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Surata auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 29.03.2005 Beiträge: 17383
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(#1005894) Verfasst am: 23.05.2008, 00:17 Titel: |
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Ich halte die Fragestellung für etwas kurz gedacht, aber vielleicht ist sie das nicht und ich verstehst nur wieder falsch.
Die Frage des moralischen Handels betrifft die Beurteilung durch eine nicht beteiligte Person?
Oder die Beurteilung der Situation durch die handelnde Person vor der Aktion?
Zuletzt bearbeitet von Surata am 23.05.2008, 00:23, insgesamt einmal bearbeitet |
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Entropie registrierter User
Anmeldungsdatum: 14.01.2008 Beiträge: 184
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(#1005896) Verfasst am: 23.05.2008, 00:21 Titel: |
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Babyface hat folgendes geschrieben: | @ entropie
Wir drehen uns im Kreis. Deine Verantwortung für den Tod der 5 Arbeiter resultiert nicht aus der Abwägung zwischen deren leben und dem Leben des anderen Arbeiters, sondern aus der Entscheidung für die moralische Norm, menschliches Leben nicht abzuwägen. Denn diese Entscheidung bedeutet in dem Szenario eben auch eine Entscheidung gegen das Leben der fünf Bauarbeiter. Es macht keinen Sinn weiterzudiskutieren, wenn Du diese Verantwortung ablehnst. |
Die Verantwortung habe ich, das erkenne ich ja an, ich bin ja schließlich in der Nähe.
Allerdings kann ich die Verantwortung für den Tod eines Unbeteiligten nicht tragen.
Wie soll ich meine Handlung begründen, wie rechtfertigen ?
Die 5 Arbeiter kann man getrost als "tot" annehmen, das wären sie wenn ich nicht da wäre sicher.
Ich entscheide mich nichts zu tun nicht aus einer starren ethischen Regel, sondern weil ich nicht den quasi Unbeteiligten nicht töten kann um die anderen zu retten, da sein Leben unantastbar ist.
Starr ist also nicht die Regel der Nichtäbwägbarkeit, sondern die der Unantastbarkeit des menschlichen Lebens.
Erst daraus folgt, die Leben nicht abzuwägen.
Was wäre deine Rechtfertigung die Weiche zu stellen ?
_________________ q.e.d.
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rk72 gesperrt
Anmeldungsdatum: 09.04.2008 Beiträge: 2462
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(#1005904) Verfasst am: 23.05.2008, 00:32 Titel: |
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Babyface hat folgendes geschrieben: | Vielleicht solltest Du mal nach dem Sinn statt dem "Witz" in meinem Szenario suchen. Die Frage, die ich diskutiert habe war, ob man im ursprünglichen Szenario auch eine Verantwortung trägt, wenn man die Weiche nicht umstellt. Mein Szenario verdeutlicht, dass man diese sehr wohl trägt. |
Ja gut, ok, aber wo ist dann der Witz? Wer es nicht tut, aber tun könnte, kriegt juristischen Ärger. Aber auch ohne den, ich weiß nicht was dich so sehr an der Frage interessiert. Wirklich nicht. Es sei den du willst später auf etwas politisches hin von wegen, man hätte hier und da eingreifen müssen als man ein Unglück kommen sah. Aber wenn du auf das hinaus willst, dann wähl etwas gutes aus, denn so einfach wird ein Vergleich nicht.
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rk72 gesperrt
Anmeldungsdatum: 09.04.2008 Beiträge: 2462
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(#1005906) Verfasst am: 23.05.2008, 00:35 Titel: |
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Babyface hat folgendes geschrieben: | @ entropie
Wir drehen uns im Kreis. Deine Verantwortung für den Tod der 5 Arbeiter resultiert nicht aus der Abwägung zwischen deren leben und dem Leben des anderen Arbeiters, sondern aus der Entscheidung für die moralische Norm, menschliches Leben nicht abzuwägen. Denn diese Entscheidung bedeutet in dem Szenario eben auch eine Entscheidung gegen das Leben der fünf Bauarbeiter. Es macht keinen Sinn weiterzudiskutieren, wenn Du diese Verantwortung ablehnst. |
Tut mir leid, aber du redest wirklich sinnloses Zeug. Das was du von dir gibst ergibt keinen Sinn. Vielleicht merkst du es nicht, aber es ergibt keinen Sinn.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1005941) Verfasst am: 23.05.2008, 01:34 Titel: Re: Moraldilemma |
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Heiner hat folgendes geschrieben: | Man stelle sich vor, ein Zug braust führerlos dahin, auf dem Gleis stehen 5 Gleisarbeiter.
Ihr habt die Möglichkeit, die 5 Arbeiter vor dem Tod zu retten, indem ihr eine Weiche stellt.
Dadurch würde allerdings 1 Arbeiter getötet, der auf dem anderen Gleis steht.
Frage: Würdet ihr die Weiche stellen? Hieltet ihr dies für moralisch richtig?
Dazu folgende Erweiterung:
Das gleiche Szenario, nur steht ihr diesmal auf der Brücke. Dort steht auch ein dicker Mann.
Wenn ihr den dicken Mann auf das Gleis hinunterwerft, hättet ihr die Möglichkeit, den Zug zu stoppen, um die 5 Arbeiter zu retten.
Frage: Hieltet ihr es für moralisch richtig, den dicken Mann hinunterzuwerfen? |
Hm, ja, das hatten wir schon.
