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Strafe - Neuropsychologische Erkenntnisse und Justiz
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Dissonanz
Zeuge ANOVAs



Anmeldungsdatum: 24.03.2008
Beiträge: 3541

Beitrag(#999940) Verfasst am: 14.05.2008, 03:18    Titel: Strafe - Neuropsychologische Erkenntnisse und Justiz Antworten mit Zitat

Es gibt psychologische fMRT-Untersuchungen, die nahelegen, dass es bei einem nicht unerheblichen Anteil der Menschheit so ist, dass bestimmte Teile des Gehirns(z.B. die Amygdala), die mit Strafe, Angst und Angstlernen assoziiert sind anders funktionieren.

Bei einem 'normalen' Menschen sorgt die Kopplung von aversiven Reizen und anderen Wahrnehmungen dafür, dass sich relativ schnell ein Gefühl einstellt, das man als Angst bezeichnen könnte. Im Extremfall ist es das gebrannte Kind, das reflexartig, komplett ohne Kognition, die Hand von einer Herdplatte wegzieht, nachdem es sich mal daran verbrannt hat. Im harmloseren Fall ist es die Person, die in der Bahn mal angepöbelt wurde und von nun an eher das Auto nimmt.

Bei dieser 'anderen' Art von Menschen funktioniert diese Kopplung nicht. Die Reflexbildung bleibt aus und schlechte Erfahrungen bringen auch nichts. Die entsprechenden Nervenverbindungen im Gehirn entstehen nicht.

Es hat sich ausserdem herausgestellt, dass bei den meisten Menschen mit extensiver Kriminalgeschichte die letztere Variante finden lässt. Sie reagieren nicht auf Strafen, sie ändern ihr Verhalten dementsprechend nicht, wie es vorgesehen ist.

Andere Personengruppen bei denen diese Variante auftritt scheinen Politiker und Wissenschaftler zu sein.

Ich denke, dass diese Erkenntnisse ein Abrücken vom Konzept Strafe als Mittel zur Resozialisation sinnvoll erscheinen lassen.
Natürlich würden andere Ideen, weshalb Strafe eine gute Idee sein soll davon unberührt bleiben. Wer an Rache glaubt wird weiterhin Rache fordern, genauso wie die Geißelung zur Absolution davon nicht beeindruckt wäre.

Ich war mir nicht sicher, in welches Unterforum das Thema am besten passen würde. Die gesellschaftlichen/politischen Implikationen naturwissenschaftlicher Erkenntnisse..

Schöne Grüße
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Philipp Wehrli
registrierter User



Anmeldungsdatum: 21.06.2007
Beiträge: 139
Wohnort: Winterthur

Beitrag(#1000241) Verfasst am: 14.05.2008, 15:46    Titel: Re: Strafe - Neuropsychologische Erkenntnisse und Justiz Antworten mit Zitat

Dissonanz hat folgendes geschrieben:
Es gibt psychologische fMRT-Untersuchungen, die nahelegen, dass es bei einem nicht unerheblichen Anteil der Menschheit so ist, dass bestimmte Teile des Gehirns(z.B. die Amygdala), die mit Strafe, Angst und Angstlernen assoziiert sind anders funktionieren.

Geht es wirklich nur um die Strafe? Könnte es nicht sein, dass diese Menschen allgemein schlecht die Auswirkungen ihrer Taten abschätzen können? Oder dass sie ihre Gefühle schlecht wahrnehmen und daher auch schlecht mitfühlen können, was andere empfinden? Oder dass sie sich so überheblich einschätzen, dass sie sich gar nicht vorstellen können, dass ein so niedriges Wesen wie ein gewöhnlicher Mensch eine Strafe aussprechen könnte?
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Dissonanz
Zeuge ANOVAs



Anmeldungsdatum: 24.03.2008
Beiträge: 3541

Beitrag(#1000327) Verfasst am: 14.05.2008, 17:57    Titel: Antworten mit Zitat

Es geht darum, dass der Teil des Gehirns, der normalerweise durch Strafe "lernt" nicht so funktioniert, wie er es bei den meisten Menschen tut. Die entsprechenden neuronalen Verbindungen werden nicht hergestellt.

Diese Menschen können die Konsequenzen ihrer Taten abschätzen, aber das läuft dann auf einer rein kognitiven Ebene. Das Bauchgefühl von "Uh, wenn ich das jetzt mache wird das böse enden", stellt sich nicht ein.
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narziss
auf Wunsch deaktiviert



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 21939

Beitrag(#1000330) Verfasst am: 14.05.2008, 17:59    Titel: Antworten mit Zitat

Ein Link zu diesen Untersuchungen wäre jendenfalls nicht schlecht.
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Wraith
diskordianischer Papst



Anmeldungsdatum: 24.06.2007
Beiträge: 3189
Wohnort: Regensburg

Beitrag(#1000332) Verfasst am: 14.05.2008, 18:02    Titel: Antworten mit Zitat

Dissonanz hat folgendes geschrieben:
Es geht darum, dass der Teil des Gehirns, der normalerweise durch Strafe "lernt" nicht so funktioniert, wie er es bei den meisten Menschen tut. Die entsprechenden neuronalen Verbindungen werden nicht hergestellt.

