und den Domino Verlag

    http://www.ku.de/fileadmin/1903/Gabriele_Gien_Lebenslauf_Nov2016.pdf


Im Forschungsbericht selbst fehlt dieser Hinweis. Bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen wäre damit der übliche Verhaltenskodex verletzt.

Zweitens sollte ich sagen, warum ich mir die Sache näher angeschaut habe. Der Ansatz über Lesen, elterliche Unterschrift und Belohnung war mir suspekt. Er passt nicht zu mehr oder weniger etablierten Resultaten der Motivationsforschung.

Vergleiche das Vorwort des Forschungsberichts:

    Um die Kinder auch zu Hause zum Lesen anzuspornen, werden die Eltern mit einbezogen. Sie sollen eine – wenn möglich – tägliche Lesezeit ihres Kindes von fünf bis zehn Minuten bestätigen, was dann mit einem Papiermotiv, beispielsweise einem Baustein, einem Blatt oder einer Blume belohnt wird.


mit:

    Lepper M. R., Greene D. & Nisbett, R. E. (1973). Undermining childrens intrinsic interest with extrinsic reward: A test of the "overjustification" hypothesis. Journal of Personality and Social Psychology,


Extrinsische Belohnung mindert das Interesse an einer Sache. Das gehört zur Standard-Folklore der Motivationsforschung. Ich möchte nicht behaupten, daß die Folklore stimmt, ohne mir das näher angesehen zu haben. Wenn aber Standardresultate stillschweigend übergangen werden, ist das wenig vertrauenerweckend.

Viele Grüße


Zuletzt bearbeitet von smallie am 28.05.2018, 23:03, insgesamt einmal bearbeitet

#269:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 28.05.2018, 22:01
    —
Das ist die Antwort.


Zitat:
herzlichen Dank für die Weiterleitung der Email, deren Kontext mir nicht ganz klar ist. Dennoch will ich versuchen, kurz auf den Inhalt einzugehen:


1) Zielgruppe des Berichtes waren Eltern und Lehrkräfte, daher ist der Bericht ergebnisorientiert und wenig detailliert, in diesem Kontext sind auch keine differenzierten Tabellen und Analysen zu erwarten

2) Hintergrund ist der Erscheinungsort im Domino Verlag und keinem wissenschaftlichen Magazin, somit ist auch der Forschungskontext eingeordnet, die Kritik ja war der fehlende Verweis. "Auftragsforschung" steht bei mir im CV in Anführungszeichen, um genau diesen Unterschied zu markieren.(es war eine Wirksamkeitsstudie und keine Auftragsforschung in eigentlichem Sinn)

3) Anzahl der ausgewerteten Checkhefte:

Der Vater hat richtig gezählt: Es wurden nur vollständige Checkhefte ausgewertet, das ist bei empirischen Arbeiten üblich (z.B. Fragebögenauswertung), allerdings sind es nicht genau die leseschwachen Schüler/innen, die nicht vollständig ausgefüllt haben, insbesondere hatte wohl die Konsequenz der Lehrkraft Einfluss auf die Vollständigkeit.

4) Es ist bei Erhebungen dieser Art immer schwierig, andere Einflussgrößen auszuschalten (wie häusliches Lesetraining, eigene Lesezeit, kulturelle Bildung der Eltern,....) daher wurden die Kontrollgruppen in ähnlichen Milieus gesucht

5) Gezielte schulische Leseförderung und insbesondere das tägliche Lesetraining (ob das der Flohkiste oder ein anderes) führen zu signifikanten Leseleistungsunterschieden, das lässt sich auch aus der Hirnforschung und anderen empirischen Lesestudien belegen. Hierzu hat zum Bsp. Frau Prof. Schilcher viele Untersuchungen vorgelegt.

6) Ich selbst war 10 Jahre Lehrerin an einer GS und habe deutlich wahrnehmen können, wieviel Einfluss das tägliche Lesetraining hat, das eine wichtige Voraussetzung zur Entwicklung der Lesekompetenz ist.

7) Natürlich kann man eine Langzeitwirkung eigentlich nur in einer Longitudinalstudie aufzeigen, das hätte aber den Rahmen der Evaluation des Materials bei Weitem gesprengt.

8 ) Die frühkindliche Sozialisationsphase ist die entscheidende Größe (auch hierzu gibt es hochkarätige Untersuchungen), dennoch ist das "Fenster" danach nicht geschlossen und man durch Training noch etwas bewirken.


Ich finde es grundsätzlich natürlich sehr anerkennenswert, dass sich der Vater die Mühe macht, sich mit dem Text auseinanderzusetzen und wenn ich nicht stark zeitlich limitiert in der Hochschulleitung (und nicht mehr in der Forschung tätig) wäre, hätte ich ihm gerne noch einige Forschungsergebnisse zusammengestellt, die mein Ergebnis zu 100 Prozent stützen. Ich hoffe, damit Ihre Fragen beantwortet zu haben und bitte Sie, die Email nicht einfach weiterzuleiten, sondern ggf. ergebnisorientiert zusammenzufassen. Ich wünsche dem Vater, dass er trotz seiner Zweifel . den deutlichen Mehrwert eines solchen Trainings erkennt und seiner Tochter/seinem Sohn viel Erfolg!

Herzliche Grüße

Ich hätte mir diese Antwort gewünscht:

    Hier sind die Rohdaten. Überprüfen Sie das doch selbst, wenn Sie's nicht glauben.


Sind die Rohdaten geheim oder was?

#270:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 28.05.2018, 22:35
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
Hab mit der Schulleitung über FLOH-Lesefitniss gesprochen. Der Schulleiter hat vorgeschlagen, meine Einwände an Frau Prof. Gien weiterzureichen.

Das ist der Text:....

Würde ich nicht machen, weil Du sie damit nur in Versuchung bringst, Dich mal eben mit Plattitüden abzubügeln. Allerdings wird es schwierig, etwas über ihr an dieser Uni zu finden, deren Präsidentin sie ist.

Die größte Chance sie irgendwie in Erklärungsnot zu bringen, hast Du wahrscheinlich innerhalb der Uni bei dem Vizepräsident für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs, Hogreve, weil Du damit evtl eine interne Diskussion anstößt.

Die Frage sollte sein, was das für eine eigenartige Forschung sei, die von dieser Uni ausgehe.

Interessant würde ich auch die Frage finden, ob es nicht eine zentrale Stelle gibt, die sich mit der Qualität wissenschaftlicher Arbeit in der Pädagogik / Didaktik beschäftigt.

P.s.
Ich war zu schnell mit meiner Antwort - die Plattitüden sind schon da.

Was auch bezeichnend ist, ist dass zu dieser Auftragsarbeit offensichtlich keine wissenschaftliche Veröffentlichung existiert, die sie Dir hätte schicken können. Wenn man freundlich ist, kann man das als ein Eingeständnis der Dame werten, dass da auch keine Wissenschaft geplant war, sondern dass es sich um eine etwas vornehmere Form der Werbung handelte.

#271:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 30.05.2018, 17:51
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Hab mit der Schulleitung über FLOH-Lesefitniss gesprochen. Der Schulleiter hat vorgeschlagen, meine Einwände an Frau Prof. Gien weiterzureichen.

Das ist der Text:....

Würde ich nicht machen, weil Du sie damit nur in Versuchung bringst, Dich mal eben mit Plattitüden abzubügeln. Allerdings wird es schwierig, etwas über ihr an dieser Uni zu finden, deren Präsidentin sie ist.

Interessant. Ihre Position hab' ich überlesen oder verdrängt. Pfeifen


fwo hat folgendes geschrieben:
Die größte Chance sie irgendwie in Erklärungsnot zu bringen, hast Du wahrscheinlich innerhalb der Uni bei dem Vizepräsident für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs, Hogreve, weil Du damit evtl eine interne Diskussion anstößt.

Die Frage sollte sein, was das für eine eigenartige Forschung sei, die von dieser Uni ausgehe.

Interessant würde ich auch die Frage finden, ob es nicht eine zentrale Stelle gibt, die sich mit der Qualität wissenschaftlicher Arbeit in der Pädagogik / Didaktik beschäftigt.

Du meinst, ich sollte das höher aufhängen? Der "Forschungsbericht" ist nach wissenschaftlichen Kriterien tatsächlich so schlecht, daß man das höher aufhängen könnte.

Mir ging's eigentlich nur darum, daß die Leute an Schule darüber nachdenken, ob die FLOH-Lesefitness wirklich ein gutes Instrument ist. Der Flaschenhals in der Schule ist Zeit. (Gerne auch Zeit pro Schüler.) Da sollte man genau hinschauen, was gemacht wird, ob die Zeit und das Geld nicht besser anderweitig genutzt werden sollten. Wenn die Methode so gut ist, warum ist sie dann nicht Teil der üblichen Lesebücher? Zu neu? Patentiert?

Laut Webseite kosten die Testbögen 6 EUR pro Schüler und Jahr. Eine Antwort darauf, was die Schule zahlt, steht noch aus. Sicherlich sind das Kleckerbeträge, Schulbücher kosten auch Geld. (Hoppla. 6 EUR pro Jahr und Kind - etwas wenig für ein erfolgreiches Geschäftsmodell. Ob's da noch weitere Kosten gibt? *grübel*)


fwo hat folgendes geschrieben:
Was auch bezeichnend ist, ist dass zu dieser Auftragsarbeit offensichtlich keine wissenschaftliche Veröffentlichung existiert, die sie Dir hätte schicken können.

Das ist der Punkt.

Frau Gien widerspricht sich ein bisschen, wenn sie fehlende Daten auf die Zielgruppe des Forschungsberichts schiebt, andererseits aber doch behauptet, eine "Wirksamkeitsstudie" zu liefern. Vielleicht hake ich an dieser Stelle noch nach. Die Daten müßten in der Basisstudie vorliegen und sollten sich leicht herauskopieren lassen.

Es sollte eine Regel geben, daß empirische Arbeiten möglichst auch ihre Daten verfügbar machen. So wie hier gefordert: Publish your raw data and your speculations, then let other people do the analysis: track and field edition



fwo hat folgendes geschrieben:
Wenn man freundlich ist, kann man das als ein Eingeständnis der Dame werten, dass da auch keine Wissenschaft geplant war, sondern dass es sich um eine etwas vornehmere Form der Werbung handelte.

Dann wären die Rohdaten am Ende ein Geschäftsgeheimnis. Geschockt

#272:  Autor: unquest BeitragVerfasst am: 30.05.2018, 18:44
    —
In dem pdf ist vom "ganzheitlichen" Leseförderkonzept und "nachhaltigen" Kompetenzen die Rede. Solch ein Vokabular gehört in den Bioladen aber nicht in Schul- oder Uninähe.

#273:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 30.05.2018, 20:18
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
Der Punkt ist, daß Lob (und Tadel) ausdrücklich als Methode eingesetzt werden sollen. Das ist operante Konditionierung, damit will ich nichts zu tun haben. nee

Habe hier nicht alles gelesen, aber möchte die Gelegenheit nutzen, um diese Ansicht zu unterstützen. Lob und Kritik sind gut, aber niemals als Mittel zu manipulativen Zwecken!

#274:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 09:37
    —
step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Der Punkt ist, daß Lob (und Tadel) ausdrücklich als Methode eingesetzt werden sollen. Das ist operante Konditionierung, damit will ich nichts zu tun haben. nee

Habe hier nicht alles gelesen, aber möchte die Gelegenheit nutzen, um diese Ansicht zu unterstützen. Lob und Kritik sind gut, aber niemals als Mittel zu manipulativen Zwecken!

Eigentlich kann man doch gar nicht, als da zuzustimmen, oder?

Was ist das eigentlich, Manipulation. In unseren faulen Zeiten gehe ich erstmal in Wikipedia:
Zitat:
Manipulation bedeutet die gezielte und verdeckte Einflussnahme, also sämtliche Prozesse, welche auf eine Steuerung des Erlebens und Verhaltens von Einzelnen und Gruppen zielen und diesen verborgen bleiben sollen.

Klar, kann man nicht wollen - oder doch?
Manipulation liegt damit immer vor, wenn wir einen Informationsfluss haben, der klar von einer Seite kontrolliert wird und in diesem Moment von der anderen Seite nicht in Frage gestellt werden kann. Das ist die klassische Situation zwischen Eltern und Kind, vom ersten Tag an. Das beschreibt auch den größten Teil der Schulzeit, natürlich um so vollständiger, ein je früherer Zeitpunkt der Schule betrachtet wird - hier geht es um das Lesenlernen, also den Beginn der Schulzeit.

Auch die Tradition von Sprache, oder tiefergehend, Moral, ist in diesem Sinn reine Manipulation, allerdings eine, mit der wir unsere Kinder überhaupt erst gesellschafts-, also lebensfähig machen. Das ist das, was wir klassischerweise Erziehung nennen.

@step:
Ich mache kein Hehl daraus, Deine Beiträge hier regelmäßig zu bewundern, aber in diesem Fall den negativ bewerteten Begriff Manipulation ins Spiel zu bringen, ohne ihn vorher von der zwangsläufig stattfindenden Erziehung, die wegen des zwangsläufigen Gefälles zwischen Kindern und Eltern oder Kindern und Lehrern gar nicht anders sein kann als manipulativ, abzugrenzen, halte ich nicht für zielführend.

Man kann es überspitzt auch so sagen: Menschsein funktioniert überhaupt nur als manipuliertes Wesen.

#275:  Autor: AhrimanWohnort: 89250 Senden BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 11:53
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
Man kann es überspitzt auch so sagen: Menschsein funktioniert überhaupt nur als manipuliertes Wesen.

Oder so:
Tugend will ermuntert sein,
Bosheit kann man von allein.

sagte Wilhelm Busch

#276:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 12:01
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Lob und Kritik sind gut, aber niemals als Mittel zu manipulativen Zwecken!
Eigentlich kann man doch gar nicht, als da zuzustimmen, oder?

Wirklich? Mir sind viele Eltern bekannt, die Manipulation (auch wenn sie es anders nennen) als Hauptinstrument der Erziehung nutzen, etwa indem sie ein Kind besonders loben, wenn es macht, was die Eltern wollen, oder ihm Schuldgefühle verursachen, oder ihm bestimmte Fakten verschweigen oder gar Lügen erfinden, um ihre eigenen Interessen leichter bedienen zu können. Man könnte sagen, daß das weithin so üblich ist.

fwo hat folgendes geschrieben:
Manipulation liegt damit immer vor, wenn wir einen Informationsfluss haben, der klar von einer Seite kontrolliert wird und in diesem Moment von der anderen Seite nicht in Frage gestellt werden kann.

Das ist eine typische, evtl. auch notwendige, aber keine hinreichende Bedingung; zusätzlich muß auch das Ziel der Beeinflussung vorliegen, wie Du ja auch selbst aus wikipedia zitiert hast.

fwo hat folgendes geschrieben:
Das ist die klassische Situation zwischen Eltern und Kind, vom ersten Tag an. Das beschreibt auch den größten Teil der Schulzeit, natürlich um so vollständiger, ein je früherer Zeitpunkt der Schule betrachtet wird - hier geht es um das Lesenlernen, also den Beginn der Schulzeit.

Genau, die klassische Situation (Machtgefälle) führt dazu, daß die oben von Dir genannte Bedingung i.a. erfüllt ist, und dadurch die Manipulation mindestens erleichtert wird.

fwo hat folgendes geschrieben:
Auch die Tradition von Sprache, oder tiefergehend, Moral, ist in diesem Sinn reine Manipulation, allerdings eine, mit der wir unsere Kinder überhaupt erst gesellschafts-, also lebensfähig machen. Das ist das, was wir klassischerweise Erziehung nennen.

Das geht mir jetzt zu schnell, und zu viel auf einmal. Also ich stimme zu, daß moralische Erziehung per se manipulative Elemente enthält, denn zum einen ist das Ziel von moralischer Erziehung ein konformes, verläßliches Verhalten, zum zweiten wird ein Machtgefälle ausgenutzt, etwa in Form von Bedrohung durch Ächtung oder Bestrafung.

Meiner Meinung nach manipuliert die klassische Erziehung jedoch deutlich mehr, als für die Sicherstellung eines gedeihlichen Zusammenlebens erforderlich wäre.

fwo hat folgendes geschrieben:
Man kann es überspitzt auch so sagen: Menschsein funktioniert überhaupt nur als manipuliertes Wesen.

Kann man durchaus so sagen - aber es scheint mir wichtig, Manipulation zu erkennen und zu hinterfragen, ob sie in einem speziellen Fall wünschenswert ist. Du wirst sicher nicht abstreiten, daß zu Zeiten der Schwarzen Pädagogik manipulative Techniken als "erforderlich" angesehen wurden, die heutzutage Gruseln hervorrufen. Ich sehe auch heute noch ähnliche Muster, wenn auch nicht mehr so extrem.

Hier ein paar Beispiele, extra eher harmlos gewählt:
"Wenn Ihr während der Fahrt still seid, bekommt Ihr danach ein Eis"
"Magst Du mir mal beim Abräumen helfen?"
"Wenn Du brav bist, bringt das Christkind Dir Geschenke"

Ein spielerischer Wettbewerb mit ernstem Hintergrund in der Schule (etwa wie von smallie erwähnt) hat meiner Ansicht nach gute und schlechte Aspekte. Welche überwiegen, hängt davon ab, wie es gemacht ist und wie das gesamte Umfeld der Gemeinschaft aussieht, etwa ob ob Ausschluss- und Versagergefühle vermieden werden.

#277:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 12:09
    —
fwo hat folgendes geschrieben:

Auch die Tradition von Sprache, oder tiefergehend, Moral, ist in diesem Sinn reine Manipulation, allerdings eine, mit der wir unsere Kinder überhaupt erst gesellschafts-, also lebensfähig machen. Das ist das, was wir klassischerweise Erziehung nennen.


Was Manipulation ist, lernt man durch Erfahrung. Der Rest ist nur Information.

#278:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 12:23
    —
step hat folgendes geschrieben:
"Magst Du mir mal beim Abräumen helfen?"


Och, komm! Wenn das manipulativ ist, dann heiße ich O’Brien. ; )

#279:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 12:27
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
"Magst Du mir mal beim Abräumen helfen?"


Och, komm! Wenn das manipulativ ist, dann heiße ich O’Brien. ; )


Das muss nicht manipulativ sein, kann aber. Da genügt es, dem Satz diese spezifische Tonfärbung mitzugeben, die Aussenstehende gar nicht wahrnehmen, aber dem Kind eindeutige Signale senden.

#280:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 12:32
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
"Magst Du mir mal beim Abräumen helfen?"


Och, komm! Wenn das manipulativ ist, dann heiße ich O’Brien. ; )


Das muss nicht manipulativ sein, kann aber. Da genügt es, dem Satz diese spezifische Tonfärbung mitzugeben, die Aussenstehende gar nicht wahrnehmen, aber dem Kind eindeutige Signale senden.

Hm, ja. Da würde ich nur einwenden, daß die Intonation manipulativ ist, nicht die Aufforderung zu helfen.

#281:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 12:48
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
"Magst Du mir mal beim Abräumen helfen?"


Och, komm! Wenn das manipulativ ist, dann heiße ich O’Brien. ; )


Das muss nicht manipulativ sein, kann aber. Da genügt es, dem Satz diese spezifische Tonfärbung mitzugeben, die Aussenstehende gar nicht wahrnehmen, aber dem Kind eindeutige Signale senden.

Hm, ja. Da würde ich nur einwenden, daß die Intonation manipulativ ist, nicht die Aufforderung zu helfen.


Ja, vielleicht bei diesem fiktiven Beispiel. Die häufigste Reaktion von Dritten in konkreten Fällen ist ja eher Unverständnis: "Das hat er/sie bestimmt nicht so gemeint" - "Das hat Du jetzt bestimmt falsch verstanden" - "Sei nicht so überempfindlich."

Manipulation im zwischenmenschlichen Bereich ist oft schwer zu vermitteln, weil das, worum es oberflächlich geht, nicht als manipulativer Inhalt wahrgenommen wird. Dass ein Kind beim Abräumen hilft, ist ja nichts, was man als unangebrachte Erziehungsmethode betrachten würde. Oft wollen manipulative Menschen ja auch gar nichts weltbewegend dramatisches. Sie wollen Dinge, nach denen man auch ohne manipulativen Unterton fragen könnte, aber aus irgendwelchen Gründen gehen sie nicht den direkten Weg, sondern versuchen ihr Umfeld durch Andeutungen, Schuldgefühle oder subtile Einschüchterung zu beeinflussen.

#282:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 12:50
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
"Magst Du mir mal beim Abräumen helfen?"
Och, komm! Wenn das manipulativ ist, dann heiße ich O’Brien. ; )
Das muss nicht manipulativ sein, kann aber. Da genügt es, dem Satz diese spezifische Tonfärbung mitzugeben, die Aussenstehende gar nicht wahrnehmen, aber dem Kind eindeutige Signale senden.
Hm, ja. Da würde ich nur einwenden, daß die Intonation manipulativ ist, nicht die Aufforderung zu helfen.

Eine Aufforderung zu helfen wäre absolut OK. Sie würde z.B. lauten: "Hilfst Du mir bitte beim Abräumen?"

Das Manipulative an der ursprünglichen Formulierung ist die Suggestion, es handele sich um ein Bedürfnis des Gefragten.

#283:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 12:55
    —
Einige interessante Aspekte, die Du angesprochen hast. Ich will nur darauf eingehen.

Kramer hat folgendes geschrieben:
Manipulation im zwischenmenschlichen Bereich ist oft schwer zu vermitteln, weil das, worum es oberflächlich geht, nicht als manipulativer Inhalt wahrgenommen wird.


Das stimmt. Da stellt sich dann die Frage, ob man überhaupt von Manipulation sprechen kann, wenn sie dem Manipulateur nicht bewusst ist.

#284:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 12:57
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Da stellt sich dann die Frage, ob man überhaupt von Manipulation sprechen kann, wenn sie dem Manipulateur nicht bewusst ist.

Ja, aber das ist nicht entscheidend. Es geht ja nicht um Schuldzuweisung, sondern darum, das zu erkennen und abzustellen.

#285:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 12:58
    —
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
"Magst Du mir mal beim Abräumen helfen?"
Och, komm! Wenn das manipulativ ist, dann heiße ich O’Brien. ; )
Das muss nicht manipulativ sein, kann aber. Da genügt es, dem Satz diese spezifische Tonfärbung mitzugeben, die Aussenstehende gar nicht wahrnehmen, aber dem Kind eindeutige Signale senden.
Hm, ja. Da würde ich nur einwenden, daß die Intonation manipulativ ist, nicht die Aufforderung zu helfen.

Eine Aufforderung zu helfen wäre absolut OK. Sie würde z.B. lauten: "Hilfst Du mir bitte beim Abräumen?"

Das Manipulative an der ursprünglichen Formulierung ist die Suggestion, es handele sich um ein Bedürfnis des Gefragten.


Ja, ok, verstehe.
Puh, ich glaube ich bin zu grob für diese Welt.

#286:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 13:00
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Einige interessante Aspekte, die Du angesprochen hast. Ich will nur darauf eingehen.

Kramer hat folgendes geschrieben:
Manipulation im zwischenmenschlichen Bereich ist oft schwer zu vermitteln, weil das, worum es oberflächlich geht, nicht als manipulativer Inhalt wahrgenommen wird.


Das stimmt. Da stellt sich dann die Frage, ob man überhaupt von Manipulation sprechen kann, wenn sie dem Manipulateur nicht bewusst ist.


Das war eigentlich nicht das, was ich damit aussagen wollte. Dem Manipulierer geht es schon um etwas, aber oft eben nicht um das, was er wortwörtlich verlangt, sondern eher um Kontrolle oder Eskalation.

#287:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 13:03
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
"Magst Du mir mal beim Abräumen helfen?"
Och, komm! Wenn das manipulativ ist, dann heiße ich O’Brien. ; )
Das muss nicht manipulativ sein, kann aber. Da genügt es, dem Satz diese spezifische Tonfärbung mitzugeben, die Aussenstehende gar nicht wahrnehmen, aber dem Kind eindeutige Signale senden.
Hm, ja. Da würde ich nur einwenden, daß die Intonation manipulativ ist, nicht die Aufforderung zu helfen.

Eine Aufforderung zu helfen wäre absolut OK. Sie würde z.B. lauten: "Hilfst Du mir bitte beim Abräumen?"

Das Manipulative an der ursprünglichen Formulierung ist die Suggestion, es handele sich um ein Bedürfnis des Gefragten.


Ja, ok, verstehe.
Puh, ich glaube ich bin zu grob für diese Welt.


Das finde ich aber bei diesem Beispiel auch nicht eindeutig. Das "Magst Du..." muss nicht einer bewussten Absicht entspringen, sondern kann auch nur Bestandteil einer feststehenden Redewendung sein, die jemand unbewusst aus Gewohnheit verwendet.

#288:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 13:04
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Puh, ich glaube ich bin zu grob für diese Welt.

Ich habe das Beispiel gebracht, weil dieses Sprachmuster in bestimmten (jüngeren) Kreisen im Raum München gerade populär zu sein scheint. Man ertappt sich dabei, daß man selbst es auch mal verwendet. Ich bin zusätzlich sensibilisert worden durch eine Fortbildung, bei der es eigentlich um Respekt und Wertschätzung ging, aber genau dieses Beispiel als absolutes No-Go angeführt wurde. Das Seminar war jeglicher pc-sprachpolizeilichen Intention übrigens komplett unverdächtig.

#289:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 13:07
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
Das "Magst Du..." muss nicht einer bewussten Absicht entspringen, sondern kann auch nur Bestandteil einer feststehenden Redewendung sein, die jemand unbewusst aus Gewohnheit verwendet.

Ja, oder aus unbewußter Absicht, oder aus gewohnter Wirksamkeit.

#290:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 13:16
    —
step hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
Das "Magst Du..." muss nicht einer bewussten Absicht entspringen, sondern kann auch nur Bestandteil einer feststehenden Redewendung sein, die jemand unbewusst aus Gewohnheit verwendet.

Ja, oder aus unbewußter Absicht, oder aus gewohnter Wirksamkeit.


Ich denke, wenn jemand aus Gewohnheit bestimmte Formulierungen benutzt, dann verlieren die Formulierungen auch für die Zuhörer irgendwann ihre ursprüngliche Bedeutung.

#291:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 13:23
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
Ich denke, wenn jemand aus Gewohnheit bestimmte Formulierungen benutzt, dann verlieren die Formulierungen auch für die Zuhörer irgendwann ihre ursprüngliche Bedeutung.

Ja, da muß der Lehrer aufpassen.

#292:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 13:34
    —
step hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
Ich denke, wenn jemand aus Gewohnheit bestimmte Formulierungen benutzt, dann verlieren die Formulierungen auch für die Zuhörer irgendwann ihre ursprüngliche Bedeutung.

Ja, da muß der Lehrer aufpassen.


