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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#1012682) Verfasst am: 02.06.2008, 10:26 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ich würde es keineswegs für vorwerfbar halten, wenn sich jemand in einer solchen Extremsituation falsch entscheidet, also wenn der Pilot in eine Entscheidungsstarre fällt und das Flugzeug nicht an einen Ort lenkt, an dem es weniger Opfer gibt; jedoch halte ich es nach wie vor für richtig, hier die Anzahl der Todesopfer zu minimieren. |
Wie läge für dich der Fall, wenn in der Vorstadt die Familie des Piloten lebte?
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ateyim registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.05.2007 Beiträge: 3656
Wohnort: Istanbul
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(#1012739) Verfasst am: 02.06.2008, 12:01 Titel: |
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Zum Thema faellt mir ein Vorfall ein, der sich vergangene Woche in einem Tunnel in der Naehe von Antalya zugetragen hat. Ein Kleinbus mit Touristen ist auf dem Weg zum Flughafen im Tunnel ins Schleudern gekommen (wegen überhöter Geschwindigkeit und riskantem Überholmanöver), umgekippt und fing an zu brennen.
Die Kameras im Tunnel haben festgehalten, wie die nachfolgenden Autos wendeten und sich von der Unfallstelle entfernten, waehrend die Fahrgaeste versuchten den Bus zu verlassen.
Es gab zum Glück keine Toten aber viele leicht verletzte.
In den Medien wurden die Fahrer, die wendeten und wegfuhren, als Übel der Gesellschaft abgestempelt.
Ich kann diese Meinung nicht teilen: die Fahrer, der Autos, die unmittelbar wendeten haben "alle" wie man nachher feststellte sofort per Handy die Notnummern angerufen und Hilfe angefordert, die meisten hatten ihren Partner und Kinder im Auto.
Wenn ich Frau und Kinder im Auto haette und mir überlege, wie oft man schon von Feuerkatastrophen in Tunnels gelesen hat, die sich schnell ausbreiten, dann kann ich die spontane Reaktion sehr gut nachvollziehen und würde auf keinen der Fahrer mit dem Finger zeigen und dieses Verhalten zum Vorwurf machen.
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Paul Lasker Schachspieler
Anmeldungsdatum: 27.04.2008 Beiträge: 64
Wohnort: Berlin
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(#1012775) Verfasst am: 02.06.2008, 13:31 Titel: |
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Heiner hat folgendes geschrieben: | Zwei Hochgeschwindigkeitszüge rasen ungebremst aufeinander zu. Wenn sie zusammenstoßen, sind in beiden Zügen alle Menschen tot. Einzige Möglichkeit um das zu verhindern ist es, einen der beiden Züge entgleisen zu lassen, damitrwenigstens die Menschen in einem Zug überleben. Nach deiner Logik darf man das aber nicht, sondern muss die Züge aufeinanderprallen
Angenommen, das Entgleisen des einen Zuges führte zum sicheren Tod der Passagiere, dann ist es nach obiger Definition klar: Hier handelt es sich um ein TÖTUNGSDILEMMA. Ich kann hier nur die einen retten, indem ich die anderen töte.
Wenn ich die Frage beantworten soll, nach welchen moralischen Geboten sich die Verantwortlichen, also hier die Eisenbahner, verhalten sollen, müsste ich dann so antworten:
Frage: Hältst du es für moralisch richtig, wenn die Entscheidungsträger den einen Zug entgleisen lassen, um den Zusammenstoß zu verhindern?
Meine Antwort: NEIN.
Frage: Hältst du es für moralisch richtig/geboten, wenn die Entscheidungsträger den einen Zug NICHT entgleisen lassen und den Zusammenstoß bewirken?
Meine Antwort: AUCH NEIN!
Fazit: Die Entscheidungsträger handeln im Tötungsdilemma IMMER FALSCH. Sie laden IMMER Schuld auf sich!!!!!!! |
Deine Antworten sind doch nur rein subjektive Entscheidungen. Das zweite Nein teile ich. Das erste jedoch nicht. Aus meinem Nein zur zweiten Alternative folgt sogar das Gebot einen Zug entgleisen zu lassen. Dann kann es m.E. nicht moralisch falsch sein einen Zug entgleisen zu lassen. Die Antwort auf Alternative 1 ist bei mir also ein klares JA.
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Heiner Grundrechte-Fan
Anmeldungsdatum: 29.05.2006 Beiträge: 1217
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(#1012861) Verfasst am: 02.06.2008, 15:55 Titel: |
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Ich muss hier zunächst noch einmal ein grundlegendes Missverständnis klären.
Selbst wenn man davon ausginge, dass es sich bei dem „Mutter rettet Jungen vorm Klippenabsturz“-Beispiel um ein Tötungsdilemma handelte, wie Babyface behauptet, sind die Schlüsse, die er aus meinem Konzept zu folgern können glaubt, unzulässig.
Babyface hat behauptet, aus meiner Position würde folgen, dass die Mutter im Tötungsdilemma so lange nichts tun müsse, bis ihr beide (!) Jungen von den Händen rutschen. Dann würde sie laut meiner Position moralisch richtig (!) handeln. Das ist natürlich Unfug! Sieht man die Situation als Tötungsdilemma an, gelten für die Mutter als verantwortlich Handelnde die Regeln, die ich für diesen Fall bereits gennant habe:
a) Sie hätte entweder die Möglichkeit, beide Jungen zu töten (= in die Tiefe fallen zu lassen).
b) Oder sie hätte die Möglichkeit, einen Jungen zu töten.
Eine dritte Möglichkeit gibt es nicht. Die Vorstellung, die Mutter würde dann nicht eingreifen, wenn sie die Jungen langsam von den Händen rutschen ließe, ist natürlich eine Albernheit (ebenso eine Albernheit, wie der Pilot, der glaubt, er griffe nicht ein, wenn er die Finger von den Knöpfen lässt; auch er muss immer eingreifen).
Für meine Bewertung ergibt sich daraus:
a) Die Mutter handelt dann moralisch falsch, wenn sie beide Jungen tötet.
b) Die Mutter handelt auch dann moralisch falsch, wenn sie einen Jungen tötet.
Fazit: Die Mutter würde sich immer (!) schuldig machen, egal wie sie handelt.
Daher ist die Behauptung von Babyface:
Fazit: Nach Heiners Prämissen und Regeln muss die Mutter solange warten, bis sie keine Kraft mehr hat und beide Kinder loslassen muss, weil dies die einzige Option ist, bei der sie frei von Schuld wäre.
rundweg falsch!
Übrigens ist es das gleiche Missverständnis, das AgentProvocateur bereits vorgebracht hatte. Er hatte behauptet, ich hielte es für moralisch geboten (!), dass der Pilot Kurs auf das Zentrum statt auf den Vorort nimmt, er also nichts mehr tun müsse, sobald das Flugzeug Kurs aufs Zentrum nimmt.
Würde ich dies vertreten, wäre es ja nur die Umkehrung der Position derjenigen, die es für moralisch geboten halten, dass der Pilot Kurs auf den Vorort hält. Beides wäre aus meiner Sicht moralisch absurd.
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Babyface Altmeister
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 11519
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(#1012920) Verfasst am: 02.06.2008, 18:26 Titel: |
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Heiner hat folgendes geschrieben: | Ich muss hier zunächst noch einmal ein grundlegendes Missverständnis klären.
Selbst wenn man davon ausginge, dass es sich bei dem „Mutter rettet Jungen vorm Klippenabsturz“-Beispiel um ein Tötungsdilemma handelte, wie Babyface behauptet, sind die Schlüsse, die er aus meinem Konzept zu folgern können glaubt, unzulässig.
Babyface hat behauptet, aus meiner Position würde folgen, dass die Mutter im Tötungsdilemma so lange nichts tun müsse, bis ihr beide (!) Jungen von den Händen rutschen. Dann würde sie laut meiner Position moralisch richtig (!) handeln. Das ist natürlich Unfug! Sieht man die Situation als Tötungsdilemma an, gelten für die Mutter als verantwortlich Handelnde die Regeln, die ich für diesen Fall bereits gennant habe:
a) Sie hätte entweder die Möglichkeit, beide Jungen zu töten (= in die Tiefe fallen zu lassen).
b) Oder sie hätte die Möglichkeit, einen Jungen zu töten.
Eine dritte Möglichkeit gibt es nicht. Die Vorstellung, die Mutter würde dann nicht eingreifen, wenn sie die Jungen langsam von den Händen rutschen ließe, ist natürlich eine Albernheit (ebenso eine Albernheit, wie der Pilot, der glaubt, er griffe nicht ein, wenn er die Finger von den Knöpfen lässt; auch er muss immer eingreifen).
Für meine Bewertung ergibt sich daraus:
a) Die Mutter handelt dann moralisch falsch, wenn sie beide Jungen tötet.
b) Die Mutter handelt auch dann moralisch falsch, wenn sie einen Jungen tötet.
Fazit: Die Mutter würde sich immer (!) schuldig machen, egal wie sie handelt.
Daher ist die Behauptung von Babyface:
Fazit: Nach Heiners Prämissen und Regeln muss die Mutter solange warten, bis sie keine Kraft mehr hat und beide Kinder loslassen muss, weil dies die einzige Option ist, bei der sie frei von Schuld wäre.
rundweg falsch!
Übrigens ist es das gleiche Missverständnis, das AgentProvocateur bereits vorgebracht hatte. Er hatte behauptet, ich hielte es für moralisch geboten (!), dass der Pilot Kurs auf das Zentrum statt auf den Vorort nimmt, er also nichts mehr tun müsse, sobald das Flugzeug Kurs aufs Zentrum nimmt.
Würde ich dies vertreten, wäre es ja nur die Umkehrung der Position derjenigen, die es für moralisch geboten halten, dass der Pilot Kurs auf den Vorort hält. Beides wäre aus meiner Sicht moralisch absurd. |
Naja Heiner, ich denke diese Argumentation hat jetzt doch recht deutlich gezeigt, dass aus Deinen Prämissen ganz unterschiedliche Bewertungen folgen können, je nachdem was man unter einer Tötung genau versteht.
Heiner hat folgendes geschrieben: | Frage: Wann können wir davon reden, dass jemand für den Tod eines Menschen (schuldhaft) verantwortlich ist?
Antwort: Wir können dann sagen, jemand sei für den Tod eines Menschen (schuldhaft) verantwortlich, wenn jemand Möglichkeiten hat, den Tod des Menschen abzuwenden, und er diese Möglichkeiten nicht nutzt, mit Ausnahme der Möglichkeit, zu töten. Jemand ist also dann für den Tod des Menschen (schuldhaft) verantwortlich, wenn er ihn vorm Tode retten kann, ohne hierfür töten zu müssen. |
Solange Du nicht genau explizierst, was Du hier unter einer Tötung verstehst (aktiv vs passiv), bzw. wie Du Tötung definierst (wann ist eine Handlung aktiv, wann passiv), so dass man anhand objektiver Kriterien feststellen kann, ob eine Tötung vorliegt, ist es auch nicht möglich, die Konsistenz Deiner Schlussfolgerungen aus den Prämissen überhaupt zu prüfen bzw. ist es Dir nicht möglich, die Konsistenz Deines Standpunktes zu beweisen.
Also wie wäre es mit einem Versuch?
_________________ posted by Babyface
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Heiner Grundrechte-Fan
Anmeldungsdatum: 29.05.2006 Beiträge: 1217
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(#1012989) Verfasst am: 02.06.2008, 19:40 Titel: |
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Heiner hat folgendes geschrieben: | Derjenige, der etwas umdefiniert, bist du. Bitte lies meine Darstellung der GRUNDSITUATION.
DU bist derjenige, der das Rettungsdilemma in ein Tötungsdilemma umdefiniert. |
Zitat: | Babyface
Ah ja, gilt das immer, dass der weitere Ablauf der Rettung keine Rolle spielt?
GRUNDSITUATION: zwei ertrinkende treiben auf dem Meer. Kleines Ruderboot kommt zu Hilfe.
WEITERER VERLAUF: Mann im Ruderboot zieht beide in sein Boot, stellt dann fest, dass Boot ein Leck hat und die zwei doch zu schwer für das Boot sind und bald alle absaufen werden. Retter stößt einen der beiden aus dem Boot.
Nach deiner Logik war das wohl auch keine Tötung, weil die GRUNDSITUATION ein Rettungsdilemma war. |
Das ist kein gut gewähltes Beispiel, und ich werde auch erläutern, warum. Du hast hier einen netten argumentativen Kniff angewandt, und zwar, indem du von meinem ursprünglichen Rettungsschwimmer-Szenario abgewichen bist. (Für deine argumentativen Zwecke mit gutem Grund...)
Du hast hier einfach ein neues Situationselement eingeführt, nämlich das Boot: Dein Retter schwimmt nicht mehr, sondern er paddelt (tststs)...
Für mich ist aber das situative Analogon zum Klippen-Szenario das Rettungsschwimmer-Szenario (ich werde darauf auch noch mal zurückkommen, s.u.).
In deinem Szenario hängt nun alles entscheidend am Boot. Das Boot definiert den Situationskontext, und es lässt auch offen, ob es sich in der Situation um das Rettungs- oder das Tötungsdilemma handelt. Beide Möglichkeiten sind gegeben. Die Situation des überfüllten Boots ist nun tatsächlich klar als Tötungsdilemma gekennzeichnet. Hier handelt es sich sogar um die denkbar mieseste Variante des „Töte-um- zu retten-Spielchens“, wirft dein „helfenhafter Retter“ doch glatt einen Mann über Bord, den er vorher noch retten wollte, und zwar ohne auf die Idee zu kommen, sich vielleicht mal selber zu opfern und in die Fluten zu stürzen, sodass die anderen an Land gelangen könnten... Ups...? Selbstverständlich sehe ich das mindestens als Totschlag an, nein, das ist schlicht feiger Mord!
Allein daran zeigt sich doch, dass du dich gar nicht bemüht hast, eine wirklich mit dem Klippenszenario vergleichbare Situation zu finden. Die korrekte Argumentation liefe so, zum Klippen-Szenario eine analoge Situation zu suchen und zu überlegen, ob man die dortige Handlung ebenfalls oder ebenfalls nicht als Tötungshandlung bezeichnen würde.
