Religion, Religiösität und Religionskriege
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#1: Religion, Religiösität und Religionskriege Autor: Observer BeitragVerfasst am: 06.10.2014, 02:29
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Es wird zunehmend darüber diskutiert, ob Religion oder Religiösität tatsächlich für Religionskriege verantwortlich sind. Aus dem religiösen Lager werden häufig politische, soziale oder kulturelle Spannungen als Ursachen angeführt. Nein, die Religion habe mit solch widerwärtigen Handlungen von Menschen nichts zu tun. Kritiker meinen hingegen, dass die religiösen Vorstellungen die Menschen und damit auch die Konflikte maßgeblich vorantreiben. Wenn nur diese Religion nicht wäre, dann wäre die Welt viel friedlicher.

Ich selbst habe mich noch nicht für einen dieser Standpunkte oder einen Mittelweg entscheiden können und mich auch noch nicht umfassend mit ihnen beschäftigt. Das möchte ich nun ändern und hoffe auf eine ergiebige Diskussion.

Als Ausgangspunkt finde ich eine Definition von Religionskrieg hilfreich. Religionskriege sind Kriege, die von mindestens einer Kriegspartei religiös begründet werden. Religös begründen hieße für mich, sich etwa auf einen Gott, religiöse Texte oder himmlische Eingebungen zu berufen.

Die Definition sollte beim Auffinden von Religionskriegen helfen, sagt selbst jedoch nichts aus über die Rolle von Religion und Religiösität bei der Entstehung, der Durchführung oder der Beendigung solcher Kriege.

Als Anstoß zur Diskussion: Ich kann mir vorstellen, dass Religionskriege sehr dauerhaft, d.h. bis zum "letzten Mann" geführt werden. Denn die Religiösität der Soldaten und ihrer Führer begünstigt einen besonderen Hang zur Aufopferung. Sie fürchten den Tod nur wenig, da es im Paradies weitergeht. Auch Fahnenflucht oder Kapitulationen ganzer Heerschaften sind unwahrscheinlich. Diese könnten als Ungläubigkeit interpretiert werden und damit den Weg ins Paradies versperren.

#2:  Autor: sehr gut BeitragVerfasst am: 06.10.2014, 16:39
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Bestehst du auf den Begriff Religion? Wieso nicht Ideologie?

Wenn dir ein Machthaber eine Leitlinie vorsetzt und die Doktrin oder Fatwa genannt wird ...

#3:  Autor: Waschmaschine777 BeitragVerfasst am: 06.10.2014, 17:14
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sehr gut hat folgendes geschrieben:
Bestehst du auf den Begriff Religion? Wieso nicht Ideologie?

Wenn dir ein Machthaber eine Leitlinie vorsetzt und die Doktrin oder Fatwa genannt wird ...


Wieso immer alles verwässern? Reicht es dir nicht, ständig alles als Gott zu bezeichnen?

Ein weltlicher Machthaber kann den Leuten aber keinen Sündenablass versprechen, wie es der Papst vor den Kreuzzügen tat.

#4:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 06.10.2014, 17:22
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sehr gut hat folgendes geschrieben:
Bestehst du auf den Begriff Religion? Wieso nicht Ideologie?

Religion ist ohnehin (z.B. für Marx) ein paradigmatischer Fall ideologischen Denkens. Warum also nicht erstmal mit Religion anfangen?

#5:  Autor: Observer BeitragVerfasst am: 06.10.2014, 18:01
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sehr gut hat folgendes geschrieben:
Bestehst du auf den Begriff Religion? Wieso nicht Ideologie?

Wenn dir ein Machthaber eine Leitlinie vorsetzt und die Doktrin oder Fatwa genannt wird ...


Ich würde schon gerne bei Religion bzw. dann eben bei religiösen Ideologien bleiben und sehe für mich noch keinen Grund, Ideologie mit Religion gleichzusetzen. Das würde für die Diskussion ja bedeuten, nur auf das zu schauen, was alle Ideologien oder Ideologiekriege miteinander gemeinsam haben. So erkennt man bestimmt viele wichtige Elemente, die dann auch in Religionskriegen wirken. Ich fände es aber interessanter, ausschließlich das Besondere religiös motivierter Kriege zu beleuchten.

Also in etwa: Was ist an Religionskriegen (= religiöse Ideologiekriege als Untergruppe von Ideologiekriegen) im Vergleich zu anderen Ideologiekriegen besonders?

#6:  Autor: Schlumpf BeitragVerfasst am: 06.10.2014, 18:05
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Wenn Religion so missbraucht werden kann wie derzeit durch ISIS oder früher durch Christen, wenn Schiiten gegen Sunniten kämpfen, dann muss an der jeweiligen Religion was faul sein. Dann haben die Religionen es zumindest versäumt, überholte Absätze (AT) oder Suren aus ihren hl. Büchern zu streichen.

#7:  Autor: sehr gut BeitragVerfasst am: 06.10.2014, 18:48
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Observer hat folgendes geschrieben:
Also in etwa: Was ist an Religionskriegen (= religiöse Ideologiekriege als Untergruppe von Ideologiekriegen) im Vergleich zu anderen Ideologiekriegen besonders?

Mir fällt da nur das hier schon angesprochene ein was nach dem körperlichen Tod nach einigen Lehren wichtig wär.

In etwa:
Religion = Ideologie + Nach-Tod-Input

So gesehen kann ich mit dem Begriff leben, aber ohne die Nach-Tod-Input-Seite sehe ich kaum Unterschiede zu anderen Ideologien, deshalb meine Frage.

Ist für dein Thread-Eingangsposting nur die Ideologie relevant oder nur die Nach-Tod-Seite, oder beides zusammen?

#8:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 06.10.2014, 19:00
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Der Glaube an ein Leben nach dem Tod ist zumindest in diesem Zusammenhang selbst ideologisch. Es stimmt aber, dass das wohl ein besonderes Herausstellungsmerkmal religiöser Ideologie ist.

#9:  Autor: sehr gut BeitragVerfasst am: 06.10.2014, 19:16
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Schlumpf hat folgendes geschrieben:
Wenn Religion so missbraucht werden kann wie derzeit durch ISIS oder früher durch Christen, wenn Schiiten gegen Sunniten kämpfen, dann muss an der jeweiligen Religion was faul sein.

In einem anderen Forum vergleicht einer die mexikanischen Drogenkartelle und ihren grausamen Krieg mit ähnlichen Verstümmelungen und tausenden Toten etc mit denen der IS.

Ohne den 'Krieg gegen die Drogen' (US-Doktrin) würde dem grausamen Krieg in Mexiko quasi der Sauerstoff entzogen, weil der Krieg von der Illegalität bzw der Nicht-Regulierung abhängig ist.

#10:  Autor: Schlumpf BeitragVerfasst am: 06.10.2014, 20:06
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sehr gut hat folgendes geschrieben:

Ohne den 'Krieg gegen die Drogen' (US-Doktrin) würde dem grausamen Krieg in Mexiko quasi der Sauerstoff entzogen, weil der Krieg von der Illegalität bzw der Nicht-Regulierung abhängig ist.

Tolle Logik! Wenn man vor den Banden kapituliert und ihr Tun für legal erklärt, dann entzieht man ihnen den Boden?
Das hat mit Religion und religiös begründeten Kriegen nicht zu tun.

#11:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 06.10.2014, 20:46
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Für mich ist offensichtlich, daß die Konfliktpotenziale der Religionen strukturell sind. Alle religiösen Überzeugungen sind unprüfbar oder falsch. Um trotzdem und ggf. sogar wider besseres Wissen an ihnen festhalten zu können, bedarf es gezielter Ignoranz bis hin zu Fanatismus und Wahnsinn. Es liegt in der Natur irrationaler Überzeugungen, daß sie sich dem rationalen Diskurs und somit auch jeder echten Konfliktlösung entziehen. Wer nachhaltigen Frieden will, muß also vor allem den Krieg gegen die Vernunft beenden, und das bedeutet: Bildungskampf gegen den Irrationalismus im Allgemeinen und die Religionen im Besonderen.

#12:  Autor: Schlumpf BeitragVerfasst am: 06.10.2014, 21:19
    —
M. E. stehlen sich Das Christentum und der Islam viel zu schnell aus der Verantwortung, wenn sie vorschnell behaupten, dass bei religiös motivierten Kriegen oder Verbrechen die Religion missbraucht wurde.

#13:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 06.10.2014, 21:31
    —
Schlumpf hat folgendes geschrieben:
M. E. stehlen sich Das Christentum und der Islam viel zu schnell aus der Verantwortung, wenn sie vorschnell behaupten, dass bei religiös motivierten Kriegen oder Verbrechen die Religion missbraucht wurde.


Genau. Sehe ich auch so.

#14:  Autor: Observer BeitragVerfasst am: 06.10.2014, 21:49
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sehr gut hat folgendes geschrieben:

Ist für dein Thread-Eingangsposting nur die Ideologie relevant oder nur die Nach-Tod-Seite, oder beides zusammen?


Wie gesagt, erstmal würde mich das Besondere interessieren, also Nach-Tod-Seite + X
Mir ist noch die lange geschichtliche Tradition eingefallen, die Religion auszeichnet. Und der Universalanspruch, was Wahrheit und Gültigkeit der Lehren angeht. Am Besten sollten ja alle Menschen auf der Welt missioniert werden und dadurch "gerettet". Andere Ideologien sind da räumlich eher beschränkt würd ich mal sagen.

Schlumpf hat folgendes geschrieben:
Wenn Religion so missbraucht werden kann wie derzeit durch ISIS oder früher durch Christen, wenn Schiiten gegen Sunniten kämpfen, dann muss an der jeweiligen Religion was faul sein. Dann haben die Religionen es zumindest versäumt, überholte Absätze (AT) oder Suren aus ihren hl. Büchern zu streichen.

Stimmt. Die Texte können letztlich alles legitimieren, weil da alles drinsteht oder reininterpretiert wird. Im liberalen Christentum hat die Verwissenschaftlichung (historisch-kritische Methode) da wenigstens einiges aufgeweicht.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Wer nachhaltigen Frieden will, muß also vor allem den Krieg gegen die Vernunft beenden, und das bedeutet: Bildungskampf gegen den Irrationalismus im Allgemeinen und die Religionen im Besonderen.

Habe vorhin was ganz interessantes zum Thema Bildung gefunden. Möglicherweise könnte es schon ein Schritt vorwärts sein, militanten Gläubigen die kritische Auslegung von Texten beizubringen, um sie zur Friedlichkeit zu bringen. Im Umkehrschluss bestätigt das auch die von dir genannte Irrationalität iVm religiösen Texten als Ursache blöder Handlungen. In der Passage ging es um Erfahrungen in Saudi Arabien/Irak mit Möglichkeiten der "Umerziehung" von Terroristen:

http://jessicastern.files.wordpress.com/2010/05/mind-over-martyr_foreign-affairs_januaryfebruary-2010.pdf (S. 99) hat folgendes geschrieben:
Such true believers are good candidates for the kind of ideological reeducation undertaken by Task Force 134 in Iraq and by the prison based deradicalization program in Saudi Arabia. A Saudi official told the group of us who visited the Care Rehabilitation Center in Riyadh last winter that the main reason for terrorism was ignorance about the true nature of Islam. Clerics at the center teach that only the legitimate rulers of Islamic states, not individuals such as Osama bin Laden, can declare a holy war.They preach against takfir and the selective reading of religious texts to justify violence. One participant in the program told us, “Now I understand that I cannot make decisions by reading a single verse. I have to read the whole chapter.”

Wenn das stimmt, wäre es als erster Schritt vlt. sogar besser, die kritische Methode innerhalb der Theologie zu fördern. Wenn man radikalen Gläubigen mit "Gott ist Tod" kommt, ist das vlt. nicht so anschlussfähig und deshalb weniger erfolgversprechend, als wenn man den Schritt über die Religion geht.

#15:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 06.10.2014, 22:34
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Wenn es einen "Mißbrauch" der Religion gibt, müßte es ja auch einen "ordnungsgemäßen" GEbrauch geben, aber worin sollte der bestehen, warum, und wer könnte/dürfte das bestimmen? Religiöse Überzeugungen sind nun mal irrational. Mit ihnen läßt sich jedes beliebige Verhalten begründen, und deshalb sitzen alle Religioten in ein und demselben Boot - egal, ob sie über Leichen gehen, oder nicht. Es gibt also keine Alternative dazu, die Religionen gründlichstmöglich zu beseitigen, wenn man die Welt zu einem friedlicheren Ort machen will.

#16:  Autor: NoReply BeitragVerfasst am: 07.10.2014, 01:23
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Schlumpf hat folgendes geschrieben:
M. E. stehlen sich Das Christentum und der Islam viel zu schnell aus der Verantwortung, wenn sie vorschnell behaupten, dass bei religiös motivierten Kriegen oder Verbrechen die Religion missbraucht wurde.


Welche Verantwortung meinst du? Strafrechtliche, finanzielle, rein moralische?

Ich finde jeder Mensch kann nur für sein eigenes Handeln Verantwortung übernehmen und selbst das ist für viele schon zu viel verlangt.

#17:  Autor: DesperadoxWohnort: Hamburg BeitragVerfasst am: 07.10.2014, 01:51
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Observer hat folgendes geschrieben:


http://jessicastern.files.wordpress.com/2010/05/mind-over-martyr_foreign-affairs_januaryfebruary-2010.pdf (S. 99) hat folgendes geschrieben:
Such true believers are good candidates for the kind of ideological reeducation undertaken by Task Force 134 in Iraq and by the prison based deradicalization program in Saudi Arabia. A Saudi official told the group of us who visited the Care Rehabilitation Center in Riyadh last winter that the main reason for terrorism was ignorance about the true nature of Islam. Clerics at the center teach that only the legitimate rulers of Islamic states, not individuals such as Osama bin Laden, can declare a holy war.They preach against takfir and the selective reading of religious texts to justify violence. One participant in the program told us, “Now I understand that I cannot make decisions by reading a single verse. I have to read the whole chapter.”

Wenn das stimmt, wäre es als erster Schritt vlt. sogar besser, die kritische Methode innerhalb der Theologie zu fördern. Wenn man radikalen Gläubigen mit "Gott ist Tod" kommt, ist das vlt. nicht so anschlussfähig und deshalb weniger erfolgversprechend, als wenn man den Schritt über die Religion geht.

Besonders den von mir gefetteten Satz finde ich sehr bedenklich.Das klingt für mich nicht wie ein Schritt in die richtige Richtung, sondern nur nach Machterhalt für die Mullahs und aktuellen Staatschefs

#18:  Autor: Observer BeitragVerfasst am: 07.10.2014, 10:20
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Desperadox hat folgendes geschrieben:
Observer hat folgendes geschrieben:


http://jessicastern.files.wordpress.com/2010/05/mind-over-martyr_foreign-affairs_januaryfebruary-2010.pdf (S. 99) hat folgendes geschrieben:
Such true believers are good candidates for the kind of ideological reeducation undertaken by Task Force 134 in Iraq and by the prison based deradicalization program in Saudi Arabia. A Saudi official told the group of us who visited the Care Rehabilitation Center in Riyadh last winter that the main reason for terrorism was ignorance about the true nature of Islam. Clerics at the center teach that only the legitimate rulers of Islamic states, not individuals such as Osama bin Laden, can declare a holy war.They preach against takfir and the selective reading of religious texts to justify violence. One participant in the program told us, “Now I understand that I cannot make decisions by reading a single verse. I have to read the whole chapter.”

Wenn das stimmt, wäre es als erster Schritt vlt. sogar besser, die kritische Methode innerhalb der Theologie zu fördern. Wenn man radikalen Gläubigen mit "Gott ist Tod" kommt, ist das vlt. nicht so anschlussfähig und deshalb weniger erfolgversprechend, als wenn man den Schritt über die Religion geht.

Besonders den von mir gefetteten Satz finde ich sehr bedenklich.Das klingt für mich nicht wie ein Schritt in die richtige Richtung, sondern nur nach Machterhalt für die Mullahs und aktuellen Staatschefs

Meine Aussage, "Schritt in die richtige Richtung" habe ich auf die Aussage des Programmteilnehmers bezogen (s.o. zweiter fetter Satz). Diese impliziert ja, dass, wenn eine kritische Methode zumindest ansatzweise eingeführt wird, eine Radikalisierung schonmal schwieriger wird. Natürlich bleibt es mit dieser unausgeprägten Version der kritischen Methode fundamentalistisch, aber eben graduell etwas weniger und man hat den gewünschten Effekt ja erreicht. Ich glaube, bei allen Veränderungen muss man Prozesse unterstützen, die in die gewünschte Richtung zeigen. Man kann ja nicht alle mit Drogen vollpumpen und brainwashen zwinkern

Und die Sache ist doch, ich kann nicht alle Menschen über einen Kamm scheren. Was bringe ich Kindern bei? Wie gehe ich mit militanten Fundamentalisten um? Wie gehe ich mit nichtmilitanten Fundis um? Wie gehe ich mit liberalen Gläubigen um? Was ist mein Ziel? Möchte ich sie verändern oder mich von ihnen abgrenzen und ihnen damit sagen, dass sie dumm sind und ich klug bin? Ähnliches gibt es doch auch beim Umgang mit Nazis, da gibt es Antifa und da gibt es Ausstiegsprogramme wie EXIT. Für mich haben beide Wege ihre Berechtigung.


Zuletzt bearbeitet von Observer am 07.10.2014, 10:42, insgesamt einmal bearbeitet

#19:  Autor: Observer BeitragVerfasst am: 07.10.2014, 10:33
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NoReply hat folgendes geschrieben:
Ich finde jeder Mensch kann nur für sein eigenes Handeln Verantwortung übernehmen und selbst das ist für viele schon zu viel verlangt.


Aber bestehen religiöse Institutionen nicht aus Menschen...und sogar solchen, die auch noch moralische Überlegenheit für sich beanspruchen? Auch Institutionen, Organisationen, Staaten, Unternehmen, Kirchen etc. können verantwortlich handeln, müssen das dann aber natürlich immer durch verantwortliche Einzelindividuen bewerkstelligen. Individuum und Kollektiv sind deshalb nicht unabhängig voneinander denkbar. Und beide können mit sozialen Konstrukten wie "Verantwortung" belegt werden.

#20:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 07.10.2014, 10:59
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Die Frage, die zu klären wäre, ist, ob Schlumpfs pauschale Behauptung überhaupt zutrifft.

#21:  Autor: sehr gut BeitragVerfasst am: 07.10.2014, 12:07
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Schlumpf hat folgendes geschrieben:
sehr gut hat folgendes geschrieben:

Ohne den 'Krieg gegen die Drogen' (US-Doktrin) würde dem grausamen Krieg in Mexiko quasi der Sauerstoff entzogen, weil der Krieg von der Illegalität bzw der Nicht-Regulierung abhängig ist.

Tolle Logik! Wenn man vor den Banden kapituliert und ihr Tun für legal erklärt, dann entzieht man ihnen den Boden?
Das hat mit Religion und religiös begründeten Kriegen nicht zu tun.

In diesem Thread wird über die Zusammenhänge von "Religion" (Ideologie+) und Kriegen diskutiert. Und da ist dieser Krieg in Mexiko der ohne einer US-Doktrin so nicht exitieren würde als Anschauung gegeben.

Da Radikale regelrecht herangezüchtet wurden (zB Afghanistan) oder hintenrum unterstützt wurden (zB Türkei um in Syrien gegen Kurden und Assad zu kämpfen) oder gezielt Sunniten (Seite einer Religion) gestärkt wurden muß man sich schon fragen welchen Einfluss auch auf die Religion die entsprechenden Länder haben und welche Ideologie bzw Religion hinter diesen selbst steht. Verhalten sich Imperialisten oder Zwangsbekehrer so unterschiedlich?

Um eine verbindliche Fatwa (oder Doktrin) auszusprechen braucht man Macht, wenn man gezielt Radikalen ohne Macht diese Macht gibt dann schreibt man selbst eine Erweiterung derer Religion.

#22:  Autor: Schlumpf BeitragVerfasst am: 07.10.2014, 18:00
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NoReply hat folgendes geschrieben:
Schlumpf hat folgendes geschrieben:
M. E. stehlen sich Das Christentum und der Islam viel zu schnell aus der Verantwortung, wenn sie vorschnell behaupten, dass bei religiös motivierten Kriegen oder Verbrechen die Religion missbraucht wurde.


Welche Verantwortung meinst du? Strafrechtliche, finanzielle, rein moralische?

Eher letzteres. Religionen können schuld sein an Streit und Krieg zwischen Völkern, wenn sie feindselige Texte in ihren hl. Büchern haben. Oder wenn sie Intoleranz predigen, z. B. gegen Homosexuelle. Oder wenn sie Fundamentalismus und Fanatismus in ihren Reihen zulassen. Oder wenn Prediger dieser Religionen Hass und Feindseligkeit gegen andere schüren. Ich denke da an manche Imame in Deutschland, an Opus Dei, die Piusbrüder und Evangelikale. Ihre "Lehren" und Predigten können schlimme Folgen haben, wenn die Gläubigen blind annehmen, dass daraus der Wille ihres Gottes spricht.
Zitat:
Ich finde jeder Mensch kann nur für sein eigenes Handeln Verantwortung übernehmen und selbst das ist für viele schon zu viel verlangt.

Nein, auch Organisationen, Gruppen, Kirchen usw. haben Verantwortung. Es wäre allzu billig, Fehlverhalten einer solchen Gruppe auf einzelne Mitglieder abzuwälzen. So wie es z. B. etliche kath. Bischöfe nach den massenhaften Missbräuchen durch Geistliche taten.

#23:  Autor: Schlumpf BeitragVerfasst am: 07.10.2014, 18:03
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Die Frage, die zu klären wäre, ist, ob Schlumpfs pauschale Behauptung überhaupt zutrifft.

Siehe meine Antwort an NoReplay. Und was heißt hier pauschal? Ich habe nicht die ganzen Ursachen von Unfrieden den Religionen zugeschoben, sondern sehr wohl differenziert.

#24:  Autor: Schlumpf BeitragVerfasst am: 07.10.2014, 18:06
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Wenn es einen "Mißbrauch" der Religion gibt, müßte es ja auch einen "ordnungsgemäßen" GEbrauch geben ....

Ein ordnungsgemäßer Gebrauch wäre z. B., wenn Religiöse bessere Menschen wären, weil sie ihre eigenen Gebote befolgen, vor Nächstenliebe überfließen usw. Sind sie bzw. tun sie aber nicht.

#25:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 07.10.2014, 18:21
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Schlumpf hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Die Frage, die zu klären wäre, ist, ob Schlumpfs pauschale Behauptung überhaupt zutrifft.

Siehe meine Antwort an NoReplay. Und was heißt hier pauschal? Ich habe nicht die ganzen Ursachen von Unfrieden den Religionen zugeschoben, sondern sehr wohl differenziert.


Stimmt. Du knüpfst das an die Bedingung der "vorschnellen Behauptung". Dann wolltest Du damit nicht sagen, daß sich Religiöse nicht gegen die Instrumentalisierung ihrer Religion (zum Beispiel um einen Krieg anzuheizen) verwahren dürfen .

#26:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 07.10.2014, 18:52
    —
Schlumpf hat folgendes geschrieben:
Ein ordnungsgemäßer Gebrauch wäre z. B., wenn Religiöse bessere Menschen wären, weil sie ihre eigenen Gebote befolgen, vor Nächstenliebe überfließen usw. Sind sie bzw. tun sie aber nicht.


Wie kann man ein "besserer Mensch" sein, indem man Gebote befolgt, sich also antimoralisch verhält? Was hat das Vorhandensein einer bestimmten Emotion mit Ethik zu tun? Wie soll Ethik überhaupt funktionieren, wenn sie mit unprüfbaren und falschen Behauptungen operiert? Es muß endlich begriffen werden, daß Religion und Ethik einander AUSSCHLIESSEN, denn eine Handlung oder Unterlassung kann nur entweder religiös, oder ethisch motiviert sein. Wenn man die Menschheitsgeschichte vor dem Hintergrund dieser Erkenntnis noch einmal betrachtet, erschließt sich auch sofort, warum die Welt in diesem grauenvollen Zustand ist.

#27:  Autor: Waschmaschine777 BeitragVerfasst am: 07.10.2014, 19:21
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Schlumpf hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Wenn es einen "Mißbrauch" der Religion gibt, müßte es ja auch einen "ordnungsgemäßen" GEbrauch geben ....

Ein ordnungsgemäßer Gebrauch wäre z. B., wenn Religiöse bessere Menschen wären, weil sie ihre eigenen Gebote befolgen, vor Nächstenliebe überfließen usw. Sind sie bzw. tun sie aber nicht.


Wenn sie ihre Gebote befolgten, dann müssten sie vor Nächstenliebe überfließend Schwule und unfolgsame Söhne steinigen. Also sei froh, dass in heutiger Zeit kaum einer einen "ordnungsgemäßen Gebrauch" von der Religion macht.

#28:  Autor: Schlumpf BeitragVerfasst am: 07.10.2014, 19:34
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Waschmaschine777 hat folgendes geschrieben:

Wenn sie ihre Gebote befolgten, dann müssten sie vor Nächstenliebe überfließend Schwule und unfolgsame Söhne steinigen. Also sei froh, dass in heutiger Zeit kaum einer einen "ordnungsgemäßen Gebrauch" von der Religion macht.

Lachen
Ich dachte dabei an die Zehn Gebote, nicht ans alte Testament. Ich habe schon mehrfach im Freigeisterhaus geschrieben, dass ich die RKK für einigermassen gezähmt halte, weil es neben den hörigen Gläubigen auch solche gibt, die kritisch mitdenken, ferner Andersgläubige und Atheisten, die sich vieles nicht mehr bieten lassen würden, was früher möglich war.

#29:  Autor: Schlumpf BeitragVerfasst am: 07.10.2014, 19:40
    —
zelig hat folgendes geschrieben:

Stimmt. Du knüpfst das an die Bedingung der "vorschnellen Behauptung". Dann wolltest Du damit nicht sagen, daß sich Religiöse nicht gegen die Instrumentalisierung ihrer Religion (zum Beispiel um einen Krieg anzuheizen) verwahren dürfen .

Natürlich nicht. Es wäre das Schlimmste überhaupt, wenn eine große Religion lauter hörige, kritiklose Anhänger hätte. Im Namen eines Gottes können die schlimmsten Verbrechen initiiert werden.

#30:  Autor: Schlumpf BeitragVerfasst am: 07.10.2014, 19:50
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Schlumpf hat folgendes geschrieben:
Ein ordnungsgemäßer Gebrauch wäre z. B., wenn Religiöse bessere Menschen wären, weil sie ihre eigenen Gebote befolgen, vor Nächstenliebe überfließen usw. Sind sie bzw. tun sie aber nicht.


Wie kann man ein "besserer Mensch" sein, indem man Gebote befolgt, sich also antimoralisch verhält?