Diese Menschen können die Konsequenzen ihrer Taten abschätzen, aber das läuft dann auf einer rein kognitiven Ebene. Das Bauchgefühl von "Uh, wenn ich das jetzt mache wird das böse enden", stellt sich nicht ein.


Das bedeutet aber nicht, dass man das System, dass für die meisten Menschen funktioniert gleich über den Haufen werfen sollte. Ein Modifizierung des Systems, welche diese Besonderheiten berücksichtigt sollte ausreichen. Wie diese aussehen sollte müsste man erst herausfinden, was wahrscheinlich noch sehr viel mehr Hintergrundwissen vorraussetzt.

Einen Ansatz, der bei allen Menschen funktioniert wird es wohl nicht geben.
_________________
"Das ganze Problem ignorieren. Wenn man so tut, als ob es nicht existiert, glaubt es das vielleicht auch."


Zuletzt bearbeitet von Wraith am 14.05.2008, 18:02, insgesamt einmal bearbeitet
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Komodo
Maggots!



Anmeldungsdatum: 27.05.2005
Beiträge: 4588
Wohnort: 2Fort

Beitrag(#1000333) Verfasst am: 14.05.2008, 18:02    Titel: Antworten mit Zitat

Dissonanz hat folgendes geschrieben:
Es geht darum, dass der Teil des Gehirns, der normalerweise durch Strafe "lernt" nicht so funktioniert, wie er es bei den meisten Menschen tut. Die entsprechenden neuronalen Verbindungen werden nicht hergestellt.

Diese Menschen können die Konsequenzen ihrer Taten abschätzen, aber das läuft dann auf einer rein kognitiven Ebene. Das Bauchgefühl von "Uh, wenn ich das jetzt mache wird das böse enden", stellt sich nicht ein.
Mh, klingt so, als wäre ich davon betroffen.

Wraith hat folgendes geschrieben:
Das bedeutet aber nicht, dass man das System, dass für die meisten Menschen funktioniert gleich über den Haufen werfen sollte. Ein Modifizierung des Systems, welche diese Besonderheiten berücksichtigt sollte ausreichen. Wie diese aussehen sollte müsste man erst herausfinden, was wahrscheinlich noch sehr viel mehr Hintergrundwissen vorraussetzt.

Einen Ansatz, der bei allen Menschen funktioniert wird es wohl nicht geben.
Denke ich auch.
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Dissonanz
Zeuge ANOVAs



Anmeldungsdatum: 24.03.2008
Beiträge: 3541

Beitrag(#1000351) Verfasst am: 14.05.2008, 18:56    Titel: Antworten mit Zitat

narziss hat folgendes geschrieben:
Ein Link zu diesen Untersuchungen wäre jendenfalls nicht schlecht.


Es waren nur Voruntersuchungen eines hiesigen Gehirnforschungsinstituts.. Die eigentliche Studie wurde nicht durchgeführt. Rat mal wieso. Richtig, die entsprechende Institution hat die Finanzierung bei den Ergebnissen der Voruntersuchungen eingestellt.

Ich kann aber mal fragen, ob davon noch was übriggeblieben ist, vielleicht wurde ja nicht alles einfach unter den Fisch fallen gelassen. Das Institut ist übrigens das Life&Brain in Bonn.

Es wurden ausschließlich Leute mit ellenlangen Strafregistern untersucht. Man hat an ihnen eine simple Form von Konditionierung(Ich meine, dass es unangenehme Luftstöße waren, die mit angezeigten Worten gekoppelt wurden.) durchgeführt und dabei die entsprechende Stelle im Gehirn beobachtet und die Ergebnisse mit denen normaler Menschen verglichen.

Ich fühlte mich dabei übrigens an http://xkcd.org/242/ erinnert. zwinkern

@Wraith:

An der Stelle finde ich es schade, dass daraus keine vollblütige Studie wurde. Ich fände es interessant, ob sich die Ergebnisse auch ohne Extremgruppenansatz replizieren ließen. Es ist zwar so, dass sich Menschen mit hohem Wert in einer Persönlichkeitsdimension(Psychotizismus nach Eysenck) vermehrt unter Straftätern finden lassen und dass diese Persönlichkeitsdimension einen hohen durch genetische Vererbung bedingten Varianzanteil hat, aber das ist leider noch ein ganz anderes Kaliber als eine fMRT-Studie.. Naja.

