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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1103251) Verfasst am: 10.10.2008, 15:03 Titel: Re: "die Gesellschaft" |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Mmh, bist Du zur Zeit auf dem "Es-gibt-nur-Vorstellungen"-Tripp? |
Ich weiss nicht, wie du jetzt darauf kommst. Möglicherweise weil man Gespenster auch "Erscheinungen" nennt und Schopenhauer die Wörter Erscheinung und Vorstellung synonym gebraucht hat. So war das hier aber eigentlich nicht gemeint. Zum Begriff der "realen Möglichkeit" würde ich übrigens die beiden Kapitel über Carl Schmitt in Jacques Derridas "Politik der Freundschaft" empfehlen. Könnte sogar für dich nicht uninteressant sein. |
Danke für die Empfehlung! Vielleicht gucke ich mal rein, hab's notiert.
Skeptiker
_________________ °
K.I.Z - Frieden
Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video
Informationsstelle Militarisierung e.V.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1103255) Verfasst am: 10.10.2008, 15:21 Titel: Potenzial und Realisierung |
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step hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Demnach wäre ja der Begriff "Recht auf Meinungsfreiheit" noch falscher, denn wenn man Freiheit hat, braucht man kein Recht mehr, oder? |
Die Formulierung Recht auf Meinungsfreiheit höre ich in der Tat nur selten. Es ist entweder von einem Recht auf freie Meinungsäußerung oder einfach von Meinungsfreiheit oder Meinungsäußerungsfreiheit die Rede, wobei alle drei Ausdrücke das selbe bedeuten, nämlich das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt. (Grundgesetz Art.5 Abs.1) |
Ja, so wird auch klarer, was "frei" idZ bedeutet: "Die Meinungsäußerung ist frei von Zensur/Verfolgung durch Andere".
Angewandt auf AP's Handlungsfreiheit: "Die Handlung ist frei von Verhinderung durch widrige Umstände."
Der Ausdruck "frei" bezöge sich nicht auf irgendeine (wie auch immer geartete) Wahlfreiheit, sondern nur auf das Fehlen von Verhinderung.
Hier noch zwei interessante Grenzfälle:
- Der Handelnde weiß, daß die vorgestellte Top-Präferenz nicht realisierbar ist. Er muß also aus zwei anderen wählen, die er für realisierbar hält. -> Handlungsfreiheit? |
Sischer, sischer, Lisbett.
Aber nur, wenn das, was der Handelnde für realisierbar "hält", es auch objektiv ist.
step hat folgendes geschrieben: | - Der Handelnde initiiert die Handlung gemäß seiner Präferenz, aber sie wird kurz darauf verhindert (z.B. jemand fällt ihm in den Arm). Bezieht sich die Handlungsfreiheit auf die Initiation der Handlung oder auf die Ereichung des Handlungsziels? |
Wenn die Realisierungsmöglichkeit prinzipiell besteht, so kann man prinzipiell von einem realistischen Freiheitspotenzial sprechen, welches im Falle des "In-den-Arm-fallens" faktisch zerstört wird.
Skeptiker
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
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(#1103260) Verfasst am: 10.10.2008, 15:30 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Angewandt auf AP's Handlungsfreiheit: "Die Handlung ist frei von Verhinderung durch widrige Umstände."
Der Ausdruck "frei" bezöge sich nicht auf irgendeine (wie auch immer geartete) Wahlfreiheit, sondern nur auf das Fehlen von Verhinderung. |
Hm, das gefällt mir nicht. Das impliziert irgendwie, es gäbe einen Maximalwert X von Handlungsfreiheit. Handlungsfreiheit kann aber nicht nur eingeschränkt, sie kann auch erhöht werden (ein Schwimmbad wird gebaut, der Lohn wird erhöht).
Und mit "Freiheit" ist hierbei eine "Freiheit zu" gemeint. Jemand, der mehr Handlungsfreiheit hat als ein anderer, ist deswegen freier, er hat mehr Freiheit.
step hat folgendes geschrieben: | Hier noch zwei interessante Grenzfälle:
- Der Handelnde weiß, daß die vorgestellte Top-Präferenz nicht realisierbar ist. Er muß also aus zwei anderen wählen, die er für realisierbar hält. -> Handlungsfreiheit?
- Der Handelnde initiiert die Handlung gemäß seiner Präferenz, aber sie wird kurz darauf verhindert (z.B. jemand fällt ihm in den Arm). Bezieht sich die Handlungsfreiheit auf die Initiation der Handlung oder auf die Ereichung des Handlungsziels? |
Wieso sind das Grenzfälle? Es erscheint mir nicht sinnvoll, Handlungsfreiheit als etwas Binäres anzusehen. Die Handlungsfreiheit ist also in beiden Fällen eingeschränkt, das ist alles.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
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(#1103338) Verfasst am: 10.10.2008, 18:14 Titel: Re: Potenzial und Realisierung |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Wenn die Realisierungsmöglichkeit prinzipiell besteht, so kann man prinzipiell von einem realistischen Freiheitspotenzial sprechen, welches im Falle des "In-den-Arm-fallens" faktisch zerstört wird. |
Aber nur wenn die Potenzialität der Realität prinzipiell objektiv ist! Und bitte auch hier nicht sprach-tricksen!
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
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(#1103340) Verfasst am: 10.10.2008, 18:39 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | ... Handlungsfreiheit kann aber nicht nur eingeschränkt, sie kann auch erhöht werden (ein Schwimmbad wird gebaut, der Lohn wird erhöht). |
Deine Definition bezog sich aber doch nur auf den Einzelfall einer konkreten Handlungssituation. Deine Handlungsfreiheit würde nach Deiner Definition eben normalerweise nicht erhöht, wenn ein Schwimmbad gebaut wird, sondern nur, wenn Du gerade ins Schwimmbad gehen möchtest.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Und mit "Freiheit" ist hierbei eine "Freiheit zu" gemeint. Jemand, der mehr Handlungsfreiheit hat als ein anderer, ist deswegen freier, er hat mehr Freiheit. |
Hmm ... Nehmen wir an, es gibt nur ein Kino und dann wird ein Schwimmbad gebaut. Da Handlungsfreiheit bedeutet, in Übereinstimmung mit seiner Präferenz handeln zu können, hat derjenige durch den Schwimmbadbau nur dann mehr "Freiheit", wenn er gerade ins Schwimmbad gehen will, denn dann fällt ein widriger Umstand (kein Schwimmbad) weg. Wenn Du jetzt sagst, daß auch im allgemeinen Fall dadurch mehr Freiheit entstehe, dann deswegen, weil Handlungsfreiheit nicht mehr nur die aktuelle Präferenzpassung, sondern die vermutete Trefferzahl über viele Situationen einer Person oder sogar über viele Personen betrifft.
Wir interpretieren es als aktuelle "Wahlfreiheit" (mehrere Möglichkeiten), wenn unsere Präferenz schwach ist und wir meinen, daß wir und/oder andere in ähnlichen Situationen oft anders handeln.
