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Verständnis eines Nietzsche Zitats
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Agnost
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Anmeldungsdatum: 12.11.2006
Beiträge: 5618

Beitrag(#1103541) Verfasst am: 11.10.2008, 00:39    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für das Posting,

Ja, um dich zitieren zu können, wäre ich froh, wenn du das Posting stückeln würdest.

Ich bin mir, wie ich glaube aus deinem Posting entnehmen zu können, auch ziemlich sicher, dass für Nietzsche die Juden, als Rasse und via Christentum und Sozialimus als Ideologen, ein "grosser" und "wichtiger" Gegner fur seinen Uebermenschen sind.

Lustig im Sinne von Derridas "Différance" ist ja auch, dass das Wort "Wichitig" auch Zwergenhaft bedeuten kann.

Spannend ist ja auch, dass der Tanach (Das alte Testament) wohl zu grössten Teilen unter persischer Herrschaft, also unter dem Glaubenssystem von Zarathustra geschrieben wurde-


Lass und drum auch Tarvoc reinziehen.

Nietzsch hatte eben auch viele luzide Momente.

Wie sagen die Franzosen doch:

Die besten Champingons wachsen oft auf den grössten Misthaufen.

Und aus ner Schicklgrube kann man auch günstiges Biogas erzeugen.

Agnost
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Hornochse
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Anmeldungsdatum: 22.07.2007
Beiträge: 8223
Wohnort: Bundeshauptstadt

Beitrag(#1103544) Verfasst am: 11.10.2008, 00:53    Titel: Antworten mit Zitat

Agnost hat folgendes geschrieben:
Noch dazu sind beide von dir zitierten Werke frühere Werke als der Antichrist und und die Götzendämmerung, was meine Behauptung stützt, dass je mehr er die Züchtung des Uebermenschen, "die Blonde Bestie" wünschte, desto Antisemitscher wurde er.


Zum Thema "blonde Bestie" folgendes:

Zitat:
sie sind nach Aussen hin, dort wo das Fremde, die Fremde beginnt, nicht viel besser als losgelassne Raubthiere. Sie geniessen da die Freiheit von allem socialen Zwang, sie halten sich in der Wildniss schadlos für die Spannung, welche eine lange Einschliessung und Einfriedigung in den Frieden der Gemeinschaft giebt, sie treten in die Unschuld des Raubthier-Gewissens zurück [...] Auf dem Grunde aller dieser vornehmen Rassen ist das Raubthier, die prachtvolle nach Beute und Sieg lüstern schweifende blonde Bestie nicht zu verkennen; es bedarf für diesen verborgenen Grund von Zeit zu Zeit der Entladung, das Thier muss wieder heraus, muss wieder in die Wildniss zurück: – römischer, arabischer, germanischer, japanesischer Adel, homerische Helden, skandinavische Wikinger – in diesem Bedürfniss sind sie sich alle gleich. Die vornehmen Rassen sind es, welche den Begriff »Barbar« auf all den Spuren hinterlassen haben, wo sie gegangen sind; noch aus ihrer höchsten Cultur heraus verräth sich ein Bewusstsein davon und ein Stolz selbst darauf


Genealogie der Moral, hier: 11

Es geht um die für Nietzsche edlen Völker, die gegenüber andern, nach außen hin, in "Freiheit von allem sozialen Zwang" in die "Unschuld des Rapthier-Gewissens" zurückkehren, also aus dem für sie einengenden, geregelten sozialen Miteinander ausbrechen und ihrem barbarischen Instinkt folgen.

Die blonde Bestie ist also kein für sich stehendes Ideal sondern nur eine euphemistische Bezeichnung. Man beachte zudem, was anschließend aufgeführt ist: "römischer, arabischer [....] Adel [...]". Dieses Schlagwort ist ein typisches Beispiel für die Instrumentalisierung von Nietzsches Schriften.
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Alles könnte anders sein - und fast nichts kann ich ändern.

