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ateyim registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.05.2007 Beiträge: 3656
Wohnort: Istanbul
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(#1096344) Verfasst am: 30.09.2008, 13:43 Titel: Strassen aus Gold.. |
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Heute in der türkischen Zeitung "Sözcü", die eindeutig kemalistisch gepraegt ist und keine Gelegenheit auslaesst gegen die Regierung zu wettern, war heute auf der Titelseite ein Foto, das ich online leider nicht gefunden habe und daher beschreiben will.
Das Foto war in zwei Haelften geteilt. Auf der linken Haelfte sah man einen jungen Mann der auf dem Rücken eine sehr alte Frau trug, die von der Kleidung her eindeutig eine türkische Landfrau aus dem tiefsten Anatolien war.
Der Schriftzug zu diesem Abschnitt: "Er traegt seine Mutter zur Bank, damit sie ihre wenigen Lira Rente, die zum Überleben nicht ausreichen, abholen kann"
Auf der anderen Seite sieht man einen Patienten auf einer Bahre liegen und um ihn herum Rettungskraefte.
Der Schriftzug hier: "Seine norwegische Krankenversicherung holt den Türken xy mit einem Sonderflieger ab, als dieser im Türkeiurlaub einen Herzanfall erlitt und flog ihn zurück nach Oslo ins Krankenhaus."
Die Überschrift über dem Gesamtfoto: Zwei Türken - zwei Leben von unterschiedlichem Wert?
Ich frage mich, wie man jemanden, der im hintersten Anatolien solche Bilder sieht, davon überzeugen kann, dass in Euopa nicht alles Gold ist, was glaenzt. Kann ich es diesem Menschen verübeln, wenn er alles daransetzt seine paar Kröten zusammenzukratzen, und alles zu versuchen nach Westeuropa zu gelangen.
Wirtschaftsflüchtlinge.. wie oft stellt man sich unter diesem Begriff Menschen vor, die nach einer Pro-Kontra-Rechnung und Abwaegung zu dem Schluss kommen, dass es ihnen im Ausland ALLES IN ALLEM besser gehen wird. Wieviele sind darunter, die überhaupt nichts gegeneinander abwiegen können... für die gibt es kein ALLES IN ALLEM, sondern nur ein einziges ZIEL, kein Abwaegen von Pros und Cons im Zielland, sondern nur die Feststellung: "Alles ist besser als dies hier".
Lasst den jungen Mann in einem Kaffee in seinem Dorf dieses Foto sehen. Wenn er es schafft und in irgendeinem Land in einem Flüchtlingslager auf seine Abschiebung wartet, hat er es dann verdient, in Gespraechsrunden als Krimineller betrachtet zu werden, der es nur auf Wohlstand abgesehen hat?
Es sind nur Gedanken, und es mag sein, dass ich heute doch etwas sentimental bin - mag auch daran liegen, dass heute wieder Grabbesuche (Grosseltern, Vater) morgens anstanden und mich sowas oft in eine besondere Gemütsstimmung versetzt.
Es sind Gedanken, die ich einfach mal loswerden wollte. Ich will nicht schönreden und ignorieren, dass manche das eiskalt kalkulierend machen, und selbstverstaendlich weiss ich auch keine andere Lösung, als dass man im Herkunftsland selbst das Problem nur lösen kann.
Aber dieses Foto, dieser leere Blick.... nun... an vielen Tagen überseh ich das, heute war es so, als ob sie mich direkt ansahen.
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AXO nach unbekannt auf unbestimmte Zeit verzogen
Anmeldungsdatum: 05.02.2007 Beiträge: 10129
Wohnort: Thüringen
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(#1096387) Verfasst am: 30.09.2008, 14:38 Titel: Re: Strassen aus Gold.. |
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ateyim hat folgendes geschrieben: |
Ich frage mich, wie man jemanden, der im hintersten Anatolien solche Bilder sieht, davon überzeugen kann, dass in Euopa nicht alles Gold ist, was glaenzt. Kann ich es diesem Menschen verübeln, wenn er alles daransetzt seine paar Kröten zusammenzukratzen, und alles zu versuchen nach Westeuropa zu gelangen. |
das kann man m.E. keinem verübeln - ebensowenig wie man sie davon überzeugen kann das
wir nicht alle reich sind. Aus deren Sicht sind wirs nunmal alle - auch der letzte HartzIV Empfänger noch...
Zitat: |
Lasst den jungen Mann in einem Kaffee in seinem Dorf dieses Foto sehen. Wenn er es schafft und in irgendeinem Land in einem Flüchtlingslager auf seine Abschiebung wartet, hat er es dann verdient, in Gespraechsrunden als Krimineller betrachtet zu werden, der es nur auf Wohlstand abgesehen hat? |
hat er nicht verdient
und wo wäre er jetzt wenn die Länder aus denen er kommt nicht jahrhundertelang Spielball
europäischer und nordamerikanischer Macht- und Wirtschaftsinteressen gewesen wären,
deren radikale Wahrung mit Feuer und Schwert letztlich Grundlage unseres Wohlstandes waren
und sind?