Ich sehe da nicht so das Problem. Eine sprachliche Formulierung, die manipulativ aufgefasst werden könnte, ergibt noch keine Manipulation. Hinter Manipulation steht immer ein System, eine bewusste oder unbewusste Absicht, die die gesamte Interaktion zwischen den Betroffenen umfasst. Da kann ein "Magst Du..." durchaus eine Rolle spielen, wenn es in der Beziehung insgesamt üblich ist, dass einer die Bedürfnisse des anderen kontrollieren möchte. Man muss halt schauen, ob das "Magst Du..." Bestandteil eines Musters ist oder eben nur sprachliche Konvention.

#293:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 14:08
    —
step hat folgendes geschrieben:
...
Hier ein paar Beispiele, extra eher harmlos gewählt:
"Wenn Ihr während der Fahrt still seid, bekommt Ihr danach ein Eis"
"Magst Du mir mal beim Abräumen helfen?"
"Wenn Du brav bist, bringt das Christkind Dir Geschenke"
....

Schöne Beispiele. Man kann sie auch so zusammenfassen: Wohlverhalten wird belohnt.
Wobei das "hinterhältigste" diese Frage ist:
"Magst Du mir mal beim Abräumen helfen?"

(Ich sehe gerade, dass die Diskussion inzwischen an diesem Beispiel weitergegangen ist, und lese mit Vergnügen, dass zeilig zu grob für diese Welt ist.)

Ich nehme aber mal das Beispiel mit der Fahrt, wobei ich davon ausgehe, dass es sich um eine Autofahrt handelt.
Wir sind uns wahrscheinlich einig, dass tobende oder auch nur kreischende Kinder in einem Auto im Straßenverkehr, in dem der "Pilot" keinen abgekapselten Bereich hat, eine echte Gefahr für alle Beteiligten darstellen.

In der autoritären Familie waren die früher so konditioniert, dass Papa "Kusch" sagte und es war Ruhe - die Kinder wussten weshalb. Diese Zeiten sind jetzt vorbei, und das ist auch gut so.

Auf der anderen Seite ist da nicht unbedingt Zeit und Gelegenheit für eine Diskussion, die auch schon voraussetzt, dass das Kind überhaupt schon diskussionsfähig ist. Deshalb "arbeiten" wir heute mit positiver Verstärkung, was aber auch nicht anderes ist als operante Konditionierung.
smallie hat folgendes geschrieben:
....
Der Punkt ist, daß Lob (und Tadel) ausdrücklich als Methode eingesetzt werden sollen. Das ist operante Konditionierung, damit will ich nichts zu tun haben. nee Passt nicht zu meinem Soll-Menschenbild. ....

Ich halte dieses Menschenbild nicht für realistisch.
Das Leben als Mensch fängt mit Belohnungen und Bestrafungen an, ob wir das wollen oder nicht: Die erste Belohnung ist das Lächeln der Mutter, ihre Wärme, ihr Geruch, ihre Berührung. Eine ganz automatische Betrafung wird z.B. sein, wenn die stillende Mutter in der automatischen Reaktion auf einen Biss das Kind von der Brust entfernt, es also aus seiner Geborgenheit reißt.

Das ist übrigens nichts Einseitiges - auch die Eltern müssen über freundliche Glucksen und gequältes Geschrei erstmal konditioniert werden.

Die Fragen, die dieses Verhalten in einer nicht autoritären Gesellschaft aufwirft, sollten also nicht einfach die nach Methoden sein, so nach dem Motto "Konditionieren geht gar nicht", sondern danach, ob die Methode der Entwicklungsphase des Kindes und der Situation angemessen war und ob das jeweilige Ziel Bestand hat. Das wird auch (neben der eingebauten Hemmung, in einen Konflikt mit den Eltern zu treten) das Resümee des späteren Erwachsenen bestimmen.

#294:  Autor: astarte BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 14:12
    —
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
"Magst Du mir mal beim Abräumen helfen?"
Och, komm! Wenn das manipulativ ist, dann heiße ich O’Brien. ; )
Das muss nicht manipulativ sein, kann aber. Da genügt es, dem Satz diese spezifische Tonfärbung mitzugeben, die Aussenstehende gar nicht wahrnehmen, aber dem Kind eindeutige Signale senden.
Hm, ja. Da würde ich nur einwenden, daß die Intonation manipulativ ist, nicht die Aufforderung zu helfen.

Eine Aufforderung zu helfen wäre absolut OK. Sie würde z.B. lauten: "Hilfst Du mir bitte beim Abräumen?"

Das Manipulative an der ursprünglichen Formulierung ist die Suggestion, es handele sich um ein Bedürfnis des Gefragten.

Sehe ich auch sehr häufig. Sehr lustig ist dann, wenn die Kinder "nö" sagen. Und die Eltern sich wundern/ärgern/ratlos sind.
Ich denk dann immer: "du hast gefragt, dem Kind die Entscheidung überlassen - das Kind hat sich entschieden" Schulterzucken
Da fällt vielen immer noch nicht auf, dass sie eigentlich gar keine offene Frage stellen wollten.

Mir scheint aber oft, dass sie sehr unsicher sind was sie denn eigentlich wollen:
- Regeln und Struktur klar aber freundlich vorgeben, zB wir helfen zusammen, jeder macht was.
- Das Kind ohne Strenge erziehen, nicht zwingen zu etwas, was es nicht will.
- Kinder gleichwertig behandeln und ihre Entscheidungen (hier: nö ich möchte jetzt nicht helfen) akzeptieren.

#295:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 14:32
    —
astarte hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
"Magst Du mir mal beim Abräumen helfen?"
Och, komm! Wenn das manipulativ ist, dann heiße ich O’Brien. ; )
Das muss nicht manipulativ sein, kann aber. Da genügt es, dem Satz diese spezifische Tonfärbung mitzugeben, die Aussenstehende gar nicht wahrnehmen, aber dem Kind eindeutige Signale senden.
Hm, ja. Da würde ich nur einwenden, daß die Intonation manipulativ ist, nicht die Aufforderung zu helfen.

Eine Aufforderung zu helfen wäre absolut OK. Sie würde z.B. lauten: "Hilfst Du mir bitte beim Abräumen?"

Das Manipulative an der ursprünglichen Formulierung ist die Suggestion, es handele sich um ein Bedürfnis des Gefragten.

Sehe ich auch sehr häufig. Sehr lustig ist dann, wenn die Kinder "nö" sagen. Und die Eltern sich wundern/ärgern/ratlos sind.
Ich denk dann immer: "du hast gefragt, dem Kind die Entscheidung überlassen - das Kind hat sich entschieden" Schulterzucken
Da fällt vielen immer noch nicht auf, dass sie eigentlich gar keine offene Frage stellen wollten.

Mir scheint aber oft, dass sie sehr unsicher sind was sie denn eigentlich wollen:
- Regeln und Struktur klar aber freundlich vorgeben, zB wir helfen zusammen, jeder macht was.
- Das Kind ohne Strenge erziehen, nicht zwingen zu etwas, was es nicht will.
- Kinder gleichwertig behandeln und ihre Entscheidungen (hier: nö ich möchte jetzt nicht helfen) akzeptieren.

Ohne die Diskussion verfolgt zu haben, meine ich wohl sagen zu können, dass Konsequentes Verhalten das A und O in der Zusammenarbeit mit Kinder (und nicht nur dort) ist.

#296:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 14:39
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
... und lese mit Vergnügen, dass zeilig zu grob für diese Welt ist.

Ja, das fand ich auch vergnüglich - ausgerechnet zelig! Aber vielleicht bist Du zu grob für seine Ironie oder ich für Deine ...

fwo hat folgendes geschrieben:
Das Leben als Mensch fängt mit Belohnungen und Bestrafungen an, ob wir das wollen oder nicht: Die erste Belohnung ist das Lächeln der Mutter, ihre Wärme, ihr Geruch, ihre Berührung. Eine ganz automatische Betrafung wird z.B. sein, wenn die stillende Mutter in der automatischen Reaktion auf einen Biss das Kind von der Brust entfernt, es also aus seiner Geborgenheit reißt.

Naja klar - sogar in der bedürfnisorientierten Pädagogik zählen immer gleichberechtigt auch die Bedürfnisse der Eltern. Es ist auch nicht akzeptabel, daß ein Kind andere Kinder schlägt, nur weil es gerade das Bedürfnis danach hat. Wenn Du die Begriffe "Belohnung" und "Bestrafung" für jedes bestärkende bzw. hemmende Feedback verwendest, hast Du zwar formal recht, aber für mich ist wichtig, ob es eine notwendige Grenzsetzung zum Schutz von wichtigen Fremdinteressen (und sei es der Eltern) ist oder nicht, bzw. ob es eine bedürfnisgerechtere Variante gibt.

Wenden wir das mal auf das Fahrtbeispiel an:

fwo hat folgendes geschrieben:
... tobende oder auch nur kreischende Kinder in einem Auto im Straßenverkehr ... eine echte Gefahr für alle Beteiligten ... nicht unbedingt Zeit und Gelegenheit für eine Diskussion, die auch schon voraussetzt, dass das Kind überhaupt schon diskussionsfähig ist.

Vielleicht würden die Kinder lieber Zug oder sogar gar nicht fahren, oder wenn schon lange im Auto sitzen, dann soll sich jemand kreativ um sie kümmern, z.B. der Beifahrer.

fwo hat folgendes geschrieben:
Das ist übrigens nichts Einseitiges - auch die Eltern müssen über freundliche Glucksen und gequältes Geschrei erstmal konditioniert werden.

Ja, und Kinder von Eltern mit besonders manipulativen Strategien werden selber auch eher so.

fwo hat folgendes geschrieben:
... ob die Methode der Entwicklungsphase des Kindes und der Situation angemessen war und ob das jeweilige Ziel Bestand hat ...

Das reicht mE nicht - es fehlt eine angemessene Berücksichtigung der Bedürfnisse des Kindes sowie der Vermitllung von Glaubwürdigkeit, die sich mitefristig mehr als auszahlt für beide Seiten.

#297:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 14:50
    —
astarte hat folgendes geschrieben:
Da fällt vielen immer noch nicht auf, dass sie eigentlich gar keine offene Frage stellen wollten.

Genau.

astarte hat folgendes geschrieben:
Mir scheint aber oft, dass sie sehr unsicher sind was sie denn eigentlich wollen:
- Regeln und Struktur klar aber freundlich vorgeben, zB wir helfen zusammen, jeder macht was.
- Das Kind ohne Strenge erziehen, nicht zwingen zu etwas, was es nicht will.
- Kinder gleichwertig behandeln und ihre Entscheidungen (hier: nö ich möchte jetzt nicht helfen) akzeptieren.

Das schließt sich ja nicht aus, wobei ich beim ersten Punkt eher sagen würde:
- Regeln und Struktur vorgeben, soweit unbedingt notwendig (z.B. für Sicherheit, Gesundheit ...)
- falls weitere Regeln benötigt werden: gemeinsam festlegen

Meiner Erfahrung nach finden Kinder es ganz natürlich, wenn Eltern (genauso wie sie) ohne Taktik sagen "das möchte ich aber nicht", "das macht mich traurig", oder "ich wünsche mir sehr, daß ..." - und erfüllen diesen Wunsch auch häufig, zumindest ab ca. 3 Jahren. Lange bevor man wirklich mit ihnen über die Hintergründe diskutieren kann.

#298:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 14:53
    —
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Ohne die Diskussion verfolgt zu haben, meine ich wohl sagen zu können, dass Konsequentes Verhalten das A und O in der Zusammenarbeit mit Kinder (und nicht nur dort) ist.


Klingt sehr katholisch.

#299:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 14:55
    —
vrolijke hat folgendes geschrieben:
... dass Konsequentes Verhalten das A und O in der Zusammenarbeit mit Kinder (und nicht nur dort) ist.

Verläßlichkeit ist sehr wichtig, ja - und da spielt Konsequenz natürlich eine Rolle. Im Zweifelsfall würde ich allerdings Glaubwürdigkeit/Ehrlichkeit/Offenheit für wichtiger erachten als Konsequenz. Manchmal muß man zugeben, daß weiteres konsequentes Beharren eher wie das Reiten eines toten Pferdes wäre - oder daß man einfach unrecht hatte.

#300:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 14:56
    —
vrolijke hat folgendes geschrieben:

Ohne die Diskussion verfolgt zu haben, meine ich wohl sagen zu können, dass Konsequentes Verhalten das A und O in der Zusammenarbeit mit Kinder (und nicht nur dort) ist.


Das kann nicht richtig sein. Denn es würde für jemanden, der sein Kind inkonsequentem Missbrauch aussetzt, bedeuten, dass er den Missbrauch lediglich intensivieren muss.

#301:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 15:01
    —
step hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
... dass Konsequentes Verhalten das A und O in der Zusammenarbeit mit Kinder (und nicht nur dort) ist.

Verläßlichkeit ist sehr wichtig, ja - und da spielt Konsequenz natürlich eine Rolle. Im Zweifelsfall würde ich allerdings Glaubwürdigkeit/Ehrlichkeit/Offenheit für wichtiger erachten als Konsequenz. Manchmal muß man zugeben, daß weiteres konsequentes Beharren eher wie das Reiten eines toten Pferdes wäre - oder daß man einfach unrecht hatte.
Das "reiten eines toten Pferdes" ist wohl eher das Gegenteil von Konsequent. zwinkern
Du erwähnst Glaubwürdigkeit/Ehrlichkeit/Offenheit. Ich würde meinen, das überschneidet und bedingt sich mit der Konsequenz.

#302:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 15:04
    —
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Das "reiten eines toten Pferdes" ist wohl eher das Gegenteil von Konsequent. zwinkern


Nein. Man kann auch konsequent das Falsche tun.

#303:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 15:07
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Das "reiten eines toten Pferdes" ist wohl eher das Gegenteil von Konsequent. zwinkern


Nein. Man kann auch konsequent das Falsche tun.


Ich meine mit konsequentes Verhalten. Das tun was man sagt. Wasser predigen, und Wein saufen ist z. B. das Gegenteil von Konsequenz. Selbst glaubwürdig leben.

#304:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 15:11
    —
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Das "reiten eines toten Pferdes" ist wohl eher das Gegenteil von Konsequent. zwinkern


Nein. Man kann auch konsequent das Falsche tun.


Ich meine mit konsequentes Verhalten. Das tun was man sagt. Wasser predigen, und Wein saufen ist z. B. das Gegenteil von Konsequenz. Selbst glaubwürdig leben.


Man kann auch ein glaubwürdiger Despot sein. Konsequenz/Beharrlichkeit alleine führt nicht zwingend zu guten Entscheidungen.

#305:  Autor: astarte BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 15:12
    —
step hat folgendes geschrieben:
astarte hat folgendes geschrieben:
Da fällt vielen immer noch nicht auf, dass sie eigentlich gar keine offene Frage stellen wollten.

Genau.

astarte hat folgendes geschrieben:
Mir scheint aber oft, dass sie sehr unsicher sind was sie denn eigentlich wollen:
- Regeln und Struktur klar aber freundlich vorgeben, zB wir helfen zusammen, jeder macht was.
- Das Kind ohne Strenge erziehen, nicht zwingen zu etwas, was es nicht will.
- Kinder gleichwertig behandeln und ihre Entscheidungen (hier: nö ich möchte jetzt nicht helfen) akzeptieren.

Das schließt sich ja nicht aus, wobei ich beim ersten Punkt eher sagen würde:
- Regeln und Struktur vorgeben, soweit unbedingt notwendig (z.B. für Sicherheit, Gesundheit ...)
- falls weitere Regeln benötigt werden: gemeinsam festlegen
Ja, so in etwa sehe ich das auch. Paar Regeln erleichtern das Zusammenleben, paar sind elementar (nicht allein über die Straße gehen, bevor man das nicht beherrscht u.ä.) und viele bieten sich als Streitpunkte an, wo man sich echt überlegen muss, ob das lohnt, und ob das wirklich so wichtig ist.

Zitat:

Meiner Erfahrung nach finden Kinder es ganz natürlich, wenn Eltern (genauso wie sie) ohne Taktik sagen "das möchte ich aber nicht", "das macht mich traurig", oder "ich wünsche mir sehr, daß ..." - und erfüllen diesen Wunsch auch häufig, zumindest ab ca. 3 Jahren. Lange bevor man wirklich mit ihnen über die Hintergründe diskutieren kann.

Eltern haben auch Bedürfnisse und Gefühle, das sollten sie schon auch deutlich machen.

#306:  Autor: Zumsel BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 15:47
    —
Heute bei Spon:
http://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/schule-wenn-geschwister-unterschiedlich-gute-schueler-sind-a-1204304.html

Bemerkenswert, wie oberflächlich die Analyse des Problems hier ansetzt.

Zitat:
Das Leben als Einserschüler ist ein harter Kampf, Armeen von Schweinehunden bleiben da auf der Strecke. Statt nach draußen zum Fußball oder an die Konsole oder das Smartphone führt der Weg immer wieder an den Schreibtisch. Es ist ein Kampf, der belohnt wird.


Ach so? inwiefern? Womit?

Zitat:
Aber was ist, wenn jemand ihn nicht annimmt? Wenn ihm das, was wir ihm beibringen wollen, nichts bedeutet?


Ja, um Himmels willen, wo gibt es denn sowas? Das Leben nicht schon von Kindheit an als "Kampf" zu betrachten und "anzunehmen"... also bei solchen Larifari-Losergören weiß ich auch nicht mehr weiter. Wo soll das nur hinführen? Gerüchteweise habe ich ja schon von Kindern gehört, die sich außerhalb von Lerngruppen mit Gleichaltrigen getroffen habe - einfach so zum Spaß und ganz ohne irgendeine Optimierungsabsicht. Geschockt

Zitat:
Vielleicht ist dies auch das Risiko einer Erziehungsstrategie, die auf maximalen Erfolg setzt: entweder Siegen oder Scheitern. Dazwischen gibt es nichts. Wer die Tortur aus Geigenunterricht, Frühenglisch und Programmierkursen übersteht, wird extrem erfolgreich. Aber einige überstehen sie nicht.


Und das ist natürlich auch das einzige Problem dabei. Die Frage, ob das alles selbst im Erfolgsfall erstrebenswert ist, muss gar nicht erst gestellt werden, das versteht sich ja von selbst. Aber das Risiko will bei dieser im Prinzip grundrichtigen Erziehungsstrategie schon solide berechnet sein.

Dieses Ausmaß an instrumenteller Vernunft haben sich wohl nicht mal Horkheimer und Adorno träumen lassen. Da wär ich auch lieber Junkie geworden.

#307:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 16:01
    —
kann den Artikel nicht lesen, spon hat adblocker-Phobie.

Aber von dem, was Du zitierst: Klingt in der Tat nach Yield - Überlegungen zur Ausfallquote in der Produktion.

#308:  Autor: Zumsel BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 16:23
    —
step hat folgendes geschrieben:
kann den Artikel nicht lesen, spon hat adblocker-Phobie.

Aber von dem, was Du zitierst: Klingt in der Tat nach Yield - Überlegungen zur Ausfallquote in der Produktion.


Steht in der Rubrik "Lehrergeständnisse" und geht um krasse Unterschiede von Geschwisterpaaren bezüglich des Schulerfolges und die Frage, wie diese zu erklären seien. Das vom Lehrer geschilderte Beispiel eines wohl oft in ähnlicher Weise zu beobachtenden Phänomens: Mädchen ist eine Überfliegerin und Lehrerliebling, der Bengel, drogenabhängig und mit psychischen Problemen, kriegt's nicht so richtig gebacken. Interessante Erklärungsansätze hat der Autor nicht parat, offenbart aber ein m.E. recht fragwürdiges Schul- und Lernverständnis.

#309:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 20:34
    —
unquest hat folgendes geschrieben:
In dem pdf ist vom "ganzheitlichen" Leseförderkonzept und "nachhaltigen" Kompetenzen die Rede. Solch ein Vokabular gehört in den Bioladen aber nicht in Schul- oder Uninähe.

Insbesondere dann nicht, wenn die Nachhaltigkeit überhaupt nicht gezeigt werden konnte, weil die Laufzeit der Studie nur von Januar 2011 bis Oktober 2011 ging. (Zitat Lebenslauf.)

Sagt Frau Gien in ihrer Antwort auch so:

Gabriele Gien hat folgendes geschrieben:
7) Natürlich kann man eine Langzeitwirkung eigentlich nur in einer Longitudinalstudie aufzeigen, das hätte aber den Rahmen der Evaluation des Materials bei Weitem gesprengt.


Von daher: ja, Floskelalarm.

#310:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 22:37
    —
step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Der Punkt ist, daß Lob (und Tadel) ausdrücklich als Methode eingesetzt werden sollen. Das ist operante Konditionierung, damit will ich nichts zu tun haben. nee

Habe hier nicht alles gelesen, aber möchte die Gelegenheit nutzen, um diese Ansicht zu unterstützen. Lob und Kritik sind gut, aber niemals als Mittel zu manipulativen Zwecken!

Die einschlägige Literatur sieht das ziemlich eindeutig: Lob durch Bestechung funktioniert nicht. Extrinsische Motive sind nicht so effektiv, wie intrinsische Motivation. (Hoppla. Ein Yield-Argument.)


smallie hat folgendes geschrieben:
    Lepper M. R., Greene D. & Nisbett, R. E. (1973). Undermining childrens intrinsic interest with extrinsic reward: A test of the "overjustification" hypothesis. Journal of Personality and Social Psychology,

Extrinsische Belohnung mindert das Interesse an einer Sache. Das gehört zur Standard-Folklore der Motivationsforschung. Ich möchte nicht behaupten, daß die Folklore stimmt, ohne mir das näher angesehen zu haben. Wenn aber Standardresultate stillschweigend übergangen werden, ist das wenig vertrauenerweckend.


Das ist nicht die einzige Arbeit, die in diese Kerbe schlägt. Vor einer Weile gab's ein ähnliches Resultat an der hisiegen Uni. Auch eine Arbeit aus dem Umkreis von Frau Schilcher - wurde von Frau Gien als Autorität angeführt -, kommt zu diesem Ergebnis.

Zitat:
Dimensions of Reading Motivation and Their Relation to Reading Behavior and Competence

We identify seven genuine dimensions of reading motivation: curiosity, involvement, competition, recognition, grades, compliance, and work avoidance. ...

Moreover, evidence from previous studies confirms the positive contribution of intrinsic reading motivation, and the relatively small or negative contribution of extrinsic reading motivation, to reading behavior and reading competence.

https://www.researchgate.net/publication/260748551_Dimensions_of_Reading_Motivation_and_Their_Relation_to_Reading_Behavior_and_Competence

Die Arbeit der hiesigen Uni hielt ich methodisch für wenig überzeugend. Und auch bei Lepper/Green/Nisbett hatte ich Bedenken.


Nichtsdestotrotz ist mir klar, welche dieser Varianten meine ist:

    - Wenn du dieses Buch liest, kriegst du einen Eisbecher.
    - Wenn du das Buch nicht bis zum Wochenende gelesen hast, gibt's n Fünfer weniger Taschengeld.
    - Lies dieses Buch, es ist gut.

Welche Variante ist nachhaltiger?

#311:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 31.05.2018, 22:58
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
Man kann es überspitzt auch so sagen: Menschsein funktioniert überhaupt nur als manipuliertes Wesen.

Mao Zedong?

In China denkt man über einen Großversuch nach, das Sozialkreditsystem. Gutes Verhalten gibt einen Bonus, schlechtes Verhalten einen Malus.

#312:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 01.06.2018, 00:20
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
[...]
...
In China denkt man über einen Großversuch nach, das Sozialkreditsystem. Gutes Verhalten gibt einen Bonus, schlechtes Verhalten einen Malus.

Darüber habe ich vor einiger Zeit eine Radio-Feature gehört. Wenn ich mich recht erinnere, wird das schon praktiziert.

#313:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 01.06.2018, 14:10
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
Die einschlägige Literatur sieht das ziemlich eindeutig: Lob durch Bestechung funktioniert nicht. Extrinsische Motive sind nicht so effektiv, wie intrinsische Motivation. (Hoppla. Ein Yield-Argument.)

Auch deswegen gibt es so viele Techniken, um extrinsische Motive zu intrinsischen zu machen - Schuldgefühle, Religion, Werbung, Teambildungsseminare, Facebook etc.

Es gibt übrigens mE auch eine Grauzone zwischen extrinsic und intrinsic, z.B. wenn Kinder ein Buch lesen, weil sie unbedingt mitreden können wollen. Das soll bei "Harry Potter" ein wesentlicher Effekt gewesen sein, nachdem es mal eine hinreichend hohe Verbreitung hatte.

#314:  Autor: Grey BeitragVerfasst am: 01.06.2018, 14:20
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
In China denkt man über einen Großversuch nach, das Sozialkreditsystem. Gutes Verhalten gibt einen Bonus, schlechtes Verhalten einen Malus.


Darüber denkt man nicht nach, der Versuch läuft schon längst.

#315:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 01.06.2018, 15:35
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Man kann es überspitzt auch so sagen: Menschsein funktioniert überhaupt nur als manipuliertes Wesen.

Mao Zedong?
....

Nein. fwo. Ich hatte auch erklärt, warum.

#316:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 01.06.2018, 15:44
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Man kann es überspitzt auch so sagen: Menschsein funktioniert überhaupt nur als manipuliertes Wesen.

Mao Zedong?
....

Nein. fwo.


So nach dem Motto: "Manipulation ist ja gar nicht so schlimm, das machen doch alle"?

#317:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 01.06.2018, 15:51
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
[...]
...
In China denkt man über einen Großversuch nach, das Sozialkreditsystem. Gutes Verhalten gibt einen Bonus, schlechtes Verhalten einen Malus.

Darüber habe ich vor einiger Zeit eine Radio-Feature gehört. Wenn ich mich recht erinnere, wird das schon praktiziert.

Ja, in einigen Testorten. Es fehlt aber noch die Automatisierung durch Kameras, die nicht nur Gesichter erkennen (das geht heute schon), sondern auch Situationen. Danach ist der „Große Bruder“ perfekter als ihn sich George Orwell vorstellen konnte.

#318:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 01.06.2018, 20:02
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Man kann es überspitzt auch so sagen: Menschsein funktioniert überhaupt nur als manipuliertes Wesen.

Mao Zedong?
....

Nein. fwo. Ich hatte auch erklärt, warum.

Für längere Antworten brauche ich meist etwas länger. Deshalb gestern nur noch die Frage, wie du deine Erklärung von chinesischen Methoden abgrenzt.


Die (unbefriedigende) Kurzfassung meiner fehlenden Antwort:

Der Mensch ist ein soziales Wesen. So unterschiedliche Autoren wie Konfuzius, John Locke und Charles Darwin haben die "öffentliche Meinung" als bedeutend für ihre eigene Meinung bezeichnet. Darwin hat sich jahrelang vor der Veröffentlichung seiner Theorie gedrückt, weil er wußte, daß er damit anecken würde.