Modifizierung ist zumindest für diese Sonderfälle schonmal nötig. Ich frage mich nur, ob der Strafgedanke an sich nicht eine suboptimale Herangehensweise darstellt. Was ist das Ziel? Resozialisierung? Verhinderung von schädlichem Verhalten? Schutz der Gesellschaft?
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blaue fee
registrierter User



Anmeldungsdatum: 22.10.2007
Beiträge: 276

Beitrag(#1000366) Verfasst am: 14.05.2008, 19:14    Titel: Re: Strafe - Neuropsychologische Erkenntnisse und Justiz Antworten mit Zitat

Dissonanz hat folgendes geschrieben:
Es gibt psychologische fMRT-Untersuchungen, die nahelegen, dass es bei einem nicht unerheblichen Anteil der Menschheit so ist, dass bestimmte Teile des Gehirns(z.B. die Amygdala), die mit Strafe, Angst und Angstlernen assoziiert sind anders funktionieren.

Bei einem 'normalen' Menschen sorgt die Kopplung von aversiven Reizen und anderen Wahrnehmungen dafür, dass sich relativ schnell ein Gefühl einstellt, das man als Angst bezeichnen könnte. Im Extremfall ist es das gebrannte Kind, das reflexartig, komplett ohne Kognition, die Hand von einer Herdplatte wegzieht, nachdem es sich mal daran verbrannt hat. Im harmloseren Fall ist es die Person, die in der Bahn mal angepöbelt wurde und von nun an eher das Auto nimmt.

Bei dieser 'anderen' Art von Menschen funktioniert diese Kopplung nicht. Die Reflexbildung bleibt aus und schlechte Erfahrungen bringen auch nichts. Die entsprechenden Nervenverbindungen im Gehirn entstehen nicht.

Es hat sich ausserdem herausgestellt, dass bei den meisten Menschen mit extensiver Kriminalgeschichte die letztere Variante finden lässt. Sie reagieren nicht auf Strafen, sie ändern ihr Verhalten dementsprechend nicht, wie es vorgesehen ist.

Andere Personengruppen bei denen diese Variante auftritt scheinen Politiker und Wissenschaftler zu sein.

Ich denke, dass diese Erkenntnisse ein Abrücken vom Konzept Strafe als Mittel zur Resozialisation sinnvoll erscheinen lassen.
Natürlich würden andere Ideen, weshalb Strafe eine gute Idee sein soll davon unberührt bleiben. Wer an Rache glaubt wird weiterhin Rache fordern, genauso wie die Geißelung zur Absolution davon nicht beeindruckt wäre.

Ich war mir nicht sicher, in welches Unterforum das Thema am besten passen würde. Die gesellschaftlichen/politischen Implikationen naturwissenschaftlicher Erkenntnisse..

Schöne Grüße



Handelt es sich dabei nicht um die wiederaufgewaehrmte Version einer Vorstellung aus Anfang des letzten Jahrhunderts?
Naemlich dass Verbrecher, von natur aus anders sind, irgendwie verfehlt und falsch. Jedenfalls war sich der anstaendige Buerger sicher, dass er selbst in der selben lage absolut moralisch korrekt gehandelt haette, und nur verbrechernaturen amoralisch sein koennen und Verbrechen begehen.

Diese Theorie war so einen Art Selbstschutz um sich von dem "Verbrecherabschaum" abgrenzen zu koennen und sich selsbt als einer der "Guten" zu fuehlen und aufzuwerten.

Die geschichte des 20. Jahrhunderts zeigt aber eigentlich recht deutlich, dass sich erschreckend viele "normale" menschen mit noch so widerwaertigen diktaturen anfreunden koennen und ihren Beitrag liefern.
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Babyface
Altmeister



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11519

Beitrag(#1000372) Verfasst am: 14.05.2008, 19:34    Titel: Antworten mit Zitat

Dazu gab es schon 1957 erste Untersuchungen von Lykken. Psychopathen waren weniger in der Lage aus Bestrafung zu lernen und dadurch Elektroschocks zu vermeiden. Einfach mal nach "psychopathy" und "passive avoidance learning" googeln.
_________________
posted by Babyface
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Babyface
Altmeister



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11519

Beitrag(#1000391) Verfasst am: 14.05.2008, 20:01    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Deficient fear conditioning in psychopathy: a functional magnetic resonance imaging study.
Birbaumer N, Veit R, Lotze M, Erb M, Hermann C, Grodd W, Flor H.

Institute of Medical Psychology and Behavioral Neurobiology and Section of Experimental Resonance Imaging of the CNS, Department of Neuroradiology, University of Tübingen, Tübingen, Germany.

CONTEXT: Psychopaths belong to a larger group of persons with antisocial personality disorder and are characterized by an inability to have emotional involvement and by the repeated violation of the rights of others. It was hypothesized that this behavior might be the consequence of deficient fear conditioning. OBJECTIVE: To study the cerebral, peripheral, and subjective correlates of fear conditioning in criminal psychopaths and healthy control subjects. DESIGN: An aversive differential pavlovian delay conditioning paradigm with slides of neutral faces serving as conditioned and painful pressure as unconditioned stimuli. SETTING: The Department of Medical Psychology at the University of Tübingen, Tübingen, Germany. PARTICIPANTS: Ten male psychopaths as defined by the Hare Psychopathy Checklist-Revised and 10 age- and education-matched healthy male controls. The psychopaths were criminal offenders on bail and waiting for their trial or were on parole. The healthy controls were recruited from the community. MAIN OUTCOME MEASURES: Brain activation based on functional magnetic resonance imaging, electrodermal responses, emotional valence, arousal, and contingency ratings. RESULTS: The healthy controls showed enhanced differential activation in the limbic-prefrontal circuit (amygdala, orbitofrontal cortex, insula, and anterior cingulate) during the acquisition of fear and successful verbal and autonomic conditioning. The psychopaths displayed no significant activity in this circuit and failed to show conditioned skin conductance and emotional valence ratings, although contingency and arousal ratings were normal. CONCLUSION: This dissociation of emotional and cognitive processing may be the neural basis of the lack of anticipation of aversive events in criminal psychopaths.

