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Heiner Grundrechte-Fan
Anmeldungsdatum: 29.05.2006 Beiträge: 1217
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(#1005282) Verfasst am: 22.05.2008, 11:44 Titel: Re: Strafrecht |
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HFRudolph hat folgendes geschrieben: |
Was meinte Precht übrigens mit der Aussage, das Leben sei mehr als die Summe seiner Teile?... |
Weiß ich nicht. Jedenfalls lag Precht falsch, als er meinte, dass es in dem Beispiel kein richtig und falsch gäbe.
Sowohl moralisch als auch juristisch richtig handelt, wer nicht eingreift (die Weiche nicht stellt).
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Heiner Grundrechte-Fan
Anmeldungsdatum: 29.05.2006 Beiträge: 1217
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(#1005294) Verfasst am: 22.05.2008, 11:56 Titel: Re: Strafrecht |
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HFRudolph hat folgendes geschrieben: | Also Mord wäre das schon mal gar nicht, weil keine niederen Beweggründe vorliegen, sondern allenfalls Totschlag.
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Tja, weiß man's?
Angenommen, auf dem einen Gleis stehen 5 Deutsche, auf dem anderen 1 Ausländer.
An der Weiche steht ein Neonazi. Der Neonazi entscheidet sich dafür, den Ausländer für die 5 Deutschen zu opfern.
Wie sieht es nun aus mit den niederen Beweggründen?
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Mario Hahna aktiviert
Anmeldungsdatum: 04.04.2005 Beiträge: 9607
Wohnort: München
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(#1005298) Verfasst am: 22.05.2008, 12:07 Titel: Re: Strafrecht |
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Heiner hat folgendes geschrieben: | HFRudolph hat folgendes geschrieben: | Also Mord wäre das schon mal gar nicht, weil keine niederen Beweggründe vorliegen, sondern allenfalls Totschlag.
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Tja, weiß man's?
Angenommen, auf dem einen Gleis stehen 5 Deutsche, auf dem anderen 1 Ausländer.
An der Weiche steht ein Neonazi. Der Neonazi entscheidet sich dafür, den Ausländer für die 5 Deutschen zu opfern.
Wie sieht es nun aus mit den niederen Beweggründen? |
Das ist Sachverhaltsquetsche
_________________ Wer nichts weiß, glaubt alles.
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Mario Hahna aktiviert
Anmeldungsdatum: 04.04.2005 Beiträge: 9607
Wohnort: München
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(#1005300) Verfasst am: 22.05.2008, 12:08 Titel: Re: Strafrecht |
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HFRudolph hat folgendes geschrieben: | Also Mord wäre das schon mal gar nicht, weil keine niederen Beweggründe vorliegen, sondern allenfalls Totschlag.
1.
Nach gegenwärtiger BGH-Rechtsprechung kommt ein rechtfertigender Notstand nicht in Frage, weil eine Abwägung Leben gegen Leben nicht möglich sei.
2.
Entschuldigt ist der Täter nach dem Gesetzeswortlaut nur, wenn es sich bei der zu rettenden Person um einen Angehörigen oder eine nahestehende Person handelt.
3.
Scheidet Nr. 2 aus, kommt nur ein übergesetzlicher Schuldausschluss in Frage.
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Schonmal ganz gut.
_________________ Wer nichts weiß, glaubt alles.
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Raphael auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 01.02.2004 Beiträge: 8362
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(#1005314) Verfasst am: 22.05.2008, 12:25 Titel: |
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Heiner hat folgendes geschrieben: | Raphael hat folgendes geschrieben: | Heiner hat folgendes geschrieben: | Zumsel hat folgendes geschrieben: |
Im Zusammenhang mit dem Abschuss entführter Flugzeuge hat das BVG (in Kantischer Tradition) doch entschiede, dass Menschenleben nicht gegeneinander abgewogen werden können. Die Zahl der Geretteten dürfte demnach keine Rolle spielen. |
Eine völlig korrekte Entscheidung. Alles andere wäre Zynismus. |
Für mich ist es kein Zynismus, ob mit Sicherheit beim Nichtstun 1 000 Menschen sterben oder ob beim rechtzeitigen Eingreifen 800 von denen gerettet werden. Im Gegenteil ist es zynisch, den 200 unvermeidbaren Opfern die 800 vermeidbaren noch hinterherzuwerfen. |
Der grundsätzliche Fehler besteht in der irrigen Annahme, 2 Menschenleben seien mehr wert als 1, oder 100 mehr als 10 oder 800 mehr als 200.