Nanu! Die Religionsprofis sind doch berufsmäßige Moralprediger.
Zitat:
Es muß endlich begriffen werden, daß Religion und Ethik einander AUSSCHLIESSEN, denn eine Handlung oder Unterlassung kann nur entweder religiös, oder ethisch motiviert sein. Wenn man die Menschheitsgeschichte vor dem Hintergrund dieser Erkenntnis noch einmal betrachtet, erschließt sich auch sofort, warum die Welt in diesem grauenvollen Zustand ist.

Ich finde, dass du zu hart urteilst. Religionen haben nun mal die Kultur und Ethik der Staaten stark mitgeprägt. Mir wäre es auch lieber, wenn sie langsam verschwinden würden, ohne dass sich die Leichtgläubigen Ersatzreligionen und anderem esoterischem Blödsinn anschließen.

#31: Re: Religion, Religiösität und Religionskriege Autor: smallie BeitragVerfasst am: 07.10.2014, 20:19
    —
Willkommen im Forum, Observer.

Dein "Einstandsbeitrag" gefällt mir sehr.


Observer hat folgendes geschrieben:
Es wird zunehmend darüber diskutiert, ob Religion oder Religiösität tatsächlich für Religionskriege verantwortlich sind. Aus dem religiösen Lager werden häufig politische, soziale oder kulturelle Spannungen als Ursachen angeführt. Nein, die Religion habe mit solch widerwärtigen Handlungen von Menschen nichts zu tun.


Ich gehöre nicht zum religiösen Lager, denke aber trotzdem, daß politische, soziale oder kulturelle Spannungen als Ursachen für Kriege nicht unterschätzt werden sollten. Daß Religion gar nichts damit zu tun haben sollte, denke ich allerdings nicht.

Dieses Zitat zu den Kreuzzügen sagt es besser, als ich es je könnte:

Zitat:
Der Soldat - Ein Nachruf
Wolf Schneider (2014)


Zum ersten der großen Kreuzzüge - derer, mit denen das Heilige Grab in Jerusalem befreit werden sollte - hatte 1095 Papst Urban II. aufgerufen. Jeder, der fallen oder unterwegs sterben würde, werde ein "Märtyrer Gottes" sein, jedem Teilnehmer würden allein kraft der Teilnahme alle Sünden vergeben - und alle Schulden erlassen.

[...]

Die große Idee, die am Anfang der Kreuzzüge gestanden haben mag, entartete zunächst zu reiner Macht- und Wirtschaftspolitik. Die italienischen Stadtstaaten Venedig, Genua und Pisa nahmen die Chance wahr, den Handel mit den begehrten Produkten des Orients - Gewürzen, Parfüm und Seide - an sich zu ziehen, sie halfen zu diesem Zweck bei der Eroberung wichtiger Häfen Palästinas und häuften so mit Hilfe der Kreuzugsidee ungeheure Reichtümer an.

Den Kaufleuten von Venedig gelang es sogar, das Kreuzritterheer dafür zu gewinnen, dass es gar nicht über die heidnischen Türken, sondern über das christliche Konstantinopel herfiel, Venedigs letzten großen Konkurrenten für den Orienthandel. Erbstreitigkeiten um den byzantinischen Thron und die Weigerung des ohnehin nicht rechtgläubigen Kaisers, den Kreuzrittern die versprochenen Hilfsgelder zu zahlen, genügten dem frommen Herr, um die Riesenstadt zu plündern. Franken und Venezianer teilten sich die Beute. [...] So war denn der Ritterumhang mit dem Kreuz darauf wirklich nur die Fahne, die die häufigste aller Kriegsursachen zudeckte: die Beutegier.

Die Kreuzzüge waren also: Religionskriege im idealen Sinn der Befreiung des Heiligen Grabes, zugleich Machtkämpfe gegen den Islam und gegen die abtrünnige byzantinische Kirche; Kriege herkömmlicher Art, denen die Religion als Schmuck und Vorwand diente; eine fränkische Völkerwanderung in den Orient und die Landnahme abendländischer Fürsten dortselbst; ein Wirtschaftskrieg der italienischen Seemächte gegen das türkische und das byzantinische Reich. [...]

Seite 243

Analoges wird sich über viele "Religionskriege" sagen lassen.

#32:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 07.10.2014, 20:19
    —
Schlumpf hat folgendes geschrieben:
Nanu! Die Religionsprofis sind doch berufsmäßige Moralprediger.


Meinen sie - fälschlicherweise. Wer Gebote befolgt, übt Gehorsam, und Gehorsam ist das Gegenteil von moralischem Verhalten, weil er im vorsätzlichen Verzicht auf ethische Abwägungen besteht.

Schlumpf hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Es muß endlich begriffen werden, daß Religion und Ethik einander AUSSCHLIESSEN, denn eine Handlung oder Unterlassung kann nur entweder religiös, oder ethisch motiviert sein. Wenn man die Menschheitsgeschichte vor dem Hintergrund dieser Erkenntnis noch einmal betrachtet, erschließt sich auch sofort, warum die Welt in diesem grauenvollen Zustand ist.

Ich finde, dass du zu hart urteilst.


Ich stelle doch lediglich einen logischen Sachverhalt dar. Keine religiös motivierte Handlung oder Unterlassung ist JEMALS moralisch - nicht einmal dann, wenn sie zufällig mit dem ethisch Erforderlichen übereinstimmen sollte. Schließlich wird auch Würfeln nicht noch nachträglich zu einem Rechenprozess, nur weil das Ergebnis der korrekten Lösung einer mathematischen Aufgabe entspricht.

Schlumpf hat folgendes geschrieben:
Religionen haben nun mal die Kultur und Ethik der Staaten stark mitgeprägt. Mir wäre es auch lieber, wenn sie langsam verschwinden würden, ohne dass sich die Leichtgläubigen Ersatzreligionen und anderem esoterischem Blödsinn anschließen.


Darin sind wir uns volkommen einig (obwohl ich auch gegen ein ausgesprochen RASCHES Verschwinden der Religionen nichts einzuwenden hätte).

#33:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 08.10.2014, 00:26
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Ich stelle doch lediglich einen logischen Sachverhalt dar. Keine religiös motivierte Handlung oder Unterlassung ist JEMALS moralisch - nicht einmal dann, wenn sie zufällig mit dem ethisch Erforderlichen übereinstimmen sollte. Schließlich wird auch Würfeln nicht noch nachträglich zu einem Rechenprozess, nur weil das Ergebnis der korrekten Lösung einer mathematischen Aufgabe entspricht.

Das ist ein für die Komplexität ethischer Fragestellungen viel zu simpler moralischer Formalismus. Wenn man das bis zum Ende durchdenkt, bleibt wie bei Kant am Ende nur noch der bloße "gute Wille" als das einzige Moralische überhaupt übrig. Was, wie schon Hegel bemerkt hat (und nach ihm noch Marx und Nietzsche), leider verdammt wenig ist. Selbst Kant war aber immerhin clever genug, zuzugestehen, dass eine der moralischen Pflicht entsprechende Handlung aus falschen Beweggründen zumindest nicht unmoralisch ist, was bei dir völlig fehlt. Die Ironie an der Geschichte ist, dass du von einer ethischen Position aus gegen die Religionen argumentierst, die selbst strukturell deutlich christlich geprägt, nämlich protestantisch ist.

Ach ja, ethische Probleme mit Rechenaufgaben zu vergleichen ist m.E. auch fast Realsatire.

#34:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 08.10.2014, 07:01
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Ich stelle doch lediglich einen logischen Sachverhalt dar. Keine religiös motivierte Handlung oder Unterlassung ist JEMALS moralisch - nicht einmal dann, wenn sie zufällig mit dem ethisch Erforderlichen übereinstimmen sollte. Schließlich wird auch Würfeln nicht noch nachträglich zu einem Rechenprozess, nur weil das Ergebnis der korrekten Lösung einer mathematischen Aufgabe entspricht.

Das ist ein für die Komplexität ethischer Fragestellungen viel zu simpler moralischer Formalismus.


Durchaus nicht. Eine Handlung oder Unterlassung ist nur dann moralisch, wenn sie ethisch motiviert ist, und ethische Motivation ist - maximal vereinfacht ausgedrückt - das Streben nach Leidvermeidung. Bestünde der Zweck der Ethik hingegen darin, sich "Gottes" Wohlwollen zu erkaufen, indem man seinem (unprüfbaren) Willen folgt, müßte man ALLE so begründeten Handlungen als moralisch akzeptieren - egal, ob Selbstmordanschläge, oder die Gründung sozialer Projekte. Natürlich ist das absurd.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Selbst Kant war aber immerhin clever genug, zuzugestehen, dass eine der moralischen Pflicht entsprechende Handlung aus falschen Beweggründen zumindest nicht unmoralisch ist,


Solche Handlungen bezeichne ich als "unschädlich". Dennoch sind sie unmoralisch und insofern auch nicht vorbildhaft. Nur Handlungen und Unterlassungen, die 1. auf bestmögliche Leidvermeidung ausgerichtet sind und 2. dieses Ziel mindestens annäherungsweise erreichen, können als Vorbild dienen. Es müssen dafür also immer BEIDE Aspekte gegeben und bekannt sein.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ach ja, ethische Probleme mit Rechenaufgaben zu vergleichen ist m.E. auch fast Realsatire.


Es ging mir nur um den Hinweis auf das logische Identitätsprinzip - nichts anderes.

#35:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 08.10.2014, 08:24
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Nur Handlungen und Unterlassungen, die 1. auf bestmögliche Leidvermeidung ausgerichtet sind und 2. dieses Ziel mindestens annäherungsweise erreichen, können als Vorbild dienen.

*seufz* Der Mix aus schlechtem Kantianismus und schlichtem Utilitarismus ist leider eine recht typische Ideologie unserer Zeit. Leider wird dabei zusammengeschraubt, was nicht zusammenpasst. Kennst du Stanislaw Lems "Experimenta Felicitologica"? Die gibt's auch online, einfach mal googeln und dann lesen.

Dass Leidvermeidung und pflichtethischer Rigorismus nicht zusammen passen, zeigt schon folgendes einfache Beispiel: Nehmen wir an, jemand erfindet eine Methode, um in Sekundenschnelle und ohne Schmerzen die ganze Menschheit auszulöschen. Da dadurch alles zukünftige menschliche Leid beseitigt wäre, wäre der sofortige Einsatz dieser Methode nach deinen Kriterien das Beispiel für eine moralisch vorbildliche und gebotene Handlung. Verzeihung, aber das kannst du nicht ernst meinen.

Ohne einen Begriff von Autonomie kommt keine konsistente Pflichtethik aus. Jemandes Leid gegen seinen Willen zu verringern ist aus deontologischer Sicht per se unmoralisch, aus utilitaristischer Sicht hingegen gerade moralisch geboten. Schon daran zeigt sich, dass eine auf Absichten bzw. Maximen abzielende Pflichtethik und ein allein auf Leidvermeidung abgestellter Utilitarismus zwei schlichtweg inkompatible ethische Grundsätze sind.

#36:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 08.10.2014, 09:12
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Nur Handlungen und Unterlassungen, die 1. auf bestmögliche Leidvermeidung ausgerichtet sind und 2. dieses Ziel mindestens annäherungsweise erreichen, können als Vorbild dienen.

*seufz* Der Mix aus schlechtem Kantianismus und schlichtem Utilitarismus ist leider eine recht typische Ideologie unserer Zeit.


Korrektur: ich bin Negativer Utilitarist und muß mich nach dem, was ich über Kants "Ethik" weiß, als Anti-Kantianer bezeichnen. Ich folge keiner "Ideologie", sondern bemühe mich lediglich darum, anderen empfindungsfähigen Wesen zuzugestehen, was ich mir auch für mich selbst wünsche, nämlich ein möglichst leidfreies Leben.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Nehmen wir an, jemand erfindet eine Methode, um in Sekundenschnelle und ohne Schmerzen die ganze Menschheit auszulöschen. Da dadurch alles zukünftige menschliche Leid beseitigt wäre, wäre der sofortige Einsatz dieser Methode nach deinen Kriterien das Beispiel für eine moralisch vorbildliche Handlung.


Erstens ist das Unsinn, weil es moralischen Menschen um möglichst leidfreies LEBEN geht, weshalb sie auf diese Idee gar nicht kämen, und zweitens ist die Entwicklung und Geheimhaltung einer solchen Methode praktisch ausgeschlossen.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ohne einen Begriff von Autonomie kommt keine konsistente Pflichtethik aus.


Was hast Du nur immer mit dem Pflichtbegriff? Den habe ich noch nicht EINmal verwendet. Überhaupt hat er für mich in ethischer Hinsicht nur den Sinn, daß ich verpflichtet bin, die Interessen anderer leidensfähiger Wesen nach dem Gleichheitsprinzip zu berücksichtigen, wenn ich das auch für mich fordere und Zuwiderhandlungen beanstanden dürfen möchte.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Jemandes Leid gegen seinen Willen zu verringern ist aus deontologischer Sicht per se unmoralisch, aus utilitaristischer Sicht hingegen gerade moralisch geboten.


NOCH mehr Unsinn, denn natürlich geht es um die Vermeidung UNERWÜNSCHTEN Leides (falls das nicht ohnehin ein Pleonasmus ist).


Zuletzt bearbeitet von Ascanius am 08.10.2014, 09:30, insgesamt einmal bearbeitet

#37:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 08.10.2014, 09:29
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Korrektur: ich bin Negativer Utilitarist und muß mich nach dem, was ich über Kants "Ethik" weiß, als Anti-Kantianer bezeichnen.

Warum argumentierst du dann erst kantisch?

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Erstens ist das Unsinn, weil es moralischen Menschen um ein möglichst leidfreies LEBEN geht [...]

Das hast du aber nicht geschrieben. Im Übrigen fehlt mir da die Begründung.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Was hast Du nur immer mit dem Pflichtbegriff? Den habe ich noch nicht EINmal verwendet.

Äh - du hast argumentiert, dass es nicht nur auf die Handlung und ihre Folgen ankäme, sondern auf die Absichten. Und das ist eine pflichtethische Argumentation und eben keine utilitaristische.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
NOCH mehr Unsinn, denn natürlich geht es um die Vermeidung UNERWÜNSCHTEN Leides [...]

Nochmal: Das hast du aber nicht geschrieben. Und auch da fehlt mir wieder die Begründung.

#38:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 08.10.2014, 10:11
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Korrektur: ich bin Negativer Utilitarist und muß mich nach dem, was ich über Kants "Ethik" weiß, als Anti-Kantianer bezeichnen.

Warum argumentierst du dann erst kantisch?


Das ist einzig Deine Interpretation.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Erstens ist das Unsinn, weil es moralischen Menschen um ein möglichst leidfreies LEBEN geht [...]

Das hast du aber nicht geschrieben.


Das versteht sich doch von selbst. Schließlich habe ich NICHT behauptet, der Zweck der Ethik sei ein möglichst schmerzloser TOD.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Im Übrigen fehlt mir da die Begründung.


Der Wunsch ist die Begründung. Wer möglichst leidfrei leben möchte, wird das nur unter Menschen tun können, die das auch ihrerseits wollen, sich dessen bewußt sind und sich entsprechend verhalten. Ethik ist die Anleitung zu einem solchen Verhalten.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Was hast Du nur immer mit dem Pflichtbegriff? Den habe ich noch nicht EINmal verwendet.

Äh - du hast argumentiert, dass es nicht nur auf die Handlung und ihre Folgen ankäme, sondern auf die Absichten. Und das ist eine pflichtethische Argumentation und eben keine utilitaristische.


Man kann doch das Ziel der Leidfreiheit nicht zuverlässig erreichen, ohne es auch anzustreben. Moralisches Handeln ist also untrennbar mit ethischem Streben verbunden und muß natürlich auch so vermittelt werden.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
NOCH mehr Unsinn, denn natürlich geht es um die Vermeidung UNERWÜNSCHTEN Leides [...]

Nochmal: Das hast du aber nicht geschrieben.


Auch das versteht sich von selbst, wenn man den Leidbegriff nur auf NEGATIVE Empfindungen anwendet.

#39:  Autor: Zumsel BeitragVerfasst am: 08.10.2014, 10:25
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Ich stelle doch lediglich einen logischen Sachverhalt dar. Keine religiös motivierte Handlung oder Unterlassung ist JEMALS moralisch - nicht einmal dann, wenn sie zufällig mit dem ethisch Erforderlichen übereinstimmen sollte. Schließlich wird auch Würfeln nicht noch nachträglich zu einem Rechenprozess, nur weil das Ergebnis der korrekten Lösung einer mathematischen Aufgabe entspricht.

Das ist ein für die Komplexität ethischer Fragestellungen viel zu simpler moralischer Formalismus.


Durchaus nicht. Eine Handlung oder Unterlassung ist nur dann moralisch, wenn sie ethisch motiviert ist, und ethische Motivation ist - maximal vereinfacht ausgedrückt - das Streben nach Leidvermeidung.


Und wenn der religiöse Eiferer seinen aggressiven Missionsdrang nun mit dem Wunsch begründet, möglichst Viele vor dem Höllenfeuer zu retten? Mehr Streben nach Leidminimierung geht doch wohl nicht.

Das trifft übrigens nicht nur auf religiöse, sondern auch auf politische Eiferer zu. Sendungsbewusstsein geht immer mit dem Wunsch nach einer besseren Welt einher.

#40:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 08.10.2014, 10:52
    —
Zumsel hat folgendes geschrieben:
Und wenn der religiöse Eiferer seinen aggressiven Missionsdrang nun mit dem Wunsch begründet, möglichst Viele vor dem Höllenfeuer zu retten? Mehr Streben nach Leidminimierung geht doch wohl nicht.


Da dieses Streben ursprünglich aus religiösen Überzeugungen abgeleitet wird, ist es religiös und eben NICHT ethisch. Überhaupt kann Ethik nur funktionieren, wenn sie auf möglichst zutreffende Erkenntnisse über die Welt zurückgreift. Kurzum: ohne Wissenschaft keine funktionale Ethik.

#41:  Autor: Zumsel BeitragVerfasst am: 08.10.2014, 11:23
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:
Und wenn der religiöse Eiferer seinen aggressiven Missionsdrang nun mit dem Wunsch begründet, möglichst Viele vor dem Höllenfeuer zu retten? Mehr Streben nach Leidminimierung geht doch wohl nicht.


Da dieses Streben ursprünglich aus religiösen Überzeugungen abgeleitet wird, ist es religiös und eben NICHT ethisch. Überhaupt kann Ethik nur funktionieren, wenn sie auf möglichst zutreffende Erkenntnisse über die Welt zurückgreift. Kurzum: ohne Wissenschaft keine funktionale Ethik.


Das würde ich historisch mal bestreiten wollen.
Der Punkt auf den ich hinauswollte war aber, dass so gut wie jede soziale oder politische Initiative vorgibt darauf abzuziehlen, etwas Gutes für die Allgemeinheit bewirken zu wollen. Was du als ethische Bedingung formulierst ist nach meinem Verständnis schlicht Bestandteil der Legitimation jedes gesellschaftlichen Handelns das sich nicht aus purer Selbstherrlichkeit heraus durch seinen bloßen ordinären Egoismus begründet.

#42:  Autor: sehr gut BeitragVerfasst am: 08.10.2014, 11:42
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Schlumpf hat folgendes geschrieben:
Ein ordnungsgemäßer Gebrauch wäre z. B., wenn Religiöse bessere Menschen wären, weil sie ihre eigenen Gebote befolgen, vor Nächstenliebe überfließen usw. Sind sie bzw. tun sie aber nicht.


Wie kann man ein "besserer Mensch" sein, indem man Gebote befolgt, sich also antimoralisch verhält?

Zumal man ein Gesetz nur gegen solche aufstellt die man als falsch ansieht, würde jemand dem Wesen nach (innerlich) dem Gesetz entsprechen dann wären äussere Gesetze nicht notwendig.

Die Existenz eines (äusserlichen) Gesetzes zeigt dass das Wesen dem Gesetz nicht genügt.

Ein "Bestehle andere nicht!" sagt man nur gegenüber einem potentiellem Dieb (in dessem Wesen die Option des Diebstahls integriert ist).

#43:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 08.10.2014, 11:52
    —
Zumsel hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Überhaupt kann Ethik nur funktionieren, wenn sie auf möglichst zutreffende Erkenntnisse über die Welt zurückgreift. Kurzum: ohne Wissenschaft keine funktionale Ethik.


Das würde ich historisch mal bestreiten wollen.


Wie kannst Du das tun? Die Menschheit hat ja noch gar keine ethische Kultur entwickelt, wie an ihrer Geschichte und auch den aktuellen Zuständen auf der Erde unschwer erkennbar ist.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Was du als ethische Bedingung formulierst ist nach meinem Verständnis schlicht Bestandteil der Legitimation jedes gesellschaftlichen Handelns das sich nicht aus purer Selbstherrlichkeit heraus durch seinen bloßen ordinären Egoismus begründet.


Wenn Du das so sehen möchtest, habe ich nichts dagegen. Trotzdem ist systematisches moralisches Verhalten nach wie vor extrem selten. Es gibt also noch viel Entwicklungsarbeit zu leisten.

#44:  Autor: Zumsel BeitragVerfasst am: 08.10.2014, 13:31
    —
sehr gut hat folgendes geschrieben:
Zumal man ein Gesetz nur gegen solche aufstellt die man als falsch ansieht, würde jemand dem Wesen nach (innerlich) dem Gesetz entsprechen dann wären äussere Gesetze nicht notwendig.

Die Existenz eines (äusserlichen) Gesetzes zeigt dass das Wesen dem Gesetz nicht genügt.

Ein "Bestehle andere nicht!" sagt man nur gegenüber einem potentiellem Dieb (in dessem Wesen die Option des Diebstahls integriert ist).


Das finde ich etwas zu simpel gedacht. Ein Gesetz ist im Idealfall so etwas wie eine abstrakte Erinnerungsstütze. Man macht die Erfahrung, dass bestimmte Handlungen unangenehme Konsequenzen haben und formuliert aus dieser Erfahrung heraus ein abstraktes Gebot oder Verbot, denn die Erinnerung an den konkreten Schmerz selbst verblasst mit der Zeit. Im Grunde ist die Verhinderung dieses Vergessens die Basis jeder Kultur.

@ Ascanius

Es fehlte und fehlt aber nur selten an ethischen Konzepten und Theorien, sondern an einer ethischen Praxis. Und das ist m.E. nicht in erster Linie einem Mangel an Wissen über die Welt geschuldet.

#45:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 08.10.2014, 14:32
    —
Zumsel hat folgendes geschrieben:

Es fehlte und fehlt aber nur selten an ethischen Konzepten und Theorien,


Das sehe ich ganz anders, denn ich bin nicht bereit, buchstäblich ALLES Ethik zu nennen, was nur irgendwelche Vorstellungen von "gut" und "böse" oder "richtig" und "falsch" in Handlungsanweisungen umsetzt. Tatsächlich denke ich, daß die Geschichte der Moralphilosophie überhaupt erst mit Bentham begonnen hat, denn er hat entscheidende ethische Fragen zum ersten Mal gestellt und beantwortet.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
sondern an einer ethischen Praxis. Und das ist m.E. nicht in erster Linie einem Mangel an Wissen über die Welt geschuldet.


Wer illusionären Überzeugungen folgt oder nicht genügend zutreffendes Wissen über die Welt hat, ist auch nicht in der Lage, sie gezielt und erfolgreich zum Wohle leidensfähiger Wesen zu ändern. Deshalb kann es eine funktionale Ethik nur OHNE die Religionen und MIT der Wissenschaft geben.

#46:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 08.10.2014, 15:22
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Erstens ist das Unsinn, weil es moralischen Menschen um ein möglichst leidfreies LEBEN geht [...]

Das hast du aber nicht geschrieben.

Das versteht sich doch von selbst.

Nein, tut es nicht. Und ich weiss auch gar nicht, wie man auf die Idee kommen kann, dass es das täte.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Man kann doch das Ziel der Leidfreiheit nicht zuverlässig erreichen, ohne es auch anzustreben.

Das wäre erstmal zu zeigen. Aber das ist ohnehin nicht der Punkt hier. Du verlangst ja nicht nur, dass man Leidvermeidung anstreben soll, sondern dass man sie auch noch aus den richtigen Gründen anstreben soll. Und da ist es eben wirklich überhaupt nicht mehr selbstverständlich, dass sich das Ziel nicht erreichen lässt, wenn die Gründe nicht stimmen. Einem Bentham oder einem Mill käme es jedenfalls gar nicht in den Sinn, ein derart spekulatives Element in die Ethik einzuführen. Oder um es nochmal deutlicher zu sagen: das ist protestantische Seelenerforschung und keine utilitaristische Ethik.

Vollständige Leidfreiheit und Leben schließen sich übrigens gegenseitig aus, aber das nur am Rande.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Moralisches Handeln ist also untrennbar mit ethischem Streben verbunden und muß natürlich auch so vermittelt werden.

Und genau das ist eine pflichtethische Position und keine utilitaristische.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
NOCH mehr Unsinn, denn natürlich geht es um die Vermeidung UNERWÜNSCHTEN Leides [...]

Nochmal: Das hast du aber nicht geschrieben.

Auch das versteht sich von selbst, wenn man den Leidbegriff nur auf NEGATIVE Empfindungen anwendet.

Nein, das versteht sich auch dann nicht von selbst. Bzw. Nietzsche würde sagen: Es versteht sich höchstens für die Schwachen von selbst.

#47:  Autor: NoReply BeitragVerfasst am: 08.10.2014, 17:37
    —
Schlumpf hat folgendes geschrieben:
Eher letzteres. Religionen können schuld sein an Streit und Krieg zwischen Völkern, wenn sie feindselige Texte in ihren hl. Büchern haben. Oder wenn sie Intoleranz predigen, z. B. gegen Homosexuelle. Oder wenn sie Fundamentalismus und Fanatismus in ihren Reihen zulassen. Oder wenn Prediger dieser Religionen Hass und Feindseligkeit gegen andere schüren. Ich denke da an manche Imame in Deutschland, an Opus Dei, die Piusbrüder und Evangelikale. Ihre "Lehren" und Predigten können schlimme Folgen haben, wenn die Gläubigen blind annehmen, dass daraus der Wille ihres Gottes spricht.


Klar gibt es religiöse Menschen, die sich schuldig gemacht haben, streite ich nicht ab, aber dafür kann man nicht der Religion als Ganzes die Schuld geben.

Und bei Texten kommt es auch immer drauf an:
Stalin und Mao beriefen sich auf Texte von Hegel, Marx und Engels.
Die Nazis auf Texte von Nietzsche und Darwin
Breivik auf Texte von Kant, John Stuart Mill, Adam Smith und Broder

Trotzdem finde ich nicht, dass diese Schriftsteller sich für die Taten dieser Verbrecher verantworten müssen. Warum sollte es mit Bibel oder Koran anders sein?

