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Botschafter Kosh auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 26.11.2007 Beiträge: 3972
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(#975583) Verfasst am: 09.04.2008, 10:29 Titel: |
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Mario Hahna hat folgendes geschrieben: |
Er macht das nicht mit Absicht, er kann es nicht besser. |
Richtig!
mfg Kosh
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ateyim registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.05.2007 Beiträge: 3656
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(#981702) Verfasst am: 16.04.2008, 18:14 Titel: |
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derzeit gibt es zwar keine weiteren Neuigkeiten im Verbotsverfahren gegen die AKP, ausser das laut Pressemitteilungen Erdoğan sich derzeit mit einigen wichtigen Parteifreunden zurückgezogen habe, um intensivst an der Stellungnahme zu arbeiten, mit der sie vors Verfassungsgericht treten werden.
Aber ein anderes Urteil der türkischen Justiz:
ein Türke namens Ramazan, der zum Christentum konvertiert ist, hat gerichtlich durchgesetzt, dass er seinen Vornamen deswegen aendern darf, und heisst nun Daniel.
Experten werten dies als Praezendenzfall und weisen darauf hin, dass von nun an jeder, der aufgrund seines Religionswechsels mit seinem Namen unzufrieden ist, eine Aenderung beantragen könne.
Andernorts wird man zum Tode verurteilt.... freut mich, auch mal so etwas zu lesen.
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Botschafter Kosh auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 26.11.2007 Beiträge: 3972
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(#982475) Verfasst am: 17.04.2008, 15:06 Titel: |
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Noch sind offensichtlich die Richtigen an der Macht.
mfg Kosh
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ateyim registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.05.2007 Beiträge: 3656
Wohnort: Istanbul
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(#991342) Verfasst am: 30.04.2008, 12:04 Titel: |
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sooo...
nach einer Marathonsitzung hat das Parlament gester eine novellierte Fassung des berüchtigten Türkentum-Paragraphen 301 verabschiedet.
(Zitate aus der FAZ)
Zitat: | Künftig solle nur noch die Verunglimpfung der türkischen Nation und des türkischen Staates bestraft werden, aber nicht mehr die des „Türkentums“, hieß es. Um Verfahren einzuleiten, ist zudem eine Zustimmung des Justizministers nötig. Das Strafmaß wird von drei auf zwei Jahre gesenkt; Haftstrafen können damit zur Bewährung ausgesetzt werden. |
Zitat: | Mit der Novelle will die Regierung von Ministerpräsident Erdogan die Eröffnung von Strafverfahren nach dem Gesetz 301 erschweren. Dazu wird der vage Begriff des „Türkentums“ durch die konkrete Nennung der „türkischen Nation“ ersetzt. Zunächst war geplant gewesen, diese Zuständigkeit dem Staatspräsidenten zu übertragen, doch hatten Kritiker bemängelt, dies könne die überparteiliche Position des Präsidenten in Frage stellen. |
Zumindest ein Anfang...
und schon regt sich Kritik seitens der Opposition..
Zitat: | Die kemalistische Oppositionspartei CHP und die nationalistische MHP wenden sich gegen die Änderungen und werfen der Regierung vor, nur unter dem Druck der EU zu handeln und damit Beleidigungen des türkischen Staates Tür und Tor zu öffnen. Erdogan überlasse das Regieren seit neuem ganz der EU, erklärte die MHP vor der Plenarberatung vom Dienstag. |
es haengt wohl davon ab, wie die Richter in den ersten Monaten diese Aenderung anwenden... denn Experten sind der Auffassung, dass mit der Konkretisierung auf "Beleidigung DES TÜRKISCHEN STAATES", Kritik an Verbrechen, die von türkischen (osmanischen) Regierungen vor der Gründung der Republik 1923 begangen wurden, nicht mehr von diesem Paragraphen erfasst werden, wohingegen bei der wagen Bezeichnung TÜRKENTUM früher, das Osmanische Reich automatisch miteinbeschlossen wurde.
Gesetze zu verabschieden ist das eine... wie sie dann angewandt und gedeutet werden eine andere... daher bin ich noch skeptisch, sehe dies aber als ersten Schritt in die richtige Richtung
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ateyim registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.05.2007 Beiträge: 3656
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(#996206) Verfasst am: 07.05.2008, 19:15 Titel: |
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finde ich schön, wenn ich in der Türkei Meldungen entdecke, die zeigen, dass so manche Versuche der Islamisierung durch die Hintertür nicht so funktionieren wie sie sollten:
in einem Stadtteil von Ankara begann man vor ein paar Wochen mit dem Bau einer grossen Moschee, die Platz für mehr als tausend Personen bieten soll. Als Bauherr wird am Bauplatz die Stadtverwaltung von Ankara angegeben.
Es hagelt Proteste, weil in dem Stadtteil überhaupt kein Bedarf nach so einer Grossmoschee besteht.
Klamheimlich laesst die Stadtregierung die Tafel von der Baustelle entfernen und hofft, damit das Problem lösen zu können (typisch naive orientalische Denkweise ) und behauptete, Traeger des Baus seien Stiftungen
nun bekamen die Protestler die Möglichkeit dagegen zu klagen: woher tauchen diese Stiftungen auf, warum war vorher von ihnen nie die Rede, was laeuft da ab?