Moral ist eben keine Mathematik.
Man muss sich klar machen, dass die Anzahl der Menschenleben nur vom Wesentlichen ablenkt.
Beantworte mir bitte folgende Frage:
Auf dem einen Gleis sind nicht 5 Arbeiter, sondern auch nur 1 Arbeiter. Auf beiden Gleisen steht 1 Arbeiter. Der Zug rollt heran, würde den einen töten.
Frage: Hältst du es für moralisch legitim, die Weiche zu stellen, um den 1 Arbeiter zu retten, den anderen aber zu töten? |
Selbstverständlich nicht. Aber Deine Grundannahme ist falsch. Natürlich ist es moralisch gerechtfertigt, von 1 000 Gefährdeten 800 zu retten. Der Haken am Zugdilemma ist allerdings, dass der sechste Mann nicht schon anfänglich gefährdet ist, sondern erst durch das Umlegen der Weiche in Gefahr gerät. Beim Flugzeugdilemma ist das anders.
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Raphael auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 01.02.2004 Beiträge: 8362
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(#1005317) Verfasst am: 22.05.2008, 12:26 Titel: Re: Strafrecht |
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Heiner hat folgendes geschrieben: | HFRudolph hat folgendes geschrieben: | Also Mord wäre das schon mal gar nicht, weil keine niederen Beweggründe vorliegen, sondern allenfalls Totschlag.
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Tja, weiß man's?
Angenommen, auf dem einen Gleis stehen 5 Deutsche, auf dem anderen 1 Ausländer.
An der Weiche steht ein Neonazi. Der Neonazi entscheidet sich dafür, den Ausländer für die 5 Deutschen zu opfern.
Wie sieht es nun aus mit den niederen Beweggründen? |
Das ist doch an den Haaren herbeigezogener Schwachsinn.
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299792458 registrierter User
Anmeldungsdatum: 01.06.2007 Beiträge: 626
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(#1005321) Verfasst am: 22.05.2008, 12:29 Titel: |
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Ich würde mich für das (aus meiner Sicht) kleinere Übel entscheiden. Immer. Ungeachtet der sich daraus für mich ergebenden juristischen Folgen. Auch ein von Terroristen entführtes Flugzeug würde ich umgehend abschiessen, wenn ich dazu die Mittel hätte (bodycount ist übrigens nicht der einzige und nicht mal der wichtigste Grund für einen Abschuss. So ein Abschuss wäre ne Art "Impfung"!).
Der Utilitarismus scheint in der modernen Rechtsprechung keine Rolle mehr zu spielen. Bedauerlich.
_________________ Society is like a stew. If you don’t stir it up every once in a while then a layer of scum floats to the top.
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Heiner Grundrechte-Fan
Anmeldungsdatum: 29.05.2006 Beiträge: 1217
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(#1005329) Verfasst am: 22.05.2008, 12:36 Titel: |
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Raphael hat folgendes geschrieben: | Heiner hat folgendes geschrieben: |
Frage: Hältst du es für moralisch legitim, die Weiche zu stellen, um den 1 Arbeiter zu retten, den anderen aber zu töten? |
Selbstverständlich nicht. |
Ach ja, und warum hältst du es für richtig, im ersten Beispiel einzugreifen?
Offenbar deshalb, weil für dich allein die Anzahl der Menschenleben entscheidend ist.
Das hatte ich bereits als primitives Ethikverständnis bezeichnet.
Zitat: |
Aber Deine Grundannahme ist falsch. Natürlich ist es moralisch gerechtfertigt, von 1 000 Gefährdeten 800 zu retten. |
Ja, sicher, schön euphemistisch formuliert. Es ist aber moralisch nicht gerechtfertigt, 200 Menschenleben dafür zu eliminieren.