- Niklas Luhmann -
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Hornochse
Orthographiefetischist



Anmeldungsdatum: 22.07.2007
Beiträge: 8223
Wohnort: Bundeshauptstadt

Beitrag(#1103545) Verfasst am: 11.10.2008, 00:53    Titel: Antworten mit Zitat

Agnost hat folgendes geschrieben:
Und je polnischer er sich gerade mal wieder mal wohl fühlte, desto kritischer war er gegenüber dem Deutschen Je weniger er mit sich selber klar kam, desto antisemitischer wurde er..


Wenn du seine wirre Autobiographie "Ecco homo" als Gradmesser siehst, dann stimmt das wohl. Die Sache mit dem "polnischen Edelmann" stammt übrigens auch daher.

Wenn ich mich recht erinnere ist es Safranski, der letzters mit Nietzsches Verbitterung über die Ingoranz seiner Werke in Deutschland damit in Verbindung bringt und behauptet, er erdichtete sich deshalb eine andere Herkunft. Das halte ich für plausibel.

Nietzsches "Antisemitismus" ist fast immer - ich kann auf die Schnelle nicht ausschließen, dass es auch andere Textstellen gibt - eine Ablehnung des jüdischen Glaubens, bzw. der Sklavenmoral, die, so Nietzsche, im Judentum den Ausgangspunkt für ihren Siegeszug fand.

Wir hatten dieses Thema ja bereits im vorhergegangenen N-Thread, wo wir auch entsprechende Textarbeit leisteten.

Zum Tschandala-Mythos will ich folgende Textstelle zitieren:

Zitat:
Das Christenthum, aus jüdischer Wurzel und nur verständlich als Gewächs dieses Bodens, stellt die Gegenbewegung gegen jede Moral der Züchtung, der Rasse, des Privilegiums dar: — es ist die antiarische Religion par excellence: das Christenthum die Umwerthung aller arischen Werthe, der Sieg der Tschandala Werthe, das Evangelium den Armen, den Niedrigen gepredigt, der Gesammt-Aufstand alles Niedergetretenen, Elenden, Missrathenen, Schlechtweggekommenen gegen die „Rasse,” — die unsterbliche Tschandala-Rache als Religion der Liebe


Götzen-Dämmerung, hier: 4

Das Christentum ist die "Gegenbewegung gegen jede Moral der Züchtung", die "Umwerthung aller arischen Werthe" [Anm.: Das Wort "arisch" bei Nietzsche deckt sich nicht mit dem, was von den Nazis als arisch bezeichnet wurde. Bei Bedarf kann ich einen Nachweis suchen]. Es geht um die Art der Moral, das Ressentiment gegen die Moral der Herrschenden, diese Anti-Moral, die Nietzsche die Verbindung zu diesem Tschadala-Mythos schlagen lässt.
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- Niklas Luhmann -
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Hornochse
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Beitrag(#1103547) Verfasst am: 11.10.2008, 00:57    Titel: Antworten mit Zitat

Agnost hat folgendes geschrieben:
Lass und drum auch Tarvoc reinziehen.


Ob Tarvoc sich hier beteiligen will, soll seine freie Entscheidung bleiben.

Zu der "Verwertbarkeit" Nietzsches können wir ja evtl. noch den von dir eröffneten Thread nutzen, sofern wir es nicht auf Foucault und Derrida beschränken.
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Zuletzt bearbeitet von Hornochse am 11.10.2008, 01:20, insgesamt einmal bearbeitet
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Hornochse
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Beitrag(#1103549) Verfasst am: 11.10.2008, 01:06    Titel: Antworten mit Zitat

Agnost hat folgendes geschrieben:
Spannend ist ja auch, dass der Tanach (Das alte Testament) wohl zu grössten Teilen unter persischer Herrschaft, also unter dem Glaubenssystem von Zarathustra geschrieben wurde


Kannst du mir dafür eine Quelle oder einen Literaturtipp anbieten?
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Agnost
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Beiträge: 5618

Beitrag(#1103553) Verfasst am: 11.10.2008, 01:28    Titel: Antworten mit Zitat

Hornochse hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Spannend ist ja auch, dass der Tanach (Das alte Testament) wohl zu grössten Teilen unter persischer Herrschaft, also unter dem Glaubenssystem von Zarathustra geschrieben wurde


Kannst du mir dafür eine Quelle oder einen Literaturtipp anbieten?