Und noch zu der "Freiheit zu": Natürlich kannst Du jede Abwesenheit eines physikalischen Pfadverbots nicht nur als "Freiheit von", sondern auch als "Freiheit zu" deklarieren, etwa beim "Recht auf freie Meinungsäußerung":
step: keine Prügel nach der Meinungsäußerung
AP: Freiheit zur prügellosen Meinungsäußerung
Ich persönlich finde "Freiheit von" exakter, weil dann niemand auf die Idee kommt, dies widerspreche dem Determinismus und dgl.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
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(#1103378) Verfasst am: 10.10.2008, 19:59 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Wenn Du jetzt sagst, daß auch im allgemeinen Fall dadurch mehr Freiheit entstehe, dann deswegen, weil Handlungsfreiheit nicht mehr nur die aktuelle Präferenzpassung, sondern die vermutete Trefferzahl über viele Situationen einer Person oder sogar über viele Personen betrifft. |
Ja, und? Bin ich Vater oder Mutter und es gibt einen neuen Kindergarten, dann habe ich mehr Handlungsfreiheit als vorher. Wo ist das Problem?
step hat folgendes geschrieben: | Und noch zu der "Freiheit zu": Natürlich kannst Du jede Abwesenheit eines physikalischen Pfadverbots nicht nur als "Freiheit von", sondern auch als "Freiheit zu" deklarieren, etwa beim "Recht auf freie Meinungsäußerung":
step: keine Prügel nach der Meinungsäußerung
AP: Freiheit zur prügellosen Meinungsäußerung
Ich persönlich finde "Freiheit von" exakter, weil dann niemand auf die Idee kommt, dies widerspreche dem Determinismus und dgl. |
"Freiheit von" bedeutet exakt dasselbe wie "ohne". Zweifelsfrei - Zweifelsohne. Frei von Meinung. Frei von Verstand usw.
Es ist halt Neusprech, wenn man die andere Bedeutung aus der Sprache eliminieren will.
Handlungsfreiheit ist, wie gesagt, ein Begriff auch aus der Philosophie. Handlungsfreiheit ist ein wesentlicher Bestandteil der Freiheit, fehlt sie, dann kann es keine Freiheit geben. Deswegen heißt es natürlich nicht nur zufällig Handlungs"freiheit" und damit ist eben nicht die "Freiheit von" gemeint.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1103402) Verfasst am: 10.10.2008, 20:22 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Und noch zu der "Freiheit zu": Natürlich kannst Du jede Abwesenheit eines physikalischen Pfadverbots nicht nur als "Freiheit von", sondern auch als "Freiheit zu" deklarieren, etwa beim "Recht auf freie Meinungsäußerung":
step: keine Prügel nach der Meinungsäußerung
AP: Freiheit zur prügellosen Meinungsäußerung
Ich persönlich finde "Freiheit von" exakter, weil dann niemand auf die Idee kommt, dies widerspreche dem Determinismus und dgl. |
"Freiheit von" bedeutet exakt dasselbe wie "ohne". Zweifelsfrei - Zweifelsohne. Frei von Meinung. Frei von Verstand usw. |
Ja, genau. Und das ist auch gut so. Du wolltest aber stattdessen lieber eine "Freiheit zu", oder?
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Handlungsfreiheit ist ein wesentlicher Bestandteil der Freiheit, fehlt sie, dann kann es keine Freiheit geben. Deswegen heißt es natürlich nicht nur zufällig Handlungs"freiheit" und damit ist eben nicht die "Freiheit von" gemeint. |
Tja, dahinter steht eben doch der Mythos mehrerer physikalisch möglicher Fortsetzungen.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
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(#1103420) Verfasst am: 10.10.2008, 20:41 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | "Freiheit von" bedeutet exakt dasselbe wie "ohne". Zweifelsfrei - Zweifelsohne. Frei von Meinung. Frei von Verstand usw. |
Ja, genau. Und das ist auch gut so. Du wolltest aber stattdessen lieber eine "Freiheit zu", oder? |
Ich bin frei.
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Handlungsfreiheit ist ein wesentlicher Bestandteil der Freiheit, fehlt sie, dann kann es keine Freiheit geben. Deswegen heißt es natürlich nicht nur zufällig Handlungs"freiheit" und damit ist eben nicht die "Freiheit von" gemeint. |
Tja, dahinter steht eben doch der Mythos mehrerer physikalisch möglicher Fortsetzungen. |
Weißt Du, die Sache ist die: Du behauptest etwas, also musst Du es auch beweisen. Das ist die Grundlage jedes kritisch-rationalen Diskurses. Solange Du es nicht zeigen kannst, ist Deine Behauptung irrelevant. Und wenn Du noch so viele Leute um Dich scharst, die Deine seltsamen Axiome unhinterfragt akzeptieren: es bleibt immer noch irrelevant. So einfach ist das.
Anyway, ich wollte ja hier eh nicht über die Willensfreiheit diskutieren. Mich interessierte ja Deine Aussage, dass es keine Handlungsfreiheit geben könne. Nun weiß ich zwar immer noch nicht, was Du darunter verstehst, aber ist auch egal. Ich weiß jedoch, dass es Handlungsfreiheit im üblichen Sinne geben kann und das ist ja auch schon mal etwas.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1103680) Verfasst am: 11.10.2008, 11:47 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Ich finde, das Dosenmodell in APs Welt2 hat was. Jedenfalls gelingt es mir nicht, den Freiheitsbegriff, der dahintersteckt rundheraus abzulehnen. |
Dann will ich es mal versuchen.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Nun gut, also definieren wir:
a) eine realisierbare Alternative ist eine solche, die zu einem bestimmten Zeitpunkt objektiv möglich ist
b) eine realisierbare Alternative ist eine solche, die möglich ist, wenn man es möchte |
a) klingt einigermaßen plausibel, ist aber mE ein wenig unscharf in bezug auf das betroffene System (mit Präferenzbewerter oder ohne? mit Situationsinput oder ohne?) und auf die Bedeutung von "objektiv". Zudem irritiert mich der Verdacht, daß hier die Physik sozusagen modellhaft ersetzt wird durch einzig die Dosen, was uU sehr gefährlich ist, je nachdem, was man später daraus schließt.
b) Hier stört mich die mögliche Mehrdeutigkeit des Wortes "wenn": Man kann ja in einer Situation nicht mehreres möchten. Mit "wenn" ist also wohl gemeint: "wenn man in einer ansonsten ähnlichen Situation es möchten würde" oder so.
Ich stelle hier noch meine eigene Variante dazu, die aus meiner Sicht a) ähnelt, aber schärfer ist:
c) eine realisierbare Alternative ist eine solche, deren Realisierung im aktuellen Gesamtsystem nicht im Widerspruch zu den bekannten Naturgesetzen stünde
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Betrachten wir nun mal 3 "Welten":
1. Die freie Welt
Ich befinde mich in einem Raum mit 10 Dosen, die alle nicht versiegelt sind.
Nach a) und b) gibt es 10 realisierbare Alternativen -> Handlungsfreiheit ist gegeben |
Bei b) stimme ich zu, jedenfalls in dem Sinne, daß man in einer "ansonten ähnlichen Situation" anders gemocht hätte.
Bei a) habe ich schon meine Zweifel, die aber wohl mit der Unschärfe der Definition von a) zusammenhängen. HF wäre hier nur dann gegeben, wenn man nicht das Gesamtsystem, sondern nur die Handlung bei vorgegebener alternativer Präferenz betrachtet. Überhaupt scheint mir, daß viele Vorstellungen über Freiheit Artefakte der Trennung von Person und Welt sind.
Entsprechend wäre bei c) keine HF gegeben. Deswegen würde ich diese Welt auch nicht als "frei" (im Sinne von undeterminiert) bezeichnen.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | 2. Die determinierte Welt
Ich befinde mich in einem Raum mit 10 Dosen, alle versiegelt, bis auf die, die ich öffnen möchte. Wenn ich danach eine andere öffnen möchte, sind wiederum alle, außer der, die ich öffnen möchte, versiegelt. Und so fort.
a) 1 realisierbare Alternative -> keine Handlungsfreiheit
b) 10 realisierbare Alternativen -> Handlungsfreiheit |
2. (und damit auch 2.b) halte ich für keine brauchbare Analogie zur wirklichen Welt, weil sie einen unphysikalischen "Vor"kopplungsmechanismus zwischen Präferenzbildung und Dosenzustand erfordert. Zudem sehe ich nicht, wieso hier Handlungsfreiheit allein dadurch entstehen sollte, daß ich einen zweiten Durchgang ("danach") betrachte. In dem Moment nämlich, wo ich alternatives Möchten und Handeln auch in anderen Situationen betrachte, würde Handlungsfreiheit nicht viel mehr bedeuten, als daß "der Fuchs den Hasen gefangen hätte, wenn er nicht hätte sch... müssen."
