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Tarvoc Holy shit, 4 decades already.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44766
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(#1100134) Verfasst am: 06.10.2008, 20:15 Titel: |
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Wolf hat folgendes geschrieben: | Die Gesellschaft erwartet, dass Tarvoc (beim Autofahren) auf spielende Kinder achtet.
Zugewiesen wird dir die Verantwortung (die Erwartung zu erfüllen) und nicht die Erwartung. |
Das dachte ich mir natürlich schon. Der ursprüngliche Satz war allerdings mindestens zweideutig. Er lautete: Die Zuweisung von Verantwortung (im Sinne der allgemeinen Erwartung erwünschten individuellen Verhaltens) funktioniert auch ohne Handlungsfreiheit. D.h. entweder die Verantwortung oder die Zuweisung ist synonym (so jedenfalls lese ich den Ausdruck "im Sinne von" hier) zu einer allgemeinen Erwartung. Nun sind aber die Ausdrücke "Verantwortung" und "Zuweisung" beide nicht synonym für Erwartung; höchstens könnte man sagen, dass die Zuweisung ein Ausdruck von Erwartung ist. Nun ist es weder so, dass jede Erwartung, die in mich gesetzt wird, auch eine Verantwortung meinerseits, dieser Erwartung nachzukommen, begründet; noch muss jede Verantwortung, die mir zugeschrieben wird, notwendig direkt mit Erwartungen verbunden sein. Beispiel für ersteres: Nur weil z.B. irgend jemand erwartet, dass ich ihm für irgendwas, das ich tue, Rechenschaft ablege, heißt das noch lange nicht, dass ich in der Verantwortung bin, dies auch zu tun. Beispiel für zweiteres: Wenn mich ein Bettler um Geld anbettelt, wird man sagen, ich bin verantwortlich dafür, ob ich ihm welches gebe oder nicht, ohne dass bereits gesagt wäre, welche Handlung derjenige, der so spricht, von mir erwartet. Außerdem hat auch der Begriff "Erwartung" mehrere Implikationen; er kann beispielsweise eine normative Aufladung entweder haben oder nicht haben. Man vergleiche beispielsweise die beiden Sätze "Ich erwarte, dass morgen früh die Sonne aufgeht" und "Ich erwarte, dass du die Arbeit bis 12 Uhr gemacht hast". Vielleicht ist es nur ein Eindruck, aber mir scheint, dass hier beides durcheinander geworfen wird. Und auch die Frage, welches "Subjekt" mir jeweils mit welcher "Berechtigung" aufgrund seiner Erwartungen Verantwortung für etwas zuschreiben kann, wird hier höchstens stiefmütterlich behandelt, obwohl gerade diese Frage das eigentlich Interessante an der ganzen Thematik ist. Wann immer davon die Rede ist, dass einer Person oder Sache etwas "zugeschrieben" wird, muss man sich fragen, was eine solche Zuschreibung, welche ja einen performativen Akt darstellt, eigentlich ausmacht und charakterisiert; d.h. was man sucht, ist nicht eine Physik, sondern eine Logik der Zuschreibung.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustand, in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Wolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.08.2004 Beiträge: 16610
Wohnort: Zuhause
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(#1100137) Verfasst am: 06.10.2008, 20:18 Titel: |
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Agnost hat folgendes geschrieben: | In einem System, in der ich Verantwortung annehmen oder ablehnen kann, ist es zwar auch ein Machtmerkmal aber ich bin der Verantwortlichkeit nicht so total ausgeliefert. |
Ablehnbarkeit ist nicht unvereinbar mit Zugewiesenheit.
_________________ Trish:(
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1100143) Verfasst am: 06.10.2008, 20:24 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ja, für Dich reicht es eben zur "Handlungsfreiheit" aus, wenn nur genau 1 Handlung möglich ist, solange diese den Präferenzen entspricht und der Handelnde nicht weiß, daß es nur 1 Möglichkeit gibt (sich also diesbezüglich frei fühlt). |
Ach ja, und doch noch was dazu: ja, diese eine gewünschte Möglichkeit reicht aus, solange es immer die gewünschte ist. Solange ich ins Kino gehen kann, wann ich will, habe ich Handlungsfreiheit. Spielt doch gar keine Rolle, dass ich nicht gleichzeitig ins Schwimmbad gehen kann. Sofern ich ins Schwimmbad gehen kann, wenn ich das will. |
Es erscheint mir völlig unlogisch, dies mit dem Begriff "Freiheit" zu bezeichnen.
Nehmen wir dazu ein leicht abgeändertes Beispiel. Nehmen wir an, in zwei blickdichten Behältern liegen eine Orange und ein Apfel. Nehmen wir weiter an, Du hast gerade Lust auf Orange, nicht aber auf Apfel. Du kannst nur die erste Dose öffnen und tust das. Sie enthält die Orange. Auch hier gibt es nur eine Möglichkeit, und es ist die gewünschte. Warum würdest Du jetzt trotzdem nicht von Handlungsfreiheit sprechen?
Ich nehme an, weil Du aufgrund Deiner Kenntnis des Aufbaus durchschaust, daß Du letztlich keine Alternative hattest, richtig?