Zitat: | Der Haken am Zugdilemma ist allerdings, dass der sechste Mann nicht schon anfänglich gefährdet ist, sondern erst durch das Umlegen der Weiche in Gefahr gerät. Beim Flugzeugdilemma ist das anders. |
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Raphael auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 01.02.2004 Beiträge: 8362
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(#1005332) Verfasst am: 22.05.2008, 12:43 Titel: |
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Heiner hat folgendes geschrieben: | Raphael hat folgendes geschrieben: | Heiner hat folgendes geschrieben: |
Frage: Hältst du es für moralisch legitim, die Weiche zu stellen, um den 1 Arbeiter zu retten, den anderen aber zu töten? |
Selbstverständlich nicht. |
Ach ja, und warum hältst du es für richtig, im ersten Beispiel einzugreifen?
Offenbar deshalb, weil für dich allein die Anzahl der Menschenleben entscheidend ist.
Das hatte ich bereits als primitives Ethikverständnis bezeichnet.
Zitat: |
Aber Deine Grundannahme ist falsch. Natürlich ist es moralisch gerechtfertigt, von 1 000 Gefährdeten 800 zu retten. |
Ja, sicher, schön euphemistisch formuliert. Es ist aber moralisch nicht gerechtfertigt, 200 Menschenleben dafür zu eliminieren.
Zitat: | Der Haken am Zugdilemma ist allerdings, dass der sechste Mann nicht schon anfänglich gefährdet ist, sondern erst durch das Umlegen der Weiche in Gefahr gerät. Beim Flugzeugdilemma ist das anders. | |
Schon klar. Du schaust lieber zu, wie 1 000 sterben, und rührst keinen Finger zur Rettung der 800.
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Heiner Grundrechte-Fan
Anmeldungsdatum: 29.05.2006 Beiträge: 1217
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(#1005334) Verfasst am: 22.05.2008, 12:47 Titel: |
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Für die Weichenumsteller und Flugzeugabschießer:
Ein Arzt behandelt einen Nierenkranken und einen Herzkranken.
Die medizinischen Maßnahmen sind erschöpft.
Greift der Arzt nicht weiter ein, sterben die beiden Personen.
Der Arzt hat jetzt noch die Möglichkeit, 1 gesunde Person zu töten und dieser Person Herz und Nieren zu entnehmen, um sie den beiden Kranken einzupflanzen.
Die Weichenumsteller würden es okay finden, die 1 gesunde Person zu opfern, um den beiden anderen Personen das Leben zu retten.
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Heiner Grundrechte-Fan
Anmeldungsdatum: 29.05.2006 Beiträge: 1217
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(#1005337) Verfasst am: 22.05.2008, 12:48 Titel: |
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Raphael hat folgendes geschrieben: |
Schon klar. Du schaust lieber zu, wie 1 000 sterben, und rührst keinen Finger zur Rettung der 800. |
Richtig, sowas nennt man nämlich schlicht Schicksal!
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jagy Herb Derpington III.
Anmeldungsdatum: 26.11.2006 Beiträge: 7275
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(#1005341) Verfasst am: 22.05.2008, 12:53 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Mario Hahna hat folgendes geschrieben: | Und hier noch eine Frage an unsere Juristen: Macht sich der Weichensteller strafbar, wenn er die Weiche aus der beschriebenen Motivation umstellt? |
Hoffentlich gibst Du diesmal eine Antwort auf die Frage. Interessiert mich nämlich. |
Notwehr scheidet mangels Angriff aus.
Rechtfertigender Notstand scheidet aus, weil hier Leben gegen Leben nicht abgewogen werden kann, auch nicht eins gegen fünf.
IN Betracht komt aber entschuldigender Notstand. Dann müsste aber einer der zu rettenden Menschen mit dem Täter verwandt oder ihm nahestehend sein. Sind die Leute auf dem Gleis nur Fremde, scheidet dieser Entschuldigungsgrund aus.
Möglich wäre dann höchstens noch der sog. übergesetzl Notstand - da kenn ich mich aber nicht aus. (Freilich ist der sehr restriktiv zu behandeln - würde daher hier vermuten eher nein - möglich aber durchaus zB wenn eine ganze Menschenmenge gerettet würde).
