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ateyim registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.05.2007 Beiträge: 3656
Wohnort: Istanbul
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(#1046918) Verfasst am: 18.07.2008, 10:55 Titel: Territorialer Anspruch |
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Immer wieder stosse ich, sowohl bei der Lektüre von Geschichtsbüchern aber auch bei aktuellen Themen auf das Argument, dass Völker gewisse Gebiete für sich rechtlich beanspruchen.
Als jemand, der in der Türkei lebt, kommen mir aber da nicht nur die Kurden in den Sinn. Auch die Rückeroberungsversuche der Griechen in Anatolien nach der osmanischen Niederlage im 1.Weltkrieg schwirren mir durch den Kopf, aber auch der Anspruch einer jeden heute existierenden Nation auf ihr Territorium, sei es die Türkei selbst, Deutschland, Frankreich usw.
In den Jahrtausenden der Menschheitsgeschichte sind Staaten entstanden und wieder von der Bildflaeche verschwunden. Wer z.B. sollte das Besitzrecht für sich über Anatolien beanspruchen dürfen: Hethiter, Perser, Griechen, Römer, Mongolen, Türken????
Wie sieht es mit der Region des Nahen Ostens aus und den Palaestinensern? Bedauern kann ich, dass manche historische Entscheidungen wohl nicht wohl durchdacht getroffen wurden, aber ich würde niemals sagen, dass das Land, das ihnen "gehörte" genommen wurde.
Bloss weil wir heute in der "Moderne" leben, bedeutet dies für mich nicht, dass das, was wir in Geschichtbüchern für historische Selbstverstaendlichkeiten halten, dass naemlich etwas Altes faellt oder geschluckt wird und dass daraus was Neues hervorgeht, für uns nicht mehr gilt.
Z.B. ein möglicher Zerfall Belgiens: wenn wir von so einem Vorfall in einem Geschichtsuch laesen und es laege hunderte Jahre zurück, dann würden wir es schön zerlegen können, in Ursachen, Anlaesse, Auslöser, Folgen... wenn man es aber zeitlich live miterlebt, dann erscheint es als eine Sache, die die Mehrheit für nicht wünschenswert und für eine "europaeische" Katastrophe haelt... aber die Geschichte würde auch nach einem solchen Bruch weitergeschrieben werden... mit neuen Teilnehmern.
Vertraege zwischen Staaten und Vereinbarungen, die Achtung der politischen und territorialen Souveraenitaet sind sicherlich eine feine Sache, aber was, wenn klimatische und soziale Entwicklungen in manchen Regionen der Erde einen solchen "Expansions- oder Wanderdruck" (mir fallen keine besseren Worte ein, ich hoffe es wird klar, was ich meine) auslösen, wie er früher zu den Völkerwanderungen geführt hat.
Was wenn die Diplomatie an die Grenzen stösst... würde ein Volk, eine Nation bereit sein, sein Ende zu akzeptieren, bloss weil es den Anspruch eines Nachbarstaates auf seine territoriale Unversehrtheit mal schriftlich anerkannt hat? Wohl kaum.
Unsere heutige Welt waere ohne diese seit jeher bestehende Dynamik nicht so, wie sie heute ist...( z.B. waere der Turkstamm aus dem spaeter das Osmanische Reich hervorging nie nach Anatolien ausgewandert, wenn sie vor den Mongolen in Zentralasien nicht haetten fliehen müssen) die Menschheit aber hat im Verlauf ihrer Geschichte dieser Dynamik der kriegerischen die diplomatische Komponente an die Seite gegeben und sie somit "humaner" zu gestalten versucht.
Man sagt so leicht: gebt den Kurden IHR Land, gebt den Palaestinensern IHR Land, gebt den Tibetern IHR Land... aber vergisst dabei viel zu leicht, dass wenn man in grösseren zeitlichen Dimensionen denkt, auch die Grenzen anderer heute stabiler und wohlhabender Staaten in keinster Weise sicher sind.