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Denken wir uns doch einmal eine merkwürdige hypothetische Welt, in der es so ist, dass tatsächlich und "echt" gleichzeitig mehrere Optionen zur Verfügung stehen (wie das auch immer ablaufen soll), aber nie diejenige, die ich eigentlich möchte. Dann würde ich mich unfrei fühlen. |
Das bestreitet aber niemand. Ich behaupte nur, daß Du Dich auch dann unfrei fühlen müßtest, wenn das gewünschte Ergebnis einträte, und Du den Mechanismus durchschaust, wie es dazu kommt, siehe mein Beispiel oben.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Agnost dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 12.11.2006 Beiträge: 5618
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(#1100145) Verfasst am: 06.10.2008, 20:26 Titel: |
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Ich liefere mal die Wikipedia Beschreibung zu "Verantwortung"
http://de.wikipedia.org/wiki/Verantwortung
Zitat: | Die Frage, ob ein Mensch überhaupt eine direkte Verantwortlichkeit für sein Handeln besitzt, ist philosophisch zudem auch mit dem Freien Willen, dem Determinismus und der Prädestination verknüpft. |
Zitat: | Nach Johannes Schwartländer hat Verantwortung eine „dreistellige Beziehung“:
* Allein der Mensch trägt Verantwortung
* für sein Handeln sowie übernommene Aufgaben und Pflichten („die Verantwortung übernehmen“, „Verantwortungsbereich“, die Verantwortung für jemanden oder etwas haben)
* vor einer Instanz, die Rechenschaft fordert (z. B. Eltern, Freunde, der „Öffentlichkeit“, der „Geschichte“, einem Gericht, dem autonomen Sittengesetz, Gott als höchstem Richter)
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Zitat: |
Juristisch wird Verantwortung als die Pflicht einer Person verstanden, für ihre Entscheidungen und Handlungen Rechenschaft abzulegen. Wird einer Person eine Aufgabe und die zugehörige Kompetenz zugewiesen, so muss sie diese ausführen und bei Fehlern für die Folgen einstehen. In der Wissenschaft wird hierfür zunehmend der englische Begriff accountability gebräuchlich.
Es werden unterschieden:
* Handlungsverantwortung: Rechenschaftspflicht hinsichtlich der Art der Aufgabendurchführung
* Ergebnisverantwortung: Rechenschaftspflicht hinsichtlich der Zielerreichung
* Führungsverantwortung: Rechenschaftspflicht hinsichtlich der wahrgenommenen Führungsaufgaben
Es existiert eine Kette zwischen Verantwortung - Aufgaben - Tätigkeiten. Aufgaben sind Arbeits- oder Handlungsoptionen, stellen zum Teil auf Zielsetzungen ab; Tätigkeiten sind demgegenüber untergeordnete Handlungen, die zur Erfüllung der Aufgaben dienen. Die Tätigkeiten lassen sich teilweise delegieren, die Aufgabe jedoch keinesfalls. |
Die zugewiesene Verantwortung heisst also in englisch immer mehr accountability (Rechenschaftsplicht) und das kommt dem Begriff Haftbarkeit sehr nahe.
Zugewiesene Verantwortung ist Unterwerfung des Untergebenen unter den Willen der Hierrarchie.
Agnost
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Wolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.08.2004 Beiträge: 16610
Wohnort: Zuhause
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(#1100155) Verfasst am: 06.10.2008, 20:31 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Wolf hat folgendes geschrieben: | Die Gesellschaft erwartet, dass Tarvoc (beim Autofahren) auf spielende Kinder achtet.
Zugewiesen wird dir die Verantwortung (die Erwartung zu erfüllen) und nicht die Erwartung. |
Das dachte ich mir natürlich schon. Der ursprüngliche Satz war allerdings mindestens zweideutig. Er lautete: Die Zuweisung von Verantwortung (im Sinne der allgemeinen Erwartung erwünschten individuellen Verhaltens) funktioniert auch ohne Handlungsfreiheit. D.h. entweder die Verantwortung oder die Zuweisung ist synonym (so jedenfalls lese ich den Ausdruck "im Sinne von" hier) zu einer allgemeinen Erwartung. |
Das lese ich anders. Imho betreibst du an dieser Stelle keine inhaltliche Kritik mehr sondern mehr Sophistik (denn du weißt sehr wohl was Step meint).
In Steps bereits mehrfach dargelegten Konzept steht Verantwortung in Zusammenhang mit Erwartung.
Mit "(im Sinne der allgemeinen Erwartung erwünschten individuellen Verhaltens)" verweist Step mE nur auf sein Konzept der Verantwortung und den Zusammenhang zur Erwartung.
Zitat: | Und auch die Frage, welches "Subjekt" mir jeweils mit welcher "Berechtigung" aufgrund seiner Erwartungen Verantwortung für etwas zuschreiben kann, wird hier höchstens stiefmütterlich behandelt, obwohl gerade diese Frage das eigentlich Interessante an der ganzen Thematik ist. | Das klingt in der Tat interessanter.
_________________ Trish:(
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1100160) Verfasst am: 06.10.2008, 20:36 Titel: |
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@Agnost: Das bedeutet für mich vor allem eine Bestätigung meiner These, wonach Verantwortung vor allem zugewiesen wird (ob einem das nun gefällt oder nicht).
Der Haftbarkeit kommt zugewiesene Verantwortung übrigens nur dann nahe, wenn man ein System der Haftung vertritt. Das ist bei mir aber nur sehr bedingt und vermutlich deutlich schwächer der Fall als bei den meisten hier, einschließlich Dir selbst.
Wie ich in den entsprechenden Strafrechtsthreads schon des öfteren dargelegt habe, halte ich ein vergeltendes oder drittabschreckendes Strafrecht für unethisch. Wenn also jemand seiner Verantwortung nicht gerecht wird, bedeutet das für mich hauptsächlich, daß sich die Gemeinschaft in seinen Fähigkeiten getäuscht/verschätzt hat. Sie muß ihn als Folge also entweder besser ausbilden oder ihm weniger Verantwortung zuweisen.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tarvoc Holy shit, 4 decades already.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44766
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(#1100161) Verfasst am: 06.10.2008, 20:36 Titel: |
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Es stellen sich zwei Fragen, nämlich
1. wie Verantwortungsbegriffe gesellschaftlich zustande kommen und
2. wie sich ein Verantwortungsbegriff individuell entwickeln kann.