_________________ INGLIP HAS BEEN SUMMONED - IT HAS BEGUN!
Zuletzt bearbeitet von jagy am 22.05.2008, 12:58, insgesamt einmal bearbeitet |
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Paradox nicht mehr da
Anmeldungsdatum: 21.03.2007 Beiträge: 418
Wohnort: Köln
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(#1005344) Verfasst am: 22.05.2008, 12:56 Titel: Re: Moraldilemma |
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Heiner hat folgendes geschrieben: |
Frage: Würdet ihr die Weiche stellen? Hieltet ihr dies für moralisch richtig?
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Ich weiss nicht, ich finde solche Fragen immer sehr theoretisch.
Was man wirklich machen würde, weiss man erst, wenn man in der konkreten Situation ist. Erzählen kann man vorher viel.
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Raphael auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 01.02.2004 Beiträge: 8362
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(#1005363) Verfasst am: 22.05.2008, 13:26 Titel: |
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Heiner hat folgendes geschrieben: | Für die Weichenumsteller und Flugzeugabschießer:
Ein Arzt behandelt einen Nierenkranken und einen Herzkranken.
Die medizinischen Maßnahmen sind erschöpft.
Greift der Arzt nicht weiter ein, sterben die beiden Personen.
Der Arzt hat jetzt noch die Möglichkeit, 1 gesunde Person zu töten und dieser Person Herz und Nieren zu entnehmen, um sie den beiden Kranken einzupflanzen.
Die Weichenumsteller würden es okay finden, die 1 gesunde Person zu opfern, um den beiden anderen Personen das Leben zu retten.
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Nein, würden sie nicht. Deine Fallgestaltung stellt einen Versuch dar, den Sachverhalt so hinzubiegen, dass die Weichenumsteller als moralische Charakterschweine dastehen. Dabei beachtest Du nicht, dass Deinem Fall eine natürliche Entwicklung zu Grunde liegt, die auch durch ganz gewöhnliche Organspende aufgehalten werden könnte. Man müsste nicht unbedingt einen Dritten töten. Und wenn gerade kein Spenderorgan vorhanden ist, hat man eben Pech, so zynisch das jetzt klingen mag. Der Eisenbahnfall liegt anders. Dort stellt sich die Frage, ob man in eine Katastrophe eingreift oder nicht, und da bin ich schon im Zweifel, denn der Secjhste ist, wie schon gesagt, unbeteiligt. Ganz anders sieht es im Fall des Flugzeugs aus. Dort stellt sich die Wahl, alle sterben zu lassen oder einen Teil zu retten. Ich meine, bei dieser Diskussion sollten wir bleiben, statt durch immer neue und immer abseitigere Neufälle den Widerpart in der Auseinandersetzung zu diskreditieren versuchen.
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Raphael auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 01.02.2004 Beiträge: 8362
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(#1005365) Verfasst am: 22.05.2008, 13:27 Titel: |
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Heiner hat folgendes geschrieben: | Raphael hat folgendes geschrieben: |
Schon klar. Du schaust lieber zu, wie 1 000 sterben, und rührst keinen Finger zur Rettung der 800. |
Richtig, sowas nennt man nämlich schlicht Schicksal! |
Oh Heiland! Warum nicht gleich Gottes Willen? Hauptsache, wir legen die Hände in den Schoß und schreien: Gelobt seist Du, Herr, gerechter Richter!
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Tassilo Deaktiviert
Anmeldungsdatum: 17.05.2004 Beiträge: 7361
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(#1005367) Verfasst am: 22.05.2008, 13:29 Titel: |
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In Deutschland wird man sogar verurteilt, wenn man versucht, das Leben eines entführten Kindes zu retten, indem man dem Entführer androht, ihn zu foltern, damit er den Aufenthaltsort des Kindes preisgibt. Ich würde also in beiden Fällen nicht aktiv eingreifen.
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jagy Herb Derpington III.
Anmeldungsdatum: 26.11.2006 Beiträge: 7275
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(#1005369) Verfasst am: 22.05.2008, 13:33 Titel: |
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Tassilo hat folgendes geschrieben: | In Deutschland wird man sogar verurteilt, wenn man versucht, das Leben eines entführten Kindes zu retten, indem man dem Entführer androht, ihn zu foltern, damit er den Aufenthaltsort des Kindes preisgibt. Ich würde also in beiden Fällen nicht aktiv eingreifen. |
Das ist so nicht richtig. Man wird nur als Polizist bestraft, wenn man dies also in der Funktion als Teil des Staates macht.