Schlumpf hat folgendes geschrieben:
Es wäre allzu billig, Fehlverhalten einer solchen Gruppe auf einzelne Mitglieder abzuwälzen. So wie es z. B. etliche kath. Bischöfe nach den massenhaften Missbräuchen durch Geistliche taten.


Doch, genau das sollte man. Bei den Nürnberger Prozessen oder den Strafgerichtshöfen für Ruanda und das ehemalige Jugoslawien hat man auch nach der individuellen Schuld jedes einzelnen Angeklagten gesucht. Man sollte die wirklich Schuldigen sich nicht mit Floskeln wie "Alle haben Fehler gemacht" oder "Keiner ist ganz unschuldig" herausreden lassen.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Durchaus nicht. Eine Handlung oder Unterlassung ist nur dann moralisch, wenn sie ethisch motiviert ist, und ethische Motivation ist - maximal vereinfacht ausgedrückt - das Streben nach Leidvermeidung.
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Korrektur: ich bin Negativer Utilitarist und muß mich nach dem, was ich über Kants "Ethik" weiß, als Anti-Kantianer bezeichnen. Ich folge keiner "Ideologie", sondern bemühe mich lediglich darum, anderen empfindungsfähigen Wesen zuzugestehen, was ich mir auch für mich selbst wünsche, nämlich ein möglichst leidfreies Leben.


Als relativ Liberaler teile deine ethischen Vorstellungen nicht:
1. Ich gestehe jedem Menschen zu das eigene Wohl in Maßen über das anderer zu stellen. Das jeder immer an alle denken muss halte ich für vollkommen unpraktikabel und auch nicht für lebenswert.
2. Zwinge ich andere nur in Extremfällen dazu Dinge zu unterlassen, die ich für leidverursachend halte. Wenn beispielsweise jemand rauchen möchte, rate ich ihm davon ab, aber überlasse die Entscheidung letztlich ihm selbst. Ich bin schließlich auch nicht unfehlbar.

Mich graut es wenn ich mir utilitaristische Utopien wie Brave New World oder die Ideen Jeremy Benthams anhöre. Es sind doch meist grauenhaft repressive Polizeistaaten, in denen Freiheit keinen Platz mehr hat und das Leben genauso gut durch Roboter gelebt werden könnte statt durch Menschen.

#48:  Autor: Jesus ChristusWohnort: Tartaros BeitragVerfasst am: 08.10.2014, 17:46
    —
http://de.wikipedia.org/wiki/Mozi#Mozis_gesellschaftliches_Ideal_.E2.80.93_die_allgemeine_N.C3.A4chstenliebe_und_der_gegenseitige_Nutzen

#49:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 08.10.2014, 18:06
    —
NoReply hat folgendes geschrieben:
Die Nazis auf Texte von Nietzsche und Darwin

Das ist ein weit verbreiteter Irrtum. Darwin hat bei den Nazis nur eine vergleichbar geringe Rolle gespielt und Nietzsche spielt systematisch sogar überhaupt nur bei Alfred Baeumler überhaupt eine Rolle und taucht sonst in Nazi-Texten fast nie auf. Einer von Hitlers Haupteinflüssen war wohl Richard Wagner, der auch von Goebbels und Rosenberg in Reden mehrfach zitiert wird. Tatsächlich kann man die Idee der "Endlösung der Judenfrage" in beinahe schmerzhafter Explizitheit bereits in Wagners Schrift "Erkenne dich selbst" finden. Ansonsten spielt u.A. die Berufung auf Kant, Fichte und Schelling eine wichtige Rolle, aber natürlich auch auf Antisemiten und Rassentheoretiker des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts wie etwa Chamberlain.

NoReply hat folgendes geschrieben:
Trotzdem finde ich nicht, dass diese Schriftsteller sich für die Taten dieser Verbrecher verantworten müssen.

Wie zum Beispiel aus dem emanzipatorischen Projekt des Marxismus die "totalitären" Deviationen im 20. Jahrhundert hervorgehen konnten und welche Teile der Marxschen Theorie sich diese Richtungen selektiv zueigen machten, ist schon eine interessante Frage. Auch die Frage, welche Aspekte der Philosophien z.B. Kants oder Fichtes eine Vereinnahmung durch NS-Denker erlaubten, ist keineswegs uninteressant. Man muss halt nur von diesem unsinnigen Moralismus wegkommen, der letztlich ja doch auf der irrigen Vorstellung basiert, man selbst sei gegen Manipulation immun, und der einem nur die Sicht auf die Zusammenhänge versperrt.


Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 08.10.2014, 18:15, insgesamt 4-mal bearbeitet

#50:  Autor: sehr gut BeitragVerfasst am: 08.10.2014, 18:12
    —
Zumsel hat folgendes geschrieben:
sehr gut hat folgendes geschrieben:
Zumal man ein Gesetz nur gegen solche aufstellt die man als falsch ansieht, würde jemand dem Wesen nach (innerlich) dem Gesetz entsprechen dann wären äussere Gesetze nicht notwendig.

Die Existenz eines (äusserlichen) Gesetzes zeigt dass das Wesen dem Gesetz nicht genügt.

Ein "Bestehle andere nicht!" sagt man nur gegenüber einem potentiellem Dieb (in dessem Wesen die Option des Diebstahls integriert ist).


Das finde ich etwas zu simpel gedacht. Ein Gesetz ist im Idealfall so etwas wie eine abstrakte Erinnerungsstütze. Man macht die Erfahrung, dass bestimmte Handlungen unangenehme Konsequenzen haben und formuliert aus dieser Erfahrung heraus ein abstraktes Gebot oder Verbot, denn die Erinnerung an den konkreten Schmerz selbst verblasst mit der Zeit. Im Grunde ist die Verhinderung dieses Vergessens die Basis jeder Kultur.

Man muss Menschen immer wieder daran erinnern das sie andere nicht ermorden oder bestehlen sollen?

Ein Gesetz zeigt was man sein sollte, aber nicht ist. Nur potentielle Diebe und Mörder muß man immer wieder daran erinnern das morden und stehlen nicht erlaubt ist.
Ein Wesen in dem dieses Verhalten nicht enthalten ist bräuchte das Gesetz nicht.

#51:  Autor: HatioraWohnort: Frankfurt BeitragVerfasst am: 08.10.2014, 18:57
    —
sehr gut hat folgendes geschrieben:

Ein Wesen in dem dieses Verhalten nicht enthalten ist bräuchte das Gesetz nicht.

Dieses Verhalten ist in Menschen aber halt auch drin... bzw. die Möglichkeit dazu.

#52:  Autor: sehr gut BeitragVerfasst am: 08.10.2014, 19:41
    —
Hatiora hat folgendes geschrieben:
sehr gut hat folgendes geschrieben:

Ein Wesen in dem dieses Verhalten nicht enthalten ist bräuchte das Gesetz nicht.

Dieses Verhalten ist in Menschen aber halt auch drin... bzw. die Möglichkeit dazu.

Damit sagst du aber das Religionen nicht Ursache von Kriegen sind(=Thread-Thema), Ideologien+ nutzen dann nur Teile im Menschen die "drin" sind.
Problem wäre dann also der Mensch selbst, das dies in ihm drin ist. Oder?

#53:  Autor: Schlumpf BeitragVerfasst am: 08.10.2014, 19:41
    —
NoReply hat folgendes geschrieben:

Klar gibt es religiöse Menschen, die sich schuldig gemacht haben, streite ich nicht ab, aber dafür kann man nicht der Religion als Ganzes die Schuld geben.

Zitat:
Doch, genau das sollte man. Bei den Nürnberger Prozessen oder den Strafgerichtshöfen für Ruanda und das ehemalige Jugoslawien hat man auch nach der individuellen Schuld jedes einzelnen Angeklagten gesucht.

Wenn es sich um die führenden Köpfe in einer Religion oder einer Dikataur handelt, dann muss zwangsläufig die Religion oder das System eine Mitschuld haben, weil sie dieses ermöglicht hat. Die Weltreligionen sind schon recht alt. Sie müssen sich notgedrungen mit der Zeit ändern, denn was für die kriegerischen Zeiten ihrer Ausbreitung galt, kann heute falsch und destruktiv sein. D. h. wer die Bibel oder den Koran zu wörtlich nimmt, kann ein gefährlicher Fanatist sein. Religion kann abhängig vom Bildungsstand einer Gesellschaft dazu führen, dass eine ganze Region Terror gegen vermeintlich Gottlose und Dekandente hervorbringt (Beispiel Islamismus). Eine sich herausgebildete Folge einer Religion wie z. B. der Zölibat kann dazu führen, dass die Sexual-Moralvorstellungen dieser Religion von Sexualneurotikern bestimmt wurde. Der widernatürliche Zöibat ist m.M.n. auch schuld daran, dass Kleriker fast in der ganzen Welt Kinder und Jugendliche missbraucht haben. Auch das kann man der Religion anlasten. Religion und Kirche als Institituon sind nicht zu trennen.
Zitat:
Man sollte die wirklich Schuldigen sich nicht mit Floskeln wie "Alle haben Fehler gemacht" oder "Keiner ist ganz unschuldig" herausreden lassen.

Ja sicher! Das gilt aber auch für eine Religion mit ihren Texten, Lehren und Folgen daraus sowie dem Verhalten ihrer Führer und Prediger.
Zitat:
Mich graut es wenn ich mir utilitaristische Utopien wie Brave New World oder die Ideen Jeremy Benthams anhöre. Es sind doch meist grauenhaft repressive Polizeistaaten, in denen Freiheit keinen Platz mehr hat und das Leben genauso gut durch Roboter gelebt werden könnte statt durch Menschen.

Das gleiche kann man von sogenannten Gottesstaaten sagen.

#54:  Autor: NoReply BeitragVerfasst am: 08.10.2014, 19:45
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
NoReply hat folgendes geschrieben:
Die Nazis auf Texte von Nietzsche und Darwin

Das ist ein weit verbreiteter Irrtum. Darwin hat bei den Nazis nur eine vergleichbar geringe Rolle gespielt und Nietzsche spielt systematisch sogar überhaupt nur bei Alfred Baeumler überhaupt eine Rolle und taucht sonst in Nazi-Texten fast nie auf. Einer von Hitlers Haupteinflüssen war wohl Richard Wagner, der auch von Goebbels und Rosenberg in Reden mehrfach zitiert wird. Tatsächlich kann man die Idee der "Endlösung der Judenfrage" in beinahe schmerzhafter Explizitheit bereits in Wagners Schrift "Erkenne dich selbst" finden. Ansonsten spielt u.A. die Berufung auf Kant, Fichte und Schelling eine wichtige Rolle, aber natürlich auch auf Antisemiten und Rassentheoretiker des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts wie etwa Chamberlain.


Darwin wurde vielleicht nicht namentlich von den Nazis genannt, was wohl vor allem daran liegt, dass er Engländer war, allerdings denke ich doch, dass die Nazis häufig schon eindeutig evolutionsbiologistisch argumentierten. Meines Wissens heißt ein Kapitel in "Mein Kampf" "Überleben der Stärksten": ein Schlagwort, das zwar nicht direkt von Darwin stammte, aber sich indirekt über Herbert Spencer schon auf Darwin bezieht.

Und auch viele von Nietzsche geprägten Begriffe wie "Herrenmensch" oder "Übermensch" fanden Eingang in das Nazijargon und der Filmtitel "Triumph des Willens" ist eine Anlehnung an Nietzsches "Willen zur Macht". Teilweise war es auch nicht der "echte" Nietzsche, der von den Nazis verehrt wurde, sondern der von seiner Schwester "gefälschte" Nietzsche.

Natürlich pickten sich die Nazis aber auch hier nur die Rosinen heraus, die in ihre Weltanschauung passten. Vieles von Nietzsche und Darwin, das gegenteilig zur Naziideologie stand, wurde ignoriert. Ich würde aber mal behaupten, dass das mit dem Koran und der Bibel auch nicht anders ist. Auch hier picken sich die Extremisten nur die Stellen heraus, die ihre Ideologie unterstützt.

#55:  Autor: Zumsel BeitragVerfasst am: 08.10.2014, 20:29
    —
sehr gut hat folgendes geschrieben:
Man muss Menschen immer wieder daran erinnern das sie andere nicht ermorden oder bestehlen sollen?


Gewissermaßen. Bei grundsätzlichen ethischen Normen geht diese Erinnerung irgendwann in Fleisch und Blut über und erscheint uns so als selbstverständlichkeit. Ist es aber nicht.

sehr gut hat folgendes geschrieben:
Ein Gesetz zeigt was man sein sollte, aber nicht ist. Nur potentielle Diebe und Mörder muß man immer wieder daran erinnern das morden und stehlen nicht erlaubt ist.


Ich verstehe nicht, wie ersteres aus letzterem folgen sollte. Ein potentieller Mörder ist schließlich kein Mörder.

sehr gut hat folgendes geschrieben:
Hatiora hat folgendes geschrieben:
sehr gut hat folgendes geschrieben:

Ein Wesen in dem dieses Verhalten nicht enthalten ist bräuchte das Gesetz nicht.

Dieses Verhalten ist in Menschen aber halt auch drin... bzw. die Möglichkeit dazu.

Damit sagst du aber das Religionen nicht Ursache von Kriegen sind(=Thread-Thema), Ideologien+ nutzen dann nur Teile im Menschen die "drin" sind.
Problem wäre dann also der Mensch selbst, das dies in ihm drin ist. Oder?


Und noch weiter gedacht ist auch gar nicht das Töten das Problem, sondern die dem menschlichen Wesen innewohnende Sterblichkeit, die sich der Mörder nur zu Nutze macht.

#56:  Autor: Schlumpf BeitragVerfasst am: 08.10.2014, 20:37
    —
NoReply hat folgendes geschrieben:

Natürlich pickten sich die Nazis aber auch hier nur die Rosinen heraus, die in ihre Weltanschauung passten. Vieles von Nietzsche und Darwin, das gegenteilig zur Naziideologie stand, wurde ignoriert. Ich würde aber mal behaupten, dass das mit dem Koran und der Bibel auch nicht anders ist. Auch hier picken sich die Extremisten nur die Stellen heraus, die ihre Ideologie unterstützt.

Und die Geistlichen der 3 großen Religionen versäumen es bewußt, den Gläubigen zu erklären, welche Stellen ihres hl. Buches auf keinen Fall mehr ernst genommen werden dürfen. Vermutlich, weil das die "Heiligkeit" des Buches abwerten würde, nicht wahr?

#57:  Autor: NoReply BeitragVerfasst am: 08.10.2014, 20:42
    —
Schlumpf hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Mich graut es wenn ich mir utilitaristische Utopien wie Brave New World oder die Ideen Jeremy Benthams anhöre. Es sind doch meist grauenhaft repressive Polizeistaaten, in denen Freiheit keinen Platz mehr hat und das Leben genauso gut durch Roboter gelebt werden könnte statt durch Menschen.

Das gleiche kann man von sogenannten Gottesstaaten sagen.


Das sehe ich ganz genau so. Ich denke, dass weder religiöse, noch areligiöse Menschen per se besser sind. Nur hatte ich den Eindruck, dass Ascanius den Anspruch hatte, dass areligiöse Menschen besser sind. Anti-pluralistische Extremisten sind meiner Meinung nach das Problem, ob religiös oder nicht.

#58:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 08.10.2014, 20:43
    —
NoReply hat folgendes geschrieben:
Darwin wurde vielleicht nicht namentlich von den Nazis genannt, was wohl vor allem daran liegt, dass er Engländer war [...]

Was hat denn das damit zu tun? Einige Leute, auf die sich die Nazis berufen haben, waren Engländer. Houston S. Chamberlain ist ein gutes Beispiel.

NoReply hat folgendes geschrieben:
[..] allerdings denke ich doch, dass die Nazis häufig schon eindeutig evolutionsbiologistisch argumentierten.

Ja. Nur ist nicht jede irgendwie evolutionsbiologische Argumentation schon ein Bezug zu Darwin. Noch nicht mal dann, wenn sie Zitate und Schlagworte aufnimmt, die Darwin fälschlich zugeschrieben werden. freakteach

NoReply hat folgendes geschrieben:
Und auch viele von Nietzsche geprägten Begriffe wie "Herrenmensch" oder "Übermensch" fanden Eingang in das Nazijargon und der Filmtitel "Triumph des Willens" ist eine Anlehnung an Nietzsches "Willen zur Macht".

Alles, wo "Wille" draufsteht, ist eine Referenz auf Nietzsche? Am Kopf kratzen Der Wille war in der deutschen Philosophie schon sehr viel länger ein wichtiger Bezugspunkt, nicht nur bei Schopenhauer, sondern etwa auch bei Fichte, aber auch bei weniger bekannten Autoren.
Den Begriff "Herrenmensch" hat Nietzsche nicht geprägt und er spielt bei ihm eine kleinere Rolle als bei anderen. Auch der Begriff "Übermensch" findet sich schon früher, auch wenn er natürlich durch Nietzsche populär wurde.

NoReply hat folgendes geschrieben:
Teilweise war es auch nicht der "echte" Nietzsche, der von den Nazis verehrt wurde, sondern der von seiner Schwester "gefälschte" Nietzsche.

Noch nicht mal. Elisabeth Förster hat sich große Mühe gegeben, Nietzsche an die NS-Ideologie anzupassen, aber die Nazis haben nie viel darum gegeben, das in größerem Maße aufzunehmen.

Es gibt einfach außerhalb von Baeumlers Werk keine nennenswerten nachweisbaren Bezüge der Nazis auf Nietzsche.

#59:  Autor: Schlumpf BeitragVerfasst am: 08.10.2014, 21:50
    —
NoReply hat folgendes geschrieben:
Ich denke, dass weder religiöse, noch areligiöse Menschen per se besser sind. Nur hatte ich den Eindruck, dass Ascanius den Anspruch hatte, dass areligiöse Menschen besser sind. Anti-pluralistische Extremisten sind meiner Meinung nach das Problem, ob religiös oder nicht.

Dazu passt folgendes Zitat, ich weiß nur im Moment nicht, von wem es ist:
Zitat:
Mit oder ohne Religion werden gute Menschen Gutes tun und böse Menschen Böses. Aber damit gute Menschen etwas Böses tun, dazu braucht es Religion.

#60:  Autor: Waschmaschine777 BeitragVerfasst am: 09.10.2014, 10:37
    —
Schlumpf hat folgendes geschrieben:
NoReply hat folgendes geschrieben:
Ich denke, dass weder religiöse, noch areligiöse Menschen per se besser sind. Nur hatte ich den Eindruck, dass Ascanius den Anspruch hatte, dass areligiöse Menschen besser sind. Anti-pluralistische Extremisten sind meiner Meinung nach das Problem, ob religiös oder nicht.

Dazu passt folgendes Zitat, ich weiß nur im Moment nicht, von wem es ist:
Zitat:
Mit oder ohne Religion werden gute Menschen Gutes tun und böse Menschen Böses. Aber damit gute Menschen etwas Böses tun, dazu braucht es Religion.


Steven Weinberg.
Wurde schon öfters hier diskutiert.

http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=1891840&highlight=weinberg#1891840

#61:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 09.10.2014, 11:25
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Erstens ist das Unsinn, weil es moralischen Menschen um ein möglichst leidfreies LEBEN geht [...]

Das hast du aber nicht geschrieben.

Das versteht sich doch von selbst.

Nein, tut es nicht. Und ich weiss auch gar nicht, wie man auf die Idee kommen kann, dass es das täte.


Das Streben nach möglichst weitgehender Leidfreiheit ist nun mal nicht IDENTISCH mit dem Streben nach einem möglichst schmerzfreien Tod. Letzteres setzt voraus, daß man nicht mehr leben will, aber wer nicht mehr leben will, braucht auch keine Ethik mehr. Nur lebensWILLIGE Wesen haben Gründe, über Leidvermeidung nachzudenken.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Man kann doch das Ziel der Leidfreiheit nicht zuverlässig erreichen, ohne es auch anzustreben.

Das wäre erstmal zu zeigen. Aber das ist ohnehin nicht der Punkt hier.


Doch, genau das ist hier der Punkt! Was man nicht anstrebt, das kann man auch nur zufällig und unvollständiger als möglich erreichen. Mit Würfeln löst man keine mathematischen Aufgaben, und möglichst weitgehende Leidfreiheit erreicht man nicht, indem man auf IRGENDWAS hinarbeitet. Ethische Abwägungsprozesse sind eh zu komplex, um mit anderen Mitteln, aber derselben Zuverlässigkeit zum selben Ergebnis kommen zu können.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Du verlangst ja nicht nur, dass man Leidvermeidung anstreben soll, sondern dass man sie auch noch aus den richtigen Gründen anstreben soll.


Logischerweise. Wenn man duldet, daß Menschen ihr Verhalten aus unprüfbaren oder falschen Überzeugungen ableiten, muß man ALLE Folgen akzeptieren, die das haben kann - nicht nur jene, die zufällig identisch mit moralischem Verhalten sind. Anderenfalls würde man sich in Widersprüche verwickeln. Genau das geschieht z.B., wenn Religioten einander für ihr Verhalten kritisieren. In ethischer Hinsicht besteht nämlich ÜBERHAUPT KEIN (!!!) Unterschied zwischen einem religiös motivierten Folter-Exzess und der religiös motivierten Stiftung eines Krankenhauses. Ex falso quodlibet - man kann beliebiges Verhalten nicht abstellen, ohne auch mit den falschen Annahmen aufzuräumen, die ihm zugrundeliegen.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Vollständige Leidfreiheit und Leben schließen sich übrigens gegenseitig aus, aber das nur am Rande.


Sone Überraschung...

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Moralisches Handeln ist also untrennbar mit ethischem Streben verbunden und muß natürlich auch so vermittelt werden.

Und genau das ist eine pflichtethische Position und keine utilitaristische.


Es ist mir ziemlich egal, in welche Schublade Du mich stecken willst. Für die ethische Didaktik ist es jedenfalls unabdingbar, das "richtige" Was und das "richtige" Warum als unauflösliche Einheit zu vermitteln.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
NOCH mehr Unsinn, denn natürlich geht es um die Vermeidung UNERWÜNSCHTEN Leides [...]

Nochmal: Das hast du aber nicht geschrieben.

Auch das versteht sich von selbst, wenn man den Leidbegriff nur auf NEGATIVE Empfindungen anwendet.

Nein, das versteht sich auch dann nicht von selbst. Bzw. Nietzsche würde sagen: Es versteht sich höchstens für die Schwachen von selbst.


Dann nimm bitte zur Kenntnis, daß ich AUSSCHLIESSLICH unerwünschte Empfindungen meine, wenn ich den Leidbegriff verwende.

#62:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 09.10.2014, 11:29
    —
NoReply hat folgendes geschrieben:
Als relativ Liberaler teile deine ethischen Vorstellungen nicht:
1. Ich gestehe jedem Menschen zu das eigene Wohl in Maßen über das anderer zu stellen.


Es besteht ein Unterschied zwischen der im Einzelfall psychologisch begründbaren und einer allgemein vorsätzlichen Mißachtung des ethischen Gleichheitsprinzips. Erstere ist leider nicht vollständig vermeidbar, aber es muß klar sein und bleiben, daß es sich um ethisch fehlerhaftes Verhalten handelt, an dem weiter gearbeitet werden muß. Wer allerdings gar nicht erst versucht, das Gleichheitsprinzip möglichst konsequent umzusetzen, verhält sich schlichtweg unmoralisch.

NoReply hat folgendes geschrieben:
Das jeder immer an alle denken muss halte ich für vollkommen unpraktikabel und auch nicht für lebenswert.


Diese zynische Bequemlichkeit kann sich nur erlauben, wer selbst Nutznießer der Zustände ist, die ein moralischer Mensch bekämpfen muß. Zu Deinem Glück wirst Du Dich niemals vor denen verantworten müssen, die unter den Folgen Deines Verhaltens leiden, weil Du in einer Gesellschaft lebst, die Dich von ihnen abschirmt. Die nichtmenschlichen unter ihnen sind auch gar nicht fähig, ihre Interessen geltend zu machen, und eine 1-zu-1-Beziehung zwischen "Täter" und "Opfer" ist ohnehin nur äußerst selten nachvollziehbar. Die einzige Möglichkeit, auf "Liberale" einzuwirken, wäre sozialer Druck, aber wo sollte der in einer Gesellschaft von "Nutznießern" herkommen? So lehne Dich denn entspannt zurück und überlasse die ethische Entwicklung der Menschheit einfach Anderen.

NoReply hat folgendes geschrieben:
2. Zwinge ich andere nur in Extremfällen dazu Dinge zu unterlassen, die ich für leidverursachend halte. Wenn beispielsweise jemand rauchen möchte, rate ich ihm davon ab, aber überlasse die Entscheidung letztlich ihm selbst.


Nikotinisten sind eh meist unbelehrbar, aber das ändert nichts daran, daß Rauchen ethisch unakzeptabel und eben keine "Privatsache" ist.

NoReply hat folgendes geschrieben:
Mich graut es wenn ich mir utilitaristische Utopien wie Brave New World oder die Ideen Jeremy Benthams anhöre. Es sind doch meist grauenhaft repressive Polizeistaaten, in denen Freiheit keinen Platz mehr hat und das Leben genauso gut durch Roboter gelebt werden könnte statt durch Menschen.


U.a. deshalb bin ich NEGATIVER Utilitarist. Überhaupt soll Ethik der SELBSTsteuerung moralischer Subjekte dienen, nicht dem Zwang oder der Repression Anderer.

NoReply hat folgendes geschrieben:
Nur hatte ich den Eindruck, dass Ascanius den Anspruch hatte, dass areligiöse Menschen besser sind.


Sie sind es insofern, als bei ihnen wenigstens eine Teilmenge aller unprüfbaren oder falschen Überzeugungen als Handlungsgrundlage wegfällt. Allerdings gibt es auch nichtreligiöse Irrationalismen, die es zu bekämpfen gilt, weil sie die Funktionalität der Ethik schädigen.

#63:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 09.10.2014, 18:30
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Das Streben nach möglichst weitgehender Leidfreiheit ist nun mal nicht IDENTISCH mit dem Streben nach einem möglichst schmerzfreien Tod.

Noch mal zur Erinnerung: Es geht dir um vollständige Leidfreiheit.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Was man nicht anstrebt, das kann man auch nur zufällig und unvollständiger als möglich erreichen.