Ich denke, der Mensch hat von Natur aus eine leichte Neigung zum Konformismus. Das hat seine guten und seine schlechten Seiten. Ich möchte diese Neigung nicht befördern und mich ihrer nicht bedienen.

#319:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 01.06.2018, 20:19
    —
step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Die einschlägige Literatur sieht das ziemlich eindeutig: Lob durch Bestechung funktioniert nicht. Extrinsische Motive sind nicht so effektiv, wie intrinsische Motivation. (Hoppla. Ein Yield-Argument.)

Auch deswegen gibt es so viele Techniken, um extrinsische Motive zu intrinsischen zu machen - Schuldgefühle, Religion, Werbung, Teambildungsseminare, Facebook etc.

So hab' ich das noch gar nicht gesehen.

Gefällt mir.


step hat folgendes geschrieben:
Es gibt übrigens mE auch eine Grauzone zwischen extrinsic und intrinsic, z.B. wenn Kinder ein Buch lesen, weil sie unbedingt mitreden können wollen. Das soll bei "Harry Potter" ein wesentlicher Effekt gewesen sein, nachdem es mal eine hinreichend hohe Verbreitung hatte.

Die Grauzone gibt es bestimmt.

#320:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 02.06.2018, 06:37
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Man kann es überspitzt auch so sagen: Menschsein funktioniert überhaupt nur als manipuliertes Wesen.

Mao Zedong?
....

Nein. fwo.


So nach dem Motto: "Manipulation ist ja gar nicht so schlimm, das machen doch alle"?

Das passiert, wenn man nur auf ein Stichwort hin in eine Diskussion reingrätscht, die man nicht verfolgt hat. Wenn Du den ganzen Beitrag richtig gelesen hättest, wäre Dir aufgefallen, dass ich mich dagegen gewandt habe, den Begriff Manipulation an dieser Stelle überhaupt zu benutzen.

Was Du zitiert hast, ist kein Aufruf zur Manipulation, sondern die Konsequenz dessen, den Begriff Manipulation so zu benutzen, wie er hier benutzt wurde.

#321:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 02.06.2018, 10:12
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
Was Du zitiert hast, ist kein Aufruf zur Manipulation, sondern die Konsequenz dessen, den Begriff Manipulation so zu benutzen, wie er hier benutzt wurde.


Step hat den Begriff ganz allgemein benutzt. Wo siehst Du da irgendwelche falschen Konsequenzen?

#322:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 02.06.2018, 11:05
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Was Du zitiert hast, ist kein Aufruf zur Manipulation, sondern die Konsequenz dessen, den Begriff Manipulation so zu benutzen, wie er hier benutzt wurde.


Step hat den Begriff ganz allgemein benutzt. Wo siehst Du da irgendwelche falschen Konsequenzen?

Step hat auf smallie geantwortet und ihn damit im Zusammenhang mit der von smallie beschriebenen Unterrichtssituation gebracht.

#323:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 02.06.2018, 12:12
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Was Du zitiert hast, ist kein Aufruf zur Manipulation, sondern die Konsequenz dessen, den Begriff Manipulation so zu benutzen, wie er hier benutzt wurde.
Step hat den Begriff ganz allgemein benutzt. Wo siehst Du da irgendwelche falschen Konsequenzen?
Step hat auf smallie geantwortet und ihn damit im Zusammenhang mit der von smallie beschriebenen Unterrichtssituation gebracht.

Ja, aber in Deiner Zusammenfassung liest es sich schon ein bißchen undifferenziert - außerdem klingt es zumindest auf den ersten Blick ein wenig nach dem guten alten Naturrechtsargument.

#324:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 02.06.2018, 16:09
    —
step hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Was Du zitiert hast, ist kein Aufruf zur Manipulation, sondern die Konsequenz dessen, den Begriff Manipulation so zu benutzen, wie er hier benutzt wurde.
Step hat den Begriff ganz allgemein benutzt. Wo siehst Du da irgendwelche falschen Konsequenzen?
Step hat auf smallie geantwortet und ihn damit im Zusammenhang mit der von smallie beschriebenen Unterrichtssituation gebracht.

Ja, aber in Deiner Zusammenfassung liest es sich schon ein bißchen undifferenziert - außerdem klingt es zumindest auf den ersten Blick ein wenig nach dem guten alten Naturrechtsargument.


fwo reduziert m.E. die Manipulation zu sehr auf den Informationsfluss bzw. das Informationsgefälle. Das kann ein Mittel der Manipulation sein, muss es aber nicht. Manipulation im zwischenmenschlichen Bereich (also z.B. zwischen Eltern und Kindern - oder Kindern und Eltern) dient ja meist gar nicht der Informationsbeeinflussung, sondern der Kontrolle der Beziehung.

Ich habe die Logik dahinter so interpretiert: Eltern sind in der Regel besser informiert als ihre Kinder, dieser Informationsvorsprung bedeutet Macht, Beeinflussung mit Hilfe von Macht ist Manipulation - da wir aber nicht ohne Erziehung auskommen, ist Manipulation unabdinglich.

Das klammert aber aus, dass Manipulation auch ohne diesen Informationsvorsprung funktioniert. Kinder können ihre Eltern ebenfalls manipulieren.

#325:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 02.06.2018, 17:46
    —
Zumsel hat folgendes geschrieben:
Heute bei Spon:
http://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/schule-wenn-geschwister-unterschiedlich-gute-schueler-sind-a-1204304.html

Bemerkenswert, wie oberflächlich die Analyse des Problems hier ansetzt.

Zitat:
Das Leben als Einserschüler ist ein harter Kampf, Armeen von Schweinehunden bleiben da auf der Strecke. Statt nach draußen zum Fußball oder an die Konsole oder das Smartphone führt der Weg immer wieder an den Schreibtisch. Es ist ein Kampf, der belohnt wird.

Eine seltsame Aussage, die ich für mich nicht nachvollziehen kann. Das ist das Klischee vom Streber.

Wenn ich trotzdem versuche, mir einen Reim darauf zu machen, kommt folgende Geschichte dabei 'raus.

Ein Kollege hat einen Sohn in der zweiten Klasse und mir dieses Bild aus dem Matheheft geschickt. Das Bild ging in einer Eltern-Whatsapp-Gruppe herum. Die Mütter (vorwiegend!) fragten dort, ob jemand die Hausaufgabe verstünde.



Die Darstellung ist meiner Ansicht nach ziemlich schlecht. Wenn man nicht schon weiß, was das soll - dann hilft sie kaum weiter.

    - Erstmal sehe ich da Fünfer-Gruppen, die in Paaren angeordnet sind.
    - Die Farbkodierung ist doof. Sie verlangt, daß man beim Einser schon weiß, welche Farbe man braucht.
    - Das untere Zehner/Einserkästchen ist zentriert an der Fünfergruppen-Teilung ausgerichtet. Was ich unbedarft als links stehen die Zehner, rechts die Einser interpretieren kann.


Sowas darf einer Qualtitätskontrolle beim Verlag oder bei den einkaufenden Schulen nicht entgehen.

Was passiert? Die Eltern (Mütter) tauschen sich untereinander aus, lösen die Aufgabe für die Kinder. Die Lehrerin - oBdA - meint, die Kinder hätten die Aufgabe bewältigt und mit dem Aufgabenbuch sei alles in Ordnung. In Wirklichkeit vergrößert man damit die soziale Spreizung zwischen Kindern, deren Eltern mit ihnen Hausaufgaben machen und denen, die es nicht tun.



Zumsel hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Aber was ist, wenn jemand ihn nicht annimmt? Wenn ihm das, was wir ihm beibringen wollen, nichts bedeutet?

Ja, um Himmels willen, wo gibt es denn sowas? Das Leben nicht schon von Kindheit an als "Kampf" zu betrachten und "anzunehmen"... also bei solchen Larifari-Losergören weiß ich auch nicht mehr weiter. Wo soll das nur hinführen? Gerüchteweise habe ich ja schon von Kindern gehört, die sich außerhalb von Lerngruppen mit Gleichaltrigen getroffen habe - einfach so zum Spaß und ganz ohne irgendeine Optimierungsabsicht. Geschockt

Wie hoch schätzt du den Anteil der Kinder in einer Jahrgangsstufe, die das so halten? Ich tippe auf 10 %.

Wie viel bleibt von der Schule wirklich hängen, außer Lesen, Schreiben und Dreisatz? Gerade heute hat im Cafe am Nebentisch jemand in die Runde gefragt, wieviel 20 000 x 20 000 ergibt, im Kopf gerechnet. Hat ein bisschen gedauert, bis die richtige Lösung kam, vielleicht kam sie durch probieren - daß vorne eine 4 stehen muß, war zumindest allen klar.

Anderes Beispiel, kürzlich am Volksfest.

Eine Schulfreundin und ihr Vater waren mit dabei. Auf dem Fest gab es einen Fallturm. Die Kids fragten, wie lange man da wohl fällt. Sag ich, das werden etwa 4 Sekunden sein. Sagt der Vater: und das kannst du wirklich so ausrechnen? Errm. Das ist vermutlich Stoff der achten Klasse sowie des 17. Jahrhunderts. Sieht so aus, als bräuchte es ein besonderes Interesse an Physik, damit so einfache Sachen hängen bleiben. Unter uns gesagt, wenn mich jemand etwas aus der Ecke Elektrizität/Magnetismus fragte, müßte ich bei einigen Fragen auch erst die Formelsammlung zu Hilfe nehmen.

Damit stellt sich ganz massiv die Frage, was Schule vermitteln soll, insbesondere im Jahre 2018, in dem die Antwort nur ein paar Mausklicks weit entfernt ist.



PS:

Übrigens ist weder dem Lehrer noch dem Redakteur aufgefallen, daß diese Stelle inhaltlich höchstwahrscheinlich falsch ist.

Lehrer auf SPON hat folgendes geschrieben:
Vielleicht sind sich scheinbar so unterschiedliche Geschwister auch gar nicht so unähnlich: Sie suchen beide nach Extremen. Besonders aggressive Affenjunge kämpfen schon an der Mutterbrust um den größten Milchanteil. Entweder die Mutter stößt sie weg, dann sterben sie. Oder sie werden besonders groß und später Alphamännchen.

Menschenaffen haben meist nur ein Kind. Das ist bei denen nicht anders, als bei uns.

#326:  Autor: Lebensnebel BeitragVerfasst am: 02.06.2018, 18:04
    —
smallie hat folgendes geschrieben:

- Die Farbkodierung ist doof. Sie verlangt, daß man beim Einser schon weiß, welche Farbe man braucht.


Die Farben sind doch wuppe. Wenn in der Aufgabenstellung nicht gefordert wird, dass vollständige Reihen rot und unvollständige blau ausgemalt werden müssen, kann man doch beliebige Farben nehmen.

#327:  Autor: Lebensnebel BeitragVerfasst am: 02.06.2018, 18:23
    —
smallie hat folgendes geschrieben:

Ein Kollege hat einen Sohn in der zweiten Klasse und mir dieses Bild aus dem Matheheft geschickt. Das Bild ging in einer Eltern-Whatsapp-Gruppe herum. Die Mütter (vorwiegend!) fragten dort, ob jemand die Hausaufgabe verstünde.



Das ist doch eine einfache Aufgabe.
Vorgegeben werden offenbar die Kästchen und darunterliegend
z.B.
Z E
3 5

Die Kinder müssen dann 3 Reihen vollständig ausmalen und in der vierten Reihe 5 Einzelne.
Und dann eventuell noch 30 + 5 = 35 anfügen.

#328:  Autor: astarte BeitragVerfasst am: 02.06.2018, 18:31
    —
Lebensnebel hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:

Ein Kollege hat einen Sohn in der zweiten Klasse und mir dieses Bild aus dem Matheheft geschickt. Das Bild ging in einer Eltern-Whatsapp-Gruppe herum. Die Mütter (vorwiegend!) fragten dort, ob jemand die Hausaufgabe verstünde.



Das ist doch eine einfache Aufgabe.
Vorgegeben werden offenbar die Kästchen und darunterliegend
z.B.
Z E
3 5

Die Kinder müssen dann 3 Reihen vollständig ausmalen und in der vierten Reihe 5 Einzelne.
Und dann eventuell noch 30 + 5 = 35 anfügen.

Jo. Schulterzucken
und zwar:
Lebensnebel hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:

- Die Farbkodierung ist doof. Sie verlangt, daß man beim Einser schon weiß, welche Farbe man braucht.


Die Farben sind doch wuppe. Wenn in der Aufgabenstellung nicht gefordert wird, dass vollständige Reihen rot und unvollständige blau ausgemalt werden müssen, kann man doch beliebige Farben nehmen.

Da ist ein roter Stift. Ich würde draus schließen, dass man die, also alle Punkte rot ausmalen soll.

#329:  Autor: Lebensnebel BeitragVerfasst am: 02.06.2018, 18:38
    —
astarte hat folgendes geschrieben:
Lebensnebel hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:

Ein Kollege hat einen Sohn in der zweiten Klasse und mir dieses Bild aus dem Matheheft geschickt. Das Bild ging in einer Eltern-Whatsapp-Gruppe herum. Die Mütter (vorwiegend!) fragten dort, ob jemand die Hausaufgabe verstünde.



Das ist doch eine einfache Aufgabe.
Vorgegeben werden offenbar die Kästchen und darunterliegend
z.B.
Z E
3 5

Die Kinder müssen dann 3 Reihen vollständig ausmalen und in der vierten Reihe 5 Einzelne.
Und dann eventuell noch 30 + 5 = 35 anfügen.

Jo. Schulterzucken
und zwar:
Lebensnebel hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:

- Die Farbkodierung ist doof. Sie verlangt, daß man beim Einser schon weiß, welche Farbe man braucht.


Die Farben sind doch wuppe. Wenn in der Aufgabenstellung nicht gefordert wird, dass vollständige Reihen rot und unvollständige blau ausgemalt werden müssen, kann man doch beliebige Farben nehmen.

Da ist ein roter Stift. Ich würde draus schließen, dass man die, also alle Punkte rot ausmalen soll.


Dann mal halt rot aus. Andere Kinder können auch andere Farben nehmen.

#330:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 02.06.2018, 18:40
    —
Lebensnebel hat folgendes geschrieben:
Die Kinder müssen dann 3 Reihen vollständig ausmalen und in der vierten Reihe 5 Einzelne.


Und was soll das bringen?

#331:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 02.06.2018, 18:44
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
Lebensnebel hat folgendes geschrieben:
Die Kinder müssen dann 3 Reihen vollständig ausmalen und in der vierten Reihe 5 Einzelne.
Und was soll das bringen?

Mr. Green

#332:  Autor: Lebensnebel BeitragVerfasst am: 02.06.2018, 18:46
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
Lebensnebel hat folgendes geschrieben:
Die Kinder müssen dann 3 Reihen vollständig ausmalen und in der vierten Reihe 5 Einzelne.


Und was soll das bringen?


Die Macher dieser Aufgabe wollen halt den Kindern vor Augen führen, aus wie vielen einzelnen Bestandteilen sich so eine Zahl zusammensetzt. Die werden sich schon was dabei gedacht haben.

Alternativ: Da die Macher des Buches wissen, dass die Eltern die Hausaufgaben machen, wollen sie halt sicherstellen, dass die Eltern mal eine Weile ruhig sind.

#333:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 02.06.2018, 18:50
    —
Lebensnebel hat folgendes geschrieben:
Die Macher dieser Aufgabe wollen halt den Kindern vor Augen führen, aus wie vielen einzelnen Bestandteilen sich so eine Zahl zusammensetzt. Die werden sich schon was dabei gedacht haben.


Und das lernt man durch Kreise ausmalen?

#334:  Autor: Lebensnebel BeitragVerfasst am: 02.06.2018, 18:51
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
Lebensnebel hat folgendes geschrieben:
Die Macher dieser Aufgabe wollen halt den Kindern vor Augen führen, aus wie vielen einzelnen Bestandteilen sich so eine Zahl zusammensetzt. Die werden sich schon was dabei gedacht haben.


Und das lernt man durch Kreise ausmalen?


Wende dich mit dieser Frage an Pädagogen.

#335:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 02.06.2018, 19:11
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
Die Darstellung ist meiner Ansicht nach ziemlich schlecht. Wenn man nicht schon weiß, was das soll - dann hilft sie kaum weiter.

    - Erstmal sehe ich da Fünfer-Gruppen, die in Paaren angeordnet sind.
    - Die Farbkodierung ist doof. Sie verlangt, daß man beim Einser schon weiß, welche Farbe man braucht.
    - Das untere Zehner/Einserkästchen ist zentriert an der Fünfergruppen-Teilung ausgerichtet. Was ich unbedarft als links stehen die Zehner, rechts die Einser interpretieren kann.

Sowas darf einer Qualtitätskontrolle beim Verlag oder bei den einkaufenden Schulen nicht entgehen.

So für sich gesehen ist die Zeichnung wirklich sehr irreführend. Fairerweise muß man aber sagen, daß die Kinder bei dieser Methode schon zuvor gelernt haben, daß 2 rote Fünfergruppen ein Zehner sind, dann lernen sie den Zwanzigerraum mit 2*(2*5) roten Punkten usw. Die Fünferteilung gibt es nur zum leichteren Erkennen, aber ob das mehr hilft als schadet?

Siehe z.B. hier für die typischen Fehler:
https://kira.dzlm.de/arithmetik-bis-zum-2-schuljahr/stellenwertverst%C3%A4ndnis

Ich finde sowieso die Darstellung mit den Punkten -> Linien -> Quadraten usw. besser, ohne die Fünferteilung, da man das Rechnen im Zehnerraum, also auch die Aufteilung in 2 Fünfer, schon zuvor gelernt hat.

smallie hat folgendes geschrieben:
Auf dem Fest gab es einen Fallturm. Die Kids fragten, wie lange man da wohl fällt. Sag ich, das werden etwa 4 Sekunden sein.

Der gesamte freie Fall oder nur der Weg runter? zwinkern

#336:  Autor: Zumsel BeitragVerfasst am: 03.06.2018, 10:25
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
Wie viel bleibt von der Schule wirklich hängen, außer Lesen, Schreiben und Dreisatz? Gerade heute hat im Cafe am Nebentisch jemand in die Runde gefragt, wieviel 20 000 x 20 000 ergibt, im Kopf gerechnet. Hat ein bisschen gedauert, bis die richtige Lösung kam, vielleicht kam sie durch probieren - daß vorne eine 4 stehen muß, war zumindest allen klar.

...

Damit stellt sich ganz massiv die Frage, was Schule vermitteln soll, insbesondere im Jahre 2018, in dem die Antwort nur ein paar Mausklicks weit entfernt ist.


Ich denke, dass die Rolle der Schule als Vermittlerin von Allgemeinbildung völlig überschätzt wird. Allgemeinbildung entsteht nicht durch Pauken, sondern in erster Linie dadurch, dass man (zufällig) Aufgeschnapptes einfach behält. Der Hauptgrund dafür, dass man etwas behält, ist schlicht: Interesse. Die wichtigste Aufgabe von Schule ist zunächst natürlich das Beibringen von Kulturtechniken, die zweite sollte dann sein, den Horizont der Kinder zu weiten und Interesse für das zu wecken, was die Welt jenseits der alleralltäglichsten Dinge zu bieten hat (von dem Quatsch à la "aufs Leben vorbereiten" halte ich nichts, den Alltag zu bewältigen lernt man von allein, für diejenigen, die damit überfordert sind, gibt’s Sozialarbeiter).

#337:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 03.06.2018, 13:18
    —
Zumsel hat folgendes geschrieben:
Die wichtigste Aufgabe von Schule ist ... das Beibringen von Kulturtechniken ... von dem Quatsch à la "aufs Leben vorbereiten" halte ich nichts ...

Hmm ... impliziert das, daß "aufs Leben vorbereiten" großenteils nicht im Beibringen von Kulturtechniken besteht?

Bein "Horizont erweitern" stimme ich Dir auf jeden Fall zu, das ist ein wichtiger Punkt.

Ergänzend fallen mir noch ein - weiß nicht, ob das bei Dir unter "Kulturtechniken" fällt:
- die Schönheit des Gestaltens, Planens, Lösens
- gesunder Umgang mit sich selbst (Selbstbewußtsein, Ernährung usw.)
- soziale Techniken (Konfliktlösung, Teamwork, Toleranz usw.)

Zumsel hat folgendes geschrieben:
den Alltag zu bewältigen lernt man von allein, für diejenigen, die damit überfordert sind, gibt’s Sozialarbeiter

Meiner Meinung nach ist das zu einfach gedacht. Auch der Alltag erfordert komplexe Kompetenzen, die nicht von allein gelernt werden und die ich auch nicht dem Sozialarbeiter überlassen kann: So muß Schule unfähige Elternhäuser nicht nur im sozialen Bereich kompensieren, sodern auch im Bildungsbereich - möglichst viele Kinder sollen zu informierten Entscheidern werden.

#338:  Autor: Zumsel BeitragVerfasst am: 03.06.2018, 20:35
    —
step hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:
Die wichtigste Aufgabe von Schule ist ... das Beibringen von Kulturtechniken ... von dem Quatsch à la "aufs Leben vorbereiten" halte ich nichts ...

Hmm ... impliziert das, daß "aufs Leben vorbereiten" großenteils nicht im Beibringen von Kulturtechniken besteht?


Natürlich ist z.B. das Lernen von Lesen, Schreiben und Rechnen auch eine "Vorbereitung auf das Leben". Was ich ausschließen wollte waren zum einen solche sehr konkreten Dinge, wie das Ausfüllen von Formularen oder was man bei der Wohnungssuche beachten muss o.ä., zum anderen die Einübung von Fähigkeiten und Verhaltensweisen, die im Arbeitsleben von Unternehmen erwartet werden. Gelegentlich wird Schule ja dafür kritisiert, dass sie dergleichen Dinge nicht oder zu wenig täte, was aber m.E. auch schlicht nicht ihre Aufgabe ist.

step hat folgendes geschrieben:
Bein "Horizont erweitern" stimme ich Dir auf jeden Fall zu, das ist ein wichtiger Punkt.

Ergänzend fallen mir noch ein - weiß nicht, ob das bei Dir unter "Kulturtechniken" fällt:
- die Schönheit des Gestaltens, Planens, Lösens
- gesunder Umgang mit sich selbst (Selbstbewußtsein, Ernährung usw.)
- soziale Techniken (Konfliktlösung, Teamwork, Toleranz usw.)


Ja, glaube nur, dass sowas schlecht über Lernpläne abzudecken ist. Da hängt sehr viel einfach vom Lehrer ab.

step hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:
den Alltag zu bewältigen lernt man von allein, für diejenigen, die damit überfordert sind, gibt’s Sozialarbeiter

Meiner Meinung nach ist das zu einfach gedacht. Auch der Alltag erfordert komplexe Kompetenzen, die nicht von allein gelernt werden und die ich auch nicht dem Sozialarbeiter überlassen kann: So muß Schule unfähige Elternhäuser nicht nur im sozialen Bereich kompensieren, sodern auch im Bildungsbereich - möglichst viele Kinder sollen zu informierten Entscheidern werden.


Da stimme ich durchaus zu, wobei das nicht bloß für Schüler aus "bildungsfernen" Haushalten gilt. Man glaubt es ja teilweise nicht, wie schlecht die Recherchekompetenz selbst von Studienabgängern oft ist. Und was stlistisch und bezüglich des argumentativen Niveaus selbst noch bei Bachelorarbeiten als Standard betrachtet wird.

#339:  Autor: swifty BeitragVerfasst am: 05.06.2018, 18:39
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
Dem Manipulierer geht es schon um etwas, aber oft eben nicht um das, was er wortwörtlich verlangt, sondern eher um Kontrolle oder Eskalation.

Zum Beispiel 'wenn du weiterhin mit dem spielst/dich von ihm nicht lossagst, dann können wir keine Freunde mehr sein Frage

#340:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 06.06.2018, 18:04
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step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Die Darstellung ist meiner Ansicht nach ziemlich schlecht. Wenn man nicht schon weiß, was das soll - dann hilft sie kaum weiter.

So für sich gesehen ist die Zeichnung wirklich sehr irreführend. Fairerweise muß man aber sagen, daß die Kinder bei dieser Methode schon zuvor gelernt haben, daß 2 rote Fünfergruppen ein Zehner sind, dann lernen sie den Zwanzigerraum mit 2*(2*5) roten Punkten usw. Die Fünferteilung gibt es nur zum leichteren Erkennen, aber ob das mehr hilft als schadet?

Ja, das ist fair, da gehe ich mit.

Bleibt die Frage, warum die Aufgabe manchen Eltern in der Whatsapp-Gruppe meines Kollegen Schwierigkeiten bereitet hat.

Oh, gerade fällt mir auf, statt des Trennstrichs könnte das eine Leerbreite sein. Die Linien sind sowieso totes Gewicht sind, im Sinne von ink-to-data-ratio. Warum stehen die Kreise in Kästchen? Here be rational numbers!? Edward Tufte wäre entsetzt.



Kramer hat folgendes geschrieben:
Lebensnebel hat folgendes geschrieben:
Die Kinder müssen dann 3 Reihen vollständig ausmalen und in der vierten Reihe 5 Einzelne.
Und was soll das bringen?

Sehr gut erkannt. Ankreuzen würde völlig reichen und die Zeit, die für die Aufgabe gebraucht wird, auf einen Bruchteil senken. Das scheint mir der gröbste Schnitzer bei der Aufgabenstellung zu sein.



step hat folgendes geschrieben:
Siehe z.B. hier für die typischen Fehler:
https://kira.dzlm.de/arithmetik-bis-zum-2-schuljahr/stellenwertverst%C3%A4ndnis

Das ist gut.


step hat folgendes geschrieben:
Ich finde sowieso die Darstellung mit den Punkten -> Linien -> Quadraten usw. besser, ohne die Fünferteilung, da man das Rechnen im Zehnerraum, also auch die Aufteilung in 2 Fünfer, schon zuvor gelernt hat.

Sieht sehr schön aus. Archaisch.


step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Auf dem Fest gab es einen Fallturm. Die Kids fragten, wie lange man da wohl fällt. Sag ich, das werden etwa 4 Sekunden sein.

Der gesamte freie Fall oder nur der Weg runter? zwinkern

Errm, tja, ääh ... Pfeifen

idee - das muß man sich wie bei Batman vorstellen. Der fällt ein 80 Meter hohes Haus runter. Bevor er am Boden aufschlägt und sich alle Knochen bricht, fängt ihn bei Meter 79 ein Seil. Batman überlebt unverletzt.

#341:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 06.06.2018, 18:25
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
...
idee - das muß man sich wie bei Batman vorstellen. Der fällt ein 80 Meter hohes Haus runter. Bevor er am Boden aufschlägt und sich alle Knochen bricht, fängt ihn bei Meter 79 ein Seil. Batman überlebt unverletzt.

Wenn dieses Seil nicht die Elastizität zulässiger Fangseile hat, zerreißt es ihn, ansonsten schlägt er ziemlich unsanft auf. Das Seil sollte ihn also schon ein ganzes Stück vor 79m abfangen, wenn er nicht aufkommen soll.