Als Privatmann sieht das ganz anders aus, da kann das durchaus gerechtfertigt bzw entschuldigt sein!
_________________ INGLIP HAS BEEN SUMMONED - IT HAS BEGUN!
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Peter H. dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 24.06.2007 Beiträge: 9751
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(#1005372) Verfasst am: 22.05.2008, 13:35 Titel: |
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Ich hab mal mitgeholfen Räuber festzunehmen. Was war der Dank? Ich mußte mit aufs Revier wo ich stundenlang festgenagelt war. (Wartezeit, Aussage usw.) Vielen Dank, nicht mehr ein 2. Mal.
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jagy Herb Derpington III.
Anmeldungsdatum: 26.11.2006 Beiträge: 7275
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(#1005425) Verfasst am: 22.05.2008, 14:24 Titel: |
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Peter H. hat folgendes geschrieben: | Ich hab mal mitgeholfen Räuber festzunehmen. Was war der Dank? Ich mußte mit aufs Revier wo ich stundenlang festgenagelt war. (Wartezeit, Aussage usw.) Vielen Dank, nicht mehr ein 2. Mal. |
OMFG! Zu dem eigenltiche Inhalt möchte ich mich mal nicht äußern, nur soviel: Du hättest nicht warten müssen - vor der Polizei ist keine Erscheinungspflicht (anders als zB vor der Staatsanwaltschaft).
Von daher hättest du durchaus sagen können: Jetzt mal flott oder ich gehe wieder.
_________________ INGLIP HAS BEEN SUMMONED - IT HAS BEGUN!
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fornit Kaktus
Anmeldungsdatum: 06.10.2003 Beiträge: 552
Wohnort: Wohn ich in der Wüste oder andersum?
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(#1005457) Verfasst am: 22.05.2008, 14:58 Titel: |
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ich bin utilitarist und würde die weiche umstellen und auch den dicken schubsen, unter der vorrausetzung, das ich keinerlei weitere informationen über die beteiligten personen habe.
ich kann auch nachvollziehen, warum viele menschen die weiche nicht umstellen würden, bin aber der festen überzeugung, daß in diesem fall schnödes aufrechnen von leben absolut legitim ist. ich kenne keine einzige der personen, also muss ich davon ausgehen, daß der nutzen fünf personen zu retten, größer ist, als der, eine zu retten/nicht zu töten. anders könnte das nur dann sein, wenn meine handlung selbst irgendeinen weiteren schaden erzeugt, s.u. zum thema staat. weil ich kein gesinnungsethiker bin, hätte ich noch nichtmal ein problem damit, wenn jemand einen heidenspass dabei hat, den dicken zu schubsen.
ich bin aber auch der meinung, daß es einem staat nicht überlassen werden darf, menschleben gegeneinander abzuwägen. deshalb sollte ein staat auch keine flugzeuge abschießen. der fall, dass der staat "sicher" weiss, daß die flugzeuginsassen sterben werden, ist ja auch eher ein theoretischer. effektiv kann nur die beurteilung getroffen werden, daß diese menschen mit an sicherheit grenzender wahrscheinlich sterben werden. und diese entscheidung hat ein staat einfach nicht zu treffen. u.a. auch deshalb, weil er damit einen teil seiner bediensteten zwingt, solche existentiellen entscheidungen zu treffen, was meiner meinung nach weder für die opfer noch für den "täter" zumutbar ist.
denn unter letzteren werden immer wieder welche sein, die entweder selbst unter ihren entscheidungen leiden oder die zur gruppe jener gehören, die gerne dicke schubsen. beide fälle erzeugen einen schaden, der sich nicht so einfach mathematisch aufrechnen lässt.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1005470) Verfasst am: 22.05.2008, 15:11 Titel: |
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Das Weichendilemma und auch das Abschußdilemma hatten wir ja auch schon ein paarmal. Es sind Dilemmas, was bedeutet, daß jedes Handeln, auch das Nichthandeln, erstmal gegen ethische Werte bzw. moralische Normen verstößt.