Na, da musst du warten, das hab ich in der NZZ im Spiegel und in vielen anderen Quellen gelesen.

Im Moment kommen mir Stichworte wie Jacwist, Elohimist, Jessaia und Deutero-Jessaia in den Sinn.

Und natürlich Darios und Esther.

Agnost
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44766

Beitrag(#1103584) Verfasst am: 11.10.2008, 03:07    Titel: Antworten mit Zitat

Hornochse hat folgendes geschrieben:
Zum Thema "blonde Bestie" folgendes:

Zitat:
sie sind nach Aussen hin, dort wo das Fremde, die Fremde beginnt, nicht viel besser als losgelassne Raubthiere. Sie geniessen da die Freiheit von allem socialen Zwang, sie halten sich in der Wildniss schadlos für die Spannung, welche eine lange Einschliessung und Einfriedigung in den Frieden der Gemeinschaft giebt, sie treten in die Unschuld des Raubthier-Gewissens zurück [...] Auf dem Grunde aller dieser vornehmen Rassen ist das Raubthier, die prachtvolle nach Beute und Sieg lüstern schweifende blonde Bestie nicht zu verkennen; es bedarf für diesen verborgenen Grund von Zeit zu Zeit der Entladung, das Thier muss wieder heraus, muss wieder in die Wildniss zurück: – römischer, arabischer, germanischer, japanesischer Adel, homerische Helden, skandinavische Wikinger – in diesem Bedürfniss sind sie sich alle gleich. Die vornehmen Rassen sind es, welche den Begriff »Barbar« auf all den Spuren hinterlassen haben, wo sie gegangen sind; noch aus ihrer höchsten Cultur heraus verräth sich ein Bewusstsein davon und ein Stolz selbst darauf

Mich erinnert das irgendwie sehr an das Werwolf-Kapitel in Giorgio Agambens Homo sacer. In dem Zusammenhang wundert es mich, dass Nietzsche nicht auf die Idee kommt, die blonde Bestie mit dem Tschandala in eine strukturelle Verbindung zu bringen. Der Tschandala soll ja der Ausgestoßene sein, der aus der Gemeinschaft herausgenommen wird, zurück in die Wildnis, wenn man so will. Die blonde Bestie hingegen stößt sich selbst (freiwillig?) aus. - Sind beides verschiedene Umschreibungen für das "heilige Leben"? Das würde auch zu Nietzsches Verachtung aller Heiligkeit passen. Ich weiss, das ist eine recht "kreative" Lektüre, aber vielleicht könnte man Nietzsche wirklich mal von Agamben aus kritisch lesen. Könnte vielleicht Interessantes ergeben...
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"Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustand, in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Hornochse
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Anmeldungsdatum: 22.07.2007
Beiträge: 8223
Wohnort: Bundeshauptstadt

Beitrag(#1103586) Verfasst am: 11.10.2008, 03:34    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Mich erinnert das irgendwie sehr an das Werwolf-Kapitel in Giorgio Agambens Homo sacer. In dem Zusammenhang wundert es mich, dass Nietzsche nicht auf die Idee kommt, die blonde Bestie mit dem Tschandala in eine strukturelle Verbindung zu bringen. Der Tschandala soll ja der Ausgestoßene sein, der aus der Gemeinschaft herausgenommen wird, zurück in die Wildnis, wenn man so will. Die blonde Bestie hingegen stößt sich selbst (freiwillig?) aus. - Sind beides verschiedene Umschreibungen für das "heilige Leben"? Das würde auch zu Nietzsches Verachtung aller Heiligkeit passen. Ich weiss, das ist eine recht "kreative" Lektüre, aber vielleicht könnte man Nietzsche wirklich mal von Agamben aus kritisch lesen. Könnte vielleicht Interessantes ergeben...