#342:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 06.06.2018, 18:29
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
idee - das muß man sich wie bei Batman vorstellen. Der fällt ein 80 Meter hohes Haus runter. Bevor er am Boden aufschlägt und sich alle Knochen bricht, fängt ihn bei Meter 79 ein Seil. Batman überlebt unverletzt.


Jetzt rate mal, warum Superhelden Kostüme und Masken tragen? Die gehen regelmässig bei sowas drauf. Dann holt man einen Ersatzbatman aus dem Schrank und lässt den irgendwo runter fallen.

#343:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 06.06.2018, 19:15
    —
Eins noch zu Hausaufgaben. Eine von heute:

    Welche erlaubten Zahlen ergeben zusammen 100?

    Nur Quadratzahlen. 4; 33; 1; 12; 64; 0; 25; 16; 49; 9


Ein schöne Aufgabe.

Aber ist sie der zweiten Klasse angemessen? Wie sollen Schüler das lösen? Durch wildes Probieren?

Klar läßt sich die Aufgabe systematisch lösen, auch ohne Gleichungssysteme aus der Sekundarstufe. Nicht erlaubte Zahlen raus schmeißen. Liste sortieren. Mit einer Zahl anfangen, sagen wir 64, dann ist die neue Aufgabe mit den restlichen Zahlen eine 36 zu bilden. Wenn das nicht geht, 64 rauswerfen und mit der 49 weitermachen. Oder per brute force einfach alle möglichen Summen bilden und am Ende die richtige Summierung einfach ablesen.

Ich weiß ich immer noch nicht, wie man die Aufgabe auf Zweitklässlerniveau löst. Hartnäckiges Probieren? Summe der Einer hat 0 auf seinem Einer? Eine Art Einserfrage, bei der die Guten die Lösung auf den ersten Blick sehen - im Gegensatz zu mir Weinen ?

#344:  Autor: Lila Einhorn BeitragVerfasst am: 06.06.2018, 19:55
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
Aber ist sie der zweiten Klasse angemessen? Wie sollen Schüler das lösen?


Einfach naiv alle Quadratzahlen zusammenaddieren, um ein Gespür zu bekommen, was zu viel ist.
Wenn sie sich Gedanken machen, bevor sie losrechnen und ihr "Durchprobieren" systematisieren wollen, wird's natürlich kniffliger.

#345:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 06.06.2018, 20:22
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
Eins noch zu Hausaufgaben. Eine von heute:

    Welche erlaubten Zahlen ergeben zusammen 100?

    Nur Quadratzahlen. 4; 33; 1; 12; 64; 0; 25; 16; 49; 9


Ein schöne Aufgabe.

Aber ist sie der zweiten Klasse angemessen? Wie sollen Schüler das lösen? Durch wildes Probieren?

Klar läßt sich die Aufgabe systematisch lösen, auch ohne Gleichungssysteme aus der Sekundarstufe. Nicht erlaubte Zahlen raus schmeißen. Liste sortieren. Mit einer Zahl anfangen, sagen wir 64, dann ist die neue Aufgabe mit den restlichen Zahlen eine 36 zu bilden. Wenn das nicht geht, 64 rauswerfen und mit der 49 weitermachen. Oder per brute force einfach alle möglichen Summen bilden und am Ende die richtige Summierung einfach ablesen.

Ich weiß ich immer noch nicht, wie man die Aufgabe auf Zweitklässlerniveau löst. Hartnäckiges Probieren? Summe der Einer hat 0 auf seinem Einer? Eine Art Einserfrage, bei der die Guten die Lösung auf den ersten Blick sehen - im Gegensatz zu mir Weinen ?

Vor allen Dingen sollten auch Kinder, die nur das kleine 1 x 1 können, sofort sehen, dass das nicht alles Quadratzahlen sind.
Außerdem hat diese Aufgabe viele Lösungen.

Vom Pädagogischen her kommt es darauf an, was der Lehrer zu der Aufgabe sagt - z.B. ob er sagt, dass die Kinder, die sie nicht lösen können, bitte aufschreiben sollen, was sie versucht haben, und was er dann in der nächsten Stunde mit den Lösungsansätzen macht.

So allein kann man nicht viel dazu sagen. Unsere Schule ist lehrerabhängig und soll es auch sein - deshalb lassen wir die studieren - ansonsten würde das alte Lehrerseminar reichen.

#346:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 06.06.2018, 22:06
    —
Lila Einhorn hat folgendes geschrieben:
Einfach naiv alle Quadratzahlen zusammenaddieren, um ein Gespür zu bekommen, was zu viel ist.

Ok, du kriegst die Eins, ich nicht.

#347:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 06.06.2018, 23:06
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
Eins noch zu Hausaufgaben. Eine von heute:

    Welche erlaubten Zahlen ergeben zusammen 100?

    Nur Quadratzahlen. 4; 33; 1; 12; 64; 0; 25; 16; 49; 9


Was soll denn das "erlaubt" bedeuten?

#348:  Autor: Lebensnebel BeitragVerfasst am: 06.06.2018, 23:09
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Eins noch zu Hausaufgaben. Eine von heute:

    Welche erlaubten Zahlen ergeben zusammen 100?

    Nur Quadratzahlen. 4; 33; 1; 12; 64; 0; 25; 16; 49; 9


Was soll denn das "erlaubt" bedeuten?


Erlaubt sind die Quadratzahlen. Die anderen sind unerlaubt.

#349:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 06.06.2018, 23:14
    —
Lebensnebel hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Eins noch zu Hausaufgaben. Eine von heute:

    Welche erlaubten Zahlen ergeben zusammen 100?

    Nur Quadratzahlen. 4; 33; 1; 12; 64; 0; 25; 16; 49; 9


Was soll denn das "erlaubt" bedeuten?


Erlaubt sind die Quadratzahlen. Die anderen sind unerlaubt.


Ach so, das "Nur Quadratzahlen" bezieht sich auf "erlaubt".

#350:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 07.06.2018, 18:42
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
Lila Einhorn hat folgendes geschrieben:
Einfach naiv alle Quadratzahlen zusammenaddieren, um ein Gespür zu bekommen, was zu viel ist.

Ok, du kriegst die Eins, ich nicht.

Ist sogar eine Eins mit Stern, weil, Zitat smalline: "über Hundert rechnen wir noch nicht."

Du kannst die Summierung umstellen, daß sie platzt, sobald Hundert überschritten wird. Das ist das oben skizzierte Vorgehen.



Ich hab' von der Sache erzählt, weil ich einen gedanklichen Knoten habe. Weiter oben im Thread meinte ich, pah, erst lernt man Parabeln, dann schreibt man einen Test über Parabeln. Jetzt komm' ich mit dem Argument, wie sollen sie das können, wenn sie's nicht durchgenommen haben?

Sorry, smallie, einmal Nachsitzen wegen widersprüchlicher Argumentation. zwinkern

Knobeleien sind gut. Es mag frustrierend sein, wenn man nicht draufkommt. Nach einem gescheiterten Knobeln, ausreichendes Interesse vorausgesetzt, versteht man eine Lösung vielleicht besser, als wenn sie vom Himmel fällt oder von der Tafel abgeschrieben werden soll. Zuviel Frust und jenseitige Lösungen bringen aber auch nichts.

#351:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 07.06.2018, 18:55
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
...

Knobeleien sind gut. Es mag frustrierend sein, wenn man nicht draufkommt. Nach einem gescheiterten Knobeln, ausreichendes Interesse vorausgesetzt, versteht man eine Lösung vielleicht besser, als wenn sie vom Himmel fällt oder von der Tafel abgeschrieben werden soll. Zuviel Frust und jenseitige Lösungen bringen aber auch nichts.

Das war der Grund, warum ich gesagt hatte, dass die Aufgabe allein nicht zu beurteilen ist, sondern nur mit den vorbereitenden Worten und mit der Nachbereitung zusammen.

Man kann daraus etwas machen - muss es aber nicht.

#352:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 07.06.2018, 19:53
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
Vor allen Dingen sollten auch Kinder, die nur das kleine 1 x 1 können, sofort sehen, dass das nicht alles Quadratzahlen sind.

Ich war erstaunt, daß Quadratzahlen inzwischen Stoff der zweiten Klasse und problemlos machbar sind. Zu meiner Zeit kam das viel später.

Quadratzahlen sind für Überschlags- und Hilfsrechnungen äußerst nützlich. Nach all meiner Kritik an den Lehrplänen ein dickes Lob: Gut gemacht!



fwo hat folgendes geschrieben:
Vom Pädagogischen her kommt es darauf an, was der Lehrer zu der Aufgabe sagt - z.B. ob er sagt, dass die Kinder, die sie nicht lösen können, bitte aufschreiben sollen, was sie versucht haben, und was er dann in der nächsten Stunde mit den Lösungsansätzen macht.

Mein Lösungsansatz wäre: Nimm ein Schmierblatt. Versuche nicht, die Aufgabe im Kopf zu lösen, denn Menschen können sich nur etwa 7 Dinge gleichzeitig merken, es kommen aber noch Zwischensummen dazu.

Mit dem Ansatz läßt sich sogar das Ziegenproblem lösen, ohne daß man nachdenken muß. (Nichts gegen nachdenken.)



fwo hat folgendes geschrieben:
So allein kann man nicht viel dazu sagen. Unsere Schule ist lehrerabhängig und soll es auch sein - deshalb lassen wir die studieren - ansonsten würde das alte Lehrerseminar reichen.

Lehrerabhängig stimmt. Ich sattle drauf: Lehrer 1 könnte bei Schülern des Typs A erfolgreich sein, aber bei Schülern des Typs B scheitern.

Oh, Binsenalarm. Herrscht denn überhaupt Einigkeit, was einen guten Lehrer ausmacht? Der Notendurchschnitt in der Klasse, seine Bewertung in einschlägigen Portalen durch Schüler und Eltern, ...

#353:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 08.06.2018, 00:42
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
...Herrscht denn überhaupt Einigkeit, was einen guten Lehrer ausmacht? Der Notendurchschnitt in der Klasse, seine Bewertung in einschlägigen Portalen durch Schüler und Eltern, ...

Wie genau die Bewertungen in den Portalen sind, weiß ich nicht, allerdings gehe ich davon aus, dass sie von den aktuell erzielten Noten beeinflusst werden.

Und da kommen wir zu dem anderen Dilemma: Der Notendurchschnitt einer Klasse bei einem Lehrer sagt gar nichts. Wenn die Noten besonders gut sind, woher kommt das? Hat der Lehrer den Stoff reduziert, hat er einfach nur gute Noten gegeben, die das Leistungsniveau nicht spiegeln, oder hat er es tatsächlich geschafft, seine Schüler so mitzureißen, dass ganz viel von dem hängengeblieben ist, was er zu vermitteln hatte?

Aufpassen sollte man etwa, wenn eine Klasse bei einem Lehrerwechsel im Schnitt um 2 Zensuren besser wird - das ist i.A. eine Backpfeife für den ersten Lehrer. Aber auch Lehrer mit hervorragendem Ruf bei Kollegen und Schülern können sehr unterschiedliche Klassen erwischen. Ich kann mich erinnern, dass meine Frau (Mathe/Physik Oberstufe) eine Klasse hatte, in der drei "Zugpferde" den Unterricht praktisch alleine gemacht und die ganze Klasse mitgezogen haben (was der Lehrer allerdings auch ermöglichen muss). Das war eine Klasse mit Top-Noten und ganz viel Spaß auf beiden Seiten. Ein Jahr später war es anders: Die Leut waren gleichzeitig blöd und renitent und es war für alle Seiten äußerst unerquicklich. Alle deshalb, weil nicht nur meine Frau keinen Spaß an dieser Klasse hatte.

So eine Klasse ist halt keine sehr große Stichprobe, was bedeutet, dass sich da die Poisson-Verteilung noch gewaltig bemerkbar machen kann.

Aber, ich habe lange genug Elternarbeit gemacht, um das sagen zu können: Du kannst an der selben Schule Eltern haben, die glücklich sind, ihr Kind in diese tolle Schule geschickt zu haben, wie auch Eltern, die ihr Kind verzweifelt von dieser Scheißschule nehmen, damit es nicht fürs Leben versaut wird, und beide haben recht: Die Lehrer sind nicht alle gleich gut, und welche Lehrer Dein Kind bekommt, ist immer eine Lotterie.

#354:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 08.06.2018, 20:09
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
Ich kann mich erinnern, dass meine Frau (Mathe/Physik Oberstufe) eine Klasse hatte, in der drei "Zugpferde" den Unterricht praktisch alleine gemacht und die ganze Klasse mitgezogen haben (was der Lehrer allerdings auch ermöglichen muss). Das war eine Klasse mit Top-Noten und ganz viel Spaß auf beiden Seiten. Ein Jahr später war es anders: Die Leut waren gleichzeitig blöd und renitent und es war für alle Seiten äußerst unerquicklich. Alle deshalb, weil nicht nur meine Frau keinen Spaß an dieser Klasse hatte.

So eine Klasse ist halt keine sehr große Stichprobe, was bedeutet, dass sich da die Poisson-Verteilung noch gewaltig bemerkbar machen kann.

Sehr gut beobachtet.

In keiner Untersuchung, die mir bisher untergekommen ist, wurde die Dynamik in einer Klasse erwähnt.



fwo hat folgendes geschrieben:
Aber, ich habe lange genug Elternarbeit gemacht, um das sagen zu können: Du kannst an der selben Schule Eltern haben, die glücklich sind, ihr Kind in diese tolle Schule geschickt zu haben, wie auch Eltern, die ihr Kind verzweifelt von dieser Scheißschule nehmen, damit es nicht fürs Leben versaut wird, und beide haben recht: Die Lehrer sind nicht alle gleich gut, und welche Lehrer Dein Kind bekommt, ist immer eine Lotterie.

Die Lehrer-Lotterie gehört zum normalen Lebensrisiko. Ich bin ja auch noch da, um notfalls meine Gegenmeinung anzubringen. Hängt natürlich vom individuellen Leidensdruck ab, ob man sich eine andere, bessere Schule sucht im Tausch gegen die Lebenszeit, die man dann auf der Straße in einem Blechkasten verbringt.



Zum Stichwort "versaut" habe ich eine kleine Geschichte. Die "Versauung" stammt aus dem Kindergarten und hält bis heute an.

Typischer Dialog:

    smalline: Ich geh' auf's Klo.
    smallie: Na, dann geh halt.


Ich hab' mich lange gewundert, warum sie mir das erzählt. Irgendwann hat's mir dann gedämmert: die mußten sich im Kindergarten aus ihrem Raum abmelden. (Eine dringend notwendige Debatte: was macht es mit Kindern, wenn sie ständig unter der Fuchtel stehen?)

#355:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 08.06.2018, 21:22
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
    smalline: Ich geh' auf's Klo.
    smallie: Na, dann geh halt.


Ich hab' mich lange gewundert, warum sie mir das erzählt.

Damit Du noch da bist, wenn sie wiederkommt. zwinkern

smallie hat folgendes geschrieben:
was macht es mit Kindern, wenn sie ständig unter der Fuchtel stehen?

Irgendwas zwischen Opportunist und Kindersoldat?

#356:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 08.06.2018, 21:34
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Ich kann mich erinnern, dass meine Frau (Mathe/Physik Oberstufe) eine Klasse hatte, in der drei "Zugpferde" den Unterricht praktisch alleine gemacht und die ganze Klasse mitgezogen haben (was der Lehrer allerdings auch ermöglichen muss). Das war eine Klasse mit Top-Noten und ganz viel Spaß auf beiden Seiten. Ein Jahr später war es anders: Die Leut waren gleichzeitig blöd und renitent und es war für alle Seiten äußerst unerquicklich. Alle deshalb, weil nicht nur meine Frau keinen Spaß an dieser Klasse hatte.

So eine Klasse ist halt keine sehr große Stichprobe, was bedeutet, dass sich da die Poisson-Verteilung noch gewaltig bemerkbar machen kann.

Sehr gut beobachtet.

In keiner Untersuchung, die mir bisher untergekommen ist, wurde die Dynamik in einer Klasse erwähnt.
....

Ein einigermaßen sauberes wissenschaftliches Arbeiten, dass das auch bei Menschen geht zeigt die Soziologie, ist bei Pädagogen wohl immer noch die Ausnahme, auch wenn uns tillich mal etwas anderes suggerieren wollte. Das kannst Du auch bei Madame Gien sehen, die als Institutsleiterin betont, ihre eher traurige Arbeit entspräche dem allgemeinen Standard. Das sagt viel über den Standard und wenig über die Arbeit.

#357:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 08.06.2018, 21:40
    —
smallie hat folgendes geschrieben:

In keiner Untersuchung, die mir bisher untergekommen ist, wurde die Dynamik in einer Klasse erwähnt.

Möchte das vielleicht daran liegen, daß die Sozialwissenschaften im allgemeinen und die Pädagogik im besonderen eigentlich keine besonders realistische Vorstellung von ihrem Untersuchungsgegenstand haben, daß man ständig das, was man wünscht, das sein sollte, mit dem verwechselt, was ist?

#358:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 09.06.2018, 09:29
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
Das kannst Du auch bei Madame Gien sehen, die als Institutsleiterin betont, ihre eher traurige Arbeit entspräche dem allgemeinen Standard. Das sagt viel über den Standard und wenig über die Arbeit.

Hab' mir inzwischen überlegt, was ich der Schule antworten werden. Etwa derart, eher noch kürzer - das letzte Zitat ist zu sperrig und sollte weg.


Zitat:
Gabriele Gien hat folgendes geschrieben:
1) Zielgruppe des Berichtes waren Eltern und Lehrkräfte, daher ist der Bericht ergebnisorientiert und wenig detailliert, in diesem Kontext sind auch keine differenzierten Tabellen und Analysen zu erwarten

Sehr herablassend gegenüber Eltern und Lehrern. Als Leser erwarte ich, daß ein Autor seine Zielgruppen ernst nimmt.

Im Übrigen zähle ich über zehn Diagramme, keins davon zur Kontrollgruppe.



Gabriele Gien hat folgendes geschrieben:
3) Anzahl der ausgewerteten Checkhefte:

Der Vater hat richtig gezählt: Es wurden nur vollständige Checkhefte ausgewertet, das ist bei empirischen Arbeiten üblich (z.B. Fragebögenauswertung), ...

Ist es bei Pisa oder Iglu üblich, unvollständige Antwortbögen zu verwerfen?



Gabriele Gien hat folgendes geschrieben:
6) Ich selbst war 10 Jahre Lehrerin an einer GS und habe deutlich wahrnehmen können, wieviel Einfluss das tägliche Lesetraining hat, das eine wichtige Voraussetzung zur Entwicklung der Lesekompetenz ist.

Und das vermutlich ohne FLOH-Lesetraining. Frau Gien müßte schon zeigen, daß FLOH besser ist, als das, was sie all die Jahre gemacht hat.

Meine Kritik war, der Forschungsbericht sei methodisch fragwürdig. Die Antwort "Leseförderung wirkt" geht an meiner Kritik vorbei.



Gabriele Gien hat folgendes geschrieben:
7) Natürlich kann man eine Langzeitwirkung eigentlich nur in einer Longitudinalstudie aufzeigen, das hätte aber den Rahmen der Evaluation des Materials bei Weitem gesprengt.

Im Forschungsbericht ließt sich das noch anders, meine Hervorhebung:

    In der vorliegenden empirischen Untersuchung wurde valide nachgewiesen, dass das Lesefitness-Training nachhaltig Kompetenzen in den basalen Leseprozessen verbessert.



Gabriele Gien hat folgendes geschrieben:
8 ) Die frühkindliche Sozialisationsphase ist die entscheidende Größe (auch hierzu gibt es hochkarätige Untersuchungen), dennoch ist das "Fenster" danach nicht geschlossen und man durch Training noch etwas bewirken.

Immer noch unvollständig. Ohne für folgende Untersuchung und die genannten Zahlen im Detail bürgen zu wollen, sie erwähnt, was Frau Gien ausgelassen hat.

    The Home Literacy Environment Is a Correlate, but Perhaps Not a Cause, of Variations in Children’s Language and Literacy Development

    Puglisim, et. al., Scientific Studies of Reading - 2017

    Genetic factors also have an important influence on literacy development. The correlation between the home literacy environment and literacy development likely reflects genetic as well as environmental influences because biologically related family members in the same household share both genes and aspects of the environment [...]

    To disentangle genetic and environmental effects on children’s academic achievement requires data from genetically sensitive designs. A meta-analysis of genetically sensitive studies estimated the heritability of reading to be .73 and spelling .64, whereas shared environmental influences accounted for only 10% of the variance in reading [...]

    https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/10888438.2017.1346660



Wenn mich der Hafer sticht, bitte ich die Präsidentin noch um die Rohdaten. Mr. Green

#359:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 09.06.2018, 09:48
    —
@smallie
Du solltest auch das Wort valide hervorheben.
Zitat:
In der vorliegenden empirischen Untersuchung wurde valide nachgewiesen, dass das Lesefitness-Training nachhaltig Kompetenzen in den basalen Leseprozessen verbessert.

#360:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 10.06.2018, 19:24
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
@smallie
Du solltest auch das Wort valide hervorheben.

Sehr gut, vielen Dank.

Ich werde berichten, was draus wird.

#361:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 10.06.2018, 19:25
    —
Zumsel hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... So muß Schule unfähige Elternhäuser nicht nur im sozialen Bereich kompensieren, sodern auch im Bildungsbereich - möglichst viele Kinder sollen zu informierten Entscheidern werden.

... Man glaubt es ja teilweise nicht, wie schlecht die Recherchekompetenz selbst von Studienabgängern oft ist. Und was stlistisch und bezüglich des argumentativen Niveaus selbst noch bei Bachelorarbeiten als Standard betrachtet wird.

Es sind nicht nur die Studienabgänger, denen es an Recherchekompetenz und an argumentativem Niveau mangelt.

Wer kompensiert unfähige Experten? Wie stellt man als Laie fest, welcher Experte Recht hat, wenn sie sich widersprechen? Kann ein Laie wie ich überhaupt einem Team von Experten widersprechen und darauf hoffen, daß mir jemand glaubt oder die gar ihre Meinung ändern?




Ende 2017 ging diese Meldung durch die Presse:

Tagesspiegel hat folgendes geschrieben:
Viele Eltern lesen zu spät vor

Nur 45 Prozent der Eltern lesen ihren Kindern bereits im ersten Lebensjahr regelmäßig vor: Das ergibt eine Studie der Stiftung Lesen.

[...] Dabei könne man mit der gemeinsamen Lektüre gar nicht früh genug anfangen, sagte Studienleiterin Simone Ehmig: „Kinder profitieren umso stärker davon, wenn es schon im ersten Lebensjahr beginnt.“

https://www.tagesspiegel.de/wissen/vorlesestudie-2017-viele-eltern-lesen-zu-spaet-vor/20497060.html

Das wollte mir nicht recht einleuchten. Tatsächlich ist der Text im wesentlichen eine abgeschriebene Pressemitteilung der Stiftung Lesen zur Vorlesestudie 2017.


Zitat:
Vorlesen - aber ab wann?

Studien legen möglichst frühen Beginn des Vorlesens nahe
Je früher Eltern mit dem Vorlesen beginnen, desto stärker profitieren die Kinder.

https://www.stiftunglesen.de/download.php?type=documentpdf&id=2128

Es werden fünf Studien als Beleg angeführt. Zwei davon sind kostenpflichtig. Zwei weitere gehen auf frühes Lesen nicht ein. Folgende Studie spricht sich für möglichst frühes Vorlesealter aus. Sie tut recht vollmundig im abstract und im Schlußteil.


Zitat:
The Sooner, the Better: Early Reading to Children
Niklas, Cohrssen, Tayler - 2016

Diese Resultate lassen erwarten, daß sehr kleinen Kindern vorzulesen tatsächlich bedeutend zu einer günstigen häuslichen Lesekultur beiträgt.

The findings imply that reading books to very young children indeed contributes meaningfully to a favorable home literacy environment and supports children’s language development.

http://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.1177/2158244016672715


Im Text ist man etwas bescheidener. Man erfährt:

    - Das Alter, in dem mit dem Lesen begonnen wird, korreliert stark mit der Häufigkeit des gegenwärtigen Vorlesens.
    - Wird die gegenwärtige Häufigkeit des Vorlesens berücksichtigt, ist das Startalter nicht mehr signifikant.
    - Beginn des Vorlesens und Lesehäufigkeit wurden von den Eltern erfragt. Solche Umfrageergebnisse sind anfällig für empfundene soziale Erwünschtheit.
    - Unser Ansatz muß als explorativ und vorläufig gesehen werden.
    - Eine kausale Auslegung der Ergebnisse ist nicht möglich, weil genetische Einflüsse höchstwahrscheinlich auf die häusliche Lesekultur und das Kind wirken.

Das schränkt die Aussagekraft der Studie ziemlich ein. Dennoch empfehlt die Studie frühes Vorlesen, um die häusliche Lesekultur zu fördern - und die Vorlesestudie 2017 übernimmt das kritiklos. Ziemlich abgehoben.



Rücksprung zur Erde: Wann fängt man mit dem Vorlesen?

Einem sechsmonatigem Kind etwas vorzulesen, stelle ich mir schwierig vor. Die Aufmerksamkeitsspanne ist in dem Alter kurz. Die Idee des Säuglings vom Buch: noch so ein Ding, das ich in den Mund stecken kann, wenn ich's in die Finger kriege. Wann fängt man mit dem Vorlesen - oder Bilderbuchschauen - an? Ganz einfach: sobald das Kind Interesse dafür zeigt.

Die Empfehlungen der Vorlesestudie lauten hingegen, möglichst früh anzufangen. Das Kindesinteresse - findet keine Erwähnung. Das ist mir zu mechanistisch. nee


Die Vorlesestudie führt auch folgende Studie als Beleg an. Lesefertigkeit korreliert dort mit diesen Variablen. Das Leseeintrittsalter steht zur besseren Übersicht alleine:

Code:

Canonical literacy environment score            0,34
Primary caregiver IQ                            0,33
Number of picture books in home                 0,31
Frequency of reading with child                 0,26

Age when reading with child began              -0,25

Frequency of trips to library with child        0,24
Frequency with which child asks to be read to   0,22
Caregiver Education                             0,21
Number of minutes reading to child yesterday    0,13
Duration per day of caregiver reading by self   0,08
Frequency child looks at books by self          0,04
Amount caregiver enjoys reading by self         0

Payne/Whitehurse - The role of home literacy in the development of language ability in preschool children from low-income homes

Die Zahl der Bücher im Haushalt ist die wirksamere Variable. Stellen wir also zwanzig Bücher in jeden Familienhaushalt, dann wird die Lesefertigkeit der Kinder zunehmen.
noc

#362: lol Autor: Gödelchen BeitragVerfasst am: 10.06.2018, 20:06
    —
... die heute mit meist wenig da, dort und hier und da, wollen alle das.. sofort Smilie

https://www.youtube.com/watch?v=rmCA3qQkqso

......die harte Arbeit ( das Leid ) dahinter twitter die weg oder liken den, der darüber stümpert.. das ist das was übrig bleibt von dem was mal war..non scolae sed... Smilie

#363:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 10.06.2018, 22:59
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
Einem sechsmonatigem Kind etwas vorzulesen, stelle ich mir schwierig vor. Die Aufmerksamkeitsspanne ist in dem Alter kurz. Die Idee des Säuglings vom Buch: noch so ein Ding, das ich in den Mund stecken kann, wenn ich's in die Finger kriege.