Vollständige Leidfreiheit und Leben schließen sich nur eben leider gegenseitig aus. Nietzsche hat's schon richtig gesagt: unter dem Gesichtspunkt "vollständiger" Leidfreiheit wäre es am besten, gar nicht erst geboren worden zu sein. Das Erreichen des Ziels "vollständiger" Leidfreiheit ist das Ende allen Lebens, aber genau das willst du dann eben doch wieder nicht. Nun kannst du natürlich sagen, hier geht es nicht um Vollständigkeit, sondern nur um "so vollständig wie möglich". "Möglichst vollständig, aber dann bitte doch nicht ganz vollständig" ist aber eben inkonsistent. Du kannst kein absolutes Ziel anstreben, das du nicht auch absolut erreichen willst. Der Widerspruch ist deiner Logik immanent. Wenn du auch nur halbwegs konsistent bleiben willst, musst du an diesem Punkt zugeben, dass du eben nicht vollständige - und auch nicht "möglichst vollständige" Leidfreiheit anstrebst. D.h. du musst den Begriff der Vollständigkeit aufgeben. Und damit wird auch dein Argument an dieser Stelle hinfällig.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
In ethischer Hinsicht besteht nämlich ÜBERHAUPT KEIN (!!!) Unterschied zwischen einem religiös motivierten Folter-Exzess und der religiös motivierten Stiftung eines Krankenhauses.

So einen Blödsinn habe ich ja schon lange nicht mehr gehört. Hörst du dir eigentlich selbst zu?


Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 09.10.2014, 19:28, insgesamt einmal bearbeitet

#64:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 09.10.2014, 19:10
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Nikotinisten sind eh meist unbelehrbar, aber das ändert nichts daran, daß Rauchen ethisch unakzeptabel und eben keine "Privatsache" ist.

NoReply hat folgendes geschrieben:
Mich graut es wenn ich mir utilitaristische Utopien wie Brave New World oder die Ideen Jeremy Benthams anhöre. Es sind doch meist grauenhaft repressive Polizeistaaten, in denen Freiheit keinen Platz mehr hat und das Leben genauso gut durch Roboter gelebt werden könnte statt durch Menschen.


U.a. deshalb bin ich NEGATIVER Utilitarist.

Das hat fast etwas Tragisches. In dem Bestreben, nicht totalitär zu werden, wird man totalitär.

Und nein, ich bin kein Raucher, aber trotzdem der Meinung, dass Fundamentalisten wie du möglichst weit von politischen Prozessen ferngehalten werden müssen.

Ach ja, ich hab' bei deinen letzten Postings auch an die Cybermen von "Doctor Who" denken müssen. NoReplys Intuition erscheint mir also gar nicht so abwegig.

#65:  Autor: Samson83 BeitragVerfasst am: 09.10.2014, 20:24
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:

Das hat fast etwas Tragisches. In dem Bestreben, nicht totalitär zu werden, wird man totalitär.

Sollen die Rosse der Revolution vor einem Bordell haltmachen?

Ohne Tugend ist Terror verhängnisvoll, ohne Terror die Tugend machtlos.

Dieser Thread zeigt mal wieder schön, dass Moralisten ein größeres Problem für die Gesellschaft sind als egozentrische Zyniker.

#66:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 09.10.2014, 20:34
    —
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Dieser Thread zeigt mal wieder schön, dass Moralisten ein größeres Problem für die Gesellschaft sind als egozentrische Zyniker.

Was interessiert mich schon "die Gesellschaft"? Mr. Green zwinkern

#67:  Autor: tillich (epigonal) BeitragVerfasst am: 09.10.2014, 20:49
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
NoReply hat folgendes geschrieben:
Das jeder immer an alle denken muss halte ich für vollkommen unpraktikabel und auch nicht für lebenswert.

Diese zynische Bequemlichkeit kann sich nur erlauben, wer selbst Nutznießer der Zustände ist, die ein moralischer Mensch bekämpfen muß. Zu Deinem Glück wirst Du Dich niemals vor denen verantworten müssen, die unter den Folgen Deines Verhaltens leiden, weil Du in einer Gesellschaft lebst, die Dich von ihnen abschirmt. Die nichtmenschlichen unter ihnen sind auch gar nicht fähig, ihre Interessen geltend zu machen, und eine 1-zu-1-Beziehung zwischen "Täter" und "Opfer" ist ohnehin nur äußerst selten nachvollziehbar. Die einzige Möglichkeit, auf "Liberale" einzuwirken, wäre sozialer Druck, aber wo sollte der in einer Gesellschaft von "Nutznießern" herkommen? So lehne Dich denn entspannt zurück und überlasse die ethische Entwicklung der Menschheit einfach Anderen.

Deine Ablehnung des Standpunkts, dass nicht "jeder immer an alle denken" müsse, ist gut christlich. Dass die Verantwortung jedes Menschen für alle selbstverständlich ist, dass die Wahrnehmung dieser Verantwortung aber praktisch unmöglich ist (hier würde ich wieder NoReply) zustimmen, verstehe ich als die unumgängliche Sündhaftigkeit des Menschen.

#68:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 09.10.2014, 20:57
    —
Allerdings ist Erlösung durch Gnade für dieses Problem gerade keine wirkliche Lösung, weil sie in keinem logischen Zusammenhang zur Problemstellung steht.

#69:  Autor: tillich (epigonal) BeitragVerfasst am: 09.10.2014, 21:12
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Allerdings ist Erlösung durch Gnade für dieses Problem gerade keine wirkliche Lösung, weil sie in keinem logischen Zusammenhang zur Problemstellung steht.

Nun, da wird es dann Glaubenssache. Die Gnade besteht dann darin, dass Gott als Mensch sich dieser Situation bis zum letzten ausgesetzt hat, mit der Hinrichtung als notwendiger Folge, und dass der Glaubende diese Existenz als ihn betreffend und verändernd annehmen kann. So ins Unreine und wahrscheinlich Unverständliche gesprochen, ist ja aber wohl auch OT.

Also glaubt Ascanius vielleicht nicht an die Erlösung, aber immerhin an die Erbsünde. Vielen Christen der verkniffeneren Sorte scheint es nicht anders zu gehen.

#70:  Autor: DesperadoxWohnort: Hamburg BeitragVerfasst am: 09.10.2014, 21:15
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:

"Nikotinisten"

Und Tschüss...

#71:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 09.10.2014, 21:55
    —
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Allerdings ist Erlösung durch Gnade für dieses Problem gerade keine wirkliche Lösung, weil sie in keinem logischen Zusammenhang zur Problemstellung steht.

Nun, da wird es dann Glaubenssache.

Nein, eigentlich nicht. Es geht ja um meine Verantwortung. Die Erlösung durch Gnade müsste mindestens eins von drei Dingen leisten:

Erstens, es könnte mich so verändern, dass ich Verantwortung für die ganze Welt auch praktisch übernehmen kann. Das ist aber nicht der Fall.
Zweitens, es könnte die Welt so verändern, dass ich keine Verantwortung für sie mehr zu übernehmen bräuchte. Das ist ebenfalls nicht der Fall.
Drittens, es könnte mich von der Verantwortung entbinden, beispielsweise indem es sie auf einen anderen überträgt. Das wäre zwar denkbar, aber auch obszön. Vor allem löst man damit das eigentliche Problem gar nicht, sondern erklärt es bloß für marginal.

Slavoj Zizek hat aber Recht, wenn er (ich glaube in Die Puppe und der Zwerg) darauf hinweist, dass es darauf ankommt, wie man die Problemstellung formuliert. Man kann sie entweder positiv formulieren - ich als Mensch bin für alles verantwortlich - oder doppelt negativ - es gibt nichts, für das ich nicht verantwortlich bin. Das Problem, für das die Erlösung durch Gnade die Lösung zu sein beansprucht, ergibt sich nur in der ersten Formulierung, während die zweite Formulierung letztlich nicht mehr (aber auch nicht weniger) aussagt als dass die Grenzen meiner eigenen Verantwortlichkeit nicht a priori gezogen werden können, sondern jeweils der Entscheidung bedürfen. In der zweiten Formulierung ist die Problemstellung bereits ihre eigene Lösung: menschliche Freiheit. Diese bedarf keiner göttlichen Gnade mehr, und ihre eigene "Gnade" besteht darin, selbst bereits die Lösung für das Problem zu sein, das sie selbst ist. - (Bruno Bosteels' Überlegungen zu Augustinus in Freud and Marx in Latin America scheinen teilweise in eine ähnliche Richtung zu weisen.)

#72:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 10.10.2014, 10:11
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Das Streben nach möglichst weitgehender Leidfreiheit ist nun mal nicht IDENTISCH mit dem Streben nach einem möglichst schmerzfreien Tod.

Noch mal zur Erinnerung: Es geht dir um vollständige Leidfreiheit.


Überlasse doch bitte MIR die Feststellung, worum es mir geht.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Du kannst kein absolutes Ziel anstreben, das du nicht auch absolut erreichen willst.


Warum nicht? Ich kann doch einsehen, daß ein bestimmtes Ziel unerreichbar ist, aber trotzdem bemüht sein, mich ihm gewissermaßen asymptotisch anzunähern. Außerdem habe ich ja erklärt, daß nur lebensWILLIGE Wesen Anlaß haben, über Leidvermeidung nachzudenken. Folglich kann es ihnen "nur" um so viel Leidfreiheit gehen, wie mit dem Leben vereinbar ist, also MÖGLICHST vollständige oder weitgehende. Erst dann, wenn unvermeidbares Leid unerträglich wird, ist der Tod eine Option (natürlich nur von der betreffenden Person zu entscheiden).

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
In ethischer Hinsicht besteht nämlich ÜBERHAUPT KEIN (!!!) Unterschied zwischen einem religiös motivierten Folter-Exzess und der religiös motivierten Stiftung eines Krankenhauses.

So einen Blödsinn habe ich ja schon lange nicht mehr gehört. Hörst du dir eigentlich selbst zu?


Vielleicht darf ich Dich jetzt auch mal darum bitten, in den Logik-Modus zu schalten. Wenn wir religiöse Motivation als legitim betrachten, müssen wir BEIDE o.g. Handlungen akzeptieren. Schließlich würden wir uns selbst widersprechen, wenn wir einerseits religiöse Motivation billigten, anderseits aber den Folter-Exzess verurteilten, denn dieser Folter-Exzess IST religiös motiviert. Wenn wir hingegen nur ethische Motivation als legitim betrachten, müssen wir BEIDE o.g. Handlungen als antimoralisch verurteilen, weil ihnen ein vorsätzlicher Verzicht auf ethische Reflexion zugrundeliegt. Natürlich ist die religiös motivierte Stiftung eines Krankenhauses "unschädlich" (solange es weder direkter noch indirekter Mission dienen soll), aber da sie antimoralisch ist, kann sie nicht als ethisch vorbildlich gelten und muß IN DIESER HINSICHT kritisiert werden. Merke: ethische Vorbildhaftigkeit entsteht erst durch die Einheit von ethischer Motivation und moralischem Erfolg.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
In dem Bestreben, nicht totalitär zu werden, wird man totalitär.
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Dieser Thread zeigt mal wieder schön, dass Moralisten ein größeres Problem für die Gesellschaft sind als egozentrische Zyniker.


Wiederholung für die Leseschwachen:

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Überhaupt soll Ethik der SELBSTsteuerung moralischer Subjekte dienen, nicht dem Zwang oder der Repression Anderer.

#73:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 10.10.2014, 10:21
    —
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Deine Ablehnung des Standpunkts, dass nicht "jeder immer an alle denken" müsse, ist gut christlich.


Es liegt in der Natur des Beliebigen, daß es Schnittmengen mit dem ethisch Erforderlichen bilden kann. Allerdings wird es selbst dadurch nicht moralisch. Und natürlich muß nicht "jeder immer an alle denken", sondern nur an jene, die von den Folgen einer geplanten Handlung oder Unterlassung betroffen sein werden. Daran gewöhnt man sich mit der Zeit, und es entwickelt sich sogar ein wenig Routine.

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Dass die Verantwortung jedes Menschen für alle selbstverständlich ist, dass die Wahrnehmung dieser Verantwortung aber praktisch unmöglich ist (hier würde ich wieder NoReply) zustimmen, verstehe ich als die unumgängliche Sündhaftigkeit des Menschen.


Wenn wir weder mehr als unvermeidbar leiden, noch zynische Drecksäcke sein wollen, bleibt uns doch gar nichts anderes übrig, als angesichts des "in Vollständigkeit Unmöglichen" wenigstens das "in Unvollständigkeit Mögliche" anzustreben.

#74:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 10.10.2014, 10:27
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Warum nicht? Ich kann doch einsehen, daß ein bestimmtes Ziel unerreichbar ist, aber trotzdem bemüht sein, mich ihm gewissermaßen asymptotisch anzunähern.

Der ausschlaggebende Punkt ist nicht, dass du das Ziel für unerreichbar hältst, sondern dass du es nicht erreichen willst. Dein Ziel ist nicht einfach nur empirisch unerreichbar, sondern inkonsistent, und deine eigene Inkonsistenz, ein Ziel gleichzeitig anstreben und gar nicht erreichen zu wollen, zeigt das ganz deutlich. Wenn du meinst, eine vernünftige Ethik auf einem inkonsistenten Ziel gründen zu können, denk' lieber nochmal nach.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Folglich kann es ihnen "nur" um so viel Leidfreiheit gehen, wie mit dem Leben vereinbar ist, also MÖGLICHST vollständige oder weitgehende.

Für dieses "möglichst" gibt es aber eben kein schlechthin feststehendes Maß. Deine Versuche, eins festzulegen, sind jedenfalls inkonsistent.

Ich würde dir empfehlen, die Idee der Vollständigkeit ganz aufzugeben und von da aus nochmal neu zu denken. Vielleicht bekommst du dann die Inkonsistenzen aufgelöst.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Wenn wir religiöse Motivation als legitim betrachten, müssen wir BEIDE o.g. Handlungen akzeptieren.

Nein, müssen wir nicht. Es gibt gerade aus utilitaristischer Sicht überhaupt keinen Grund, warum wir das müssten.

Ein Utilitarist hat gar kein Problem damit, die Motivation einer Handlung zu kritisieren und trotzdem die Handlung selbst für ethisch zu erklären. Kategorisch ausschließen lässt sich das nur im Rahmen einer Pflichtethik.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Schließlich würden wir uns selbst widersprechen, wenn wir einerseits religiöse Motivation billigten, anderseits aber den Folter-Exzess verurteilten, denn dieser Folter-Exzess IST religiös motiviert.

Du bringst die Handlung und ihre Motivation durcheinander. Es gibt keinen Grund, die Motivation hier zum entscheidenden Kriterium für die Bewertung der Handlung zu machen. Gerade aus utilitaristischer Sicht.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Wenn wir hingegen nur ethische Motivation als legitim betrachten, müssen wir BEIDE o.g. Handlungen als antimoralisch verurteilen, weil ihnen ein vorsätzlicher Verzicht auf ethische Reflexion zugrundeliegt.

Wenn wir nur Handlungen aus ethischer Motivation als legitim betrachten, sind wir aber eben keine Utilitaristen, sondern Pflichtethiker kantischer Provenienz.
Ich sage ja nicht, dass ein Utilitarist sich nicht für Motivationen interessieren kann. Aber wer die Motivation für ethisch ausschlaggebend für die Bewertung der Handlung hält, der ist kein Utilitarist.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Wiederholung für die Leseschwachen:

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Überhaupt soll Ethik der SELBSTsteuerung moralischer Subjekte dienen, nicht dem Zwang oder der Repression Anderer.

Dummerweise ist dieses Ideal der "Selbststeuerung" kein Bisschen harmlos, was die psychologische Genese von Totalitarismus angeht.
(Es ist übrigens auch wieder recht typisch protestantisch, aber das nur nebenbei.)


Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 10.10.2014, 12:37, insgesamt einmal bearbeitet

#75:  Autor: Samson83 BeitragVerfasst am: 10.10.2014, 12:36
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:

Dummerweise ist dieses Ideal der "Selbststeuerung" kein Bisschen harmlos, was die psychologische Genese von Totalitarismus angeht.
(Es ist übrigens auch wieder recht typisch protestantisch, aber das nur nebenbei.)

Könntest du beide Sätze erläutern?

#76:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 10.10.2014, 12:47
    —
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Könntest du beide Sätze erläutern?

Bezüglich des ersten Satzes: Auf die Schnelle wird das schwierig, weil das eine komplizierte Thematik ist. Zu dem Thema gibt es aber verschiedene Arbeiten von unterschiedlichen Autoren. Besonders empfehlen kann ich die Bücher von Arno Gruen (z.B. Der Wahnsinn der Normalität). Auf die psychologischen Auswirkungen der permanenten Selbstüberwachung hinsichtlich der eigenen Motivation haben aber schon Marx und Engels über hundert Jahre früher in der Heiligen Familie hingewiesen, nach ihnen auch noch andere, u.A. Nietzsche und die Frankfurter Schule. Ich könnte aber auch noch eine ganze Reihe anderer Autoren aus verschiedenen Richtungen (Philosophie, Psychologie, Soziologie...) nennen, die die das problematisieren - müsste sie allerdings erst wieder herauskramen. Aus psychologischer Sicht stellt sich hier auch das Problem unbewusster Motivation, sodass man in den Double-Bind gerät, nie genau zu wissen, was eigentlich im jeweiligen Fall die entscheidende Motivation ist und ob sie nun gerechtfertigt ist oder nicht. Zum zweiten Satz: Der Hinweis darauf, dass die Idee der moralischen Selbstüberwachung im Wesentlichen protestantisch ist und der Protestantismus damit die moralische Überwachung durch Priester ersetzt hat, findet sich schon bei Hegel und nach ihm bei anderen. Da ich die Schriften von Leuten wie z.B. Luther kenne, finde ich das nicht unplausibel, auch wenn sich Vergleichbares schon bei Augustinus finden lässt. Diese Art der Gewissenserforschung ist jedenfalls eine christliche Erfindung, und der Protestantismus legt darauf besonders viel Wert.

#77:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 10.10.2014, 13:38
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Warum nicht? Ich kann doch einsehen, daß ein bestimmtes Ziel unerreichbar ist, aber trotzdem bemüht sein, mich ihm gewissermaßen asymptotisch anzunähern.

Der ausschlaggebende Punkt ist nicht, dass du das Ziel für unerreichbar hältst, sondern dass du es nicht erreichen willst.


Als lebenswilliges Wesen kann ich doch nur so viel Leidfreiheit erreichen wollen, wie mit dem Leben vereinbar ist. Da VOLLSTÄNDIGE Leidfreiheit mit dem Leben UNvereinbar ist, wäre es doch ziemlich bescheuert, sich ihr weiter annähern zu wollen, als mit dem Leben vereinbar ist. Nichts anderes als das meine ich mit MÖGLICHST vollständiger Leidfreiheit. Würde es Dich kalmieren, wenn ich statt dessen von "möglichst weitgehender" Leidfreiheit spräche? Überhaupt denke ich mittlerweile, daß wir hier nur ein semantisches Problem haben.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Folglich kann es ihnen "nur" um so viel Leidfreiheit gehen, wie mit dem Leben vereinbar ist, also MÖGLICHST vollständige oder weitgehende.

Für dieses "möglichst" gibt es aber eben kein schlechthin feststehendes Maß. Deine Versuche, eins festzulegen, sind jedenfalls inkonsistent.


Ich wüßte nicht, wann und wo ich das versucht hätte. Letztlich muß jeder Mensch für sich selbst entscheiden, mit welchem Maß der Leidfreiheit er sich zufrieden geben will. Wenn er nicht gerade auf einer einsamen Insel lebt, wird er allerdings auch mit Anderen über den Umgang mit vermeidbarem Leid verhandeln müssen. Unter moralischen Menschen dürfte es dabei aber zu keinen nennenswerten Konflikten kommen.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Wenn wir religiöse Motivation als legitim betrachten, müssen wir BEIDE o.g. Handlungen akzeptieren.

Nein, müssen wir nicht. Es gibt gerade aus utilitaristischer Sicht überhaupt keinen Grund, warum wir das müssten.


Das ist DEINE Sicht des Utilitarismus und leider eine, die ihn als normatives Konzept unvermittelbar macht. Weil ein Ziel nur dann effizient erreicht werden kann, wenn man es auch anstrebt, möchte ich das Utilitätsprinzip VERVOLLSTÄNDIGEN, indem ich es mit der Motivationsfrage INTEGRIERE.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Schließlich würden wir uns selbst widersprechen, wenn wir einerseits religiöse Motivation billigten, anderseits aber den Folter-Exzess verurteilten, denn dieser Folter-Exzess IST religiös motiviert.

Du bringst die Handlung und ihre Motivation durcheinander.


NEIN, ich bestehe nur auf die GEMEINSAME Betrachtung von Handlung und Motivation. An einer Handlung allein ist nämlich NICHT feststellbar, ob sie moralisch und als solche vorbildhaft ist. Sogar aus "bösen" Handlungen kann zufällig "Gutes" entstehen, und trotzdem sollte man im Ethikunterricht niemandem nahelegen, "Böses" zu tun. Denselben Umgang fordere ich mit religiös motivierten Handlungen. Auch sie können zufällig "Gutes" mit sich bringen, aber solange man es Menschen durchgehen läßt, ihr Verhalten aus unprüfbaren und falschen Überzeugungen abzuleiten, wird man es auch immer wieder mit Leuten zu tun bekommen, die aus religiösen Gründen Leid und Tod verbreiten, denn während die Ethik genau das verhindern soll, kann Religion das sogar ausdrücklich fordern. Deshalb muß man Religiösen bereits ihre HandlungsMOTIVATION als grundfalsch und gefährlich "um die Ohren hauen" - auch und gerade dann, wenn sie etwas tun, das mit dem ethisch Erforderlichen zufällig übereinstimmt.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Überhaupt soll Ethik der SELBSTsteuerung moralischer Subjekte dienen, nicht dem Zwang oder der Repression Anderer.

Dummerweise ist dieses Ideal der "Selbststeuerung" kein Bisschen harmlos, was die psychologische Genese von Totalitarismus angeht.
(Es ist übrigens auch wieder recht typisch protestantisch, aber das nur nebenbei.)


Ich diskutiere mit Menschen und versuche, ihnen verständlich zu machen, warum sie sich überhaupt, verstärkt oder gar systematisch gegen vermeidbares Leid auf der Welt einsetzen sollten - daran kann ich nichts Verwerfliches erkennen. Und die ewigen Vergleiche mit den Religioten werden langsam ermüdend, zumal sie durch Wiederholung nicht aufhören, bis zur Sinnlosigkeit zu hinken.

#78:  Autor: Samson83 BeitragVerfasst am: 10.10.2014, 13:46
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
warum sie sich überhaupt, verstärkt oder gar systematisch gegen vermeidbares Leid auf der Welt einsetzen sollten -

Ja genau, warum sollten sie eigentlich?

#79:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 10.10.2014, 14:12
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Als lebenswilliges Wesen kann ich doch nur so viel Leidfreiheit erreichen wollen, wie mit dem Leben vereinbar ist. Da VOLLSTÄNDIGE Leidfreiheit mit dem Leben UNvereinbar ist, wäre es doch ziemlich bescheuert, sich ihr weiter annähern zu wollen, als mit dem Leben vereinbar ist. Nichts anderes als das meine ich mit MÖGLICHST vollständiger Leidfreiheit. Würde es Dich kalmieren, wenn ich statt dessen von "möglichst weitgehender" Leidfreiheit spräche? Überhaupt denke ich mittlerweile, daß wir hier nur ein semantisches Problem haben.

Ist das Zeugen von Nachkommen mit deiner Ethik vereinbar?
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Und die ewigen Vergleiche mit den Religioten werden langsam ermüdend, zumal sie durch Wiederholung nicht aufhören, bis zur Sinnlosigkeit zu hinken.

Sind Beleidigungen eigentlich ethisch korrekt, wenn sie aus der richtigen Motivation heraus entstehen?

#80:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 10.10.2014, 14:12
    —
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
warum sie sich überhaupt, verstärkt oder gar systematisch gegen vermeidbares Leid auf der Welt einsetzen sollten -

Ja genau, warum sollten sie eigentlich?


Wer nicht zu leidvermeidendem Verhalten bereit ist, kann das auch nicht von Anderen erwarten. Außerdem ist er nicht berechtigt, leiderzeugendes Verhalten Anderer zu beanstanden. Moralisches Verhalten ist also letztlich im ureigenen Interesse eines jeden, der nicht vermeidbarerweise leiden will.

#81:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 10.10.2014, 14:14
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
warum sie sich überhaupt, verstärkt oder gar systematisch gegen vermeidbares Leid auf der Welt einsetzen sollten -

Ja genau, warum sollten sie eigentlich?


Wer nicht zu leidvermeidendem Verhalten bereit ist, kann das auch nicht von Anderen erwarten. Außerdem ist er nicht berechtigt, leiderzeugendes Verhalten Anderer zu beanstanden. Moralisches Verhalten ist also letztlich im ureigenen Interesse eines jeden, der nicht vermeidbarerweise leiden will.

Es ist ethisch erlaubt oder sogar geboten jemanden leiden zu lassen, der sich nicht systematisch gegen vermeidbares Leid in der Welt einsetzt?

#82:  Autor: Samson83 BeitragVerfasst am: 10.10.2014, 15:23
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
das auch nicht von Anderen erwarten.

Richtig, dem stimme ich zu. Ich würde dies auch nur von meinem unmittelbaren Umfeld erwarten, und bzgl. diesem würde ich nicht nur Leidvermeidung, sondern Freudvermehrung anstreben wollen. Von anderen erwarte ich nicht mehr als ein "neminem laede".

Zitat:
Außerdem ist er nicht berechtigt, leiderzeugendes Verhalten Anderer zu beanstanden.

Richtig. Ich beanstande dies auch bei niemandem außerhalb des elementaren Umfelds.

Zitat:

Moralisches Verhalten ist also letztlich im ureigenen Interesse eines jeden, der nicht vermeidbarerweise leiden will.

Im Interesse eines jeden ist höchstens, den ANSCHEIN moralischen Verhaltens zu wecken.

#83:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 10.10.2014, 15:44
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
warum sie sich überhaupt, verstärkt oder gar systematisch gegen vermeidbares Leid auf der Welt einsetzen sollten -

Ja genau, warum sollten sie eigentlich?


Wer nicht zu leidvermeidendem Verhalten bereit ist, kann das auch nicht von Anderen erwarten. Außerdem ist er nicht berechtigt, leiderzeugendes Verhalten Anderer zu beanstanden. Moralisches Verhalten ist also letztlich im ureigenen Interesse eines jeden, der nicht vermeidbarerweise leiden will.

Es ist ethisch erlaubt oder sogar geboten jemanden leiden zu lassen, der sich nicht systematisch gegen vermeidbares Leid in der Welt einsetzt?


Ich glaube nicht, dass das so gemeint war. zwinkern

#84:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 10.10.2014, 16:30
    —
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
das auch nicht von Anderen erwarten.

Richtig, dem stimme ich zu. Ich würde dies auch nur von meinem unmittelbaren Umfeld erwarten, und bzgl. diesem würde ich nicht nur Leidvermeidung, sondern Freudvermehrung anstreben wollen. Von anderen erwarte ich nicht mehr als ein "neminem laede".


Nun gibt es aber auch Abermilliarden Wesen auf der Erde, die schwersten vermeidbaren Leiden ausgesetzt sind. Wer das ethische Gleichheitsprinzip ernstnimmt, muß sich also stärker darauf konzentrieren, deren Leiden zu lindern oder zu beseitigen, als ohnehin schon verhältnismäßig glückliche Menschen NOCH glücklicher zu machen.