Da ich weder Agambens noch "Homo sacer" kenne, kann ich nur mehr oder minder ins Blaue argumentieren:

Die blonde Bestie stößt sich nicht aus der Gemeinschaft aus. Das von Nietzsche beschriebene Verhalten ist das einer Gruppe nach außen hin:

Zitat:
Hier wollen wir Eins am wenigsten leugnen: wer jene »Guten« nur als Feinde kennen lernte, lernte auch nichts als böse Feinde kennen, und dieselben Menschen, welche so streng durch Sitte, Verehrung, Brauch, Dankbarkeit, noch mehr durch gegenseitige Bewachung, durch Eifersucht inter pares in Schranken gehalten sind, die andrerseits im Verhalten zu einander so erfinderisch in Rücksicht, Selbstbeherrschung, Zartsinn, Treue, Stolz und Freundschaft sich beweisen, – sie sind nach Aussen hin, dort wo das Fremde, die Fremde beginnt, nicht viel besser als losgelassne Raubthiere.


Er schreibt ja auch "sie sind nach Aussen hin".

Ich weiß nicht, inwiefern dies noch für die von dir angestrebte Leseart taugt.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44766

Beitrag(#1103599) Verfasst am: 11.10.2008, 05:36    Titel: Antworten mit Zitat

Es war insbesondere diese Formulierung hier, die mich auf die Idee zu dieser Verbindung brachte: es bedarf für diesen verborgenen Grund von Zeit zu Zeit der Entladung, das Thier muss wieder heraus, muss wieder in die Wildniss zurück - so gesehen meinte ich auch nicht einen Ausschluss aus der Gemeinschaft, sondern mehr einen Ausschluss aus der 'Zivilisation' oder aus dem 'Recht', wie auch immer man das nennen will.
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neinguar
Blue Note



Anmeldungsdatum: 04.02.2008
Beiträge: 3088

Beitrag(#1103620) Verfasst am: 11.10.2008, 08:54    Titel: Antworten mit Zitat

GL11 hat folgendes geschrieben:
neinguar hat folgendes geschrieben:
GL11 hat folgendes geschrieben:
Das Christentum ist die Rationalisierung des Glaubens par excellence, oder - wie Nietzsche es ausdrückt - die "ultima ratio der Lüge".



"ultima ratio" heißt "letztes Mittel". Punkt.

GL11 hat folgendes geschrieben:

Und schaut übrigens mal den Begriff "ultima ratio" in einem richtigen Wörterbuch von Wahrig oder so nach und nicht nur bei Wikipedia. zwinkern


Ich habe das nicht aus Wiki ( bei aller - berechtigten - Skepsis: Bloß weil etwas in Wiki steht, muss es nicht falsch sein).

Aber ich bin mal gespannt, welches Wörterbuch "ultima ratio" irgendwie mit "(Ver-)Rationalisierung" übersetzt.


Nicht falsch, aber unvollständig und unexakt.

Mal ne Frage: Hast Du Latein und Griechisch in der Schule gehabt? Hast Du das Latinum? Ich schätze mal nicht.



Falsch geschätzt. Latinum und Graecum.

GL11 hat folgendes geschrieben:
Denn nur jemand, der mit alten Sprachen gar nichts zu tun hatte, verlässt sich auf Plakativ-Übersetzungen, wie sie zwar allgemein gebräuchlich sind, aber eher im Umgangssprachlichen.


Oder im Schulunterricht. Ich habe mich mehr als einmal mit Lehrern gestritten, die meinten, wenn man eine bestimmte Redewendung nicht exakt in der Standardübersetzung aus dem Lehrbuch (die oft deswegen existiert, weil die direkte Übertragung ins Deutsche grammatisch nicht hinhaut oder beschissen klingt) wiedergibt, dann sei das ein Fehler (weil man ja damit nicht nachgewiesen hat, dass man brav Vokabeln gelernt hat - auch wenn die Übersetzung mindestens genauso gut den Sinn wiedergibt und sprachlich besser ist). Naja.....