Volltext der Studie: http://archpsyc.ama-assn.org/cgi/reprint/62/7/799
_________________
posted by Babyface
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Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#1000424) Verfasst am: 14.05.2008, 20:46    Titel: Re: Strafe - Neuropsychologische Erkenntnisse und Justiz Antworten mit Zitat

Dissonanz hat folgendes geschrieben:
Es hat sich ausserdem herausgestellt, dass bei den meisten Menschen mit extensiver Kriminalgeschichte die letztere Variante finden lässt. Sie reagieren nicht auf Strafen, sie ändern ihr Verhalten dementsprechend nicht, wie es vorgesehen ist.

Klingt nach selection bias.

Dissonanz hat folgendes geschrieben:
Andere Personengruppen bei denen diese Variante auftritt scheinen Politiker und Wissenschaftler zu sein.

Aha. Vielleicht sind das dann intelligente Psychopathen, die ihre Energien anders einbringen.

Dissonanz hat folgendes geschrieben:
Ich denke, dass diese Erkenntnisse ein Abrücken vom Konzept Strafe als Mittel zur Resozialisation sinnvoll erscheinen lassen.
Natürlich würden andere Ideen, weshalb Strafe eine gute Idee sein soll davon unberührt bleiben.

Du meinst wohl Strafe als Abschreckung.
Du übersiehst freilich diejenigen, die sich sehr wohl abschrecken lassen. Warum sollte man ein funktionierendes System wegen einer unverbesserlichen Minderheit kippen?
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Babyface
Altmeister



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11519

Beitrag(#1000456) Verfasst am: 14.05.2008, 21:34    Titel: Re: Strafe - Neuropsychologische Erkenntnisse und Justiz Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Dissonanz hat folgendes geschrieben:
Es hat sich ausserdem herausgestellt, dass bei den meisten Menschen mit extensiver Kriminalgeschichte die letztere Variante finden lässt. Sie reagieren nicht auf Strafen, sie ändern ihr Verhalten dementsprechend nicht, wie es vorgesehen ist.

Klingt nach selection bias.

Inwiefern das?
_________________
posted by Babyface
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Dissonanz
Zeuge ANOVAs



Anmeldungsdatum: 24.03.2008
Beiträge: 3541

Beitrag(#1000499) Verfasst am: 14.05.2008, 22:20    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Handelt es sich dabei nicht um die wiederaufgewaehrmte Version einer Vorstellung aus Anfang des letzten Jahrhunderts?


Wenn's so ist, dass es statistisch signifikante neurologische Unterschiede zwischen der breiten Bevölkerung und der Bevölkerung von Gefängnissen gibt, was willst du dann machen? Leugnen? Schön so tun, als wär nix?

Bei der Forschung geht es erstmal nur um Erkenntnisgewinn. Nur weil man eine gesunde Amygdala hat ist man nicht vor ethisch verwerflichem Verhalten geschützt. Wüsste aber auch nicht, wer das behauptet hat.

@Babyface:

Wo ich das so lese habe ich glaube ich die Dame vom Institut falsch verstanden. Sie war mal in Tübingen und hat mir von einer Studie aus der Vergangenheit erzählt.. Ich könnte mir vorstellen, dass es diese war. Wobei mir da dann der Teil fehlen wurde, der wegen mangelnder Finanzierung nicht durchgeführt werden konnte.. Allgemeine Untersuchung von Gefängniseinsassen vielleicht?

Vielen Dank jedenfalls.

@Sokrateer:

Zitat:
Klingt nach selection bias.


Ich weiss zwar nicht genau, welchen Teil davon du als selection bias siehst, aber falls ich dich richtig verstehe meinst du, dass die Auswahl der Probanden ein entsprechendes Ergebnis nahelegt.

Ich denke, dass das hier völlig in Ordnung ist, will man doch gerade den Zusammenhang zwischen Kriminalität und einer anderen Funktionsweise untersuchen. Dieser bias wäre das, was gesucht wird, und somit gewollt. zwinkern

Aber falls ich dich falsch verstehe bitte ich dich, mir das um die Ohren zu hauen.

Zitat:
Aha. Vielleicht sind das dann intelligente Psychopathen, die ihre Energien anders einbringen.