Heute wurde die Baustelle gerichtlich versiegelt und folglich der Bau eingestellt
Kann mir vorstellen, dass jetzt bestimmt einige Dokumente gefaelscht werden, um zu vertuschen, dass für den Bau eigentlich Steuergelder eingeplant waren.
manchmal passieren hier doch ganz vernünftige Sachen
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Botschafter Kosh auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 26.11.2007 Beiträge: 3972
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(#996234) Verfasst am: 07.05.2008, 19:47 Titel: |
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Reicht das Abzweigen von Steuergeldern zur Finanzierung von Sakralbauten, um eine Partei zu verbieten?
mfg Kosh
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ateyim registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.05.2007 Beiträge: 3656
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(#998873) Verfasst am: 12.05.2008, 09:34 Titel: |
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Anfang Mai hat die AKP nun ihre erste Stellungnahme fristgerecht dem Verfassungsgericht vorgelegt.
Sie geht kaum auf die Anklagepunkte verteidigend ein, sondern dreht den Spiess um.
Der AKP wird u.a. vorgeworfen, dass sie Privatschulen fördere, die von AKP-befreundeten islamischen Organisationen geführt werden. Prompt nennt die AKP Namen von hochgestellten Persönlichkeiten beim Militaer, die die Republikaner als treue Verteidiger der Republik so schaetzen, die jahrzehntelang, das Vaterland und die Republick gegen den Islamismus verteidigen, die ABER Absolventen dieser Schulen sind.
Sie zitiert vor allem den mehrmaligen Ministerpraesidenten Süleyman Demirel, der auch Praesident gewesen ist aus einem vor Jahren veröffentlichten Interview, der als Symbol der republikanischen Türkei gilt
"Die Türkei hat den Laizismus als Gottlosigkeit aufgefasst, doch dies ist falsch.... Jemand der Allah anerkennt, der seinen Propheten anerkennt, von solchen Menschen kann keine Gefahr ausgehen."
Damals habe sich keiner über dieses Interview aufgeregt, sobald die AKP aber auch nur das Wort Allah, Koran, Prophet in den Mund zu nehmen versuche, schreie man auf.
Es klingt deutlich durch, dass man damit sagen wir, dass die AKP mit offenen Karten spielen, sich zum Glauben bekennen, aber auch zum Laizismus, waehrend die vielseits als Republikaner geschaetzten Kraefte, das Land ins Ungewisse führen.
Inzwischen wurde in der Justiz gestern eine grundlegende Aenderung beschlossen: waehrend Politiker ihren Amtseid ohne einen Bezug auf Allah oder Koran leisten, war dies bei den Richtern wohl üblich, was mich doch völlig überrascht hat. Ihre Eidesformel fing mit "Ich schwöre auf Allah und mein Gewissen" an (bei allen anderen wird nur auf das "Gewissen geschworen")... diese Eidesformel wurde nun abgeaendert und lautet nun
" Ich schwöre auf alle Glaubensrichtungen und Werte, die ich für heilig erachte"...
nun ja.. bei der Formel ist noch einiges an Nachbesserung nötig.. , aber auch hier: immerhin ein Anfang.
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Harry Haller registrierter User
Anmeldungsdatum: 02.04.2008 Beiträge: 9
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(#998907) Verfasst am: 12.05.2008, 12:40 Titel: |
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Ich finde es bedenklich das die Frau des Staatspräsidenten demonstrativ mit dem Kopftuch rumläuft, am Dienstag kommt die Queen und die "First Lady" wird tiefverschleiert und mit einem Mantel wohl auf dem Empfang erscheinen.
Die hochrangigen Millitärs werden da natürlich nicht erscheinen.
Mit ihrem Pamphlet verteidigt die AKP ihre Taktik den Islam durch die Hintertür schleusen zu wollen.
Selbige Frau hatte die Türkische Republik am Menschengerichtshof angeklagt, weil sie nicht mit dem Kopftuch studieren konnte.
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ateyim registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.05.2007 Beiträge: 3656
Wohnort: Istanbul
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(#999370) Verfasst am: 13.05.2008, 11:22 Titel: |
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Syriens First Lady mit Mann:
Königin von Jordanien:
Aegyptens First Lady:
...
Frau Erdoğan:
Frau Gül:
im Vergleich dazu find ich das Foto der Nachfahren der osmanischen Dynastie lustig, die sich zuletzt 2006 in ihrem ehemaligen Hauptschloss getroffen hatten:
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Agnost dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 12.11.2006 Beiträge: 5618
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(#999412) Verfasst am: 13.05.2008, 13:05 Titel: |
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ateyim hat folgendes geschrieben: | Anfang Mai hat die AKP nun ihre erste Stellungnahme fristgerecht dem Verfassungsgericht vorgelegt.
Sie geht kaum auf die Anklagepunkte verteidigend ein, sondern dreht den Spiess um.