Is ja schön, jetzt ham wir immerhin mal ne gemeinsame Basis.

In unserem Fall ist es nur so, dass die Standardübersetzung perfekt passt, der Ausdruck in Deiner Interpretation aber sprachlich gewaltig knirscht.

GL11 hat folgendes geschrieben:

Um die wirkliche Bedeutung zu erfassen muss man sich die wörtliche Bedeutung ansehen


...um ggf. (falls nötig oder schöner, was hier beides nicht der Fall ist) von der Standardübersetzung abzuweichen...

GL11 hat folgendes geschrieben:

und die bedeutet "letzte Vernunft", "letzte Erwägung", "letztes Denken", "letzte Berechnung".


Richtig. In den drei letzteren Übersetzungen wird, anders als im deutschen Wort Vernunft, der Vorgang ihrer Anwendung bzw. dessen Resultat sichtbar (wie es im Englischen z.B. in reasoning zum Ausdruck kommt).

Und daraus ergibt sich erstmal die Standardübersetzung. Die letzte Erwägung oder Berechnung, die für mich, bezogen auf eine bestimmte Situation noch vernünftig ist, beschreibt mein letztes Mittel; davor gibt es andere, danach ist es nicht mehr vernünftig.

GL11 hat folgendes geschrieben:


Warum soll auch das Christentum das letzte Mittel der Lüge sein? Das setzte voraus, dass es bereits eine spezielle Lüge gibt, die nun im Christentum ihr letztes Mittel gefunden hat.



Nein, keine spezielle Lüge. Die allgemeine Lüge, die Lüge als Prinzip, die Lüge an sich. Nietzsche macht sie rhetorisch zum Subjekt, dessen vernünftiges, berechnendes, folgerichtiges Denken das Christentum als schärfste Waffe zur Durchsetzung seiner Weltherrschaft hervorbringt.

GL11 hat folgendes geschrieben:

Das Christentum ist ja aber die Hervorbringerin von Lügen in Perfektion.


Das widerspricht dem eben gesagten nicht. Die Lüge als Erfinderin des Christentums, oder umgekehrt, das Christentum als Produkt der Lüge ist aber umfassender als das Christentum als Hervorbringer von (unter anderem?) Lügen, und es haut rhetorisch deutlich besser rein.

So, und den Rest, den ich so einigermaßen formuliert hatte, habe ich gerade irgendwie geschafft zu löschen, und jetzt habe ich im Moment gerade keine Energie mehr; saß eh vor der Kiste, weil ich im Morgengrauen nicht mehr schlafen konnte.....

Nun, ich denke, das wichigste war's jetzt schon; meine Lesart ist erklärt, und, wie gesagt, für Deine müsste man Worte und Satzbau arg strapazieren. Zu letzterem wollte ich eigentlich noch ein paar konkrete Worte verlieren; das haben sie jetzt wohl zu wörtlich genommen, die Worte....haha.....vielleicht klaube ich sie später nochmal zusammen.
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Woran du dein Herz hängest, das ist dein Gott - Martin Luther -

Wenn ich Gott wäre, würde ich mich nicht von jedem anbeten lassen wollen - Hilde Ziegler -
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Zumsel
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Anmeldungsdatum: 08.03.2005
Beiträge: 4667

Beitrag(#1103685) Verfasst am: 11.10.2008, 11:54    Titel: Antworten mit Zitat

ballancer hat folgendes geschrieben:
Wenn heute die einschlägigen Zitate aus Luthers judenfeindlichen Schriften heute unkritisch zitiert


Was ist denn der Unterschied zwischen einem kritischen und einem unkritische Zitat? Man kann vollständig zitieren oder unvollständig, richtig oder falsch. Aber kritisch oder unkritisch? Das kann sich höchstens auf einen möglichen Kommentar zu dem Zitat beziehen. Dazu bestand aber keinerlei Notwendigkeit, denn es ging nur darum, eine mögliche Antwort auf die Frage des Eröffnungsthreads zu geben. Es ist durchaus nicht nötig, zu allem, was man zitiert, seinen Senf zu geben. Zumindest nicht, wenn man ein aufgeklärtes Menschenbild hat und davon ausgeht, dass die Leser ihr Gehirn zu benutzen vermögen.