Das generelle Problem dabei scheint es mir zu sein, dass es hierbei zwei verschiedene Sichtweisen gibt: a) eine, die völlig von der konkreten Aufgabenstellung abstrahiert und einfach eine Rechung aufstellt (1 ist kleiner als 5) (nach dieser Sichtweise sind beide Fälle gleich zu bewerten) und b) eine, die nicht von den Unwägbarkeiten der Aufgabenstellung abstrahieren will / kann (vielleicht hält der dicke Mann den Zug nicht auf?) - (-> die Fälle sind nicht gleich). Je nachdem wird man hier zu anderen Ergebnissen kommen (ich z.B. würde die Weiche umstellen, aber nicht den dicken Mann stoßen, denn das wäre mir zu unsicher).
Die Auffassung jedoch, man dürfe nie Leben gegeneinander aufrechnen, ist mE falsch. Dazu muss man sich nur eine Triage vorstellen (ein Unfall mit vielen Schwer- und Leichtverletzten ist geschehen, es sind Ärzte da, aber zu wenige, es können nicht alle gerettet werden, da die Kapazitäten / Ressourcen nicht ausreichen). Es wäre mE nicht richtig, in einem solchen Falle einfach die Hände in den Schoß zu legen, weil man nicht aufrechnen darf. Die Ärzte müssen hier Entscheidungen treffen (nichts tun ist dann auch eine Entscheidung) und diese Entscheidungen bedeuten immer den Tod von Menschen.
Falsch ist es mE aber ebenso, in anderen Fällen (dicker Mann oder auch der Flugzeugabschuss mit Unschuldigen) einfach davon auszugehen, man könne (hinreichend genau) in die Zukunft blicken. Das können wir in diesen Fällen nicht. Das ist zu berücksichtigen und daher sind bei einem staatlich legitimierten Flugzeugabschuss sehr viel mehr Dinge zu bedenken als bei der einfacheren Rechnung, die noch bei einer Triage möglich ist. (Wie sicher kann man in einer solchen Situation sein, was verlieren wir, was gewinnen wir, wenn wir eine solche Regelung staatlich legitimieren?)
Da wir nicht in die Zukunft blicken können und in solchen Fällen keine hinreichende Sicherheit erreichen können, ist eine staatliche Legitimation hier abzulehnen, da eine solche Regelung mE einen sehr viel größeren Schaden als Nutzen hätte.
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Heiner Grundrechte-Fan
Anmeldungsdatum: 29.05.2006 Beiträge: 1217
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(#1005957) Verfasst am: 23.05.2008, 07:01 Titel: |
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Babyface hat folgendes geschrieben: | Wärst Du denn bereit, den Zug über Dich rollen zu lassen, wenn Du auf dem einen Gleis gefesselt liegen würdest, und Du die Weiche per Fernsteuerung auf das andere Gleis umstellen könntest auf dem die 5 Arbeiter laufen? |
Ich hol dazu mal etwas aus. Es gibt zwei Möglichkeiten sich selbst als Betroffener ins Szenario einzubringen. Entweder man ist a) der eine Arbeiter auf dem einen Gleis oder b) einer von den 5 Arbeitern auf dem anderen Gleis.
a) Bin ich der eine Arbeiter, der vom heranrollenden Zug nicht bedroht ist, würde ich natürlich die Weiche niemals umstellen wollen. Hier bin ich konsequent. Die Frage gebe ich an die Weichenumsteller zurück: Wären sie bereit, die Weiche umzustellen, wenn sie selbst betroffen wären? Sehr wahrscheinlich nicht, also inkonsequent (über das Leben anderer lässt sich ja auch viel leichter entscheiden, gell?) .
b) Bin ich einer von den 5 Arbeitern, die vom Zug bedroht sind, könnte es sehr gut sein, dass ich in der Situation reflexhaft den Wunsch verspüre, den Zug umzuleiten, dass ich also von meinen Emotionen überwältigt werde. Von vorneherein ausschließen kann das niemand. Das macht mich aber noch nicht inkonsequent. Ich kann mir nämlich bei rationaler Betrachtung der Situation wünschen, dass ich in einer solchen Lage niemals die Wahl hätte, einzugreifen oder nicht, sondern dass ich gar nicht erst eingreifen könnte: Ich weiß nämlich, dass in dem Fall, dass ich schwach werde und jemand anderen für mein Leben opfere, ich anschließend von meinem Gewissen geplagt und die Hölle auf Erden erleben würde, es also schlimmer wäre zu überleben statt vom Zug überrollt zu werden. Mit einer solchen Schuld könnte ich nicht leben. Insofern bin ich konsequent, wenn ich auch aus der Sicht des Betroffenen der Ansicht bin, dass Nichteingreifen die bessere Option ist.
Wie konsequent bist du?
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Heiner Grundrechte-Fan
Anmeldungsdatum: 29.05.2006 Beiträge: 1217
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(#1005961) Verfasst am: 23.05.2008, 07:26 Titel: Re: Moraldilemma |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: |
Die Auffassung jedoch, man dürfe nie Leben gegeneinander aufrechnen, ist mE falsch. Dazu muss man sich nur eine Triage vorstellen (ein Unfall mit vielen Schwer- und Leichtverletzten ist geschehen, es sind Ärzte da, aber zu wenige, es können nicht alle gerettet werden, da die Kapazitäten / Ressourcen nicht ausreichen). Es wäre mE nicht richtig, in einem solchen Falle einfach die Hände in den Schoß zu legen, weil man nicht aufrechnen darf. Die Ärzte müssen hier Entscheidungen treffen (nichts tun ist dann auch eine Entscheidung) und diese Entscheidungen bedeuten immer den Tod von Menschen.