Der AKP wird u.a. vorgeworfen, dass sie Privatschulen fördere, die von AKP-befreundeten islamischen Organisationen geführt werden. Prompt nennt die AKP Namen von hochgestellten Persönlichkeiten beim Militaer, die die Republikaner als treue Verteidiger der Republik so schaetzen, die jahrzehntelang, das Vaterland und die Republick gegen den Islamismus verteidigen, die ABER Absolventen dieser Schulen sind.
Sie zitiert vor allem den mehrmaligen Ministerpraesidenten Süleyman Demirel, der auch Praesident gewesen ist aus einem vor Jahren veröffentlichten Interview, der als Symbol der republikanischen Türkei gilt
"Die Türkei hat den Laizismus als Gottlosigkeit aufgefasst, doch dies ist falsch.... Jemand der Allah anerkennt, der seinen Propheten anerkennt, von solchen Menschen kann keine Gefahr ausgehen."
Damals habe sich keiner über dieses Interview aufgeregt, sobald die AKP aber auch nur das Wort Allah, Koran, Prophet in den Mund zu nehmen versuche, schreie man auf.
Es klingt deutlich durch, dass man damit sagen wir, dass die AKP mit offenen Karten spielen, sich zum Glauben bekennen, aber auch zum Laizismus, waehrend die vielseits als Republikaner geschaetzten Kraefte, das Land ins Ungewisse führen.
Inzwischen wurde in der Justiz gestern eine grundlegende Aenderung beschlossen: waehrend Politiker ihren Amtseid ohne einen Bezug auf Allah oder Koran leisten, war dies bei den Richtern wohl üblich, was mich doch völlig überrascht hat. Ihre Eidesformel fing mit "Ich schwöre auf Allah und mein Gewissen" an (bei allen anderen wird nur auf das "Gewissen geschworen")... diese Eidesformel wurde nun abgeaendert und lautet nun
" Ich schwöre auf alle Glaubensrichtungen und Werte, die ich für heilig erachte"...
nun ja.. bei der Formel ist noch einiges an Nachbesserung nötig.. , aber auch hier: immerhin ein Anfang. |
Ich bin sicher kein Anhänger von Parteien welche die Religion im Namen führen, aber würde hier jemand das Verbot der CDU und der CSU wirklich in Betracht ziehen?
Und auch dort haben noch viele ein sehr "traditionelles" Frauenbild.
Auch die türkischen "Laizisten" operieren mit dem "türkischen Islam". Religionsfreiheit lassen die nicht zu, geschweige denn Sprachfreiheit.
Wenn die Türkei Platz in der EU finden will, muss sie sowohl im Bereich der Religionsfreiheit wie der Sprachfreiheit noch viel verändern, ob das die "militärischen" Laizisten eher "bringen" darf mit Fug und Recht bezweifelt werden.
Agnost
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ateyim registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.05.2007 Beiträge: 3656
Wohnort: Istanbul
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(#999424) Verfasst am: 13.05.2008, 13:17 Titel: |
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Das ist ja irgenwie das Dilemma:
ich werde das Gefühl einfach nicht los, dass die AKP die Freiheiten, die Eropa mit sich bringt, nur dann nutzt, wenn sie ihm zum Vorteil gereichen: spricht er von europaeischen Freiheiten, dann meint er Kopftuch und nicht z.B. gleichgeschlechtliche Partnerschaften.
Die Kemalisten sind absolute Europafeinde... als Lippenbekenntnis betonen sie natürlich immer die westliche Orientierung der Türkei, da sie ja zur kemalistischen Denkweise dazugehört... aber Westorientierung ja, aber keine Westeinmischung lautet ihre Devise. mit ihnen würde der Europazug von innerhalb der Türkei gestoppt werden. Hinter jeder Investition eines auslaendischen Geschaeftsmanns wittern sie den Ausverkauf des Landes (die CHP sieht generell den Verkauf des Landes, die nationalistische MHP sieht natürlich das Judentum dahinter), sie verwehren sich gegen jede Einmischung der EU in Form von Kommentaren, sie würden niemals eine politische Einmischung aus Brüssel dulden.
Daher finde ich die Türkeipanik in Bezug auf EU Mitgliedschaft, die in der EU von Politikern gerade in Wahlkaempfen geschürt wird dermassen übertrieben... die einen (AKP) werden nur das umsetzen, was ihnen in den Kram passt und die anderen (CHP, MHP) werden komplett blockieren, wenn sie denn mal an die Macht kommen.
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#999431) Verfasst am: 13.05.2008, 13:22 Titel: |
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Agnost hat folgendes geschrieben: |
Ich bin sicher kein Anhänger von Parteien welche die Religion im Namen führen, aber würde hier jemand das Verbot der CDU und der CSU wirklich in Betracht ziehen?
Und auch dort haben noch viele ein sehr "traditionelles" Frauenbild. |
Es wird aber so nicht propagiert. CSU und AKP ist doch ein erheblicher qualitativer Unterschied.
Die CSU-Mitglieder, auch deren politische Vertreter im Landtag und Bundestag, sind überwiegend an demokratischen Grundregeln orientiert.
Wenn ein CSU-Chef sagen würde: Zitat: | Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind. Die Kirchen sind unsere Bajonette … die Kirchen sind unsere Kasernen. |
Dann wäre dass das Parteiinterne Aus.
edit: OMG ich habe die CSU verteidigt!