Kann mit 10 Monaten aber schon anders aussehen - da erinnern sich manche Kinder schon an die letzte Bilderbuschseite, können Gefühle erkennen oder auf einer Wimmelseite ein Pferd suchen.

smallie hat folgendes geschrieben:
Wann fängt man mit dem Vorlesen - oder Bilderbuchschauen - an? Ganz einfach: sobald das Kind Interesse dafür zeigt.

Genau! Anbieten und sich bloß nicht verrückt machen lassen.

smallie hat folgendes geschrieben:
Die Zahl der Bücher im Haushalt ist die wirksamere Variable. Stellen wir also zwanzig Bücher in jeden Familienhaushalt, dann wird die Lesefertigkeit der Kinder zunehmen.
noc

Vielleicht reichen ja sogar die Buchrücken ...

#364:  Autor: Zumsel BeitragVerfasst am: 11.06.2018, 14:56
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
Es sind nicht nur die Studienabgänger, denen es an Recherchekompetenz und an argumentativem Niveau mangelt.


Natürlich nicht, aber bei denen sollte es ja eigentlich am wenigsten erwartet werden.

smallie hat folgendes geschrieben:
Es werden fünf Studien als Beleg angeführt. Zwei davon sind kostenpflichtig.


Hier schon probiert?

Code:
https://sci-hub.tw/

#365:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 11.06.2018, 23:05
    —
step hat folgendes geschrieben:
Kann mit 10 Monaten aber schon anders aussehen - da erinnern sich manche Kinder schon an die letzte Bilderbuschseite, können Gefühle erkennen oder auf einer Wimmelseite ein Pferd suchen.

Jo.

Die Vorlesestudie sagt: Je früher, desto besser. Bitte einschränken, nicht daß jemand das wörtlich nimmt und dann schon den Allerkleinsten vorliest, zu Lasten eines angemesseneren Umgangs.

Bei Niklas wird das noch ausdrücklich erwähnt:

Niklas et. al. hat folgendes geschrieben:
[...] in the first few months after a child is born, general language experiences are more likely to make a difference than reading aloud.

In der Vorlesestudie fällt das unter den Tisch.



step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Wann fängt man mit dem Vorlesen - oder Bilderbuchschauen - an? Ganz einfach: sobald das Kind Interesse dafür zeigt.

Genau! Anbieten und sich bloß nicht verrückt machen lassen.

Aber echt. Mir kommt es vor, als seien einige nach dem sogenannten PISA-Schock ziemlich aus dem Häuschen geraten und in einen "Förderwahn" verfallen.

Eine Buchhändlerin meinte mal zu mir - ich hatte gerade eins der Picknick-mit-Torte-Bücher in der Hand - das sei ein gutes Buch, weil man ja soviel drüber reden könne, und man damit die Sprachentwicklung befördere. Mit dem Argument kann ich nichts anfangen. es erscheint mir "bemüht", im Englischen sagt man trying too hard. Reicht es nicht, wenn ein Buch gut ist?



step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Die Zahl der Bücher im Haushalt ist die wirksamere Variable. Stellen wir also zwanzig Bücher in jeden Familienhaushalt, dann wird die Lesefertigkeit der Kinder zunehmen.
noc

Vielleicht reichen ja sogar die Buchrücken ...

Ich sag' nur: cargo cult. Lesefreudige Familien fangen früh mit dem Lesen an. Nun schlägt man allen Ernstes vor, früh mit dem Lesen anzufangen, damit die Familien lesefreudiger werden. Tsk. Wirrsache und Urkunde verwechselt?!

Nichts gegen Bücher. Aber das Wesentliche sind nicht Bücher, es ist der aufmerksame Umgang, ein Wechselspiel von Aktion und sinnvoller Reaktion. Das läßt sich praktizieren, wo immer man steht und geht.

Jüngst hier beschrieben:

Zitat:
Talking with—Not Just to—Kids Powers How They Learn Language
Back-and-forth exchanges build the brain’s language center and verbal ability
Claudia Wallis on February 22, 2018

Die reine Zahl der Wörter, die ein Krabbelkind hört, ist nicht die wesentlichste Größe beim Spracherwerb. Zunehmend kommen Forscher zum Schluß, daß Qualität mehr zählt als Quantität. Am Wertvollsten ist das Hin-und-her-Gespräch, das von Forschern Zwiegesprächliche Wendung, Duett oder gekoppelte Rede genannt wird.

[..] the sheer quantity of words a toddler hears is not the most significant influence on language acquisition. Growing evidence has led researchers to conclude quality matters more than quantity, and the most valuable quality seems to be back-and-forth communication—what researchers variously call conversational turns, duets or contingent talk.

https://www.scientificamerican.com/article/talking-with-mdash-not-just-to-mdash-kids-powers-how-they-learn-language/

Das hat der oben erwähnte L. P. Benezett vor bald 90 Jahren auch schon gesagt und seinen Unterricht als mündlichen Austausch organisiert.



Zum Schluß eine ernüchternde Statistik aus der Vorlesestudie. Die Frage war:

Wie viele Kinderbücher bzw. Bilderbücher gibt es bei Ihnen? Damit sind auch Pixi-Bücher o.ä. gemeint.

Code:
        0 Bücher   3 %
  1 -  10 Bücher  56 %
 11 -  50 Bücher  39 %
 51 - 100 Bücher   3 %
101 - 150 Bücher   0 %

In rund 60 % aller Elternhäuser gibt es nur 10 oder weniger Bücher. Das hatte ich nicht erwartet.

#366:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 11.06.2018, 23:21
    —
step hat folgendes geschrieben:
So muß Schule unfähige Elternhäuser nicht nur im sozialen Bereich kompensieren, sodern auch im Bildungsbereich - möglichst viele Kinder sollen zu informierten Entscheidern werden.


"Na, mein Kind, möchtest du später mal ein informierter Entscheider werden?"

"Au, ja!"

In Wirklichkeit sind nicht einmal die Abgeordneten der Parlamente informierte Entscheider.

Die Schule bildet zu Fachidioten aus, die Unis erst Recht.

Kompetenzen haben die meisten Menschen meist nur in 1-2 Bereichen, den Rest verstehen sie nicht und von daher die Abhängigkeit von - oft vermeintlichen - Experten und/oder eine völlig unkritische Gutgläubigkeit in den meisten Bereichen.

Nein, vielseitig gebildete Menschen schafft man mit unserem Bildungssystem ganz gewiss nicht.

#367:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 12.06.2018, 13:17
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
Mir kommt es vor, als seien einige nach dem sogenannten PISA-Schock ziemlich aus dem Häuschen geraten und in einen "Förderwahn" verfallen.

Das ist glaube ich schon älter - es fußt u.a. auf der Flexibilisierung und Globalisierung der Arbeitswelt, zum Anderen schwappte es als Marketinginstrument aus den USA herüber. Typisches Beispiel für Letzteres ist "Baby Einstein" aus den Neunzigern:
https://en.wikipedia.org/wiki/Baby_Einstein#Language_development

Unglaublich, was sich die Leute aufschwatzen lassen.

smallie hat folgendes geschrieben:
Eine Buchhändlerin meinte mal zu mir - ich hatte gerade eins der Picknick-mit-Torte-Bücher in der Hand - das sei ein gutes Buch, weil man ja soviel drüber reden könne, und man damit die Sprachentwicklung befördere. Mit dem Argument kann ich nichts anfangen. es erscheint mir "bemüht", im Englischen sagt man trying too hard. Reicht es nicht, wenn ein Buch gut ist?

Da gab es doch dieses Restaurant bei Monty Python, wo man auf der Speisekarte ein Diskussionsthema auswählen darf, um das Gespräch in Gang zu bringen.

smallie hat folgendes geschrieben:
Zum Schluß eine ernüchternde Statistik aus der Vorlesestudie. Die Frage war:

Wie viele Kinderbücher bzw. Bilderbücher gibt es bei Ihnen? Damit sind auch Pixi-Bücher o.ä. gemeint. ... In rund 60 % aller Elternhäuser gibt es nur 10 oder weniger Bücher. Das hatte ich nicht erwartet.

KinderBücher. Die Handbücher für Grill und Fön sind nicht mitgezählt.

Aber trotzdem, schon erschreckend, wenn man bedenkt, wieviel Plastikzeugs in so einem typischen Kinderzimmer herumflackt.

#368:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 12.06.2018, 20:49
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
Wann fängt man mit dem Vorlesen - oder Bilderbuchschauen - an? Ganz einfach: sobald das Kind Interesse dafür zeigt.


Oder wenn man selber Lust darauf hat?

Das Vorlesen kann eine besondere Atmosphäre schaffen. Muss auch nicht nur Vorlesen sein. Als meine noch klein waren, habe ich entdeckt, daß ich aus dem Stegreif Geschichten erzählen konnte, was ein schönes Vergnügen war. Noch letztes Jahr hat sich mein fast Volljähriger Geschichten aus Seldwyla vorlesen lassen.
Quality Time. : )

#369:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 12.06.2018, 22:01
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
[...]

Wer kompensiert unfähige Experten? ...



Ende 2017 ging diese Meldung durch die Presse: ...


Das wollte mir nicht recht einleuchten. ... eine abgeschriebene Pressemitteilung der Stiftung Lesen zur Vorlesestudie 2017.

...Studien legen möglichst frühen Beginn des Vorlesens nahe ... Wann fängt man mit dem Vorlesen?


...Die Vorlesestudie führt auch folgende Studie als Beleg an...

Hör auf Studien zu konsumieren. Sie sind nicht empathie-, sondern nur druckfördernd.
Dass Vorlesen bzw Geschichtenerzählen gut für die Kleenen sind, weiß doch jeder. Egal, wieviele Bücher im Regal stehen.
(Es sei denn, du willst mit deinen Mama/Papa-KonkurrentInnen in einen Wettstreit treten, wer die meisten hat) Smilie

#370:  Autor: astarte BeitragVerfasst am: 12.06.2018, 23:10
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Wann fängt man mit dem Vorlesen - oder Bilderbuchschauen - an? Ganz einfach: sobald das Kind Interesse dafür zeigt.


Oder wenn man selber Lust darauf hat?

Eben, man kann das anbieten und sieht dann schon.
Gemeinsam Bilderbuch anschauen kann man nach meiner Erfahrung schon recht früh, gibt ja welche mit wenig oder keinem Text. Vorlesen erfordert etwas mehr Geduld beim Kind. Wobei jedes Kind halt anders ist. Mein Sohn mochte es sehr früh, wenn man den Text vom Bilderbuch vorgelesen hat, und holte sich lange Zeit immer ein paar momentane Lieblinge immer wieder. Er merkte bald, wenn man ein Wort übersprungen hat oder anders las. Lachen
Die Tochter wollte eher Abwechslung, hörte aber auch bald interessiert zu, dann auch bei den längeren Texten, die man dem Sohn vorlas. Der Enkel erzählt gerne selber, was er im Bilderbuch sieht, oder fragt was, und blättert um, wenn er meint - ob man mit Lesen soweit ist, war ihm wurscht. Erst langsam hört er längeren Texten zu.
Zitat:

.... Muss auch nicht nur Vorlesen sein. Als meine noch klein waren, habe ich entdeckt, daß ich aus dem Stegreif Geschichten erzählen konnte, was ein schönes Vergnügen war. ...
Boah, Neid!
Zitat:
Quality Time. : )

Das ist der Punkt.

#371:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 14.06.2018, 01:44
    —
Zumsel hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Es sind nicht nur die Studienabgänger, denen es an Recherchekompetenz und an argumentativem Niveau mangelt.


Natürlich nicht, aber bei denen sollte es ja eigentlich am wenigsten erwartet werden.

Weil die Studienabgänger im Studium gerade den aktuellen Stand ihrers Faches kennengelernt haben? So herum hast du Recht. Ich dachte eher, wenn es die alten Hasen schon vergeigen, genießen die Studienabgänger noch Welpenschutz.

Eine Tageszeitung druckt eine Pressemitteilung ungeprüft ab. Eine Lesestude liest etwas aus wissenschaftlichen Studien heraus, das so nicht drinsteht. Eine wissenschaftliche Studie verschweigt ihr eigentliches Resultat, das lauten müßte: frühes Vorlesen erklärt nur einen geringen Teil der Varianz späterer Lesefertigkeit.

Wie kommt sowas zustande?


Zumsel hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Es werden fünf Studien als Beleg angeführt. Zwei davon sind kostenpflichtig.

Hier schon probiert?

Code:
https://sci-hub.tw/

Kannte ich noch nicht. Vielen Dank. Die Arbeit von Debaryshe, 1993, die den Stein ins Rollen gebracht zu haben scheint, ist dort nicht zu finden.

#372:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 14.06.2018, 01:53
    —
step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Eine Buchhändlerin meinte mal zu mir - ich hatte gerade eins der Picknick-mit-Torte-Bücher in der Hand - das sei ein gutes Buch, weil man ja soviel drüber reden könne, und man damit die Sprachentwicklung befördere. Mit dem Argument kann ich nichts anfangen. es erscheint mir "bemüht", im Englischen sagt man trying too hard. Reicht es nicht, wenn ein Buch gut ist?

Da gab es doch dieses Restaurant bei Monty Python, wo man auf der Speisekarte ein Diskussionsthema auswählen darf, um das Gespräch in Gang zu bringen.

Das Gespräch oder das Verkaufsgespräch?

Die Frau hält Vorträge an Kindergärten und Schulen und es klingt so, als wäre die Utopie zum Greifen nahe, wenn die Menschen nur mehr lesen würden.


step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Zum Schluß eine ernüchternde Statistik aus der Vorlesestudie. Die Frage war:

Wie viele Kinderbücher bzw. Bilderbücher gibt es bei Ihnen? Damit sind auch Pixi-Bücher o.ä. gemeint. ... In rund 60 % aller Elternhäuser gibt es nur 10 oder weniger Bücher. Das hatte ich nicht erwartet.

KinderBücher.

Ein typischer smallie-Aussetzer. In der Schule gäbe das Punktabzug.

#373:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 14.06.2018, 20:07
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Als meine noch klein waren, habe ich entdeckt, daß ich aus dem Stegreif Geschichten erzählen konnte, was ein schönes Vergnügen war.

Ist bei mir auch so.



Vergnügen und Lust ist nicht der erste Grund, warum Vorlesen empfohlen wird. Man hat anderen Profit im Sinn.

Vorlesestudie hat folgendes geschrieben:
Deshalb ist es wichtig, Eltern zu motivieren, möglichst früh vorzulesen, und ihnen Bedenken zu nehmen - ohne sie zu bevormunden.

Einige Zeilen später wird der Verzicht auf Bevormundung zum Zwang.

Vorlesestudie hat folgendes geschrieben:
Eltern müssen davon überzeugt werden, dass ihre Kinder auch schon in den ersten Monaten vom Vorlesen profitieren.

Das ist gleich mehrfach bedenklich.


Erstens das Profitdenken. Es wird jetzt also auch auf die ersten Monate ausgeweitet. Damit hängt man sich einen Mühlstein um.

Zweitens: die Forderung lädt zu Mißverständnissen ein. Ich seh' schon kommen, daß es einige zu gut mit ihren Kinder meinen und sie mit Hexametern traktieren werden.

Drittens: man drängt Menschen in eine Rolle, die ihnen vielleicht nicht liegt. Auch Balgen, Sport treiben, musizieren oder was auch immer, sind sinnvolle Beschäftigungen. Ein offener, ehrlicher, klarer und gleichberechtigter Umgang mit Kindern dürfte unterm Strich bedeutungsvoller für die weitere Entwicklung sein, als Vorleseinitiativen. Beides schließt sich natürlich nicht aus, solange man das Wichtige nicht aus den Augen verliert.



Eine typische Behauptung wie:

    Vorlesen ist gut, es fördert die sprachliche Entwicklung, die kognitiven Fähigkeiten und Bildungserfolge, die persönliche Entwicklung und die sozialen Kompetenzen.

klingt sehr nach: Vorlesen macht den besseren Menschen.

Stimmt ja auch. Der Struwelpeter beweist es. Zustimmung



zelig hat folgendes geschrieben:
Quality Time. : )

Quality Time, so wie ich sie verstehe, fragt nicht nach einem Sekundärnutzen.

#374:  Autor: Zumsel BeitragVerfasst am: 15.06.2018, 10:22
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
Weil die Studienabgänger im Studium gerade den aktuellen Stand ihrers Faches kennengelernt haben?


Ja und weil die ja eigentlich noch "voll im Training" stehen müssten. Darüber hinaus wird mitunter behauptet, die "digital natives" würde Recherchekompetenz quasi mit der Muttermilch aufsaugen, was definitiv falsch ist.

smallie hat folgendes geschrieben:
So herum hast du Recht. Ich dachte eher, wenn es die alten Hasen schon vergeigen, genießen die Studienabgänger noch Welpenschutz.


Ach so, also ich wollte jetzt die Studienabgänger nicht dem angestammten wissenschaftlichen Personal an Forschungseinrichtungen gegenüberstellen, sondern den Verwertern in Journalismus, Verwaltung, Wirtschaft, Politik.

smallie hat folgendes geschrieben:
Eine Tageszeitung druckt eine Pressemitteilung ungeprüft ab. Eine Lesestude liest etwas aus wissenschaftlichen Studien heraus, das so nicht drinsteht. Eine wissenschaftliche Studie verschweigt ihr eigentliches Resultat, das lauten müßte: frühes Vorlesen erklärt nur einen geringen Teil der Varianz späterer Lesefertigkeit.

Wie kommt sowas zustande?


Auf Seiten der Zeitung: Die eingängigste und möglichst reißerischste Schlagzeile siegt.
Auf Seiten der Konsumenten: Nur klare Ansagen bleiben hängen, bloß nicht zu viele "Abers" und relativierende Details, dann wird's anstrengend und langweilig.
Was die Macher der Studie betrifft, mag ich nicht zu beurteilen, ob es da an Kompetenz und kritischer Distanz mangelt oder einfach nur die Notwendigkeit zur Einwerbung von Forschungsgeldern durch möglichst öffentlichkeitswirksame Publikationen besteht.

#375:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 18.06.2018, 19:34
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
[...]

Wer kompensiert unfähige Experten? ...

Hör auf Studien zu konsumieren. Sie sind nicht empathie-, sondern nur druckfördernd.
Dass Vorlesen bzw Geschichtenerzählen gut für die Kleenen sind, weiß doch jeder.

Das war nicht die Stoßrichtung meiner Kritik. Leider habe ich versäumt, sie etwas polemischer zu formulieren: Autoren der Vorlesestudie können nicht lesen.

Der Rahmen meiner Kritik war:

    step: Kinder sollen zu informierten Entscheidern werden.
    Zumsel: Sogar das Niveau bei Studienabgängern läßt zu wünschen übrig.
    smallie: Nicht nur bei Studienabgängern. Die Vorlesestudie fordert möglichst frühen Vorlesebeginn.

Mit anderen Worten: wo informiert sich ein informierter Entscheider, wenn ihm ein halbes Dutzend der seriösen deutschen Tageszeitungen Unfug vorsetzen? Was kann Schule tun, damit zukünftige Entscheider besser Richtiges von Falschem unterscheiden lernen?



Zumsel hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Eine Tageszeitung druckt eine Pressemitteilung ungeprüft ab. Eine Lesestude liest etwas aus wissenschaftlichen Studien heraus, das so nicht drinsteht. Eine wissenschaftliche Studie verschweigt ihr eigentliches Resultat, das lauten müßte: frühes Vorlesen erklärt nur einen geringen Teil der Varianz späterer Lesefertigkeit.

Wie kommt sowas zustande?


Auf Seiten der Zeitung: Die eingängigste und möglichst reißerischste Schlagzeile siegt.
Auf Seiten der Konsumenten: Nur klare Ansagen bleiben hängen, bloß nicht zu viele "Abers" und relativierende Details, dann wird's anstrengend und langweilig.
Was die Macher der Studie betrifft, mag ich nicht zu beurteilen, ob es da an Kompetenz und kritischer Distanz mangelt oder einfach nur die Notwendigkeit zur Einwerbung von Forschungsgeldern durch möglichst öffentlichkeitswirksame Publikationen besteht.

Jetzt frage ich mich:

Wie oft kommt das vor?
Wie oft kommt es vor, und niemand merkt es?
Wie oft merkt es jemand, aber die Gegenmeinung schafft es nicht in die Schlagzeilen? *


Schon von der Murray Gell-Mann-Amnesie gehört? Gell-Mann ist Physiker. Wenn er in der Tageszeitung einen Artikel zu einem physikalischen Thema liest, denkt er manchmal: halbgares Zeug. Blättert er weiter zum Wirtschaftsteil, hat er vergessen, daß die Artikel dort vermutlich ähnlich viele Halbwahrheiten und Fehler enthalten, wie im Wissenschaftsteil.

Wir sind alle Gell-Mann, mehr oder weniger.

#376: :-) Autor: Gödelchen BeitragVerfasst am: 18.06.2018, 20:02
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
[...]

Wer kompensiert unfähige Experten? ...

Hör auf Studien zu konsumieren. Sie sind nicht empathie-, sondern nur druckfördernd.
Dass Vorlesen bzw Geschichtenerzählen gut für die Kleenen sind, weiß doch jeder.

Das war nicht die Stoßrichtung meiner Kritik. Leider habe ich versäumt, sie etwas polemischer zu formulieren: Autoren der Vorlesestudie können nicht lesen.

Der Rahmen meiner Kritik war:

    step: Kinder sollen zu informierten Entscheidern werden.
    Zumsel: Sogar das Niveau bei Studienabgängern läßt zu wünschen übrig.
    smallie: Nicht nur bei Studienabgängern. Die Vorlesestudie fordert möglichst frühen Vorlesebeginn.

Mit anderen Worten: wo informiert sich ein informierter Entscheider, wenn ihm ein halbes Dutzend der seriösen deutschen Tageszeitungen Unfug vorsetzen? Was kann Schule tun, damit zukünftige Entscheider besser Richtiges von Falschem unterscheiden lernen?



Zumsel hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Eine Tageszeitung druckt eine Pressemitteilung ungeprüft ab. Eine Lesestude liest etwas aus wissenschaftlichen Studien heraus, das so nicht drinsteht. Eine wissenschaftliche Studie verschweigt ihr eigentliches Resultat, das lauten müßte: frühes Vorlesen erklärt nur einen geringen Teil der Varianz späterer Lesefertigkeit.

Wie kommt sowas zustande?


Auf Seiten der Zeitung: Die eingängigste und möglichst reißerischste Schlagzeile siegt.
Auf Seiten der Konsumenten: Nur klare Ansagen bleiben hängen, bloß nicht zu viele "Abers" und relativierende Details, dann wird's anstrengend und langweilig.
Was die Macher der Studie betrifft, mag ich nicht zu beurteilen, ob es da an Kompetenz und kritischer Distanz mangelt oder einfach nur die Notwendigkeit zur Einwerbung von Forschungsgeldern durch möglichst öffentlichkeitswirksame Publikationen besteht.

Jetzt frage ich mich:

Wie oft kommt das vor?
Wie oft kommt es vor, und niemand merkt es?
Wie oft merkt es jemand, aber die Gegenmeinung schafft es nicht in die Schlagzeilen? *


Schon von der Murray Gell-Mann-Amnesie gehört? Gell-Mann ist Physiker. Wenn er in der Tageszeitung einen Artikel zu einem physikalischen Thema liest, denkt er manchmal: halbgares Zeug. Blättert er weiter zum Wirtschaftsteil, hat er vergessen, daß die Artikel dort vermutlich ähnlich viele Halbwahrheiten und Fehler enthalten, wie im Wissenschaftsteil.

Wir sind alle Gell-Mann, mehr oder weniger.


...guter Einstieg zur Erklärung des Begriffs " Lügenpresse ". Unauflösbaren Gemengenlage in einer " über Smilie " - informierten Gesellschaft ohne Gebrauchsanweisung und Kompass.

Die Schule versagt nicht nur da und der Begriff Bildung im Bereich Problemlösung ist die größte Halbwahrheit unserer "über" - informierten Gesellschaft. Die Totschlags- Beruhigungspille..Smilie....

#377:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 18.06.2018, 20:31
    —
Ein kurze Geschichte zum informierten Entscheider.


Ein Infostand des Jugendamtes (?) zum Thema Kinderrechte auf einem Stadtfest. Spielerisch per Losrad-Drehen werden die einzelnen Rechte vorgestellt und besprochen. Eins davon ist das Recht auf Bildung. Sag ich hinterher zu einer Mitarbeiterin:

smallie: "Ich lese immer wieder, daß ein späterer morgendlicher Unterrichtsbeginn für viele Kinder besser wäre. Falls das stimmt, müßte man den Unterrichtsbeginn nach hinten verlegen."
Mitarbeiterin: "Ja, hab' ich auch schon gehört, aber ich bin gern früh wieder zuhause."

Die Frau war offensichtlich informiert. Hat für ihre Entscheidung aber keine erkennbare Rolle gespielt.

#378: Re: :-) Autor: smallie BeitragVerfasst am: 18.06.2018, 20:45
    —
Gödelchen hat folgendes geschrieben:
...guter Einstieg zur Erklärung des Begriffs " Lügenpresse ". Unauflösbaren Gemengenlage in einer " über Smilie " - informierten Gesellschaft ohne Gebrauchsanweisung und Kompass.

Das hat die gegenwärtige Regierung in Polen über die dortige Presse auch gesagt. Sie arbeitet nun daran, der Gesellschaft eine bessere Gebrauchsanweisung und einen besseren Kompass zu geben. zynisches Grinsen

Wenn der Lügenpresse-Vorwurf immer nur die politische Gegenseite trifft, mag das im Einzelfall stimmen, ist insgesamt aber nicht glaubwürdig. Bitte auch mal - oder zuerst - vor der eigenen Tür kehren.

Mehr möchte ich dazu nicht sagen.