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Das Ärzte-Beispiel ist insofern schon nicht treffend, als ein Arzt, der einem Patienten mangels Möglichkeit nicht hilft, sich weder juristisch noch moralisch schuldig macht. Zudem tötet der Arzt hier nicht aktiv.
Bei unseren Beispielen (Eisenbahn/Flugzeug) geht es darum, dass eingreifende Personen aktiv töten, sich also juristisch des Totschlags schuldig machen, um anderen Menschen das Leben zu retten. Hier wird also tatsächlich Leben gegen Leben abgewogen und daraus die (vermeintliche) Rechtfertigung fürs Töten abgeleitet.
Die hier diskutierte Frage lautet also: Darf man Menschen aktiv töten, um anderen Menschen das Leben zu retten?
Einige sind hier der Meinung, dass dies zulässig ist, ich selbst bin dieser Meinung nicht.
Zurück zum Ärzte-Beispiel. Analog wäre der Fall, dass ein Arzt vor der Entscheidung stünde, einem Gesunden das Herz herauszuoperieren und ihn zu töten, um es einem Kranken einzupflanzen und ihm das Leben zu retten. Ein moralisches Dilemma sehen hierin allerings nur Zyniker - übrigens wie in dem Eisenbahn-Beispiel.
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Louseign (-)
Anmeldungsdatum: 02.06.2006 Beiträge: 5585
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(#1005967) Verfasst am: 23.05.2008, 07:44 Titel: |
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rk72 hat folgendes geschrieben: | Babyface hat folgendes geschrieben: | Vielleicht solltest Du mal nach dem Sinn statt dem "Witz" in meinem Szenario suchen. ... |
Ja gut, ok, aber wo ist dann der Witz? ... |
Wüstentourist: »Schöne Wüste. Und wo ist jetzt das Wasser?«
Nomade: »Dies ist eine Wüste, da gibt es kein Wasser.«
Wüstentourist: »Ja gut, ok, aber wo ist dann das Wasser?«
(Nur mal überspitzt formuliert. Ich weiß sehr wohl, dass es auch in der Wüste ab und zu regnet, ganz zu schweigen von den Oasen.)
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Babyface Altmeister
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 11519
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(#1005973) Verfasst am: 23.05.2008, 08:03 Titel: |
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Entropie hat folgendes geschrieben: | Die 5 Arbeiter kann man getrost als "tot" annehmen, das wären sie wenn ich nicht da wäre sicher. |
Siehst Du nicht, dass Du genau mit dieser Sichtweise Deine Verantwortung für den Tod der fünf Arbeiter negierst?
Zitat: | Ich entscheide mich nichts zu tun nicht aus einer starren ethischen Regel, sondern weil ich nicht den quasi Unbeteiligten nicht töten kann um die anderen zu retten, da sein Leben unantastbar ist.
Das ist auch eine ethische Regel.
Starr ist also nicht die Regel der Nichtäbwägbarkeit, sondern die der Unantastbarkeit des menschlichen Lebens. |
Wenn Du die Weiche nicht umstellst, bedeutet das den Tod der 5 Arbeiter. Damit tastet Deine Entscheidung, die Weiche nicht umzustellen das Leben der 5 Arbeiter an. Ich habe immer noch den Eindruck, dass Du implizit denkst, durch das Nicht-Umstellen der Weiche eigentlich gar keine echte Entscheidung mit entsprechenden Konsequenzen getroffen zu haben ("die 5 Arbeiter kann man getrost als "tot" annehmen), sondern die Entscheidung dem Schicksal überlassen zu haben.
Zitat: | Was wäre deine Rechtfertigung die Weiche zu stellen ? |
Hm, eigentlich habe ich nicht gesagt, dass ich sie umstellen würde. Du könntest das evtl so begründen: da das Leben des einen Arbeiters nicht mehr oder weniger Wert ist als das Leben der 5 Arbeiter, macht es keinen Unterschied ob ich die Weiche umstelle oder nicht. Wenn ich sie umstelle, taste ich das Leben des einen Arbeiter an, wenn ich sie nicht umstelle, taste ich das Leben der fünf Arbeiter an.
_________________ posted by Babyface
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Babyface Altmeister
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 11519
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(#1005975) Verfasst am: 23.05.2008, 08:08 Titel: |
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Heiner hat folgendes geschrieben: | Babyface hat folgendes geschrieben: | Wärst Du denn bereit, den Zug über Dich rollen zu lassen, wenn Du auf dem einen Gleis gefesselt liegen würdest, und Du die Weiche per Fernsteuerung auf das andere Gleis umstellen könntest auf dem die 5 Arbeiter laufen? |
Ich hol dazu mal etwas aus. Es gibt zwei Möglichkeiten sich selbst als Betroffener ins Szenario einzubringen. Entweder man ist a) der eine Arbeiter auf dem einen Gleis oder b) einer von den 5 Arbeitern auf dem anderen Gleis.
a) Bin ich der eine Arbeiter, der vom heranrollenden Zug nicht bedroht ist, würde ich natürlich die Weiche niemals umstellen wollen. Hier bin ich konsequent. Die Frage gebe ich an die Weichenumsteller zurück: Wären sie bereit, die Weiche umzustellen, wenn sie selbst betroffen wären? Sehr wahrscheinlich nicht, also inkonsequent (über das Leben anderer lässt sich ja auch viel leichter entscheiden, gell?) .