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Außerdem ist er nicht berechtigt, leiderzeugendes Verhalten Anderer zu beanstanden.

Richtig. Ich beanstande dies auch bei niemandem außerhalb des elementaren Umfelds.


Das fällt auch relativ leicht, wenn man selbst nicht von leiderzeugenden gesellschaftlichen Verhältnissen betroffen ist.

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Moralisches Verhalten ist also letztlich im ureigenen Interesse eines jeden, der nicht vermeidbarerweise leiden will.

Im Interesse eines jeden ist höchstens, den ANSCHEIN moralischen Verhaltens zu wecken.


Das mag gegenüber oberflächlichen Betrachtern punktuell gelingen, aber die erfolgreiche Vortäuschung, ein moralischer MENSCH zu sein, ist praktisch unmöglich. Ein solcher bemüht sich, JEDE seiner Handlungen und Unterlassungen ethischer Kontrolle zu unterwerfen, und das fällt sehr schnell auf. Ggf. fragt man noch nach der einen oder anderen ethischen Kalkulation und erhält sofort Klarheit.

#85:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 10.10.2014, 17:04
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Würde es Dich kalmieren, wenn ich statt dessen von "möglichst weitgehender" Leidfreiheit spräche?

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Letztlich muß jeder Mensch für sich selbst entscheiden, mit welchem Maß der Leidfreiheit er sich zufrieden geben will.

Wenn man diese beiden Dinge zusammen nimmt, fällt nur leider dein Argument weg, ohne die richtige Motivation sei "möglichst vollständige" Leidfreiheit nicht zu erreichen. Nehmen wir das Beispiel von einem Kranken, der von einem religiösen Menschen behandelt wird. Wenn man möglichst weitgehende (und eben nicht mehr "vollständige") Leidfreiheit als Ziel nimmt und die Bewertung des eigenen Zustands jeweils dem betreffenden Menschen selbst überlässt, sind plötzlich nicht mehr die Motivationen des behandelnden Arztes das Relevante, sondern die Bedürfnisse des Patienten und deren Erfüllung - womit sich die Betrachtungsweise im Vergleich zu deiner Position geradezu vom Kopf auf die Füße stellt.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Das ist DEINE Sicht des Utilitarismus und leider eine, die ihn als normatives Konzept unvermittelbar macht.

Erstens ist das nicht "meine Sicht", sondern ein Abgrenzungskriterien. Wer in erster Linie motivationsorientiert argumentiert, argumentiert eben nicht utilitaristisch, sondern pflichtethisch.

Zweitens ist das mit der mangelnden Vermittelbarkeit doch Unsinn. Ich vermittle das ja auch gerade hier. Du übersiehst, dass es nicht nur um die Grundlagen des eigenen Handelns geht, sondern auch um die Grundlagen der Bewertung des Handelns anderer, und dass mit der Wahl der ethischen Zwecke die eigene Motivation bereits gegeben ist. Es ist wirklich gar kein Problem, jemandem zuerst zu vermitteln, dass Leidfreiheit der Zweck des eigenen Handelns sein soll, und dann zu vermitteln, dass man fremde Handlungen danach beurteilt, wie gut sie diesen Zweck erfüllen - womit sich die Frage nach der Motivation fremder Handlungen zunächst mal erledigt hat. Wie gesagt heißt das ja nicht, dass man nicht die Motivation der fremden Handlung, so man sie denn kennt, auch nochmal danach beurteilen kann, ob sie diesem Zweck entspricht. Danach könnte man dann sowas sagen wie: Seine Handlung war richtig (und womöglich sogar wiederholenswert), nur seine Gründe waren problematisch.

In der Praxis ist die Handlung (bzw. deren Wiederholung) eben von der Motivation abtrennbar und es gibt keinen Grund, dem nicht in der Theorie Rechnung zu tragen.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Weil ein Ziel nur dann effizient erreicht werden kann, wenn man es auch anstrebt [...]

Das ist sowieso so eine Sache. Du übersiehst völlig, wie vielschichtig menschliche Motivation ist. Du kannst mir nicht erzählen, dass jemand, der religiös motiviert ein Krankenhaus eröffnet oder in einem arbeitet, das nicht täte, um das Leid anderer Menschen zu mindern. Oder jedenfalls ist das keineswegs zwingend. Die Motivation des religiösen Menschen muss in Wirklichkeit gar keine andere sein, er begründet es nur anders, warum er diese Motivation hat bzw. gewählt hat. Dass seine Begründung nicht funktioniert, ist zwar schade, aber ändert weder an seiner Motivation noch an seiner Handlung etwas.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
NEIN, ich bestehe nur auf die GEMEINSAME Betrachtung von Handlung und Motivation.

Aber warum überhaupt? Utilitaristisch lässt sich das jedenfalls nicht begründen.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
An einer Handlung allein ist nämlich NICHT feststellbar, ob sie moralisch und als solche vorbildhaft ist.

Du mit deinen Vorbildern. Kann das sein, dass das ganze Problem darin besteht, dass du die Ethik der Didaktik unterordnest?

Ob eine bestimmte Handlung eine Vorbildfunktion hat, die sie z.B. für eine Didaktik verwertbar macht, ist nicht die selbe Frage wie die, ob die Handlung moralisch gerechtfertigt ist.
Um die Identifizierung beider auszuhebeln, braucht man lediglich eine Unterscheidung zwischen moralisch gerechtfertigten und moralisch herausragenden Handlungen einführen.

(Überhaupt müsste ein religiöser Mensch dir nur die Frage stellen, warum es ihn überhaupt interessieren sollte, ob du ihn als Beispiel für deine didaktische Vermittlung gebrauchen kannst oder nicht, und schon bräche deine Argumentation an der Stelle zusammen.)

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Sogar aus "bösen" Handlungen kann zufällig "Gutes" entstehen, und trotzdem sollte man im Ethikunterricht niemandem nahelegen, "Böses" zu tun.

Wie kann denn aus utilitaristischer Sicht aus "bösen" Handlungen Gutes entstehen? Bzw. wieso ist die Handlung "böse", wenn aus ihr Gutes entsteht? Du begehst einen Zirkelschluss. Um die Handlung unabhängig von ihren Konsequenzen als böse bewerten zu können, brauchst du bereits ein Kriterium dafür. Die Notwendigkeit eines auf die Motivation und nicht auf die Folgen abzielenden Kriteriums willst du hier aber ja erst begründen. Deine Argumentation setzt also implizit voraus, was du erst noch begründen willst.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Deshalb muß man Religiösen bereits ihre HandlungsMOTIVATION als grundfalsch und gefährlich "um die Ohren hauen" [...]

Das kann man ja auch machen, aber das macht eben nicht ihre Handlungen unmoralisch.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Ich diskutiere mit Menschen und versuche, ihnen verständlich zu machen, warum sie sich überhaupt, verstärkt oder gar systematisch gegen vermeidbares Leid auf der Welt einsetzen sollten - daran kann ich nichts Verwerfliches erkennen.

Das war ja auch nicht das, was ich kritisiert habe.


Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 10.10.2014, 17:35, insgesamt 7-mal bearbeitet

#86:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 10.10.2014, 17:06
    —
Ach ja, vielleicht sollten wir uns auch mal über den moralischen Unterschied zwischen Leidlinderung und Leidvorbeugung unterhalten. Der Brave New World-Vorwurf hat m.E. u.A. auch etwas damit zu tun, dass diese Frage hier noch gar nicht gestellt wurde.

#87:  Autor: Samson83 BeitragVerfasst am: 10.10.2014, 17:35
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Wer das ethische Gleichheitsprinzip ernstnimmt, muß sich also stärker darauf konzentrieren, deren Leiden zu lindern oder zu beseitigen, als ohnehin schon verhältnismäßig glückliche Menschen NOCH glücklicher zu machen.

Tja, dann nehme ich das eben nicht ernst. Es ist mir auch hochgradig suspekt, wenn jemand meind, prinzipiell Leid vermeiden zu wollen, ungeachtet von Nähe und Zuneigung.


Zitat:
Das fällt auch relativ leicht, wenn man selbst nicht von leiderzeugenden gesellschaftlichen Verhältnissen betroffen ist.

Ja, es ist recht angenehm.


Zitat:
Das mag gegenüber oberflächlichen Betrachtern punktuell gelingen, aber die erfolgreiche Vortäuschung, ein moralischer MENSCH zu sein, ist praktisch unmöglich. Ein solcher bemüht sich, JEDE seiner Handlungen und Unterlassungen ethischer Kontrolle zu unterwerfen, und das fällt sehr schnell auf. Ggf. fragt man noch nach der einen oder anderen ethischen Kalkulation und erhält sofort Klarheit.

Das ist auch nicht erforderlich. Um relativ reibungsfrei durch die Welt zu kommen,genügt ein anständiger und halbwegs höflicher Mensch zu sein, seine Rechnungen zu bezahlen, keine Straftaten zu begehen etc. Darüber hinaus ist wichtig, ein guter Freund, Kollege, Partner etc. zu sein. Den Anspruch, ein an sich moralischer Mensch zu sein mögen andere erheben.

#88:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 10.10.2014, 17:37
    —
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Es ist mir auch hochgradig suspekt, wenn jemand meind, prinzipiell Leid vermeiden zu wollen, ungeachtet von Nähe und Zuneigung.

Da kommt wieder der Unterschied zwischen Leidlinderung und Leidvorbeugung zum Tragen, den ich oben erwähnt habe. Von einem guten Arzt etwa erwartet man, dass er Leid lindern will, "ungeachtet von Nähe und Zuneigung". Und da ist das auch nicht suspekt.

#89:  Autor: NoReply BeitragVerfasst am: 11.10.2014, 12:06
    —
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Deine Ablehnung des Standpunkts, dass nicht "jeder immer an alle denken" müsse, ist gut christlich. Dass die Verantwortung jedes Menschen für alle selbstverständlich ist, dass die Wahrnehmung dieser Verantwortung aber praktisch unmöglich ist (hier würde ich wieder NoReply) zustimmen, verstehe ich als die unumgängliche Sündhaftigkeit des Menschen.


Wobei auch Jesus, wenn er die Nächstenliebe erläutert, mit dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter ein sehr extremes Beispiel wählt: der barmherzige Samariter muss eine geringe Last auf sich nehmen (1 Tag pflegen) um einem anderen einen riesigen Gefallen zu tun (das Leben retten). Und auch bei der Heiligengeschichte des Martins von Tours besteht ein riesiges Missverhältnis zwischen dem Gefallen, den er dem Bettler leistet (er rettet ihn vorm Erfrieren) und dem Schaden, den er dafür selbst auf sich nimmt (er zerschneidet seinen Mantel).

Wenn man mit geringen Mitteln anderen einen riesigen Gefallen tun kann, halte ich das auch für ethisch geboten. Das würden wohl auch liberale Philosophen, wie Adam Smith, der auch "Die Theorie der ethischen Gefühle" geschrieben hat, oder Milton Friedman nicht anders sehen. Ich finde, dass man das eigene Wohl in Maßen über das anderer Stellen darf, nicht dass einem das Wohl anderer vollkommen gleichgültig sein darf.

Hier in dieser Alpha bis Omega Folge (~30 min) vertritt der Theologie-Professor auch kein allzu extremes Verständnis von Nächstenliebe, sondern ein eher praxistaugliches, dem ich mich anschließen kann - wenn auch nicht aus religiösen Gründen.

#90:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 13.10.2014, 11:53
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Wenn man möglichst weitgehende (und eben nicht mehr "vollständige")


Das mit der "vollständigen" Leidfreiheit hast Du mir übrigens nur untergejubelt. ICH hatte diesen Begriff noch gar nicht verwendet, bevor Du meintest, ausdrücklich feststellen zu müssen, daß vollständige Leidfreiheit mit dem Leben unvereinbar sei.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Leidfreiheit als Ziel nimmt und die Bewertung des eigenen Zustands jeweils dem betreffenden Menschen selbst überlässt, sind plötzlich nicht mehr die Motivationen des behandelnden Arztes das Relevante, sondern die Bedürfnisse des Patienten und deren Erfüllung - womit sich die Betrachtungsweise im Vergleich zu deiner Position geradezu vom Kopf auf die Füße stellt.


Keineswegs. Das "abstrakte" Ziel möglichst weitgehender Leidfreiheit wird lediglich einer konkreten Situation angepaßt. Ethik kann ja nur die Richtung vorgeben. Details müssen sich in der Anwendung klären. Überleg Dir doch einfach mal, wie DU Dich verhalten würdest, wenn Du ein moralischer Mensch "in meinem Sinne" wärst. Dann bräuchtest Du auch keine Einwände mehr an den Haaren herbeizuziehen.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Wer in erster Linie motivationsorientiert argumentiert, argumentiert eben nicht utilitaristisch, sondern pflichtethisch.


Eine auf Leidvermeidung ausgerichtete Ethik werde ich auch weiterhin als negativ-utilitaristisch bezeichnen, aber letztlich ist mir wurscht, wie man sie nennt. Mir geht es nur darum, daß sie funktioniert und die verheerenden Fehler aller anderen mir bekannten (")ethischen(") Theorien vermeidet.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Du kannst mir nicht erzählen, dass jemand, der religiös motiviert ein Krankenhaus eröffnet oder in einem arbeitet, das nicht täte, um das Leid anderer Menschen zu mindern.


Doch, genau das erzähle ich Dir seit Anfang an, denn religiöse und ethische Motivation schließen einander aus. Auch ein Religiöser kann auf die Frage "Warum tust du X?" nur entweder antworten: "Weil Gott es will." (= unprüfbar oder falsch -> als Vorbild untauglich), oder: "Weil es ethisch aus diesen und jenen Gründen gerechtfertigt ist." (= prüfbar und optimierbar -> mindestens vorbildFÄHIG).

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ob eine bestimmte Handlung eine Vorbildfunktion hat, die sie z.B. für eine Didaktik verwertbar macht, ist nicht die selbe Frage wie die, ob die Handlung moralisch gerechtfertigt ist.


Diese beiden Fragen sind UNTRENNBAR miteinander verbunden, denn nur moralisch gerechtfertigte Handlungen sind didaktisch verwertbar. Im Ethikunterricht muß es darum gehen, ein Denken und Handeln zu erlernen, das mit größtmöglicher Effizienz auf bestmögliche, nicht bloß zufällig überhaupt oder irgendwie auf irgendeine Leidvermeidung hinausläuft.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Um die Identifizierung beider auszuhebeln, braucht man lediglich eine Unterscheidung zwischen moralisch gerechtfertigten und moralisch herausragenden Handlungen einführen.


Sehe ich nicht. Moralische Qualität ist ein Kontinuum.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
(Überhaupt müsste ein religiöser Mensch dir nur die Frage stellen, warum es ihn überhaupt interessieren sollte, ob du ihn als Beispiel für deine didaktische Vermittlung gebrauchen kannst oder nicht, und schon bräche deine Argumentation an der Stelle zusammen.


Sehe ich auch nicht. Was Religiöse interessiert oder nicht, ist für meine Ethik unerheblich.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Wie kann denn aus utilitaristischer Sicht aus "bösen" Handlungen Gutes entstehen?


Die Begriffe "gut" und "böse" habe ich nur der Einfachheit halber verwendet, und ich bereue es auch schon. Eine "böse" Handlung ist eine, die unter Mißachtung des Gleichheitsprinzips Leid erzeugen soll oder Leiderzeugung in Kauf nimmt. Theoretisch kann sie so komplett in die Hose gehen, daß man sie mit einer moralisch erfolgreichen Handlung verwechseln könnte. Im umgekehrten Sinne gilt das auch für "gute"/ethisch motivierte Handlungen. Das ist dermaßen banal, daß es sogar in der Rechtsprechung berücksichtigt wird.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Deshalb muß man Religiösen bereits ihre HandlungsMOTIVATION als grundfalsch und gefährlich "um die Ohren hauen" [...]

Das kann man ja auch machen, aber das macht eben nicht ihre Handlungen unmoralisch.


Eben DOCH! Ich habe den Begriffen "ethisch" und "moralisch" ganz bewußt eine Definition verpaßt, die es endlich ausschließt, Handlungen als moralisch zu bezeichnen, die nicht ethisch motiviert sind. Das ist ein zentrales Merkmal meiner Ethik, und es behebt schwerwiegende handlungstheoretische, didaktische und auch logische Probleme, denen sich andere moralphilosophisch aktive Herrschaften leider noch nicht gewidmet haben.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ach ja, vielleicht sollten wir uns auch mal über den moralischen Unterschied zwischen Leidlinderung und Leidvorbeugung unterhalten. Der Brave New World-Vorwurf hat m.E. u.A. auch etwas damit zu tun, dass diese Frage hier noch gar nicht gestellt wurde.


Kannst Du mal bitte kurz andeuten, wo da ein Problem sein soll?

#91:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 13.10.2014, 11:57
    —
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Wer das ethische Gleichheitsprinzip ernstnimmt, muß sich also stärker darauf konzentrieren, deren Leiden zu lindern oder zu beseitigen, als ohnehin schon verhältnismäßig glückliche Menschen NOCH glücklicher zu machen.

Tja, dann nehme ich das eben nicht ernst. Es ist mir auch hochgradig suspekt, wenn jemand meind, prinzipiell Leid vermeiden zu wollen, ungeachtet von Nähe und Zuneigung.


Niemand soll seine sozialen Kontakte aufgeben oder auch nur vernachlässigen. Wie vollständige Leidfreiheit mit dem Leben unvereinbar ist, so ist eine vollständige Umsetzung des ethischen Gleichheitsprinzips mit der psychologischen Natur des Menschen unvereinbar (zumindest unter den heute gegebenen Umständen). Trotzdem muß sich jeder, der nicht in absoluter Armut lebt und kein zynischer Drecksack sein will, vor Augen führen, daß fortwährend Lebewesen schwerst leiden und sterben, weil er ganz persönlich es nicht verhindert (Peter Singer hat das mit seinem Beispiel vom ertrinkenden Kind sehr eindrücklich illustriert). WIR ALLE sind Unterlassungsverbrecher, und zwar umso mehr, je größer die Diskrepanz zwischen dem zur Leidvermeidung Leistbaren und dem tatsächlich Geleisteten ist. Mit ein paar Cent für Impfstoffe, Durchfallmittel, Zucker-Salz-Lösung oder Erdnußbutter lassen sich Menschenleben retten. (Nicht nur) das sollte uns immer bewußt sein, wenn wir uns etwas "gönnen", das jenseits unserer körperlichen und psychischen Gesunderhaltung liegt.

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Das fällt auch relativ leicht, wenn man selbst nicht von leiderzeugenden gesellschaftlichen Verhältnissen betroffen ist.

Ja, es ist recht angenehm.


Von gewissen Super- und Subsystemen unserer Gesellschaft drangsalierte Menschen können davon leider nur träumen...

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Um relativ reibungsfrei durch die Welt zu kommen,genügt ein anständiger und halbwegs höflicher Mensch zu sein, seine Rechnungen zu bezahlen, keine Straftaten zu begehen etc. Darüber hinaus ist wichtig, ein guter Freund, Kollege, Partner etc. zu sein. Den Anspruch, ein an sich moralischer Mensch zu sein mögen andere erheben.


Wie schon in einem früheren Beitrag festgestellt: eine solche Haltung ist zynisch, und gegen Zynismus ist leider kein Kraut gewachsen. Man kann höchstens darauf hinwirken, ihn gar nicht erst aufkommen zu lassen, indem man Kinder möglichst frühzeitig ethisch unterweist, aber das wird wohl noch Generationen auf sich warten lassen - falls es denn jemals geschieht.

#92:  Autor: tillich (epigonal) BeitragVerfasst am: 13.10.2014, 12:25
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
(Überhaupt müsste ein religiöser Mensch dir nur die Frage stellen, warum es ihn überhaupt interessieren sollte, ob du ihn als Beispiel für deine didaktische Vermittlung gebrauchen kannst oder nicht, und schon bräche deine Argumentation an der Stelle zusammen.

Sehe ich auch nicht. Was Religiöse interessiert oder nicht, ist für meine Ethik unerheblich.

Mich deucht, dann geht es dir nicht mehr um Leidvermeidung, an der auch religiöse Menschen mitwirken, sondern um die Durchsetzung deiner Ethik.

#93:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 13.10.2014, 12:53
    —
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Mich deucht, dann geht es dir nicht mehr um Leidvermeidung, an der auch religiöse Menschen mitwirken, sondern um die Durchsetzung deiner Ethik.


Aus der Zielstellung meiner Ethik folgt auch das Streben, die Religionen zu BESEITIGEN, weil sie in normativer Hinsicht mit Ethik unvereinbar sind und in deskriptiver Hinsicht - wie auch alle übrigen Formen des Irrationalismus - ihre Funktionalität stören. Sie sind also in beiderlei Hinsicht leiderzeugend.

#94:  Autor: Fake BeitragVerfasst am: 13.10.2014, 13:00
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Trotzdem muß sich jeder, der nicht in absoluter Armut lebt und kein zynischer Drecksack sein will, vor Augen führen, daß fortwährend Lebewesen schwerst leiden und sterben, weil er ganz persönlich es nicht verhindert (Peter Singer hat das mit seinem Beispiel vom ertrinkenden Kind sehr eindrücklich illustriert). WIR ALLE sind Unterlassungsverbrecher, und zwar umso mehr, je größer die Diskrepanz zwischen dem zur Leidvermeidung Leistbaren und dem tatsächlich Geleisteten ist.

Dann solltest du dringend Strafanzeigen erstatten.

#95:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 13.10.2014, 13:03
    —
Fake hat folgendes geschrieben:
Dann solltest du dringend Strafanzeigen erstatten.


Ethik und Rechtswesen sind logisch unabhängig voneinander. Ich argumentiere hier nur ETHISCH.

#96:  Autor: Samson83 BeitragVerfasst am: 13.10.2014, 14:24
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Fake hat folgendes geschrieben:
Dann solltest du dringend Strafanzeigen erstatten.


Ethik und Rechtswesen sind logisch unabhängig voneinander. Ich argumentiere hier nur ETHISCH.

Wenn deine Ethik nicht auf das Rechtswesen einwirken soll, ist sie (zum Glück) in den Rauch geschrieben.

#97:  Autor: Fake BeitragVerfasst am: 13.10.2014, 14:25
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Fake hat folgendes geschrieben:
Dann solltest du dringend Strafanzeigen erstatten.


Ethik und Rechtswesen sind logisch unabhängig voneinander.

Nein, sind sie nicht. Das Rechtswesen eines Staates ist nichts anderes als die (zeitlich verzögerte) Kodifizierung der Ethik seiner Bevölkerung.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Ich argumentiere hier nur ETHISCH.

Du argumentierst hier vor allem unvollständig, weil du nicht darlegst, nach welchen Kriterien du Verantwortlichkeit bzw. Schuld zuweist. Du stimmst mir hoffentlich zu, dass reine Kausalität dafür zu wenig ist.

Ist man für alles verantwortlich, was man verhindern kann?

#98:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 13.10.2014, 15:03
    —
Fake hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Fake hat folgendes geschrieben:
Dann solltest du dringend Strafanzeigen erstatten.


Ethik und Rechtswesen sind logisch unabhängig voneinander.

Nein, sind sie nicht. Das Rechtswesen eines Staates ist nichts anderes als die (zeitlich verzögerte) Kodifizierung der Ethik seiner Bevölkerung.


Das ist schlicht unwahr.

#99:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 13.10.2014, 15:04
    —
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Fake hat folgendes geschrieben:
Dann solltest du dringend Strafanzeigen erstatten.


Ethik und Rechtswesen sind logisch unabhängig voneinander. Ich argumentiere hier nur ETHISCH.

Wenn deine Ethik nicht auf das Rechtswesen einwirken soll, ist sie (zum Glück) in den Rauch geschrieben.


Genau, weil Menschen in ihren Handlungen ja in keiner Weise von nicht-kodifizierten Normen beeinflusst sind. Lachen

#100:  Autor: Fake BeitragVerfasst am: 13.10.2014, 15:12
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Fake hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Fake hat folgendes geschrieben:
Dann solltest du dringend Strafanzeigen erstatten.


Ethik und Rechtswesen sind logisch unabhängig voneinander.

Nein, sind sie nicht. Das Rechtswesen eines Staates ist nichts anderes als die (zeitlich verzögerte) Kodifizierung der Ethik seiner Bevölkerung.


Das ist schlicht unwahr.

Begründung?

#101:  Autor: Samson83 BeitragVerfasst am: 13.10.2014, 15:34
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Fake hat folgendes geschrieben:
Dann solltest du dringend Strafanzeigen erstatten.


Ethik und Rechtswesen sind logisch unabhängig voneinander. Ich argumentiere hier nur ETHISCH.

Wenn deine Ethik nicht auf das Rechtswesen einwirken soll, ist sie (zum Glück) in den Rauch geschrieben.


Genau, weil Menschen in ihren Handlungen ja in keiner Weise von nicht-kodifizierten Normen beeinflusst sind. Lachen

Es gibt durchaus Moralsysteme, die icnht gesetzlich kodifiziert sind, ihre Durchsetzbarkeit aber dadurch gewinnen, dass Verstöße unmittelbare soziale Folgen nach sich ziehen. Die klasische christiche Moral ist da ein ganz gutes Beispiel. Ich habe nur den Eindruck, dass es solche geschlossenen, auch nur in nennenswerten subkulturen als verbindlich betrachteten außerrechtlichen Moralsysteme kaum noch existieren. Eine Folge dieser Entwicklung ist eine gewisse Moralisierung des Strafrechts, was m.E. völlig abzulehnen ist.

Der Quatsch den A. hier vertritt, hat aber auch keine soziale Durchsetzbarkeit, zumindest keine gesellschaftlich relevante.

#102:  Autor: Samson83 BeitragVerfasst am: 13.10.2014, 15:35
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Fake hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Fake hat folgendes geschrieben:
Dann solltest du dringend Strafanzeigen erstatten.


Ethik und Rechtswesen sind logisch unabhängig voneinander.

Nein, sind sie nicht. Das Rechtswesen eines Staates ist nichts anderes als die (zeitlich verzögerte) Kodifizierung der Ethik seiner Bevölkerung.


Das ist schlicht unwahr.

Zumindest ist es in der Tat etwas verürzt, aber die Frage, welche Handlungen ein Staat bestrafen soll und welche Interessen er wie ausgleichn soll ist durchaus eine ethische Frage.

#103:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 13.10.2014, 16:30
    —
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Fake hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Fake hat folgendes geschrieben:
Dann solltest du dringend Strafanzeigen erstatten.


Ethik und Rechtswesen sind logisch unabhängig voneinander.

Nein, sind sie nicht. Das Rechtswesen eines Staates ist nichts anderes als die (zeitlich verzögerte) Kodifizierung der Ethik seiner Bevölkerung.