Warum ich diese Gedanken poste? Keine Ahnung, vielleicht habe ich in letzter Zeit in Bezug auf Kurden und Palaestinenser und ihr "Anrecht" auf IHR Gebiet zu viel gelesen.
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rk72 gesperrt
Anmeldungsdatum: 09.04.2008 Beiträge: 2462
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(#1046957) Verfasst am: 18.07.2008, 12:26 Titel: |
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Das was du anprangerst, bzw. dich wunderst, ist lediglich der Versuch etwas legal zu erhalten. Auch wenn wir uns manchmal fragen was der Unsinn soll, so versucht man doch tatsächlich alles irgendwie legal zu machen. Ein Beispiel: du überredest die Leute in deiner Lieblingskneipe dir in den Krieg zu folgen und eroberst doch tatsächlich ein Stück Holland. Du nennst es Saufnasen-Land und gibst dir selbst den Titel Saufnasen-König. Das Problem dabei ist, daß auch wenn du das Fleckchen militärisch halten kannst, es nie als dein Land angesehen wird, denn du hast kein Recht drauf. Es mag von einigen Ländern als Staat anerkannt werden, aber du hast kein Recht drauf, also wird es immer besetztes Land sein. Damit es legal wird, muß Holland offiziell auf das Land verzichten. Dann kannst du, auch wenn Holland später das Stück wieder erobert, Anspruch auf das Stück Land erheben. Auch deine Nachfahren können ständig Anspruch erheben. Das auch die Niederländer den gleichen Anspruch haben ist zuerst uninteressant. Vielmehr soll das bedeuten, daß zwei Völker rechtlich Anspruch auf das Land haben. Die müssen das unter sich ausmachen, aber letztendlich haben beide anspruch auf das Stück Land. Würde jetzt Frankreich dort mit Gewalt einmarschieren, wäre es nur eine Besatzungsmacht. Es könnte nicht behaupten, daß das Land Frankreich ist. Dazu müßte die letzte Regierung auf das Land verzichten. Das bedeutet aber nicht, daß die in Zukunft nicht behaupten dürfen, daß das Land ihnen gehört.
Wie du siehst, auch wenn man sich ein Land mit Gewalt nehmen kann, es gehört einem trotzdem nicht. Der alte Besitzer muß offiziell drauf verzichten, sonst ist es nur besetztes Land. Auch die alten Eroberer haben es in der Regel so gemacht. Die haben Krieg geführt und dann haben sich die kleinen Völker unterworfen und dann ging der Anspruch auf einen neuen Besitzer über. Dann machten es die Größeren unter sich aus, dann die ganz Großen usw.
Wenn also die Kurden von einem Anspruch sprechen, dann sagt das nur aus, daß sie irgendwann einen rechtlichen Anspruch auf das Land hatten und der entweder immer noch besteht, weil nie abgegeben wurde und es somit nur besetztes Land ist, es aber inzwischen so lange her ist, daß das kein Schwein mehr interessiert, oder es wurde abgegeben, aber die Nachkommen erkennen es inzwischen nicht an. Jetzt haben sie zwei Möglichkeiten: sie erobern das Land oder die Staatengemeinschaft regelt das friedlich und die Türkei gibt es so ab.
Wie schon gesagt, wem das Land jetzt gehört ist eine Sache, wer zumindest einen historischen Anspruch hat eine zweite. Nicht alle die einen historischen Anspruch haben können das Stück Land regieren, denn es kann nur einen Regenten geben, aber einen Anspruch anmelden kann man. Würde Deutschland dort einmarschieren, die hätte keinen historischen Anspruch auf das Land. Sie könnte nur Besatzungsmacht werden.
Wie du siehst, man versucht alles legal zu halten. Natürlich habe ich das nur sehr sehr grob erklärt. Korinthenkacker werden sich an vielen stören können, aber es reicht um den Sinn zu beschreiben.