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Agnost dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 12.11.2006 Beiträge: 5618
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(#999435) Verfasst am: 13.05.2008, 13:30 Titel: |
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Evilbert hat folgendes geschrieben: | Agnost hat folgendes geschrieben: |
Ich bin sicher kein Anhänger von Parteien welche die Religion im Namen führen, aber würde hier jemand das Verbot der CDU und der CSU wirklich in Betracht ziehen?
Und auch dort haben noch viele ein sehr "traditionelles" Frauenbild. |
Es wird aber so nicht propagiert. CSU und AKP ist doch ein erheblicher qualitativer Unterschied.
Die CSU-Mitglieder, auch deren politische Vertreter im Landtag und Bundestag, sind überwiegend an demokratischen Grundregeln orientiert.
Wenn ein CSU-Chef sagen würde: Zitat: | Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind. Die Kirchen sind unsere Bajonette … die Kirchen sind unsere Kasernen. |
Dann wäre dass das Parteiinterne Aus.
edit: OMG ich habe die CSU verteidigt! |
Wen zitierst du und woraus zitierst du?
Ateyim:
Würde die Türkei nach Reformen im Bereich der individuellen Menschenrechte, im Bereich der Minderheitenrechte und echter Religionsfreiheit in die EU aufgenommen werden unterstünde sie auch vollumfänglich dem obersten Gericht der EU, also Strassbourg.
Ich möchte nur darin erinnern, dass sich noch in den 90er Jahren in Europa alle religiös-konservativen Parteien vehement dagegen gewehrt haben, dass Vergewaltigung in der Ehe ein Offizial-Delikt wird.
Da sollte sich der Staat raushalten, wenn der stossende Ehemann seiner gestossenen Ehefrau die "Anzeige" wieder aus dem Leib prügelte.
Agnost
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ateyim registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.05.2007 Beiträge: 3656
Wohnort: Istanbul
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(#999447) Verfasst am: 13.05.2008, 13:46 Titel: |
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Agnost hat folgendes geschrieben: | Ateyim:
Würde die Türkei nach Reformen im Bereich der individuellen Menschenrechte, im Bereich der Minderheitenrechte und echter Religionsfreiheit in die EU aufgenommen werden unterstünde sie auch vollumfänglich dem obersten Gericht der EU, also Strassbourg.
Ich möchte nur darin erinnern, dass sich noch in den 90er Jahren in Europa alle religiös-konservativen Parteien vehement dagegen gewehrt haben, dass Vergewaltigung in der Ehe ein Offizial-Delikt wird.
Da sollte sich der Staat raushalten, wenn der stossende Ehemann seiner gestossenen Ehefrau die "Anzeige" wieder aus dem Leib prügelte. Agnost |
wenn du damit meinst, dass ich es durchaus wagen sollte, der AKP Lernfaehigkeit zuzutrauen, dann muss ich sagen, dass ich mich damit doch sehr schwer tue.
Gerade Erdoğan war es, der in Anfang der 90er mit Parolen geglaenzt hat, dass er die Türkei in ein Land verwandeln wolle, in dem die Bürgersteige grün gefaerbt sind, religöse Schulen den gleichen Stellenwert wie normale Universitaeten bekommen etc. etc.
ich kann ihm deswegen nicht vertrauen. Tue ich ihm unrecht? Vielleicht... vielleicht ist es möglich, dass er gewisse radikale Vorstellungen aufgegeben hat. Aber dann finde ich relativ aktuelle Aussagen von ihm wiederum befremdlich, in dener er offen sagt, dass ein Kopftuchurteil nicht von staatlichen Gerichten gefaellt werden könne, sondern nur von der Ulemma (den islamischen Glaubens- und Rechtsgelehrten) entschieden werden dürfe.
Wenn die CDU/CSU sagen würde, dass über Abtreibung nicht staatliche Gerichte sondern Religionsgelehrte entscheiden müssen, würde man doch auch die Alarmglocken leuten hören.
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Agnost dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 12.11.2006 Beiträge: 5618
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(#999449) Verfasst am: 13.05.2008, 13:52 Titel: |
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Ateyim,
nein, Vertrauen würde wohl zuviel sein, ist schon okay wenn du skeptisch bist.
Aber Erdogan ist von Erbakan abgerückt und Gül steht wohl sogar noch ein bisschen näher in Europa.
Aber dass mit den Kemalisten nicht per positv zu rechnen ist, scheint auch klar zu sein.