b) Bin ich einer von den 5 Arbeitern, die vom Zug bedroht sind, könnte es sehr gut sein, dass ich in der Situation reflexhaft den Wunsch verspüre, den Zug umzuleiten, dass ich also von meinen Emotionen überwältigt werde. Von vorneherein ausschließen kann das niemand. Das macht mich aber noch nicht inkonsequent. Ich kann mir nämlich bei rationaler Betrachtung der Situation wünschen, dass ich in einer solchen Lage niemals die Wahl hätte, einzugreifen oder nicht, sondern dass ich gar nicht erst eingreifen könnte: Ich weiß nämlich, dass in dem Fall, dass ich schwach werde und jemand anderen für mein Leben opfere, ich anschließend von meinem Gewissen geplagt und die Hölle auf Erden erleben würde, es also schlimmer wäre zu überleben statt vom Zug überrollt zu werden. Mit einer solchen Schuld könnte ich nicht leben. Insofern bin ich konsequent, wenn ich auch aus der Sicht des Betroffenen der Ansicht bin, dass Nichteingreifen die bessere Option ist.
Wie konsequent bist du? |
Der Weichensteller kann bei a) genauso mit Diskrepanz argumentieren wie Du bei b). Er kann erkennen, dass es nach seiner Ethik eigentlich richtig gewesen wäre, sich zu opfern bzw. anerkennen, dass er sich aus emotionaler Betrofenheit ethisch falsch verhalten hat. Er kann sogar ähnliche Schuldgefühle entwickeln wie Du.
_________________ posted by Babyface
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Babyface Altmeister
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 11519
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(#1005977) Verfasst am: 23.05.2008, 08:13 Titel: Re: Moraldilemma |
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Heiner hat folgendes geschrieben: | Die hier diskutierte Frage lautet also: Darf man Menschen aktiv töten, um anderen Menschen das Leben zu retten?
Einige sind hier der Meinung, dass dies zulässig ist, ich selbst bin dieser Meinung nicht.
Zurück zum Ärzte-Beispiel. Analog wäre der Fall, dass ein Arzt vor der Entscheidung stünde, einem Gesunden das Herz herauszuoperieren und ihn zu töten, um es einem Kranken einzupflanzen und ihm das Leben zu retten. Ein moralisches Dilemma sehen hierin allerings nur Zyniker - übrigens wie in dem Eisenbahn-Beispiel. |
Warum sind denn Menschen Deiner Meinung nach der Ansicht, dass es unzulässig ist, dem Gesunden die Organe zu entnehmen bzw. allgemeiner der Ansicht, dass man Menschen nicht aktiv töten darf, um anderen Menschen das Leben zu retten? Fallen solche Ansichten einfach vom Himmel oder gibt es dafür einen Grund?
_________________ posted by Babyface
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Babyface Altmeister
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 11519
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(#1005979) Verfasst am: 23.05.2008, 08:20 Titel: Re: Moraldilemma |
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Heiner hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: |
Die Auffassung jedoch, man dürfe nie Leben gegeneinander aufrechnen, ist mE falsch. Dazu muss man sich nur eine Triage vorstellen (ein Unfall mit vielen Schwer- und Leichtverletzten ist geschehen, es sind Ärzte da, aber zu wenige, es können nicht alle gerettet werden, da die Kapazitäten / Ressourcen nicht ausreichen). Es wäre mE nicht richtig, in einem solchen Falle einfach die Hände in den Schoß zu legen, weil man nicht aufrechnen darf. Die Ärzte müssen hier Entscheidungen treffen (nichts tun ist dann auch eine Entscheidung) und diese Entscheidungen bedeuten immer den Tod von Menschen.
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Das Ärzte-Beispiel ist insofern schon nicht treffend, als ein Arzt, der einem Patienten mangels Möglichkeit nicht hilft, sich weder juristisch noch moralisch schuldig macht. |
Der Arzt hatte schon die Möglichkeit, dem einen Patienten zu helfen. Er hat sich aber entschieden, einem anderen zu helfen.
_________________ posted by Babyface
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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#1006008) Verfasst am: 23.05.2008, 09:49 Titel: Re: Moraldilemma |
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Babyface hat folgendes geschrieben: | Warum sind denn Menschen Deiner Meinung nach der Ansicht, dass es unzulässig ist, dem Gesunden die Organe zu entnehmen... |
Vermutlich weil diese Situation sehr viel realer ist als das doch recht theoretische Zugbeispiel. Die Gefahr, selbst mal als Organliferant geopfert zu werden, wäre einigermaßen groß. Wer will schon bei jedem Arztbesuch Angst haben müssen, für das Wohlergehen anderer ermordet zu werden? Was hier zur Diskussion steht, ist dagegen allenfals eine Ausnahmesituation, ein Einzelfall, ohne direkte Auswirkung auf das gesellschaftliche Leben.
Ich bin mir übrigens sicher, dass die wenigsten das Gleis umstellen würde. Und so gut wie keiner würde den dicken Mann schubsen. Letzteres weniger, wie AP meinte, weil der Erfolg nicht sicher genug sei, sondern weil es gegen so was (Gott sei Dank) eine natürliche Hemmung gibt. Die meisten kämen vermutlich noch nicht einmal auf diese Idee.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1006059) Verfasst am: 23.05.2008, 11:23 Titel: |
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Ich möchte die Situation nochmal von der Seite der Erwartungshaltung der Gesellschaft her beleuchten. Also nicht "was würdest Du tun?", sondern "wie würde diese Entscheidung von der Gesellschaft bewertet"? Hintergrund ist der u.a. von Babyface angedeutete Unterschied zwischen persönlichem Dilemma einerseits und zugewiesener Verantwortung andererseits.