Das ist schlicht unwahr.

Zumindest ist es in der Tat etwas verürzt, aber die Frage, welche Handlungen ein Staat bestrafen soll und welche Interessen er wie ausgleichn soll ist durchaus eine ethische Frage.


Es ist eine ethische Frage auf der einen Seite und natürlich vor allem auch eine machtpolitische Frage ...

#104:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 13.10.2014, 16:33
    —
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Wenn deine Ethik nicht auf das Rechtswesen einwirken soll, ist sie (zum Glück) in den Rauch geschrieben.


Je mehr moralische Menschen es gibt, umso moralischer wird auch die Gesellschaft und umso weiter sinkt ihr Bedarf an Gesetzen, die Menschen zu unschädlichem Verhalten erpressen sollen. Eine ethisch voll entwickelte Gesellschaft bräuchte also GAR keine strafbewehrten Gesetze mehr (Vorsicht: Utopie-Alarm!).

#105:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 13.10.2014, 16:37
    —
Fake hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Fake hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Fake hat folgendes geschrieben:
Dann solltest du dringend Strafanzeigen erstatten.


Ethik und Rechtswesen sind logisch unabhängig voneinander.

Nein, sind sie nicht. Das Rechtswesen eines Staates ist nichts anderes als die (zeitlich verzögerte) Kodifizierung der Ethik seiner Bevölkerung.


Das ist schlicht unwahr.

Begründung?


Kurz gesagt: Die meisten Gesetze sind kein Abbild des Moralempfinden der Bevölkerung, sondern werden in komplexen von politischen Machtverhältnissen bestimmten Prozessen entwickelt. Selbst wenn wir eine auch nur annähernd so direkte Demokratie hätten wie deine Behauptung voraussetzt, würden in dem Entwicklungsprozess von Gesetzen auch andere Aspekte als Moral einfließen - und sei es nur, dass Entscheidungen wieder der eigenen moralischen Vorstellungen aus egoistischen Motiven getroffen werden. Ein weiterer Punkt ist, dass es grundsätzlich keinen *Konsens* in der Bevölkerung bzgl. des moralischen Empfindens gibt. Es kann also bestenfalls eine Kodifizierung der Ethik der Mehrheit der Bevölkerung kommen, aber selbst das halte ich für eine mythische Vorstellung jenseits jeder Realität. Zudem gibt es Verhalten, dass zwar mehrheitlich moralisch geächtet ist, aber trotzdem nicht mehrheitlich erwünscht ist, es deshalb rechtlich zu verfolgen.

#106:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 13.10.2014, 16:37
    —
Fake hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Ethik und Rechtswesen sind logisch unabhängig voneinander.

Nein, sind sie nicht.


Doch, sind sie. Es liegt keineswegs in der Natur von Gesetzen, auf Leidvermeidung hinzuwirken. Ob und inwiefern sie das tun, untersteht der Willkür des Gesetzgebers. Außerdem fordern Gesetze antimoralisches Verhalten, nämlich daß man sie befolgt, weil sie Gesetze sind.

Fake hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Ich argumentiere hier nur ETHISCH.

Du argumentierst hier vor allem unvollständig, weil du nicht darlegst, nach welchen Kriterien du Verantwortlichkeit bzw. Schuld zuweist.


Das ist auch gar nicht notwendig. Unterlassungsverbrechertum besteht einfach darin, weniger zur Leidvermeidung beizutragen, als man praktisch könnte. Das Bewußtsein davon soll moralisch disziplinierend wirken.

Fake hat folgendes geschrieben:
Ist man für alles verantwortlich, was man verhindern kann?


Das ist eine unsinnige Frage, weil die Menge des Leides, dem ein einzelnes moralisches Subjekt selbst bei bestem Willen entgegenwirken kann, nur eine winzige Teilmenge jenes Leides ist, dessen Vorbeugung, Linderung oder Beseitigung möglich wäre, wenn sich ALLE Menschen moralisch verhielten.

#107:  Autor: Fake BeitragVerfasst am: 13.10.2014, 17:38
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Wenn deine Ethik nicht auf das Rechtswesen einwirken soll, ist sie (zum Glück) in den Rauch geschrieben.


Je mehr moralische Menschen es gibt, umso moralischer wird auch die Gesellschaft und umso weiter sinkt ihr Bedarf an Gesetzen, die Menschen zu unschädlichem Verhalten erpressen sollen. Eine ethisch voll entwickelte Gesellschaft bräuchte also GAR keine strafbewehrten Gesetze mehr (Vorsicht: Utopie-Alarm!).

Mein Fehler. Ich dachte wir sprechen hier über reale Menschen.

#108:  Autor: Samson83 BeitragVerfasst am: 13.10.2014, 17:39
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Außerdem fordern Gesetze antimoralisches Verhalten, nämlich daß man sie befolgt, weil sie Gesetze sind.

Kannst du mal erläutern, woher du deine Privatdefinition von "Moral" und "Ethik" hast? Von Singer, geschweige den Bentham und Mill jedenfalls nicht.

#109:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 13.10.2014, 21:22
    —
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Fake hat folgendes geschrieben:
Dann solltest du dringend Strafanzeigen erstatten.

Ethik und Rechtswesen sind logisch unabhängig voneinander. Ich argumentiere hier nur ETHISCH.

Wenn deine Ethik nicht auf das Rechtswesen einwirken soll, ist sie (zum Glück) in den Rauch geschrieben.

Da bist du auf dem Holzweg. Deine fachliche Spezialisierung macht dich blind für die Effektivität anderer Alternativen. Ascanius versucht die Wirksamkeit seiner Ethik nicht durch die Verbindung mit dem Recht, sondern durch die Verbindung mit einer Didaktik zu sichern.

#110:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 13.10.2014, 22:09
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Das mit der "vollständigen" Leidfreiheit hast Du mir übrigens nur untergejubelt.

Abgesehen davon, dass das m.E. nicht stimmt (und ich könnte gegebenenfalls Zitate als Belege anführen), funktionieren einige deiner Argumente schlicht nicht, wenn man nicht die Forderung nach Vollständigkeit voraussetzt, und auch das habe ich hier ja schon demonstriert. Sollte ich dir das untergejubelt haben, dann also aufgrund des Benevolenzprinzips. Was man mir natürlich anlasten könnte. Ob das ratsam wäre, ist aber eine andere Frage.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Überleg Dir doch einfach mal, wie DU Dich verhalten würdest, wenn Du ein moralischer Mensch "in meinem Sinne" wärst.

Ich stelle mir nicht oft vor, ein Heiliger zu sein. Abgesehen davon, dass das nichts bringt, bin ich der Überzeugung, dass die Vorstellungskraft unter keinen Umständen die Rolle der Vernunft einnehmen kann, gerade was die Frage nach der Konsistenz und Praktikabilität einer Ethik angeht. Übrigens: Woher weisst du, dass ich kein moralischer Mensch "in deinem Sinne" bin? Wenn du das nur daraus ableiten würdest, dass ich auf theoretischer Ebene nicht deiner Ansicht bin, würdest du eine schwere Ebenenverwechslung begehen, die im Übrigen deine Ethik als kritikimmunisiert, ergo dogmatisch ausweisen würde. Natürlich will ich dir nicht unterstellen, dass das bei dir der Falls sei, ich sage das nur provisorisch.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Mir geht es nur darum, daß sie funktioniert [...]

Was erst noch zu zeigen wäre. Diese Behauptung mutet übrigens auch in der Hinsicht etwas merkwürdig an, als du selbst schreibst, deine Ethik sei letztlich nicht menschenmöglich erfüllbar. Was heißt denn dann "funktionieren"?

Ascanius hat folgendes geschrieben:
[...] und die verheerenden Fehler aller anderen mir bekannten (")ethischen(") Theorien vermeidet.

Dafür begeht sie einen ganzen Haufen neuer.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Du kannst mir nicht erzählen, dass jemand, der religiös motiviert ein Krankenhaus eröffnet oder in einem arbeitet, das nicht täte, um das Leid anderer Menschen zu mindern.

Doch, genau das erzähle ich Dir seit Anfang an, denn religiöse und ethische Motivation schließen einander aus.

Das kann ja sein, dass du mir das von Anfang an erzählst, aber dann erzählst du mir eben von Anfang an Unsinn. Dass sich religiöse Begründungen (oder von mir aus auch "Motivationen", ich habe ja schon ausgeführt, wo ich in diesem Kontext den Unterschied sehe) und der Wunsch, Leid zu vermindern, gegenseitig ausschließen, ist schlicht falsch, und ich habe dir das hier auch schon begründet und am konkreten Beispiel erläutert. Meine Argumente verschwinden nicht dadurch, dass du sie schlicht ignorierst. Eine Ethik, die zu falschen motivationspsychologischen Schlüssen verführt, begeht irgendwo einen Fehlschluss vom Sollen aufs Sein und ist schon damit erledigt.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Auch ein Religiöser kann auf die Frage "Warum tust du X?" nur entweder antworten: "Weil Gott es will." (= unprüfbar oder falsch -> als Vorbild untauglich), oder: "Weil es ethisch aus diesen und jenen Gründen gerechtfertigt ist." (= prüfbar und optimierbar -> mindestens vorbildFÄHIG).

Nein. Die hier relevante Frage ist, ob er Leid verhindern will, und keine andere. Die Antwort darauf sei Ja- "Ja" und Nein- "Nein", und was darüber hinausgeht, sei vom Interesse Ascaniusscher Spekulation, aber nicht vom Interesse einer utilitaristischen Ethik.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ob eine bestimmte Handlung eine Vorbildfunktion hat, die sie z.B. für eine Didaktik verwertbar macht, ist nicht die selbe Frage wie die, ob die Handlung moralisch gerechtfertigt ist.

Diese beiden Fragen sind UNTRENNBAR miteinander verbunden, denn nur moralisch gerechtfertigte Handlungen sind didaktisch verwertbar.

Dass sie in Beziehung stehen, ist schon richtig, aber du hast bisher diese Beziehung falsch dargestellt. Hier stellst du sie zum ersten Mal richtig dar. Du hast ja bis jetzt genau umgekehrt geschlossen: Nur didaktisch verwertbare Handlungen sind moralisch gerechtfertigt. Ansonsten ergeben einige deiner früheren Argumente keinen Sinn. Nur ist das eben ein Fehlschluss. Du verwechselst einseitige Implikation mit Äquivalenz.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Um die Identifizierung beider auszuhebeln, braucht man lediglich eine Unterscheidung zwischen moralisch gerechtfertigten und moralisch herausragenden Handlungen einführen.

Sehe ich nicht. Moralische Qualität ist ein Kontinuum.

Ja, sicher. Und? Wer immer dir erzählt hat, dass in einem Kontinuum keine begrifflichen Unterscheidungen möglich wären, hat dir einen großen Bären aufgebunden. Übrigens warst bisher du derjenige, der mit einer absoluten Distinktion zwischen ethischen und unethischen Handlungen operiert hat. Ich versuche ja gerade, dich davon zu überzeugen, dass es gerade so nicht funktioniert. Die im Vergleich zu deinen feingliedrigeren Distinktionen führe ich hier ja gerade zu dem Zweck ein, das Kontinuum als solches sichtbar zu machen.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
(Überhaupt müsste ein religiöser Mensch dir nur die Frage stellen, warum es ihn überhaupt interessieren sollte, ob du ihn als Beispiel für deine didaktische Vermittlung gebrauchen kannst oder nicht, und schon bräche deine Argumentation an der Stelle zusammen.

Sehe ich auch nicht. Was Religiöse interessiert oder nicht, ist für meine Ethik unerheblich.

Und das wiederum sehe ich nicht. Du bist doch derjenige, der seine Ethik "untrennbar" als Didaktik konzipieren will! Gerade als Didaktiker kann es dir aber eben nicht egal sein, was die Leute sagen, mit denen du umgehst. Zumal du nicht siehst, dass die Gegenfrage des Religiösen hier den Status eines Arguments hat, und zwar eines Arguments, das geeignet ist, dir auch in den Augen derer, die du lehren willst, in diesem Punkt argumentativ den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Die Begriffe "gut" und "böse" habe ich nur der Einfachheit halber verwendet, und ich bereue es auch schon.

Und zu Recht! zwinkern

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Eine "böse" Handlung ist eine, die unter Mißachtung des Gleichheitsprinzips Leid erzeugen soll oder Leiderzeugung in Kauf nimmt. Theoretisch kann sie so komplett in die Hose gehen, daß man sie mit einer moralisch erfolgreichen Handlung verwechseln könnte.

Dass eine an ihren eigenen Ansprüchen gescheiterte Handlung mit positiven Folgen anders einzuordnen ist als eine an ihren eigenen Ansprüchen erfolgreiche mit vergleichbaren Folgen, ist schon richtig. Das an dieser Stelle als Argument anzuführen setzt aber schon voraus, dass die Stiftung eines Krankenhauses aus religiösen Gründen dann an ihren eigenen Ansprüchen gescheitert ist (und nicht etwa z.B. sie erfüllt hat), wenn durch sie tatsächlich Leid vermieden oder gelindert wird. Nur ist eine solche Voraussetzung leider völlig absurd. Niemand gründet ein Krankenhaus, um Leid zu vermehren oder auch nur um es auf dem gleichen Level zu belassen, auf dem es schon ist.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Ich habe den Begriffen "ethisch" und "moralisch" ganz bewußt eine Definition verpaßt, die es endlich ausschließt, Handlungen als moralisch zu bezeichnen, die nicht ethisch motiviert sind.

"Endlich"? Pillepalle Da hättest du nur mal den Kant lesen müssen um zu sehen, dass das schon jemand vor 200 Jahren gemacht hat. Wenn du mich fragst, war es schon damals ein Fehler.
Zumindest leugnet man damit auch wieder genau das Kontinuum, das du im selben Beitrag eben noch beschworen hattest. Es gibt noch andere Argumente, aber schon deshalb ist es ein Fehler.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Das ist ein zentrales Merkmal meiner Ethik, und es behebt schwerwiegende handlungstheoretische, didaktische und auch logische Probleme, denen sich andere moralphilosophisch aktive Herrschaften leider noch nicht gewidmet haben.

Wie gesagt: Das ändert halt nichts daran, dass du dir einen ganzen Haufen neuer einhandelst.


Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 13.10.2014, 23:10, insgesamt 9-mal bearbeitet

#111:  Autor: Samson83 BeitragVerfasst am: 13.10.2014, 22:15
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:

"Endlich"? Pillepalle Da hättest du nur mal den Kant lesen müssen um zu sehen, dass das schon jemand vor 200 Jahren gemacht hat. Wenn du mich fragst, war es schon damals ein Fehler.

Wenn ich Seneca und Marc Aurel richtig verstehe, sahen die Stoiker das auch schon so, oder? Also müsste an die 200 noch eine 0 ran. Auch einige Stellen des neuen Testaments, ja selbst die Geschichte von Kain und Abel kann man so lesen. Ja, endlich hats mal einer gesagt.

#112:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 13.10.2014, 22:18
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Selbst wenn wir eine auch nur annähernd so direkte Demokratie hätten wie deine Behauptung voraussetzt, würden in dem Entwicklungsprozess von Gesetzen auch andere Aspekte als Moral einfließen.

Zum Glück, würde ich mal sagen. Diese anderen Aspekte - selbst die Machtpolitik - sind Korrektive für die Moral der Bevölkerung.

#113:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 13.10.2014, 22:33
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
WIR ALLE sind Unterlassungsverbrecher [...]

So wie ich das sehe, ist das keine Ethik, sondern Melodramatik nahe an der Erbsündenlehre. Es macht einen auch blind für die Erkenntnis wirklicher gesellschaftlicher Zusammenhänge. Dein Plädoyer für private Wohltätigkeit ist dafür ein Beispiel.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Mit ein paar Cent für Impfstoffe, Durchfallmittel, Zucker-Salz-Lösung oder Erdnußbutter lassen sich Menschenleben retten.

Dir ist aber schon klar, dass gerade diese Art privater Wohltätigkeit nicht dafür geeignet ist, gesellschaftliche Probleme wie z.B. Armut und Unterversorgung wirklich nachhaltig zu lösen, sondern sie langfristig sogar verlängern und verschärfen kann?

#114:  Autor: sehr gut BeitragVerfasst am: 13.10.2014, 22:54
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Niemand gründet ein Krankenhaus, um Leid zu vermehren oder auch nur um es auf dem gleichen Level zu belassen, auf dem es schon ist.

Ob dieses Beispiel so gut war? Unsere heutigen Krankenhäuser gehören zunehmend börsennotierten AGs, die sind davon abhängig das ihre Betten ausgelastet sind.
Die und das ganze System da drumrum (Pharma,..) können einfach kein Interesse daran haben das sich der Kranken-Level absenkt.

#115:  Autor: NoReply BeitragVerfasst am: 13.10.2014, 22:58
    —
Fake hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Wenn deine Ethik nicht auf das Rechtswesen einwirken soll, ist sie (zum Glück) in den Rauch geschrieben.


Je mehr moralische Menschen es gibt, umso moralischer wird auch die Gesellschaft und umso weiter sinkt ihr Bedarf an Gesetzen, die Menschen zu unschädlichem Verhalten erpressen sollen. Eine ethisch voll entwickelte Gesellschaft bräuchte also GAR keine strafbewehrten Gesetze mehr (Vorsicht: Utopie-Alarm!).

Mein Fehler. Ich dachte wir sprechen hier über reale Menschen.

Den Fehler machte ich anfangs auch. Lachen

#116:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 13.10.2014, 22:59
    —
sehr gut hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Niemand gründet ein Krankenhaus, um Leid zu vermehren oder auch nur um es auf dem gleichen Level zu belassen, auf dem es schon ist.

Ob dieses Beispiel so gut war? Unsere heutigen Krankenhäuser gehören zunehmend börsennotierten AGs, die sind davon abhängig das ihre Betten ausgelastet sind.

Okay, bei Profitorientierung ist sowas zumindest denkbar, aber bei der Stiftung eines Krankenhauses aus religiösen Gründen finde ich es eher weniger plausibel.

#117:  Autor: sehr gut BeitragVerfasst am: 13.10.2014, 23:13
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
sehr gut hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Niemand gründet ein Krankenhaus, um Leid zu vermehren oder auch nur um es auf dem gleichen Level zu belassen, auf dem es schon ist.

Ob dieses Beispiel so gut war? Unsere heutigen Krankenhäuser gehören zunehmend börsennotierten AGs, die sind davon abhängig das ihre Betten ausgelastet sind.

Okay, bei Profitorientierung ist sowas zumindest denkbar, aber bei der Stiftung eines Krankenhauses aus religiösen Gründen finde ich es eher weniger plausibel.

OK, nur muß sich in Deutschland sogar schon das Kartellamt einschalten weil die Krankenhaus-AGs regional marktbeherrschende Stellungen einnehmen d.h. "profitorientierte" Krankenhäuser sind z.T. schon die Regel.

#118:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 13.10.2014, 23:17
    —
sehr gut hat folgendes geschrieben:
OK, nur muß sich in Deutschland sogar schon das Kartellamt einschalten weil die Krankenhaus-AGs regional marktbeherrschende Stellungen einnehmen d.h. "profitorientierte" Krankenhäuser sind z.T. schon die Regel.

Will ich nicht bezweifeln. Aber das war ja nicht das, worum es hier gerade ging.

#119:  Autor: tillich (epigonal) BeitragVerfasst am: 14.10.2014, 00:07
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Übrigens: Woher weisst du, dass ich kein moralischer Mensch "in deinem Sinne" bin? Wenn du das nur daraus ableiten würdest, dass ich auf theoretischer Ebene nicht deiner Ansicht bin, würdest du eine schwere Ebenenverwechslung begehen, die im Übrigen deine Ethik als kritikimmunisiert, ergo dogmatisch ausweisen würde.

Ist das nicht exakt das, was er gegenüber Menschen macht, die ihr Handeln religiös begründen? Dieses Handeln könnte seiner Meinung nach ja inhaltlich vollständig dem entsprechen, was er für richtig hält (also im Sinne von Leidvermeinderung) - es sei dann trotzdem nicht ethisch, weil theoretisch falsch begründet.

#120:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 14.10.2014, 09:57
    —
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Übrigens: Woher weisst du, dass ich kein moralischer Mensch "in deinem Sinne" bin? Wenn du das nur daraus ableiten würdest, dass ich auf theoretischer Ebene nicht deiner Ansicht bin, würdest du eine schwere Ebenenverwechslung begehen, die im Übrigen deine Ethik als kritikimmunisiert, ergo dogmatisch ausweisen würde.

Ist das nicht exakt das, was er gegenüber Menschen macht, die ihr Handeln religiös begründen? Dieses Handeln könnte seiner Meinung nach ja inhaltlich vollständig dem entsprechen, was er für richtig hält (also im Sinne von Leidvermeinderung) - es sei dann trotzdem nicht ethisch, weil theoretisch falsch begründet.

Kann man so sehen. Aber man kann ja mal die Probe auf's Exempel machen. Cool

Nachtrag: Dass ich kein durchweg moralischer Mensch in seinem Sinne bin, "weiss" Ascanius natürlich schon deshalb, weil er selbst sagt, dass es einen solchen gar nicht geben kann. Nur stellt sich dann die Frage, warum er glaubt, dass man sich einen vorstellen könnte. Wie sähe das denn aus?

#121:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 14.10.2014, 12:32
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Selbst wenn wir eine auch nur annähernd so direkte Demokratie hätten wie deine Behauptung voraussetzt, würden in dem Entwicklungsprozess von Gesetzen auch andere Aspekte als Moral einfließen.

Zum Glück, würde ich mal sagen. Diese anderen Aspekte - selbst die Machtpolitik - sind Korrektive für die Moral der Bevölkerung.


Ich vermute, ich sehe das durchaus ähnlich. Rousseau'sche Vorstellungen fand ich immer schon eher beängstigend als eine erfreuliche Utopie - geschweige denn Realität.

#122:  Autor: Samson83 BeitragVerfasst am: 14.10.2014, 13:24
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Selbst wenn wir eine auch nur annähernd so direkte Demokratie hätten wie deine Behauptung voraussetzt, würden in dem Entwicklungsprozess von Gesetzen auch andere Aspekte als Moral einfließen.

Zum Glück, würde ich mal sagen. Diese anderen Aspekte - selbst die Machtpolitik - sind Korrektive für die Moral der Bevölkerung.


Ich vermute, ich sehe das durchaus ähnlich. Rousseau'sche Vorstellungen fand ich immer schon eher beängstigend als eine erfreuliche Utopie - geschweige denn Realität.

Rousseau kenne ich bisher leider nur aus Zusammenfassungen. Ist es lohnend den Gesellschaftsvertrag und Emil im Ganzen zu lesen?

#123:  Autor: Zumsel BeitragVerfasst am: 15.10.2014, 10:23
    —
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Fake hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Fake hat folgendes geschrieben:
Dann solltest du dringend Strafanzeigen erstatten.


Ethik und Rechtswesen sind logisch unabhängig voneinander.

Nein, sind sie nicht. Das Rechtswesen eines Staates ist nichts anderes als die (zeitlich verzögerte) Kodifizierung der Ethik seiner Bevölkerung.


Das ist schlicht unwahr.

Zumindest ist es in der Tat etwas verürzt, aber die Frage, welche Handlungen ein Staat bestrafen soll und welche Interessen er wie ausgleichn soll ist durchaus eine ethische Frage.


Dadurch wird aber nicht jede Rechtsvorschrift zu einer ethischen Frage. Häufig spielen dabei vor allem verwaltungstechnische Erwägungen eine Rolle. Zum Beispiel das "Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 2003/2004 sowie zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften (Bundesbesoldungs- und versorgungsanpassungsgesetz 2003/2004 - BBVAnpG 2003/2004)" würde ich jetzt nicht direkt als "kodifizierte Ethik" betrachten.

#124:  Autor: Fake BeitragVerfasst am: 15.10.2014, 10:41
    —
Zumsel hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Fake hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Fake hat folgendes geschrieben:
Dann solltest du dringend Strafanzeigen erstatten.


Ethik und Rechtswesen sind logisch unabhängig voneinander.

Nein, sind sie nicht. Das Rechtswesen eines Staates ist nichts anderes als die (zeitlich verzögerte) Kodifizierung der Ethik seiner Bevölkerung.


Das ist schlicht unwahr.

Zumindest ist es in der Tat etwas verürzt, aber die Frage, welche Handlungen ein Staat bestrafen soll und welche Interessen er wie ausgleichn soll ist durchaus eine ethische Frage.


Dadurch wird aber nicht jede Rechtsvorschrift zu einer ethischen Frage. Häufig spielen dabei vor allem verwaltungstechnische Erwägungen eine Rolle. Zum Beispiel das "Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 2003/2004 sowie zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften (Bundesbesoldungs- und versorgungsanpassungsgesetz 2003/2004 - BBVAnpG 2003/2004)" würde ich jetzt nicht direkt als "kodifizierte Ethik" betrachten.

Das Gesetz regelt, wie der Staat mit seinen Bediensteten umgeht. Selbstverständlich ist das Ethik. Auch Besoldungsfragen sind Ethik: Was ist eine angemessene Entlohnung? Wie werden Ressourcen verteilt? Ein Staatsgebilde funktioniert nicht ohne Organisation. Deswegen lässt sich die Staatsorganisation weder faktisch noch ethisch von anderen rechtlichen Fragen abkoppeln. So wäre beispielsweise eine ethisch gebotene Verschärfung des Strafrechts in der Praxis völlig wirkungslos, wenn nicht gleichzeitig ein funktionierender Polizeiapparat unterhalten wird. Wenn ein Gesetz ethisch geboten ist, ist auch seine Durchsetzung ethisch geboten.

#125:  Autor: Zumsel BeitragVerfasst am: 15.10.2014, 10:46
    —
Fake hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Fake hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Fake hat folgendes geschrieben:
Dann solltest du dringend Strafanzeigen erstatten.


Ethik und Rechtswesen sind logisch unabhängig voneinander.

Nein, sind sie nicht. Das Rechtswesen eines Staates ist nichts anderes als die (zeitlich verzögerte) Kodifizierung der Ethik seiner Bevölkerung.


Das ist schlicht unwahr.

Zumindest ist es in der Tat etwas verürzt, aber die Frage, welche Handlungen ein Staat bestrafen soll und welche Interessen er wie ausgleichn soll ist durchaus eine ethische Frage.


Dadurch wird aber nicht jede Rechtsvorschrift zu einer ethischen Frage. Häufig spielen dabei vor allem verwaltungstechnische Erwägungen eine Rolle. Zum Beispiel das "Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 2003/2004 sowie zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften (Bundesbesoldungs- und versorgungsanpassungsgesetz 2003/2004 - BBVAnpG 2003/2004)" würde ich jetzt nicht direkt als "kodifizierte Ethik" betrachten.