#379:  Autor: Lila Einhorn BeitragVerfasst am: 28.06.2018, 11:59
    —
Das passt schön hier rein: Bill Gates und seine Stiftung haben 575 Millionnen Dollar (!) in ein Programm für Lehrer-Effektivität investiert und die Folgen analysieren lassen. Das Resultat: Ein positiver Effekt war quasi nicht messbar, wie bei allen ähnlichen Studien zuvor: https://www.rand.org/pubs/research_reports/RR2242.html

#380:  Autor: HRQ-Verbrechensopfer BeitragVerfasst am: 28.06.2018, 12:22
    —
Priorisierte Areale bilden und währenddessen mit neuronalen Trampelpfaden verbinden.
Das hat mit körperlich aktivem Denken und nichts mit Schule zu tun.
Ohne Lehrer daheim anspruchsvoll klimpern bewirkt, in den Matheklausuren eines Ing.-Studiums nach jeweils 15 Minuten verblüffend fehlerfrei fertig zu sein.
Während man zuvor keine Ahnung hatte, in Mathe irgendwas zu können.
Es ist so einfach, weil man nix lernen muss, in sich schlicht logisch.
Das Fach wirkte daher nicht so doof wie die restlichen langweiligen Fächer, deren Vorlesungen man möglichst gemieden hat.
Daher war Konstruktionstechnik zu wiederholen. Einmal 3 Tage zuvor lernen war leider unvermeidbar, was wenigstens zur 2 reichte.
Eine langweilige Dipl.-Arbeit erforderte 3 Wochen am Militärrechner und 1 Woche an der Schreibmaschine. Auch nur die 2, aber egal. 3 Tage am Rechner hätten genügt, aber man musste öfter ran.
Und jeder kann das, sogar promovieren.
Dazu haben wir neuronale Plastizität. Die Gehirnwissenschaften sind noch völlig unterentwickelt.
Schule und Lehrer assoziiere ich mit suspektem Unsinn.

#381:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 28.06.2018, 13:59
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
....
Das war nicht die Stoßrichtung meiner Kritik. Leider habe ich versäumt, sie etwas polemischer zu formulieren: Autoren der Vorlesestudie können nicht lesen.
....


das wird in der Schule auch nicht gelehrt.

Dazu mal einen Brief von mir an den Deutschlehrer und stellvertretenden Direktor meines Sohnes Paul, den ich so schreiben konnte, weil wir ein sehr gutes persönliches Verhältnis zueinander hatten - er ist inzwischen leider Schulleiter einer anderen Schule.

Vorweg: Diese Stellungnahme wurde sehr positiv aufgenommen, wir hatten anschließend noch ein längeres Gespräch dazu.


_____________________________________________________

Sehr geehrter Herr *******.

Anlass dieses Schreibens ist ein kleine Auseinandersetzung mit Paul und seiner Deutscharbeit zu der Kurzgeschichte "die Probe".

Vorbemerkung, damit Sie die Prügel, die Sie von mir bekommen werden, richtig verstehen.

Wir kennen uns persönlich und ich habe Sie, auch wenn ich nicht alle Ihre moralischen Bewertungen, um die es in der Vergangenheit ging, teile, immer als sympathischen, auch empathischen Lehrer kennengelernt, bei dem es mich freut, dass Paul ihn als Klassenlehrer hat - ich habe auch nicht vor, etwas an dieser Bewertung zu ändern, und ich hoffe, dass das eine ausreichende Basis ist, mich ehrlich zu dieser Klassenarbeit zu äußern, ohne Paul zu schaden (Er wird diesen Text auch nicht zu lesen bekommen, und was ich ihm zu seiner Leistung in dieser Klassenarbeit gesagt habe, hat ihn auch nicht nur erfreut.).

Sie haben natürlich ein Handicap bei mir: Sie sind Deutschlehrer. Ich habe mich bereits als Schüler darüber aufgeregt, dass wir beim Lesen der literarischen Texte zwar unser Wissen über die Schweißfüße des Autors und die Kriegserlebnisse seines Großonkels mit in die Interpretationen einbeziehen sollten, bei den eigenen Texten war der entsprechende Lehrer aber nicht in der Lage, auch nur zwei aufeinanderfolgende Sätze im Zusammenhang zu lesen und es stand für ihn immer nur da, was auch explizit und platt ausformuliert war.

Rückblickend schätze ich, dass den größten Einfluss auf meine Sprachfähigkeit im Deutschen ein alter Lateinlehrer hatte, der regelmäßig unsere wörtlichen Übersetzungen aus dem Lateinischen verriss und uns dabei auf die Differenzen zwischen Gesagtem und Intention aufmerksam machte.

.......

Formal:
Der Text hat über 10 000 Zeichen, nach einer alten Daumenregel würde ich da bis zu 5 Seiten Druck erwarten; das haben Sie auf nicht einmal 2 Seiten gebracht. Dazu haben sie einen Druckspiegel mit riesiger Breite benutzt, der keine Notizen am Rand zulässt. Und damit man die extra breiten Zeilen beim Lesen nicht im Blick behält, verzichten Sie auf jeden Durchschuss und machen einen Blocksatz, an dem man auch keinen Halt findet. Weder gibt es eine Leerzeile zwischen den Absätzen noch einen anderweitigen zusätzlichen Abstand. Um das noch unleserlicher zu machen, benutzen Sie eine serifenlose Schrift. Die klassische Bezeichnungen für das was Sie da geschaffen haben, sind Augenpulver und Bleiwüste. (Der Text kam mir bekannt vor, als ob ich ihn auch in der Schule gehabt hätte; deshalb habe ich im Internet gesucht und wurde fündig. Der erste Abdruck fand 1954 in der ZEIT statt. Sie finden den Text heute noch unter http://www.zeit.de/1954/48/die-probe, und wenn Sie ihn sich im PDF-Ausdruck ansehen, dann ist er trotz der kleineren Schrift auf drei Seiten verteilt und dabei lesbarer.)

Meine Frau hat diesen Text schon beim ersten Sehen als zu lang für die 9. Klasse befunden, aber in dieses Pädagogengespräch mische ich mich nur ungern ein, wenn ich auch sagen muss, dass das, was über das Gesamtergebnis dieser Arbeit zu mir gedrungen ist, ihr Recht geben könnte.

Ich kann mit Zahlen aufwarten: Ich habe zum Lesen ca 10 min gebraucht (nach Paul im normalen Tempo) Paul ca 16 min, wobei ich die Fehler, die er dabei gemacht hat, nicht korrigiert habe, das war also nur die erste fehlerhafte Aufnahme des Textes, den er in Wirklichkeit schon kannte. (Nach eigenen Angaben ist er nicht einmal der schlechteste Leser seiner Klasse.) Wenn ich jetzt davon ausgehe, dass jeder Schüler diesen Text für die Beantwortung der gestellten Frage ca. vier mal durchliest, sind wir schon damit bei einer Zeitstunde angelangt. (Kleiner Hinweis dazu: Es erscheint mir eigenartig, den zeitlichen Bonus für LRS-Kinder unabhängig vom Umfang der Arbeit absolut zu bemessen - das wäre eine eigene Diskussion wert.)

Da muss ich dann doch nachfragen: Ist es sinnvoll, den Text für eine Klassenarbeit so zu wählen, dass allein 2/3 der Zeit für das Lesen veranschlagt werden?

An einer Stelle kann ich mir auch einen inhaltlichen Kommentar nicht verkneifen:

Aufgabe: Was sagt dieser Ausschnitt über den Zustand von Jens Redluff aus?
Ausschnitt
Redluff war jetzt in eine Seitenstraße abgebogen, der Menschenstrom wurde dünner, noch
ein paar Abbiegungen, und die Rinnsale lösten sich auf, zerfielen in einzelne Gestalten,
einzelne Schritte. Hier war es dunkler. Er konnte den Kragen öffnen und die Krawatte
nachlassen. Der Wind brachte einen brackigen Lufthauch vom Hafen her. Ihn fröstelte.
\Ausschnitt
Wenn Sie jetzt Ihre eigene sprachliche Äußerung Ernst nehmen, ohne darauf zu bestehen, dass doch bitteschön die eingeschränkte Weltsicht von Deutschlehrern einzubeziehen sei, müssen Sie zugeben, dass man den Zustand einer Person normalerweise nicht auf den psychischen beschränkt. Insofern hat Paul mit seinen Angaben über Kleidung und Gesundheit durchaus geliefert, zwar nicht was Sie wollten, aber das, was Sie in der Aufgabe gefordert haben.

Aber ich gehe noch weiter: In diesem Absatz steht kaum Belastbares über den psychischen Zustand Redluffs.
Im ersten Satz wird nur beschrieben, wie die Menschendichte in der Nebenstraße so abnimmt, dass Redluff sie nicht mehr als Menge wahrnimmt; die Menge löst sich in Einzelgestalten auf. Dann wird es dunkler, toll. Dann kommt tatsächlich was zu Redluff: Er kann den Kragen öffnen. Da steht nicht "kann endlich" oder "muss", da steht nur "kann". Hätte er vorher schon gekonnt, oder nicht? Wir wissen es nicht, genaugenommen wissen wir nicht einmal, ob er den Kragen dann auch öffnet. Und wenn wir den restlich Text zu Rate ziehen, was gegen die Aufgabenstellung ist (nochmals die Aufforderung an Sie: Nehmen Sie bitte Ihre auch eigene sprachliche Äußerung Ernst - Sie machen Sprachunterricht), erfahren wir auch nicht, warum er überhaupt im Anzug rumrennt. Was sagt uns das also über seinen Zustand? Dann bringt der Wind Gerüche, und es kommt tatsächlich noch etwas über Redluff: Er fröstelt. Aber warum? Wegen der Erwähnung von Schlips und Kragen dürfen wir annehmen, dass er einen Anzug anhat, aber wir wissen nichts über die Temperatur, wir wissen also nicht, ob dieses Frösteln wirklich etwas über seinen Zustand sagt oder einfach eine adäquate Empfindung der äußeren Zustände darstellt. Selbst, wenn wir wieder gegen die Aufgabenstellung den restlichen Text zu Hilfe nehmen, erfahren wir nur, dass das ganze wahrscheinlich an einem Abend im Herbst stattfindet, vielleicht sogar Spätherbst, wir sind in Wassernähe (Hafen), wo wegen der höheren Luftfeuchtigkeit ein Frieren wahrscheinlicher wird. Was also sagt uns dieses Frösteln über Redluff?

Zugespitzt: Was wir hier vor uns haben, ist der Text eines Deutschlehrers für Deutschlehrer, mehr als dieses spezielle Klientel konnte der spätere Herr Gymnasialprofessor Malecha auch nie bedienen. Und wozu benutzen Sie diesen Text? Die Aufgabe, die ich hier seziert habe, scheint mir symptomatisch: Der Unterrichtserfolg, den sie mit Texten und Aufgaben wie der hier analysierten erreichen, liegt weniger in der Sprachfähigkeit als in der Fähigkeit, die besonderen Erwartungen von Deutschlehrern vorauszuahnen und zu bedienen. Ich könnte es Paul als Vater in der Schule zwar leichter machen, indem ich mit ihm die entsprechenden Bücher der Reihe "Einfach Deutsch" durchgehe, aber lieber wäre es mir, er lernte die Sprache als die Befriedigung der Lehrer dieses Fachs.

In der Hoffnung mich verständlich gemacht zu haben,

mit freundlichen Grüßen fwo

p.s. zu der Aufgabe:
Ich weiß, dass diese ein oder zwei Punkte für diese Aufgabe Pauls Arbeit nicht wesentlich verbessern würden, aber ich gehe davon aus, dass Ihr Unterricht besser würde, wenn Sie an Ihre eigenen Äußerungen keinen geringeren Maßstab anlegten an die Ihrer Schüler. Sprache ist nicht das Werk einiger Literaten, sondern die Sprache selbst ist gleichzeitig das wichtigste und größte Ergebnis menschlicher Kultur und als Denkvehikel ihr mächtigstes Werkzeug. Es wäre schön, wenn der Deutschunterricht die Kinder dazu führen würde, diese Sprache in ihrer ganzen Präzision zu benutzen, und nicht nur ihre Feuilleton-Fähigkeiten in der leichtsinnigen Interpretation beförderte. Ich habe die Nüchternheit, mit der Paul hier nach Aussagen zum Zustand Redluffs suchte, als positiv empfunden

#382:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 28.06.2018, 14:06
    —
Wa...?

#383:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 28.06.2018, 14:49
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
Wa...?

Die Reaktion des Lehrers im anschließenden Gespräch war etwas differenzierter, er empfand das Schreiben als konstruktiv und ich weiß, dass es anschließend im Fachkreis diskutiert wurde. Was ganz offensichtlich war, war, dass sich von all den Lehrern, die da Deutsch, also eine Kommunikationsform, unterrichten, noch niemand über die satztechnischen Parameter der Lesbarkeit eines Textes Gedanken gemacht hatte. Die von mir verrissene Klassenarbeit war eine Gemeinschaftsarbeit von mehreren Deutschlehrern eines Jahrgangs mit 7 Parallelklassen.

p.s. Dass dieser inzwischen ältere Text gewisse Parallelen zu einer anderen Diskussion hier hat, war nicht beabsichtigt, wurde aber von mir mit Freude bemerkt.

#384:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 28.06.2018, 16:49
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
Wa...?

Die Reaktion des Lehrers im anschließenden Gespräch war etwas differenzierter, er empfand das Schreiben als konstruktiv und ich weiß, dass es anschließend im Fachkreis diskutiert wurde. Was ganz offensichtlich war, war, dass sich von all den Lehrern, die da Deutsch, also eine Kommunikationsform, unterrichten, noch niemand über die satztechnischen Parameter der Lesbarkeit eines Textes Gedanken gemacht hatte. Die von mir verrissene Klassenarbeit war eine Gemeinschaftsarbeit von mehreren Deutschlehrern eines Jahrgangs mit 7 Parallelklassen.

p.s. Dass dieser inzwischen ältere Text gewisse Parallelen zu einer anderen Diskussion hier hat, war nicht beabsichtigt, wurde aber von mir mit Freude bemerkt.


Es ist ein Grundübel unserer Schulen, daß die Lehrer nicht ihr eigenes Wissen vermitteln, sondern Wissen aus zweiter Hand (was für die Schüler dann schon dritter Hand ist). Ein Lehrer, der Literatur unterrichtet, ist eben selbst kein Literat, der Physiklehrer ist kein Physiker, der Mathematiklehrer hätte ein Mathematikdiplom nie bestanden und der Lehrer für Arbeit und Wirtschaft kennt beides nur aus Büchern, und so wird aus Wissen angelesenes Wissen, und im Unterricht zu „Stoff“.

Ich hatte das Vergnügen, den Physik-Nobelpreisträger Klaus von Klitzing persönlich zu treffen auf einem Jubiläum seines ehemaligen Gymnasiums. Alle Honoratioren standen mit Stolz geschwellter Brust herum und der Direktor fragte ihn gönnerhaft, welchen besonderen Einfluß der Unterricht an dieser Schule für sein späteres Wissenschaftlerleben gehabt habe. Seine klare Antwort: Inhaltlich keinen! Fachlich sei das alles Murks gewesen, was man ihm vermittelt und er in seinem Studium wieder zu vergessen gehabt habe. Die betretenen Gesichter von Direktor, Lehrkörper und Dezernent waren Geld wert. Einzig seinen Physiklehrer habe er positiv in Erinnerung, dessen Unterricht zwar sachlich falsch gewesen sei, aber immerhin sein Interesse für das Fach geweckt habe. Genau diesen einen so doch halbwegs gelobten Kollegen versuchte der anwesende Dezernent übrigens zu diesem Zeitpunkt aus dem Dienst zu entfernen.

#385: philou 138 ,-) Autor: Gödelchen BeitragVerfasst am: 01.07.2018, 21:04
    —
Wieder was Erfreuliches.....

https://www.tagesspiegel.de/berlin/berliner-schulpolitik-das-ergebnis-der-bildungspolitik-ist-verheerend/22729924.html

wir schaffen das schon.......alles !! WM Titel, Migrantenintegration, Berliner Flughafen, AfD-Kleinhaltung, Tobin-Steuer, richtig gutes Deutsch ...

Smilie

Alles wird gut ....

#386: Re: philou 138 ,-) Autor: Grey BeitragVerfasst am: 02.07.2018, 12:59
    —
Gödelchen hat folgendes geschrieben:
wir schaffen das schon...... richtig gutes Deutsch ...


Du nicht. Lachen

#387: Re: philou 138 ,-) Autor: Gödelchen BeitragVerfasst am: 02.07.2018, 13:20
    —
Grey hat folgendes geschrieben:
Gödelchen hat folgendes geschrieben:
wir schaffen das schon...... richtig gutes Deutsch ...


Du nicht. Lachen



Du bist - so erkenn' ich nun - ne arme Socke Smilie

#388: Re: philou 138 ,-) Autor: Grey BeitragVerfasst am: 02.07.2018, 13:23
    —
Gödelchen hat folgendes geschrieben:
Grey hat folgendes geschrieben:
Gödelchen hat folgendes geschrieben:
wir schaffen das schon...... richtig gutes Deutsch ...


Du nicht. Lachen



Du bist - so erkenn' ich nun - ne arme Socke Smilie


Toll, was du so alles auf deinem Bildschirm erkennen kannst. Du bist ein richtiger Empath. Lachen

#389:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 02.07.2018, 15:18
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
Wa...?

Die Reaktion des Lehrers im anschließenden Gespräch war etwas differenzierter, er empfand das Schreiben als konstruktiv und ich weiß, dass es anschließend im Fachkreis diskutiert wurde. Was ganz offensichtlich war, war, dass sich von all den Lehrern, die da Deutsch, also eine Kommunikationsform, unterrichten, noch niemand über die satztechnischen Parameter der Lesbarkeit eines Textes Gedanken gemacht hatte. Die von mir verrissene Klassenarbeit war eine Gemeinschaftsarbeit von mehreren Deutschlehrern eines Jahrgangs mit 7 Parallelklassen.

p.s. Dass dieser inzwischen ältere Text gewisse Parallelen zu einer anderen Diskussion hier hat, war nicht beabsichtigt, wurde aber von mir mit Freude bemerkt.


Es ist ein Grundübel unserer Schulen, daß die Lehrer nicht ihr eigenes Wissen vermitteln, sondern Wissen aus zweiter Hand (was für die Schüler dann schon dritter Hand ist). Ein Lehrer, der Literatur unterrichtet, ist eben selbst kein Literat, der Physiklehrer ist kein Physiker, der Mathematiklehrer hätte ein Mathematikdiplom nie bestanden und der Lehrer für Arbeit und Wirtschaft kennt beides nur aus Büchern, und so wird aus Wissen angelesenes Wissen, und im Unterricht zu „Stoff“.

Ich hatte das Vergnügen, den Physik-Nobelpreisträger Klaus von Klitzing persönlich zu treffen auf einem Jubiläum seines ehemaligen Gymnasiums. Alle Honoratioren standen mit Stolz geschwellter Brust herum und der Direktor fragte ihn gönnerhaft, welchen besonderen Einfluß der Unterricht an dieser Schule für sein späteres Wissenschaftlerleben gehabt habe. Seine klare Antwort: Inhaltlich keinen! Fachlich sei das alles Murks gewesen, was man ihm vermittelt und er in seinem Studium wieder zu vergessen gehabt habe. Die betretenen Gesichter von Direktor, Lehrkörper und Dezernent waren Geld wert. Einzig seinen Physiklehrer habe er positiv in Erinnerung, dessen Unterricht zwar sachlich falsch gewesen sei, aber immerhin sein Interesse für das Fach geweckt habe. Genau diesen einen so doch halbwegs gelobten Kollegen versuchte der anwesende Dezernent übrigens zu diesem Zeitpunkt aus dem Dienst zu entfernen.

Was Du als Grundübel bezeichnest, halte ich für zwangsläufige Folge dessen, dass 1.) die Menge des Wissens, die wir benötigen, wenn wir in die Berufsausbildung gehen, sich enorm vergrößert hat und 2. wir eigentlich jeden so weit unterrichten wollen, wie seine Möglichkeiten es zulassen.

Außerdem unterschätzt Du das Studium zumindest der Gymnasiallehrer: Meine Frau lehrt Mathe und Physik, in beiden Fächern hat sie ca. 2/3 eines Diplomstudiums hinter sich gebracht, ist also fachlich erheblich weitergekommen, als sie es für den Unterricht je brauchen wird. Das macht aber die Qualität des Unterrichts gar nicht aus. Ich habe nie Mathematik studiert, aber Nachhilfe bis hin zum Abi gegeben, die ich nie als Übungen zum momentanen Unterricht veranstaltet habe. Die Noten gaben mir recht, aber noch viel mehr ein Erlebnis ca 25 Jahre später: Ich traf einen Herrn, der mir bekannt vorkam, und habe ihn daraufhin angesprochen. Auch in ihm arbeitete es eine Weile und dann kam diese schmeichelhafte Antwort: "Klar. Du bist derjenige, bei dem wir gelernt haben, dass Mathe Spaß machen kann."

Ich selbst hatte einen Mathelehrer, der eine Weile in der Wirtschaft als Mathematiker gearbeitet hatte, bevor er in den Schuldienst ging. Mir persönlich machte sein Unterricht Spaß, aber ich weiß auch, dass ich damit ziemlich alleine war. Etwas professionell zu können, bedeutet leider nicht, es auch gut vermitteln zu können (der konnte das schon, aber er machte mit uns Mathe, statt dass er uns Rechenregeln und Rezepte lehrte, und das hat die meisten überfordert, weil der Unterricht davor das nicht richtig vorbereitet hatte). Geh an die Uni, da hast Du Deinen Idealfall. Aber wie viele der Profs sind gute Didaktiker und können auch nur ihre eigene Begeisterung vermitteln (wenn die überhaupt noch da ist, angesichts der vielen möglichen Konkurrenten, von denen mit Sicherheit manche besser sind als man selbst - das geht gar nicht anders)?

Im Gegenteil ist die Lehrerausbildung zu sehr wissenschaftlich und zu wenig didaktisch. Was nützt mir ein Sprachlehrer, der an der Uni linguistisch gearbeitet hat, dem aber nicht klar ist, dass der Unterricht, den er erteilt, nicht zu sprachfähigen Menschen führt? Und der auch nicht merkt, wenn er Arbeiten schreiben lässt, die schon von der Form her einen Legastheniker zum Aufgeben zwingen.

Wir haben doch heute das ulkige Phänomen, dass der Schulerfolg anscheinend unter den in den 50ern und 60ern des letzten Jahrhunderts zurückfällt, obwohl die Lehrer damals zum Teil noch nicht von den Unis kamen, sondern aus Lehrerseminaren, in denen im Fach nicht besonders weit über den Schulstoff hinausgegangen wurde, dafür aber mehr Wert darauf gelegt wurde, wie das zu vermitteln sei. (Da war aus heutiger Sicht auch einiger Unsinn dabei, aber das führt hier nicht weiter.)

#390:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 13.11.2019, 14:13
    —

#391:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 10.05.2022, 20:46
    —
Hab grad der Natur-und-Technik-Lehrerin meiner Tochter eine Mail geschrieben. Ein Absatz fehlt, der wäre nur richtig verständlich, wenn ich etwas einscanne und hochlade. Falls dazu eine interessante Antwort kommt, liefere ich das nach.


Zitat:
Guten Tag Frau Sowieso,

... Ein paar Anmerkungen zur letzten Stegreifaufgabe Natur und Technik.

Zu Frage 1-c: Aus dem Boden nimmt die Pflanze Nährstoffe auf. Richtig oder falsch?

Laut Ihrer Korrektur ist das falsch. Hier einige Beispiele für die zahlreiche Verwendung des Begriffes "Nährstoff":

1) Lisas Großvater hat Landwirtschaft studiert und liest immer noch das Landwirtschaftliche Wochenblatt. Ich habe die aktuelle Ausgabe durchgeblättert, in einem Artikel über Düngemittel wird von Nährstoffen gesprochen. Nun könnte man sagen, die Landwirte drückten sich unwissenschaftlich aus, aber "Nährstoff" ist auch im wissenschaftlichen Kontext anzutreffen.

2) Eutrophierung von Gewässern bedeutet Nährstoffeintrag in Gewässer, das dort zu Algenblüten usw. führen kann. Ist zum Beispiel auf den Seiten des Bundesumweltministeriums zu lesen.

3) Bei fleischfressenden Pflanzen heißt es, diese Eigenschaft entwickle sich bei nährstoffarmen Böden.

    Insectenfressende Pflanzen
    Charles Darwin - 1876, Capitel 1

    Da die Pflanzen ihre meiste Nahrung durch diese Mittel erlangen, sind ihre "Wurzeln nur sehr spärlich entwickelt; auch wachsen sie häufig an Stellen, wo kaum irgend eine andere Pflanze, mit Ausnahme von Moosen, bestehen kann. [...]

    Die Aufsaugung animaler Substanz aus den gefangenen Insecten erklärt es, wie die Drosera in außerordentlich armen torrigen Boden gedeihen kann), [...]. Demohngeachtet würde, wenn man die Art des Bodens bedenkt, worauf sie wächst, die Zufuhr von Stickstoff auszerordentlich beschränkt, oder ganz ungenügend sein, wenn die Pflanze nicht die Fähigkeit hätte, dieses wichtige Element aus den gefangenen Insecten zu entnehmen. Wir können hiernach verstehen. wie es kommt, dass die Wurzeln so dürftig entwickelt sind. Diese bestehen gewöhnlich aus nur zwei oder drei leicht getheilten Zweigen [...]. Danach scheint es, als ob die Wurzeln nur zum Aufsaugen von Wasser dienten; obgleich, wenn solche sich im Boden fände, sie ohne Zweifel auch nährbare Substanz aufsaugen würden;


4) Der Aschegehalt einer Pflanze erlaubt quantitative Aussagen: Bei der Verbrennung bleiben die mineralischen Anteile der Pflanze als Asche zurück. Macht grob ein halbes bis einige wenige Prozente der Trockenmasse aus. Wikipedia schreibt dazu:

    Aufgrund ihres Nährstoffgehalts, der Boden verbessernden Wirkungen und im Sinne des ökologischen Prinzips geschlossener Produktionskreisläufe können und sollen Pflanzenaschen zum Schutze der Böden und der Umwelt in die natürlichen Kreisläufe rückgeführt werden.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Pflanzenasche


Auch hier fällt der Begriff Nährstoffgehalt. Deshalb denke ich, die Frage 1-c sei mit Ja zu beantworten. Wieso sind Sie anderer Meinung?



Zu Frage 1-b. Bei der Photosynthese wandelt die Pflanze Kohlenstoffdioxid in Sauerstoff um. Richtig oder falsch?

Das ist natürlich falsch, es braucht auch Wasser und Mineralstoffe und zusätzlich zum Sauerstoff werden komplexe Kohlenhydrate hergestellt. Dennoch erscheint mir die Frage mißverständlich. Hier eine ähnliche Frage:

    Ein Bäcker stellt aus Mehl Brot her.

Richtig oder falsch? Das läßt sich nicht beantworten. Was sich beantworten ließe:

    Ein Bäcker stellt unter anderem aus Mehl Brot her. Richtig.
    Ein Bäcker stellt ausschließlich aus Mehl Brot her. Falsch.



Viele Grüße

Zwei weitere Dinge habe ich nicht angesprochen. In der Fragengruppe 1 gab es Punktabzug für falsche Antworten. Sehr ungewöhnlich. Das Fass wollte ich aber nicht aufmachen.