Bei Definition a) und c) gilt natürlich erst recht keine HF.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | 3. Die umgedrehte Welt
Ich befinde mich in einem Raum mit 10 Dosen, alle zu öffnen, bis auf eine und zwar die, die ich öffnen möchte. Wenn ich eine andere öffnen möchte ist die versiegelt und die anderen zu öffnen und so weiter.
a) 9 realisierbare Alternativen -> ?
b) Keine realisierbare Alternative -> keine Handlungsfreiheit |
Das ist mE der typische Fall widriger Umstände bzw. äußerer Verhinderung.
Bei b) scheinst Du jetzt (anders als bei 2!) das "wenn" als Einschränkung auf die momentane Situation und damit auf die gegebene Präferenz zu verstehen. Ansonsten haben wir auch hier wieder das Kopplungsproblem.
Bei a) habe ich Verständnisschwierigkeiten: Zwar sind zu einem bestimmten Zeitpunkt andere Dosen offen, aber nicht zu öffnen, denn dazu müßte ich ja anders möchten, was aber zu ihrer Schließung führen würde. 3.a) scheint mir daher eine Antinomie.
Bei c) dagegen ist es klar: Es gibt genau eine mögliche (und realisierte) Handlung, die allerdings nur zu einem Versuch und nicht zur tatsächlichen Öffnung der Dose führt.
zelig hat folgendes geschrieben: | Leider stoßen wir hier wohl auch an die Grenzen des Mediums Internet-Forum. Vielleicht brauche ich ein halbes Jahr oder so, um mir eine Meinung zu bilden. Das ist nicht mit der Ungeduld hiesiger Diskussionen zu vereinbaren. |
Bei mir ist eher das Problem, daß ich die Grenze meines Zeitbudgets für diese Dinge überschreite.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Agnost dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 12.11.2006 Beiträge: 5618
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(#1103684) Verfasst am: 11.10.2008, 11:52 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Man kann ja in einer Situation nicht mehreres möchten.
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Jetzt versteh ich endlich warum den "Einfältigen das Himmelreich gehört."
Die Gesammtwellenfunktion als Alpha und Omegar.
Agnost
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Tarvoc Holy shit, 4 decades already.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44766
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(#1103699) Verfasst am: 11.10.2008, 12:10 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | "Freiheit von" bedeutet exakt dasselbe wie "ohne". |
Aber nur in 1984.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustand, in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1103708) Verfasst am: 11.10.2008, 12:24 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | "Freiheit von" bedeutet exakt dasselbe wie "ohne". |
Aber nur in 1984. |
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Es ist halt Neusprech, wenn man die andere Bedeutung aus der Sprache eliminieren will. |
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1103709) Verfasst am: 11.10.2008, 12:30 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Entsprechend wäre bei c) keine HF gegeben. Deswegen würde ich diese Welt auch nicht als "frei" (im Sinne von undeterminiert) bezeichnen. |
Es gibt kein "frei" im Sinne von undeterminiert, jedenfalls wüsste ich nicht, was damit gemeint sein könnte.
Es ist so, dass Du, im Gegensatz zu zelig und ballancer, natürlich hierbei gewaltig abstrahieren musst. Die Welt 1 ist frei in Deinem Sinne, die Welt 3 hat realisierbare Alternativen in Deinem Sinne und das musst Du Dir irgendwie vorstellen.
Mir scheint halt, dass Du Handlungsfreiheit folgendermaßen definieren möchtest: Handlungsfrei ist eine Person dann, wenn sie sowohl das tun kann, was sie will, als auch alles andere.
Und das müsstest Du irgendwie plausibel machen, dass dies notwendig für den gebräuchlichen Begriff von "Freiheit" wäre. Mir erscheint es nicht plausibel.
Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 11.10.2008, 13:00, insgesamt einmal bearbeitet |
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Roter Ballon Lifted
Anmeldungsdatum: 22.12.2006 Beiträge: 2631
Wohnort: München
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(#1103722) Verfasst am: 11.10.2008, 12:50 Titel: |
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meine Nichte kommt mit der Dichotomie von Wünschen und Wollen auch nicht klar.
_________________ ____________________
ertrage die Clowns!
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1103748) Verfasst am: 11.10.2008, 13:26 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Entsprechend wäre bei c) keine HF gegeben. Deswegen würde ich diese Welt auch nicht als "frei" (im Sinne von undeterminiert) bezeichnen. |
Es gibt kein "frei" im Sinne von undeterminiert, jedenfalls wüsste ich nicht, was damit gemeint sein könnte. |
Ich habe das erwähnt, weil Du selbst eine "freie Welt" einer "determinierten Welt" gegenüberstellst.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | ... Mir scheint halt, dass Du Handlungsfreiheit folgendermaßen definieren möchtest: Handlungsfrei ist eine Person dann, wenn sie sowohl das tun kann, was sie will, als auch alles andere. |
Das scheint Dir zu Unrecht so. Aus meiner Sicht sollte man:
- entweder Handlungsfreiheit und Willensfreiheit definitorisch zu einer echten Freiheit kombinieren, in dem Sinne, daß das Gesamtsystem wirkliche ALternativen hat, bei deren Auswahl die personale Präferenzbildung eine wesentliche Rolle spielt - diese hielte ich für nicht mit der Physik unserer Welt vereinbar und damit für falsch (wenn auch als unreflektierte Vorstellung für weit verbreitet).
- oder Handlungsfreiheit umbenennen in so etwas wie "Abwesenheit äußerer Handlungsstörer". Diese halte ich für trivial bedingt gegeben. Dies entspricht eher Deiner Definition, mit dem Unterschied, daß Du den Schritt nicht konsequent gehst.
Meines Erachtens schleichen sich Widersprüche im Konzept "Handlungsfreiheit" u.a. dadurch ein, daß die "Person" als Blackbox betrachtet wird (die Präferenz als gegeben). Auch Du bist in bezug auf Deine Definition nicht ganz konsequent. Manchmal betonst Du, es sei ausreichend, daß Handlung und Präferenz übereinstimmen (das erscheint mir logisch und konsequent, aber nicht frei), dann wieder siehst Du die "Freiheit zu" in hypothetischen (!) Möglichkeiten ("wenn die Person anders gewollt hätte") - das erscheint mir unlogisch.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1103765) Verfasst am: 11.10.2008, 13:44 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Aus meiner Sicht sollte man:
- entweder Handlungsfreiheit und Willensfreiheit definitorisch zu einer echten Freiheit kombinieren, in dem Sinne, daß das Gesamtsystem wirkliche ALternativen hat, bei deren Auswahl die personale Präferenzbildung eine wesentliche Rolle spielt - diese hielte ich für nicht mit der Physik unserer Welt vereinbar und damit für falsch (wenn auch als unreflektierte Vorstellung für weit verbreitet). |
Ja, selbstverständlich! Darum geht es doch die ganze Zeit!
Ich glaube doch gar nicht, dass Handlungsfreiheit alleine zu einer echten Freiheit ausreicht und ich verstehe nicht, wie Du darauf kommst. Du weißt doch, dass ich Kompatibilist bin.
Meine Frage hier lautet doch schlicht und einfach nur, warum denn "wirkliche Alternativen" in Deinem Sinne ein notwendiger Bestandteil dessen seien, was man gemeinhin unter "Freiheit" versteht. Das muss erst mal plausibel gemacht werden, das darf kein Dogma sein.