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vrolijke Bekennender Pantheist

Anmeldungsdatum: 15.03.2007 Beiträge: 46732
Wohnort: Stuttgart
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(#1046980) Verfasst am: 18.07.2008, 13:16 Titel: |
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rk72 hat folgendes geschrieben: | Das was du anprangerst, bzw. dich wunderst, ist lediglich der Versuch etwas legal zu erhalten. Auch wenn wir uns manchmal fragen was der Unsinn soll, so versucht man doch tatsächlich alles irgendwie legal zu machen. Ein Beispiel: du überredest die Leute in deiner Lieblingskneipe dir in den Krieg zu folgen und eroberst doch tatsächlich ein Stück Holland. Du nennst es Saufnasen-Land und gibst dir selbst den Titel Saufnasen-König. Das Problem dabei ist, daß auch wenn du das Fleckchen militärisch halten kannst, es nie als dein Land angesehen wird, denn du hast kein Recht drauf. Es mag von einigen Ländern als Staat anerkannt werden, aber du hast kein Recht drauf, also wird es immer besetztes Land sein. Damit es legal wird, muß Holland offiziell auf das Land verzichten. Dann kannst du, auch wenn Holland später das Stück wieder erobert, Anspruch auf das Stück Land erheben. Auch deine Nachfahren können ständig Anspruch erheben. Das auch die Niederländer den gleichen Anspruch haben ist zuerst uninteressant. Vielmehr soll das bedeuten, daß zwei Völker rechtlich Anspruch auf das Land haben. Die müssen das unter sich ausmachen, aber letztendlich haben beide anspruch auf das Stück Land. Würde jetzt Frankreich dort mit Gewalt einmarschieren, wäre es nur eine Besatzungsmacht. Es könnte nicht behaupten, daß das Land Frankreich ist. Dazu müßte die letzte Regierung auf das Land verzichten. Das bedeutet aber nicht, daß die in Zukunft nicht behaupten dürfen, daß das Land ihnen gehört.
Wie du siehst, auch wenn man sich ein Land mit Gewalt nehmen kann, es gehört einem trotzdem nicht. Der alte Besitzer muß offiziell drauf verzichten, sonst ist es nur besetztes Land. Auch die alten Eroberer haben es in der Regel so gemacht. Die haben Krieg geführt und dann haben sich die kleinen Völker unterworfen und dann ging der Anspruch auf einen neuen Besitzer über. Dann machten es die Größeren unter sich aus, dann die ganz Großen usw.
Wenn also die Kurden von einem Anspruch sprechen, dann sagt das nur aus, daß sie irgendwann einen rechtlichen Anspruch auf das Land hatten und der entweder immer noch besteht, weil nie abgegeben wurde und es somit nur besetztes Land ist, es aber inzwischen so lange her ist, daß das kein Schwein mehr interessiert, oder es wurde abgegeben, aber die Nachkommen erkennen es inzwischen nicht an. Jetzt haben sie zwei Möglichkeiten: sie erobern das Land oder die Staatengemeinschaft regelt das friedlich und die Türkei gibt es so ab.
Wie schon gesagt, wem das Land jetzt gehört ist eine Sache, wer zumindest einen historischen Anspruch hat eine zweite. Nicht alle die einen historischen Anspruch haben können das Stück Land regieren, denn es kann nur einen Regenten geben, aber einen Anspruch anmelden kann man. Würde Deutschland dort einmarschieren, die hätte keinen historischen Anspruch auf das Land. Sie könnte nur Besatzungsmacht werden.
Wie du siehst, man versucht alles legal zu halten. Natürlich habe ich das nur sehr sehr grob erklärt. Korinthenkacker werden sich an vielen stören können, aber es reicht um den Sinn zu beschreiben. |
Tatsache ist aber, daß -ich sage jetzt mal eine Zahl- 90 % der Länder durch "Saufnasen" besetzt sind. Sonst würde es in west-Europa Länder geben die bevölkert und regiert würden von z.B: Aduatuker, Condrusern, Caerosern, Eburonen und Paemanen.