Xamanoth hat folgendes geschrieben:
Im übrigen: Jagy, hast du den Text Russels über Nietzsche in seiner Philosophiegeschichte gelesen? Das ist doch völlig oberflächlich, und stellt eher eine Abrechnung mit den Klischees über Nietzsche dar, und keine klare Analyse seiner Texte.


Mir erscheint der Text beinahe wie eine Art Rache. Immerhin hat Nietzsche (nicht ganz zu unrecht, wie ich finde) kein gutes Haar gelassen an der englischen Philosophie. Dazu kommt wohl eine gewisse antideutsche Grundhaltung Russells.
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ballancer
... leidet an dianoia ...



Anmeldungsdatum: 27.05.2007
Beiträge: 4767

Beitrag(#1103895) Verfasst am: 11.10.2008, 17:18    Titel: Re: Verständnis eines Nietzsche Zitats Antworten mit Zitat

jagy hat folgendes geschrieben:
ballancer hat folgendes geschrieben:
Gewalt gegen Andersgläubige ist nie christlich gewesen.

...
[weitere Zitate auch von Ballancer]
Zitat:
Ich kenne keinen Lutheraner, der die Auslassungen des alten Luthers nicht scharf verurteilt.

Tja - ich kenne keine Lutheraner, die Luthers Hasstiraden gegen die Juden kennen.


Wieviele Lutheraner kennst du überhaupt? Ich vermute: keine!

Immerhin, die Informationen sind frei zugänglich und werden oft diskutiert.

http://de.wikipedia.org/wiki/Luther#Luther_und_die_Juden
http://de.wikipedia.org/wiki/Antijudaismus_in_der_Neuzeit#Luthers_Stellung_zum_Judentum

Erklärungen dazu gibt es reichlich:
http://www.jcrelations.net/de/?item=1071
http://www.jcrelations.net/de/?item=1080
http://www.jcrelations.net/de/?item=1069

Beispielhaft daraus:
Zitat:

Die Evangelische Landeskirche in Württemberg hat in doppelter Hinsicht Anteil an dieser Schuld: Als lutherische Kirche steht sie in der Tradition Martin Luthers. Deswegen distanzieren wir uns ausdrücklich von seinen judenfeindlichen Äußerungen. Als Landeskirche in Deutschland steht sie in der besonderen Geschichte unseres Volkes. Wir erkennen diese Schuld und bekennen sie. Wir wollen daraus Konsequenzen ziehen: ...


Überraschender Weise willst du kein persönliches Urteil über Nietzsche und seinen Antisemitismus machen, aber über Lutheraner und Luther bist du hier nicht von derartigen Zurückhaltungen geprägt. Allerdings habe ich den Eindruck, dass due Nietzsche erheblich besser kennst als Luther.

Zitat:
Während man Luther inhaltlich garnicht rezipierte, außer ihn demagogisch auszuschlachten.

Hast du Luthers "Von den Juden und Ihren Lügen" gelesen? Das las sich für mich nicht so, als ob das von den Nazis nur bös' missinterpretiert und aus dem Kontext gerissen ausgeschlachtet werden konnte. [/quote]

Aus http://de.wikipedia.org/wiki/Antijudaismus_in_der_Neuzeit#Luthers_Stellung_zum_Judentum

Zitat:

Dieser harte Maßnahmenkatalog sollte die jüdische Religionsausübung unterbinden, nicht die Bevölkerung zu Pogromen aufhetzen. Luther verbot explizit, Juden zu verfluchen und persönlich anzugreifen. ...