Agnost
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Critic oberflächlich
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 16377
Wohnort: Arena of Air
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(#999867) Verfasst am: 13.05.2008, 23:47 Titel: |
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Agnost hat folgendes geschrieben: | Wenn die Türkei Platz in der EU finden will, muss sie sowohl im Bereich der Religionsfreiheit wie der Sprachfreiheit noch viel verändern, ob das die "militärischen" Laizisten eher "bringen" darf mit Fug und Recht bezweifelt werden. |
Mal sehr bildlicher Gedanke dazu:
Deswegen war ich auch damals, als viel von der "privilegierten Partnerschaft" gesprochen wurde - m.a.W.: "von Euch leben gerade mal drei Prozent in Europa, da solltet Ihr froh sein, daß wir Euch das anbieten" -, der Meinung, daß man nicht einfach so die Tür vor der Nase zuknallen und nur die Katzentür offenhalten sollte. Solange nämlich die Perspektive da ist - es wurde damals aufgerechnet, daß die Türkei ja ökonomisch von einer EU-Mitgliedschaft profitieren würde -, kann man von Seiten der EU ggf. schon einen gewissen Druck ausüben (- die Mitgliedschaft ist immerhin auch für ihre Mitglieder mit einigen Kröten verbunden, die geschluckt werden, weil in den EU-Gremien mindestens so intelligente Leute sitzen wie in der nationalen Regierung -) und Veränderungen bewirken .
_________________ "Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"
Dann bin ich halt bekloppt.
"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
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ateyim registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.05.2007 Beiträge: 3656
Wohnort: Istanbul
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(#1014074) Verfasst am: 04.06.2008, 10:46 Titel: |
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Bevor es mit dem AKP Verbotsverfahren in die naechste Runde geht, beginnt beim Verfassungsgericht der Türkei morgen die Verhandlung darüber, ob die Verfassungaenderungen, die einen Besuch von Universitaeten mit Kopftuch ermöglichen rechtmaessig waren oder nicht.
Geklagt hatte nach der Verabschiedung der Aenderung die Hauptopositionspartei, die CHP, und berief sich dabei darauf, dass die Verfassung manche grundlegende Artikel der Verfassung für unabaenderlich erachte und diese Aenderungen ein eindeutiger Einschnitt in die laizistische Grundordnung des Staates sei und somit als ein fundamentaler Eingriff betrachtet werden müsse.
Zufaellig überschneidet es sich fast mit der Abweisung zweier Klagen seitens des Europaeischen Gerichtshofes für Menschenrechte, bei dem zwei türkische Lehrerinnen, die entlassen wurden, weil sie darauf bestanden mit Kopftuch unterrichten zu wollen, Klage eingereicht hatten. Die Klage wurde nicht zur Verhandlung zugelassen. Das Gericht habe sich auf ein vorheriges Urteil berufen und betont, dass das Verbot, mit Kopftuch zu unterrichten, nicht gegen die Religionsfreiheit und Antidiskriminierungsgesetze verstosse, sondern habe die neutrale Funktion des Lehrerberufs nocheinmal hervorgehoben. Auch die Forderung einer Zahlung von 420.000 Euro durch das türkische Kultusministerium wurde abgelehnt.
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Ich finde es mal wieder die Klagesumme interessant. Sicherlich sind hier natürlich Gerichtskosten miteingeflossen bei der Errechnung der Forderung seitens der Klaegerinnen. Aber 420.000 Euro entsprechen nach derzeitigem Stand 820.000 türkischen Lira. Wir sprechen von der Türkei, einem Land in dem ein Lehrer im Schnitt 1000-1200 Lira verdient... die Forderung belaeuft sich (ausgehend von den 1200 Lira auf ca. 57 Jahregehaelter!!!
Geh ich also recht in der Annahme, dass sie bei der Klageeinreichung darauf hoffte, im Erfolgsfall, wieder eingestellt werden zu müssen und zusaetzlich diese Summe einzusacken. Sie waere im Rentenalter die reichste Lehrerin gewesen....
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ateyim registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.05.2007 Beiträge: 3656
Wohnort: Istanbul
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(#1015100) Verfasst am: 05.06.2008, 10:03 Titel: |
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habe heute im Fernsehen mal wieder was aufgeschnappt, was ich nur in groben Zügen wiedergeben kann.
Ein Gerichtsmediziner, der für DNA Analysen zustaendig war, wurde vom Moderator gefragt, was es mit der "Rasse Türke" auf sich habe...
er schmunzelte und meinte, dass das nationalistischer Unsinn sei. Man habe bei internationalen Untersuchungen festgestellt, dass in Europa die Islaender zu über 90% ihre volkstypischen Gene über die Jahrhunderte bewahrt haetten und damit führend waeren (was mit der abgeschiedenen Insellage zu erklaeren sei).
Bei Untersuchungen seitens einiger Universitaeten in der Türkei habe man schon bei nur 1000 Analysen typische genetische Merkmale von über 70 genetischen Volksgruppen festgestellt...
Türkentum durch den Begriff "Rasse" zu definieren sei rechtsgerichteter Unsinn... wir sollten uns Bilder von Mongolen und alte Darstellungen von Hunnen anschauen.... das sei der ursprüngliche Phaenotyp eines Türken und wir sollten anschliessend uns mal umsehen und sehen, wieviele wir im Alltag antreffen... man sieht sie, vereinzelt.. es sind dann aber meistens Gastarbeiter aus Aseraidschan, Tadschikistan, Turkmenistan etc.
Der Arzt sagte noch, dass der Parteiführer der rechtsgerichteten MHP ihn mal mit den Worten attackiert habe: Dann lasst uns das Land doch in Mosaikistan umtaufen... nichts lieber als das, habe der Gerichtsmediziner geantwortet.