Denn die zugewiesene Verantwortung spiegelt die Erwartungshaltung einer Gesellschaft an den Einzelnen wieder. So ist uns allen eine gewisse Grundverantwortung zugewiesen, und von Leuten mit speziellen Rollen (z.B. Innenminister oder Ärzte) wird darüberhinaus spezielles Verhalten erwartet, für das es oft auch extra Regeln gibt (Beispiel Triage von AP).
Im Gleisbeispiel also meine Frage an Befürworter wie Gegner der Weichenumstellung bzw. des Dickenstoßes: Würdet Ihr - abseits juristischer Spitzfindigkeiten - jemanden im Nachhinein moralisch verurteilen, der die Weiche umstellt, den Dicken stößt, nichts tut?
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1006068) Verfasst am: 23.05.2008, 11:33 Titel: |
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Noch zwei Kommentare:
1. zu der Frage, ob Weichenstell-Befürworter sich auch selbst opfern müßten: Aus meiner Sicht eindeutig JA. Wer eine 5>1 Ethik fordert - was ich zumindest diskussionsfähig finde - muß erst recht bereit sein, sein Leben zu opfern, wenn der Vergleichswert höher ist. Wenn man dagegen in diesem Fall den egoistischen Überlebenswunsch anführt,
2. zum Nichtstun: Ich denke, daß das "Nichtstun" in Dilemmasituationen aus psychologischen, irrationalen Gründen eine solche Beliebtheit genießt. Intuitiv verbinden wir Entscheidungen und Schuld mit aktivem, ja motorischem Handeln und halten uns, wenn wir passiv sind, für unbeteiligter. Gerade Deterministen wie Heiner sollten diesen Fehlschluss eigentlich sofort erkennen.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1006070) Verfasst am: 23.05.2008, 11:35 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Würdet Ihr [...] jemanden im Nachhinein moralisch verurteilen, der die Weiche umstellt, den Dicken stößt, nichts tut? |
Wenn wir im vorgegebenen Rahmen bleiben: Nein.
Wenn sich die Randbedingungen ändern, könnte sich aber meine Wertung ebenfalls ändern. Vermutlich kann ich keine genaue Grenze angeben, ab wann sich meine Wertung ändert (10:1?;50:1?;1000:1?). Diese Antwort bezieht sich nur auf das persönliche Dilemma.
Edit:
Zusatz: Mir wäre übrigens wohl jemand, der aktiv den Dicken von der Brücke stoßen würde, nicht ganz geheuer. Das ist aber, glaube ich, keine moralische Wertung. Hier kommt noch was anderes ins Spiel.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1006108) Verfasst am: 23.05.2008, 12:33 Titel: Re: Moraldilemma |
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Es ist mE nicht richtig, dass man in einer Triage-Situation nicht moralisch schuldig werden kann. Eine solche Situation ist ein letztlich unauflösbares Dilemma und es werden später immer Zweifel bleiben, ob man richtig gehandelt hat. Dies kann eine große psychische Belastung sein.
Die Trennung zwischen "aktivem Töten" und "passivem Töten" ist auch keineswegs so eindeutig zu treffen und zu bewerten wie behauptet. MMn ist in einer akuten Bedrohung (bewaffneter Geiselnehmer tötet eine Geisel nach der anderen) eine aktive Tötung richtig.
Meiner Meinung nach haben wir es, wie so oft, mit dem Sorites-Argument / Paradoxon zu tun: durch kleine graduelle Unterschiede kann man von dem einen Extrem (Triage) zu den Extremen auf der anderen Seite (z.B. Flugzeugabschuss, Tötung zur Organentnahme) kommen.
Bei solchen Fällen, in denen es keine eindeutige Grenze gibt, man also keinen absoluten Standpunkt einnehmen kann, ist die Argumentation mMn falsch, dass, wenn man das Eine als richtig bewertet, auch den nächsthöheren Schritt als richtig bewerten muss, (der keinen prinzipiellen Unterschied darstellt).
Auch die beiden Fälle im Eingangsbeitrag sind mE nicht gleich und daher ist es gar nicht verwunderlich, wenn man dabei zu unterschiedlichen Einschätzungen kommt.
Leider trifft man das (mE falsche, aber als plausibel implizierte) Sorites-Argument immer wieder an.
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Tassilo Deaktiviert
Anmeldungsdatum: 17.05.2004 Beiträge: 7361
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(#1006119) Verfasst am: 23.05.2008, 12:46 Titel: |
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Das Moraldilemma geht noch etwas gemeiner:
Die 5 Personen sind Nergal, rk72, Peter H., Uriziel und wortpass.
Die eine Person ist Astarte.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1006122) Verfasst am: 23.05.2008, 12:49 Titel: Re: Moraldilemma |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Bei solchen Fällen, in denen es keine eindeutige Grenze gibt, man also keinen absoluten Standpunkt einnehmen kann, ist die Argumentation mMn falsch, dass, wenn man das Eine als richtig bewertet, auch den nächsthöheren Schritt als richtig bewerten muss, (der keinen prinzipiellen Unterschied darstellt). |
Wenn man keine klare Grenze ziehen kann, also kein Unterscheidungsprinzip angeben kann, dann darf man aber auch nicht ab einem bestimmten Schritt verurteilen, denn dieses Vorgehen wäre nicht nachvollziehbar bzw. nicht verlässlich.