Wie jeder weiß, alles Völker die es irgenwann mal gegeben hat.
"Völker" kommen und gehen, werden "durchmixt" oder was auch immer. Langfristig hats noch nie was anderes gegeben. Und wenn die Holländer nicht irgendwann mal aufhören werden Ansprüche auf ihr Land anzumelden, dann können wir nie in Frieden leben... Die Frage ist: ab Wann wird der Anspruch illegal? Und im übrigen: Europa wurde vor den Germanen von Kelten bewohnt. Können jetzt die übrige Kelten ansprüche auf ganz Europa stellen?
Irgendwann nennen auch die "Saufnasen" das von ihnen erobertes Land "Saufnasen-Land".
_________________ Glück ist kein Geschenk der Götter; es ist die Frucht der inneren Einstellung.
Erich Fromm
Sich stets als unschuldiges Opfer äußerer Umstände oder anderer Menschen anzusehen ist die perfekte Strategie für lebenslanges Unglücklichsein.
Grenzen geben einem die Illusion, das Böse kommt von draußen
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#1046997) Verfasst am: 18.07.2008, 14:05 Titel: |
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Solange man einen Territorialanspruch stellen kann, ist er legitim und notwendig. Das Völker "kommen und gehen" heisst nicht, dass sie kein Existenz- und Behauptungsrecht hätten. Auch Individuen kommen und gehen.
Zuletzt bearbeitet von Argáiþ am 18.07.2008, 16:29, insgesamt einmal bearbeitet |
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vrolijke Bekennender Pantheist

Anmeldungsdatum: 15.03.2007 Beiträge: 46732
Wohnort: Stuttgart
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(#1047002) Verfasst am: 18.07.2008, 14:25 Titel: |
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Argaith hat folgendes geschrieben: | Solange man einen Terretorialanspruch stellen kann, ist er legitim und notwendig. Das Völker "kommen und gehen" heisst nicht, dass sie kein Existenz- und Behauptungsrecht hätten. Auch Individuen kommen und gehen. |
Ich habe so meine Probleme mit "Völker".
Als "Flame" in Belgien aufgewachsen hatte ich mit der ganze "flamingantische" Bewegung nichts am Hut.
"Völker" sind im übrigen bei Demagogen beliebt, weil man da sozusagen legitim die Leute (Mob) hinter sich scharen kann.
Die Demokratie solls eigentlich egal sein welcher Herkunft du hast. Die Demagogen ists nicht, denn sie sind nicht für irgend was sondern immer nur gegen. Hauptsächlich um ihre eigene Macht zu festigen.
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Erich Fromm
Sich stets als unschuldiges Opfer äußerer Umstände oder anderer Menschen anzusehen ist die perfekte Strategie für lebenslanges Unglücklichsein.
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#1047005) Verfasst am: 18.07.2008, 14:32 Titel: |
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Richtig, wir Demagogen sind gegen alles
Das Problem ist, dass Kulturleistungen immer nur dann zustande kommen, wenn man die ganzen Gruppenmuffel rumkriegt, so elendig diese Drecksarbeit auch ist, und ein System installiert, dass diese lange genug durchschleppt. Wenn das nicht mehr klappt, kommt die nächst-rassistischere Horde und kolonisiert einem den Vorgarten zu. Der Territorialanspruch ist also die Wahl des kleinsten Übels.