Unter Punkt 1 taucht genau die Frage auf, welche ich bereits beschrieben habe: die Frage nach dem Subjekt (nicht dem Objekt und dem Inhalt, die sind klar) der Zuweisung, welche natürlich gleichzeitig die Frage nach vorherrschenden Machtzusammenhängen ist. Unter Punkt 2 stellt sich u.A. die Frage, ob und wie bei Ausdrücken wie zum Beispiel Verantwortung eine Art Emanzipation des Individuums von der bloßen kollektiven Zuweisung möglich ist, ohne dass der Begriff selbst unverwendbar wird.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustand, in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Tarvoc Holy shit, 4 decades already.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44766
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(#1100168) Verfasst am: 06.10.2008, 20:42 Titel: |
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Wolf hat folgendes geschrieben: | Imho betreibst du an dieser Stelle keine inhaltliche Kritik mehr sondern mehr Sophistik (denn du weißt sehr wohl was Step meint). In Steps bereits mehrfach dargelegten Konzept steht Verantwortung in Zusammenhang mit Erwartung. |
Was ich schrieb, war in der Tat insofern Sophistik, dass ich bereits weiss, dass Step Verantwortung in einem Zusammenhang mit Erwartung sieht und dass die Erwartung nicht das ist, was zugeschrieben wird, sondern der Grund, warum etwas (Verantwortung) zugeschrieben wird. Es war insofern keine Sophistik, als es überleiten sollte zu der Frage, welcher Zusammenhang nun eigentlich zwischen einer Erwartung und der Zuschreibung von Verantwortung besteht. Bei Step ist zum Beispiel das Subjekt der (effektiven) Zuschreibung kein Teil der Betrachtung, obwohl gerade dieser Punkt wie bereits erwähnt das eigentlich Interessante ist.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustand, in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 06.10.2008, 20:54, insgesamt 2-mal bearbeitet |
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1100170) Verfasst am: 06.10.2008, 20:45 Titel: |
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Wolf hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Und auch die Frage, welches "Subjekt" mir jeweils mit welcher "Berechtigung" aufgrund seiner Erwartungen Verantwortung für etwas zuschreiben kann, wird hier höchstens stiefmütterlich behandelt, obwohl gerade diese Frage das eigentlich Interessante an der ganzen Thematik ist. | Das klingt in der Tat interessanter. |
Ja, und das ist auch weit weniger trivial zu beantworten, denn natürlich kann man aus Fakten nicht einfach eine Ethik ableiten. Mir ist vor allem wichtig, erstmal überhaupt festzustellen, daß de facto ständig Verantwortung zugewiesen wird, Berechtigung hin oder her.
So ins Grobe geschrieben halte ich in bezug auf eine Berechtigung der Zuweisung zwei Ingredienzien für wesentlich:
- der Erwartungswert der Erfüllung der Erwartung (von einem Kind kann man nicht erwarten, daß es in Flugzeug sicher landet)
- die Relevanz der erwünschten Handlung für das allgemeine Interesse (ethischer Konsens)
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1100183) Verfasst am: 06.10.2008, 21:00 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ... als es überleiten sollte zu der Frage, welcher Zusammenhang nun eigentlich zwischen einer Erwartung und der Zuschreibung von Verantwortung besteht. Bei Step ist zum Beispiel das Subjekt der (effektiven) Zuschreibung kein Teil der Betrachtung ... |
Das stimmt so nicht ganz, würde ich sagen: Das Subjekt ist Teil meines Modells, als es selbst Teil der ethischen Konsensfindung ist (oder jedenfalls sein sollte). Zweitens muß die Gesellschaft Effekte der indirekten Reziprozität beachten (das Individuum darf z.B. nicht mit altruistischer Erwartung überladen werden). Zudem bleiben dem Individuum natürlich diejenigen "Freiheits"grade, die nicht durch ethischen Minimalkonsens definiert werden.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | (ich verkneife mir hier einfach mal Spekulationen darüber, warum das so ist) |
Hmm ... vielleicht weil ich schon ausreichend emanzipiert bin?
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1100202) Verfasst am: 06.10.2008, 21:28 Titel: |
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Heute in der SZ: "Freiheit des Geistes" - von Julian Nida-Rümelin und David Linden (leider online nicht gefunden)
Die beiden stellen 5 Gedankenexperimente vor, die ihrer Ansicht nach zeigen, daß es eine "Freiheit des Geistes über das Naturalisierbare hinaus" gebe.
Witz am Rande (für AP): Zu Anfang wird definiert: Menschliche Freiheit ist das kausale Wirken von Gründen, die nicht naturalisierbar sind.
1. Selbstbezüglichkeit
2. Nicht-Berechenbarkeit
3. Nicht-Vorhersagbarkeit (Newcomb-Problem)
4. Intentionen
5. Neurofeedback
Keiner der Punkte zeigt das, was gezeigt werden soll, entweder gehen sie trivial am Thema vorbei (4,5) oder enthalten logische Fehler (1,2,3). Es macht Spaß, die logischen Fehler zu suchen und zu finden!