Es bliebe also nur, eine rein persönlich begründete Grenze für eigene Handlungen zu ziehen und den Anderen einen sehr breiten moralischen Toleranzbereich zuzugestehen.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Heiner Grundrechte-Fan
Anmeldungsdatum: 29.05.2006 Beiträge: 1217
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(#1006130) Verfasst am: 23.05.2008, 12:57 Titel: |
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Babyface hat folgendes geschrieben: |
Wir drehen uns im Kreis. Deine Verantwortung für den Tod der 5 Arbeiter resultiert nicht aus der Abwägung zwischen deren leben und dem Leben des anderen Arbeiters, sondern aus der Entscheidung für die moralische Norm, menschliches Leben nicht abzuwägen. Denn diese Entscheidung bedeutet in dem Szenario eben auch eine Entscheidung gegen das Leben der fünf Bauarbeiter. Es macht keinen Sinn weiterzudiskutieren, wenn Du diese Verantwortung ablehnst. |
Die Behauptung, dass ich als Nicht-Weichenumsteller verantwortlich für den Tod der 5 Arbeiter bin, halte ich, mit Verlaub, für Schwachsinn - ein Ablenkungsmanöver.
Wer so argumentiert, hat noch nicht durchschaut, dass das Eisenbahn-Szenario gar kein Dilemma ist. Hier wird nur eine Dilemma-Situation vorgegaukelt.
Es gibt vieles in der Welt, für das ich keine Verantwortung trage (ich nenne das "Schicksal").
Die Frage, in welchen Fällen ich Verantwortung für ein Geschehen trage und in welchen nicht, lässt sich genau beantworten:
Ich bin dann (mit)verantwortlich für das Leid anderer Personen, wenn ich Möglichkeiten habe, dieses Leid abzuwenden, und zwar (wichtiger Zusatz!) ohne dabei mir selbst oder Dritten Leid zuzufügen.
Die Bedeutung von Verantwortlichkeit ist in diesem Sinne "common sense".
Ich mach dies am Arzt-Beispiel, das übrigens exakt die Grundkonstellation des Eisenbahn-Beispiels wiedergibt, deutlich:
Ein Arzt, der einem Herz-Patienten bewusst eine Organspende vorenthält, ist für den Herztod des Patienten verantwortlich und trägt Mitschuld an dessen Tod.
Ein Arzt, der einem Herz-Patienten nicht mehr helfen kann, da keine Organspenden vorhanden sind, trägt keine Verantwortung für den Tod des Patienten. Die einzige Möglichkeit zu helfen bestünde für den Arzt darin, einen Gesunden zu töten und dessen Herz dem Kranken einzupflanzen.
Dass der Arzt auf diese Möglichkeit - die gar keine ist - verzichtet, macht ihn nicht mitverantwortlich am Tod des Herzkranken, was völlig absurd wäre. Der Arzt lässt dem Schicksal einfach seinen Lauf. Er hat sein Menschenmögliches getan.
Genau diesen Vorwurf der Mitverantwortung machen die Weichenumsteller aber dem Arzt, der nicht tötet, um anderen zu helfen! Grotesk!
Die Option, Menschen zu töten, um anderen zu helfen, ist keine ethische Option, ist für die Frage nach Verantwortlichkeit irrelevant. Schuldig macht sich allein der, der diese Option bejaht.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1006144) Verfasst am: 23.05.2008, 13:14 Titel: |
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@Heiner: Deine Position scheint mir in sich durchaus konsistent, aber beinhaltet eine moralische Setzung:
Heiner hat folgendes geschrieben: | Ich bin dann (mit)verantwortlich für das Leid anderer Personen, wenn ich Möglichkeiten habe, dieses Leid abzuwenden, und zwar (wichtiger Zusatz!) ohne dabei mir selbst oder Dritten Leid zuzufügen. Die Bedeutung von Verantwortlichkeit ist in diesem Sinne "common sense". |
Der Begriff "Leid zufügen" ist hier nicht näher eingeschränkt, daß z.B. auch das Zahlen von Steuern oder die Pflicht zur Hilfeleistung darunterfiele. De facto gibt es im "common sense" und sogar im Gesetz eine Menge Fälle, wo die Inkaufnahme eines gewissen Leidensmaßes sogar eplizit erwartet wird.
Es bleibt also ein Frage der Abgrenzung, bei wieviel und bei welcher Sorte Leid die Verantwortung (Erwartung der Gemeinschaft) aufhört.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Heiner Grundrechte-Fan
Anmeldungsdatum: 29.05.2006 Beiträge: 1217
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(#1006154) Verfasst am: 23.05.2008, 13:28 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: |
Der Begriff "Leid zufügen" ist hier nicht näher eingeschränkt, daß z.B. auch das Zahlen von Steuern oder die Pflicht zur Hilfeleistung darunterfiele. De facto gibt es im "common sense" und sogar im Gesetz eine Menge Fälle, wo die Inkaufnahme eines gewissen Leidensmaßes sogar eplizit erwartet wird.
Es bleibt also ein Frage der Abgrenzung, bei wieviel und bei welcher Sorte Leid die Verantwortung (Erwartung der Gemeinschaft) aufhört. |
Auf das Ausgangsszenario bezogen, kann ich das so konkretisieren:
Ich bin dann (mit)verantwortlich für den Tod eines Menschen, wenn ich Möglichkeiten habe, diesen Tod abzuwenden, und zwar ohne mich dabei selbst oder andere zu töten...