Das tue ich hiermit, und zwar, indem ich auf das Rettungsschwimmer-Szenario zurückkomme. Ich bitte dich, mich anhand dieses Beispiels zu überzeugen, warum es sich hierbei auch um Tötung handelt. Wenn du mich überzeugst, bin ich gerne bereit, mein Einschätzun des Klippenszenarios als Rettungsdilemma zurückzuziehen und meine Bewertung entsprechend zu ändern. Dazu noch mal folgende Situationsbeschreibung:
Zwei Personen sind auf den Grund eines (nicht all zu tiefen Sees) gesunken. Ein Rettungsschwimmer ist unterwegs, um die Personen zu retten. Seine Kraft reicht aber nur, um genau eine Person hochzuziehen und an Land zu bringen.
Fall A: Der Rettungsschwimmer taucht hinunter. Er greift mit beiden Armen nach der Person A und zieht sie nach oben. Der andere bleibt unten.
Frage: Ist es nun korrekt zu sagen, der Schwimmer habe Person B getötet? Meiner Ansicht nach nicht! Ich gehe davon aus, dass es bis hierher keinen Dissens gibt.
Fall B: Der Rettungsschwimmer taucht hinunter. Er greift mit beiden Armen nach beiden Personen und zieht beide Personen 5 cm nach oben. Er stellt fest, dass er beide nicht retten kann und lässt jetzt Person B los, die darauf hin wieder ein Stückchen nach unten sinkt. Person A wird nach oben gezogen, Person B bleibt unten.
Frage: Ist es nun korrekt zu sagen, der Schwimmer habe Person B getötet? Und zwar nur deshalb, weil er vorher noch Körperkontakt mit der Person hatte, er mit seiner „Hand dran“ war, bevor er die andere Person nach oben zog? Wurde er durch diesen körperlichen Kontakt zum TÖTER, der er vorher nicht war?!
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Babyface Altmeister
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 11519
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(#1013206) Verfasst am: 02.06.2008, 22:18 Titel: |
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Heiner hat folgendes geschrieben: | Heiner hat folgendes geschrieben: | Derjenige, der etwas umdefiniert, bist du. Bitte lies meine Darstellung der GRUNDSITUATION.
DU bist derjenige, der das Rettungsdilemma in ein Tötungsdilemma umdefiniert. |
Zitat: | Babyface
Ah ja, gilt das immer, dass der weitere Ablauf der Rettung keine Rolle spielt?
GRUNDSITUATION: zwei ertrinkende treiben auf dem Meer. Kleines Ruderboot kommt zu Hilfe.
WEITERER VERLAUF: Mann im Ruderboot zieht beide in sein Boot, stellt dann fest, dass Boot ein Leck hat und die zwei doch zu schwer für das Boot sind und bald alle absaufen werden. Retter stößt einen der beiden aus dem Boot.
Nach deiner Logik war das wohl auch keine Tötung, weil die GRUNDSITUATION ein Rettungsdilemma war. |
Das ist kein gut gewähltes Beispiel, und ich werde auch erläutern, warum. Du hast hier einen netten argumentativen Kniff angewandt, und zwar, indem du von meinem ursprünglichen Rettungsschwimmer-Szenario abgewichen bist. (Für deine argumentativen Zwecke mit gutem Grund...) |
Ich habe lediglich gezeigt, dass ein Akteur allein Durch sein Handeln ein Rettungsdilemma in ein Tötungsdilemma verwandeln kann. Du hast das betsritten! Klar hab ich dafür ein drastisches Beispiel gewählt, wo Du eine Tötung nicht abstreiten konntest.
Zitat: | Du hast hier einfach ein neues Situationselement eingeführt, nämlich das Boot: Dein Retter schwimmt nicht mehr, sondern er paddelt (tststs)... |
Und?
Zitat: | Für mich ist aber das situative Analogon zum Klippen-Szenario das Rettungsschwimmer-Szenario (ich werde darauf auch noch mal zurückkommen, s.u.).
In deinem Szenario hängt nun alles entscheidend am Boot. |
Und? Im Klippenszenario hängt buchstäblich alles entscheidend an der Mutter.
Zitat: | Das Boot definiert den Situationskontext, und es lässt auch offen, ob es sich in der Situation um das Rettungs- oder das Tötungsdilemma handelt. |
Und? Die Mutter definiert im Klippenszenario den Situationskontext. Genauso wie es für die Opfer ein situativer Unterschied ist, ob sie sich im Wasser oder im Boot befinden, ist es für die Jungen eine andere Situation, ob sie sich im freien Fall befinden, oder an der Mutter hängen.
Zitat: | Beide Möglichkeiten sind gegeben. |
Genau.
Zitat: | Die Situation des überfüllten Boots ist nun tatsächlich klar als Tötungsdilemma gekennzeichnet. Hier handelt es sich sogar um die denkbar mieseste Variante des „Töte-um- zu retten-Spielchens“, wirft dein „helfenhafter Retter“ doch glatt einen Mann über Bord, den er vorher noch retten wollte, und zwar ohne auf die Idee zu kommen, sich vielleicht mal selber zu opfern und in die Fluten zu stürzen, sodass die anderen an Land gelangen könnten... Ups...? Selbstverständlich sehe ich das mindestens als Totschlag an, nein, das ist schlicht feiger Mord! |
Ach, ist es das? Nach Deiner Argumentation und Logik kann es doch gar kein Totschlag sein, schon gar nicht Mord.
Frage: Und warum kann es kein Totschlag/Mord sein?
Antwort: Weil nach deiner Logik keine Tötung vorliegen kann.
Frage: Und warum kann nach Deiner Logik keine Tötung vorliegen?
Antwort: Weil es sich nach Deiner Logik um ein Rettungsdilemma handelt.
Heiner hat folgendes geschrieben: | Rettungsdilemma: Ein Rettungsdilemma zeichnet sich dadurch aus, dass es möglich ist, das eine Opfer zu retten, ohne das andere zu töten. |
Frage: Und warum handelt es sich nach Deiner Logik um ein Rettungsdilemma?
Antwort: Weil die Ausgangssituation Deine Definition eines Rettungsdilemmas erfüllt, und weil ein Rettungsdilemma sich allein durch das Handeln des Retters, beide ins Boot zu ziehen, nicht plötzlich in ein Tötungsdilemma verwandeln kann.
Heiner hat folgendes geschrieben: | Erkläre DU mir, wieso du glaubst, dass ein und dieselbe Situation (!) sich allein durch das Handeln der Akteurin (!) plötzlich von einer Rettungs- in eine Tötungssituation wandelt!
Es steht gar nicht in der Macht des Akteurs, die Situation umzudefinieren! |
Frage: Und was folgt daraus, dass es sich nach Deiner Logik noch immer um ein Rettungsdilemma handelt?
Antwort: Es folgt, dass die moralischen Gebote des Rettungdilemmas zu erfüllen sind. Allein daran ist das Handeln zu messen.
Heiner hat folgendes geschrieben: | 1. Im Rettungsdilemma verhält sich moralisch richtig, wer eines der beiden Opfer rettet |
Heiner hat folgendes geschrieben: | Also: Am Ende wird ihr Handeln daran gemessen werden, inwiefern sie das moralische Gebot befolgt hat, EINEN zu retten! |
Nun, da er exakt das getan hat, ist er nach Deiner Logik weder Totschläger noch Mörder, sondern unschuldig.
Und auf den Rest Deines Postings antworte ich Dir, wenn Du auf den Rest meines Postings (Zugbeispiel) geantwortet hast und Du mir Deine Definition von Tötung erklärt hast.
Zitat: | Frage: Ist es nun korrekt zu sagen, der Schwimmer habe Person B getötet? Und zwar nur deshalb, weil er vorher noch Körperkontakt mit der Person hatte, er mit seiner „Hand dran“ war, bevor er die andere Person nach oben zog? Wurde er durch diesen körperlichen Kontakt zum TÖTER, der er vorher nicht war?! |
_________________ posted by Babyface
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Heiner Grundrechte-Fan
Anmeldungsdatum: 29.05.2006 Beiträge: 1217
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(#1013664) Verfasst am: 03.06.2008, 19:29 Titel: |
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Zitat: | Babyface
Und auf den Rest Deines Postings antworte ich Dir, wenn Du auf den Rest meines Postings (Zugbeispiel) geantwortet hast und Du mir Deine Definition von Tötung erklärt hast. |
Ja, das war klar... Ich darf wieder vorlegen, während du dich, was dich deine Position anbetrifft, bedeckt hältst....
Zitat: | Heiner
Für mich ist aber das situative Analogon zum Klippen-Szenario das Rettungsschwimmer-Szenario (ich werde darauf auch noch mal zurückkommen, s.u.).
In deinem Szenario hängt nun alles entscheidend am Boot. |
Zitat: | Und? Im Klippenszenario hängt buchstäblich alles entscheidend an der Mutter. |
Falsche Analogie. Die Mutter ist die Akteurin, im anderen Beispiel ist es der Bootsfahrer. Die korrekte Analogie wäre Mutter-Bootsfahrer, nicht Mutter-Boot...
Heiner hat folgendes geschrieben: | Rettungsdilemma: Ein Rettungsdilemma zeichnet sich dadurch aus, dass es möglich ist, das eine Opfer zu retten, ohne das andere zu töten. |
Zitat: | Babyface
Frage: Und warum handelt es sich nach Deiner Logik um ein Rettungsdilemma?
Antwort: Weil die Ausgangssituation Deine Definition eines Rettungsdilemmas erfüllt, und weil ein Rettungsdilemma sich allein durch das Handeln des Retters, beide ins Boot zu ziehen, nicht plötzlich in ein Tötungsdilemma verwandeln kann. |
Nein, du musst schon genau sein. Ich hatte geschrieben:
Zitat: | Heiner
Wir können hier eindeutig davon sprechen, dass es sich hier um ein Rettungsdilemma handelt. |
Diese Eindeutigkeit ist eben in deinem Boot-Beispiel nicht gegeben. Diese Situation ist uneindeutig. Das Element des Boots enthält die Möglichkeit zum Rettungsdilemma wie zum Tötungsdilemma...
Edit: Meine Definitionen von „Töten“ folgen...
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Babyface Altmeister
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 11519
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(#1013709) Verfasst am: 03.06.2008, 20:16 Titel: |
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Heiner hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Babyface
Und auf den Rest Deines Postings antworte ich Dir, wenn Du auf den Rest meines Postings (Zugbeispiel) geantwortet hast und Du mir Deine Definition von Tötung erklärt hast. |
Ja, das war klar... Ich darf wieder vorlegen, während du dich, was dich deine Position anbetrifft, bedeckt hältst.... |
Ich halte mich dort bedeckt, wo ich mir unsicher bin, also noch keine klare Position entwickelt habe. Du bist derjenige, der behauptet, einen konsistente Position zu vertreten. Alos ist es auch an Dir, das zu belegen.
Zitat: | Zitat: | Heiner
Für mich ist aber das situative Analogon zum Klippen-Szenario das Rettungsschwimmer-Szenario (ich werde darauf auch noch mal zurückkommen, s.u.).
In deinem Szenario hängt nun alles entscheidend am Boot. |
Zitat: | Und? Im Klippenszenario hängt buchstäblich alles entscheidend an der Mutter. |
Falsche Analogie. Die Mutter ist die Akteurin, im anderen Beispiel ist es der Bootsfahrer. Die korrekte Analogie wäre Mutter-Bootsfahrer, nicht Mutter-Boot... |
Meine Analogie war funktional korrekt. Ich kann das gerne präzisieren: Akteur (Mutter/Bootsfahrer) und Rettungswerkzeug (Hände/Boot). In beiden Fällen entscheidet der Akteur, sein Werkzeug einzusetzen und es stellt sich heraus, dass es in beiden Fällen zu schwach (halten/tragen) ist, um beide zu retten.
Aber das ist eigentlich völlig irrelevant. Wir müssen keine Analogien bilden, um zu entscheiden, ob eine Situation ein Tötungs- oder Rettungsdilemma ist. das sollten wir auch nicht tun, denn daraus kann man keine logischen Schlüsse ziehen. Du selbst hast ja eine Definition geliefert bzw. Kriterien formuliert, anhand denen wir eine aktuelle Situation evtl. eindeutig danach beurteilen könnten, ob es sich um ein Rettungs- oder Tötungsdilemma handelt. Beide Definitionen enthalten das Konzept "Tötung", welches aber bis jetzt leider noch nicht von Dir definiert wurde. Wenn eine schlüssige Definition vorliegt, wären wir schon einen guten Schritt weiter.
_________________ posted by Babyface
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Heiner Grundrechte-Fan
Anmeldungsdatum: 29.05.2006 Beiträge: 1217
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(#1013817) Verfasst am: 03.06.2008, 22:08 Titel: |
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Teil 1, Definitionen „Töten“
I. Prinzipielle Möglichkeiten des Tötens
1. Aktive Tötung/Töten durch Handeln: Der Täter fügt den auf das Opfer einwirkenden Umständen aktiv Ursachen hinzu, die kausal den Tod des Opfers herbeiführen.
2. Passive Tötung/Töten durch Unterlassen: Der Täter unterlässt es, den auf das Opfer einwirkenden Umständen Ursachen hinzuzufügen, die den Tod des Opfers verhindern könnten, obwohl er Möglichkeiten dazu hätte. Achtung: Es gelten hier Zusätze, s.u.!
Zu 1. Im Fall 1 gilt, dass der Täter durch sein Handeln den Umstand der Todesbedrohung aktiv herbeiführt.
Zu 2. In Fall 2 gilt, dass der Täter es unterlässt, den Umstand einer vorgefundenen Todesbedrohung aktiv abzuwenden.
II. Zusätze zu 2. (und zwar nur zu 2, nicht zu 1!!): Einschränkungen der Möglichkeiten. Sie betreffen die passive Tötung/das Töten durch Unterlassen:
2.1 Die Aussage, X habe Y getötet, ist dann unzutreffend, wenn es zwar einerseits grundsätzlich Möglichkeiten gäbe, den Tod von Y abzuwenden, aber andererseits diese Möglichkeiten nicht im Vermögen von X stehen.