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1100396) Verfasst am: 07.10.2008, 00:13 Titel: |
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Fand den Beitrag auch nicht so stark.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Tarvoc Holy shit, 4 decades already.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44766
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(#1100399) Verfasst am: 07.10.2008, 00:14 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ... als es überleiten sollte zu der Frage, welcher Zusammenhang nun eigentlich zwischen einer Erwartung und der Zuschreibung von Verantwortung besteht. Bei Step ist zum Beispiel das Subjekt der (effektiven) Zuschreibung kein Teil der Betrachtung ... |
Das stimmt so nicht ganz, würde ich sagen: Das Subjekt ist Teil meines Modells, als es selbst Teil der ethischen Konsensfindung ist (oder jedenfalls sein sollte). |
Ich glaube, du missverstehst mich. Ich meine nicht _irgendein_ Subjekt, sondern hier ganz konkret das Subjekt der jeweiligen Zuschreibung von Verantwortung, also derjenige, der zuschreibt. Die Senderinstanz der Zuschreibung, wenn du so willst. Da dieses Subjekt bereits Verantwortung zuschreiben kann, ist es auch selbst bereits Teil der jeweiligen ethischen Konsensfindung.
step hat folgendes geschrieben: | Hmm ... vielleicht weil ich schon ausreichend emanzipiert bin? |
Man ist niemals ausreichend emanzipiert.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustand, in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1100415) Verfasst am: 07.10.2008, 00:35 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | [...] ja, diese eine gewünschte Möglichkeit reicht aus, solange es immer die gewünschte ist. Solange ich ins Kino gehen kann, wann ich will, habe ich Handlungsfreiheit. Spielt doch gar keine Rolle, dass ich nicht gleichzeitig ins Schwimmbad gehen kann. Sofern ich ins Schwimmbad gehen kann, wenn ich das will. |
Es erscheint mir völlig unlogisch, dies mit dem Begriff "Freiheit" zu bezeichnen.
Nehmen wir dazu ein leicht abgeändertes Beispiel. Nehmen wir an, in zwei blickdichten Behältern liegen eine Orange und ein Apfel. Nehmen wir weiter an, Du hast gerade Lust auf Orange, nicht aber auf Apfel. Du kannst nur die erste Dose öffnen und tust das. Sie enthält die Orange. Auch hier gibt es nur eine Möglichkeit, und es ist die gewünschte. Warum würdest Du jetzt trotzdem nicht von Handlungsfreiheit sprechen?
Ich nehme an, weil Du aufgrund Deiner Kenntnis des Aufbaus durchschaust, daß Du letztlich keine Alternative hattest, richtig? |
Hm, nein, ich denke nicht. Es hätte deswegen nichts mit Handlungsfreiheit zu tun, weil diese bedeutet, die eigene Handlung in Übereinstimmung mit den eigenen Wünschen zu bringen, eine aktive Tätigkeit also, die bewirkt, dass das gewünschte Ziel erreicht wird.
In Deinem Beispiel ist es lediglich "Zufall", dass die geöffnete Dose die gewünschte Orange enthielte. Sie hätte genausogut den Apfel enthalten können.
Es ist so, als wenn ich ins Spielcasino ginge, auf eine Zahl setzte und mir einen Hauptgewinn wünschte. Falls dieser tatsächlich käme, würde ich nicht annehmen, dass dieser etwas mit meinem Wunsche zu tun hätte, sondern es schlicht für Zufall halten.
Etwas anderes wäre es jedoch, wenn wir Dein Beispiel mit den Dosen noch einmal nehmen, diesmal aber nicht mit nur zwei Dosen, sondern mit 20.000 Dosen. Und wenn nun jedesmal, wenn ich eine Dose öffnete, die von mir vorher angesagte Frucht zum Vorschein käme, dann könnte ich nicht mehr an Zufall (hier nur so gemeint als: von mir / meiner Ansage ziemlich unabhängig) glauben. Ich würde annehmen müssen, es müsse einen Zusammenhang mit meiner vorher geäußerten Vermutung geben.
Und ebenso ist es mit dem Kinobesuch (oder allgemeiner: X zu tun), den ich merkwürdigerweise auch genau dann, wenn das möchte, auch durchführen kann. Ich nehme an, dass dies kein Zufall ist, sondern etwas mit einer Fähigkeit zu tun hat, meine Handlungen in Übereinstimmung mit meinen Wünschen zu bringen. Und wenn ich diese Fähigkeit habe, dann habe ich Handlungsfreiheit.
Es sei denn, Du hättest eine andere Erklärung dafür, warum mir das so oft möglich ist. Zufall kann es jedenfalls nicht sein.
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Tarvoc Holy shit, 4 decades already.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44766
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(#1100480) Verfasst am: 07.10.2008, 07:10 Titel: |
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http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=542300#542300
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustand, in dem wir leben, die Regel ist."
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1100498) Verfasst am: 07.10.2008, 08:47 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | [...] ja, diese eine gewünschte Möglichkeit reicht aus, solange es immer die gewünschte ist. Solange ich ins Kino gehen kann, wann ich will, habe ich Handlungsfreiheit. Spielt doch gar keine Rolle, dass ich nicht gleichzeitig ins Schwimmbad gehen kann. Sofern ich ins Schwimmbad gehen kann, wenn ich das will. |
Es erscheint mir völlig unlogisch, dies mit dem Begriff "Freiheit" zu bezeichnen.
Nehmen wir dazu ein leicht abgeändertes Beispiel. Nehmen wir an, in zwei blickdichten Behältern liegen eine Orange und ein Apfel. Nehmen wir weiter an, Du hast gerade Lust auf Orange, nicht aber auf Apfel. Du kannst nur die erste Dose öffnen und tust das. Sie enthält die Orange. Auch hier gibt es nur eine Möglichkeit, und es ist die gewünschte. Warum würdest Du jetzt trotzdem nicht von Handlungsfreiheit sprechen?