Zitat: |
... weiss ich auch keine andere Lösung, als dass man im Herkunftsland selbst das Problem nur lösen kann.
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Jepp und das zu fördern sollte in unserem ureigensten Interesse liegen.
Im Prinzip können wir nämlich noch froh sein das sie nur vereinzelt kommen
und ihnen noch nicht aufgeht warum sie arm und wir reich sind.
Was hindert sie sich gegen uns ebenso zusammen zu rotten wie wir uns jahrhundertelang
gegen sie, und uns einfach zu überrennen wie die Vandalen Rom?
Man sollte tunlichst drauf achten das man Menschen nicht in großer Zahl zum Äußersten treibt.
_________________ Augen auf dann kann nichts passieren
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Alchemist registrierter User
Anmeldungsdatum: 03.08.2004 Beiträge: 27897
Wohnort: Hamburg
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(#1096393) Verfasst am: 30.09.2008, 14:46 Titel: Re: Strassen aus Gold.. |
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ateyim hat folgendes geschrieben: |
Lasst den jungen Mann in einem Kaffee in seinem Dorf dieses Foto sehen. |
Entschuldige, aber diese Verschreiber finde ich immer wieder lustig.
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DeHerg nun schon länger Ranglos
Anmeldungsdatum: 28.04.2007 Beiträge: 6525
Wohnort: Rostock
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(#1096401) Verfasst am: 30.09.2008, 15:09 Titel: Re: Strassen aus Gold.. |
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ateyim hat folgendes geschrieben: | Das Foto war in zwei Haelften geteilt. Auf der linken Haelfte sah man einen jungen Mann der auf dem Rücken eine sehr alte Frau trug, die von der Kleidung her eindeutig eine türkische Landfrau aus dem tiefsten Anatolien war.
Der Schriftzug zu diesem Abschnitt: "Er traegt seine Mutter zur Bank, damit sie ihre wenigen Lira Rente, die zum Überleben nicht ausreichen, abholen kann"
Auf der anderen Seite sieht man einen Patienten auf einer Bahre liegen und um ihn herum Rettungskraefte.
Der Schriftzug hier: "Seine norwegische Krankenversicherung holt den Türken xy mit einem Sonderflieger ab, als dieser im Türkeiurlaub einen Herzanfall erlitt und flog ihn zurück nach Oslo ins Krankenhaus."
Die Überschrift über dem Gesamtfoto: Zwei Türken - zwei Leben von unterschiedlichem Wert? | eigentlich ist es immer noch unvollständig, es fehlt noch das Bild eines Kranken Kindes in den Slums von Luanda(Angola- ein Land mit einer der höchsten Kindersterblichkeitsquoten weltweit) mit der Gesamtüberschrift:" drei Menschen- drei Leben von unterschiedlichem Wert?
Zitat: | Aber dieses Foto, dieser leere Blick.... nun... an vielen Tagen überseh ich das, heute war es so, als ob sie mich direkt ansahen. | wir hier haben ja den "Luxus" diese Leute garnicht sehen zu müssen(was es noch leichter macht sich darum nicht zu kümmern)
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DeHerg nun schon länger Ranglos
Anmeldungsdatum: 28.04.2007 Beiträge: 6525
Wohnort: Rostock
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(#1096402) Verfasst am: 30.09.2008, 15:13 Titel: Re: Strassen aus Gold.. |
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AXO hat folgendes geschrieben: | Zitat: |
Lasst den jungen Mann in einem Kaffee in seinem Dorf dieses Foto sehen. Wenn er es schafft und in irgendeinem Land in einem Flüchtlingslager auf seine Abschiebung wartet, hat er es dann verdient, in Gespraechsrunden als Krimineller betrachtet zu werden, der es nur auf Wohlstand abgesehen hat? |
hat er nicht verdient
und wo wäre er jetzt wenn die Länder aus denen er kommt nicht jahrhundertelang Spielball
europäischer und nordamerikanischer Macht- und Wirtschaftsinteressen gewesen wären,
deren radikale Wahrung mit Feuer und Schwert letztlich Grundlage unseres Wohlstandes waren
und sind? | find ich zu einfach
die (auch wirtschaftlichen) Stellvertreterkriege des kalten Krieges sowie auch korrupte Machthaber vor Ort hängen da genauso dran(und noch vieles weiteres)
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AXO nach unbekannt auf unbestimmte Zeit verzogen
Anmeldungsdatum: 05.02.2007 Beiträge: 10129
Wohnort: Thüringen
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(#1096417) Verfasst am: 30.09.2008, 15:40 Titel: Re: Strassen aus Gold.. |
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DeHerg hat folgendes geschrieben: | AXO hat folgendes geschrieben: | Zitat: |
Lasst den jungen Mann in einem Kaffee in seinem Dorf dieses Foto sehen. Wenn er es schafft und in irgendeinem Land in einem Flüchtlingslager auf seine Abschiebung wartet, hat er es dann verdient, in Gespraechsrunden als Krimineller betrachtet zu werden, der es nur auf Wohlstand abgesehen hat? |
hat er nicht verdient
und wo wäre er jetzt wenn die Länder aus denen er kommt nicht jahrhundertelang Spielball
europäischer und nordamerikanischer Macht- und Wirtschaftsinteressen gewesen wären,
deren radikale Wahrung mit Feuer und Schwert letztlich Grundlage unseres Wohlstandes waren
und sind? | find ich zu einfach
die (auch wirtschaftlichen) Stellvertreterkriege des kalten Krieges sowie auch korrupte Machthaber vor Ort hängen da genauso dran(und noch vieles weiteres) |
Wie Du schon sagst waren ja die Stellvertreterkriege durchaus ebenfalls wirtschaftlich motiviert
- wie sowieso die gesamte Konfrontation wärend des kalten Krieges
und für korrupte Machthaber brauchts stets wen der sie korrumpiert und seinen Nutzen draus zieht.