Beispiel: Eine Mutter, deren Kind in einer Hungersnot verhungert. Zwar gäbe es prinzipiell Möglichkeiten, den Tod des Kindes abzuwenden, hier Nahrungszufuhr, eine reale Möglichkeit ist der Mutter aber nicht gegeben. Die Aussage „Die Mutter hat ihr Kind getötet“ ist unzutreffend.
2.2 Die Aussage, X habe Y getötet, ist auch dann unzutreffend, wenn als letztes Mittel, um den Tod von Y abzuwenden, bliebe, eine aktive Tötung Dritter (im Sinne der Definition) vorzunehmen. Wenn X auf dieses Mittel verzichtet, ist die Aussage, X habe Y getötet, immer noch unzutreffend. [Anmerkung: Die Abwendung einer Todesbedrohung durch eine passive Tötung Dritter ist auszuschließen, und zwar aus der Anwendung von 2.1 in Verbindung mit den moralischen Hauptprämissen.]
Beispiel: Ein Ehemann droht an Herzversagen zu sterben. Die Frau verzichtet darauf, jemand anderen zu töten und dessen Herz ihrem Mann einpflanzen zu lassen. Der Mann stirbt. Die Aussage „Die Ehefrau hat ihren Mann getötet“ ist unzutreffend.
Erläuterungen, Begründungen:
Zu 2.1: Die Einschränkung des Vermögens von X betrifft hier natürliche Notwendigkeiten. Es liegt hier eine natürliche Unmöglichkeit seitens X vor, den Tod von Y abwenden zu können.
Die hieraus abgeleitete Anwendung bzw. Nichtanwendung des Begriffs „Töten“ stimmt mit der gebräuchlichen Verwendung des Begriffs überein, entspricht dem common sense.
2.2. Die Einschränkung des Vermögens betrifft hier moralische Notwendigkeiten, nämlich X‘ Befolgung des Tötungsverbots. Es liegt hier eine moralische Unmöglichkeit seitens X vor, den Tod von Y abwenden zu können.
Die hieraus abgeleitete Anwendung bzw. Nichtanwendung des Begriffs „Töten“ stimmt mit der gebräuchlichen Verwendung des Begriffs überein, entspricht dem common sense.
Zuletzt bearbeitet von Heiner am 06.06.2008, 14:49, insgesamt 6-mal bearbeitet |
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Heiner Grundrechte-Fan
Anmeldungsdatum: 29.05.2006 Beiträge: 1217
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(#1013820) Verfasst am: 03.06.2008, 22:08 Titel: |
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Teil 2, Anwendung der Definitionen von „Töten“
- Tötungsdilemma: Beispiel Gleisarbeiter-Dilemma:
a) DerNichteingreifende/Unterlasser: Hat er durch Nichtumstellen der Weiche die 5 Arbeiter getötet?
Siehe 2.2: Die Aussage „Der Unterlasser hat die Arbeiter getötet“ ist unzutreffend.
b) Der Weichenumsteller: Hat er durch Eingreifen den 1 Arbeiter getötet? Hier gilt 1, es liegt aktive Tötung vor (ohne Einschränkung). Die Aussage „Der Weichenumsteller hat den 1 Arbeiter getötet“ ist zutreffend.
c) Der Zugführer: Hat er die 5 Arbeiter bzw. den 1 Arbeiter getötet? Auch hier gilt 1, es liegt aktive Tötung vor (ohne Einschränkung). Die Aussage „Der Zugführer hat mittels des Zugs die 5 bzw. den 1 Arbeiter getötet“ ist zutreffend. (Anmerkung: Der Zugführer kann nicht unterlassen, er ist zum Handeln gezwungen.)
- Rettungsdilemma: Beispiel Rettungsschwimmer-Dilemma
a) Der Rettungsschwimmer rettet 1 von 2 Opfern: Hat er das andere Opfer getötet? Hier gilt Zusatz 2.1, da es sich um eine Unterlassung handelte. Die Aussage „Der Schwimmer hat das 2. Opfer getötet“ ist unzutreffend.
b) Der Rettungsschwimmer rettet (trotz Möglichkeit) keins der Opfer, lässt sie ertrinken. Hat er die Opfer getötet? Hier gilt 2 ohne Zusatz. Es handelte sich um passive Tötung. Die Aussage „Der Schwimmer hat die Opfer getötet“ ist zutreffend.
Folgender vorläufiger Definitionsversuch: Bei einem Tötungsdilemma ist immer aktive Tötung relevant. Wer hier tötet, tötet aktiv. Wenn X aktiv handelt, gilt stets "X hat Y bzw. Z getötet". Wenn X nicht handelnd eingreift (sofern X dies überhaupt möglich ist), gilt die Aussage "X hat Y bzw. Z nicht getötet". / Bei einem Rettungsdilemma ist immer passive Tötung relevant. Wer hier tötet, tötet passiv. Wenn X aktiv handelt, gilt stets "X hat Y bzw. Z nicht getötet". Wenn X nicht handelnd eingreift, gilt die Aussage "X hat Y bzw. Z getötet".
Anmerkung: Sollte hier jemand logische Inkonsistenzen feststellen, bin ich gerne bereit, den Definitionsversuch zu korrigieren. Vorerst halte ich diese Definition für tragfähig.)
Zuletzt bearbeitet von Heiner am 04.06.2008, 14:59, insgesamt 14-mal bearbeitet |
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Heiner Grundrechte-Fan
Anmeldungsdatum: 29.05.2006 Beiträge: 1217
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(#1013822) Verfasst am: 03.06.2008, 22:09 Titel: |
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Teil 3, die Anwendung der Definitionen von „Töten“ auf das Klippen-Dilemma“
Betrachten wir vor diesem Hintergrund noch einmal das Klippendilemma. Es lautet in der Variante A
so - hier handelt es sich um ein Rettungsdilemma -: 2 Jungen drohen einen Abgrund hinunterzufallen. Die Mutter ergreift einen Jungen mit beiden Händen und rettet ihn, der andere Junge fällt hinunter.
Hat die Mutter nun den anderen Jungen getötet? Wenn ja, würde es sich um passive Tötung handeln, da es um Unterlassung geht. Es gilt aber hier der Zusatz 2.1: Die Mutter war durch eine natürliche Unmöglichkeit davon abgehalten, den Tod des Jungen zu verhindern. Folglich ist die Aussage „Die Mutter hat den Jungen getötet“ unzutreffend.
Was würde gelten, wenn die Mutter keinen der Jungen rettete, obwohl sie Möglichkeiten hätte? Dann wäre dies klar eine passive Tötung, hier gilt dann 2. Die Aussage „Die Mutter hat die Jungen getötet“ träfe zu.
An dieser Stelle stellt sich die Frage, wie es sich mit der folgenden Variante (ich nenne sie vorläufig B) verhält: 2 Jungen drohen einen Abgrund hinunterzufallen. Die Mutter ergreift zuerst beide Jungen mit beiden Händen, danach lässt sie den 1 fallen, indem sie mit beiden Händen nach 1 Jungen greift (sie hat nur die Kraft, 1 zu retten).
Frage: Handelt es sich um ein Rettungsdilemma oder um ein Tötungsdilemma? Diese Frage müsste ja noch geklärt werden. Damit ich meine Position deutlicher machen kann - ich glaube ja, dass es sich auch um ein Rettungsdilemma handelt -, möchte ich zunächst folgende Frage beantworten: Welche Dilemma-Variante wäre denn denkbar, damit ganz klar ein Tötungsdilemma vorläge? Sicherlich in diesem Fall C:
Die Mutter stößt beide Jungen die Klippe hinunter, hält sie dann aber noch einmal über dem Abgrund fest: Nun befindet sie sich ohne Frage in einem Tötungsdilemma, denn hier liegt eine aktive Tötung (= Hinunterstoßen) vor! Egal, ob sie nun beide Jungen endgültig hinunterfallen lässt oder den einen noch hochzieht – am Ende wird sie entweder 1 oder 2 Jungen getötet haben. Die Aussage „Die Mutter hat 1 bzw 2 Jungen getötet“ trifft in jedem Fall zu!
Schauen wir uns noch einmal die noch ungeklärte Dilemma-Variante an: Um herauszufinden, ob es sich um ein Rettungsdilemma oder um ein Tötungsdilemma handelt, müssen wir zunächt klären, ob hier aktives oder passives Töten der Bezugspunkt ist (zur Erinnerung: die Mutter sieht die Jungen hinunterkippen, greift nach beiden Jungen und lässt erst dann den 1 fallen).
Betrachten wir dazu einmal die Handlung „Mutter hält hinunterstürzenden Jungen überm Abgrund an der Hand und lässt dann los“ isoliert: Aktives oder passives Töten? Stellen wir uns vor, es ist nur 1 Junge im Spiel. Die Mutter sieht, wie der Junge hinunterfällt, könnte ihn noch retten, tut es aber nicht. Ganz klar: Es handelte sich um passives Töten. Nun eine kleine Zwischenhandlung: Als der Junge bereits überm Abgrund ist und hinunterzusegeln droht, greift die Mutter zu, dann lässt sie aber ohne Grund los: Aktives oder passives Töten? Immer noch passives Töten. Halten wir noch mal das aktive Töten dagegen: Die Mutter stößt den Jungen hinunter (= aktives Töten), ergreift ihn noch mal und lässt dann doch los: Hier bliebe es beim aktiven Töten, die Zwischenhandlung würde nichts ändern. Um die Abgrenzung passives-aktives Töten noch einmal klarer zu haben, halte man sich meine Erläuterungen ganz oben zu Punk 1 und 2 vor Augen: Beim aktiven Töten führt der Täter die Todesbedrohung - eben aktiv – herbei (Mutter stürzt Jungen hinunter), beim passiven Töten ist die Todesbedrohung bereits da (der Junge hängt bereits überm Abgrund), die Mutter wendet sie aber nicht ab, und zwar auch dann nicht, wenn sie bereits zugegriffen und dann wieder losgelassen hat.
Durch diese Überlegungen sind wir dazu gelangt, dass in der Klippendilemma-Variante B also, wenn, dann passives Töten gegeben sein müsste. Es handelt sich also um eine Variante des Rettungsdilemmas A, nicht um das Tötungsdilemma. Frage: Liegt denn tatsächlich passives Töten vor, wenn die Mutter beide Jungen an den Händen hält (da sie zuvor runtergekippt sind), dann einen Jungen loslässt, da sie nur die Kraft hat, 1 Jungen hochzuziehen? Antwort: NEIN! Denn nun gilt der Zusatz 2.1, genau wie bei der ersten Rettungsdilemma-Variante A: Es lag seitens der Mutter eine natürliche Unmöglichkeit vor, den Tod von dem Jungen abzuwenden! (Sie hatte nur die Kraft, 1 zu retten.)
Folglich trifft die Aussage „Die Mutter hat den 1 Jungen, den sie losgelassen hat, getötet“ nicht zu!
Es ist damit, ausgehend von meinen Definitionen und Vorüberlegungen, hergleitet, warum es sich bei der diskutieren Klippendilemma-Variante 1. um eine Variante des Rettungsdilemmas und nicht um ein Tötungsdilemma handelt und 2. hier keine Tötungshandlung vorliegt.
Das gleiche könnte man nun auch noch mal für das Rettungsschwimmer-Dilemma (2 Person am Seegrund) ausführen, das erspare ich mir aber. Nur so viel:
Warum es so lächerlich klingt, wenn man sagt, ein Rettungsschwimmer habe einen Ertrunkenen allein dadurch „getötet“, dass er ihn vorher berührte (zur Erinnerungen: er zieht die 1 Person hoch, die andere bleibt unten, vorher hat er sie aber auch ein Stück hochgezogen), liegt eben daran, dass hier aktives und passives Töten als Bezugspunkt verwechselt wird: Ein Rettungsschwimmer, der nach unten taucht, die Person ein Stück nach oben zieht, aber dann ohne Grund doch loslässt und wieder nach oben schwimmt, würde allenfalls passiv töten.
Dass er das in dem Rettungsschwimmer-Dilemma nicht tut, wenn er 1 Person rettet, auch wenn er die andere Person vorher noch ein Stück nach oben zog, liegt eben an dem Zusatz 2.1: Seitens des Schwimmers lag eine natürliche Unmöglichkeit vor, die Person zu retten. Folglich trifft die Aussage „Der Schwimmer hat die 1 Person getötet“ nicht zu!
Zuletzt bearbeitet von Heiner am 04.06.2008, 14:40, insgesamt 4-mal bearbeitet |
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Heiner Grundrechte-Fan
Anmeldungsdatum: 29.05.2006 Beiträge: 1217
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(#1014140) Verfasst am: 04.06.2008, 12:03 Titel: |
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Babyface Altmeister
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 11519
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(#1014692) Verfasst am: 04.06.2008, 20:53 Titel: |
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Heiner hat folgendes geschrieben: | Teil 1, Definitionen „Töten“
I. Prinzipielle Möglichkeiten des Tötens
1. Aktive Tötung/Töten durch Handeln: Der Täter fügt den auf das Opfer einwirkenden Umständen aktiv Ursachen hinzu, die kausal den Tod des Opfers herbeiführen.
2. Passive Tötung/Töten durch Unterlassen: Der Täter unterlässt es, den auf das Opfer einwirkenden Umständen Ursachen hinzuzufügen, die den Tod des Opfers verhindern könnten, obwohl er Möglichkeiten dazu hätte. Achtung: Es gelten hier Zusätze, s.u.!
Zu 1. Im Fall 1 gilt, dass der Täter durch sein Handeln den Umstand der Todesbedrohung aktiv herbeiführt.
Zu 2. In Fall 2 gilt, dass der Täter es unterlässt, den Umstand einer vorgefundenen Todesbedrohung aktiv abzuwenden. |
Ja, soweit hört sich das nach operationalisierbaren Definitionen an.