Daher mein Gedankenexperiment.
step hat folgendes geschrieben: | - dann wieder siehst Du die "Freiheit zu" in hypothetischen (!) Möglichkeiten ("wenn die Person anders gewollt hätte") - das erscheint mir unlogisch. |
Die Frage ist aber, warum Dir das unlogisch erscheint. Mir erscheint das nämlich nicht unlogisch.
Handlungsfreiheit (ein notwendiger Bestandteil der echten Freiheit): wenn eine Person so handeln kann, wie sie will.
Wie ist denn nun Deine Definition?
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1103779) Verfasst am: 11.10.2008, 14:02 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ich glaube doch gar nicht, dass Handlungsfreiheit alleine zu einer echten Freiheit ausreicht und ich verstehe nicht, wie Du darauf kommst. Du weißt doch, dass ich Kompatibilist bin. |
Ja, und wenn ich zu Beginn schrieb, daß Handlungsfreiheit eigentlich keine Freiheit ist (und damit der Begriff irgendwie irreführend), so stimmst Du dem ja damit zu.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Meine Frage hier lautet doch schlicht und einfach nur, warum denn "wirkliche Alternativen" in Deinem Sinne ein notwendiger Bestandteil dessen seien, was man gemeinhin unter "Freiheit" versteht. Das muss erst mal plausibel gemacht werden, das darf kein Dogma sein. |
Wenn wirkliche Alternativen kein notwendiger Bestandteil sind, ist es mE logisch, "Freiheit" auf eine Abwesenheit von Umständen zu reduzieren, die das Geschehen von dem simulierten (und präferierten) abweichen lassen. Ist das nicht einsichtig?
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | - dann wieder siehst Du die "Freiheit zu" in hypothetischen (!) Möglichkeiten ("wenn die Person anders gewollt hätte") - das erscheint mir unlogisch. |
Die Frage ist aber, warum Dir das unlogisch erscheint. Mir erscheint das nämlich nicht unlogisch. |
Weil diese Freiheit ja aktuell gar nicht gegeben wäre, sondern nur "abstrakt" durch Betrachtung einer Grundgesamtheit verschiedener Situationen und Personen zustandekäme.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1103821) Verfasst am: 11.10.2008, 14:55 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ich glaube doch gar nicht, dass Handlungsfreiheit alleine zu einer echten Freiheit ausreicht und ich verstehe nicht, wie Du darauf kommst. Du weißt doch, dass ich Kompatibilist bin. |
Ja, und wenn ich zu Beginn schrieb, daß Handlungsfreiheit eigentlich keine Freiheit ist (und damit der Begriff irgendwie irreführend), so stimmst Du dem ja damit zu. |
Sie ist ein wesentlicher Teil der Freiheit.
Es erscheint mir durchaus sinnvoll, so vorzugehen: wir alle haben einen Begriff von dem, was wir "Freiheit" nennen, wann wir also eine Person als frei ansehen. Nun geht man weiter und versucht, Bestandteile dieser "Freiheit" zu betrachten. Die beiden Bestandteile sind Willensfreiheit (auf eine hinreichende Art die Fähigkeit zu haben, zu reflektieren und somit zu steuern) und Handlungsfreiheit (tun zu können, was man will). Fehlt einer dieser Bestandteile, dann gibt es keine echte Freiheit. Nach Deiner Argumentation dürfte es dann auch nicht "Willensfreiheit" heißen.
Wir müssen aber nun mal erst einmal Begriffe finden und diese definieren. Worüber sollten wir sonst reden? Wenn jeder etwas anderes darunter versteht, dann wird es irgendwie schwierig.
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | - dann wieder siehst Du die "Freiheit zu" in hypothetischen (!) Möglichkeiten ("wenn die Person anders gewollt hätte") - das erscheint mir unlogisch. |
Die Frage ist aber, warum Dir das unlogisch erscheint. Mir erscheint das nämlich nicht unlogisch. |
Weil diese Freiheit ja aktuell gar nicht gegeben wäre, sondern nur "abstrakt" durch Betrachtung einer Grundgesamtheit verschiedener Situationen und Personen zustandekäme. |
Seufz. Es geht doch darum, was "Freiheit" überhaupt ist. Du darfst nicht einfach eine Definition hinlegen und behaupten, das sei Freiheit. Verstehst Du? Du musst plausibel machen, dass dies tatsächlich der gebräuchlichen Vorstellung von "Freiheit" entspricht.
Nach Deiner Definition kann es keine Freiheit geben. Punkt. Aber das nützt doch nichts: Du musst Deine Definition plausibel machen. Anders geht es nicht. Sonst ist es nur Deine irrelevante Privatdefinition.
Machen könntest Du das mit irgendwelchen Beispielen und dann nachfragen, ob man das als Freiheit ansehe oder nicht.
Mir ist überhaupt nicht klar, was für einen Freiheitsbegriff Du überhaupt hast. Wenn ich mir das mal bildlich vorstelle, was Du forderst, dann ginge das so: Ich will etwas tun, zum Beispiel die Dose 2 von 10 öffnen. Wäre ich nach Deiner Definition frei, dann müsste ich dazu in der Lage sein, die Situation anzuhalten, einen Schnappschuss zu machen und mich dann aus dieser Situation herausbewegen können. Ich müsste also drin sein (der Schnappschuss ist eingefroren, ich also auch) und gleichzeitig irgendwie unabhängig davon eine andere Dose öffnen können. Aber das ist doch eine absurde Forderung, das hat doch nichts mit dem zu tun, was man unter Freiheit versteht.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1104228) Verfasst am: 12.10.2008, 12:05 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Nach Deiner Argumentation dürfte es dann auch nicht "Willensfreiheit" heißen. |
Genau. Weder die Willensbildung noch die Handlungssteuerung sind frei, es sei denn insofern, als sie tatsächlich ablaufen.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | - dann wieder siehst Du die "Freiheit zu" in hypothetischen (!) Möglichkeiten ("wenn die Person anders gewollt hätte") - das erscheint mir unlogisch. |
Die Frage ist aber, warum Dir das unlogisch erscheint. Mir erscheint das nämlich nicht unlogisch. |
Weil diese Freiheit ja aktuell gar nicht gegeben wäre, sondern nur "abstrakt" durch Betrachtung einer Grundgesamtheit verschiedener Situationen und Personen zustandekäme. |
Seufz. Es geht doch darum, was "Freiheit" überhaupt ist. Du darfst nicht einfach eine Definition hinlegen und behaupten, das sei Freiheit. Verstehst Du? Du musst plausibel machen, dass dies tatsächlich der gebräuchlichen Vorstellung von "Freiheit" entspricht. |
Das erinnert mich an die Gottesfrage.
A: Es gibt keinen Gott.
B: Zeige das.
A: (Zeigt, daß es in dieser Welt keinen Schöpfer und keine Wunder gibt)
B: Moment mal, Gott ist die Möglichkeit von Liebe.
A: Die gibt es natürlich. Aber es wäre irreführend, dafür das Wort "Gott" zu verwenden.