Edit: ... bzw. mich oder andere dabei schwer "an Leib und Leben" zu gefährden, wobei diese "schwere Gefährdung" in der Tat näher zu spezifizieren wäre.
Klar ist jedenfalls: Wenn ich nur die Möglichkeit habe, den Tod eines Menschen durch Tötung meiner selbst bzw. anderer zu verhindern, scheidet Verantwortlichkeit aus.
Fließend könnte die Verantwortlichkeit allenfalls in dem Bereich der "schweren Gefährdung" werden... s.o.
Zuletzt bearbeitet von Heiner am 23.05.2008, 13:44, insgesamt 3-mal bearbeitet |
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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#1006164) Verfasst am: 23.05.2008, 13:35 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | zum Nichtstun: Ich denke, daß das "Nichtstun" in Dilemmasituationen aus psychologischen, irrationalen Gründen eine solche Beliebtheit genießt. Intuitiv verbinden wir Entscheidungen und Schuld mit aktivem, ja motorischem Handeln und halten uns, wenn wir passiv sind, für unbeteiligter. |
Kann sein. Ich denke aber, dass hier (gerade was die Variante mit dem Dicken betrifft) auch Vertrauen eine Rolle spielt. Ich würde mit einem "Dickenschubser" jedenfalls nicht befreundet sein wollen, da in seinem Verhalten ein höchst befremdliches Nützlichkeitsdenken zu Ausdruck kommt, das, wie schon gesagt, dem Leben im Allgemeinen und menschlichen Beziehungen im Besonderen, nicht gerecht wird. Das Aussage, fünf Menschenleben seien nicht mehr wert als eines, weil jeder Mensch unendlich viel wert sei und es fünf mal so viel wie unendlich nun mal einfach nicht gäbe, ist so natürlich metaphysischer Unfug. Allerdings liegt ihr etwas durchaus vernünftiges zugrunde. Nämlich die Weigerung, die Wirklichkeit auf etwas rein abstraktes wie Zahlen zu reduzieren.
Moralische Verurteilungen sind indess nicht meine Sache.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1006177) Verfasst am: 23.05.2008, 13:49 Titel: |
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Zumsel hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | zum Nichtstun: Ich denke, daß das "Nichtstun" in Dilemmasituationen aus psychologischen, irrationalen Gründen eine solche Beliebtheit genießt. Intuitiv verbinden wir Entscheidungen und Schuld mit aktivem, ja motorischem Handeln und halten uns, wenn wir passiv sind, für unbeteiligter. | Kann sein. Ich denke aber, dass hier (gerade was die Variante mit dem Dicken betrifft) auch Vertrauen eine Rolle spielt. Ich würde mit einem "Dickenschubser" jedenfalls nicht befreundet sein wollen, da in seinem Verhalten ein höchst befremdliches Nützlichkeitsdenken zu Ausdruck kommt, das, wie schon gesagt, dem Leben im Allgemeinen und menschlichen Beziehungen im Besonderen, nicht gerecht wird. |
Sehe ich ganz genauso. Mir geht es hier vor allem darum, die Mechanismen hinter der Moral aufzudecken, um zu einer reflektierten, begründeten, nachvollziehbaren Ethik zu kommen. Es kann durchaus nützlich sein, das Nützlichkeitsdenken unter bestimmten Umständen einzuschränken. Ich möchte aber eine Ethik, die das expliziert und begründet, und nicht einfach irgendwelche metaphysischen Tabus aufsetzt. Wie Du zurecht schreibst:
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Das Aussage, fünf Menschenleben seien nicht mehr Wert als eines, weil jeder Mensch unendlich viel Wert sei und es fünf mal so viel wie unendlich nun mal einfach nicht gäbe, ist so natürlich metaphysischer Unfug. |
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Allerdings liegt ihr etwas durchaus vernünftiges zugrunde. Nämlich die Weigerung, die Wirklichkeit auf etwas rein abstraktes wie Zahlen zu reduzieren. |
Ich denke eher, daß hier der Aspekt zum Tragen kommt, den Du weiter oben angesprochen hast: Die absolute Tabuisierung jedes Individuums gegenüber anderen Individuen ist eine (relativ primitive) Näherung, um trotz potenziell konfligierender Interessen vertrauensvoll miteinander umgehen zu können.
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Moralische Verurteilungen sind indess nicht meine Sache. |
Bis jetzt wollte ja noch keiner den Dickenschubser oder den Nichtstuer explizit moralisch verurteilen. Interesant, daß trotzdem der Streit um das richtige Verhalten so heiß geführt wird.
Anders sähe es vermutlich bei Personen in expliziten Verantwortungsrollen aus, etwa dem Organarzt oder dem Folterbeamten.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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rk72 gesperrt
Anmeldungsdatum: 09.04.2008 Beiträge: 2462
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(#1006198) Verfasst am: 23.05.2008, 14:15 Titel: Re: Moraldilemma |
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Babyface hat folgendes geschrieben: | Der Arzt hatte schon die Möglichkeit, dem einen Patienten zu helfen. Er hat sich aber entschieden, einem anderen zu helfen. |
So stimmt das schon mal nicht. Letztendlich treffen Ärzte keine Entscheidungen wem sie helfen, sondern folgen einer logischen Regel. Zuerst wird denen geholfen die eine Überlebenschance. Der Grund ist, daß wenn man die Verletzten behandeln würde die keine Chance haben, es an deren Schicksal nichts ändern würde, aber das Schicksal derer die bis dahin eine Überlebenschance haben verschlechtern würde.