Ich nehme an, weil Du aufgrund Deiner Kenntnis des Aufbaus durchschaust, daß Du letztlich keine Alternative hattest, richtig? |
Hm, nein, ich denke nicht. Es hätte deswegen nichts mit Handlungsfreiheit zu tun, weil diese bedeutet, die eigene Handlung in Übereinstimmung mit den eigenen Wünschen zu bringen, eine aktive Tätigkeit also, die bewirkt, dass das gewünschte Ziel erreicht wird. |
Nehmen wir jetzt an, die Dosen sind transparent, Du siehst Orange und Apfel, und Du kannst nur die Orangendose öffnen (was Du aber nicht weißt). Wäre das Zugreifen dann eine "aktive Tätigkeit also, die bewirkt, dass das gewünschte Ziel erreicht wird."?
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1100500) Verfasst am: 07.10.2008, 08:50 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ... als es überleiten sollte zu der Frage, welcher Zusammenhang nun eigentlich zwischen einer Erwartung und der Zuschreibung von Verantwortung besteht. Bei Step ist zum Beispiel das Subjekt der (effektiven) Zuschreibung kein Teil der Betrachtung ... |
Das stimmt so nicht ganz, würde ich sagen: Das Subjekt ist Teil meines Modells, als es selbst Teil der ethischen Konsensfindung ist (oder jedenfalls sein sollte). |
Ich glaube, du missverstehst mich. Ich meine nicht _irgendein_ Subjekt, sondern hier ganz konkret das Subjekt der jeweiligen Zuschreibung von Verantwortung, also derjenige, der zuschreibt. Die Senderinstanz der Zuschreibung, wenn du so willst. |
Aha, ich dachte, Du meinst das Subjekt, das Objekt der Zuweisung ist.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Da dieses Subjekt bereits Verantwortung zuschreiben kann, ist es auch selbst bereits Teil der jeweiligen ethischen Konsensfindung. |
Ja, es ist Teil einer vorherigen ethischen Konsensfindung (im Idealfall jedenfalls). Im Moment der Zuweisung erfolgt diese ja nach (semi-)statischen Normen.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1100549) Verfasst am: 07.10.2008, 10:12 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Nehmen wir dazu ein leicht abgeändertes Beispiel. Nehmen wir an, in zwei blickdichten Behältern liegen eine Orange und ein Apfel. Nehmen wir weiter an, Du hast gerade Lust auf Orange, nicht aber auf Apfel. Du kannst nur die erste Dose öffnen und tust das. Sie enthält die Orange. Auch hier gibt es nur eine Möglichkeit, und es ist die gewünschte. Warum würdest Du jetzt trotzdem nicht von Handlungsfreiheit sprechen?
Ich nehme an, weil Du aufgrund Deiner Kenntnis des Aufbaus durchschaust, daß Du letztlich keine Alternative hattest, richtig? |
Hm, nein, ich denke nicht. Es hätte deswegen nichts mit Handlungsfreiheit zu tun, weil diese bedeutet, die eigene Handlung in Übereinstimmung mit den eigenen Wünschen zu bringen, eine aktive Tätigkeit also, die bewirkt, dass das gewünschte Ziel erreicht wird. |
Nehmen wir jetzt an, die Dosen sind transparent, Du siehst Orange und Apfel, und Du kannst nur die Orangendose öffnen (was Du aber nicht weißt). Wäre das Zugreifen dann eine "aktive Tätigkeit also, die bewirkt, dass das gewünschte Ziel erreicht wird."? |
Ja, natürlich. Warum sollte es dabei eine Rolle spielen, dass die andere Dose nicht geöffnet werden kann? Wenn ich mich für den Apfel entschieden hätte, dann wäre wohl in Deinem Beispiel nur die Dose mit dem Apfel zu öffnen gewesen und die andere nicht. Und wenn ich das 20.000 mal mache, dann ist immer die Dose verschlossen, die ich nicht versuche zu öffnen. Und ja, wie gesagt, das schränkt mich in meiner Handlungsfreiheit nicht ein, wenn dem so ist. Warum sollte es auch?
Edit: und wenn ich versuchen würde, beide Dosen zu öffnen, dann könnte ich beide öffnen. Eine Dose ist nur so lange nicht zu öffnen, wie ich nicht versuche, sie zu öffnen. Ich könnte niemals feststellen, dass die Dose, die ich nicht versuche zu öffnen, nicht zu öffnen ist, denn genau in dem Moment, wo ich es versuche, ist sie zu öffnen. Und dann frage ich mich halt, welchen Sinn es überhaupt ergeben könnte, zu behaupten, die Dose sei nicht zu öffnen.
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Tarvoc Holy shit, 4 decades already.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44766
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(#1100566) Verfasst am: 07.10.2008, 10:55 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Ja, es ist Teil einer vorherigen ethischen Konsensfindung (im Idealfall jedenfalls). |
Auch im Normalfall, wenn man davon ausgeht, dass eine Konsensfindung ohnehin nie ganz machtfrei abläuft.
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- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Tarvoc Holy shit, 4 decades already.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44766
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(#1100572) Verfasst am: 07.10.2008, 11:02 Titel: |
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Zum Beispiel:
Ich frage dich nach deinen ethischen Grundsätzen und du weisst, dass ich dabei mit einer Waffe auf dich ziele.
Ich frage dich nach deinen ethischen Grundsätzen und du weisst, das ich derjenige bin, der dein Gehalt zahlt.
Ich frage dich nach deinen ethischen Grundsätzen und du weisst, dass ich großen Einfluss auf dein Umfeld habe.