Hab einer Kollegin, die Psychologie studiert hat, die Fragen aus der Stegreifaufgabe gestellt. Sie lag auch daneben im Sinne der Lehrerin. Dann sagte sie noch etwas, auf das ich selbst nicht gekommen bin: "Unklare Fragestellungen erzeugen Prüfungsangst." In der Tat. Aber das Fass wollte ich ebenfalls nicht aufmachen. Besser bei einem Thema bleiben und erst mal das Faktische klären.

Ich frage mich ja - unter der Voraussetzung, daß meine Einwände berechtigt sind - warum fällt das niemand anderem unter den Eltern auf? Meine Tochter ist sicher nicht die einzige, die hier angeblich daneben lag und auch nicht die erste - die Lehrerin verbreitet ihre Darstellung sicher schon seit ein paar Jahren.

Womit ich der Lehrerin vermutlich Unrecht tue - es ist gar nicht ihre Darstellung. Die hat sie höchstwahrscheinlich aus dem Lehrbuch. Die eigentliche Frage wäre dann, warum das Kultusministerium Schulbücher zuläßt, die fernab des üblichen Sprachgebrauchs liegen.

#392:  Autor: narr BeitragVerfasst am: 10.05.2022, 21:27
    —
In welche Klasse geht deine Tochter denn? Und welche Art der Schule ist das? (und was in aller Welt sind "Stehgreifaufgaben"? Gab's bei mir nicht, ... letztes Jahrhundert Verlegen )

#393:  Autor: tillich (epigonal) BeitragVerfasst am: 10.05.2022, 22:18
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
Womit ich der Lehrerin vermutlich Unrecht tue - es ist gar nicht ihre Darstellung. Die hat sie höchstwahrscheinlich aus dem Lehrbuch.

Das ließe sich doch in Tochters Lehrbuch nachschlagen, oder? Bevor du dem Kultusministerium Unrecht tust. Es kann natürlich sowohl in Schulbüchern als auch in den Köpfen von einzelenen Lehrern Quatsch vorhanden sein - im Einzelfall wahrscheinlicher dürfte Letzteres sein. Oder könnte die Lehrerin vielleicht aus Flüchtligkeit schlicht falsch (auch nach ihrer eigenen Lösung) korrigiert haben?

Das hier dürfte übrigens auf Schulniveau passend beschrieben sein:
https://www.biologie-seite.de/Biologie/N%C3%A4hrstoffe

#394:  Autor: tillich (epigonal) BeitragVerfasst am: 10.05.2022, 22:23
    —
narr hat folgendes geschrieben:
In welche Klasse geht deine Tochter denn? Und welche Art der Schule ist das? (und was in aller Welt sind "Stehgreifaufgaben"? Gab's bei mir nicht, ... letztes Jahrhundert Verlegen )

Das liegt nicht am Jahrhundert, sondern am Bundesland:
Stegreifaufgabe hat folgendes geschrieben:

An bayerischen weiterführenden Schulen heißen unangesagte schriftliche Arbeiten „Stegreifaufgaben“. Laut der Schulordnung für die Gymnasien in Bayern vom 23. Januar 2007 gehören Stegreifaufgaben zu den kleinen schriftlichen Leistungsnachweisen. Sie werden nicht angekündigt und beziehen sich auf höchstens zwei unmittelbar vorangegangene Unterrichtsstunden; sie sollen auch auf grundlegende Ergebnisse und Inhalte des bisherigen Kompetenzaufbaus Bezug nehmen. Die Bearbeitungszeit soll zwanzig Minuten nicht übersteigen.

#395:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 11.05.2022, 03:08
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
Hab grad der Natur-und-Technik-Lehrerin meiner Tochter eine Mail geschrieben. Ein Absatz fehlt, der wäre nur richtig verständlich, wenn ich etwas einscanne und hochlade. Falls dazu eine interessante Antwort kommt, liefere ich das nach.

....

Über die Frage 1-c braucht man gar nichts zu sagen, da müsste man andersherum fragen, wo sie ihr Ergebnis herhat.
Allerdings wäre es - ich habe interessiert tillichs Definition der Stegreifaufgabe gelesen - interessant, sich das Protokoll Deiner Tochter zu den beiden der Arbeit vorangegangenen Stunden anzusehen, ob es da eine Definition der Nährstoffe gab, die die Lehrerin hier abgefragt hat. (Kleiner Schwank aus der 13. Klasse meines älteren Sohnes: Die drei besten Schüler hatten den Lehrer einer Ungenauigkeit überführt, die er aber nicht zugeben wollte. Der beendete die Auseinandersetzung dann mit den Worten "Schließlich bin ich die studierte Person!" Ich bin ganz froh, dass meine jetzt beide aus der Schule sind, und alles in allem hatten beide ausgesprochenes Glück mit den Lehrern - der Mist, den die nicht so guten gemacht haben, den haben die anderen Lehrer aufgefangen, so dass ich mich bis auf zwei Fälle nicht einzumischen brauchte.)

Zu 1-b: Ihr seid anscheinend in Bayern, wo sehr stark auf das Abfragen "eingebläuten" Stoffes gesetzt wird. Da wäre meine erste Frage, wie weit Chemie schon im unterrichtet wurde, das ist auch eine Frage nach dem Alter Deiner Tochter.
Wenn hier aus dem Chemie-Unterricht schon klar ist, dass man CO2 unmöglich in O2 umwandeln kann, Photosynthese hin oder her, dann kann ich die Härte der Auslegung der Sprache verstehen. Wenn der Chemie-Unterricht aber noch in weiter Ferne liegt und hier nur Vokabeln und Sätze auswendig gelernt wurden, ohne dass die inhaltliche Verknüpfung für die Kinder erkennbar ist, dann würde ich Deiner Interpretation der sprachlichen Unbestimmtheit zustimmen.

Dieses strenge Festhalten an gelernten bzw. gelehrten Formulierungen ist nach meiner Erfahrung ein Verhalten unsicherer Lehrer / Dozenten (ich bin dem auch an der Uni begegnet), die sich über den sprachlichen Übergang zwischen Wissenschaft und Umgangssprache nicht klar waren und meinten, auch da auf eine wissenschaftliche Eindeutigkeit Wert legen zu müssen, wo sie unnötig oder gar falsch war. Es kann also sein, dass Du da versuchst, jemandem einen kleinen Schubs zu geben, der selbst unsicher steht, und dass Du da deshalb eine unangemessene Antwort bekommst. Darauf solltest Du vorbereitet sein.

#396:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 11.05.2022, 03:20
    —
narr hat folgendes geschrieben:
... "Stehgreifaufgaben"?...

Etymologisch: Man kann zwar in Steg-Reifen (Einzahl: der Stegreif) stehen, aber es handelt sich tatsächlich um Reifen (= Ringe), die unten aus einem Steg bestehen. Es ist eine alte Bezeichnung für Steigbügel.
Etwas aus dem Stegreif zu machen, bedeutet, dafür nicht extra abzusteigen, d.h. sich nicht vorzubereiten. zwinkern

#397:  Autor: narr BeitragVerfasst am: 11.05.2022, 16:39
    —
Lachen interessant

#398:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 11.05.2022, 21:12
    —
narr hat folgendes geschrieben:
In welche Klasse geht deine Tochter denn? Und welche Art der Schule ist das?

Sechste Klasse eines christlichen Mädchengymnasiums.

Sie wollte dorthin, weil ihre besten Freundinnen dorthin gingen. Ich hatte ihr empfohlen, auf die nahegelegenste Schule zu gehen - "Kannst eine halbe Stunde länger schlafen" - das hat aber nicht gezogen. Inzwischen will sie selbst weg und geht nächstes Jahr - auf die nahegelegenste Schule, weil ihre jetzt beste Freundin dort ist.

#399:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 11.05.2022, 21:15
    —
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Womit ich der Lehrerin vermutlich Unrecht tue - es ist gar nicht ihre Darstellung. Die hat sie höchstwahrscheinlich aus dem Lehrbuch.

Das ließe sich doch in Tochters Lehrbuch nachschlagen, oder? Bevor du dem Kultusministerium Unrecht tust.

Aye.

Biologie heute 6 hat folgendes geschrieben:
2.3 Pflanzen produzieren Nährstoffe

Lebewesen benötigen Nährstoffe, die als Grundlage für den Aufbau ihrer körpereigenen Stoffe oder als Energieträger dienen. Während Menschen und Tiere diese Nährstoffe aus der Nahrung beziehen, stellen grüne Pflanzen als Grundbaustein für ihren Stoffaufbau und ihre Energieversorgung energiereichen Traubenzucker, der auch als Glucose bezeichnet wirde, selber her.

Sieht für mich aus, als hätte die Lehrerin aus der Überschrift geschlossen, daß Pflanzen Nährstoffe herstellen, selbst aber keine brauchen. Und übersehen, daß Nähstoff kontextabhängig verschiedenes bedeuten kann.


tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Es kann natürlich sowohl in Schulbüchern als auch in den Köpfen von einzelenen Lehrern Quatsch vorhanden sein - im Einzelfall wahrscheinlicher dürfte Letzteres sein. Oder könnte die Lehrerin vielleicht aus Flüchtligkeit schlicht falsch (auch nach ihrer eigenen Lösung) korrigiert haben?

Alles möglich.

#400:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 11.05.2022, 23:14
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
Die drei besten Schüler hatten den Lehrer einer Ungenauigkeit überführt, die er aber nicht zugeben wollte. Der beendete die Auseinandersetzung dann mit den Worten "Schließlich bin ich die studierte Person!"

Studiert haben einige - bei manchen hat's nicht viel geholfen. Sieht man ja bei mir. Mr. Green


fwo hat folgendes geschrieben:
Wenn hier aus dem Chemie-Unterricht schon klar ist, dass man CO2 unmöglich in O2 umwandeln kann, Photosynthese hin oder her, dann kann ich die Härte der Auslegung der Sprache verstehen. Wenn der Chemie-Unterricht aber noch in weiter Ferne liegt und hier nur Vokabeln und Sätze auswendig gelernt wurden, ohne dass die inhaltliche Verknüpfung für die Kinder erkennbar ist, dann würde ich Deiner Interpretation der sprachlichen Unbestimmtheit zustimmen.

Chemie hatten sie noch nicht, aber immerhin ein Zuckermolekül mit Kugeln dargestellt. Atome war mit Sicherheit noch nicht dran.


fwo hat folgendes geschrieben:
Es kann also sein, dass Du da versuchst, jemandem einen kleinen Schubs zu geben, der selbst unsicher steht, ...

Das kann hinkommen.

Die selbe Lehrerin hat gerade Otto von Guericke und seine Magdeburger Halbkugeln durchgenommen. Sie schreibt: "Erst sechzehn Pferde konnten die Kugeln auseinander ziehen." Das wäre mir neu. Steht auch nirgends so. Hab's überschlagen, die Pferde müßten eine Kraft aufbringen, die der Gewichtskraft von 1,4 t entspricht. Außerdem darf man nur 8 Pferde betrachten. Egal, bla, bla

Im einen oder anderen Fall hatte ich mir ebenfalls jahrelang Falschfakten gemerkt. Kommt vor, möchte ich der Lehrerin nicht vorwerfen.. Bei den Magdeburger Kugeln und den Pferden ist der Fehler nicht offensichtlich.

Anders in diesem Fall: Grundschule, Strom wird durchgenommen. Sagt meine Tochter: im Körper fließt auch Strom. Sagt die Lehrerin: Nein. Errm - und wofür steht dann das E in EKG und EEG? Hab' meine Tochter mit Volta und seinen Froschschenkelexperimenten geimpft. Das hat sich die Lehrerin eingehen lassen. Passt, Fehler werden gemacht und (hoffentlich) korrigiert. Ich weiß auch nicht alles und mache viele Fehler. Obwohl, andererseits: der Tod wird heute über den Hirntod bestimmt, also die Abwesenheit von Hirnströmen. Das ist eigentlich elementare Allgemeinbildung!?

Hab's schon mal erzählt, weil's so schön ist, noch einmal. Möglicherweise warst du damals AWOL. zwinkern

    Aufgabe: Schreibe Wörter in Einzahl und Mehrzahl.
    Tochter schreibt: Mond - Monde
    Lehrerin: Das ist falsch. Es gibt nur einen Mond.

(Offensichtlich bayerisch:) Ohjeggerl, auweh und greizdeifenaa. Da war doch mal was mit Gallilei und den Jupitermonden.

Aber das ist alles nicht wirklich schlimm. Schlimm ist: "Die Lehrerin hat gesagt, wenn ich so rechne, wie du es mir gezeigt hast, kriege ich Punktabzug." Oder wenn ich zur Lehrerin sage: "Diese und jene Aufgabe ist nicht eindeutig lösbar." und sie antwortet: "Wir unterrichten nach den Vorgaben des Lehrplans."


fwo hat folgendes geschrieben:
... und dass Du da deshalb eine unangemessene Antwort bekommst. Darauf solltest Du vorbereitet sein.

Möglich. Dann werden meine Tochter und ich uns noch in Jahren darüber amüsieren. Cool

Ich nehme das alles nicht so ernst. Ich wollte nur meinem Gefühl Ausdruck geben: Das geht jetzt wirklich zu weit, was als Schulweisheit dargestellt wird, bitte keinen groben Unfug verzapfen. Wenn ich das nicht kommentiert hätte, würde ich mich noch in zehn Jahren über mich selbst ärgern.

#401:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 12.05.2022, 12:04
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
....

Ich nehme das alles nicht so ernst. Ich wollte nur meinem Gefühl Ausdruck geben: Das geht jetzt wirklich zu weit, was als Schulweisheit dargestellt wird, bitte keinen groben Unfug verzapfen. Wenn ich das nicht kommentiert hätte, würde ich mich noch in zehn Jahren über mich selbst ärgern.


Die Haltung finde ich gut, aber ich habe gelernt, dass es trotzdem besser ist, gleichzeitig auf der Hut zu sein.

Der jüngere von mir, nennen wir ihn Oskar, ist zwar eigentlich bei fast allen, die ihm begegnen beliebt, hatte es sich aber bei seiner sehr christlichen und gleichzeitig feministischen Klassenlehrerin versiebt. Außerdem hatte er eine zweite mit seiner Klassenlehrerin befreundete Feindin, die Französischlehrerin - das Fach Franz war rein strategisch gewählt, weil die zweite Fremdsprache sein musste, und er es auf diese Weise früh genug abgeben konnte, dass es nicht im Abi zählte. Das waren die beiden einzigen Lehrer, mit denen er nicht konnte.

Organisatorisch: Eine Gemeinschaftsschule, bei der die Schüler bei jeder Zeugniskonferenz darauf abgeklopft werden, ab sie richtig leistungsmäßig eingeordnet sind: Hauptschule, Mittelschule, gymnasial - sie sind in den Klassen gemischt, werden aber unterschiedlich benotet.

Es hätte mich misstrauisch machen können, dass Oskar - trotz eines sehr ausgeprägten Leseunwillens (sehr starker Legastheniker) immer einer der der Besten seiner Klasse - nie gymnasial eingestuft wurde. Diese Einstufungsfrage geht immer vom Klassenlehrer aus.

Er wurde also von einigen Lehrern aus deren eigener Vollmacht gymnasial bewertet, von anderen nach seiner offiziellen Einstufung, so auch in Französisch. Ich hatte ihm eingebläut, trotz seiner absoluten Unfähigkeit immer hinzugehen und auch mitzumachen, woran er sich auch gehalten hat, damit eine 6 unmöglich war. Er bekam also eine 5, aber eine Mittelschul-5. Wenn sie ihn gymnasial bewertet hätte, hätte sie ihm wegen seiner Mitarbeit auch eine 5 geben müssen. Seine Mittelschul-5 wurde dann für seine Versetzung in die Oberstufe in eine 6 übersetzt und verhinderte damit die Versetzung. Die Klasse wiederholen hätte er als zu dem Zeitpunkt zweitbester der Klasse aber auch nicht können. Das war dann scheinbar das praktische Aus seiner schulischen Laufbahn - die Geschichte mit der verdeckten 6 war bei der Zeugniskonferenz nicht aufgefallen.

Mir wurde dann auf dem privaten Weg von einem anderen Lehrer der Rat gegeben, doch einen Antrag auf eine Klassenkonferenz zur Versetzung Oskars zu stellen. Ich wusste in dem Moment gar nicht, dass diese Möglichkeit existiert, und habe das sofort gemacht (Es hatte schon Ansätze dazu von anderen Lehrern gegeben, aber mit dem Antrag der Eltern war es einfacher.)

Die Konferenz fand statt, Oskar wurde versetzt, es stimmten nur zwei LehrerINNEN gegen ihn. Rate mal wer. (das dürfte ich zwar theoretisch gar nicht wissen, es drang trotzdem nach draußen) Diese beiden haben ihn danach nicht mehr gegrüßt.

Es gab übrigens dann eine andere Französischlehrerin, und Oskar hat das Fach mit einer unverdienten 4 abgegeben. Die neue Lehrerin hat ihn relativ zu restlichen Klasse beurteilt - dieses Wahlfach hat einen sehr hohen Anteil von Legasthenikern, die damit ihre zweite Fremdsprache abiturunschädlich abarbeiten.

#402:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 13.05.2022, 00:48
    —
narr hat folgendes geschrieben:
Lachen interessant

Gehört eigentlich in den Geschichtsunterricht.

Der Steigbügel war militär-historisch und in Folge allgemein-historisch von einiger Bedeutung. Mit so einem kleinen Ding ließe sich große Geschichte erzählen, besser als mit Karl dem Kurzen und Ludwig dem Langen.

#403:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 15.05.2022, 21:37
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
Die Haltung finde ich gut, aber ich habe gelernt, dass es trotzdem besser ist, gleichzeitig auf der Hut zu sein.

Ich habe nicht vor, daraus meine neue, regelmäßige Freizeitbeschäftigung zu machen.

Zuviel Aufwand. Außer ich bastele mir ein Formblatt. zwinkern

    Sie haben am soundsovielten folgenden Fehler begangen:

    [] faktischer Irrtum
    [] Begriffsverwirrung
    [] umständlicher Rechenweg
    [] polemische Bemerkung zuungunsten eines Schülers
    [] Klassenstrafe für Vergehen Einzelner
    [] fachfremde Themen in den Unterricht eingebracht


fwo hat folgendes geschrieben:
Der jüngere von mir, nennen wir ihn Oskar, ist zwar eigentlich bei fast allen, die ihm begegnen beliebt, hatte es sich aber bei seiner sehr christlichen und gleichzeitig feministischen Klassenlehrerin versiebt. Außerdem hatte er eine zweite mit seiner Klassenlehrerin befreundete Feindin, ... Das waren die beiden einzigen Lehrer, mit denen er nicht konnte.

Er konnte nicht mit denen - oder die nicht mit ihm?

Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Meine Tochter und ich waren uns immer einig, welche Lehrerinnen wir nicht mochten - die Antipathie war gegenseitig: die mochten uns nicht und wir mochten sie nicht.

Zu meiner Schulzeit gab es einige Lehrer, die hatten bestimmte Schüler auf dem Kieker. Daran wird sich im Kern nicht viel geändert haben. Völlig objektiv zu sein und seine persönlichen Animositäten ganz und gar auszublenden, ist schwierig.

Lehrer haben einiges an Macht. Das ist ein heikles Thema, dem nicht genügend Aufmerksamkeit gegeben wird. Es fehlen checks and balances, es fehlt eine anständige Fehlerkultur. Lehrer korrigieren die Fehler der Schüler, aber wer korrigiert die Fehler der Lehrer?

Es gibt inoffizielle Seiten, bei denen Lehrer bewertet werden können. Warum macht man das nicht offiziell in einem Schulforum? Schüler und Eltern bewerten Lehrer - mit Kommentarmöglichkeit. Schon klar, daß dann auf 20 Leute 5 Meinungen kommen, klar, daß dabei Blödsinn kommen wird. Andererseits wäre das, wenn sich bestimmte Beschwerden häufen, ein Frühwarnsystem.

Irgend ein System, das Kritik transparent macht, wäre nötig.

#404:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 15.05.2022, 21:54
    —
Aus vrolijkes Thread über die neurechte Welle hierher geholt.


narr hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Bildung. Offenheit, Liberalität, Neugier und kritisches Denken lehren.

Man kann es nicht zwingen, wenn man nicht riskieren will im Widerspruch zu landen.

Die Schule sollte mehr für die Bildung tun. Wissen allein genügt nicht.

So wie der Musiklehrer meiner Tochter. Der meinte sinngemäß, die Afrikaner seien auch ziemliche Rassisten.

Ich so: "Wie kommt man im Musikunterricht auf dieses Thema?" Sie hatten Gospels durchgenommen. Trotzdem, schon ein bisschen weit hergeholt. Ich war nicht dabei, deshalb möchte ich das nicht abschließend beurteilen. Sicher haben sich auch Afrikaner in manchen Konflikten nichts geschenkt außer Tod, Verstümmelung und Verderben. Ich halte den Satz des Lehrer trotzdem für nicht angebracht: ohne Kontext ist er mißverständlich.

Welche denn? Hat er dazu was gesagt?

Hab' meine Tochter noch einmal gefragt, was er genau gesagt hat. Angeblich: "Die Schwarzen sind die schlimmsten Rassisten von allen."

Mit der Begründung, die führten ständig Krieg miteinander.


narr hat folgendes geschrieben:
Wenn er wirklich "die" gesagt hat würde ich Mal mit ihm reden.

Sollte ich? Weiß nicht. Laut gedacht:

    - Nein. Ich denke, seine Schülerinnen rollen bei solchem Gesabbel nur die Augen und vergessen es dann. Zitat smalline: "Rassismus ist, wenn sich Menschen unterschiedlicher Hautfarbe bekämpfen. Bei gleicher Hautfarbe ist es nur Hass." Was ich für grundfalsch halte, aber es zeigt, daß sie für das Gesabbel unempfänglich ist, wie vermutlich auch alle ihre Mitschülerinnen. Letzteres kann ich natürlich nicht belegen. Mein ganz persönlicher Eindruck: Abstruse Meinungen einzelner Lehrer fallen bei den Schülerinnen dieser Schule auf Desinteresse. So war's zu meiner Schulzeit auch schon, einige Lehrer haben totalen Mist erzählt - fast alle Schüler fanden es peinlich.

    - Nein. Erst wenn er als Musiklehrer prüfungsrelevanten Unsinn über Musik erzählt, dann muß man mit ihm reden.

    - Ja. Lehrer sollten ihre Privatmeinungen weitgehend für sich behalten, insbesondere wenn sie mit dem Thema, das gerade durchgenommen wird, nichts zu tun haben. Ich sage ausdrücklich "weitgehend", weil ich scheuklappenartigen Unterricht, der nicht auch mal links und rechts schaut, als starr und langweilig empfinden würde.

#405:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 15.05.2022, 23:30
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
....

Es gibt inoffizielle Seiten, bei denen Lehrer bewertet werden können. Warum macht man das nicht offiziell in einem Schulforum? Schüler und Eltern bewerten Lehrer - mit Kommentarmöglichkeit. Schon klar, daß dann auf 20 Leute 5 Meinungen kommen, klar, daß dabei Blödsinn kommen wird. Andererseits wäre das, wenn sich bestimmte Beschwerden häufen, ein Frühwarnsystem.

Irgend ein System, das Kritik transparent macht, wäre nötig.

Es gibt sowas, das Klassenelternbeirat heißt, in dem die Vertreter aller Klasseneltern sitzen. Da kommen derartige Themen normalerweise hoch und werden dann vom Vorsitzenden des Klassenelternbeirates an die Schulleitung weitergegeben.

Ich hab das Geschäft auf der Klassenebene einige Jahre lange gemacht, und in mindestens einem Fall waren die Eltern zu erfolgreich: Da ist es ihnen gelungen, einen bei den Schülern eigentlich relativ beliebten Lehrer wegen eines kurzen verbalen Ausrasters von der Schule versetzen zu lassen. Er war nicht nur der Sammlungsleiter der Physik, ihm gehörte die Hälfte der Sammlung persönlich, und er war der einzige Physiklehrer mit Oberstufenbefähigung. Der Teil der Schüler, der ihn nicht mochte, war der Teil mit den schlechteren Noten. Die Aktion dieser Eltern, die die Versetzung betrieben haben, war zwar "für ihre Kinder" aber dumm.

Ich fand es besser, wenn ich die aufgebrachten Eltern und den betreffenden Lehrer unter meiner Vermittlung an einen Tisch bekam - das hat zweimal die Wogen glätten können, ohne dass wir über den Elternbeirat und die Schulleitung gingen.

Auf der anderen Seite weiß ich aus eigener Erinnerung, wie Spannungen zwischen Lehrer und Schüler die Leistungen des Schülers nach unten drücken können. Wieder auf der anderen Seite habe ich schon als Schüler Versuche mit Lehrern gefahren, wie man deren normalerweise vorhandenen Idealismus zu seinen Gunsten nutzen kann: Piss ihnen ordentlich ans Bein, dass sie Grund haben, wütend auf Dich zu sein, und sie werden dich im Zweifelsfall besser benoten, weil sie sich Mühe geben, ihre Abneigung nicht in die Noten einfließen zu lassen. Einmal hat es nicht geklappt. (Ich wusste, warum ich nie Lehrer werden wollte.)

#406:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 19.05.2022, 18:05
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
narr hat folgendes geschrieben:
Wenn er wirklich "die" gesagt hat würde ich Mal mit ihm reden.

Sollte ich? Weiß nicht. Laut gedacht:

Ich denke, seine Schülerinnen rollen bei solchem Gesabbel nur die Augen und vergessen es dann. ... kann ich natürlich nicht belegen.

Hab' zufällig eine Mitschülerin getroffen und sie zu dieser Sache befragt. Sie konnte sich an den Vorfall erinnern, nicht aber an den Wortlaut.

Mit der Mutter einer Mitschülerin habe ich auch gesprochen. Sie war wie ich der Meinung, die Kinder würden das ignorieren. Weiter sinngemäß: "Solch kontroverse Aussagen gehen nur in höheren Jahrgangsstufen, in denen die Kinder das fachliche Rüstzeug wie auch den Mut haben, um dagegen zu halten. Ist ohnehin ein komischer Typ. Hoffentlich geht er bald in Rente."



EDIT: Zitat war vermurkst.


Zuletzt bearbeitet von smallie am 19.05.2022, 19:40, insgesamt einmal bearbeitet

#407:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 19.05.2022, 18:29
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Irgend ein System, das Kritik transparent macht, wäre nötig.

Es gibt sowas, das Klassenelternbeirat heißt, in dem die Vertreter aller Klasseneltern sitzen. Da kommen derartige Themen normalerweise hoch und werden dann vom Vorsitzenden des Klassenelternbeirates an die Schulleitung weitergegeben.

Zu meiner Schande muß ich sagen, daß ich nicht mal weiß, wie das in den Corona-Jahren gehalten wurde.