Zitat: | II. Zusätze zu 2. (und zwar nur zu 2, nicht zu 1!!): Einschränkungen der Möglichkeiten. Sie betreffen die passive Tötung/das Töten durch Unterlassen: |
Zusätze/Einschränkung, d.h. Ausnahmen sind eigentlich per definition bereits Inkonsistenzen, zumindest zu den Regeln/Definitionen, auf welche sie sich beziehen. Das ist solange unproblematisch, wie die Ausnahmen von allen, die an diesen Regeln moralisch gemessen werden sollen, den Ausnahmen zustimmen und aufgrund der Zusätze zu den gleichen moralischen Schlussfolgerungen gelangen. Genau dies scheint mir für zuminest einen Deiner Zusätze sehr zweifelhaft (s.u.).
Zitat: | 2.1 Die Aussage, X habe Y getötet, ist dann unzutreffend, wenn es zwar einerseits grundsätzlich Möglichkeiten gäbe, den Tod von Y abzuwenden, aber andererseits diese Möglichkeiten nicht im Vermögen von X stehen.
Zu 2.1: Die Einschränkung des Vermögens von X betrifft hier natürliche Notwendigkeiten. Es liegt hier eine natürliche Unmöglichkeit seitens X vor, den Tod von Y abwenden zu können.
Die hieraus abgeleitete Anwendung bzw. Nichtanwendung des Begriffs „Töten“ stimmt mit der gebräuchlichen Verwendung des Begriffs überein, entspricht dem common sense. |
Solange natürlich-physikalische Unmöglichkeiten gemeint sind, erscheint mir der Zusatz unproblematisch.
Zitat: | 2.2 Die Aussage, X habe Y getötet, ist auch dann unzutreffend, wenn als letztes Mittel, um den Tod von Y abzuwenden, bliebe, eine Tötung Dritter (im Sinne der Definitionen) vorzunehmen. Wenn X auf dieses Mittel verzichtet, ist die Aussage, X habe Y getötet, immer noch unzutreffend.
2.2. Die Einschränkung des Vermögens betrifft hier moralische Notwendigkeiten, nämlich X‘ Befolgung des Tötungsverbots. Es liegt hier eine moralische Unmöglichkeit seitens X vor, den Tod von Y abwenden zu können.
Die hieraus abgeleitete Anwendung bzw. Nichtanwendung des Begriffs „Töten“ stimmt mit der gebräuchlichen Verwendung des Begriffs überein, entspricht dem common sense. |
Bei diesem Zusatz, der eine Dilemmasituation beschreibt und Tötung in abhängigkeit von moralischen Unmöglichkeiten definiert, sehe ich allerdings mehrere Probleme, von denen ich jedes einzelne für so schwerwiegend halte, diesen Zusatz abzulehnen:
1. die Kriterien des Zusatz sind nicht objektivierbar und damit nicht rational entscheidbar.
2. der Zusatz führt zu einer Tautologie und ist damit logisch nicht entscheidbar
3. der Zusatz liefert für moralische Bewertungen bestimmter Dilemmasituationen nur zirkelschlüssige Begründungen
4. der Zusatz ist logisch widersprüchlich
5. der Zusatz fürhrt zu absurden Konsequenzen
ad 1) fehlende Objektivierbarkeit
Da der Zusatz 2.2 das Kriterium moralische Unmöglichkeit zu Töten enthält, ist die Beurteilung, ob eine passive Tötung vorliegt oder nicht, nicht mehr allein von objektiven Merkmalen der Situation abhängig, sondern noch von einem moralischen Werturteil. Ob eine solche moralische Unmöglichkeit zu Töten in bestimmten Dilemmasituationen gelten soll, ist aber genau der strittige Punkt. Damit ist zwar der Zusatz an sich evtl. Common-Sense, aber nicht die Schlussfolgerungen, die daraus abgeleitet werden ob eine passive Tötung vorliegt oder nicht. Diese Schlussfolgerung ist für jeden anders, je nachdem ob man in einer bestimmten Dilemmasituation von einer moralischen Unmöglichkeit zu töten ausgeht oder eben nicht.
ad 2) Tautologie
Zitat: | Die Aussage, X habe Y getötet, ist auch dann unzutreffend, wenn als letztes Mittel, um den Tod von Y abzuwenden, bliebe, eine Tötung Dritter (im Sinne der Definitionen) vorzunehmen. |
Solange man bei Tötung Dritter die aktive Tötung setzt, sehe ich keine Probleme. Dann gilt folgende Definition für passives Töten:
Passive Tötung: Der Täter unterlässt es, den auf das Opfer einwirkenden Umständen Ursachen hinzuzufügen, die den Tod des Opfers verhindern könnten, außer die Unterlassung bedeutet eine aktive Tötung Dritter.
Sobald man jedoch die passive Tötung setzt, wird das Problem offensichtlich:
Passive Tötung: Der Täter unterlässt es, den auf das Opfer einwirkenden Umständen Ursachen hinzuzufügen, die den Tod des Opfers verhindern könnten, außer wenn die Unterlassung die passive Tötung eines Dritten bedeutet.
Hier enthielte dann die Definition bereits das zu Definierende und damit ein nicht operationalisierbares Kriterium. Das ist nichts anderes als eine Tautologie. Die Frage, ob eine passive Tötung und damit ein Verstoß gegen ein Tötungsverbot vorliegt, ist dann nicht mehr entscheidbar. Das betrifft im Prinzip alle Dilemmasituationen bei der zwei Unterlassungshandlungen "konkurrieren" (z.b. Gaskammerszenario, Rettungsschwimmer, Klippe), also alle Dilemmasituationen, die Du als Rettungsdilemma bezeichnest. Dort greift nämlich keineswegs Zusatz 2.1, wie Du im weiteren immer wieder non sequitur schlussfolgerst, sondern Zusatz 2.2 *.
ad 3) Zirkelschluss
Wenn das Tötungsverbot immer gilt, dann sind sowohl aktive, als auch passive Tötungen unmoralisch. Die Definition von aktiver bzw. passiver Tötung sollte dann eigentlich die Frage klären helfen, mit welcher Handlung man sich in verschiedenen Dilemmasituationen moralisch richtig bzw. wann man sich moralisch falsch verhält. Diese Klärung wird in Situationen, in denen Dein Zusatz 2.2 gilt, allerdings ad aburdum geführt. Das liegt daran, dass Du wie bereits oben gesagt, das Vorliegen einer passiven Tötung bereits an die Gültigkeit bestimmter moralische Werturteile bindest:
Zitat: | 2.2. Die Einschränkung des Vermögens betrifft hier moralische Notwendigkeiten, nämlich X‘ Befolgung des Tötungsverbots. Es liegt hier eine moralische Unmöglichkeit seitens X vor, den Tod von Y abwenden zu können. |
Mal ehrlich, damit hast Du doch nichts anderes geschrievben als folgendes:
"Passives Töten ist immer moralisch schlecht, aber in Situationen, wo ich die passive Tötung nicht moralisch verwerflich empfinde, liegt keine passive Tötung vor und damit auch kein Verstoß gegen das Tötungsverbot."
Natürlich hast Du die Zusätze genau so zu formulieren versucht, dass genau das rauskommt, was Dein moralischen Empfinden vorhersagt. Mir ist nur völlig schleierhaft, wie Du davon ausgehen kannst, mit so einer Argumentation einen substantiellen Beitrag zur Lösung von strittigen Dilemmafragen geleistet zu haben.
ad 4) logische Widersprüchlichkeit
Zitat: | 2.2 Die Aussage, X habe Y getötet, ist auch dann unzutreffend, wenn als letztes Mittel, um den Tod von Y abzuwenden, bliebe, eine Tötung Dritter (im Sinne der Definitionen) vorzunehmen. Wenn X auf dieses Mittel verzichtet, ist die Aussage, X habe Y getötet, immer noch unzutreffend. |
Wieder betrachtet den Fall, dass es sich bei der Tötung Dritter um passives Töten von, sagen wir mal Z handelt:
Angenommen den Fall , die Unterlassung, Z zu retten, sei tatsächlich passives Töten von Z. Dann würde dies aufgrund des Tötungsverbots bedeuten, dass es unmoralisch ist Z zu töten. Damit bestünde also in der Dilemmasituation "Y vs Z" eine moralische Unmöglichkeit, Z sterben zu lassen:
Conclusio 1: es besteht eine moralische Unmöglichkeit, Z sterben zu lassen
Daraus folgt ja nach Deiner Logik, dass X Person Y durch Unterlassung nicht passiv getötet haben kann. Wenn Y aber durch Unterlassung gar nicht passiv getötet werden kann, also auch nicht gegen das Tötungsverbot verstoßen werden kann, folgt, dass auch keine moralische Unmöglichkeit bestanden haben kann, den Y sterben zu lassen:
Conclusio 2: es besteht keine moralische Unmöglichkeit, Y sterben zu lassen.
Conclusio 1 und 2 implizieren also unsymetrsiche Bewertungen des Sterbenlassens von Z und Y, und das, obwohl das Dilemma eigentlich völlig symetrisch ist. Und das ist logisch widersprüchlich. Zur selben Widersprüchlichkeit gelangt man übrigens auch, wenn man vom Fall ausgeht, dass das Sterbenlassen von Z keine passive Tötung sei.
ad 5) Absurde Konsequenzen?
Dahinter möchte ich mal ein Fragezeichen setzen. Du gehst ja davon aus, dass es Fälle gibt, bei der keine passive Tötung von X vorliegt, aufgrund einer moralische Unmöglichkeit Dritte zu töten, um den Tod von X abzuwenden. Als Beispiel hast Du eine aktive Tötung Dritter angeführt:
Zitat: | Beispiel: Ein Ehemann droht an Herzversagen zu sterben. Die Frau verzichtet darauf, jemand anderen zu töten und dessen Herz ihrem Mann einpflanzen zu lassen. Der Mann stirbt. Die Aussage „Die Ehefrau hat ihren Mann getötet“ ist unzutreffend. |
Die Frau hat also deshalb nicht passiv getötet, weil es sie eine moralische Unmöglichkeit gehindert hat, einen anderen zu töten und dessen Herz zu nehmen.
Nun ist ja vorstellbar, dass es Menschen gibt, die es nicht moralisch verwerflich finden, jemanden das Herz zu entnehmen, weil sie entweder andere Moralvorstellungen oder gar keine haben. Bei diesen Menschen kann man ja dann schwer argumentieren, dass sie analog einer natürlichen Unmöglichkeit eine moralische Unmöglichkeit hindere, das Herz zu nehmen. Das würde aber bedeuten, dass solche Menschen, wenn sie verzichten, dass Herz zu nehmen, passiv töten würden und sich nach dem Tötungsverbot unmoralisch verhielten, während andere Menschen sich keiner passiven Tötung schuldig gemacht hätten. Das finde ich, ist aber eine absurde Konsequenz.
Apropos absurde Konsequenzen: Kommt eigentlich noch eine Herleitung zum Zugdilemma aus Sicht eines Außenstehenden?
*
Heiner hat folgendes geschrieben: | Betrachten wir vor diesem Hintergrund noch einmal das Klippendilemma. Es lautet in der Variante A
so - hier handelt es sich um ein Rettungsdilemma -: 2 Jungen drohen einen Abgrund hinunterzufallen. Die Mutter ergreift einen Jungen mit beiden Händen und rettet ihn, der andere Junge fällt hinunter.
Hat die Mutter nun den anderen Jungen getötet? Wenn ja, würde es sich um passive Tötung handeln, da es um Unterlassung geht. Es gilt aber hier der Zusatz 2.1: Die Mutter war durch eine natürliche Unmöglichkeit davon abgehalten, den Tod des Jungen zu verhindern. |
Nein, war sie nicht. Diese Schlussfolgerung ist falsch. Zusatz 2.1 würde hier nicht gelten. Es bestand in der Dilemmasituation keine natürliche Unmöglichkeit, das andere Kind zu retten. Es wäre der Mutter zum Zeitpunkt der Handlungsentscheidung rein physikalisch ebenso möglich gewesen, nach dem anderen Kind zu greifen und dieses zu retten. Das einzige, was ihr im Moment der Entscheidung rein physikalisch/natürlich unmöglich war, wäre beide Kinder zu retten gewesen. Aber nur, weil sie nicht beide retten konnte, bedeutet das nicht, dass es ihr nicht möglich war, den zu retten, gegen den sie sich entschieden hat. Es kommt für Dich also allenfalls Dein Zusatz 2.2 in Betracht, also eine moralische Barriere.
_________________ posted by Babyface
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Heiner Grundrechte-Fan
Anmeldungsdatum: 29.05.2006 Beiträge: 1217
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(#1015383) Verfasst am: 05.06.2008, 16:21 Titel: |
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Babyface hat folgendes geschrieben: |
Zitat: | II. Zusätze zu 2. (und zwar nur zu 2, nicht zu 1!!): Einschränkungen der Möglichkeiten. Sie betreffen die passive Tötung/das Töten durch Unterlassen: |
Zusätze/Einschränkung, d.h. Ausnahmen sind eigentlich per definition bereits Inkonsistenzen, zumindest zu den Regeln/Definitionen, auf welche sie sich beziehen. Das ist solange unproblematisch, wie die Ausnahmen von allen, die an diesen Regeln moralisch gemessen werden sollen, den Ausnahmen zustimmen und aufgrund der Zusätze zu den gleichen moralischen Schlussfolgerungen gelangen. Genau dies scheint mir für zuminest einen Deiner Zusätze sehr zweifelhaft (s.u.). |
Zitat: | ad 1) fehlende Objektivierbarkeit
Da der Zusatz 2.2 das Kriterium moralische Unmöglichkeit zu Töten enthält, ist die Beurteilung, ob eine passive Tötung vorliegt oder nicht, nicht mehr allein von objektiven Merkmalen der Situation abhängig, sondern noch von einem moralischen Werturteil. |
Genauer: von einer moralischen Norm, hier die zentrale Norm des Tötungsverbots (ein „Werturteil“ ist noch etwas anderes). Was ich grundsätzlich problematisch finde, ist, dass du davon auszugehen scheinst, eine moralische „Beurteilung“ einer Handlung könne „objektiv“ sein. Dein Vorwurf, die aus meinen Definitionen abgeleiteten Beurteilungen seien nicht „objektiv“, zielt ins Leere. Darauf kann ich nur kontern: Eine objektive Moral gibt es nicht (keine Moral kommt ohne Setzungen aus, hier ist es vor allem die zentrale Setzung des Tötungsverbots).