B: Seufz. So ist es aber nunmal. Also gibt es Gott.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Mir ist überhaupt nicht klar, was für einen Freiheitsbegriff Du überhaupt hast. Wenn ich mir das mal bildlich vorstelle, was Du forderst, dann ginge das so: Ich will etwas tun, zum Beispiel die Dose 2 von 10 öffnen. Wäre ich nach Deiner Definition frei, dann müsste ich dazu in der Lage sein, die Situation anzuhalten, einen Schnappschuss zu machen und mich dann aus dieser Situation herausbewegen können. Ich müsste also drin sein (der Schnappschuss ist eingefroren, ich also auch) und gleichzeitig irgendwie unabhängig davon eine andere Dose öffnen können. Aber das ist doch eine absurde Forderung, das hat doch nichts mit dem zu tun, was man unter Freiheit versteht. |
Was Du hier (zurecht) als absurde Forderung beschreibst, ist gerade die klassische Forderung nach (hinreichender) Autonomie der Person. Klassische Konzepte der Willensfreiheit fordern genau dies, z.B.
wikipedia hat folgendes geschrieben: | ... setzen Entschlüsse ... Überlegungen bzw. Beratungen voraus, in denen vor einem Agieren mindestens zwei alternative Möglichkeiten zu handeln in Betracht gezogen und geistig wenigstens kurz erwogen oder umsichtig gegeneinander abgewogen werden. ... In diesem Zusammenhang wird unter Willensfreiheit die Möglichkeit verstanden, sich von sich aus und damit ohne äußeren Druck oder inneren Zwang auf jede der „in der Vorstellung“ erwogenen Möglichkeiten zu handeln beliebig entscheiden zu können. |
Es wird sogar explizit angedeutet, daß die intuitive Alltagserfahrung der Willensfreiheit eigentlich absurd ist:
wikipedia hat folgendes geschrieben: | Im Alltag erlebt der Mensch seinen Willen als frei. Im ... Entscheidungsfall „sieht“ sich der Mensch die verschiedenen Aktivitäten abwägen und eine Entscheidung nach seinem Belieben treffen. Der Punkt dabei ist, dass man die getroffene Entscheidung nur als eine Möglichkeit ansieht und davon ausgeht, dass man sich in derselben Situation auch für etwas anderes ... hätte entscheiden können. Man betrachtet sein Selbst – und nicht eine zwingende kausale Verbindung zwischen den eigenen Motiven und der Entscheidung - als den Erstauslöser des Willens. Es soll also sowohl in der Lage sein, die aus dem Überlegen folgenden Gründe für eine Entscheidung zu akzeptieren, als auch die Gründe entgegen jeder Logik zu verwerfen und sich anderes zu entscheiden. Somit scheint dieses Selbst eine von unserer normalen Vernunft unabhängige Wesenheit zu sein, die stärker ist als die zwingende Kopplung von Bedingungskomplex und daraus resultierenden Handlungen.
Inwiefern einer tiefergehenden Betrachtung dieses Verständnis vom Erstauslöser standhalten kann, ist umstritten. Es stellt sich direkt die Frage, welcher Natur dieses Selbst eigentlich sein soll, in welcher Art es auf die Entscheidung Einfluss nimmt und aus welchen Beweggründen dieses Selbst wiederum seine Entscheidungen trifft. Man verschiebt also bei dieser Art von Modell die Erklärung der Willensbildung nur um eine Ebene tiefer (von der Person auf das innere Selbst). |
Ich finde, das trifft es sehr gut.
Und meine Weigerung, bei bedingter WF von "Freiheit" zu sprechen, ist nicht meine Privatdefinition, sondern durchaus auch mainstream:
wikipedia hat folgendes geschrieben: | Aufgrund der Komplexität der Umstände, die zur Willensbildung führen, ist die Entscheidung zwar für uns nicht vorhersehbar, aber objektiv steht im Vorhinein fest, welchen Willen wir fassen werden. Dennoch wird hier von Freiheit gesprochen, weil die getroffene Wahl den Neigungen und Motiven der Person entspricht und somit ihren eigenen Willen repräsentiert. Keine wissenschaftliche Position spricht dem Menschen Freiheit in diesem Sinne ab, es ist nur fraglich, ob der Begriff Freiheit hier angebracht ist, wo es zu dem tatsächlichen Wollen keine Alternative gibt. |
Einstein hat folgendes geschrieben: | „Ich weiß ehrlich nicht, was die Leute meinen, wenn sie von der Freiheit des menschlichen Willens sprechen. Ich habe zum Beispiel das Gefühl, dass ich irgend etwas will; aber was das mit Freiheit zu tun hat, kann ich überhaupt nicht verstehen. |
Für die Benutzung meines Begriffs der Willensfreiheit (zwei mögliche Entscheidungen/Handlungen in identischer Situation) spricht also die klassische philosophische Sicht und die intuitive Alltagserfahrung.
Die kompatibilistische "Rettung" des Begriffs "Willensfreiheit" ist zwar auch weit verbreitet, geht aber nur auf Kosten der eigentlichen Freiheit und hat diverse Probleme zur Folge, die hier schon oft diskutiert wurden, z.B. wird jemand bestraft, obwohl er gar nicht hätte anders handeln können, usw.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1104265) Verfasst am: 12.10.2008, 12:55 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Nach Deiner Argumentation dürfte es dann auch nicht "Willensfreiheit" heißen. |
Genau. Weder die Willensbildung noch die Handlungssteuerung sind frei, es sei denn insofern, als sie tatsächlich ablaufen. |
Und wieder beanspruchst Du die Definitionshoheit darüber, was "frei" in diesem Kontext bedeutet. Die hast Du aber schlicht nicht. Die Freiheit, über die wir reden, ist mAn keine physikalische Freiheit, sie hat nichts mit technischen "Freiheitsgraden" zu tun, es ist eine soziale Kategorie. Und es ist keine "Freiheit von Umständen", sondern es ist mE die "Freiheit, die daraus entsteht, auf eine gewisse Weise autonom handeln zu können".
step hat folgendes geschrieben: |
Das erinnert mich an die Gottesfrage.
A: Es gibt keinen Gott. |
Hehe, das ist natürlich kompletter Unsinn. Wenn Du sagst: es gibt keine Freiheit, dann bedeutet das nur: "es gibt keine Freiheit nach meiner Definition". Dem stimme ich ja auch zu: nach Deiner Definition gibt es keine Freiheit. Ich bezweifele einfach nur, dass diese Definition unserem gesellschaftlichen Umgang miteinander zugrunde liegt. Das ist mein Punkt.
step hat folgendes geschrieben: | Die kompatibilistische "Rettung" des Begriffs "Willensfreiheit" ist zwar auch weit verbreitet, geht aber nur auf Kosten der eigentlichen Freiheit und hat diverse Probleme zur Folge, die hier schon oft diskutiert wurden, z.B. wird jemand bestraft, obwohl er gar nicht hätte anders handeln können, usw. |
Auf Kosten der "eigentlichen Freiheit". Schon klar, Du beanspruchst die Definitionshoheit, da bist Du eisern.
Fakt ist nun, dass wir zwei unterschiedliche Vorstellungen davon haben, was "Freiheit" bedeutet. Wir sollten das daher einfach mal wieder trennen: es gibt die "Freiheit_step" und die "Freiheit_AP".
Die "Freiheit_step" ist logisch unmöglich und kann es daher nicht geben. Soweit sind wir uns einig.
Die Frage ist aber, ob die "Freiheit_step" tatsächlich der gebräuchlichen Bedeutung von "Freiheit" entspricht, d.h. ob sie tatsächlich eine grundlegende Voraussetzung für unser heutiges Menschenbild und für unsere Rechtsordnung ist. Für mein Menschenbild ist sie es jedenfalls nicht. Ich sehe mich und andere als selbstbestimmte Subjekte, das nenne ich "Freiheit" und ich sehe wirklich keinen Grund, warum ich das nicht tun sollte. Auf dieser Sichtweise basiert z.B. unser gesamtes Recht. Es basiert aber nicht darauf, dass jemand in exakt derselben Situation auch hätte anders handeln können (was ja auch Unsinn wäre, denn exakt dieselbe Situation ist nun mal exakt dieselbe Situation).
Aber ich beanspruche, im Gegensatz zu Dir, keineswegs die Definitionshoheit. Es ist meine Sichtweise, that's it. Und dagegen hast Du kein Argument, daher versuchst Du immer, Deine Sichtweise als selbstverständlich darzustellen. Ist sie aber nun mal nicht.