Daß es solche Dilemmas gibt, liegt an den Tatsachen,
- daß ethische Werte z.T. unlogische Abstraktionen sind
- daß moralische Normen z.T. widersprüchliche Situationsbefehle sind
- daß die Welt unausweichlich Unangenehmes beinhaltet.
Um solche Dilemmas ethisch abzudecken, kann man eine der folgenden Maßnahmen ergreifen:
1. eine konsistente utilitaristische Ethik entwickeln, die in solchen Fällen eine klare (mit Zielen begründete) Wertrelation liefert.
2. für jeden Dilemmatyp eine moralische Einzelfallregelung treffen.
3. einen breiten Korridor von Dilemmas zulassen, in dem mehrere Handlungsalternativen toleriert werden.
4. beim Eintreten des Dilemmas macht man sich in jedem Fall schuldig.
In Deutschland scheint mir traditionell vor allem (2.) und zum Teil auch (4.) sehr beliebt zu sein. Dazu kommt das Grundgerüst der nicht näher begründeten absoluten individuellen Menschenwürde.
Ich persönlich tendiere (als Ethiker) in Richtung einer Kombination aus (1.) und (3.). Als Anwender würde ich mich in einem Dilemma derzeit so verhalten, wie es die Mehrheit von mir erwartet, denn die bestimmt die Ethik. Ich würde also vermutlich weder die Weiche betätigen noch das Flugzeug abschießen, auch wenn mir das per se betrachtet unlogisch erscheint.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tassilo Deaktiviert
Anmeldungsdatum: 17.05.2004 Beiträge: 7361
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(#1005474) Verfasst am: 22.05.2008, 15:14 Titel: |
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Ich denke, dass die Entscheidung bei vielen Menschen auch davon abhängt, ob man "erwischt" wird oder nicht.
Wenn ich wüsste, dass meine Entscheidung keine juristischen, gesellschaftlichen etc. Folgen für mich hat, würde ich wahrscheinlich die Weiche umstellen.
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Wolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.08.2004 Beiträge: 16610
Wohnort: Zuhause
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(#1005478) Verfasst am: 22.05.2008, 15:17 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Ich würde also vermutlich weder die Weiche betätigen noch das Flugzeug abschießen, auch wenn mir das per se betrachtet unlogisch erscheint. |
Gerade weil du die Unlogik darin erkennst bzw sie darin siehst, scheint mir dieses Verhalten aufgrund des gesellschaftlichen Druckes besonders falsch.
_________________ Trish:(
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fornit Kaktus
Anmeldungsdatum: 06.10.2003 Beiträge: 552
Wohnort: Wohn ich in der Wüste oder andersum?
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(#1005488) Verfasst am: 22.05.2008, 15:30 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: |
Ich persönlich tendiere (als Ethiker) in Richtung einer Kombination aus (1.) und (3.). Als Anwender würde ich mich in einem Dilemma derzeit so verhalten, wie es die Mehrheit von mir erwartet, denn die bestimmt die Ethik. Ich würde also vermutlich weder die Weiche betätigen noch das Flugzeug abschießen, auch wenn mir das per se betrachtet unlogisch erscheint. |
als verwandeter "eins-dreier" verstehe ich nicht, wieso dir die mehrheit da so wichtig ist? erwartest du einen größeren schaden dadurch, daß du in einer 2/4-gesellschaft öffentlich nach 1/3 handelst?
ist zumindest eine interessante these, daß, vereinfacht gesprochen, moralisches verhalten in einer unmoralischen gesellschaft wiederum unmoralisch ist. das würde ja bedeuten, jedes verhalten ist unmoralisch, womit du dann auch als utilitarist paradoxerweise bei 4. ankommst
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1005491) Verfasst am: 22.05.2008, 15:33 Titel: |
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Wolf hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ich würde also vermutlich weder die Weiche betätigen noch das Flugzeug abschießen, auch wenn mir das per se betrachtet unlogisch erscheint. |
Gerade weil du die Unlogik darin erkennst bzw sie darin siehst, scheint mir dieses Verhalten aufgrund des gesellschaftlichen Druckes besonders falsch. |
Ja, falsch in bezug auf meinen eigenen Ethikvorschlag vielleicht. Aber die Gemeinschaft hat nunmal ein ethisches Normativrecht und kann von mir erwarten, daß ich es achte, insbesondere wenn ich öffentlich bzw. verantwortlich handle. Daher wäre der richtige Weg, erst die Ethik zu ändern.