Eine Hypothese dazu ist es, dass diese Leute in den kritischen Phasen ihrer Entwicklung, frühe Kindheit und so, wo die Ausformung der biologischen Dispositionen noch uneindeutig ist, z.B. andere Vorbilder hatten und in ihren positiven Verhaltensimpulsen anders geprägt wurden. Wer andere Mittel erlernt kann und wird diese auch anwenden.

Zitat:
Du meinst wohl Strafe als Abschreckung.


Strafe als Abschreckung beruht auf den gleichen Prinzipien, man muss zuerst lernen, die Strafe affektiv zu antizipieren, bevor man sein Verhalten deshalb modifiziert. Ohne erfahrene Strafe keine Abschreckung. Es reicht ja schon, wenn man mal Hausarrest hatte und das furchtbar unangenehm fand oder ähnliches.

Zitat:
Du übersiehst freilich diejenigen, die sich sehr wohl abschrecken lassen. Warum sollte man ein funktionierendes System wegen einer unverbesserlichen Minderheit kippen?


Das hängt von der Zielsetzung ab, würde ich behaupten. Will man bestrafen, damit Gerechtigkeit(beziehungsweise Rache) geübt wird, kann es einem ziemlich egal sein, ob die Strafe was bringt. Will man zum Wohle aller Beteiligten strafen, quasi aus pädagogischen Motiven heraus, so ist es sehr wohl relevant, ob die Leute, die ins Visir der Strafe kommen darauf überhaupt reagieren werden.

Was, wenn sich nun herausstellt, dass die meisten Straffälligen tatsächlich nicht auf die Strafe reagieren? Wenn die Abschreckungswirkung nichtexistent ist? Leute mit intakter Neurophysiologie nicht straffällig würden?
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caballito
zänkisches Monsterpony



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 12112
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Beitrag(#1001050) Verfasst am: 15.05.2008, 21:03    Titel: Antworten mit Zitat

Dissonanz hat folgendes geschrieben:

Diese Menschen können die Konsequenzen ihrer Taten abschätzen, aber das läuft dann auf einer rein kognitiven Ebene. Das Bauchgefühl von "Uh, wenn ich das jetzt mache wird das böse enden", stellt sich nicht ein.

Auch auf der kognitiven Ebene ist es aber relevant, ob die Konsequenz "x Jahre Knast" droht, oder nicht. Denn gerade der kognitiv abwägende wird letztlich eine Entschedung fällen "Das so und so große Risiko, so und so lange in den Knast zu gehen, ist mir die Tat wert/nicht wert."
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caballito
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
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Beitrag(#1001053) Verfasst am: 15.05.2008, 21:09    Titel: Re: Strafe - Neuropsychologische Erkenntnisse und Justiz Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:

Du übersiehst freilich diejenigen, die sich sehr wohl abschrecken lassen. Warum sollte man ein funktionierendes System wegen einer unverbesserlichen Minderheit kippen?

Eben. Das isz mal wieder das allgegenwärtige "Abschreckung funktioniert nicht. Immerhin gibt es Leute, die sich nicht abschrecken lassen."

Man sollte mal für einen Tag das Strafgesetzbuch außer Kraft setzen, dann könnten die Leute schon sehen, ob Abschreckung funktioniert ... Ich wüsste schon das ein oder andere, was ich an dem Tag täte ...
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vrolijke
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Moderator



Anmeldungsdatum: 15.03.2007
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Beitrag(#1001054) Verfasst am: 15.05.2008, 21:10    Titel: Antworten mit Zitat

Im Übrigen wirken "Strafen" bei Verkehrssünden deshalb nicht, weil die Zeit zwischen "Delikt" und "Strafe" viel zu lang ist.
Warum soll das bei andere "Delikte" anders sein?
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Glück ist kein Geschenk der Götter; es ist die Frucht der inneren Einstellung.
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Argáiþ
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Beiträge: 12486

Beitrag(#1001073) Verfasst am: 15.05.2008, 21:33    Titel: Antworten mit Zitat

vrolijke hat folgendes geschrieben:
Im Übrigen wirken "Strafen" bei Verkehrssünden deshalb nicht, weil die Zeit zwischen "Delikt" und "Strafe" viel zu lang ist.
Warum soll das bei andere "Delikte" anders sein?


Das liegt eher daran, dass man nicht erwartet, erwischt zu werden. Aber auch das ist nur eine Tendenz. Ich kann bei mir jedenfalls nicht behaupten, dass Strafen auf Falschparken und zu schnelles Fahren mein Verhalten nicht beeinflussen.
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Argáiþ
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Anmeldungsdatum: 27.01.2007
Beiträge: 12486

Beitrag(#1001083) Verfasst am: 15.05.2008, 21:52    Titel: Antworten mit Zitat

Dissonanz hat folgendes geschrieben:
narziss hat folgendes geschrieben:
Ein Link zu diesen Untersuchungen wäre jendenfalls nicht schlecht.


Es waren nur Voruntersuchungen eines hiesigen Gehirnforschungsinstituts.. Die eigentliche Studie wurde nicht durchgeführt. Rat mal wieso. Richtig, die entsprechende Institution hat die Finanzierung bei den Ergebnissen der Voruntersuchungen eingestellt.