Ich frage dich nach deinen ethischen Grundsätzen und ich bestimme die Inhalte der Medien, die du konsumierst.
etc. Das sind u.U. verschiedene graduelle Abstufungen. Dass wir einige davon aus guten Gründen nicht mehr als demokratisch bezeichnen würden, ist richtig, aber hier sekundär. In all diesen Fällen wird ein "Konsens" gebildet. Klar ist das u.U. das, was man einen "Pseudokonsens" nennen würden, aber auch die Unterscheidung zwischen Pseudokonsens und Konsens ist nur graduell möglich. Es gibt keinen Konsens, in dem nicht auch das einzelne Individuum verschiedene Interessen, die es hat, gegeneinander abgewogen hat. Von den drei genannten Fällen ist der vierte übrigens nochmal ein besonderer Fall. Hier zeigt sich nämlich, dass sich Konsens nicht nur erzwingen, sondern auch auf andere Art einseitig erzeugen lässt. Andere Beispiele dafür wären u.A. Versuche, durch Umbildungen von Sprache bestimmte Gedanken unartikulierbar zu machen.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1100597) Verfasst am: 07.10.2008, 11:50 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Nehmen wir dazu ein leicht abgeändertes Beispiel. Nehmen wir an, in zwei blickdichten Behältern liegen eine Orange und ein Apfel. Nehmen wir weiter an, Du hast gerade Lust auf Orange, nicht aber auf Apfel. Du kannst nur die erste Dose öffnen und tust das. Sie enthält die Orange. Auch hier gibt es nur eine Möglichkeit, und es ist die gewünschte. Warum würdest Du jetzt trotzdem nicht von Handlungsfreiheit sprechen?
Ich nehme an, weil Du aufgrund Deiner Kenntnis des Aufbaus durchschaust, daß Du letztlich keine Alternative hattest, richtig? |
Hm, nein, ich denke nicht. Es hätte deswegen nichts mit Handlungsfreiheit zu tun, weil diese bedeutet, die eigene Handlung in Übereinstimmung mit den eigenen Wünschen zu bringen, eine aktive Tätigkeit also, die bewirkt, dass das gewünschte Ziel erreicht wird. |
Nehmen wir jetzt an, die Dosen sind transparent, Du siehst Orange und Apfel, und Du kannst nur die Orangendose öffnen (was Du aber nicht weißt). Wäre das Zugreifen dann eine "aktive Tätigkeit also, die bewirkt, dass das gewünschte Ziel erreicht wird."? |
Ja, natürlich. |
Interessant. Wenn ich Deine beiden Antworten zusammennehme, bedeutet das:
- eine blickdichte Dose öffnen, in der Hoffnung, daß das gewünschte drin ist: keine Handlungsfreiheit, da keine aktive Bewirkung des gewünschten Resultats
- eine transparente Dose öffnen, in dem Wissen, daß das gewünschte drin ist: Handlungsfreiheit, da aktive Bewirkung des gewünschten Resultats
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Warum sollte es dabei eine Rolle spielen, dass die andere Dose nicht geöffnet werden kann? |
Wir beide sind uns einig, daß dies keine Rolle spielt!
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1100599) Verfasst am: 07.10.2008, 11:51 Titel: kurze Einlassung zu den totalen Deterministen |
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Agnost hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Gegenfrage: Was wäre denn eine "Zuweisung allgemeiner Erwartung"? Wem wird denn da was von wem zugewiesen?
Und seit wann bedeutet das Wort "Erwartung" das selbe wie das Wort "Verantwortung"? |
Das lustige ist ja, dass die Zuweisung von Verantwortung vom lieben Mussolini wesentlicherTeil seiner faschistischen Staatstheorie war.
Der liebe Christoph Blocher von der SVP will ja auch immer so führen: Der Chef erteilt eine Auftrag und macht den Untergebenen für dessen Erfüllung verantwortlich.
Und da stellt sich die Frage, wie kann ich verantworten, was mir anbefohlen wird.
Verantwortung ist da nichts anderes als Haftbarkeit.
Es ist nicht einsehbar, warum totale Deterministen am Begriff Verantwortung festhalten wollen ausser zur euphemistischen Verschleierung ihrer Sanktionsgelüste.
Agnost |
Die totalen Deterministen widersprechen sich in diesem Punkt. Entweder es gibt keine Verantwortung, weil es keine Freiheit gibt oder es gibt Verantwortung, welche Freiheit nun mal voraus setzt.
In der Tat geht es den Philosophen der totalen Determiniertheit, die sich hier und da auch mal - pseudowissenschaftlicher Weise - mit der Physik zu wappnen versuchen, darum, die Sanktionsfreiheit autoritärer Institutionen gegen bestimmte Gruppen zu sichern, die man sanktionieren muss, weil sie ja nicht anders können.
Also: Der Demonstrant ist ein Zwangshandelnder und die Gesellschaft muss vor solchen geschützt werden, also wegsperren.
Dabei sehe ich auch nicht, wieso die eine Gruppe Zwangshandelnder (die Mächtigen) gegenüber einer anderen Gruppe Zwangshandelnder (die nicht/weniger Mächtigen) moralisch unterschiedlich bewertet werden sollte.
Der Unterschied wäre hier nämlich kein moralischer, sondern nur einer der Machtmittel.
Jedenfalls hat Angost hier mal wieder Recht: bei den totalen Deterministen führt ihr Determinismus schnurstracks zur totalen Sanktionsfreiheit der Herrschenden gegenüber den Beherrschten.
Skeptiker
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K.I.Z - Frieden
Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1100632) Verfasst am: 07.10.2008, 12:35 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Interessant. Wenn ich Deine beiden Antworten zusammennehme, bedeutet das:
- eine blickdichte Dose öffnen, in der Hoffnung, daß das gewünschte drin ist: keine Handlungsfreiheit, da keine aktive Bewirkung des gewünschten Resultats
- eine transparente Dose öffnen, in dem Wissen, daß das gewünschte drin ist: Handlungsfreiheit, da aktive Bewirkung des gewünschten Resultats |
Ja, das habe ich doch versucht, oben zu erläutern: ich tue etwas bestimmtes und weil ich genau dies tue, komme ich zum gewünschten Ergebnis (ich will die Orange). Bei der Handlung des Dosenöffnens selber ist natürlich in beiden Fällen meine Handlungsfreiheit nicht eingeschränkt (ich will die Dose öffnen).