Zuletzt bearbeitet von Argáiþ am 18.07.2008, 16:29, insgesamt einmal bearbeitet |
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vrolijke Bekennender Pantheist

Anmeldungsdatum: 15.03.2007 Beiträge: 46732
Wohnort: Stuttgart
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(#1047006) Verfasst am: 18.07.2008, 14:36 Titel: |
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Argaith hat folgendes geschrieben: | Richtig, wir Demagogen sind gegen alles
Das Problem ist, dass Kulturleistungen immer nur dann zustande kommen, wenn man die ganzen Gruppenmuffel rumkriegt, so elendig diese Drecksarbeit auch ist, und ein System installiert, dass diese lange genug durchschleppt. Wenn das nicht mehr klappt, kommt die nächst-rassistischere Horde und kolonisiert einem den Vorgarten zu. Der Terretorialanspruch ist also die Wahl des kleinsten Übels. |
Erkenne ich hier den Islamophob?
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Erich Fromm
Sich stets als unschuldiges Opfer äußerer Umstände oder anderer Menschen anzusehen ist die perfekte Strategie für lebenslanges Unglücklichsein.
Grenzen geben einem die Illusion, das Böse kommt von draußen
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#1047008) Verfasst am: 18.07.2008, 14:47 Titel: |
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Nö, ich hätte auch etwas gegen zuviele fremdkulturelle Einwanderer, unabhängig von ihrer Religion.
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rk72 gesperrt
Anmeldungsdatum: 09.04.2008 Beiträge: 2462
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(#1047026) Verfasst am: 18.07.2008, 15:33 Titel: |
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vrolijke hat folgendes geschrieben: | "Völker" sind im übrigen bei Demagogen beliebt, weil man da sozusagen legitim die Leute (Mob) hinter sich scharen kann. |
Da vertust du dich. Der moderne Staat als solches ist eine relativ junge Erfindung. Du kannst nicht sagen Staat ist gut, Völker sind scheiße. Noch vor nicht all zu langer Zeit war man kein Bürger eines Staates, sondern der Untertan eines Herrschers. Das Stück Land gehörte einem Herrscher. Hat ein anderer Herrscher es erobert, warst du sein Untertann. Auch nicht schlecht, oder? Auch keine Streitereien unter den Völkern und Kulturen, denn alle waren die Untertanen eines Herrschers und nicht ein Volk.
Aber dieses "Die Demokratie solls eigentlich egal sein welcher Herkunft du hast" ist letztendlich auch nur ein Wunschdenken. Der einzige Grund wieso die Kelten keinen Anspruch auf ein Land für ihr Volk fordern ist, daß letztendlich keiner mehr weiß wessen Vorfahre ein Kelte war. Und auch wenn einer mal einen keltischen Vorfahren findet, das hat sich inzwischen derart vermischt, daß es keine reinen Kelten mehr gibt. Das Problem mit dem Land für die Kelten hast sich also erledigt. Und hier zeigt sich das Problem des Multikulti. Es gibt zwei Möglichkeiten, die Assimilation und die kulturelle Vielfalt. Bei der Assimilation geht die Kultur in die andere ein und wird nur noch ein Teil der Kultur, aber keine eigenständige Kultur. Sie verschwindet nicht komplett, sie wird einfach nur in einen großen Kessel geworfen. Die Gruppe wird Teil einer größeren Gruppe und der Drang nach den Grenzen für das eigene Volk verschwindet. Allerdings verschwindet auch die eigenständige Kultur. Die andere Möglichkeit ist Multikulti. Die Hegemonie einer Hauptkultur wird nicht ermöglicht. Je mehr Kulturen, desto besser. Allerdings führt Multikulti zur Gruppenbildung. Der Drang nach Grenzen für sein Volk, denn Volk definiert sich u.a. über Kultur, wird immer da bleiben.
Dem Staat sind Völker und 1000 Kulturen in seinen Grenzen egal. Fließen alle Völker zu einem Volk mit einer gemeinsamen Kultur, sind alle mit einer Grenze zufrieden. Nachteil, kulturelle Einheitsbrei. Oder alle behalten ihre Kultur, es ist ein Multikultistaat mit viele Kulturen, aber unter der Oberfläche brodelt es immer, denn jeder sieht immer seine Kultur bedroht oder diskriminiert.