Ich kann aber mal fragen, ob davon noch was übriggeblieben ist, vielleicht wurde ja nicht alles einfach unter den Fisch fallen gelassen. Das Institut ist übrigens das Life&Brain in Bonn.

Es wurden ausschließlich Leute mit ellenlangen Strafregistern untersucht. Man hat an ihnen eine simple Form von Konditionierung(Ich meine, dass es unangenehme Luftstöße waren, die mit angezeigten Worten gekoppelt wurden.) durchgeführt und dabei die entsprechende Stelle im Gehirn beobachtet und die Ergebnisse mit denen normaler Menschen verglichen.

Ich fühlte mich dabei übrigens an http://xkcd.org/242/ erinnert. zwinkern




Eine solche Konditionierung ist doch einfach nachvollziehbar. Sobald erste Straftaten, bei denen das 'Bauchgefühl' noch überwunden werden musste, schnellen Erfolg gebracht haben, ist es doch ohne Weiteres denkbar, dass man sich kaum noch abschrecken lässt und kriminelles Verhalten zunehmend professionalisiert. Da würde ich nicht gleich von neuronalen Gründen ausgehen, die stark genetisch gewichtet sind.

Zitat:
Modifizierung ist zumindest für diese Sonderfälle schonmal nötig. Ich frage mich nur, ob der Strafgedanke an sich nicht eine suboptimale Herangehensweise darstellt. Was ist das Ziel? Resozialisierung? Verhinderung von schädlichem Verhalten? Schutz der Gesellschaft?


Es ist nie bestritte worden, dass es eine Minderheit unter Straffälligen gibt, bei denen das übliche Strafkonzept nichts bringt. Ich frage mich, ob diese merkwürdige Diskrepanz der Meinungen von geneigten Wissenschaftlern und der Legislative nicht teilweise doch auf den Kontrollwahn letzterer zurückzuführen ist. Eine totale Einzelfallgerechtigkeit ist jedenfalls kein Anspruch, dem sich die Politik in Demokratieen ohne Weiteres stellen kann.
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AlexJ
Supermarktoverlord



Anmeldungsdatum: 11.04.2008
Beiträge: 2353
Wohnort: Köln

Beitrag(#1001114) Verfasst am: 15.05.2008, 22:36    Titel: Antworten mit Zitat

Bis jetzt fehlt jeglicher Beweis für die hier aufgeführte Theorie, das Verbrecher weniger Fähig sein aus Fehlern/ unangenehme Situationen zu lernen. Das gleiche gilt für Politiker und die Jungs aus der Wirtschaft.

Die Erwähnung letzterer macht mich ebenso skeptisch wie die Aussage man hätte Wiederholungstäter untersucht.
Solange mir nicht irgend ein Beweis dafür dargelegt wurde das es 'Personen aus diesen Gruppen gab welche sich haben untersuchen lassen. Handelt es für mich eher um eine urbane Legende.

---
Die Entdeckung der Zonen im Gehirn und Messung der Reaktionen welche mit der Konditionierung zu tun haben würde ein breites Interesse unter den Geisteswissenschaftlern hervorrufen. Das in den Fachzeitschriften nichts darüber erwähnt wird legt eine Verswörung gerade zu nahe. Mit den Augen rollen

MfG
AlexJ.
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Peter H.
dauerhaft gesperrt



Anmeldungsdatum: 24.06.2007
Beiträge: 9751

Beitrag(#1001117) Verfasst am: 15.05.2008, 22:38    Titel: Antworten mit Zitat

Verbrecher wurden hinreichend untersucht. Mit den Augen rollen
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AlexJ
Supermarktoverlord



Anmeldungsdatum: 11.04.2008
Beiträge: 2353
Wohnort: Köln

Beitrag(#1001133) Verfasst am: 15.05.2008, 22:53    Titel: Antworten mit Zitat

Peter H. hat folgendes geschrieben:
Verbrecher wurden hinreichend untersucht. Mit den Augen rollen


Auf was untersucht? Gesichtsform, Kieferstruktur, Cholesterinspiegel und ob sie sich nach der Benutzung der Toilette die Hände waschen?

Wenn man die Behauptung aufstellt das es erkennbare Unterschiede zwischen Normalen Menschen und Verbrechern gibt, das diese Verbrecher auch unfähig wären sich zu Rehabilitieren bzw. nicht aus negativen Erfahrung lernen dann sollte man nicht lapidar auf irgendwelchen Untersuchungen verweise für die man keine Quellen hat, ansonsten wird man vermutlich(IMHO zurecht) nicht ernst genommen.

MfG
AlexJ.
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Babyface
Altmeister



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11519

Beitrag(#1001145) Verfasst am: 15.05.2008, 23:08    Titel: Antworten mit Zitat

AlexJ hat folgendes geschrieben:
Peter H. hat folgendes geschrieben:
Verbrecher wurden hinreichend untersucht. Mit den Augen rollen


Auf was untersucht? Gesichtsform, Kieferstruktur, Cholesterinspiegel und ob sie sich nach der Benutzung der Toilette die Hände waschen?