Dem folgt dann, daß Diejenigen die eine Überlebenschance haben nach Dringlichkeit behandelt werden. Wer die Hilfe nötiger hat wird zuerst behandelt.
Alle die eine gleichwertige Verletzung haben werden der Reihe nach behandelt.
Also entschieden wie du es schreibst wird nicht, es sei den es gibt eine höhere Dringlichkeit. Aber das spielt in dem beispiel keine Rolle. Wenn, dann geht es um gleichwertige Verletzungen. Und da wird sich nicht für einen Anderen entscheiden wenn man sich schon für einen entschieden hat.
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Tassilo Deaktiviert
Anmeldungsdatum: 17.05.2004 Beiträge: 7361
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(#1006202) Verfasst am: 23.05.2008, 14:20 Titel: |
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Bei der Trennung von siamesischen Zwillingen gibt es ja auch oft das Problem, dass eines der Kinder geopfert werden muss, um das Überleben des anderen zu sichern. Man entscheidet sich dann normalerweise für das Kind mit den besten Überlebenschancen.
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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#1006210) Verfasst am: 23.05.2008, 14:30 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Ich denke eher, daß hier der Aspekt zum Tragen kommt, den Du weiter oben angesprochen hast: Die absolute Tabuisierung jedes Individuums gegenüber anderen Individuen ist eine (relativ primitive) Näherung, um trotz potenziell konfligierender Interessen vertrauensvoll miteinander umgehen zu können. |
Durchaus. Das könnte auch eine der Ursachen für die Antipathie gegenüber reinen Nützlichkeitsmenschen sein. Aber selbst wenn man davon absieht, handelt der Schubser nicht rationaler als der Tatenlose. Zwar ist genanntes Unendlichkeitsargument Quatsch, ebenso gibt es aber objektiv auch keinen Grund dafür, fünf Menschen für wertvoller zu erachten als einen. Die bloße Zahl als entscheidendes Kriterium zu nehmen, ist völlig willkürlich.
step hat folgendes geschrieben: | Bis jetzt wollte ja noch keiner den Dickenschubser oder den Nichtstuer explizit moralisch verurteilen. |
Wir können ihn ja fragen, aber so wie ich das sehe, hält sich Heiner mit moralischen Verurteilung nicht sehr zurück.
step hat folgendes geschrieben: | Anders sähe es vermutlich bei Personen in expliziten Verantwortungsrollen aus, etwa dem Organarzt oder dem Folterbeamten. |
Selbstverständlich. Solche Personen müssen ja auch nicht umsonst einen Eid leisten.
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Heiner Grundrechte-Fan
Anmeldungsdatum: 29.05.2006 Beiträge: 1217
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(#1006213) Verfasst am: 23.05.2008, 14:37 Titel: |
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Zumsel hat folgendes geschrieben: | Wir können ihn ja fragen, aber so wie ich das sehe, hält sich Heiner mit moralischen Verurteilung nicht sehr zurück.
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Als Angehöriger des einen Gleisarbeiters, der durch das Umlenken des Zugs ums Leben kam,
würde ich den Weichensteller gerne vor Gericht wegen Totschlags gestellt sehen.
Als Angehöriger von einem der 5 Gleisarbeiter, die durch das Nichtumlenken des Zugs ums Leben kamen, würde ich allein mit dem Schicksal hadern, nicht mit der Person an der Weiche.
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299792458 registrierter User
Anmeldungsdatum: 01.06.2007 Beiträge: 626
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(#1006225) Verfasst am: 23.05.2008, 15:17 Titel: Re: Moraldilemma |
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Heiner hat folgendes geschrieben: |
Die hier diskutierte Frage lautet also: Darf man Menschen aktiv töten, um anderen Menschen das Leben zu retten?
Einige sind hier der Meinung, dass dies zulässig ist, ich selbst bin dieser Meinung nicht.
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Ja lieber Heiner, lass uns die Polizei entwaffnen. Diese amoralischen Polizisten können aktiv Menschen töten, um anderen Menschen das Leben zu retten. So eine Frechheit.
die Selbstgerechtigkeit.
_________________ Society is like a stew. If you don’t stir it up every once in a while then a layer of scum floats to the top.
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jagy Herb Derpington III.
Anmeldungsdatum: 26.11.2006 Beiträge: 7275
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(#1006226) Verfasst am: 23.05.2008, 15:21 Titel: Re: Moraldilemma |
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299792458 hat folgendes geschrieben: | Heiner hat folgendes geschrieben: |
Die hier diskutierte Frage lautet also: Darf man Menschen aktiv töten, um anderen Menschen das Leben zu retten?
Einige sind hier der Meinung, dass dies zulässig ist, ich selbst bin dieser Meinung nicht.
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Ja lieber Heiner, lass uns die Polizei entwaffnen. Diese amoralischen Polizisten können aktiv Menschen töten, um anderen Menschen das Leben zu retten. So eine Frechheit.
die Selbstgerechtigkeit. |
Jetzt komm schon: Vermutlich hat er gemeint, darf man unschuldige Menschen aktiv töten, um anderen unschuldigen Menschen das Leben zu retten.
_________________ INGLIP HAS BEEN SUMMONED - IT HAS BEGUN!
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