Das gilt nicht mehr in Extremsituationen, also etwa in einer faschistischen Gleichschaltungssituation. Da bleibt zuweilen nur Flucht aus der Gemeinschaft oder Heldentum.
Ich gebe aber zu, daß es auch für mich Grenzsituationen gibt, z.B. wenn es darum geht, ob ich einem Flüchtling helfe oder ihn - wie es von mir vermutlich mehrheitlich moralisch (wenn auch nicht gesetzlich) erwartet wird - zur Abschiebung verpfeife.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Wolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.08.2004 Beiträge: 16610
Wohnort: Zuhause
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(#1005494) Verfasst am: 22.05.2008, 15:37 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: |
Ja, falsch in bezug auf meinen eigenen Ethikvorschlag vielleicht. Aber die Gemeinschaft hat nunmal ein ethisches Normativrecht und kann von mir erwarten, daß ich es achte, insbesondere wenn ich öffentlich bzw. verantwortlich handle. Daher wäre der richtige Weg, erst die Ethik zu ändern.
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Gerade durch diese Normverstöße wird die Norm allgemein hinterfragt und ändert sich evtl. .
Zudem gibt es in Eisenbahnfall keine eindeutige Norm.
_________________ Trish:(
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1005497) Verfasst am: 22.05.2008, 15:40 Titel: |
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fornit hat folgendes geschrieben: | als verwandeter "eins-dreier" verstehe ich nicht, wieso dir die mehrheit da so wichtig ist? erwartest du einen größeren schaden dadurch, daß du in einer 2/4-gesellschaft öffentlich nach 1/3 handelst? |
Ja, zuvorderst für mich: Ich möchte nicht im Knast landen.
fornit hat folgendes geschrieben: | ist zumindest eine interessante these, daß, vereinfacht gesprochen, moralisches verhalten in einer unmoralischen gesellschaft wiederum unmoralisch ist. |
Ich verstehe unter "moralischem" Verhalten immer das Verhalten, was in der Gesellschaft gerade als "gut" gilt. Ich halte das in der Tat für sehr relativ. Es gibt kein (absolut) moralisches Verhalten. Man kann sich also nur in bezug auf eine ethische Gemeinschaft gut oder böse verhalten. Und natürlich gibt es auch keine "unmoralische Gesellschaft", außer vielleicht die totale Anarchie oder so.
fornit hat folgendes geschrieben: | das würde ja bedeuten, jedes verhalten ist unmoralisch, ... |
Nein, zu jedem "guten" Verhalten kann man eine ethische Gemeinschaft definieren, in der dieses Verhalten "schlecht" wäre.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1005504) Verfasst am: 22.05.2008, 15:50 Titel: |
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Wolf hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ja, falsch in bezug auf meinen eigenen Ethikvorschlag vielleicht. Aber die Gemeinschaft hat nunmal ein ethisches Normativrecht und kann von mir erwarten, daß ich es achte, insbesondere wenn ich öffentlich bzw. verantwortlich handle. Daher wäre der richtige Weg, erst die Ethik zu ändern. |
Gerade durch diese Normverstöße wird die Norm allgemein hinterfragt und ändert sich evtl. |
Das ist sicher richtig. Normverstöße würde ich allerdings eher in Erwägung ziehen, wenn ich die Situation nicht selbst als Dilemma empfinde, wenn ich also eine klare Meinung dazu habe.
Wolf hat folgendes geschrieben: | Zudem gibt es in Eisenbahnfall keine eindeutige Norm. |
Naja, es gibt eine allgemeinere Norm, auf die hier auch schon hingewiesen wurde: Das einzelne Leben ist unantastbar. Das ist zwar unlogisch, aber es ist ein klare Norm.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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fornit Kaktus
Anmeldungsdatum: 06.10.2003 Beiträge: 552
Wohnort: Wohn ich in der Wüste oder andersum?