Daß es in Deutschland einigermaßen gut funktioniert liegt am föderalen System des Landes. Die Bayern könne ihre bayerische Kultur pflegen und Berlin kann denen in diesem Punkt nicht reinreden. Allerdings noch feiner wird es nicht aufgegliedert.
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#1047053) Verfasst am: 18.07.2008, 16:58 Titel: |
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Die Kelten insgesamt hätten auch keinen Territorialanspruch gestellt, da sie keine gemeinsame Identität hatten. Aus kultureller Nähe oder Kompatibilität ergibt sich auch nicht unbedingt ein Recht auf irgendwas, wenn man es realistisch sieht. Einzig bedeutend ist, dass sich eine Gruppe zur Kooperation bekennt. Von 'außen' betrachtet könnte man natürlich über Volk X sagen, dass es kulturell ausreichend homogen ist und daher einen Territorialanspruch stellen könnte. Das ist aber eine ästhetische Vorstellung und keine analytische. Tatsächlich hat die Identitätserklärung von Volk X den höheren Rang, völlig egal, wie homogen die Kultur ist. Natürlich resultiert die Identitätserklärung üblicherwese aus dem Interesse des Kulturerhalts, also ist in der Regel kulturelle Homogenität die Vorbedingung zur Staatenbildung, weil so meistens ein Interesse zur Kooperation entsteht, aber nicht zwingendermaßen. Wenn dies der Fall ist, bzw der Eigenwahrnehmung der Eliten entspricht, dann ist es umgekehrt allerdings auch egal, ob die etwahige kulturelle Homogenität konstruiert ist oder nicht - eine Identität ist gegeben, wenn sie funktioniert. Man kann dann nachträglich sicherlich feststellen, Volk X hat ja nur aufgrund von Geschichtsverfälschung seine Identität begründet; zu folgern, dass es diese Identität also eigentlich nicht vertreten dürfe, ist dann aber Unsinn und beruht auf einer ästhetischen Egänzung des Volksbegriffes um den Territorialanspruch. Die Behauptung, die Deutschen dürften keine Identität besitzen, weil sie ja in Wahrheit keine homogene Kultur hätten, ist also erst recht völkisches Denken.
Zitat: | Dem Staat sind Völker und 1000 Kulturen in seinen Grenzen egal. Fließen alle Völker zu einem Volk mit einer gemeinsamen Kultur, sind alle mit einer Grenze zufrieden. Nachteil, kulturelle Einheitsbrei. Oder alle behalten ihre Kultur, es ist ein Multikultistaat mit viele Kulturen, aber unter der Oberfläche brodelt es immer, denn jeder sieht immer seine Kultur bedroht oder diskriminiert. |
Das ist nicht so einfach. Es stimmt zwar, dass Kulturen auf lange Sicht innerhalb derselben Grenze homogenisieren, allerdings erhält das wenigstens eine positive Identität. Multikulturalismus hingegen führt auf lange Sicht zum wahren Einheitsbrei und nimmt eine positive Identität vorweg.
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vrolijke Bekennender Pantheist

Anmeldungsdatum: 15.03.2007 Beiträge: 46732
Wohnort: Stuttgart
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(#1047082) Verfasst am: 18.07.2008, 18:29 Titel: |
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rk72 hat folgendes geschrieben: | vrolijke hat folgendes geschrieben: | "Völker" sind im übrigen bei Demagogen beliebt, weil man da sozusagen legitim die Leute (Mob) hinter sich scharen kann. |
Da vertust du dich. Der moderne Staat als solches ist eine relativ junge Erfindung. Du kannst nicht sagen Staat ist gut, Völker sind scheiße. Noch vor nicht all zu langer Zeit war man kein Bürger eines Staates, sondern der Untertan eines Herrschers. Das Stück Land gehörte einem Herrscher. Hat ein anderer Herrscher es erobert, warst du sein Untertann. Auch nicht schlecht, oder? Auch keine Streitereien unter den Völkern und Kulturen, denn alle waren die Untertanen eines Herrschers und nicht ein Volk.