Zitat: | Ob eine solche moralische Unmöglichkeit zu Töten in bestimmten Dilemmasituationen gelten soll, ist aber genau der strittige Punkt. Damit ist zwar der Zusatz an sich evtl. Common-Sense, aber nicht die Schlussfolgerungen, die daraus abgeleitet werden ob eine passive Tötung vorliegt oder nicht. Diese Schlussfolgerung ist für jeden anders, je nachdem ob man in einer bestimmten Dilemmasituation von einer moralischen Unmöglichkeit zu töten ausgeht oder eben nicht. |
Was ich hier witzig finde, ist, dass du mir oben vorwirfst, ich würde ja „Ausnahmen“ anführen und sei deshalb „inkonsistent“. Du selbst berufst dich hier aber auf „bestimmte Dilemmasituationen“, in denen Grundsätzliches , also die „moralische Unmöglichkeit“ zu töten, offenbar nicht mehr gelten soll, infrage steht. Hier sollen dann also Ausnahmen von der Regel gelten. Nur gebe ich deinen Vorwurf an mich dann zurück: Um es in deinen Worten zu sagen, das ist von dir halt „inkonsistent“. Für mich ist ein moralisches Dilemma eben keine „Ausnahmesituation“, sondern der „Normalfall“ der Moral. Moralen zeichnen sich typischerweise dadurch aus, dass ihre Normen Widersprüche erzeugen können, dass an den Handelnden widersprüchliche moralische Forderungen gerichtet werden, also Normenkonflikte entstehen (Dilemmata). Anhand konkreter moralischer Dilemmasituationen kann zugespitzt deutlich gemacht werden, wie solche Normenkonflikte rational gelöst werden können, was dann aber auch generalisierbar ist.
Zitat: | ad 2) Tautologie
Zitat: | Die Aussage, X habe Y getötet, ist auch dann unzutreffend, wenn als letztes Mittel, um den Tod von Y abzuwenden, bliebe, eine Tötung Dritter (im Sinne der Definitionen) vorzunehmen. |
Solange man bei Tötung Dritter die aktive Tötung setzt, sehe ich keine Probleme. Dann gilt folgende Definition für passives Töten:
Passive Tötung: Der Täter unterlässt es, den auf das Opfer einwirkenden Umständen Ursachen hinzuzufügen, die den Tod des Opfers verhindern könnten, außer die Unterlassung bedeutet eine aktive Tötung Dritter.
Sobald man jedoch die passive Tötung setzt, wird das Problem offensichtlich:
Passive Tötung: Der Täter unterlässt es, den auf das Opfer einwirkenden Umständen Ursachen hinzuzufügen, die den Tod des Opfers verhindern könnten, außer wenn die Unterlassung die passive Tötung eines Dritten bedeutet. |
Diesen Einwand lasse ich sogar gelten: Die Anmerkung „im Sinne der Definitionen“ ist schlicht irreführend, wäre also zu streichen. Die Rede ist hier tatsächlich nur von der aktiven Tötung. Die passive Tötung kann gar nicht gemeint sein, da aus meiner Position folgt, dass der Tod eines Menschen durch eine passive Tötung Dritter nicht abgewandt werden kann (oder wie sollte das gehen...? Übrigens taugt hier auch nicht das Mutter-Kind-Beispiel, wo die Mutter dem anderen Kind die Nahrung wegnimmt und verhungern lässt, um ihr eigenes zu retten, da dies eine aktivische Tötung darstellt---). Dies folgt nämlich aus 2.1 in Verbindung mit den moralischen Hauptprämissen (Tötungsverbot/Gleichheitsgrundsatz). Somit stimmt auch deine Behauptung nicht, dass für das Rettungsdilemma 2.2 gelte. Für das Rettungsdilemma gilt nach wie vor 2.1 (dazu noch einmal unten). Der Zusatz müsste also so formuliert werden:
Zitat: | 2.2 Die Aussage, X habe Y getötet, ist auch dann unzutreffend, wenn als letztes Mittel, um den Tod von Y abzuwenden, bliebe, eine aktive Tötung Dritter (im Sinne der Definition) vorzunehmen. Wenn X auf dieses Mittel verzichtet, ist die Aussage, X habe Y getötet, immer noch unzutreffend. [Anmerkung: Die Abwendung einer Todesbedrohung durch eine passive Tötung Dritter ist auszuschließen, und zwar aus der Anwendung von 2.1 in Verbindung mit den moralischen Hauptprämissen.] |
Zitat: | ad 3) Zirkelschluss
Wenn das Tötungsverbot immer gilt, dann sind sowohl aktive, als auch passive Tötungen unmoralisch. Die Definition von aktiver bzw. passiver Tötung sollte dann eigentlich die Frage klären helfen, mit welcher Handlung man sich in verschiedenen Dilemmasituationen moralisch richtig bzw. wann man sich moralisch falsch verhält. Diese Klärung wird in Situationen, in denen Dein Zusatz 2.2 gilt, allerdings ad aburdum geführt. Das liegt daran, dass Du wie bereits oben gesagt, das Vorliegen einer passiven Tötung bereits an die Gültigkeit bestimmter moralische Werturteile bindest:
Zitat: | 2.2. Die Einschränkung des Vermögens betrifft hier moralische Notwendigkeiten, nämlich X‘ Befolgung des Tötungsverbots. Es liegt hier eine moralische Unmöglichkeit seitens X vor, den Tod von Y abwenden zu können. |
Mal ehrlich, damit hast Du doch nichts anderes geschrievben als folgendes:
"Passives Töten ist immer moralisch schlecht, aber in Situationen, wo ich die passive Tötung nicht moralisch verwerflich empfinde, liegt keine passive Tötung vor und damit auch kein Verstoß gegen das Tötungsverbot." |
Quatsch. Dazu habe ich oben bereits etwas geschrieben. Übrigens noch mal: hier geht es primär nicht um „Werturteile“, sondern um Normen, die Werturteile resultieren erst aus den Normen. Dass meine Beurteilung (also mein „Wertureil“) auf einer NORM basiert (nämlich das Tötungsverbot), ist RICHTIG. Nur frag ich mich halt: Was willst du mir jetzt damit sagen? Worauf sollte ich denn moralische „Beurteilungen“ sonst stützen...? Auf...?
Zitat: |
ad 4) logische Widersprüchlichkeit
Zitat: | 2.2 Die Aussage, X habe Y getötet, ist auch dann unzutreffend, wenn als letztes Mittel, um den Tod von Y abzuwenden, bliebe, eine Tötung Dritter (im Sinne der Definitionen) vorzunehmen. Wenn X auf dieses Mittel verzichtet, ist die Aussage, X habe Y getötet, immer noch unzutreffend. |
Wieder betrachtet den Fall, dass es sich bei der Tötung Dritter um passives Töten von, sagen wir mal Z handelt:
Angenommen den Fall , die Unterlassung, Z zu retten, sei tatsächlich passives Töten von Z. Dann würde dies aufgrund des Tötungsverbots bedeuten, dass es unmoralisch ist Z zu töten. Damit bestünde also in der Dilemmasituation "Y vs Z" eine moralische Unmöglichkeit, Z sterben zu lassen: |
Hier hast du dich leider vollständig in die Irre leiten lassen. Den Irrtum habe ich oben aufgeklärt, indem ich 2.2 jetzt präziser formuliert habe. Deine Ausführungn an dieser Stelle sind also gegenstandslos.
Zum Rest schreibe ich noch etwas.
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Zuletzt bearbeitet von Heiner am 05.06.2008, 16:57, insgesamt einmal bearbeitet |
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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deirfloo Globulisierungsgegner
Anmeldungsdatum: 26.06.2006 Beiträge: 1126
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(#1015448) Verfasst am: 05.06.2008, 19:00 Titel: |
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ateyim hat folgendes geschrieben: | diese Szene erinnert mich stark an einen tschechischen Kurzfilm, den mir letztes Jahr ein amerikanischer Kumpel hier gezeigt hat. (Leider wusste ich nicht, dass es eine doch stark religiöses Treffen war, zudem auch andere geladen waren, um besinnlich den Karfreitag zu begehen. .
Dabei war die gleiche Szene, bloss, dass der Waerter, der für die Gleise zustaendig ist, an jenem Tag sein Kind mit zur Arbeit nehmen musste und sich eine Situation ergibt, in der es um den Tod der Zuggaeste oder den Tod seines Sohnes ging, der beim Umstellen der Weichen unumgaenglich waere, weil sein Kind gerade an einer ungunstigen Stelle spielte.
Das Gespraech wurde anschliessend auf Gott gelenkt und dass er seinen Sohn opferte, um uns Menschen zu retten.... (ich wundere mich, dass ich mir das angetan habe, aber da war eine Frau nicht ganz unbeteiligt daran, dass ich hingegangen bin )
Ich habe die Runde etwas verstört, indem ich sagte, dass ich auf alle Faelle mein Kind gerettet haette. Man mag es für egoistisch halten, aber es ist so... haette ich die Wahl und könnte in der Situation eine Willensentscheidung treffen, dann würde ich mein Kind retten. |
ich würde auch mein kind retten und ich denke, daß die meisten so handeln würden.
_________________ Skeptical scrutiny is the means, in both science and religion, by which deep thoughts can be winnowed from deep nonsense.
Carl Sagan
was ich grade höre: http://www.cantosonor.eu
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Babyface Altmeister
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 11519
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(#1015509) Verfasst am: 05.06.2008, 20:28 Titel: |
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Heiner hat folgendes geschrieben: | Babyface hat folgendes geschrieben: |
Zitat: | II. Zusätze zu 2. (und zwar nur zu 2, nicht zu 1!!): Einschränkungen der Möglichkeiten. Sie betreffen die passive Tötung/das Töten durch Unterlassen: |
Zusätze/Einschränkung, d.h. Ausnahmen sind eigentlich per definition bereits Inkonsistenzen, zumindest zu den Regeln/Definitionen, auf welche sie sich beziehen. Das ist solange unproblematisch, wie die Ausnahmen von allen, die an diesen Regeln moralisch gemessen werden sollen, den Ausnahmen zustimmen und aufgrund der Zusätze zu den gleichen moralischen Schlussfolgerungen gelangen. Genau dies scheint mir für zuminest einen Deiner Zusätze sehr zweifelhaft (s.u.). |
Zitat: | ad 1) fehlende Objektivierbarkeit
Da der Zusatz 2.2 das Kriterium moralische Unmöglichkeit zu Töten enthält, ist die Beurteilung, ob eine passive Tötung vorliegt oder nicht, nicht mehr allein von objektiven Merkmalen der Situation abhängig, sondern noch von einem moralischen Werturteil. |
Genauer: von einer moralischen Norm, hier die zentrale Norm des Tötungsverbots (ein „Werturteil“ ist noch etwas anderes). Was ich grundsätzlich problematisch finde, ist, dass du davon auszugehen scheinst, eine moralische „Beurteilung“ einer Handlung könne „objektiv“ sein. Dein Vorwurf, die aus meinen Definitionen abgeleiteten Beurteilungen seien nicht „objektiv“, zielt ins Leere. Darauf kann ich nur kontern: Eine objektive Moral gibt es nicht (keine Moral kommt ohne Setzungen aus, hier ist es vor allem die zentrale Setzung des Tötungsverbots). |
Blödsinn, ich sage nicht, dass eine moralische Beurteilung objektiv sein kann. Ich habe genau das Gegenteil gesagt: Meine Kritik bezieht sich klar darauf, dass Deine Definition von passiver Tötung durch Deinen Zusatz 2.2 nicht mehr objektiv ist, eben weil sie damit ein moralisches Bewertungskriterium enthält. Und objektiv ist die Definition dann genau deshalb nicht mehr, weil moralische Bewertungen eben stets nur subjektiv sein können.
Zitat: | Zitat: | Ob eine solche moralische Unmöglichkeit zu Töten in bestimmten Dilemmasituationen gelten soll, ist aber genau der strittige Punkt. Damit ist zwar der Zusatz an sich evtl. Common-Sense, aber nicht die Schlussfolgerungen, die daraus abgeleitet werden ob eine passive Tötung vorliegt oder nicht. Diese Schlussfolgerung ist für jeden anders, je nachdem ob man in einer bestimmten Dilemmasituation von einer moralischen Unmöglichkeit zu töten ausgeht oder eben nicht. |
Was ich hier witzig finde, ist, dass du mir oben vorwirfst, ich würde ja „Ausnahmen“ anführen und sei deshalb „inkonsistent“. Du selbst berufst dich hier aber auf „bestimmte Dilemmasituationen“, in denen Grundsätzliches , also die „moralische Unmöglichkeit“ zu töten, offenbar nicht mehr gelten soll, infrage steht. Hier sollen dann also Ausnahmen von der Regel gelten. |
Du hast nicht verstanden. Ich werfe Dir überhaupt nicht vor, inkonsistent zu sein, sondern stelle lediglich fest, dass Du es bei Deinen moralischen Bewertungen in Dilemmasituationen bist. Inkonsistenzen sind aber überhaupt nicht das Problem, solange man sie begründen kann. Dass Du bei Deinen bisherigen Begründungsversuchen, die sich jetzt schon über viele Seiten erstrecken nicht über mehr oder weniger komplexe Zirkelschlüsse hinausgekommen bist, das ist das einzige, was man Dir vorwerfen könnte. Ich werfe Dir das ja gar nicht vor, sondern weise Dich darauf hin, bislang leider vergeblich. Und vorwerfen tue ich es Dir deshalb nicht, weil ich in meinen moralischen Bewertungen ebenso inkonsistent bin wie Du (das hast Du im übrigen vollkommen zutreffend beschrieben) und selbst noch keine Begründung dafür geben konnte.