Man müsste also fragen, wie andere das sehen, was sie unter "Freiheit" verstehen, wann sie also eine Person als "frei" bezeichnen würden.
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step registriert
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(#1104277) Verfasst am: 12.10.2008, 13:15 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Die Freiheit, über die wir reden, ist mAn keine physikalische Freiheit, sie hat nichts mit technischen "Freiheitsgraden" zu tun, es ist eine soziale Kategorie. Und es ist keine "Freiheit von Umständen", sondern es ist mE die "Freiheit, die daraus entsteht, auf eine gewisse Weise autonom handeln zu können". |
Tja, gegen dieses geisteswissenschaftliche Wischiwaschi bin ich natürlich argumentativ machtlos. Dieselben Muster kenne ich aus der Diskussion um Begriffe wie "Seele", "Schuld" usw. - stets kann man eine soziale, intuitive Relevanz dieser Begriffe reklamieren.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: |
Das erinnert mich an die Gottesfrage.
A: Es gibt keinen Gott. |
Hehe, das ist natürlich kompletter Unsinn. Wenn Du sagst: es gibt keine Freiheit, dann bedeutet das nur: "es gibt keine Freiheit nach meiner Definition". Dem stimme ich ja auch zu: nach Deiner Definition gibt es keine Freiheit. Ich bezweifele einfach nur, dass diese Definition unserem gesellschaftlichen Umgang miteinander zugrunde liegt. Das ist mein Punkt. |
Gerade das zeigt, daß mein Beipiel sehrwohl paßt: Auch dort argumentiert B, Gott existiere, wenn A nur die kompatibilistische Definition (Gott = Liebe) zugrundelege. Und A hat formal insofern recht, als viele Kuscheltheologen Gott tatsächlich so definieren. Der Stuhl wird weggezogen, der Arsch soll schwebend sitzenbleiben.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Auf Kosten der "eigentlichen Freiheit". Schon klar, Du beanspruchst die Definitionshoheit, da bist Du eisern. ...
Aber ich beanspruche, im Gegensatz zu Dir, keineswegs die Definitionshoheit. Es ist meine Sichtweise, that's it. Und dagegen hast Du kein Argument, daher versuchst Du immer, Deine Sichtweise als selbstverständlich darzustellen. |
Nein, in meinem letzten Beitrag habe ich belegt, daß
- die Vorstellung echter Autonomie der Person zumindest EINE mainstream Definition von Willensfreiheit darstellt
- die intuitive Alltagserfahrung genau der von Dir zurecht als absurd dargestellten Forderung entspricht
- die Zweifel an der Berechtigung, die kompatibilistische Restfreiheit überhaupt "Freiheit" zu nennen, absolut verbreitet sind.
Damit trifft der Vorwurf, ich setzte hier eine Privatdefinition dem mainstream entgegen, nicht zu.
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Roter Ballon Lifted
Anmeldungsdatum: 22.12.2006 Beiträge: 2631
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(#1104288) Verfasst am: 12.10.2008, 13:28 Titel: |
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also ich mein, das es für mein Selbstbild gar nicht anderst sein kann, das ich frei bin.
Auch mein wollen bleibt mein wollen, es tatsächlich wollen zu nennen macht aus meiner Innensicht auch gar keinen Unterschied, eher gar keinen Sinn für mich.
Nichtsdestotrotz, hab ich die natürliche menschliche Fähigkeit, das Wollen eines Anderen zu erkennen.
Da der andere natürlicherweise sein Wollen ebenso individuell wahrnimmt wie ich mein eigenes, nämlich frei.
Es ist da schon irgendwie ungerecht ihm seinen Willen abzusprechen, denn natürlich kann er ja auch nicht anderst als seinem Willen gemäß ... denn ich erkannt hab und sicher nicht vor ihm ... zu handeln.
Woher kommt denn nun das individuelle Wollen?
Im allgemeinen wird ein jedes Gehirn als die Modellstruktur der maximal möglichen Selbstorganisation beschrieben.
Selbstorganisation bedeutet daher eben auch, daß sich, das was ich dann mein bewußtes Selbst nenne, eben genau Ich bin.
Der Vorwurf das ich ja nur so handeln könne wie dies meinem Selbstbild entspräche, ist da gar kein Argument, ich weiß ja selber am besten wer ich bin und was ich will.
Also aus der Innensicht ergibt sich diese Frage für mich gar nicht.
Lediglich wenn ich einen Anderen betrachte komm ich nicht umhin diesen Prozeß der "Selbstdefinition" oder meinetwegen "Selbstfindung" als nicht situations- und/oder kontextfrei beschreiben zu können.
Was ich persönlich aber, unterm Strich zu keinem widerspruch mit der Selbstorganisation sehe, sondern eben eher als Argument für den sich etablierenden eigenen freien Willen.
Den das Set aus Neigungen und Prägungen sind eben nur Anlagen und keine persönlichkeitsbestiommende Determinanden.
und selbst wenn meine Interpretation nicht ganz zutreffen:
Wie will man Determination und Selbstorganisation unter eine Decke stecken?
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ertrage die Clowns!
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step registriert
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(#1104295) Verfasst am: 12.10.2008, 13:38 Titel: |
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Robbe Piere hat folgendes geschrieben: | also ich mein, das es für mein Selbstbild gar nicht anderst sein kann, das ich frei bin. ... Also aus der Innensicht ergibt sich diese Frage für mich gar nicht. Lediglich wenn ich einen Anderen betrachte komm ich nicht umhin diesen Prozeß der "Selbstdefinition" oder meinetwegen "Selbstfindung" als nicht situations- und/oder kontextfrei beschreiben zu können. |
Ja, das nennt man die intuitive Sicht. Die wissenschaftliche Theorie dagegen nimmt möglichst einen outer view ein.
Robbe Piere hat folgendes geschrieben: | Im allgemeinen wird ein jedes Gehirn als die Modellstruktur der maximal möglichen Selbstorganisation beschrieben.
Selbstorganisation bedeutet daher eben auch, daß sich, das was ich dann mein bewußtes Selbst nenne, eben genau Ich bin. |
Das Wort "Selbst" wird hier unzulässig in zwei Bedeutungen vermischt.
Robbe Piere hat folgendes geschrieben: | Wie will man Determination und Selbstorganisation unter eine Decke stecken? |
Der Selbstorganisation liegen detereministische Naturgesetze zugrunde. Am Beispiel der Schneeflocke kannst Du das leicht einsehen.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
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(#1104301) Verfasst am: 12.10.2008, 13:48 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Nein, in meinem letzten Beitrag habe ich belegt, daß
- die Vorstellung echter Autonomie der Person zumindest EINE mainstream Definition von Willensfreiheit darstellt
- die intuitive Alltagserfahrung genau der von Dir zurecht als absurd dargestellten Forderung entspricht
- die Zweifel an der Berechtigung, die kompatibilistische Restfreiheit überhaupt "Freiheit" zu nennen, absolut verbreitet sind.
Damit trifft der Vorwurf, ich setzte hier eine Privatdefinition dem mainstream entgegen, nicht zu. |
Okay, versuchen wir es mal anders.
Nehmen wir noch einmal mein Gedankenexperiment von oben und wandeln es etwas ab.