Auf Unterschiedliches. Hier ein Überblick: http://www.hull.ac.uk/php/pislm/ppp05.pdf
_________________
posted by Babyface
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Babyface
Altmeister



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11519

Beitrag(#1001151) Verfasst am: 15.05.2008, 23:10    Titel: Antworten mit Zitat

caballito hat folgendes geschrieben:
Dissonanz hat folgendes geschrieben:

Diese Menschen können die Konsequenzen ihrer Taten abschätzen, aber das läuft dann auf einer rein kognitiven Ebene. Das Bauchgefühl von "Uh, wenn ich das jetzt mache wird das böse enden", stellt sich nicht ein.

Auch auf der kognitiven Ebene ist es aber relevant, ob die Konsequenz "x Jahre Knast" droht, oder nicht. Denn gerade der kognitiv abwägende wird letztlich eine Entschedung fällen "Das so und so große Risiko, so und so lange in den Knast zu gehen, ist mir die Tat wert/nicht wert."

Die Entscheidung kann er aber nicht ohne die Bestimmung der emotionalen Valenz von Handlungsfolgen treffen, und die findet eben im limbischen System statt.
_________________
posted by Babyface
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caballito
zänkisches Monsterpony



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 12112
Wohnort: Pet Sematary

Beitrag(#1001264) Verfasst am: 16.05.2008, 01:06    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
caballito hat folgendes geschrieben:
Dissonanz hat folgendes geschrieben:

Diese Menschen können die Konsequenzen ihrer Taten abschätzen, aber das läuft dann auf einer rein kognitiven Ebene. Das Bauchgefühl von "Uh, wenn ich das jetzt mache wird das böse enden", stellt sich nicht ein.

Auch auf der kognitiven Ebene ist es aber relevant, ob die Konsequenz "x Jahre Knast" droht, oder nicht. Denn gerade der kognitiv abwägende wird letztlich eine Entschedung fällen "Das so und so große Risiko, so und so lange in den Knast zu gehen, ist mir die Tat wert/nicht wert."

Die Entscheidung kann er aber nicht ohne die Bestimmung der emotionalen Valenz von Handlungsfolgen treffen, und die findet eben im limbischen System statt.

Das würde bedeuten, dass ihm die Strafe letztlich am Arsch vorbeigeht, oder? Das ist dann aber wieder etwas anderess, denn derjenige ist deswegen ja nicht unfähig, aus Ungemach zu lernen - der empfindet schlicht kein Ungemach.
_________________
Die Gedanken sind frei.

Aber nicht alle Gedanken wissen das.
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Peter H.
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Anmeldungsdatum: 24.06.2007
Beiträge: 9751

Beitrag(#1001270) Verfasst am: 16.05.2008, 01:16    Titel: Antworten mit Zitat

AlexJ hat folgendes geschrieben:
Peter H. hat folgendes geschrieben:
Verbrecher wurden hinreichend untersucht. Mit den Augen rollen


Auf was untersucht? Gesichtsform, Kieferstruktur, Cholesterinspiegel und ob sie sich nach der Benutzung der Toilette die Hände waschen?




Das ist jetzt nur Polemik. Es haben sich an den Kriminellen genug Psychologen "abgearbeitet".
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Babyface
Altmeister



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11519

Beitrag(#1001320) Verfasst am: 16.05.2008, 08:26    Titel: Antworten mit Zitat

caballito hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
caballito hat folgendes geschrieben:
Dissonanz hat folgendes geschrieben:

Diese Menschen können die Konsequenzen ihrer Taten abschätzen, aber das läuft dann auf einer rein kognitiven Ebene. Das Bauchgefühl von "Uh, wenn ich das jetzt mache wird das böse enden", stellt sich nicht ein.

Auch auf der kognitiven Ebene ist es aber relevant, ob die Konsequenz "x Jahre Knast" droht, oder nicht. Denn gerade der kognitiv abwägende wird letztlich eine Entschedung fällen "Das so und so große Risiko, so und so lange in den Knast zu gehen, ist mir die Tat wert/nicht wert."

Die Entscheidung kann er aber nicht ohne die Bestimmung der emotionalen Valenz von Handlungsfolgen treffen, und die findet eben im limbischen System statt.

Das würde bedeuten, dass ihm die Strafe letztlich am Arsch vorbeigeht, oder? Das ist dann aber wieder etwas anderess, denn derjenige ist deswegen ja nicht unfähig, aus Ungemach zu lernen - der empfindet schlicht kein Ungemach.