Zitat: | Für mich ist ein moralisches Dilemma eben keine „Ausnahmesituation“, sondern der „Normalfall“ der Moral. |
Nein, Du bist in moralischen Dilemmasituationen in Deinen moralischen Bewertungen genauso inkonsistent wie ich. Meine moralischen Bewertungen sind inkonsistent, weil ich eine passive Tötung sehe und sie in der Dilemmasituation moralisch anders bewerte als ich das normalerweise tue. Du bist aber genauso inkonsistent, Du führst diese Inkonsistenz in Deiner moralischen Bewertung nur anders ein, nämlich indem Du sie über einen Umweg in Deine Definition von passiver Tötung einbaust:
Heiner hat folgendes geschrieben: | Passive Tötung: Der Täter unterlässt es, den auf das Opfer einwirkenden Umständen Ursachen hinzuzufügen, die den Tod des Opfers verhindern könnten, außer die Unterlassung bedeutet eine aktive Tötung Dritter. |
Damit sagst Du nichts anderes, als dass eine Handlung, die Du unter normalen Umständen als passive Tötung bezeichnen würdest (und deshalb eigentlich unmoralisch sei), in besonderen Ausnahmefällen keine passive Tötung (und damit nicht mehr unmoralisch sei). Und dieser Ausnahmefall ist von Dir unschwer erkennbar durch eine Dilemmasituation mit aktiver Tötung vs. passiver Tötung definiert.
Deshalb trifft auch meine folgende Bemerkung so schön ins Schwarze:
Babyface hat folgendes geschrieben: | Mal ehrlich, damit hast Du doch nichts anderes geschrieben als folgendes:
"Passives Töten ist immer moralisch schlecht, aber in Situationen, wo ich die passive Tötung nicht moralisch verwerflich empfinde [bestimmtes handeln in bestimmter Dilemmasituation], liegt keine passive Tötung vor und damit auch kein Verstoß gegen das Tötungsverbot." |
Zur Verdeutlichung können wir auch noch mal Dein Beispiel mit dem Herzpatienten heranziehen: Hier hast Du völlig Recht, dass die meisten Menschen ablehnen würden zu sagen, dass die Frau ihren Herzkranken Mann passiv tötet. Ich will auch mal versuchen zu erklären, warum das die meisten Menschen ablehnen. Die versuchen sich in die Situation der Frau hineinzuversetzen und können schlicht keine moralische Schuld empfinden. Und weil sie aufgrund ihres moralischen Empfindens auch nicht von einer moralische Schuld ausgehen, kann es für sie auch keine passive Tötung gewesen sein, denn die Bezeichnung passive Tötung impliziert nach ihrem Empfinden immer eine moralische Schuld. Jetzt zu argumentieren, dass keine moralische Schuld vorläge, weil es keine passive Tötung sei, wäre jedoch keine Begründung, sondern klar ersichtlich ein Zirkelschluss.
Genauso argumentierst aber Du: Auch Du stellst Dir die Dilemmasituationen vor, gehst von Deinem moralischen Empfinden aus und bastelst Dir eine Definition von passiver Tötung zu Recht, bei der oh Wunder genau das herauskommt, was Deinem moralischen Empfinden entspricht: dass in der speziellen Situation keine passive Tötung vorliegt und die Unterlassung deshalb auch nicht verwerflich sein kann. Das ist jedoch keine rationale Begründung, warum die Unterlassung nicht moralisch verwerflich ist. Wie eine rationale Begründung für moralische Werturteile stattdessen aussehen könnten, dazu mehr weiter unten..
Zitat: | Zitat: | ad 2) Tautologie
Zitat: | Die Aussage, X habe Y getötet, ist auch dann unzutreffend, wenn als letztes Mittel, um den Tod von Y abzuwenden, bliebe, eine Tötung Dritter (im Sinne der Definitionen) vorzunehmen. |
Solange man bei Tötung Dritter die aktive Tötung setzt, sehe ich keine Probleme. Dann gilt folgende Definition für passives Töten:
Passive Tötung: Der Täter unterlässt es, den auf das Opfer einwirkenden Umständen Ursachen hinzuzufügen, die den Tod des Opfers verhindern könnten, außer die Unterlassung bedeutet eine aktive Tötung Dritter.
Sobald man jedoch die passive Tötung setzt, wird das Problem offensichtlich:
Passive Tötung: Der Täter unterlässt es, den auf das Opfer einwirkenden Umständen Ursachen hinzuzufügen, die den Tod des Opfers verhindern könnten, außer wenn die Unterlassung die passive Tötung eines Dritten bedeutet. |
Diesen Einwand lasse ich sogar gelten: Die Anmerkung „im Sinne der Definitionen“ ist schlicht irreführend, wäre also zu streichen. Die Rede ist hier tatsächlich nur von der aktiven Tötung. Die passive Tötung kann gar nicht gemeint sein, da aus meiner Position folgt, dass der Tod eines Menschen durch eine passive Tötung Dritter nicht abgewandt werden kann (oder wie sollte das gehen...? |
Ähm, wie das gehen soll? Na so wie im Gaskammer, Klippen und Autosrettendilemma auch. Du kannst den einen nur retten, wenn Du die Hilfeleistung am anderen unterlässt.
Zitat: | Übrigens taugt hier auch nicht das Mutter-Kind-Beispiel, wo die Mutter dem anderen Kind die Nahrung wegnimmt und verhungern lässt, um ihr eigenes zu retten, da dies eine aktivische Tötung darstellt---). Dies folgt nämlich aus 2.1 in Verbindung mit den moralischen Hauptprämissen (Tötungsverbot/Gleichheitsgrundsatz). Somit stimmt auch deine Behauptung nicht, dass für das Rettungsdilemma 2.2 gelte. Für das Rettungsdilemma gilt nach wie vor 2.1 (dazu noch einmal unten). Der Zusatz müsste also so formuliert werden:
Zitat: | 2.2 Die Aussage, X habe Y getötet, ist auch dann unzutreffend, wenn als letztes Mittel, um den Tod von Y abzuwenden, bliebe, eine aktive Tötung Dritter (im Sinne der Definition) vorzunehmen. Wenn X auf dieses Mittel verzichtet, ist die Aussage, X habe Y getötet, immer noch unzutreffend. [Anmerkung: Die Abwendung einer Todesbedrohung durch eine passive Tötung Dritter ist auszuschließen, und zwar aus der Anwendung von 2.1 in Verbindung mit den moralischen Hauptprämissen.] |
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Ich finde, Deine Argumentation wird hier irgendwie immer konfuser. Kann ich echt nicht mehr folgen..
Zitat: | Zitat: | "Passives Töten ist immer moralisch schlecht, aber in Situationen, wo ich die passive Tötung nicht moralisch verwerflich empfinde, liegt keine passive Tötung vor und damit auch kein Verstoß gegen das Tötungsverbot." |
Quatsch. Dazu habe ich oben bereits etwas geschrieben. Übrigens noch mal: hier geht es primär nicht um „Werturteile“, sondern um Normen, die Werturteile resultieren erst aus den Normen. Dass meine Beurteilung (also mein „Wertureil“) auf einer NORM basiert (nämlich das Tötungsverbot), ist RICHTIG. Nur frag ich mich halt: Was willst du mir jetzt damit sagen? Worauf sollte ich denn moralische „Beurteilungen“ sonst stützen...? Auf...? |
Tja auf was? Wie wäre es denn zur Abwechslung mal nicht mit Normen, sondern mit gemeinschaftlichen, konsensuellen Zielen und Bedürfnissen? Zum Beispiel das Ziel/Bedürfnis der meisten Menschen, in Frieden, Sicherheit und Freiheit leben zu können.
Normen sind nichts weiter als (über)generalisierte Regeln, von denen die Gemeinschaft sich erhofft, dass deren Einhaltung zu den erwünschten Zielzuständen führen. Das betrifft die Norm „man darf nicht töten“ ebenso wie z.b. die Norm „man darf Menschen nicht gefangen halten“. Solche Normen sind daran zu messen, wie gut sie ihren Zweck erfüllen. Und das ist durchaus eine empirisch und damit rational entscheidbare Frage.
Für viele Normen ist bekannt, dass es Situationen gibt, wo ihre strikte Einhaltung den Zielen eher schadet und dann hat man auch eine gute Begründung, warum diese Normen in solchen Situationen von bestimmten Personen verletzt werden dürfen. Z.b. darf der Staat Menschen in Gefängnisse sperren, wenn sie einen Menschen ermordet haben, aber nicht deshalb , weil analog Deiner Argumentation das Einsperren dann per definitionem keine Freiheitsberaubung mehr wäre (schlechte Begründung), sondern deshalb, weil die Gesellschaft insgesamt eher an Freiheit und Sicherheit verlieren würde, wenn man solche Menschen unbestraft davonkommen lässt. Ähnliches gilt für Notwehr, wo die Norm „Du darfst nicht töten“ unter bestimmten wohl definierten Bedingungen außer Kraft gesetzt werden kann. Auch hier lautet die Begründung dafür nicht, weil es dann per definition keine Tötung mehr ist, sondern weil es das Sicherheitsbedürfnis der meisten Menschen bedroht (=konsensuelles Ziel), wenn sie sich notfalls nicht mit entsprechenden Mitteln wehren dürften.
Um Dilemmafragen zu lösen, wäre es viel wichtiger, genau nach solchen Begründungen für oder gegen die Verletzung des Tötungebots zu suchen und dabei unsere konsensuelln Ziele zu explizieren. Ein Ansatz, der das Dilemma „löst“, indem er die passive/aktive Tötung in Einklang mit einem unreflektierten moralischen Empfinden einfach wegdefiniert und sich dabei im Prämissendschungel verliert, kann eine solche Begründung nicht leisten und verhindert damit letztlich nur eine echte Auseinandersetzung mit dem Dilemma.
_________________ posted by Babyface
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Heiner Grundrechte-Fan
Anmeldungsdatum: 29.05.2006 Beiträge: 1217
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(#1015515) Verfasst am: 05.06.2008, 20:33 Titel: |
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Heiner hat folgendes geschrieben: | Betrachten wir vor diesem Hintergrund noch einmal das Klippendilemma. Es lautet in der Variante A
so - hier handelt es sich um ein Rettungsdilemma -: 2 Jungen drohen einen Abgrund hinunterzufallen. Die Mutter ergreift einen Jungen mit beiden Händen und rettet ihn, der andere Junge fällt hinunter.
Hat die Mutter nun den anderen Jungen getötet? Wenn ja, würde es sich um passive Tötung handeln, da es um Unterlassung geht. Es gilt aber hier der Zusatz 2.1: Die Mutter war durch eine natürliche Unmöglichkeit davon abgehalten, den Tod des Jungen zu verhindern. |
Zitat: | Babyface
Nein, war sie nicht. Diese Schlussfolgerung ist falsch. Zusatz 2.1 würde hier nicht gelten. Es bestand in der Dilemmasituation keine natürliche Unmöglichkeit, das andere Kind zu retten. |
Doch.
Zitat: | Es wäre der Mutter zum Zeitpunkt der Handlungsentscheidung rein physikalisch ebenso möglich gewesen, nach dem anderen Kind zu greifen und dieses zu retten. Das einzige, was ihr im Moment der Entscheidung rein physikalisch/natürlich unmöglich war, wäre beide Kinder zu retten gewesen. Aber nur, weil sie nicht beide retten konnte, bedeutet das nicht, dass es ihr nicht möglich war, den zu retten, gegen den sie sich entschieden hat. Es kommt für Dich also allenfalls Dein Zusatz 2.2 in Betracht, also eine moralische Barriere. |
Nein, es gilt 2.1. Entscheidend ist hier die natürliche Beschränkung der Mutter. Hätte sie Kraft für 2, gäbe es das Dilemma ja gar nicht. Eine moralische Barriere ist hier nicht im Spiel, wohl aber ist natürlich auch hier eine moralische Notwendigkeit vorausgesetzt (schließlich handelt es sich ja um ein Moraldilemma). Es gilt also 2.1 in Verbindungen mit den moralischen Hauptprämissen (diese wären übrigens auch in dem längeren Beitrag ganz oben noch nachzutragen, nämlich das Gebot, nicht zu töten, bzw. die Pflicht, nach Kräften den Tod anderer abzuwenden usw.; fehlt hier). Der Punkt ist, dass die natürlichen Kräfte/Möglichkeiten der Mutter durch die moralische Notwendigkeit gebunden sind, einen der Jungen zu retten. Für eine ausführliche Begründung der Situationsbewertung wäre hier noch das zu ergänzen, was ich weiter oben (S. 13) bereits im Zusammenhang mit der „Pflichtenkollision“ dargestellt hatte. Hier in Kurzfassung:
Mutter rettet blonden Jungen – (folgt der Pflicht „Rette den blonden Jungen“) = moralische Notwendigkeit (bindet alle natürlichen Möglichkeiten der Mutter)
Mutter unterlässt es, dunklen Jungen zu retten – kann der gleichrangigen Pflicht „Rette den dunklen Jungen“ aufgrund natürlicher Unmöglichkeit (s.o.) nicht folgen
Fazit: Es gilt 2.1: Die Aussage „Die Mutter hat den dunklen Jungen getötet“ gilt nicht.
Im umgekehrten Fall:
Mutter rettet dunklen Jungen – (folgt der Pflicht „Rette den dunklen Jungen“) = moralische Notwendigkeit (bindet alle natürlichen Möglichkeiten der Mutter)
Mutter unterlässt es, blonden Jungen zu retten – kann der gleichrangigen Pflicht „Rette den blonden Jungen“ aufgrund natürlicher Unmöglichkeit (s.o.) nicht folgen
Fazit: Es gilt 2.1: Die Aussage „Die Mutter hat den blonden Jungen getötet“ gilt nicht.
Hinweis: Die „Rechnung“ geht am Ende nur auf, wenn man die Pflicht zur Rettung des einen bzw. des anderen Jungen als gleichrangig (!) ansieht. Hier kann man noch einmal den Zusammenhang zum Grundsatz „Jeder das gleiche Recht auf Leben/Rettung“ sehen! Man setze probehalber oben einmal eine niedriger rangige Pflicht ein, z.B.