Das Gesetz regelt, wie der Staat mit seinen Bediensteten umgeht. Selbstverständlich ist das Ethik. Auch Besoldungsfragen sind Ethik: Was ist eine angemessene Entlohnung? Wie werden Ressourcen verteilt? Ein Staatsgebilde funktioniert nicht ohne Organisation. Deswegen lässt sich die Staatsorganisation weder faktisch noch ethisch von anderen rechtlichen Fragen abkoppeln. So wäre beispielsweise eine ethisch gebotene Verschärfung des Strafrechts in der Praxis völlig wirkungslos, wenn nicht gleichzeitig ein funktionierender Polizeiapparat unterhalten wird. Wenn ein Gesetz ethisch geboten ist, ist auch seine Durchsetzung ethisch geboten.


Gut, bei dieser weiten Definition ist aber schlichtweg jede soziale Interaktion ethisch. Kann man natürlich so vertreten, entspricht aber eher nicht dem landläufigen Verständnis des Begriffs.

#126:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 15.10.2014, 13:05
    —
Wenn Beamtenfamilien hungern, kann das auch ein ethisches Problem sein, aber die Frage nach der Höhe der Besoldung von Beamten ist im Normalfall keine ethische, sondern eine politische und ökonomische Frage. Das durcheinanderzubringen sollte man vermeiden.

#127:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 15.10.2014, 13:32
    —
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Selbst wenn wir eine auch nur annähernd so direkte Demokratie hätten wie deine Behauptung voraussetzt, würden in dem Entwicklungsprozess von Gesetzen auch andere Aspekte als Moral einfließen.

Zum Glück, würde ich mal sagen. Diese anderen Aspekte - selbst die Machtpolitik - sind Korrektive für die Moral der Bevölkerung.


Ich vermute, ich sehe das durchaus ähnlich. Rousseau'sche Vorstellungen fand ich immer schon eher beängstigend als eine erfreuliche Utopie - geschweige denn Realität.

Rousseau kenne ich bisher leider nur aus Zusammenfassungen. Ist es lohnend den Gesellschaftsvertrag und Emil im Ganzen zu lesen?


Ich habe auch nicht alles komplett gelesen. Aber es ist schon ein sehr zentrales Werk der europäischen Geistesgeschichte, dementsprechend lohnt es sich schon und es gibt auch Leute, die seinen Schreib- und Sprachstil mögen.

#128:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 15.10.2014, 18:08
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Selbst wenn wir eine auch nur annähernd so direkte Demokratie hätten wie deine Behauptung voraussetzt, würden in dem Entwicklungsprozess von Gesetzen auch andere Aspekte als Moral einfließen.

Zum Glück, würde ich mal sagen. Diese anderen Aspekte - selbst die Machtpolitik - sind Korrektive für die Moral der Bevölkerung.


Ich vermute, ich sehe das durchaus ähnlich. Rousseau'sche Vorstellungen fand ich immer schon eher beängstigend als eine erfreuliche Utopie - geschweige denn Realität.

Rousseau kenne ich bisher leider nur aus Zusammenfassungen. Ist es lohnend den Gesellschaftsvertrag und Emil im Ganzen zu lesen?


Ich habe auch nicht alles komplett gelesen. Aber es ist schon ein sehr zentrales Werk der europäischen Geistesgeschichte, dementsprechend lohnt es sich schon und es gibt auch Leute, die seinen Schreib- und Sprachstil mögen.

Rousseau zu lesen ist auf jeden Fall ein Gewinn. Meine Begeisterung für ihn bekam allerdings einen Knacks,
als ich vor Jahren las, dass er seine Kinder ins Heim gegeben hatte.

#129:  Autor: Samson83 BeitragVerfasst am: 15.10.2014, 18:53
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:

Rousseau zu lesen ist auf jeden Fall ein Gewinn. Meine Begeisterung für ihn bekam allerdings einen Knacks,
als ich vor Jahren las, dass er seine Kinder ins Heim gegeben hatte.

Und Exhibitionist, überschuldet, bindungsunfähig, mit allen Freunden zerstritten und zudem nachdem was ich bisher über ihn gelesen habe zumindest unter den moderneren Autoren einer der geistigen Väter dessen, was man heute unter Totalitarismus versteht. Mit anderen Worten: Welchen Ursprung hatte die Begeisterung?

#130:  Autor: unquest BeitragVerfasst am: 15.10.2014, 19:25
    —
Samson83 hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:

Rousseau zu lesen ist auf jeden Fall ein Gewinn. Meine Begeisterung für ihn bekam allerdings einen Knacks,
als ich vor Jahren las, dass er seine Kinder ins Heim gegeben hatte.

Und Exhibitionist, überschuldet, bindungsunfähig, mit allen Freunden zerstritten und zudem nachdem was ich bisher über ihn gelesen habe zumindest unter den moderneren Autoren einer der geistigen Väter dessen, was man heute unter Totalitarismus versteht. Mit anderen Worten: Welchen Ursprung hatte die Begeisterung?

Von ihm stammt ebenso die Vorstellung des "edlen Wilden" - Brrrrrrrr

#131:  Autor: Samson83 BeitragVerfasst am: 15.10.2014, 19:28
    —
unquest hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:

Rousseau zu lesen ist auf jeden Fall ein Gewinn. Meine Begeisterung für ihn bekam allerdings einen Knacks,
als ich vor Jahren las, dass er seine Kinder ins Heim gegeben hatte.

Und Exhibitionist, überschuldet, bindungsunfähig, mit allen Freunden zerstritten und zudem nachdem was ich bisher über ihn gelesen habe zumindest unter den moderneren Autoren einer der geistigen Väter dessen, was man heute unter Totalitarismus versteht. Mit anderen Worten: Welchen Ursprung hatte die Begeisterung?

Von ihm stammt ebenso die Vorstellung des "edlen Wilden" - Brrrrrrrr

Ich meine das die deutlich älter ist. Siehe z.B. Lykurg von Plutarch, sowie einige Vorsokratiker.

#132:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 15.10.2014, 20:05
    —
unquest hat folgendes geschrieben:
Von ihm stammt ebenso die Vorstellung des "edlen Wilden" - Brrrrrrrr

Ja, das klingt im Internetzeitalter furchtbar, gell?
Rousseaus Konnotation (und Intention) muss aber im zeitlichen Kontext des mittleren 18. Jhdts. verstanden werden.

#133:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 15.10.2014, 20:44
    —
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Und Exhibitionist, überschuldet, bindungsunfähig, mit allen Freunden zerstritten und zudem nachdem was ich bisher über ihn gelesen habe zumindest unter den moderneren Autoren einer der geistigen Väter dessen, was man heute unter Totalitarismus versteht.

Allerdings auch einer der geistigen Väter des Selbstverständnisses moderner bürgerlicher Demokratien (insbesondere der Verfassungslehre und der Menschenrechte). Nicht dass ich ein besonderer Fan von Rousseau wäre, aber sein politischer Einfluss auf die Entwicklung demokratischer Institutionen ist m.E. schwer bestreitbar. Dass er auch enormen Einfluss auf die Entwicklung totalitärer Institutionen und Denkweisen hatte, ist allerdings auch schwer zu bestreiten.

#134:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 15.10.2014, 21:24
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
...Dass er auch enormen Einfluss auf die Entwicklung totalitärer Institutionen und Denkweisen hatte, ist allerdings auch schwer zu bestreiten.

Ich bestreite das. Bis du mir beweist, dass es so ist, wie du sagst.

#135:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 15.10.2014, 21:28
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:
Ich bestreite das.

Wenn du das sagst. Schulterzucken

#136:  Autor: Samson83 BeitragVerfasst am: 15.10.2014, 21:39
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
...Dass er auch enormen Einfluss auf die Entwicklung totalitärer Institutionen und Denkweisen hatte, ist allerdings auch schwer zu bestreiten.

Ich bestreite das. Bis du mir beweist, dass es so ist, wie du sagst.

Ich empfehle die Lektüre z.B. von:
- Russelts Philosophiegeschichte (im Ganzen nicht so toll, aber der Beitrag über Rousseau ist ziemlich gut)
- dem Roman Narrenweisheit von Feuchtwanger
- Dantons Tod
- Eines Buches über die führenden Köpfe der Aufklärung insbesondere Diderot, Montesquieu (ja, Franzosen schreibe ich immer falsch) und Voltaire auf der einen, Rousseau auf der anderen Seite.
By the way würde ich als begründer unseres modernen Demokratieverständnisses eher die drei erstgenannten sehen. Die Idee von natürlich gegebenen Menschenrechten halte ich im Übrigen für einen ziemlichen Irrweg der staatsrechtlichen Ideen, aber das ist ein anderes Thema.

#137:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 15.10.2014, 21:59
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:
Ich bestreite das.

Wenn du das sagst. Schulterzucken

Nee so geht das nicht. Du hast doch eine Behauptung aufgestellt, von der du sagst, sie
sei schwer zu bestreiten. Ich tue das, aber wie bereits gesagt, bin ich bereit dir recht zu geben,
wenn du mir sagst, wo ich die Belege für deine Behauptung finde.

#138:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 16.10.2014, 00:01
    —
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Die Idee von natürlich gegebenen Menschenrechten halte ich im Übrigen für einen ziemlichen Irrweg der staatsrechtlichen Ideen, aber das ist ein anderes Thema.

Zumindest in dem Punkt stehst du den "Totalitären" damit wohl näher als Rousseau es tat. zynisches Grinsen zwinkern

#139:  Autor: ShadaikWohnort: MG BeitragVerfasst am: 16.10.2014, 11:20
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
sehr gut hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Niemand gründet ein Krankenhaus, um Leid zu vermehren oder auch nur um es auf dem gleichen Level zu belassen, auf dem es schon ist.

Ob dieses Beispiel so gut war? Unsere heutigen Krankenhäuser gehören zunehmend börsennotierten AGs, die sind davon abhängig das ihre Betten ausgelastet sind.

Okay, bei Profitorientierung ist sowas zumindest denkbar, aber bei der Stiftung eines Krankenhauses aus religiösen Gründen finde ich es eher weniger plausibel.
*hust* Mutter "Durch Leid ist man näher bei Gott" Theresa *hust*

Okay, fairerweise wollte die "nur" das Leid auf Erden verlängern in dem Glauben, dadurch das Leben nach dem Tod zu verbessern.

#140:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 16.10.2014, 13:16
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:
Ich bestreite das.

Wenn du das sagst. Schulterzucken

Nee so geht das nicht. Du hast doch eine Behauptung aufgestellt, von der du sagst, sie
sei schwer zu bestreiten. Ich tue das, aber wie bereits gesagt, bin ich bereit dir recht zu geben,
wenn du mir sagst, wo ich die Belege für deine Behauptung finde.

Ich bin immer noch an deinem Beleg interessiert.

#141:  Autor: Samson83 BeitragVerfasst am: 16.10.2014, 13:18
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:
Ich bestreite das.

Wenn du das sagst. Schulterzucken

Nee so geht das nicht. Du hast doch eine Behauptung aufgestellt, von der du sagst, sie
sei schwer zu bestreiten. Ich tue das, aber wie bereits gesagt, bin ich bereit dir recht zu geben,
wenn du mir sagst, wo ich die Belege für deine Behauptung finde.

Ich bin immer noch an deinem Beleg interessiert.

Darf ich vorschlagen, dass du einen Blick in meine oben aufgeworfenen Literaturvorschläge wirfst und zudem erwägst, wiees sein kann, dass Rousseaus Gesellschaftsvertrag zur Bibel der Jakobiner werden konnte?

#142:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 16.10.2014, 13:54
    —
Samson83 hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:
Ich bestreite das.

Wenn du das sagst. Schulterzucken

Nee so geht das nicht. Du hast doch eine Behauptung aufgestellt, von der du sagst, sie
sei schwer zu bestreiten. Ich tue das, aber wie bereits gesagt, bin ich bereit dir recht zu geben,
wenn du mir sagst, wo ich die Belege für deine Behauptung finde.

Ich bin immer noch an deinem Beleg interessiert.

Darf ich vorschlagen, dass du einen Blick in meine oben aufgeworfenen Literaturvorschläge wirfst und zudem erwägst, wiees sein kann, dass Rousseaus Gesellschaftsvertrag zur Bibel der Jakobiner werden konnte?

Rede ich mit dir?

#143:  Autor: Samson83 BeitragVerfasst am: 16.10.2014, 13:56
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:

Rede ich mit dir?

Lieber Schtonk,
dies ist ein Diskussionsforum, kein Privatchat. Für eine individualkonversation hat der Betreiber eine pn-Funktion vorgesehen, die du unmittelbar unter dem Forenlogo findest.

Für Rückfragen stehe ich jederzeit zur Verfügung.

Nichts zu danken.

Herzliche Grüße
Xamanoth - Samson.

#144:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 16.10.2014, 14:01
    —
Samson83 hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:

Rede ich mit dir?

Lieber Schtonk,
dies ist ein Diskussionsforum, kein Privatchat. Für eine individualkonversation hat der Betreiber eine pn-Funktion vorgesehen, die du unmittelbar unter dem Forenlogo findest.

Für Rückfragen stehe ich jederzeit zur Verfügung.

Nichts zu danken.

Herzliche Grüße
Xamanoth - Samson.

Laber net rum.

#145:  Autor: Samson83 BeitragVerfasst am: 16.10.2014, 14:19
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:

Laber net rum.

Lieber schtonk,
ich danke für diesen Vorschlag und werde ihn semiernstlich erwägen. Ich komme jedoch nicht umhin, darauf hinzuweisen, dass das hessische/ostwestphälische ("net") einen gewissen, durchaus vermeidbaren Missklang hat; obgleich dein Satz im Ganzen in seiner ganzen lakonischen Prägnanz nicht eines gewissen Wohlklangs entbehrt.

Allerherzlichste Grüße
Xamanoth - Samson

#146:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 16.10.2014, 14:31
    —
Samson83 hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:

Laber net rum.

Lieber schtonk,
ich danke für diesen Vorschlag und werde ihn semiernstlich erwägen. Ich komme jedoch nicht umhin, darauf hinzuweisen, dass das hessische/ostwestphälische ("net") einen gewissen, durchaus vermeidbaren Missklang hat; obgleich dein Satz im Ganzen in seiner ganzen lakonischen Prägnanz nicht eines gewissen Wohlklangs entbehrt.

Allerherzlichste Grüße
Xamanoth - Samson

*seufz*
Dann eben mit deinen eigenen wohlklingenden Worten:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
..halt einfach die Fresse.

#147:  Autor: Fake BeitragVerfasst am: 16.10.2014, 15:04
    —
Zumsel hat folgendes geschrieben:
Gut, bei dieser weiten Definition ist aber schlichtweg jede soziale Interaktion ethisch.

Ich würde das noch nicht einmal eine weite Definition nennen. Immerhin ist sie beschränkt auf soziale Interaktion. Tatsächlich werden aber auch jede Menge Fallgruppen unter ethischen Gesichtspunkten diskutiert, bei denen nur eine Person agiert, also gar keine Interaktion vorliegt. Stammzellenforschung und Organspende zum Beispiel.

#148:  Autor: Samson83 BeitragVerfasst am: 16.10.2014, 16:47
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:

*seufz*
Dann eben mit deinen eigenen wohlklingenden Worten:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
..halt einfach die Fresse.

Lieber Schtonk,
ich danke dir, dass du meine eigenen Worte für werthaltig genug erachtest, deinen eigenen Standpunkt zu vermitteln. Jedoch muss ich darauf hinweisen, dass jene Sentenz den Klimax eines längeren, rhetorisch in der Summe durchaus brillanten Beitrages darstellt, was durch dein kürzendes Zitat leider verloren geht.

Weiterhin stelle ich fest, dass dir der Unterschied zwischen Foren -und PN-Funktion immer noch nicht geläufig ist. Hierzu stehe ich gerne weiterhin für Rückfragen zur Verfügung.

Herzliche Grüße
Xamanoth - Samson

#149:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 16.10.2014, 18:28
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:
Ich bin immer noch an deinem Beleg interessiert.

Da bist du der einzige.

#150:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 16.10.2014, 19:42
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:
Ich bin immer noch an deinem Beleg interessiert.

Da bist du der einzige.


Ich verstehe nicht, warum gerade ihr beide euch die ganze Zeit so anfeindet. Bleibt doch mal sachlicher gegenseitig.

#151:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 16.10.2014, 19:44
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:
Ich bin immer noch an deinem Beleg interessiert.

Da bist du der einzige.

Spielt doch keine Rolle.
Es ist hier üblich, dass man seine These/Behauptung belegt. Wie man das macht, muss ich dir
ja wohl nicht erklären. Deine Behauptung, dass Rousseau "enormen Einfluss auf die Entwicklung
totalitärer Institutionen und Denkweisen hatte", betrachte ich somit als aus der Luft gegriffen.
Und ziehe generelle Rückschlüsse auf deine Art und Weise des Argumentierens.

#152:  Autor: Samson83 BeitragVerfasst am: 16.10.2014, 19:56
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:
Deine Behauptung, dass Rousseau "enormen Einfluss auf die Entwicklung
totalitärer Institutionen und Denkweisen hatte", betrachte ich somit als aus der Luft gegriffen.
Und ziehe generelle Rückschlüsse auf deine Art und Weise des Argumentierens.

Da besagte Behauptung auch in mehreren (einige habe ich genannt) Büchern vertreten wird, ist diese durchaus nicht so weit hergeholt wie du hier behauptest. Selbst der Wikiartickel zu Rousseau schreibt:
Zitat:
Nach Rousseaus Auffassung ordnet sich jeder Bürger zum Zwecke eines rechtmäßig geordneten gesellschaftlichen Zusammenlebens freiwillig einem Gesellschaftsvertrag unter. Dessen Grundlage ist der Gemeinwille, der absolut und auf das Wohl des ganzen Volkes gerichtet ist. Jeder Einzelbürger ist somit Teil eines religiös überhöhten und konfessionell neutralen Staatswesens, das den allgemeinen Willen vollstreckt und zugleich totale Verfügungsgewalt über ihn hat.

Damit wäre Tarvocs Aussage durchaus belegt. Im Übrigen genieße ich diesen unseren Dialog sehr, es tut mir sehr leid dass du dies anders siehst Weinen

#153:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 17.10.2014, 00:46
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Darf ich vorschlagen, dass du einen Blick in meine oben aufgeworfenen Literaturvorschläge wirfst und zudem erwägst, wiees sein kann, dass Rousseaus Gesellschaftsvertrag zur Bibel der Jakobiner werden konnte?

Rede ich mit dir?

Schon deshalb rede ich mit dir hier nicht.

#154:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 17.10.2014, 01:48
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Darf ich vorschlagen, dass du einen Blick in meine oben aufgeworfenen Literaturvorschläge wirfst und zudem erwägst, wiees sein kann, dass Rousseaus Gesellschaftsvertrag zur Bibel der Jakobiner werden konnte?

Rede ich mit dir?

Schon deshalb rede ich mit dir hier nicht.


#155:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 17.10.2014, 09:35
    —
Die Äußerung von dir zeigt einfach, dass du am Thema nicht wirklich interessiert bist.

#156:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 17.10.2014, 13:22
    —
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Kannst du mal erläutern, woher du deine Privatdefinition von "Moral" und "Ethik" hast? Von Singer, geschweige den Bentham und Mill jedenfalls nicht.


Die gängigen Begriffe von Ethik und Moral lehne ich ab, weil sie unklar sind und/oder Unakzeptables voraussetzen und/oder implizieren. Daher habe ich mir EIGENE Gedanken gemacht. Zu welchem Ergebnis sie geführt haben, geht aus meinen Beiträgen hervor, die man lesen und verstehen kann - wenn man es denn will. Hier zum letzten Mal eine extrem verkürzte Darstellung meiner Begriffe:

Ethik soll der Vorbeugung, Linderung und Beseitigung von Leid dienen. Ethische Motivation ist das Streben danach, sich dem Zweck der Ethik gemäß zu verhalten. Moral ist ethische Praxis. Folglich ist eine Handlung oder Unterlassung nur dann moralisch, wenn sie ethisch motiviert ist.

So entsteht ein logischer Zusammenhang zwischen einem genau bestimmten Zweck der Ethik und der Motivation, ihr entsprechend zu handeln.

#157:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 17.10.2014, 13:24
    —
@ Tarvoc:

Offenbar bist Du schon mit den simpelsten begriffslogischen Operationen überfordert. Wenn der Begriff "moralisch" als "ethisch motiviert" und "ethische Motivation" als das "Streben nach Leidfreiheit" !->DEFINIERT<-! ist, dann KANN eine religiös motivierte Handlung oder Unterlassung nicht moralisch sein, und zwar LOGISCHERWEISE! Natürlich steht es Dir frei, die genannten Begriffe mit einer anderen Bedeutung zu verwenden, aber dann haben sie nichts mehr mit MEINER Ethik zu tun, und Dein Versuch, sie zu kritisieren, läuft ins Leere. Du hast also nur zwei Möglichkeiten: Du kannst nachweisen, daß meine Ethik, WIE SIE IST und soweit ich sie dargestellt habe, wünschensunwerte Folgen hat, und/oder ein anderes normatives System entwerfen, das dem meinen - in welcher Hinsicht auch immer - überlegen ist. Im Übrigen kannst Du Dir weitere Unterstellungen, vorsätzliche Mißverständnisse, blödsinnige Vergleiche und Leugnungen logischer Sachverhalte sparen, denn ich werde nicht mehr auf sie eingehen. Wenn das bedeutet, daß wir unsere "Unterhaltung" beenden müssen, dann ist es eben so.

#158:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 17.10.2014, 13:35
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Kannst du mal erläutern, woher du deine Privatdefinition von "Moral" und "Ethik" hast? Von Singer, geschweige den Bentham und Mill jedenfalls nicht.


Die gängigen Begriffe von Ethik und Moral lehne ich ab, weil sie unklar sind und/oder Unakzeptables voraussetzen und/oder implizieren. Daher habe ich mir EIGENE Gedanken gemacht. Zu welchem Ergebnis sie geführt haben, geht aus meinen Beiträgen hervor, die man lesen und verstehen kann - wenn man es denn will. Hier zum letzten Mal eine extrem verkürzte Darstellung meiner Begriffe:

Ethik soll der Vorbeugung, Linderung und Beseitigung von Leid dienen. Ethische Motivation ist das Streben danach, sich dem Zweck der Ethik gemäß zu verhalten. Moral ist ethische Praxis. Folglich ist eine Handlung oder Unterlassung nur dann moralisch, wenn sie ethisch motiviert ist.

So entsteht ein logischer Zusammenhang zwischen einem genau bestimmten Zweck der Ethik und der Motivation, ihr entsprechend zu handeln.


Darf man nach Deiner Auffassung ein Leid verursachen, wenn man damit ein anderes Leid verhindern würde? Und wie folgerst Du das logisch aus Deiner Ethik?

#159:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 17.10.2014, 13:37
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
@ Tarvoc:

Offenbar bist Du schon mit den simpelsten begriffslogischen Operationen überfordert.
Gröhl...
Zitat:


Wenn der Begriff "moralisch" als "ethisch motiviert" und "ethische Motivation" als das "Streben nach Leidfreiheit" !->DEFINIERT<-! ist, dann KANN eine religiös motivierte Handlung oder Unterlassung nicht moralisch sein, und zwar LOGISCHERWEISE!

Was du hier betreibst ist Kritikimmunisierung.
Du "definierst" moralisch gerechtfertigte Handlungen, als ethisch motivierte Handlungen.
Diese Setzung machst du ja nicht aus der Luft heraus. Und gegen diese Setzung hat Tarvoc eine Reihe von Argumenten gebracht.

Ich kann auch Frauen bei der Definition von Menschen ausschließen. Bei Gegenargumenten ziehe ich mich dann auf den Standpunkt zurück, dass Frauen ja nach meiner Definition ja rein logisch keine Menschen sein können. Mit den Augen rollen

#160:  Autor: Fake BeitragVerfasst am: 17.10.2014, 13:54
    —
Außerdem ist Leidfreiheit nur ein Aspekt von Ethik. Mir persönlich ist das viel zu wenig. Nicht zu leiden ist die Mindestanforderung, die ich an ein erfülltes Leben stelle, keinesfalls das erstrebte Ziel.

#161:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 17.10.2014, 14:19
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Darf man nach Deiner Auffassung ein Leid verursachen, wenn man damit ein anderes Leid verhindern würde?


Das MUSS man wohl dürfen, um handlungsfähig zu bleiben.

zelig hat folgendes geschrieben:
Und wie folgerst Du das logisch aus Deiner Ethik?


Meine Ethik beinhaltet auch noch das Prinzip der gleichen Berücksichtigung gleicher Interessen. Hätten alle Interessen dasselbe Gewicht, gäbe es wieder Probleme mit der Handlungsfähigkeit, also muß man sie vor dem Hintergrund unterschiedlicher Formen des Leides unterschiedlich bewerten. Ethik und Wissenschaft können Vorschläge dazu machen, aber konkrete Übereinkünfte müssen die moralischen Subjekte untereinander aushandeln.

#162:  Autor: Samson83 BeitragVerfasst am: 17.10.2014, 14:19
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Daher habe ich mir EIGENE Gedanken gemacht. Zu welchem Ergebnis sie geführt haben, geht aus meinen Beiträgen hervor, die man lesen und verstehen kann - wenn man es denn will.


Ah ok. Das jemand deinen Standpunkt zwar versteht, aber trotzdem ablehnt, ist für dich völlig undenkbar?


Zitat:
Ethik soll der Vorbeugung, Linderung und Beseitigung von Leid dienen.
Teilweise ja. Ich würde Ethik bereits anders definieren, aber diese Definition ist zumindest vertretbar.

Zitat:
Ethische Motivation ist das Streben danach, sich dem Zweck der Ethik gemäß zu verhalten.

Das ist fast schon tautologisch.

Zitat:
Moral ist ethische Praxis. Folglich ist eine Handlung oder Unterlassung nur dann moralisch, wenn sie ethisch motiviert ist.
Erstens folgt das eine nicht aus dem anderen, und zweitens ist das eine Privatdefinition von Moral.

edit: quotes repariert.


Zuletzt bearbeitet von Samson83 am 17.10.2014, 14:27, insgesamt einmal bearbeitet

#163:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 17.10.2014, 14:20
    —
Fake hat folgendes geschrieben:
Außerdem ist Leidfreiheit nur ein Aspekt von Ethik. Mir persönlich ist das viel zu wenig. Nicht zu leiden ist die Mindestanforderung, die ich an ein erfülltes Leben stelle, keinesfalls das erstrebte Ziel.


Dann formuliere bitte einen anderen Zweck der Ethik.

#164:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 17.10.2014, 14:30
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Darf man nach Deiner Auffassung ein Leid verursachen, wenn man damit ein anderes Leid verhindern würde?


Das MUSS man wohl dürfen, um handlungsfähig zu bleiben.

zelig hat folgendes geschrieben:
Und wie folgerst Du das logisch aus Deiner Ethik?