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Warum sollte es dabei eine Rolle spielen, dass die andere Dose nicht geöffnet werden kann? |
Wir beide sind uns einig, daß dies keine Rolle spielt! |
Ich dachte, das wäre der entscheidende Punkt für Dich: weil die andere Dose verschlossen ist, kann es dMn keine echte Freiheit sein.
Ich halte es ja schon für sinnlos, überhaupt zu behaupten, die Dose sei verschlossen, denn das ist sie de fakto für mich nicht, wenn ich sie jederzeit, wenn ich das will, öffnen kann.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1100661) Verfasst am: 07.10.2008, 13:08 Titel: "die Gesellschaft" |
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step hat folgendes geschrieben: | @Agnost: Das bedeutet für mich vor allem eine Bestätigung meiner These, wonach Verantwortung vor allem zugewiesen wird (ob einem das nun gefällt oder nicht).
Der Haftbarkeit kommt zugewiesene Verantwortung übrigens nur dann nahe, wenn man ein System der Haftung vertritt. Das ist bei mir aber nur sehr bedingt und vermutlich deutlich schwächer der Fall als bei den meisten hier, einschließlich Dir selbst.
Wie ich in den entsprechenden Strafrechtsthreads schon des öfteren dargelegt habe, halte ich ein vergeltendes oder drittabschreckendes Strafrecht für unethisch. Wenn also jemand seiner Verantwortung nicht gerecht wird, bedeutet das für mich hauptsächlich, daß sich die Gemeinschaft in seinen Fähigkeiten getäuscht/verschätzt hat. Sie muß ihn als Folge also entweder besser ausbilden oder ihm weniger Verantwortung zuweisen. |
Du begehst hier einen Trick, indem Du plötzlich "die Gesellschaft" als freies Subjekt einführst, welches so oder so könnte und vollkommen rational vorgeht.
Jedoch kann auch "die Gesellschaft" nur zwanghaft handeln, gemäß Deiner eigenen Ansicht.
Somit erübrigt sich die Frage nach "richtig" oder "falsch" u.ä.
Ich drehe das mal um: Manchmal ist man verlockt, "die Gesellschaft" besser auszubilden, oder "der Gesellschaft" weniger Verantwortung zuzuweisen ...-
Skeptiker
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K.I.Z - Frieden
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AXO nach unbekannt auf unbestimmte Zeit verzogen
Anmeldungsdatum: 05.02.2007 Beiträge: 10129
Wohnort: Thüringen
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(#1100996) Verfasst am: 07.10.2008, 20:03 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: |
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Warum sollte es dabei eine Rolle spielen, dass die andere Dose nicht geöffnet werden kann? |
Wir beide sind uns einig, daß dies keine Rolle spielt! |
Es würde aber eine Rolle spielen wenn sie NICHT verschlossen wäre und man bei dann freier
Wahl nicht die gewünschte Orange sondern gezielt den nicht gewünschten Apfel nähme,
einzig um die weiterführende Determination aktiv zu ändern.
= sich überwindet der ursprünglichen Determination des Orangenwunsches entgegengesetzt
zu handeln, weil sich aus dieser Handlung ein völlig anderer Zweig der Determination entwickelt.
wer sagt das Handlungsfreiheit -> Wunscherfüllung beim jeweils nächstliegenden Interaktionschritt
zum Ziel haben muß?
edit: kannst Du Dich entscheiden auf diesen Beitrag zu antworten oder nicht zu antworten?
Beide Dosen sind offen.
Wenn ja/nein - hättest Dus auch gekonnt/nicht gekonnt wenn ich Dich nicht drauf aufmerksam gemacht hätte?
_________________ Augen auf dann kann nichts passieren
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1101008) Verfasst am: 07.10.2008, 20:19 Titel: |
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AXO hat folgendes geschrieben: | Es würde aber eine Rolle spielen wenn sie NICHT verschlossen wäre und man bei dann freier
Wahl nicht die gewünschte Orange sondern gezielt den nicht gewünschten Apfel nähme,
einzig um die weiterführende Determination aktiv zu ändern.
= sich überwindet der ursprünglichen Determination des Orangenwunsches entgegengesetzt
zu handeln, weil sich aus dieser Handlung ein völlig anderer Zweig der Determination entwickelt.
wer sagt das Handlungsfreiheit -> Wunscherfüllung beim jeweils nächstliegenden Interaktionschritt
zum Ziel haben muß? |
Ich sage das.
In Deinem Beispiel wäre Dein Wunsch, die Determination zu widerlegen, größer als der Wunsch, die Orange zu nehmen und Du würdest also Deinem Wunsch gemäß handeln. Womit Du eben keineswegs die Determination widerlegen könntest.
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AXO nach unbekannt auf unbestimmte Zeit verzogen
Anmeldungsdatum: 05.02.2007 Beiträge: 10129
Wohnort: Thüringen
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(#1101013) Verfasst am: 07.10.2008, 20:33 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | AXO hat folgendes geschrieben: | Es würde aber eine Rolle spielen wenn sie NICHT verschlossen wäre und man bei dann freier
Wahl nicht die gewünschte Orange sondern gezielt den nicht gewünschten Apfel nähme,
einzig um die weiterführende Determination aktiv zu ändern.
= sich überwindet der ursprünglichen Determination des Orangenwunsches entgegengesetzt
zu handeln, weil sich aus dieser Handlung ein völlig anderer Zweig der Determination entwickelt.
wer sagt das Handlungsfreiheit -> Wunscherfüllung beim jeweils nächstliegenden Interaktionschritt
zum Ziel haben muß? |
Ich sage das.