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bin überzeugt, dass auch ich durchmischt bin... habe eine Mutter, die stolz auf ihre tscherkessische Herkunft ist, einen Vater, dessen Familie irgendwann im 18.Jhd. aus dem heutigen Bulgarien kommt. Eine meiner Ururgrossmütter muss angeblich eine orthodoxe Serbin gewesen sein, einer meiner Grossvater ist sogar als "Kürtseven (Kurden mögender) Bahri Paşa" noch heute im Osten der Türkei ein Begriff und man munkelt, dass seine Vorliebe für die Kurden nicht von ungefaehr kommt....
irgendwie mag ich es als wandelndes Potpourri durch die Gegend zu laufen und was würde ich wieder mal drum geben, mal mit einer Zeitmaschine bei den Vorfahren kurz vorbeischauen zu können.
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Agnost dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 12.11.2006 Beiträge: 5618
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(#1015128) Verfasst am: 05.06.2008, 10:33 Titel: |
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Ja, die Türkei ist ganz nach Stoiber total durchrasst.
Das "türkische" an der Türkei ist die türkische Sprache, da ist die "Nation" wie Frankreich, wo auch die französische Sprache die Nation geboren hat.
Darum sind ja die Nationalisten in der Türkei so vehemente Gegner der kurdischen Sprache. Sie fürchen um den Zusammenhalt der Nation.
Agnost
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ateyim registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.05.2007 Beiträge: 3656
Wohnort: Istanbul
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(#1015137) Verfasst am: 05.06.2008, 10:46 Titel: |
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wobei Frankreich und die französische Sprache ein interessanter Punkt ist. Die französiche Kulturpolitik muss auch nicht gerade zimperlich mit seinen Minderheitensprachen umgegangen sein oder gar noch umgehen... z.B. Bretonisch. Die Rigorositaet hat mich doch verwundert. Vielleicht kann da Quéribus ja was dazu sagen.
aus wiki:
Zitat: | Die Sprache genießt bis heute keine offizielle Anerkennung seitens des französischen Staates und wurde im 19. und 20. Jahrhundert rigoros unterdrückt. Die Phase der aktiven Unterdrückung dauerte bis in die 1960er-Jahre. Auch heute wird ein Brief, wenn in bretonischer Sprache adressiert, beim Postamt nicht akzeptiert, auch wenn seit einigen Jahren im zweisprachigen Gebiet auch zweisprachige Ortsschilder aufgestellt wurden, was aber von der jeweiligen Gemeinde ausgehen muss und nichts daran ändert, dass weiterhin nur die französischen Versionen der Ortsnamen offiziell anerkannt sind. Die Sprache wird von einer starken nationalen bretonischen Bewegung gefördert. |
So etwas von der Türkei zu hören wird gerne schon als normal hingenommen... aber bei Frankreich war ich persönlich doch erstaunt, auch wenn ich um den französischen Wahn für den Schutz der Sprache weiss.
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Agnost dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 12.11.2006 Beiträge: 5618
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(#1015146) Verfasst am: 05.06.2008, 11:17 Titel: |
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Atatürk hat aus vielen europäischen Quellen gespiesen:
Im Bereich der Rechts-Systeme hat er sich an Deutschland, der Schweiz und auch Italien orientiert.
In der Sprachpolitik hat er sich an Frankreich gehalten.
Die Franzosen waren früher knallhart gegen Minderheitssprachen.
Auch sie mussten unter dem Druck der EU und "Strassburg" ihre Sprachpolitik modifizieren. Und zwar massiv.
Auch in Kärnten führt der Haider einen "heroischen" Kampf gegen zweisprachige Ortsschilder in den Bezirken mit hohem Slowenen-Anteil
Agnost
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Alchemist registrierter User
Anmeldungsdatum: 03.08.2004 Beiträge: 27898
Wohnort: Hamburg
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(#1015161) Verfasst am: 05.06.2008, 11:43 Titel: |
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ateyim hat folgendes geschrieben: | wobei Frankreich und die französische Sprache ein interessanter Punkt ist. Die französiche Kulturpolitik muss auch nicht gerade zimperlich mit seinen Minderheitensprachen umgegangen sein oder gar noch umgehen... z.B. Bretonisch. Die Rigorositaet hat mich doch verwundert. Vielleicht kann da Quéribus ja was dazu sagen.
aus wiki:
Zitat: | Die Sprache genießt bis heute keine offizielle Anerkennung seitens des französischen Staates und wurde im 19. und 20. Jahrhundert rigoros unterdrückt. Die Phase der aktiven Unterdrückung dauerte bis in die 1960er-Jahre. Auch heute wird ein Brief, wenn in bretonischer Sprache adressiert, beim Postamt nicht akzeptiert, auch wenn seit einigen Jahren im zweisprachigen Gebiet auch zweisprachige Ortsschilder aufgestellt wurden, was aber von der jeweiligen Gemeinde ausgehen muss und nichts daran ändert, dass weiterhin nur die französischen Versionen der Ortsnamen offiziell anerkannt sind. Die Sprache wird von einer starken nationalen bretonischen Bewegung gefördert. |
So etwas von der Türkei zu hören wird gerne schon als normal hingenommen... aber bei Frankreich war ich persönlich doch erstaunt, auch wenn ich um den französischen Wahn für den Schutz der Sprache weiss. |
Dann solltest du erstmal Québec erleben...