Mutter hilft ihrer alten Mutter beim Schuhezubinden – (folgt der niedriger rangigen Pflicht „Hilf deiner alten Mutter“) (bindet (scheinbar) alle natürlichen Möglichkeiten der Mutter)
Mutter unterlässt es, die Jungen zu retten – kann der höher rangigen Pflicht „Rette die Jungen“ aufgrund scheinbarer "natürlicher Unmöglichkeit" (s.o.) nicht retten
Natürlich kann die Mutter sich hier nicht auf eine „natürliche Unmöglichkeit“ berufen, jeder würde ihr vorwerfen, dass diese lediglich vorgeschoben war (nach dem Motto: „Selbstverständlich hattest du die natürliche Möglichkeit zu retten, du hast sie nur nicht genutzt...“).
Also entweder ist die natürliche Unmöglichkeit derart, dass die Mutter vollständig außer Gefecht gesetzt ist (z.B: Herzinfarkt vor Schreck), oder wird durch die Befolgung einer der Pflicht "Rette den einen Jungen" gleichrangigen Pflicht verursacht (nämlich "Rette auch den anderen Jungen"). Nur dann gilt die Aussage „Die Mutter hat die Jungen/einen der Jungen getötet“ nicht!
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Babyface Altmeister
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 11519
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(#1015536) Verfasst am: 05.06.2008, 20:56 Titel: |
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Heiner hat folgendes geschrieben: |
Zitat: | Es wäre der Mutter zum Zeitpunkt der Handlungsentscheidung rein physikalisch ebenso möglich gewesen, nach dem anderen Kind zu greifen und dieses zu retten. Das einzige, was ihr im Moment der Entscheidung rein physikalisch/natürlich unmöglich war, wäre beide Kinder zu retten gewesen. Aber nur, weil sie nicht beide retten konnte, bedeutet das nicht, dass es ihr nicht möglich war, den zu retten, gegen den sie sich entschieden hat. Es kommt für Dich also allenfalls Dein Zusatz 2.2 in Betracht, also eine moralische Barriere. |
Nein, es gilt 2.1. Entscheidend ist hier die natürliche Beschränkung der Mutter. Hätte sie Kraft für 2, gäbe es das Dilemma ja gar nicht. |
*Autsch*, wenn sie den anderen Jungen nicht passiv töten würde, gäbe es ebenfalls kein Dilemma.
Zitat: | Eine moralische Barriere ist hier nicht im Spiel, wohl aber ist natürlich auch hier eine moralische Notwendigkeit vorausgesetzt |
*Autsch* eine moralische Notwendigkeit etwas zu tun, impliziert immer auch eine moralische Unmöglichkeit, es zu unterlassen, ergo eine moralische Barriere.
Zitat: | Der Punkt ist, dass die natürlichen Kräfte/Möglichkeiten der Mutter durch die moralische Notwendigkeit gebunden sind, einen der Jungen zu retten. |
Die Möglichkeiten der Mutter wäre folglich durch eine moralische Notwendigkeit/Unmöglichkeit beschränkt. Genau das fällt ja unter 2.2. Willst Du mich eigentlich veräppeln?
_________________ posted by Babyface
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Heiner Grundrechte-Fan
Anmeldungsdatum: 29.05.2006 Beiträge: 1217
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(#1015903) Verfasst am: 06.06.2008, 10:40 Titel: |
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Zitat: | Heiner
Diesen Einwand lasse ich sogar gelten: Die Anmerkung „im Sinne der Definitionen“ ist schlicht irreführend, wäre also zu streichen. Die Rede ist hier tatsächlich nur von der aktiven Tötung. Die passive Tötung kann gar nicht gemeint sein, da aus meiner Position folgt, dass der Tod eines Menschen durch eine passive Tötung Dritter nicht abgewandt werden kann (oder wie sollte das gehen...? |
Zitat: | Babyface
Ähm, wie das gehen soll? Na so wie im Gaskammer, Klippen und Autosrettendilemma auch. Du kannst den einen nur retten, wenn Du die Hilfeleistung am anderen unterlässt. |
Aber dann liegt ja gar keine passive Tötung vor!!! Das habe ich doch längst erläutert! Wiederhole doch bitte nicht zum X. Mal denselben Irrtum, den ich längst aufgeklärt habe. Die Abwendung einer Todesbedrohung durch eine passive Tötung anderer ist nicht möglich! Ich habe das längst in Zusammenhang mit 2.1 und der Pflichtenkollision dargestellt (der Begriff war dir ja offenbar vorher unbekannt, du tust dich ja nach wie vor schwer damit, dieses Prinzip nachzuvollziehen, wie man sieht, jaja...)
Derjenige, der unreflektiert ist, bist du! IM GEGENSATZ ZU DIR lege ich meine Voraussetzungen und Prämissen offen! Davon ausgehend leite ich meine Schlüsse ab. Du hingegen versteckst deine eigenen Voraussetzungen. Fordert man Offenlegung ein, kommst du mit „Ja, äh, also eine rational begründete Position habe ich jetzt noch nicht, äh, aber ich behaupte das ja auch nicht, äh...“
DU bist unreflektiert, weil du glaubst, es könnte legitim sein, Menschen abzuballern - für die „gute Sache“, versteht sich, man will ja immer nur andere retten, klar -, weil du das eben intuitiv richtig findest (wohl zu viele Ballerfilme geguckt, woll? Rambo III... bängbängbäng, ich krieg dich, du Schurke, yeah, bin voll der Held, weil ich ja die Guten rette, Töten is‘ suuupa!).
Folgende Fragen an dich (auf das Rettungsschwimmerbeispiel bist du übrigens immer noch nicht eingegangen, ich hatte dich ja gefragt, ob du glaubst, der Rettungsschwimmer töte in dem Moment, wo er den anderen berührt, ups, vergessen???):
1. Ein Ehemann droht an Herzversagen zu sterben, die Frau verzichtet darauf, mit dem Messer einem anderen das Herz herauszuschneiden. Warum hältst du es für RICHTIG, zu sagen: DIE EHEFRAU HAT IHREN MANN GETÖTET!
2. Du bist Rettungsschwimmer und kannst nur ein Opfer von zwei aufgrund natürlichen Unvermögens retten (du hast nur Kraft für 1). Warum hältst du es für RICHTIG zu sagen: ICH HABE DEN ERTRINKENDEN GETÖTET!
Also...............................................................?
Solltest du dich der Beantwortung dieser Fragen mitsamt Begründung entziehen, betrachte ich diese Diskussion als beendet!
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Fattaru Nonteapotist
Anmeldungsdatum: 23.08.2007 Beiträge: 42
Wohnort: Köln
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(#1016027) Verfasst am: 06.06.2008, 13:31 Titel: |
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Ich will eure Diskussion eigentlich gar nicht stören, aber ich habe mal eine Frage, die zu dem Ursprungsthema passt:
Dawkins zitiert in seinem Gotteswahn eine Studie, bei der untersucht wurde, ob sich religiöse und nichtreligiöse Menschen beim Trolley-Problem unterschiedlich verhalten (sie tun es nicht). Nach längerem Suchen bin ich leider noch nicht auf diese Studie (oder waren es mehrere?) gestoßen. Kann mir jemand vielleicht weiterhelfen?
Zuletzt bearbeitet von Fattaru am 06.06.2008, 14:54, insgesamt einmal bearbeitet |
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Heiner Grundrechte-Fan
Anmeldungsdatum: 29.05.2006 Beiträge: 1217
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(#1016077) Verfasst am: 06.06.2008, 14:48 Titel: |
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EDIT
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#1016121) Verfasst am: 06.06.2008, 15:39 Titel: |
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Heiner hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Heiner
Diesen Einwand lasse ich sogar gelten: Die Anmerkung „im Sinne der Definitionen“ ist schlicht irreführend, wäre also zu streichen. Die Rede ist hier tatsächlich nur von der aktiven Tötung. Die passive Tötung kann gar nicht gemeint sein, da aus meiner Position folgt, dass der Tod eines Menschen durch eine passive Tötung Dritter nicht abgewandt werden kann (oder wie sollte das gehen...? |
Zitat: | Babyface
Ähm, wie das gehen soll? Na so wie im Gaskammer, Klippen und Autosrettendilemma auch. Du kannst den einen nur retten, wenn Du die Hilfeleistung am anderen unterlässt. |
Aber dann liegt ja gar keine passive Tötung vor!!! Das habe ich doch längst erläutert! Wiederhole doch bitte nicht zum X. Mal denselben Irrtum, den ich längst aufgeklärt habe. Die Abwendung einer Todesbedrohung durch eine passive Tötung anderer ist nicht möglich! Ich habe das längst in Zusammenhang mit 2.1 und der Pflichtenkollision dargestellt (der Begriff war dir ja offenbar vorher unbekannt, du tust dich ja nach wie vor schwer damit, dieses Prinzip nachzuvollziehen, wie man sieht, jaja...)
Derjenige, der unreflektiert ist, bist du! IM GEGENSATZ ZU DIR lege ich meine Voraussetzungen und Prämissen offen! Davon ausgehend leite ich meine Schlüsse ab. Du hingegen versteckst deine eigenen Voraussetzungen. Fordert man Offenlegung ein, kommst du mit „Ja, äh, also eine rational begründete Position habe ich jetzt noch nicht, äh, aber ich behaupte das ja auch nicht, äh...“
DU bist unreflektiert, weil du glaubst, es könnte legitim sein, Menschen abzuballern - für die „gute Sache“, versteht sich, man will ja immer nur andere retten, klar -, weil du das eben intuitiv richtig findest (wohl zu viele Ballerfilme geguckt, woll? Rambo III... bängbängbäng, ich krieg dich, du Schurke, yeah, bin voll der Held, weil ich ja die Guten rette, Töten is‘ suuupa!).
Folgende Fragen an dich (auf das Rettungsschwimmerbeispiel bist du übrigens immer noch nicht eingegangen, ich hatte dich ja gefragt, ob du glaubst, der Rettungsschwimmer töte in dem Moment, wo er den anderen berührt, ups, vergessen???):
1. Ein Ehemann droht an Herzversagen zu sterben, die Frau verzichtet darauf, mit dem Messer einem anderen das Herz herauszuschneiden. Warum hältst du es für RICHTIG, zu sagen: DIE EHEFRAU HAT IHREN MANN GETÖTET!
2. Du bist Rettungsschwimmer und kannst nur ein Opfer von zwei aufgrund natürlichen Unvermögens retten (du hast nur Kraft für 1). Warum hältst du es für RICHTIG zu sagen: ICH HABE DEN ERTRINKENDEN GETÖTET!
Also...............................................................?
Solltest du dich der Beantwortung dieser Fragen mitsamt Begründung entziehen, betrachte ich diese Diskussion als beendet! |
Ich will mich nicht wirklich einmischen, sondern wollte nur sagen, dass ich das durchaus nachvollziehen kann. Eine unterlassene Hilfeleistung ist schwer inhaltlich mit einem Tötungsvorgang zu vergleichen, die Grenzen der moralischen Bewertung zwischen töten und sterben lassen sind aber unter Umständen fließend. Der Mensch ist so programmiert, nehme ich an, dass man moralisch sehr viel eher das aktive Töten in den besagten Kontext befördert, als eine unterlassene Hilfeleistung.
Es geht hier mE hauptsächlich um die Zuordnung der Ursache am Tod eines Menschen zur Verantwortung, die man fordern kann, wenn jemand in einer Notsituation leicht in der Lage ist, zu helfen oder nicht? Ich denke, dass diese Abtrennungen sprachlich tradiert erfolgen und nicht wirklich strikt sind. Andererseits lassen sich zwar grenzwertige Beispiele leicht finden (zB der bewußte Vorenthalt einer überlebenswichtigen Information), aber dennoch eine wirkliche Übereinstimmung von Tötung und unterlassener Hilfeleistung ist mE niemals der Fall. Bei einer Tötung ist mE immer das Kriterium zu berücksichtigen, dass man die Tötungshemmung überwindet und aktiv durch den Gebruach des eigenen Körpers (das Bedienen einer Waffe im weitesten Sinne) Schaden zufügt.
Vielleicht sollte man das Thema unter dem Blickwinkel der Frage erörtern, was genau Aggression ist (man könnte auch fragen, was eine Waffe ist, das ist aber mE analog). Wenn man Aggression als das bewußte Ausnutzen eines strategischen Vorteils zum Nachteil eines anderen versteht, ist eine Tötung durch Aggression im Fall unterlassener Hilfeleistung strikt auszuschließen. Wenn es allerdings noch allgemeiner Gefasst wird und schlicht die Zulassung eines strategischen (vitalen) Nachteils eines anderen Mensch als Aggression aufgefasst wird, bekommt man Probleme. Ich glaube nicht, dass sich "Tötung" einheitlich erfassen lässt, da die Entstehung unterschiedlicher Vor- und Nachteilssituationen nicht immer bewußt herbeigeführt werden, bzw. weil dies sehr viel eher den Charakter einer Potentialität hat.
Auf eine stark reduzierten, naturwissenschaftlichen Basis betrachtet ist das wieder etwas anderes. Da kann man sehr wohl alles, was das Überleben nicht ermöglicht, als Tötung begreifen, das hat jedoch mE nur höchst eingeschränkte moralische Folgen und beruht sicherlich auf einer starken Verallgemeinerung des Tötungsbegriffes.
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Babyface Altmeister
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 11519
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(#1016190) Verfasst am: 06.06.2008, 18:16 Titel: |
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Heiner hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Heiner
Diesen Einwand lasse ich sogar gelten: Die Anmerkung „im Sinne der Definitionen“ ist schlicht irreführend, wäre also zu streichen. Die Rede ist hier tatsächlich nur von der aktiven Tötung. Die passive Tötung kann gar nicht gemeint sein, da aus meiner Position folgt, dass der Tod eines Menschen durch eine passive Tötung Dritter nicht abgewandt werden kann (oder wie sollte das gehen...? |
Zitat: | Babyface
Ähm, wie das gehen soll? Na so wie im Gaskammer, Klippen und Autosrettendilemma auch. Du kannst den einen nur retten, wenn Du die Hilfeleistung am anderen unterlässt. |
Aber dann liegt ja gar keine passive Tötung vor!!! |
Das ist dann wie gesagt aufgrund der Tautologie nicht mehr entscheidbar. Und nur, weil Du eine unentscheidbare Frage mit "nein" beantwortest, heißt das noch lange nicht, dass Du damit etwas logisch Richtiges gesagt hast.