Aber dieses "Die Demokratie solls eigentlich egal sein welcher Herkunft du hast" ist letztendlich auch nur ein Wunschdenken. Der einzige Grund wieso die Kelten keinen Anspruch auf ein Land für ihr Volk fordern ist, daß letztendlich keiner mehr weiß wessen Vorfahre ein Kelte war. Und auch wenn einer mal einen keltischen Vorfahren findet, das hat sich inzwischen derart vermischt, daß es keine reinen Kelten mehr gibt. Das Problem mit dem Land für die Kelten hast sich also erledigt. Und hier zeigt sich das Problem des Multikulti. Es gibt zwei Möglichkeiten, die Assimilation und die kulturelle Vielfalt. Bei der Assimilation geht die Kultur in die andere ein und wird nur noch ein Teil der Kultur, aber keine eigenständige Kultur. Sie verschwindet nicht komplett, sie wird einfach nur in einen großen Kessel geworfen. Die Gruppe wird Teil einer größeren Gruppe und der Drang nach den Grenzen für das eigene Volk verschwindet. Allerdings verschwindet auch die eigenständige Kultur. Die andere Möglichkeit ist Multikulti. Die Hegemonie einer Hauptkultur wird nicht ermöglicht. Je mehr Kulturen, desto besser. Allerdings führt Multikulti zur Gruppenbildung. Der Drang nach Grenzen für sein Volk, denn Volk definiert sich u.a. über Kultur, wird immer da bleiben.
Dem Staat sind Völker und 1000 Kulturen in seinen Grenzen egal. Fließen alle Völker zu einem Volk mit einer gemeinsamen Kultur, sind alle mit einer Grenze zufrieden. Nachteil, kulturelle Einheitsbrei. Oder alle behalten ihre Kultur, es ist ein Multikultistaat mit viele Kulturen, aber unter der Oberfläche brodelt es immer, denn jeder sieht immer seine Kultur bedroht oder diskriminiert.
Daß es in Deutschland einigermaßen gut funktioniert liegt am föderalen System des Landes. Die Bayern könne ihre bayerische Kultur pflegen und Berlin kann denen in diesem Punkt nicht reinreden. Allerdings noch feiner wird es nicht aufgegliedert. |
Wieso vertuhe ich mich hier? Habe ich irgendwo gesagt: "Staat ist gut, Völker sind scheisse"? Deinem Beitrag kann ich in großen ganzen (paar klitzekleine Änderungen würde ich reinschreiben) so unterschreiben.
_________________ Glück ist kein Geschenk der Götter; es ist die Frucht der inneren Einstellung.
Erich Fromm
Sich stets als unschuldiges Opfer äußerer Umstände oder anderer Menschen anzusehen ist die perfekte Strategie für lebenslanges Unglücklichsein.
Grenzen geben einem die Illusion, das Böse kommt von draußen
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reign bla bla
Anmeldungsdatum: 21.07.2006 Beiträge: 1880
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(#1047107) Verfasst am: 18.07.2008, 19:46 Titel: Re: Territorialer Anspruch |
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ateyim hat folgendes geschrieben: | Bloss weil wir heute in der "Moderne" leben, bedeutet dies für mich nicht, dass das, was wir in Geschichtbüchern für historische Selbstverstaendlichkeiten halten, dass naemlich etwas Altes faellt oder geschluckt wird und dass daraus was Neues hervorgeht, für uns nicht mehr gilt. | Jugoslawien ist doch gerade erst zerfallen, und das auf die schönste Art und Weise - durch Krieg. Weitere Desintegrationsprozesse stehen noch im sogenannten Bosnien und Herzegowina und Serbien aus. Und auf der anderen Seite die Integration in die EU. Dann wird irgendwann wieder die EU zerfallen usw; es ändert sich ständig was.
_________________ be your own pet
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