Einen Fall aus der Grundschule habe ich noch nicht erzählt, denke ich. Es ging um Essenzwang in der Mittagsbetreuung, einige werden sich an den Thread erinnern. Ich ruf' die Elternbeiratsvorsitzende an, schildere ihr, was da so alles schiefläuft. Worauf sie antwortet, das müsse so sein, sonst könne man 80 Kinder nicht unter einen Hut bringen. Hat nicht sonderlich zu mehr Transparenz beigetragen.

In der neuen Schule gibt es keinen Esszwang und barfuß gehen dürfen sie auch. Geht doch.


fwo hat folgendes geschrieben:
Ich hab das Geschäft auf der Klassenebene einige Jahre lange gemacht, und in mindestens einem Fall waren die Eltern zu erfolgreich: Da ist es ihnen gelungen, einen bei den Schülern eigentlich relativ beliebten Lehrer wegen eines kurzen verbalen Ausrasters von der Schule versetzen zu lassen. Er war nicht nur der Sammlungsleiter der Physik, ihm gehörte die Hälfte der Sammlung persönlich, und er war der einzige Physiklehrer mit Oberstufenbefähigung. Der Teil der Schüler, der ihn nicht mochte, war der Teil mit den schlechteren Noten. Die Aktion dieser Eltern, die die Versetzung betrieben haben, war zwar "für ihre Kinder" aber dumm.

Autsch.

Wenn der Ausraster ein Einzelfall wäre, wäre ich geneigt, das zu Ignorieren, je nachdem, wie der Lehrer dazu Stellung nimmt. Die Versetzerei verstehe ich ohnehin nicht. Damit verschiebt man das Problem nur von Ort A nach Ort B. Wenn der Lehrer nicht aus seiner Haut kann, löst man damit gar nichts.


fwo hat folgendes geschrieben:
Ich fand es besser, wenn ich die aufgebrachten Eltern und den betreffenden Lehrer unter meiner Vermittlung an einen Tisch bekam - das hat zweimal die Wogen glätten können, ohne dass wir über den Elternbeirat und die Schulleitung gingen.

Das Problem erst mal mit dem Lehrer zu klären, ohne Elternbeirat und Schulleitung, halte ich für angebracht.

PS: Habe noch keine Antwort auf mein Mail bekommen. Ich sollte telefonisch nachhaken.


fwo hat folgendes geschrieben:
Wieder auf der anderen Seite habe ich schon als Schüler Versuche mit Lehrern gefahren, wie man deren normalerweise vorhandenen Idealismus zu seinen Gunsten nutzen kann: Piss ihnen ordentlich ans Bein, dass sie Grund haben, wütend auf Dich zu sein, und sie werden dich im Zweifelsfall besser benoten, weil sie sich Mühe geben, ihre Abneigung nicht in die Noten einfließen zu lassen. Einmal hat es nicht geklappt. (Ich wusste, warum ich nie Lehrer werden wollte.)

Meine Taktik ist eher: taktiere nicht.

Fürchtet euch aber, wenn mich der Zorn der Gerechten überkommt. Mr. Green Pfeifen zwinkern


Zuletzt bearbeitet von smallie am 19.05.2022, 18:55, insgesamt einmal bearbeitet

#408:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 19.05.2022, 18:55
    —
Die Natur/Technik/Biologie-Lehrerin hat es jetzt geschafft, auch mich zu verwirren.


Praktikums-Unterrichtsblatt:

1) Woran kann man ein gekochtes von einem rohen Ei unterscheiden? Antwort: Man dreht es. Das rohe Ei schlingert dabei.
2) Wozu ist das gut? Antwort: Damit das Ei nicht so leicht aus dem Nest fällt.

Echt jetzt?

Zum einen stehen gekochte Eier nicht in evolutionärem Wettbewerb mit rohen Eiern. noc

Zum anderen müßten sich dann maximal schlingernde Eier entwickeln. Unter der Annahme, daß der Dotter dichter als das Eiweiß ist, sollte der Dotter möglichst weit vom Schwerpunkt entfernt sein. Ist das so? Ich glaube nicht.

Und überhaupt: ein Ei, das schlingert, hüpft eher aus dem Nest, als ein Ei, das gleichförmig kreiselt.

#409:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 19.05.2022, 20:03
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
Die Natur/Technik/Biologie-Lehrerin hat es jetzt geschafft, auch mich zu verwirren.


Praktikums-Unterrichtsblatt:

1) Woran kann man ein gekochtes von einem rohen Ei unterscheiden? Antwort: Man dreht es. Das rohe Ei schlingert dabei.
2) Wozu ist das gut? Antwort: Damit das Ei nicht so leicht aus dem Nest fällt.
....

Lachen Lachen Lachen
2 hat mich echt zum Wiehern gebracht.

Dass Vogel-Eier innen flüssig sind, ist ganz schlicht stammesgeschichtliches Erbe, auch Säugereier, die nur ganz selten Gelegenheit haben, aus dem Nest zu fallen, sind im Prinzip flüssig, und gleichzeitig konstruktive Forderung bei einem Materialtransport im Volumen ohne besondere Transportmechanismen. Die normale Anpassung daran, dass sie nicht wegrollen, besteht im Nestbau. Wo das nicht möglich ist, da ist man bisher davon ausgegangen, dass die kegelförmige Eiform eine Anpassung daran sei. Es gibt allerdings neuere Untersuchungen, die darauf schließen lassen, dass der Zusammenhang zur Form doch nicht so einfach ist.

Aber tröste Dich, der Anteil der Biologen, die bei Evolutionsfragen in das Schlingern eines rohen Eies verfallen, ist erheblich.

smallie hat folgendes geschrieben:
...

Und überhaupt: ein Ei, das schlingert, hüpft eher aus dem Nest, als ein Ei, das gleichförmig kreiselt.

Das glaube ich Dir jetzt aber nicht. Der "statische Vorteil" eines flüssigen Eies besteht tatsächlich darin, dass Drehimpulse von einem gelgefüllten Ei schlecht aufgenommen werden - die innere Reibung ist zu groß. Deshalb sind diese Eier bei Anstößen von außen träger.

Aber das brauchte sich nicht zu entwickeln, das war schon vorher so, und hat überlebt, weil es nicht schädlich war.

#410:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 29.05.2022, 22:49
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
2 hat mich echt zum Wiehern gebracht.

Da kannst du nur mehr sagen: Ei der Daus!

(Das hat man früher gesagt, als WTF noch ungehörig war.)


fwo hat folgendes geschrieben:
Dass Vogel-Eier innen flüssig sind, ist ganz schlicht stammesgeschichtliches Erbe, auch Säugereier, die nur ganz selten Gelegenheit haben, aus dem Nest zu fallen, sind im Prinzip flüssig, und gleichzeitig konstruktive Forderung bei einem Materialtransport im Volumen ohne besondere Transportmechanismen.

Genau.


fwo hat folgendes geschrieben:
Die normale Anpassung daran, dass sie nicht wegrollen, besteht im Nestbau. Wo das nicht möglich ist, da ist man bisher davon ausgegangen, dass die kegelförmige Eiform eine Anpassung daran sei. Es gibt allerdings neuere Untersuchungen, die darauf schließen lassen, dass der Zusammenhang zur Form doch nicht so einfach ist.

Hab' ein bisschen herumgelesen. Die Meinungen und Befunde zur Eiform gehen auseinander. Eine Arbeit hat die Form in Bezug zu Temperatur und Feuchtigkeit gestellt, so daß der Austausch von Luft und Wasser optimal wird.


fwo hat folgendes geschrieben:
Aber tröste Dich, der Anteil der Biologen, die bei Evolutionsfragen in das Schlingern eines rohen Eies verfallen, ist erheblich.

Eine darwinsche Story ist schnell erfunden.

So schnell, wie ich hyperactive agency detection behaupten kann. zwinkern


fwo hat folgendes geschrieben:
e ich Dir jetzt aber nicht. Der "statische Vorteil" eines flüssigen Eies besteht tatsächlich darin, dass Drehimpulse von einem gelgefüllten Ei schlecht aufgenommen werden - die innere Reibung ist zu groß. Deshalb sind diese Eier bei Anstößen von außen träger.

Ich stell' mir das ähnlich wie bei einem Tankwagen vor. Wenn der losfährt, setzt sich erst der Wagen in Bewegung, dann schwappt die Flüssigkeit (aus Fahrerperspektive) nach hinten und bremst den Wagen mit einem Ruck. Wenn Wagen und Tankinhalt gleichmäßig in Bewegung sind und der Wagen bremst, läuft's umgekehrt.

#411:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 29.05.2022, 22:53
    —
Update:

Die Lehrerin hat nicht geantwortet. Letzten Montag habe ich das Sekretariat gebeten, bei der Lehrerin nachzufragen, ob meine Mail im Spam-Ordner gelandet sei. Wieder keine Antwort.

Wie mag das abgelaufen sein? So etwa:

    Sektretariat: Da frägt jemand an, ob Sie sein Schreiben erhalten haben?
    Lehrerin: Antworten Sie nicht. Behaupten wir einfach, die zweite Mail sei auch im Spam gelandet.

Die stecken unter einer Decke. Ist das denen nicht peinlich? Mit den Augen rollen Im Endeffekt heißt das: "Weder muß ich mich als Lehrer für meine Arbeit rechtfertigen, noch will ich es, weil mir nie Fehler unterlaufen."

Weiß noch nicht, was ich jetzt mache.

#412:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 30.05.2022, 12:43
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
Update:

Die Lehrerin hat nicht geantwortet. Letzten Montag habe ich das Sekretariat gebeten, bei der Lehrerin nachzufragen, ob meine Mail im Spam-Ordner gelandet sei. Wieder keine Antwort.

Wie mag das abgelaufen sein? So etwa:

    Sektretariat: Da frägt jemand an, ob Sie sein Schreiben erhalten haben?
    Lehrerin: Antworten Sie nicht. Behaupten wir einfach, die zweite Mail sei auch im Spam gelandet.

Die stecken unter einer Decke. Ist das denen nicht peinlich? Mit den Augen rollen Im Endeffekt heißt das: "Weder muß ich mich als Lehrer für meine Arbeit rechtfertigen, noch will ich es, weil mir nie Fehler unterlaufen."

Weiß noch nicht, was ich jetzt mache.

Kann sein, dass das auch ein bayerisches Problem ist.

Mir scheint, dass es ein gewisses Nord-Süd-Gefälle in obrigkeitlicher Autorität gibt. Das Leben in hierarchischen Strukturen ist etwas einfacher, die Position bestimmt, was wahr ist und dient damit auch als Korsett.

Bei mir war es so, dass ich immer aufbegehrte, wenn mir etwas falsch vorkam, in der Schulzeit waren meine Eltern normalerweise auf der Seite der Institution (mein Vater war selbst Lehrer, wenn auch in einer Sprachenschule der Bundeswehr), danach kam der Bund und dann die Uni, und überall waren auch welche, die mal Unsinn geredet haben. Einige konnten das gar nicht ab, wenn man sie - zuerst vorsichtig, bei Nichtreaktion auch hart - korrigiert hat, manche haben sich gefreut und mich bei entsprechender Fragestellung mit eingebaut (Biologen mögen keine Mathematik), und andere haben versucht, mich, an der Uni durch Vorenthalten des Leistungsnachweises, zu bestrafen. Das ist mir in zwei Praktika des Aufbaustudiums passiert, beide Male hat mein Vorschlag "Wir haben eine fachliche Meinungsverschiedenheit. Ich möchte, dass wir die vor der Fachschaft austragen." dazu geführt, dass mir der Schein dann schnell und leise ausgestellt wurde.

Das ist dann ein Unterschied im persönlichen Format: Wenn jemand da steht, weil er von der Sache, das kann auch das übergreifende Lehrer-sein sein, begeistert ist, bleibt er lernfähig. Wenn er sich aber mit viel Mühe in der Position eingenistet hat, die nun sein ganzes Kapital ist, erlebt er das als persönlichen Angriff.

Ich habe das selbst lange nicht verstanden, weil ich mich - unabhängig von der Situation, in der ich war - immer darüber gefreut habe, wenn da jemand war, der mir eine andere Art zu denken gezeigt hat, oder auch in meiner eigenen Art einfach besser war - von denen konnte ich lernen. Und wenn sich jemand als Lehrender in eine Multiplikatorenrolle begibt, ist es eigentlich zwangsläufig, dass er auf Menschen trifft, die ihm trotz einer formalen Unterlegenheit in der Sache oder auch nur einer Frage überlegen sind. Aber da freut sich halt nicht jeder drüber, sondern viele bekommen auch Angst und fangen dann an, zu beißen.

Meine beiden Söhne sind Kinder eines Klugscheißers und dementsprechend auch welche. Sie haben natürlich auch Ähnliches erlebt und sind damit zu mir nach Hause gekommen. Ich habe mich dann mit ihnen über die Sache unterhalten (in der sie meistens recht hatten), aber mich bis auf den einen Fall mit der Deutsch-Interpretation, in dem ich ein allgemeineres Problem sah (den Fall habe ich hier auch mal beschrieben), gegenüber dem Lehrer nicht weiter geäußert, sondern bin mit den Kindern auf das menschliche Problem (s.o.) eingegangen.

#413:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 01.06.2022, 20:36
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
Kann sein, dass das auch ein bayerisches Problem ist.

Möglich.

Weißt ja, was sie sagen: Anekdoten sind keine Daten. Wäre gut, wenn man das genauer wüßte, denn wenn es sich bei meinen Widerfahrnissen nicht um Ausreißer handelt, sondern um eine Tendenz, dann scheitert zeligs Projekt:

zelig hat folgendes geschrieben:
Bildung. Offenheit, Liberalität, Neugier und kritisches Denken lehren.



Weitere Anekdoten:

    Schülerin: macht eine übertriebene Behauptung, sagt Tausendprozentig oder sowas in der Art.
    Lehrerin: "Man muß nicht übertreiben, um etwas als absurd hinzustellen."
    Tochter: "Das ist ja gerade der Sinn der Übertreibung, etwas als absurd hinzustellen."

Ich seh' das so wie die Lehrerin. Keep it real.

    Darauf sagt eine Mitschülerin zu meiner Tochter: "Du traust dich, der Lehrerin zu widersprechen!?"

Umpff. Warum sagt die Mitschülerin das? Vorauseilender Gehorsam? Berechtigt oder übertrieben?

Anderer Fall: Eine Kollegin erzählt, sie habe sich zu ihrer Schulzeit über eine Fehlkorrektur beklagt - in einer bewerbungsrelevanten Zwischenprüfung. Sagt die Lehrerin: "Das werde ich mir merken."


fwo hat folgendes geschrieben:
Mir scheint, dass es ein gewisses Nord-Süd-Gefälle in obrigkeitlicher Autorität gibt.

Die Norddeutschen sind halt einfach nicht katholisch. Was willst du da erwarten? zwinkern

Im Ernst: der einzige, der zu meiner Zeit in den Klassen 7 - 10 regelmäßig den Lehrern widersprochen hat, - war der Sohn des evangelischen Pastors. Wir anderen haben die Klappe gehalten und nicht mal mit den Augen gerollt. Dessen Eltern haben etwas richtig gemacht. Ob das mit evangelisch sein zu tun hat? Keine Ahnung, war aber auffällig.


fwo hat folgendes geschrieben:
Das Leben in hierarchischen Strukturen ist etwas einfacher, die Position bestimmt, was wahr ist und dient damit auch als Korsett.

Imitiere die alten und erfahrenen war mal eine einigermaßen gute Strategie - in einer Welt, die zu Zeiten der Großväter nicht anders aussah, als zu Zeiten der Enkel. Heute, in einer Welt, die sich binnen einer Generation wandelt, ist "machs wie die alten" vielleicht nicht mehr so hilfreich.


fwo hat folgendes geschrieben:
... beide Male hat mein Vorschlag "Wir haben eine fachliche Meinungsverschiedenheit. Ich möchte, dass wir die vor der Fachschaft austragen." dazu geführt, dass mir der Schein dann schnell und leise ausgestellt wurde.

Eine gute Taktik.


fwo hat folgendes geschrieben:
Das ist dann ein Unterschied im persönlichen Format: Wenn jemand da steht, weil er von der Sache, das kann auch das übergreifende Lehrer-sein sein, begeistert ist, bleibt er lernfähig. Wenn er sich aber mit viel Mühe in der Position eingenistet hat, die nun sein ganzes Kapital ist, erlebt er das als persönlichen Angriff.

Kritik ist anstrengend - besonders dann, wenn man keine guten Gegenargumente hat und einen Fehler nicht einsehen will.

Ach. Ich bin versaut von 20 Jahren Forenschreiberei. Da versucht man zumindest, das bessere Argument gewinnen zu lassen. Viele Leute sind anders gestrickt. Das übersehe ich in meiner Naivität gerne.


fwo hat folgendes geschrieben:
Ich habe das selbst lange nicht verstanden, weil ich mich - unabhängig von der Situation, in der ich war - immer darüber gefreut habe, wenn da jemand war, der mir eine andere Art zu denken gezeigt hat, oder auch in meiner eigenen Art einfach besser war - von denen konnte ich lernen.

Ich versteh das auch nicht - oder nur mit Sekundärerklärungen aus der psychologischen Ecke, wie du sie angesprochen hast.

Der Moment, in dem man einen Fehler bemerkt, ist ein Moment der Erkenntnis. Solche Situationen müßte man geradezu suchen ... Fehler zu finden, ist eine gute Sache ...

Aus der Arbeit. Wir erhalten Daten von mehreren Dutzend Datenlieferanten. Unter den Ansprechpartnern, die ich bei denen habe, gibt es einige, die umgehend reagieren, wenn ich ihnen sage: da habt ihr einen Fehler. Die sagen dann: schau in die und die Spalte, dann ergibt es Sinn. Oder sie sagen: Ja, das ist ein Fehler, werden wir ändern, danke für den Hinweis. Oder sie sagen: Ja, ist ein Fehler, werden wir aber nicht ändern, wäre zu teuer. So muß das sein. Andere hingegen bestreiten Fehler, sagen sie schauen sich's an und dann hörst du nie wieder was oder sie antworten gar nicht. Ich sag dann zu unseren Kunden: wenn ihr das gefixt haben wollt, müßt ihr euch beim Lieferanten beschweren.

So gesehen fehlt der Schule als Institution die nötige Kundenorientierung. Und eine Abteilung für Beschwerden.

(Apropos Kunden: Es hat übrigens ein Jahr gedauert, bis ein Platz in der neuen Schule frei wurde. Letztes Jahr sagte die Schule: "Wir haben so viele Zuzügler, die kriegen bevorzugt einen Platz." Daß es so eng zugeht, wußte ich nicht. boomtown effect - die Münchner werden milde lächeln, weil sie das schon länger kennen.)


fwo hat folgendes geschrieben:
Meine beiden Söhne sind Kinder eines Klugscheißers und dementsprechend auch welche.

Hmm. Was ist eigentlich das Gegenteil eines Klugscheißers? Der Dummschwätzer?


fwo hat folgendes geschrieben:
Sie haben natürlich auch Ähnliches erlebt und sind damit zu mir nach Hause gekommen. Ich habe mich dann mit ihnen über die Sache unterhalten (in der sie meistens recht hatten), aber mich bis auf den einen Fall mit der Deutsch-Interpretation, in dem ich ein allgemeineres Problem sah (den Fall habe ich hier auch mal beschrieben), gegenüber dem Lehrer nicht weiter geäußert, sondern bin mit den Kindern auf das menschliche Problem (s.o.) eingegangen.

Das ist ein guter Rat.

Schon alleine weil Fehler und Ungenauigkeiten so zahlreich sind, da würde ich gar nicht fertig, denen allen nachzugehen.

Dann ist da noch der Unsinn, den man nicht mitbekommt. Corona-Fernunterricht, Mathematik. Ich kiebitze.

Längen und Flächen werden durchgenommen. Lehrerin: "Nicht vergessen: immer Einheiten dazuschreiben!" Unmittelbar danach kommt eine Aufgabe, bei der eine Fläche gegeben ist und ein Quadratmeterpreis. Die Lehrerin läßt beim Preis die Einheit EUR/m² weg. Seufz. Brüche hatten sie zu der Zeit noch nicht durchgenommen - eher ein Problem des Lehrplans als der Lehrkraft. Ja mei, dann sag ich halt als Lehrer: "Das müßt ihr jetzt nicht verstehen, aber das ist die Einheit des Quadratmeterpreises." Dann bin ich konsistent mit meiner Forderung, es müsse immer eine Einheit dabeistehen.

#414:  Autor: closeman BeitragVerfasst am: 01.06.2022, 21:16
    —
Der Simple Club hat schon vielen Schülern -lange vor Corona- durch den deutschen Bildungsweg eine Bresche geschlagen. Hier eine Zusammenfassung ihres Wirkens auf der TinCon von 2017:
https://www.youtube.com/watch?v=plPBeHzv5mc

#415:  Autor: Lord SnowWohnort: Würzburg BeitragVerfasst am: 09.06.2022, 22:35
    —
Mal ne Frage zu den Schulen in Amerika, ich gucke gerade eine Serie, wo Schüler einer High School Tiere sezieren. Das ist mir schon öfters aufgefallen, dass es so was gibt. In berühmten Filmen wie ET - Der Außerirdische (das mit den Fröschen), wo die Tiere offenbar sogar noch leben und dann wohl unmittelbar erst getötet werden sollen.

Machen die das da drüben wirklich im Biologie-Unterricht? Ich finde das voll schräg! Am Kopf kratzen

#416:  Autor: AlexJWohnort: Köln BeitragVerfasst am: 10.06.2022, 15:15
    —
Lord Snow hat folgendes geschrieben:
Mal ne Frage zu den Schulen in Amerika, ich gucke gerade eine Serie, wo Schüler einer High School Tiere sezieren. Das ist mir schon öfters aufgefallen, dass es so was gibt. In berühmten Filmen wie ET - Der Außerirdische (das mit den Fröschen), wo die Tiere offenbar sogar noch leben und dann wohl unmittelbar erst getötet werden sollen.

Machen die das da drüben wirklich im Biologie-Unterricht? Ich finde das voll schräg! Am Kopf kratzen


Ja, ist in der USA sehr häufig Bestandteil des Bio-Unterrichts.

https://weather.com/de-DE/wissen/tiere/news/2020-01-02-ohne-ekel-faktor-kunstliche-frosche-im-bio-unterricht-haben-nur-einen

Die Geschichte ist über den Versuch einen künstlichen Ersatz einzuführen bzw. zu entwickeln. Die Bilder sind von dem künstlichen Frosch, für die Bilder zumindest sind also keine Tiere gestorben.

Na ja, hab gehört, die Tradition stammt aus einer Zeit wo das selber Schlachten noch weit verbreitet war. Da war das Verhältnis zu Tieren in der Gesellschaft noch ein ganz anderes. Seit dem hat sich in der USA zwar viel getan, sodass die Tradition jetzt auch häufiger infrage gestellt wird. Aber mit dem Status als Tradition ist das schwierig.
Moralisch bin ich da persönlich gespalten, als traditionelle Mutprobe halte ich wenig davon, aber wenn Tiere zur Verarbeitung in Genussmittel getötet werden können, dann ist mir der Tötung für Bildungszwecke doch irgendwie weniger schlimm.

#417:  Autor: tillich (epigonal) BeitragVerfasst am: 10.06.2022, 20:57
    —
AlexJ hat folgendes geschrieben:
Moralisch bin ich da persönlich gespalten, als traditionelle Mutprobe halte ich wenig davon, aber wenn Tiere zur Verarbeitung in Genussmittel getötet werden können, dann ist mir der Tötung für Bildungszwecke doch irgendwie weniger schlimm.

Ich würde bei den Bildungszwecken aber auch noch einen Unterscied im Bilduingsniveau machen. Ich glaube nicht, dass es für den Biologieunterricht auf Schulniveau sinnvoll ist, Tiere zu sezieren. Das genaue Arbeiten am tatsächlichen Objekt usw. kann man mE auch an Pflanzen üben, für die konkrete Anschauung wären auch Präparate u.Ä. ausreichend. Für ein universitäre Studium, bei dem man das eigene wissenschaftliche Arbeiten lernen soll, wäre das anders, finde ich.

#418:  Autor: Lord SnowWohnort: Würzburg BeitragVerfasst am: 10.06.2022, 21:40
    —
Ok dann scheint das ja wirklich Standard in den USA zu sein. Finde ich persönlich ehrlich gesagt auch nicht wirklich gut!

Ja ich stimme dem zu. Für die eingeschlagene Laufbahn als Biologe, Tierarzt oder generell Arzt usw. ist das natürlich sinnvoll. Aber in so jungem Alter.

In dem Link von AlexJ steht ja, die Teilnahme ist nicht verpflichtend. Da aber auch von Mutprobe usw. die Rede ist, scheint da irgendwo auch so eine Art Gruppendruck vorzuherrschen, wo natürlich der "Verweigerer" als Feigling diffamiert werden könnte. Das ist sicherlich für einige Schüler ein Grund trotz Ekel/Angst oder moralischer Bedenken dennoch mit zu machen.

Da würde mich mal interessieren ob es da verlässlich Zahlen zu Teilnehmern gibt und wieviele Schüler dem fern bleiben...

#419:  Autor: AlexJWohnort: Köln BeitragVerfasst am: 11.06.2022, 00:20
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
AlexJ hat folgendes geschrieben:
Moralisch bin ich da persönlich gespalten, als traditionelle Mutprobe halte ich wenig davon, aber wenn Tiere zur Verarbeitung in Genussmittel getötet werden können, dann ist mir der Tötung für Bildungszwecke doch irgendwie weniger schlimm.

Ich würde bei den Bildungszwecken aber auch noch einen Unterscied im Bilduingsniveau machen. Ich glaube nicht, dass es für den Biologieunterricht auf Schulniveau sinnvoll ist, Tiere zu sezieren. Das genaue Arbeiten am tatsächlichen Objekt usw. kann man mE auch an Pflanzen üben, für die konkrete Anschauung wären auch Präparate u.Ä. ausreichend. Für ein universitäre Studium, bei dem man das eigene wissenschaftliche Arbeiten lernen soll, wäre das anders, finde ich.


Hab ich auch erst überlegt, aber wenn die Messlatte nun mal die Produkte im Supermarkt sind, sieht es anders aus. Wenn ich das also mit dem Genuss eines mit Salami belegten Brötchens vergleiche, ist der Nutzwert, der erfüllt sein muss, doch beachtlich gering. Und da ziehe ich ein echtes Anschauungsbeispiel einem Präparat doch vor.
Das vorgeschlagene Präparat in dem Artikel kostet 150 Euro oder Dollar (kann mich nicht mehr erinnern welches es war) und ist nur bedingt wieder verwendbar.

Ethisch würde ich die Teilnahme wohl über das Einverständnis regeln. Dass der Eltern bzw. der Schüler ab Alter der bedingten Mündigkeit also 14 Jahre.



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