Zitat: | Derjenige, der unreflektiert ist, bist du! IM GEGENSATZ ZU DIR lege ich meine Voraussetzungen und Prämissen offen! Davon ausgehend leite ich meine Schlüsse ab. |
Ja, Zirkelschlüsse halt.
Zitat: | Du hingegen versteckst deine eigenen Voraussetzungen. Fordert man Offenlegung ein, kommst du mit „Ja, äh, also eine rational begründete Position habe ich jetzt noch nicht, äh, aber ich behaupte das ja auch nicht, äh...“ |
Ja und? Nur weil ich noch keine rationale Begründungen für bestimmte Dilemmasituationen entwickelt habe, bedeutet das noch lange nicht, dass Deine Zirkelschlüsse reflektiert sind. Im übrigen habe ich ja in meinem letzten längeren Beitrag ausführlich offengelegt, welche Struktur eine Begründung für moralische Beurteilungen von Handlungen mE haben sollte. Darauf bist Du jedoch mit keinem Wort eingegangen. Offenbar bist Du an meinen Voraussetzungen gar nicht interessiert, so what?
Zitat: | DU bist unreflektiert, weil du glaubst, es könnte legitim sein, Menschen abzuballern - für die „gute Sache“, versteht sich, man will ja immer nur andere retten, klar -, weil du das eben intuitiv richtig findest (wohl zu viele Ballerfilme geguckt, woll? Rambo III... bängbängbäng, ich krieg dich, du Schurke, yeah, bin voll der Held, weil ich ja die Guten rette, Töten is‘ suuupa!). |
Du verlierst die Contenance, wenn Du mich als gewaltaffin darzustellen versuchst.
Und warum bin ich unreflektiert, wenn ich denke, dass aktive Tötung von Menschen legitim sein könnte? Warum ich z.b. eine aktive Tötung in Notwehr für legitim halte, habe ich bereits begründet, und zwar ohne Bezug auf meine moralische Intuition zu nehmen. Mit einer recht ähnlichen Begründung halte ich auch noch den Abschuss von Bombern, welche Städte zerstören und Zivilisten töten für legitim, ebenso die Befreiuung von Menschen aus Konzentrationslagern mit Waffengewalt.
Zitat: | Folgende Fragen an dich (auf das Rettungsschwimmerbeispiel bist du übrigens immer noch nicht eingegangen, ich hatte dich ja gefragt, ob du glaubst, der Rettungsschwimmer töte in dem Moment, wo er den anderen berührt, ups, vergessen???): |
Nein, ich hatte ja geschrieben, dass ich noch auf Deine Ausführung zum Zugdilemma aus Sicht eines Außenstehenden warte.
Zitat: | 1. Ein Ehemann droht an Herzversagen zu sterben, die Frau verzichtet darauf, mit dem Messer einem anderen das Herz herauszuschneiden. Warum hältst du es für RICHTIG, zu sagen: DIE EHEFRAU HAT IHREN MANN GETÖTET!
2. Du bist Rettungsschwimmer und kannst nur ein Opfer von zwei aufgrund natürlichen Unvermögens retten (du hast nur Kraft für 1). Warum hältst du es für RICHTIG zu sagen: ICH HABE DEN ERTRINKENDEN GETÖTET!
Also...............................................................? |
Ob das richtig oder falsch ist, ist für meine Position gar nicht relevant. Das ist nur für Dich relevant, weil Du Dein moralisches Werturteil ja davon abhängig machst, ob eine passive Tötung vorliegt oder nicht. Ich tue das nicht. Mir ging es vor allem darum zu zeigen, dass die Feststellung, ob mit einer bestimmten Handlung eine Tötung vorliegt oder nicht bzw. ob gegen ein Tötungsverbotsnorm verstossen wurde oder nicht, keine rationale Begründung für eine ethische Bewertung der Handlung ist. Normen sind nämlich keine Begründungen für ethische Bewertungen, sondern sind stets Resultat ethischer Bewertungen. Eben deshalb sind Aussagen wie: "Handlung X war ethisch unrecht, weil sie gegen das Tötungsverbot verstösst" keine Begründungen, warum ethisches Unrecht vorliegt, sondern stets Zirkelschlüsse. Dies nicht zu erkennne, das bezeichne ich als unreflektiert.
Für mich ist also nicht die Frage entscheidend, ob eine Tötung vorliegt oder nicht, sondern zunächst mal nur die Frage, wie ein bestimmtes Verhalten in einer bestimmten Situation (z.b. einer Dilemmasituation aus ethischer Sicht zu bewerten ist. Es gibt dann für mich zwei Möglichkeiten, wie ich diese Frage beantworten kann:
1. ich lasse das meine Intuition entscheiden und bleibe unreflektiert
2. ich suche nach einer rationalen Begründung, indem ich die Handlungen in Bezug auf ihre Nützlichkeit/Schädlichkeit für gemeinschaftliche Ziele hin untersuche (siehe mein vorletzter Beitrag)
Ich bevorzuge die zweite Möglichkeit, kann aber natürlich nicht garantieren, dass ich immer eine rationale Begründung finde, die sich auch mit meiner Intuition deckt.
Vielleicht fange ich mal am Beispiel des Zugdilemmas mit einem solchen Begründungsversuch an:
Ich halte es z.b. nicht für ethisch unrecht, aktiv zu töten, indem ich einen der aufeinanderzufahrenden Züge rechtzeitig vor dem Zusammenstoß entgleißen lassen, sodass wenigstens das Leben der Menschen in einem der beiden Züge gerettet wird. Ich begründe das damit, dass ich das Sicherheitsbedürfnis der Menschen mit der Unterlassung der aktiven Tötung in stärkerem Ausmaß bedrohe, wie mit einer aktiven Tötung, weil ich durch eine Entscheidung aktiv zu töten, die Überlebenschance jedes Betroffenen von 0 auf 50% erhöhe. Wenn ich nur zuschaue und die Züge aufeinanderprallen lassen, würden sich mE die Menschen dieser 50% Chance vorenthalten oder mglw. sogar beraubt fühlen. Ich denke, es fühlen sich die meisten Menschen in einer Welt einfach sicherer, in der jemand nicht gehindert würde, das sichere Zusammenprallen beider Züge zu verhindern. Mit anderen Worten: das gemeinschaftliche Ziel von Sicherheit, wird durch das aktive Töten in diesem Fall nicht bedroht. Daher wäre das aktive Töten in diesem Fall nicht unethisch.
Zitat: | Solltest du dich der Beantwortung dieser Fragen mitsamt Begründung entziehen, betrachte ich diese Diskussion als beendet! |
Ich denke, dass wir beide erwachsene Menschen sind, die sich nicht gegenseitig anbrüllen müssen, wenn sie nicht das bekommen, was sie wollen. Ansonsten wäre es veilleicht wirklich besser, wenn wir das beenden.
_________________ posted by Babyface
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#1016198) Verfasst am: 06.06.2008, 18:25 Titel: |
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@Babyface
Zitat: | Ich halte es z.b. nicht für ethisch unrecht, aktiv zu töten, indem ich einen der aufeinanderzufahrenden Züge rechtzeitig vor dem Zusammenstoß entgleißen lassen, sodass wenigstens das Leben der Menschen in einem der beiden Züge gerettet wird. Ich begründe das damit, dass ich das Sicherheitsbedürfnis der Menschen mit der Unterlassung der aktiven Tötung in stärkerem Ausmaß bedrohe, wie mit einer aktiven Tötung, weil ich durch eine Entscheidung aktiv zu töten, die Überlebenschance jedes Betroffenen von 0 auf 50% erhöhe. Wenn ich nur zuschaue und die Züge aufeinanderprallen lassen, würden sich mE die Menschen dieser 50% Chance vorenthalten oder mglw. sogar beraubt fühlen. Ich denke, es fühlen sich die meisten Menschen in einer Welt einfach sicherer, in der jemand nicht gehindert würde, das sichere Zusammenprallen beider Züge zu verhindern. Mit anderen Worten: das gemeinschaftliche Ziel von Sicherheit, wird durch das aktive Töten in diesem Fall nicht bedroht. Daher wäre das aktive Töten in diesem Fall nicht unethisch. |
Das finde ich richtig, ich kann darin jedoch keine überlegene Rationalität erkennen, die a) nicht sowieso jedem Zweiten klar ist und b) die über dieses Beispiel hinaus verallgemeinerungsfähig ist. So what?
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Babyface Altmeister
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 11519
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(#1016205) Verfasst am: 06.06.2008, 18:43 Titel: |
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Argaith hat folgendes geschrieben: | @Babyface
Zitat: | Ich halte es z.b. nicht für ethisch unrecht, aktiv zu töten, indem ich einen der aufeinanderzufahrenden Züge rechtzeitig vor dem Zusammenstoß entgleißen lassen, sodass wenigstens das Leben der Menschen in einem der beiden Züge gerettet wird. Ich begründe das damit, dass ich das Sicherheitsbedürfnis der Menschen mit der Unterlassung der aktiven Tötung in stärkerem Ausmaß bedrohe, wie mit einer aktiven Tötung, weil ich durch eine Entscheidung aktiv zu töten, die Überlebenschance jedes Betroffenen von 0 auf 50% erhöhe. Wenn ich nur zuschaue und die Züge aufeinanderprallen lassen, würden sich mE die Menschen dieser 50% Chance vorenthalten oder mglw. sogar beraubt fühlen. Ich denke, es fühlen sich die meisten Menschen in einer Welt einfach sicherer, in der jemand nicht gehindert würde, das sichere Zusammenprallen beider Züge zu verhindern. Mit anderen Worten: das gemeinschaftliche Ziel von Sicherheit, wird durch das aktive Töten in diesem Fall nicht bedroht. Daher wäre das aktive Töten in diesem Fall nicht unethisch. |
Das finde ich richtig, ich kann darin jedoch keine überlegene Rationalität erkennen, die a) nicht sowieso jedem Zweiten klar ist und b) die über dieses Beispiel hinaus verallgemeinerungsfähig ist. So what? |
Nun, zumindest ist es kein Zirkelschluss, sondern eine empirisch-rationale Argumentation, die sich auch empirisch widerlegen ließe. Das Ergebnis der Argumentation ist damit freilich nur begrenzt verallgemeinerungsfähig. Was allerdings auch auf andere Dilemmasituationen übertragbar wäre, ist die Struktur der Begründung, also die Bewertung von Handlungensfolgen in Hinblick auf wichtige gemeinschaftliche Ziele.
_________________ posted by Babyface
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#1016217) Verfasst am: 06.06.2008, 18:54 Titel: |
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Ich stimme dem absolut zu, dass man ethische Betrachtungen möglichst gut begründen muss und auch dem, dass eine aktive Tötung im Sinne einer 'ambivalenten' Rettungshandlung ethisch sein kann. Ich denke 'aber' (es ist eigentlich kein richtiges 'aber'), dass die Basis von jeglichem ethischen Intuitionismus sowieso schon eine ethische Optimierung potentiell beinhaltet (man muss sie nur durch ziviles Verhalten 'herauskitzeln'), da die Diskussion dieses Intuitionismus letztlich Ausdruck einer Konkurrenz zwischen 'egoistischen' Individuen ist. Intuitionismus bezüglich der Naturbeobachtungen zB ist natürlich fragwürdig, aber hier ist das der direkte Ausdruck konkurrierender Bedürfnisse von Subjekten. Folglich kann eine akzeptable Basis nicht wirklich deduzierbar sein, sondern sie ist immer Resultat eines Konsenses. Das ist dir hier und jetzt vielleicht nicht bewußt, aber eine "Verwissenschaftlichung" der Ethik ist im Grunde intrinsisch antidemokratisch, das ist mE ein großes Dilemma der Ethik insgesamt. Ich würde aber das Ganze, wie gesagt, sehr ähnlich betrachten wie du.
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Babyface Altmeister
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 11519
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(#1016232) Verfasst am: 06.06.2008, 19:04 Titel: |
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Argaith hat folgendes geschrieben: | Ich stimme dem absolut zu, dass man ethische Betrachtungen möglichst gut begründen muss und auch dem, dass eine aktive Tötung im Sinne einer 'ambivalenten' Rettungshandlung ethisch sein kann. Ich denke 'aber' (es ist eigentlich kein richtiges 'aber'), dass die Basis von jeglichem ethischen Intuitionismus sowieso schon eine ethische Optimierung potentiell beinhaltet (man muss sie nur durch ziviles Verhalten 'herauskitzeln'), da die Diskussion dieses Intuitionismus letztlich Ausdruck einer Konkurrenz zwischen 'egoistischen' Individuen ist. Intuitionismus bezüglich der Naturbeobachtungen zB sind natürlich fragwürdig, aber hier ist das der direket Ausdruck konkurrierender Bedürfnisse von Subjekten. Folglich kann eine akzeptable Basis nicht wirklich deduzierbar sein, sondern sie ist immer Resultat eines Konsenses. Das ist dir hir und jetzt vielleicht nicht bewußt, aber eine "Verwissenschaftlichung" der Ethik ist im Grunde intrinsisch antidemokratisch, das ist mE ein großes Dilemma der Ethik insgesamt. Ich würde aber das Ganze, wie gesagt, sehr ähnlich betrachten wie du. |
Ja, einen Konsens muss man in der Ethik herstellen, deshalb habe ich auch weiter oben auch von konsensuellen Zielen gesprochen und das eine sinnvolle ethische Beurteilung von Handlungen die konsensuellen Ziele explizieren muss, denn diese sind der Bewertungsmaßstab.
_________________ posted by Babyface
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#1016237) Verfasst am: 06.06.2008, 19:05 Titel: |
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Ich wollte sagen, dass es gut möglich sein kann, dass Neurologen und Psychologen sozusagen wissenschaftlich eine soziale Organisationsart ermitteln können, die tatsächlich besser ist, als die konsentiell entstandene. Das wäre aber, wenn es justiziell umgesetzt wird, eine Aristokratie (und vielleicht tangiert das auch des Heiners Zorn).
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