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Agnost dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 12.11.2006 Beiträge: 5618
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(#1015164) Verfasst am: 05.06.2008, 11:48 Titel: |
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Ja, aber Quebec ist was anderes, da wird ja die Sprache einer Minderheit geschützt, während beim französischen Nationalimus und beim türkischen Nationalimus Minderheitssprachen unterdrückt werden/wurden, weil sich die Nation auf die Sprache stützt. Aus der Sprache erwächst erst die Nation.
Man ist erst richtiger Franzose wenn man weiss wo der Subjonctiv angebracht ist und wo der Conditionell.
Agnost
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Tassilo Deaktiviert
Anmeldungsdatum: 17.05.2004 Beiträge: 7361
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(#1015166) Verfasst am: 05.06.2008, 11:51 Titel: |
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ateyim hat folgendes geschrieben: | wobei Frankreich und die französische Sprache ein interessanter Punkt ist. Die französiche Kulturpolitik muss auch nicht gerade zimperlich mit seinen Minderheitensprachen umgegangen sein oder gar noch umgehen... z.B. Bretonisch. Die Rigorositaet hat mich doch verwundert. Vielleicht kann da Quéribus ja was dazu sagen. |
http://fr.wikipedia.org/wiki/Politique_linguistique_de_la_France
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Agnost dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 12.11.2006 Beiträge: 5618
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(#1015174) Verfasst am: 05.06.2008, 12:02 Titel: |
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Zitat: | C'est aussi l'origine de la conception française de l'État (une nation, une langue, un peuple) :
« La langue fait le peuple « Dès qu'une langue a “coagulé” un peuple, tous les éléments “raciaux” de ce peuple se subordonnent à cette langue. C'est dans ce sens qu'on a dit : la langue fait le peuple (lingua gentem facit). » »
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Zitiert aus dem selben Wiki-Link.
Dies war die Blaupause für Atatürks "Nation".
Hier noch ein Link aus der deutschen Wikipedia zu Frankreich:
http://de.wikipedia.org/wiki/Franz%C3%B6sische_Sprachpolitik
Zitat: | Entsprechend ist Frankreich (und Andorra) das einzige europäische Land das das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten noch nicht unterzeichnet hat; auch die vorderasiatische Türkei nicht. Diese Vereinbarung trat 1998 in Kraft und muss von Beitrittskandidaten mittlerweile umgesetzt werden, um der EU beitreten zu können.
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Man kann also sehen, dass die Türkei für einen EU Beitritt Bedingungen akzeptieren müsste, die für Frankreich nicht gelten.
Natürlich sind die Bedingungen richtig.
Von den 3 momentan im türkischen Parlament vertretenen Parteien ist nur Erdogans AKP bereit in diese Richtung zu denken.
Die Kemalistien und Rechtsnationalisten sind dazu nicht bereit.
Wird also die AKP vom Verfassungsgericht verboten, dann war es das mit der Annäherung der Türkei an die EU.
Vordergründig bliebe die Säkularität der Türkei gewahrt, das Foltern durch die Militärs und den "tiefen Staat" könnte weiter gehen.
Agnost
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ateyim registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.05.2007 Beiträge: 3656
Wohnort: Istanbul
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(#1015215) Verfasst am: 05.06.2008, 12:42 Titel: |
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Agnost hat folgendes geschrieben: | Von den 3 momentan im türkischen Parlament vertretenen Parteien ist nur Erdogans AKP bereit in diese Richtung zu denken.
Die Kemalistien und Rechtsnationalisten sind dazu nicht bereit.
Wird also die AKP vom Verfassungsgericht verboten, dann war es das mit der Annäherung der Türkei an die EU.
Agnost |
Da kann man sich sicher sein, dass es so kommen würde, wenn die AKP verboten wird.
Wie weit Umfragen von diesem Verbotsverfahren beeinflusst sind, kann ich nicht beurteilen... aber derzeit geben 55% an, dass sie das Vertrauen in die Regierung verloren haetten und wenn am vergangen Sonntag Wahlen gewesen waehren , dann waere die AKP nur noch auf 36% gekommen... die alleinige Mehrheit waere wohl futsch. Auch ohne Verbotsverfahren ist die AKP innenpolitisch (vor allem wirtschaftspolitisch) maechtig ins Schlittern gekommen... und wenn ich mir die Alternativen anschaue, dann faellt mir nur der Pest-Cholera-Vergleich ein
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ateyim registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.05.2007 Beiträge: 3656
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(#1015464) Verfasst am: 05.06.2008, 19:29 Titel: |
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Die Verfassungsaenderung, die von der AKP und der MHP durchgeführt wurde und mit das Kopftuch Zugang zu türkischen Universitaeten fand, wurde mit 9 zu 2 Stimmen vom türkischen Verfassungsgericht für ungültig erklaert und mit sofortiger Wirkung aufgehoben.