Meine Ethik beinhaltet auch noch das Prinzip der gleichen Berücksichtigung gleicher Interessen. Hätten alle Interessen dasselbe Gewicht, gäbe es wieder Probleme mit der Handlungsfähigkeit, also muß man sie vor dem Hintergrund unterschiedlicher Formen des Leides unterschiedlich bewerten. Ethik und Wissenschaft können Vorschläge dazu machen, aber konkrete Übereinkünfte müssen die moralischen Subjekte untereinander aushandeln.


Ein moralisches Subjekt legt nun andere Kriterien an als das andere moralische Subjekt. Gibt Deine Ethik ein Mittel an die Hand, den Konflikt logisch aufzulösen? Ich frage Dich, weil Du immerhin in der Lage zu sein scheinst, nach unterschiedlichen Formen des Leids zu differenzieren. Ist das eine Differenzierung nach Qualität oder nach Quantität?

#165:  Autor: Samson83 BeitragVerfasst am: 17.10.2014, 14:30
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Fake hat folgendes geschrieben:
Außerdem ist Leidfreiheit nur ein Aspekt von Ethik. Mir persönlich ist das viel zu wenig. Nicht zu leiden ist die Mindestanforderung, die ich an ein erfülltes Leben stelle, keinesfalls das erstrebte Ziel.


Dann formuliere bitte einen anderen Zweck der Ethik.

Da sind zwei Ebenen zu trennen: WElche Verhaltensforderungen soll der STaat verbindlich machen sowie in Bildungsanstalten vermitteln?
Hier würde ich sagen - ein reibungsfreies Zusammenleben dergestalt ermöglichen, dass bei möglichst geringen Freiheitseingriffen ein bestmöglicher Rechtsgüterschutz stattfindet.

Zweitens: Welche Zielsetzung ist an das eigene Verhalten zu legen?
Und da vertrete ich: Maximale Verhinderung des EIGENEN Leidens und Förderung des EIGENEN Glücks. Was Förderung des Glücks der eigenen Nahestehenden m.E. zwingend beinhaltet sowie auch allgemeine Leidverhinderung beinhalten kann, aber nicht muss.

#166:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 17.10.2014, 14:32
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Offenbar bist Du schon mit den simpelsten begriffslogischen Operationen überfordert.

Lachen Der war gut! Du bist wohl kaum qualifiziert, meine Leistungen im Bereich Logik zu bewerten. Zumindest habe ich in dem Bereich bereits ausschlaggebende Bewertungen von Leuten, die dazu qualifiziert sind.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Wenn der Begriff "moralisch" als "ethisch motiviert" und "ethische Motivation" als das "Streben nach Leidfreiheit" !->DEFINIERT<-! ist, dann KANN eine religiös motivierte Handlung oder Unterlassung nicht moralisch sein, und zwar LOGISCHERWEISE!

Das ist sowohl logisch ein Non sequitur als auch empirisch falsch, und das habe ich dir bereits begründet. Auch dass noch nicht mal die Prämissen wirklich nachvollziehbar sind, geschweige denn zwingend, habe ich dir begründet. Dein Argument versagt also auf so ziemlich _jeder_ Ebene.
Wenn andere das nachlesen wollen, gebe ich ihnen gerne nochmal einen Link zu meinen entsprechenden Beiträgen, aber ich werde mich nicht nur für dich wiederholen, solange ich davon ausgehen muss, dass du Argumente sowieso ignorierst.

Kleine Randbemerkung: Ich bin übrigens der Ansicht, dass das "Definieren" von Worten in der Philosophie insgesamt nicht viel verloren hat, gerade in diesem normativen Sinne. Das führt aber wohl etwas weit vom Thema ab, wäre aber vielleicht einen eigenen Thread wert...

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Du hast also nur zwei Möglichkeiten: Du kannst nachweisen, daß meine Ethik, WIE SIE IST und soweit ich sie dargestellt habe, wünschensunwerte Folgen hat, und/oder ein anderes normatives System entwerfen, das dem meinen - in welcher Hinsicht auch immer - überlegen ist.

Keineswegs. Es reicht vollkommen aus, die Inkonsistenzen in deiner Position nachzuweisen.

#167:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 17.10.2014, 16:12
    —
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Das jemand deinen Standpunkt zwar versteht, aber trotzdem ablehnt, ist für dich völlig undenkbar?


Keineswegs. Allerdings warte ich noch immer auf Argumente, die meine Ethik überhaupt berühren, geschweige denn erschüttern.

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Ethische Motivation ist das Streben danach, sich dem Zweck der Ethik gemäß zu verhalten.

Das ist fast schon tautologisch.


Aha. Und was soll mir diese Bemerkung mitteilen?

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Moral ist ethische Praxis. Folglich ist eine Handlung oder Unterlassung nur dann moralisch, wenn sie ethisch motiviert ist.

Erstens folgt das eine nicht aus dem anderen,


Begriffslogisch tut es das.

Samson83 hat folgendes geschrieben:
und zweitens ist das eine Privatdefinition von Moral.


Das Verhalten von Menschen kann man nur ändern, wenn man ihr Denken ändert, und dazu ist es notwendig, ihre Begriffe und Aussagen zu ändern. Wer sich zum Sklaven lexikalischer Vorgaben macht, wird jedenfalls nicht viel zur geistigen Entwicklung der Menschheit beitragen können.

Samson83 hat folgendes geschrieben:
WElche Verhaltensforderungen soll der STaat verbindlich machen sowie in Bildungsanstalten vermitteln?


Selbst in seiner demokratischen Form ist der Staat ein autoritäres Gebilde. Was hat er mit Ethik zu tun? Ist moralisches Handeln identisch mit der Erfüllung staatlicher Forderungen? Wenn nicht: wo ist der Unterschied?

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Hier würde ich sagen - ein reibungsfreies Zusammenleben dergestalt ermöglichen, dass bei möglichst geringen Freiheitseingriffen ein bestmöglicher Rechtsgüterschutz stattfindet.


Warum sollte man das wollen?

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Zweitens: Welche Zielsetzung ist an das eigene Verhalten zu legen?
Und da vertrete ich: Maximale Verhinderung des EIGENEN Leidens und Förderung des EIGENEN Glücks. Was Förderung des Glücks der eigenen Nahestehenden m.E. zwingend beinhaltet sowie auch allgemeine Leidverhinderung beinhalten kann, aber nicht muss.


Damit wendest Du Dich gegen das ethische Gleichheitsprinzip. Hast Du mal über die Implikationen nachgedacht?

#168:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 17.10.2014, 16:15
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Ein moralisches Subjekt legt nun andere Kriterien an als das andere moralische Subjekt. Gibt Deine Ethik ein Mittel an die Hand, den Konflikt logisch aufzulösen?


Leid ist weder qualitativ, noch quantitativ so eindeutig bestimmbar, daß es möglich wäre, vollkommen unstrittige Anknüpfungspunkte für ein logisches Vorgehen zu ermitteln. Allerdings ist das kein Argument gegen den Zweck meiner Ethik als solchen, sondern bedeutet nur, daß Logik nicht JEDES Problem lösen kann - eine Binse.

zelig hat folgendes geschrieben:
Ich frage Dich, weil Du immerhin in der Lage zu sein scheinst, nach unterschiedlichen Formen des Leids zu differenzieren.


Das kann doch jeder und tut es auch. Kein vernünftiger Mensch wird Unterernährung genauso bewerten wie z.B. die unangenehme Empfindung, die mit dem erzwungenen Verzicht auf eine Opernaufführung verbunden ist.

#169:  Autor: Samson83 BeitragVerfasst am: 17.10.2014, 16:53
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:

Selbst in seiner demokratischen Form ist der Staat ein autoritäres Gebilde. Was hat er mit Ethik zu tun? Ist moralisches Handeln identisch mit der Erfüllung staatlicher Forderungen? Wenn nicht: wo ist der Unterschied?

Nein, die Befolgung staatlicher Forderungen an sich ist ethisch eher neutral. Es ist aber eine ethische Frage, welche Forderungen der Staat stellen soll und welche nicht.


Zitat:
Warum sollte man das wollen?

Freie, sichere und autonome Lebensweise. Ich find das schön.


Zitat:
Damit wendest Du Dich gegen das ethische Gleichheitsprinzip. Hast Du mal über die Implikationen nachgedacht?

Ich lehne dieses Gleichheitsprinzip in der Tat ab. Die Interessen fremder sind meinen natürlich nachrangig, und die Interessen meiner Nächsten wichtiger als die der Fernsten. Und ja, der Liebeskummer eines engen Freundes berührt mich mehr als Todesopfer in fernen Ländern, selbst als soziale Missstände vor der Haustür. Und ja, ich schätze meinen persönlichen Wohlstand höher ein als die Leidverhinderung anderer. Um bei deinem Beispiel zu bleiben: Ich gebe lieber eine solide Summe für einen Opernabend aus als für einen Fremden für ein Stück Brot zu spenden. Und deine "Didaktik" war bisher nicht annähernd tauglich, diesen Standpunkt zu erschüttern.

#170:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 17.10.2014, 17:34
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Die Äußerung von dir zeigt einfach, dass du am Thema nicht wirklich interessiert bist.

Volkshochschulkurs "Intrinsische Motivation" erfolgreich absolviert? Lachen

#171:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 17.10.2014, 17:53
    —
Samson83 hat folgendes geschrieben:
die Befolgung staatlicher Forderungen an sich ist ethisch eher neutral.


Was ist "ethische Neutralität"? Wie kann die Befolgung jedes beliebigen Gesetzesinhaltes "ethisch neutral" sein?

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Freie, sichere und autonome Lebensweise. Ich find das schön.


Also ist der Zweck der Ethik von dem bestimmt, was Du "schön" findest? Ich möchte jetzt mal "freie, sichere und autonome Lebensweise" nur für weiße, deutsche Männer "schön finden", weil ich ein weißer, deutscher Mann bin. Was nun?

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Ich lehne dieses Gleichheitsprinzip in der Tat ab.


Das ermöglicht es, aus der Menge aller leidensfähigen Wesen willkürlich bestimmte Gruppen oder Individuen auszuwählen und ihnen die Berücksichtigung ihrer Interessen ganz oder teilweise zu verweigern. Du hast Dir dafür alle empfindungsfähigen Wesen jenseits Deines Familien- und Freundeskreises ausgesucht. Gewisse andere Herrschaften waren und sind der Meinung, daß die Interessen von Juden, Homosexuellen und Behinderten keine Berücksichtigung verdienen. Um es vorsichtig auszudrücken: Du befindest Dich mit Deiner Haltung in "eher zweifelhafter" Gesellschaft.

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Ich gebe lieber eine solide Summe für einen Opernabend aus als für einen Fremden für ein Stück Brot zu spenden.


Warum nicht beides?

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Und deine "Didaktik" war bisher nicht annähernd tauglich, diesen Standpunkt zu erschüttern.


Wie ich schon sagte: gegen Zynismus ist kein Kraut gewachsen.

#172:  Autor: NoReply BeitragVerfasst am: 17.10.2014, 18:01
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Das ermöglicht es, aus der Menge aller leidensfähigen Wesen willkürlich bestimmte Gruppen oder Individuen auszuwählen und ihnen die Berücksichtigung ihrer Interessen ganz oder teilweise zu verweigern. Du hast Dir dafür alle empfindungsfähigen Wesen jenseits Deines Familien- und Freundeskreises ausgesucht. Gewisse andere Herrschaften waren und sind der Meinung, daß die Interessen von Juden, Homosexuellen und Behinderten keine Berücksichtigung verdienen. Um es vorsichtig auszudrücken: Du befindest Dich mit Deiner Haltung in "eher zweifelhafter" Gesellschaft.


Er sagte nicht, dass ihm die Bedürfnisse von Personen jenseits seines Freundeskreises gleichgültig sind, sondern nur, dass ihn deren Bedürfnisse weniger interessieren.

Du hast dich hingegen schon mehrfach für das Ausrotten von Religionen ausgesprochen. Fragt sich nur wessen Gesellschaft "zweifelhafter" ist. (Wobei sich für mich persönlich die Frage bereits beantwortet hat.)

#173:  Autor: Samson83 BeitragVerfasst am: 17.10.2014, 18:09
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:

Was ist "ethische Neutralität"? Wie kann die Befolgung jedes beliebigen Gesetzesinhaltes "ethisch neutral" sein?

Ich meine damit, dass es individuell nicht ethisch hochstehend ist, sich an ein strafbewehrtes Verbot zu halten, während der Übertritt aus sich heraus nicht ethisch verwerflich ist.

Zitat:
Also ist der Zweck der Ethik von dem bestimmt, was Du "schön" findest?

Nun, einen besseren Zweck kenne ich nicht. Deine"Logik" ist keiner.

Zitat:
Ich möchte jetzt mal "freie, sichere und autonome Lebensweise" nur für weiße, deutsche Männer "schön finden", weil ich ein weißer, deutscher Mann bin. Was nun?

Dann versuch, dies "didaktisch" durchzusetzen.

Zitat:
Das ermöglicht es, aus der Menge aller leidensfähigen Wesen willkürlich bestimmte Gruppen oder Individuen auszuwählen und ihnen die Berücksichtigung ihrer Interessen ganz oder teilweise zu verweigern. Du hast Dir dafür alle empfindungsfähigen Wesen jenseits Deines Familien- und Freundeskreises ausgesucht.

Sagen wir eher jenseits des Feldes individueller Sympathie und Emphatie, ja.

Zitat:
Gewisse andere Herrschaften waren und sind der Meinung, daß die Interessen von Juden, Homosexuellen und Behinderten keine Berücksichtigung verdienen. Um es vorsichtig auszudrücken: Du befindest Dich mit Deiner Haltung in "eher zweifelhafter" Gesellschaft.

Das ist kein Argument für irgendwas.

Zitat:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Ich gebe lieber eine solide Summe für einen Opernabend aus als für einen Fremden für ein Stück Brot zu spenden.


Warum nicht beides?

Warum doch?

Zitat:

Wie ich schon sagte: gegen Zynismus ist kein Kraut gewachsen.

Gibst du so schnell auf? Sonderliche Überzeugungskraft hat dein "logisches" Moral/Ethikkonzept nicht.

#174:  Autor: Mr. BurnsWohnort: Berg. Gladb. BeitragVerfasst am: 17.10.2014, 18:19
    —
Kriege für den jeweiligen Gott tilgen einem die Sünden vom Konto. Wer von seiner Religion reingeredet bekommen, Alkool, Ehebruch, Dealen oder Drogen seien Sünde, westlicher Lebensweise insgesamt, so ist das Paradies jedoch für verwestlichte Kämpfer auf, alles sei ihnen vergeben, daher stimmt die These, dass Religion zu Religionskriege führen, die Menschenwollen sich reinigen.

#175:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 17.10.2014, 20:40
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Moral ist ethische Praxis. Folglich ist eine Handlung oder Unterlassung nur dann moralisch, wenn sie ethisch motiviert ist.

Erstens folgt das eine nicht aus dem anderen,

Begriffslogisch tut es das.

Nein, auch "begriffslogisch" nicht.

#176:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 17.10.2014, 21:07
    —
NoReply hat folgendes geschrieben:
Er sagte nicht, dass ihm die Bedürfnisse von Personen jenseits seines Freundeskreises gleichgültig sind, sondern nur, dass ihn deren Bedürfnisse weniger interessieren.


Wo hätte ich von "Gleichgültigkeit" gesprochen? Ich wiederhole: "Das ermöglicht es, aus der Menge aller leidensfähigen Wesen willkürlich bestimmte Gruppen oder Individuen auszuwählen und ihnen die Berücksichtigung ihrer Interessen ganz oder teilweise zu verweigern." Demnach könnte also JEDES moralische Objekt davon betroffen sein, vermeidbarerweise leiden zu müssen, weil seine Interessen keine oder nur unzureichende Beachtung finden - auch jenes, das sich der Anerkennung des Gleichheitsprinzips verweigert. Diese Implikation können nur zynische Drecksäcke akzeptieren, die keine Konsequenzen für ihr Handeln zu erwarten haben.

NoReply hat folgendes geschrieben:
Du hast dich hingegen schon mehrfach für das Ausrotten von Religionen ausgesprochen.


Das ist eine unverschämte Lüge! Dieses Wort habe ich nie verwendet. Es wäre für ein BILDUNGSziel auch völlig unangemessen. Nicht einmal den Analphabetismus würde ich "ausrotten" wollen.

NoReply hat folgendes geschrieben:
Fragt sich nur wessen Gesellschaft "zweifelhafter" ist. (Wobei sich für mich persönlich die Frage bereits beantwortet hat.)


Du umgibst Dich also lieber mit Zynikern und Faschisten, als mit moralischen Menschen? Tja, da kann man nix machen - außer die Flucht ergreifen...

#177:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 17.10.2014, 21:10
    —
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Also ist der Zweck der Ethik von dem bestimmt, was Du "schön" findest?

Nun, einen besseren Zweck kenne ich nicht.


Das ist schade. Frag doch nach jedem vermeintlichen Zweck einfach immer weiter "warum", und Du wirst herausfinden, daß der "letzte" Zweck der Ethik die Leidvermeidung ist. Selbst das Verhalten nichtmenschlicher Tiere läuft weitgehend darauf hinaus, möglichst wenig zu leiden und möglichst viel Wohlbefinden herzustellen (mangels ethischer Denkfähigkeit natürlich ohne Rücksicht auf die Interessen anderer). Daher ist die Feststellung "empfindungsfähige Wesen wollen nicht vermeidbarerweise leiden" gewissermaßen der empirische Ursprung meiner Ethik.

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Ich möchte jetzt mal "freie, sichere und autonome Lebensweise" nur für weiße, deutsche Männer "schön finden", weil ich ein weißer, deutscher Mann bin. Was nun?

Dann versuch, dies "didaktisch" durchzusetzen.


Das ist nicht der Punkt. Es geht um das Problem der Beliebigkeit und die Frage der Intersubjektivität. Ethik kann nur dann ihre volle Wirkung entfalten, wenn ihr Ziel von möglichst ALLEN rationalen Wesen anerkannt wird. Ich wüßte nicht, warum sich alle rationalen Wesen dem anschließen sollten, was DU "schön" findest - zumal Du die Begriffe "frei", "sicher" und "autonom" auch erstmal klären müßtest.

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Gewisse andere Herrschaften waren und sind der Meinung, daß die Interessen von Juden, Homosexuellen und Behinderten keine Berücksichtigung verdienen. Um es vorsichtig auszudrücken: Du befindest Dich mit Deiner Haltung in "eher zweifelhafter" Gesellschaft.

Das ist kein Argument für irgendwas.


Doch, es zeigt die faschistischen Strukturen Deines Denkens auf. Meine ethischen Ideen haben sich nicht unwesentlich aus der Analyse des historischen Faschismus entwickelt, und ich fordere von einer Ethik, daß sie z.B. etwas wie den Holocaust auch denkSTRUKTURELL ausschließt. Nur eine Ethik, deren Ziel die Leidvermeidung unter Anwendung des Gleichheitsprinzips ist, MUSS ausnahmslos alle leidensfähigen Wesen als moralische Objekte anerkennen und einen gerechten Umgang mit ihren Interessen herstellen. Fehlt nur einer der beiden Aspekte, ist dem Faschismus Tür und Tor geöffnet.

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Ich gebe lieber eine solide Summe für einen Opernabend aus als für einen Fremden für ein Stück Brot zu spenden.

Warum nicht beides?

Warum doch?


In der Tat ein absurder Vorschlag für jemanden, dem es im Prinzip scheißegal ist, daß empfindungsfähige Wesen leiden und sterben, obwohl er es verhindern könnte. Tut mir leid, Dich damit belästigt zu haben.

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Wie ich schon sagte: gegen Zynismus ist kein Kraut gewachsen.

Gibst du so schnell auf?


"Schnell"? Nach 30 Beiträgen?

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Sonderliche Überzeugungskraft hat dein "logisches" Moral/Ethikkonzept nicht.


Meine Ethik ist halt sehr unbequem, und unbequeme Ideen hatten es noch nie leicht, sich Freunde zu schaffen. Davon weiß auch "Kollege" Singer ein Lied zu pfeifen. Allerdings läßt das keine Rückschlüsse auf ihre inhaltlichen Qualitäten zu.

#178:  Autor: Samson83 BeitragVerfasst am: 17.10.2014, 21:46
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:

Das ist schade. Frag doch nach jedem vermeintlichen Zweck einfach immer weiter "warum", und Du wirst herausfinden, daß der "letzte" Zweck der Ethik die Leidvermeidung ist. Selbst das Verhalten nichtmenschlicher Tiere läuft weitgehend darauf hinaus, möglichst wenig zu leiden und möglichst viel Wohlbefinden herzustellen (mangels ethischer Denkfähigkeit natürlich ohne Rücksicht auf die Interessen anderer). Daher ist die Feststellung "empfindungsfähige Wesen wollen nicht vermeidbarerweise leiden" gewissermaßen der empirische Ursprung meiner Ethik.

Das ist der schopenhauerische Irrtum, dass Ethik bei Leidvermeidung aufhört. Meine Ethik hat durchaus Leidvermeidung als Basis (also für mich und die meinen wie gesagt), geht aber darüber hinaus indem sie Freudvermehrung anstrebt. Meine Lieblingsemotion bzgl. anderen ist auch nicht Mitleid sondern Mitfreude.

Zitat:
Das ist nicht der Punkt. Es geht um das Problem der Beliebigkeit und die Frage der Intersubjektivität. Ethik kann nur dann ihre volle Wirkung entfalten, wenn ihr Ziel von möglichst ALLEN rationalen Wesen anerkannt wird. Ich wüßte nicht, warum sich alle rationalen Wesen dem anschließen sollten, was DU "schön" findest - zumal Du die Begriffe "frei", "sicher" und "autonom" auch erstmal klären müßtest.

Sollen sie ja nicht. Von "allen rationalen Wesen" erwarte ich nicht mehr als dass sie mich in Ruhe lassen. Auch ist meine "Ethik" nicht intersubjektiv, sondern eher egozentrisch geprägt.

Zitat:

Doch, es zeigt die faschistischen Strukturen Deines Denkens auf. Meine ethischen Ideen haben sich nicht unwesentlich aus der Analyse des historischen Faschismus entwickelt, und ich fordere von einer Ethik, daß sie z.B. etwas wie den Holocaust auch denkSTRUKTURELL ausschließt
.
Nun, ich finde so etwas wie den Holocaust nicht schön, und ich fände nicht schön, an so etwas mitzuwirken. Das ist für mich Ausschluss genug. Das kann man jedoch anders sehen, wenn jemand der Ansicht ist, in so etwas wie dem SD Karriere machen zu wollen, habe ich kein Argument, ihn davon abzubringen.

Zitat:
In der Tat ein absurder Vorschlag für jemanden, dem es im Prinzip scheißegal ist, daß empfindungsfähige Wesen leiden und sterben, obwohl er es verhindern könnte. Tut mir leid, Dich damit belästigt zu haben.

Och, kein Thema.

Zitat:
Meine Ethik ist halt sehr unbequem, und unbequeme Ideen hatten es noch nie leicht, sich Freunde zu schaffen. Davon weiß auch "Kollege" Singer ein Lied zu pfeifen. Allerdings läßt das keine Rückschlüsse auf ihre inhaltlichen Qualitäten zu.

Singer hat beachtliche inhaltliche Qualitäten. Er gibt jedoch selbst zu, dass die Postulate seiner Ethik gesetzt sind und nicht begründet werden können. Damit hat er dir einiges vorraus.

#179:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 17.10.2014, 22:13
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Frag doch nach jedem vermeintlichen Zweck einfach immer weiter "warum", und Du wirst herausfinden, daß der "letzte" Zweck der Ethik die Leidvermeidung ist.

Nein, wenn man nach jedem vermeintlichen Zweck einfach immer weiter warum fragt, kommt als letzter Zweck die Eudaimonia heraus. Aristoteles hat's vorgemacht. zwinkern

#180:  Autor: Fake BeitragVerfasst am: 20.10.2014, 08:56
    —
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Fake hat folgendes geschrieben:
Außerdem ist Leidfreiheit nur ein Aspekt von Ethik. Mir persönlich ist das viel zu wenig. Nicht zu leiden ist die Mindestanforderung, die ich an ein erfülltes Leben stelle, keinesfalls das erstrebte Ziel.


Dann formuliere bitte einen anderen Zweck der Ethik.

Da sind zwei Ebenen zu trennen: WElche Verhaltensforderungen soll der STaat verbindlich machen sowie in Bildungsanstalten vermitteln?
Hier würde ich sagen - ein reibungsfreies Zusammenleben dergestalt ermöglichen, dass bei möglichst geringen Freiheitseingriffen ein bestmöglicher Rechtsgüterschutz stattfindet.

Zweitens: Welche Zielsetzung ist an das eigene Verhalten zu legen?
Und da vertrete ich: Maximale Verhinderung des EIGENEN Leidens und Förderung des EIGENEN Glücks. Was Förderung des Glücks der eigenen Nahestehenden m.E. zwingend beinhaltet sowie auch allgemeine Leidverhinderung beinhalten kann, aber nicht muss.

*unterschreib*

#181:  Autor: Fake BeitragVerfasst am: 20.10.2014, 09:14
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Meine Ethik ist halt sehr unbequem, und unbequeme Ideen hatten es noch nie leicht, sich Freunde zu schaffen.

Das Problem deiner Ethik ist viel eher, dass sie nicht zur Natur des Menschen passt. In der Evolution haben sich andere Verhaltensweise durchgesetzt als die von dir erwünschten. Wir sind wie wir sind und nicht so, wie du uns gerne hättest. Schulterzucken

#182:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 20.10.2014, 09:17
    —
Fake hat folgendes geschrieben:
Das Problem deiner Ethik ist viel eher, dass sie nicht zur Natur des Menschen passt.

Von allen Problemen, die Ascanius' Ethik hat, ist das nun wirklich das geringste. Zumal er das sowieso selbst zugibt.

#183:  Autor: wolle BeitragVerfasst am: 05.04.2016, 00:23
    —
https://de.wikipedia.org/wiki/Achtzigj%C3%A4hriger_Krieg schrieb:

Zitat:
Die Kongregation der römischen und allgemeinen Inquisition verurteilte in einem Dekret vom 16. Februar 1568 faktisch alle etwa drei Millionen Niederländer wegen Häresie zum Tode und nahm nur wenige benannte Personen davon aus. Der spanische König Philipp II. bestätigte zehn Tage später diese Verfügung der Inquisition und befahl den Beginn der Exekutionen.

Geschockt
Dies führte zu einem 80-jährigem Krieg, welcher in erster Linie mit religiöser Begründung geführt wurde.
Böse
Auch der 30-jährige Krieg in Deutschland und angrenzenden Ländern war vor Allem ein Religionskrieg, welcher geschätzt 40% der Bevölkerung das Leben kostete.
https://de.wikipedia.org/wiki/Drei%C3%9Figj%C3%A4hriger_Krieg
Böse



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