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(#1005510) Verfasst am: 22.05.2008, 15:57 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | fornit hat folgendes geschrieben: | als verwandeter "eins-dreier" verstehe ich nicht, wieso dir die mehrheit da so wichtig ist? erwartest du einen größeren schaden dadurch, daß du in einer 2/4-gesellschaft öffentlich nach 1/3 handelst? |
Ja, zuvorderst für mich: Ich möchte nicht im Knast landen.
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persönlicher schaden mal aussen vor, schließlich ist jeder irgendwo egoist.
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Ich verstehe unter "moralischem" Verhalten immer das Verhalten, was in der Gesellschaft gerade als "gut" gilt. Ich halte das in der Tat für sehr relativ. Es gibt kein (absolut) moralisches Verhalten. Man kann sich also nur in bezug auf eine ethische Gemeinschaft gut oder böse verhalten. Und natürlich gibt es auch keine "unmoralische Gesellschaft", außer vielleicht die totale Anarchie oder so.
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es gibt nicht "das" moralisch richtige verhalten, aber es gibt dein moralisches verhalten. wenn du sagst, daß du zwar über moral nachdenkst, im zweifelsfall deine eigenen überlegungen aber immer hinter der meinung der mehrheit zurückstellst, handelst du eigentlich nie. du bist sozusagen die unwichtigste person in deiner gesellschaft. natürlich, du kannst sagen, du änderst die moral allein durch das vorhandensein deiner meinung. aber wie soll man die herrschende moral verändern, ohne sie auch nur irgendwo mal zu brechen?
Zitat: |
fornit hat folgendes geschrieben: | das würde ja bedeuten, jedes verhalten ist unmoralisch, ... |
Nein, zu jedem "guten" Verhalten kann man eine ethische Gemeinschaft definieren, in der dieses Verhalten "schlecht" wäre. |
und man kann auch eine gesellschaft definieren, in der jedes verändern der moral als schlecht bezeichnet wird. (man könnte ja die stabilität befährden, von ruhe und ordnung ganz zu schweigen). hälst du dann dein leben lang still?
sorry, aber dein ethisches normativrecht ist selbst ein dilemma. jedenfalls wenn du selbst noch irgendwo eine grenze ziehen willst, zwischen einer akzeptablen gesellschaftlichen norm und einer wo jeder mensch sagen müßte "das ertrage ich nicht, hier widersetze ich mich"
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rk72 gesperrt
Anmeldungsdatum: 09.04.2008 Beiträge: 2462
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(#1005515) Verfasst am: 22.05.2008, 16:01 Titel: |
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Ich hab irgendwo mal den Satz gelesen: 1 Toter ist eine Tragödie, 1 Million Tote sind eine Statistik.
Das Dilemma ist eigentlich keines.
Unter demokratischen Gesichtspunkten gesehen hat jeder Mensch das gleiche Recht zu leben. Somit ist das Leben der 5 Arbeiter nicht 5 mal mehr wert wie das des eines einzelnen Arbeiters, sondern gleich viel wert. Denn die 5 Arbeiter sind letztendlich nur 5 mal eine Person. Somit reduziert sich die Frage ob man ein Leben für ein Leben tauschen kann.
Unter ökonomischen Gesichtspunkten gesehen ist der Verlust von 5 Arbeitern größer als der eines einzelnen Arbeiters. Denn bei 5 Arbeitern entsteht der Firma ein größerer finanzieller Schaden.
Aus der Sicht des Finanzministeriums ist der Verlust von 5 Steuerzahlern größer wie der eines einzelnen Steuerzahlers.
Unter demografischen Gesichtspunkten istd er Verlust von 5 zeugungsfähigen Lebenwesen auch das größere Problem.
Aber all das zählt nicht. Wir leben in einer Demokratie und jeder hat das gleiche Recht auf Leben. Ob 5 Arbeiter das eine Recht für sich in Anspruch nehmen oder nur einer, es ist und bleibt nur ein Recht.
Wenn die 5 Arbeiter umkommen, dann wird in den Familien immer nur um einen Arbeiter getrauert. Bei dem einem Arbeiter wird auch nur um einen Arbeiter getrauert. Es wird also in den jeweiligen Familien immer nur um einen Arbeiter getrauert.
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