Es gibt schließlich genug öffentlich gewordene Beispiele aus welchen wirtschaftlichen Erwägungen
(billige Importe von Nahrung und Rohstoffen - durch Abbaurechte und Landbesitz vor allem)
korrupte Regierungen eingesetzt bzw. deren gewaltsame Machtübernahme bezahlt wurde.
und auch heute noch sind ein paar Überweisungen schnell getätigt um Machthaber xy dazu zu bewegen,
die Interessen seines Landes und seines Volkes zu verraten indem er Konzern xy Rohstoffbau
und -Export zum Dumpingtarif ermöglicht.
Die Chinesen z.B. stützen nicht wegen oder für nix die Regierung im Sudan und finanziert damit
indirekt das Abschlachten der Menschen in den Rebellengebieten (die ihrerseits von den westlichen
Industienationen gespornsort werden weil man durch ihr Gebiet nen Eisenbahntransfer des Öls nach
Kenia organsieren könnte), Landnahme und die derzeit größte humanitäte Katastrophe
in einem Land welches bei eigener Förderung und eigenem Verkauf seines Erdöls ähnlich in Geld
und Wohlstand schwimmen könnte wie die arabischen Golfstaaten.
Die geschätzten 3 Milliarden Barrel haben immerhin derzeit einen Marktwert von 300 Milliarden Dollar.
Damit ließe sich in so einem Land einiges an Writschaftsaufbau finanzieren - ebenso lohnt sichs
natürlich n paar Millionen den Machthabern in die Taschen zu stecken damit sie dafür sorgen
das alles so bleibt wie es ist, damit man das Öl selbst fördern kann.
_________________ Augen auf dann kann nichts passieren
Zuletzt bearbeitet von AXO am 30.09.2008, 15:47, insgesamt 2-mal bearbeitet |
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AXO nach unbekannt auf unbestimmte Zeit verzogen
Anmeldungsdatum: 05.02.2007 Beiträge: 10129
Wohnort: Thüringen
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(#1096420) Verfasst am: 30.09.2008, 15:41 Titel: Re: Strassen aus Gold.. |
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DeHerg hat folgendes geschrieben: | ateyim hat folgendes geschrieben: | Das Foto war in zwei Haelften geteilt. Auf der linken Haelfte sah man einen jungen Mann der auf dem Rücken eine sehr alte Frau trug, die von der Kleidung her eindeutig eine türkische Landfrau aus dem tiefsten Anatolien war.
Der Schriftzug zu diesem Abschnitt: "Er traegt seine Mutter zur Bank, damit sie ihre wenigen Lira Rente, die zum Überleben nicht ausreichen, abholen kann"
Auf der anderen Seite sieht man einen Patienten auf einer Bahre liegen und um ihn herum Rettungskraefte.
Der Schriftzug hier: "Seine norwegische Krankenversicherung holt den Türken xy mit einem Sonderflieger ab, als dieser im Türkeiurlaub einen Herzanfall erlitt und flog ihn zurück nach Oslo ins Krankenhaus."
Die Überschrift über dem Gesamtfoto: Zwei Türken - zwei Leben von unterschiedlichem Wert? | eigentlich ist es immer noch unvollständig, es fehlt noch das Bild eines Kranken Kindes in den Slums von Luanda(Angola- ein Land mit einer der höchsten Kindersterblichkeitsquoten weltweit) mit der Gesamtüberschrift:" drei Menschen- drei Leben von unterschiedlichem Wert? |
Zitat: |
Zitat: | Aber dieses Foto, dieser leere Blick.... nun... an vielen Tagen überseh ich das, heute war es so, als ob sie mich direkt ansahen. | wir hier haben ja den "Luxus" diese Leute garnicht sehen zu müssen(was es noch leichter macht sich darum nicht zu kümmern) |
_________________ Augen auf dann kann nichts passieren
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AXO nach unbekannt auf unbestimmte Zeit verzogen
Anmeldungsdatum: 05.02.2007 Beiträge: 10129
Wohnort: Thüringen
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