Diesmal es so, dass es in einem Raum 10 Dosen gibt, die einen Schließmechanismus enthalten. Die Dosen stehen ziemlich weit voneinander entfernt. Der Schließmechanismus wird dann aktiviert, wenn ich meine Hand einer Dose nähere. Dann werden alle anderen Dosen verriegelt. Ist meine Hand wieder weit genug entfernt, lösen sich die Verriegelungen wieder. Da dieser Schließmechanismus nicht sichtbar eingebaut ist und auch lautlos funktioniert, ist es für mich nicht möglich, diesen Mechanismus zu erkennen, egal, was ich tue. Mir ist es aber immer möglich, diejenige Dose zu öffnen, die ich möchte. Daher bin ich mAn frei. Der Schließmechanismus schränkt meine Handlungsfreiheit nicht ein, egal, ob er funktioniert oder nicht, egal, ob ich von ihm wüsste oder nicht.
Nehmen wir jetzt weiterhin an, es würde eine Freiheit in Deinem Sinne dort geben. Ich könnte also die Situation anhalten, aus ihr hinaustreten und versuchen, eine andere Dose zu öffnen. Das ginge aber nicht, weil sie ja durch den Mechanismus verschlossen ist.
Nach Deiner Vorstellung von Freiheit und nach Deiner Argumentation hat der Mechanismus einen maßgeblichen Einfluss auf die Freiheit, d.h. der Mechanismus macht es unmöglich, eine andere Dose zu öffnen, wenn ich gerade eine öffne.
Sind halt zwei unterschiedliche Vorstellungen von "Freiheit".
Mir erscheint Deine unlogisch, Dir meine. Da kann man wohl erst mal nicht viel machen. Man könnte andere Meinungen einholen, das ist alles.
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step registriert
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(#1104307) Verfasst am: 12.10.2008, 14:21 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Diesmal es so, dass es in einem Raum 10 Dosen gibt, die einen Schließmechanismus enthalten. Die Dosen stehen ziemlich weit voneinander entfernt. Der Schließmechanismus wird dann aktiviert, wenn ich meine Hand einer Dose nähere. Dann werden alle anderen Dosen verriegelt. Ist meine Hand wieder weit genug entfernt, lösen sich die Verriegelungen wieder. Da dieser Schließmechanismus nicht sichtbar eingebaut ist und auch lautlos funktioniert, ist es für mich nicht möglich, diesen Mechanismus zu erkennen, egal, was ich tue. Mir ist es aber immer möglich, diejenige Dose zu öffnen, die ich möchte. Daher bin ich mAn frei. Der Schließmechanismus schränkt meine Handlungsfreiheit nicht ein, egal, ob er funktioniert oder nicht, egal, ob ich von ihm wüsste oder nicht. |
Die Situation ist ja absichtlich so gewählt, daß die (durch die aktuelle Präferenz determinierte) Handlung nicht behindert wird. Ich stimme Dir daher zu, daß hier durch den Dosenmechanimsus nichts eingeschränkt wird. Für mich gibt es allerdings hier auch keine Freiheit, die einzuschränken wäre. Der Unterschied zwischen dem Greifen nach einer offenen und dem Greifen nach einer geschlossenen Dose liegt aus meiner Sicht nur im Resultat, also ob der Endzustand der präferierten und intendierten Situation entspricht oder nicht. Du dagegen deutest eine Übereinstimmung von Endzustand und Präferenz als Freiheit.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Nehmen wir jetzt weiterhin an, es würde eine Freiheit in Deinem Sinne dort geben. Ich könnte also die Situation anhalten, aus ihr hinaustreten und versuchen, eine andere Dose zu öffnen. Das ginge aber nicht, weil sie ja durch den Mechanismus verschlossen ist. |
Du hättest dennoch Entscheidungsfreiheit gehabt, allerdings wäre die Handlung nur in einem Fall von Erfolg gekrönt gewesen.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Nach Deiner Vorstellung von Freiheit und nach Deiner Argumentation hat der Mechanismus einen maßgeblichen Einfluss auf die Freiheit, d.h. der Mechanismus macht es unmöglich, eine andere Dose zu öffnen, wenn ich gerade eine öffne. |
Hier bin ich mir nicht sicher, inwieweit der Dosenmechanismus mehr verschleiert als daß er hilft.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Sind halt zwei unterschiedliche Vorstellungen von "Freiheit". Mir erscheint Deine unlogisch, Dir meine. Da kann man wohl erst mal nicht viel machen. Man könnte andere Meinungen einholen, das ist alles. |
Ich hatte ja schonmal angedeutet, daß ich den kompatibilistischen Freiheitsbegriff immerhin in dem Sinne sinnvoll finden könnte, daß er sich auf eine "Freiheit von", ein "ohne" erfolgverhindernder Umstände bezieht. Aber das schien Dir nicht genug - und das wundert mich auch nicht.
Bei Dir selbst habe ich übrigens kaum Bedenken, da Du Dir der Absurdität des intuitiven Freiheitsbegiffs ja durchaus bewußt bist.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
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(#1104322) Verfasst am: 12.10.2008, 14:47 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Ich stimme Dir daher zu, daß hier durch den Dosenmechanimsus nichts eingeschränkt wird. |
Das widerspricht aber Deiner Forderung nach der Notwendigkeit von "echten Alternativen". Denn es gibt ja in einem bestimmten Moment keine "echten Alternativen".
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Sind halt zwei unterschiedliche Vorstellungen von "Freiheit". Mir erscheint Deine unlogisch, Dir meine. Da kann man wohl erst mal nicht viel machen. Man könnte andere Meinungen einholen, das ist alles. |
Ich hatte ja schonmal angedeutet, daß ich den kompatibilistischen Freiheitsbegriff immerhin in dem Sinne sinnvoll finden könnte, daß er sich auf eine "Freiheit von", ein "ohne" erfolgverhindernder Umstände bezieht. Aber das schien Dir nicht genug - und das wundert mich auch nicht. |
Nein, selbstverständlich ist mir das nicht genug. Unser heutiges Verständnis von "Freiheit" ist in der Aufklärung entstanden. "Freiheit zu" beinhaltet immer auch die implizite Forderung, Grenzen zu überwinden, Fesseln zu lösen, sich weiterzuentwickeln. So wie "sapere aude!". Wer dies unterdrücken will, der ist mE anti-aufklärerisch, anti-emanzipatorisch, der fordert, man solle sich gefälligst in sein Schicksal schicken und akzeptieren, dass andere für sie bestimmen, was richtig für sie sei, wie sie denken und handeln müssten, weil die Anderen die Wahrheit mit Löffeln gefressen hätten.
Dieses Forum heißt ja auch nicht ohne Grund Freigeisterhaus. Hieße es "Frei-von-Gespenstern-Haus" dann wäre das irgendwie banal.