In Deinem Beispiel wäre Dein Wunsch, die Determination zu widerlegen, größer als der Wunsch, die Orange zu nehmen und Du würdest also Deinem Wunsch gemäß handeln. Womit Du eben keineswegs die Determination widerlegen könntest. |
Ich will sie auch gar nicht wiederlegen - außerdem sagte ich -> wunscherfüllung beim nächstliegenden
Interaktionsschritt. Ist ja nicht der Fall, wenn ich zur Determinationsänderung zuvor erstmal
in den buchstäblichen "sauen Apfel" beißen und mir die Erfüllung des Orangenwunsch versagen muß.
Wäre die aktive Änderung nicht trotzdem ein Akt des freien Willens innerhalb der Determination?
Umgekehrt könnte ich mir ja auch ebensogut die Erfüllung des Wunsches nach Determinationsänderung
versagen, die Orange nehmen und alles so lassen wie es "vorherbestimmt" scheint.
Klar ändert das nix daran das auch der Determinationsänderungswunsch determinert ist
aber auch nichts daran das ich entscheide WELCHEN Wunsch ich mir erfülle.
und was wenns mir im Grunde egal ist - die Wunsch"größe" gleichwertig ist?
oder auch die Abwägung der Folgen ein identisches Resultat zwischen sofortiger Orange
und nicht gänzlichen Überblick über die Folgen der Determinationsänderung mittels Apfelbisses ergibt?
Bei der Orange weiß ich immerhin was ich JETZT hab - beim Apfel weiß ich das ich ihn JETZT
nicht haben will und auch nicht gänzlich was ich durch die Determinationsänderung kriege,
sondern nur das es ANDERS sein wird - aber nicht wie.
_________________ Augen auf dann kann nichts passieren
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1101019) Verfasst am: 07.10.2008, 20:43 Titel: |
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Ich möchte nochmal darauf zurückkommen, ob man tatsächlich auch in einem komplett determinierten System in Deinem Sinne von Handlungsfreiheit sprechen müßte. Du benutzt nämlich das Wort "Möglichkeit" mE unscharf.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Handlungsfreiheit ist selber keine Handlung, sondern es ist die Möglichkeit zu einer Handlung und zwar zu derjenigen, die man ausführen möchte. |
Nehmen wir an (rein hypothetisch), man hätte herausgefunden, daß Entscheidungen sehr einfach und völlig deterministisch ablaufen, und zwar folgendermaßen:
- Es liegt eine definierte Präferenz P vor.
- Es werden zwei Simulationen S(X) und S(Y) durchgeführt, die das Bewußtsein als Handlungsalternativen ansieht.
- Die Ergebnisse werden von einem Bewerter B mit P abgeglichen.
- Sagen wir X paßt besser. Ein Handlungssteuerung initiert daraufhin die Handlung H(X).
Mir geht es hier nicht darum, ob das Gehirn turingartig funktioniert, sondern mich interessiert nur, ob Du in diesem Fall von Handlungsfreiheit sprechen würdest. Ich vermute Ja, weil Deine obige Definition ja trivial erfüllt wäre.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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AXO nach unbekannt auf unbestimmte Zeit verzogen
Anmeldungsdatum: 05.02.2007 Beiträge: 10129
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(#1101023) Verfasst am: 07.10.2008, 20:50 Titel: |
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und was ist wenn B sich trotzdem für H(Y) entscheidet um P gezielt außen vorzulassen
um rauszufinden welche Buchstaben das Alphabet außer P noch alles zu bieten hat?
_________________ Augen auf dann kann nichts passieren
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1101024) Verfasst am: 07.10.2008, 20:51 Titel: Re: "die Gesellschaft" |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | @Agnost: Das bedeutet für mich vor allem eine Bestätigung meiner These, wonach Verantwortung vor allem zugewiesen wird (ob einem das nun gefällt oder nicht).
Der Haftbarkeit kommt zugewiesene Verantwortung übrigens nur dann nahe, wenn man ein System der Haftung vertritt. Das ist bei mir aber nur sehr bedingt und vermutlich deutlich schwächer der Fall als bei den meisten hier, einschließlich Dir selbst.
Wie ich in den entsprechenden Strafrechtsthreads schon des öfteren dargelegt habe, halte ich ein vergeltendes oder drittabschreckendes Strafrecht für unethisch. Wenn also jemand seiner Verantwortung nicht gerecht wird, bedeutet das für mich hauptsächlich, daß sich die Gemeinschaft in seinen Fähigkeiten getäuscht/verschätzt hat. Sie muß ihn als Folge also entweder besser ausbilden oder ihm weniger Verantwortung zuweisen. |
Du begehst hier einen Trick, indem Du plötzlich "die Gesellschaft" als freies Subjekt einführst, welches so oder so könnte und vollkommen rational vorgeht. |
Nein, die Gesellschaft ist für mich weder ein freies Subjekt (sondern nur ein effektiver Akteur), noch gehe ich davon aus, daß sie vollkommen rational handelt (dennoch muß ich irrationale ethische Argumentation vermeiden).
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Jedoch kann auch "die Gesellschaft" nur zwanghaft handeln, gemäß Deiner eigenen Ansicht. |
"Zwanghaft" ist das falsche Wort, die Subjekte müssen es nicht als Zwang empfinden, sondern kann sich auch frei fühlen, im Sinne einer Übereinstimmung mit Präferenzen, obwohl es determiniert ist.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Somit erübrigt sich die Frage nach "richtig" oder "falsch" u.ä. |
Auf eine absolute Moral gab es eh keine Hoffnung mehr.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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