Dass er kein Ungemach empfindet, geht aus obigem Bestrafungsexperiment eigentlich nicht hervor. Eher scheint es Defizite zu geben, drohendes, noch nicht eingetretenes Ungemach auch auf emotionaler Ebene zu antizipieren und zu evaluieren, so dass drohendes Ungemach bei einer Entscheidung in den vorgestellten Handlungsfolgen nicht emotional repräsentiert wird. Dagegen scheint die Antizipation von Belohung normal. Das emotionale Gedächtnis scheint also in besonderer Weise selektiv zu arbeiten.
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posted by Babyface
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AlexJ
Supermarktoverlord



Anmeldungsdatum: 11.04.2008
Beiträge: 2353
Wohnort: Köln

Beitrag(#1001372) Verfasst am: 16.05.2008, 10:57    Titel: Antworten mit Zitat

Peter H. hat folgendes geschrieben:
AlexJ hat folgendes geschrieben:
Peter H. hat folgendes geschrieben:
Verbrecher wurden hinreichend untersucht. Mit den Augen rollen


Auf was untersucht? Gesichtsform, Kieferstruktur, Cholesterinspiegel und ob sie sich nach der Benutzung der Toilette die Hände waschen?




Das ist jetzt nur Polemik. Es haben sich an den Kriminellen genug Psychologen "abgearbeitet".



Polemik, ja richtig. Ich fand es war eine angemessen Antwort auf deine Aussage welche ich nur als Polemik verstanden habe.

Ich hätte vielleicht in meinem Posting den Zusammenhang deutlicher machen sollen auf welche Art von Untersuchungen ich hinaus möchte. Nämlich jene in Zusammenhang mit der behaupteten Untersuchung zur Theorie der Gehirn Anomalien bei Kriminellen und Politikern (Edit: Theorie von Dissonanz nicht die über Psychopathen von Babyface)

Das Verbrecher und ihre Psychologie beständiges Interesse an Kriminelle insbesondere Psychopathen haben ist mir Bewusst und auch das es dazu zahlreiche Untersuchung gegeben hat.
Deshalb auch meine Polemische Reaktion auf die Aussage es hat viele Untersuchungen gegeben. Die Faktoren die ich genannte habe wurden nämlich schon Untersucht. Zeigen aber deutlich mit welchen Vermutungen Forscher schon an das Thema herangegangen sind.

MfG
AlexJ.
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Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#1001445) Verfasst am: 16.05.2008, 13:04    Titel: Antworten mit Zitat

Dissonanz hat folgendes geschrieben:
Was, wenn sich nun herausstellt, dass die meisten Straffälligen tatsächlich nicht auf die Strafe reagieren? Wenn die Abschreckungswirkung nichtexistent ist?

Straffällige ließen sich per Definition bisher nicht abschrecken. Das ist eine nichtssagende Tautologie.

Dissonanz hat folgendes geschrieben:
Leute mit intakter Neurophysiologie nicht straffällig würden?

Werden sie aber doch. Glaubst du, dass all die Cäsaren-Mörder der Geschichte Psychopathen waren? Oder waren es normale Menschen, die die Gunst der Stunde nutzten?
Was ist mit Massenvergewaltigungen udn Plünderungen durch Soldaten in Kriegszeiten?
Es gab Polizeistreiks in Boston und in den 70ern im liberalen Baltimore. Da war in beiden Fällen binnen Stunden der Teufel los.
Du müsstest auch erklären, warum es früher so viel mehr Morde gab. Gab es im Mittelalter mehr Psychopathen, oder war es damals etwa leichter davon zu kommen? Man bemerke auch den weiteren Rückgang der Mordrate, seit es DNA-Tests gibt.

Nein, das Zusammenleben in einer Zivilisation, in der man täglich mit Fremden zu tun hat, wäre ohne allgemein bekannte und durchgesetzte Regeln undenkbar.

Babyface hat folgendes geschrieben:

Dass er kein Ungemach empfindet, geht aus obigem Bestrafungsexperiment eigentlich nicht hervor. Eher scheint es Defizite zu geben, drohendes, noch nicht eingetretenes Ungemach auch auf emotionaler Ebene zu antizipieren und zu evaluieren, so dass drohendes Ungemach bei einer Entscheidung in den vorgestellten Handlungsfolgen nicht emotional repräsentiert wird. Dagegen scheint die Antizipation von Belohung normal. Das emotionale Gedächtnis scheint also in besonderer Weise selektiv zu arbeiten.

Wobei sich die Frage stellt, ob sich das auf Bestrafung durch einsperren umlegen lässt. Manche Leute haben vielleicht gar nichts dagegen eingesperrt und bevormundet zu werden. Schulterzucken
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Argáiþ
dauerhaft gesperrt



Anmeldungsdatum: 27.01.2007
Beiträge: 12486

Beitrag(#1001447) Verfasst am: 16.05.2008, 13:06    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Straffällige ließen sich per Definition bisher nicht abschrecken. Das ist eine nichtssagende Tautologie.


In dem Test meint er.
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Peter H.
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Anmeldungsdatum: 24.06.2007
Beiträge: 9751

Beitrag(#1001502) Verfasst am: 16.05.2008, 13:50    Titel: Antworten mit Zitat

Wäre mal interessant den prozentualen Anteil der Mörder an der Gesamtgesellschaft, in den einzelnen historischen Phasen darzustellen.
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