step hat folgendes geschrieben: | Bei Dir selbst habe ich übrigens kaum Bedenken, da Du Dir der Absurdität des intuitiven Freiheitsbegiffs ja durchaus bewußt bist. |
Freiheit ist für mich dies:
Wikipedia hat folgendes geschrieben: | Freiheit (lateinisch libertas) wird in der Regel verstanden als die individuelle Möglichkeit, ohne Zwang zwischen verschiedenen Handlungsmöglichkeiten auswählen und entscheiden zu können. Der Begriff benennt allgemein einen Zustand der Autonomie eines handelnden Subjekts. |
That's it. Wieso dafür irgendwelche Zaubermöglichkeiten notwendig sein sollten oder wieso der Determinismus das verhindern könnte, sehe ich nicht.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1104361) Verfasst am: 12.10.2008, 15:23 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ich stimme Dir daher zu, daß hier durch den Dosenmechanimsus nichts eingeschränkt wird. | Das widerspricht aber Deiner Forderung nach der Notwendigkeit von "echten Alternativen". Denn es gibt ja in einem bestimmten Moment keine "echten Alternativen". |
Genau. Ich sehe allerdings den Widerspruch nicht. Dein Beispiel erfüllt meine Forderung ja weder mit noch ohne den Mechanismus. Ich stime Dir aber zu, daß es durch den Mechanismus zu keiner zusätzlichen Einschränkung kommt, die über die Tatsache hinausgeht, daß sowieso nur 1 Pfad möglich ist.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ich hatte ja schonmal angedeutet, daß ich den kompatibilistischen Freiheitsbegriff immerhin in dem Sinne sinnvoll finden könnte, daß er sich auf eine "Freiheit von", ein "ohne" erfolgverhindernder Umstände bezieht. Aber das schien Dir nicht genug - und das wundert mich auch nicht. |
Nein, selbstverständlich ist mir das nicht genug. Unser heutiges Verständnis von "Freiheit" ist in der Aufklärung entstanden. "Freiheit zu" beinhaltet immer auch die implizite Forderung, Grenzen zu überwinden, Fesseln zu lösen, sich weiterzuentwickeln. So wie "sapere aude!". ... |
Klar, auf dem sozialen Sektor verwendest Du weiterhin den absurd-intuitiven Freiheitsbegriff, weil seine Absurdität dort i.a. kein Problem darstellt. Auch ich möchte zum Beispiel ungern als "seelenlos" beschimpft werden, obwohl ich keine Seele habe.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Dieses Forum heißt ja auch nicht ohne Grund Freigeisterhaus. Hieße es "Frei-von-Gespenstern-Haus" dann wäre das irgendwie banal. |
Schönes Beispiel! Und was machen wir hier: Wir treiben Gespenster aus. Und denken (fast) frei von Dogmen und Zensur.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Freiheit ist für mich dies:
Wikipedia hat folgendes geschrieben: | Freiheit (lateinisch libertas) wird in der Regel verstanden als die individuelle Möglichkeit, ohne Zwang zwischen verschiedenen Handlungsmöglichkeiten auswählen und entscheiden zu können. Der Begriff benennt allgemein einen Zustand der Autonomie eines handelnden Subjekts. |
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Schade, das ist wieder eher der intuitive Freiheitsbegriff.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | That's it. Wieso dafür irgendwelche Zaubermöglichkeiten notwendig sein sollten oder wieso der Determinismus das verhindern könnte, sehe ich nicht. |
Naja, das wird doch im selben Artikel ausführlich erläutert: Weil die Vorstellung der Autonomie einer Person in sich widersprüchlich ist, wenn man Naturgesetzlichkeit annimmt.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1104409) Verfasst am: 12.10.2008, 16:11 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ich stimme Dir daher zu, daß hier durch den Dosenmechanimsus nichts eingeschränkt wird. | Das widerspricht aber Deiner Forderung nach der Notwendigkeit von "echten Alternativen". Denn es gibt ja in einem bestimmten Moment keine "echten Alternativen". |
Genau. Ich sehe allerdings den Widerspruch nicht. Dein Beispiel erfüllt meine Forderung ja weder mit noch ohne den Mechanismus. Ich stime Dir aber zu, daß es durch den Mechanismus zu keiner zusätzlichen Einschränkung kommt, die über die Tatsache hinausgeht, daß sowieso nur 1 Pfad möglich ist. |
Nein, eben nicht. In dem Beispiel, in der hypothetischen Welt sind doch alle Pfade möglich. Du kannst ja die Situation beliebig anhalten und dann einen beliebigen anderen Pfad verfolgen. Das ist doch der Witz dabei.
Wenn Deine Argumentation richtig wäre (die "echten Alternativen" spielen eine notwendige Rolle für das, was wir unter Freiheit verstehen, fehlen sie, dann kann es keine Freiheit geben), dann müsste der Mechanismus eine Rolle spielen, denn er verhindert ja nun mal objektiv die "echten Möglichkeiten" zum Zeitpunkt X. Spielt er aber keine Rolle für die Freiheit, dann sind die "echten Alternativen" eben damit auch irrelevant.
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Dieses Forum heißt ja auch nicht ohne Grund Freigeisterhaus. Hieße es "Frei-von-Gespenstern-Haus" dann wäre das irgendwie banal. |
Schönes Beispiel! Und was machen wir hier: Wir treiben Gespenster aus. Und denken (fast) frei von Dogmen und Zensur. |
Hm. Hieße es "Frei-von-Gespenstern-Haus", dann wäre ich nicht hier. Ich sehe mich nicht als Gespensteraustreiber, ich bin ein Anhänger des kritisch-rationalen Dialoges, ich will was dazulernen, mich weiterentwickeln.
Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 12.10.2008, 16:14, insgesamt einmal bearbeitet |
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1104410) Verfasst am: 12.10.2008, 16:13 Titel: objektive Erkenntnis als dynamischer Faktor |
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step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ich stimme Dir daher zu, daß hier durch den Dosenmechanimsus nichts eingeschränkt wird. | Das widerspricht aber Deiner Forderung nach der Notwendigkeit von "echten Alternativen". Denn es gibt ja in einem bestimmten Moment keine "echten Alternativen". |
Genau. Ich sehe allerdings den Widerspruch nicht. Dein Beispiel erfüllt meine Forderung ja weder mit noch ohne den Mechanismus. Ich stime Dir aber zu, daß es durch den Mechanismus zu keiner zusätzlichen Einschränkung kommt, die über die Tatsache hinausgeht, daß sowieso nur 1 Pfad möglich ist.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ich hatte ja schonmal angedeutet, daß ich den kompatibilistischen Freiheitsbegriff immerhin in dem Sinne sinnvoll finden könnte, daß er sich auf eine "Freiheit von", ein "ohne" erfolgverhindernder Umstände bezieht. Aber das schien Dir nicht genug - und das wundert mich auch nicht. |
Nein, selbstverständlich ist mir das nicht genug. Unser heutiges Verständnis von "Freiheit" ist in der Aufklärung entstanden. "Freiheit zu" beinhaltet immer auch die implizite Forderung, Grenzen zu überwinden, Fesseln zu lösen, sich weiterzuentwickeln. So wie "sapere aude!". ... |
Klar, auf dem sozialen Sektor verwendest Du weiterhin den absurd-intuitiven Freiheitsbegriff, weil seine Absurdität dort i.a. kein Problem darstellt. Auch ich möchte zum Beispiel ungern als "seelenlos" beschimpft werden, obwohl ich keine Seele habe.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Dieses Forum heißt ja auch nicht ohne Grund Freigeisterhaus. Hieße es "Frei-von-Gespenstern-Haus" dann wäre das irgendwie banal. |
Schönes Beispiel! Und was machen wir hier: Wir treiben Gespenster aus. Und denken (fast) frei von Dogmen und Zensur.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Freiheit ist für mich dies:
Wikipedia hat folgendes geschrieben: | Freiheit (lateinisch libertas) wird in der Regel verstanden als die individuelle Möglichkeit, ohne Zwang zwischen verschiedenen Handlungsmöglichkeiten auswählen und entscheiden zu können. Der Begriff benennt allgemein einen Zustand der Autonomie eines handelnden Subjekts. |
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Schade, das ist wieder eher der intuitive Freiheitsbegriff.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | That's it. Wieso dafür irgendwelche Zaubermöglichkeiten notwendig sein sollten oder wieso der Determinismus das verhindern könnte, sehe ich nicht. |
Naja, das wird doch im selben Artikel ausführlich erläutert: Weil die Vorstellung der Autonomie einer Person in sich widersprüchlich ist, wenn man Naturgesetzlichkeit annimmt. |
Und welche Rolle spielt die objektive Erkenntnis?
Der Sündenfall schlechthin und menschliche Freiheit -
Erkenntnis von Gut & Böse sowie von Möglichkeiten & Grenzen?
Skeptiker
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K.I.Z - Frieden
Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video
Informationsstelle Militarisierung e.V.
Zuletzt bearbeitet von Skeptiker am 12.10.2008, 16:20, insgesamt 2-mal bearbeitet |
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