Es wurde wie erwartet damit argumentiert, dass man durch die Hintertür den Paragraphen 4 der Verfassung umgangen habe, die eine Aenderung der Paragraphen 2 und 3 für unzulaessig erklaert.
Paragraph 2 besagt:
[quote]Artikel 2. Die Republik Türkei ist ein im Geiste des Friedens der Gemeinschaft, der nationalen Solidarität und der Gerechtigkeit die Menschenrechte achtender, dem Nationalismus Atatürks verbundener und auf den in der Präambel verkündeten Grundprinzipien beruhender demokratischer, laizistischer und sozialer Rechtsstaat.
(Bemerkung am Rande: bei einigen Punkten konnte ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen )
Oben erwaehnter Laizismus sei halt dadurch umgangen worden...
Wie sollte es in der Türkei anders sein, damit ist nicht Schluss... denn plötzlich behaupten einige AKP-Abgeordnete, dass einer der Hauptgründe für den Parteiverbotsantrag eben diese Aenderung war, und diese gaebe es ja nun nicht mehr, ergo ist nichts da, gegen das man klagen könne.
Die Parteiführung der AKP hat sich noch nicht geaeussert, aber die der rechten MHP: man habe zusammen mit der AKP versucht eine Lösung für das Kopftuch zu finden, dass eine Teilung und Gruppenbildung im Volk verhindert, das Verfassungsgericht hat dies aber mit einer nicht nur mit einer politischen Entscheidung diesen Frieden in Gefahr gebracht.
Mal sehen, was die naechsten Tage bringen werden
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tillich (epigonal) hat Spaß
Anmeldungsdatum: 12.04.2006 Beiträge: 22333
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(#1015969) Verfasst am: 06.06.2008, 12:19 Titel: |
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Und der Laizismus verlangt es zwingend (!), den Besuchern (nicht mal nur Angestellten!) bestimmter öffentlicher Institutionen, das Kopftuch zu verbieten?
Sorry, von außen geeshen, halte ich das für ein sehr merkwürdiges Urteil.
_________________ "YOU HAVE TO START OUT LEARNING TO BELIEVE THE LITTLE LIES." -- "So we can believe the big ones?" -- "YES."
(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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ateyim registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.05.2007 Beiträge: 3656
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(#1015975) Verfasst am: 06.06.2008, 12:30 Titel: |
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mal abgesehen von dem Urteil:
da seit Atatürks Zeiten Vollbaerte genauso als Symbol für Religion angesehen werden wie das Kopftuch bei Frauen, darfi ich nur absolut glatt rasiert - also auch ohne Schnaeuzer und Dreitagebart - in militaerische Einrichtungen...
Du wirst fragen, wann will man so etwas?
Aber es gibt z.B. Museen, die in Raeumlichkeiten untergebracht sind, die dem Militaer unterstellt sind, oder Saele, die für verschiedene Feierlichkeiten vom Militaer vermietet werden...
Es ist schon vorgekommen, dass man sogar den Bürgersteig vor dem Eingang einer solchen Halle verlassen musste, weil man nicht rasiert war
ich denke, das sagt alles...
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ateyim registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.05.2007 Beiträge: 3656
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(#1030960) Verfasst am: 24.06.2008, 09:35 Titel: |
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eine Sonderregelung, die Sarkozy in Bezug auf die Türkei einführen wollte, ist abgeblockt worden.
Sarkozy wollte in Frankreich für jede zukünftige EU-Erweiterung, bei der es um die Aufhnahme eines Landes geht, das über mehr als 5% der aktuellen EU-Bevölkerung verfügt, ein Referendum durchsetzen...
Soll man ja gerne verabschieden solche Gesetze, aber gerade im Falle Sarkozy ist es halt wieder mal eindeutig, dass es vorrangig gegen EIN bestimmtes Land gerichtet ist.
Der französische Senat hat das Gesetz mit 297 zu 7 Stimmen abgelehnt, weil es "méprisant" (veraechtlich) gegenüber Ankara sei....
Ich verstehe diese Panik echt nicht.... man versucht mit Gewalt jetzt schon sicherzustellen, zu garantieren, dass die Türkei es niemals schaffen darf... wenn man mal nicht so blind und panisch um sich schlagen würde, würde man erkennen, dass wenn man die "normalen" Anforderungen (ohne Extras) von den Türken bis zum letzten Paragraphen 100%ig erfüllt sehen möchte, ist die Türkei noch dermassen weit davon entfernt aufgenommen zu werden.... es kann von alleine sogar durchaus sein, dass sie diese Bedingungen niemals zur Zufriedenheit umsetzen können wird. Wenn es hier zum AKP-Verbot kommen sollte und eine kemalistisch-nationalistische Koalition die Macht übernimmt, ist das Thema EU eh für mindestens 10 oder gar 20 Jahre zu den Akten gelegt... nicht offiziell, aber die nötigen Veraenderungen werden dermassen verlangsamt werden...
Faend ich toll, wenn so mancher Politiker diese Panik an den Tag legen würde, wenn es um Umweltthemen geht... wenn man da mal mit einer "Ein-für-alle-mal klaeren-Taktik" ans Werk gehen würde.... aber nein....
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