Luthers Schrift bündelte die mittelalterliche Judenfeindschaft, sammelte und verstärkte sämtliche damals umlaufenden Klischees und überlieferte sie der Neuzeit. Er folgte darin dem Hauptstrom der christlichen Theologie, die Juden erst zu bekehren versuchte, dann ihre Verfolgung rechtfertigte und aktiv betrieb. Doch in seiner letzten Predigt am 15. Februar 1546 mahnte er erneut, sich um die Bekehrung der Juden zu bemühen: Damit relativierte er seine antijüdischen Forderungen. Der theologische Hintergrund jedoch blieb derselbe: Ohne das Evangelium gab es für ihn keine Erlösung, nur den Tod. So wollte Luther im Grunde auch die „verstockten“ Juden bis zuletzt für den Glauben an Jesus Christus gewinnen.

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ballancer
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Anmeldungsdatum: 27.05.2007
Beiträge: 4767

Beitrag(#1103904) Verfasst am: 11.10.2008, 17:33    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
ballancer hat folgendes geschrieben:
Wenn heute die einschlägigen Zitate aus Luthers judenfeindlichen Schriften heute unkritisch zitiert


Was ist denn der Unterschied zwischen einem kritischen und einem unkritische Zitat? Man kann vollständig zitieren oder unvollständig, richtig oder falsch. Aber kritisch oder unkritisch? Das kann sich höchstens auf einen möglichen Kommentar zu dem Zitat beziehen.


Erstens: Ich unterstelle dir persönlich rein gar nichts. Meine Anmerkungen bezogen sich allgemein auf die relativ wohlwollende Rezeption von Nietzsches Antisemitismus und seinen Hetzschriften.

Der Vergleich von Jagy mit Luther zeigt dies.... Zu deiner Frage: Was ist unkritische Rezeption?

Wenn einem Verfasser besondere Autorität zugestanden wird und dessen beanstandbare Haltung als respektabel betrachtet wird, gar zur Adaption empfohlen wird, dann sprechen wir von einer unkritischen Adaption.

Im erweiterten Sinn ist eine unkritische Rezeption eine entstellende Zitation, die eine Ansicht induzieren will, die dem Gesamttext nicht entspricht.

Zumsel hat folgendes geschrieben:

Dazu bestand aber keinerlei Notwendigkeit, denn es ging nur darum, eine mögliche Antwort auf die Frage des Eröffnungsthreads zu geben. Es ist durchaus nicht nötig, zu allem, was man zitiert, seinen Senf zu geben. Zumindest nicht, wenn man ein aufgeklärtes Menschenbild hat und davon ausgeht, dass die Leser ihr Gehirn zu benutzen vermögen.


Allerdings. Abgesehen davon, dass hier einige nicht nur eine Weißwäsche Nietzsches betreiben wollen (Nietzsche sein nicht antisemitisch gewesen), hat meine Anmerkung eine satirische Reflektion auf übertriebene Political Correctness (Verweis auf Autobahn) enthalten ... wenn man davon ausgeht, dass die Leser ihr Gehirn zu benutzen vermögen. zwinkern
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ballancer
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Anmeldungsdatum: 27.05.2007
Beiträge: 4767

Beitrag(#1103911) Verfasst am: 11.10.2008, 17:47    Titel: Re: Verständnis eines Nietzsche Zitats Antworten mit Zitat

vanini hat folgendes geschrieben:
ballancer hat folgendes geschrieben:

Denn 'christlich' ist nur das, was sich theologisch auf das NT gründet. Und Luther selber sprach hier von 'Sola Scriptura' als Kriterium. Wenn Christen sich anders verhielten, dann handelten sie gegen ihre Grundlagen und nicht christlich.


Vorab: Wenn Luther von "Sola scriptura" spricht, so ist bekanntlich das Alte und das Neue Testament gemeint, da ja beides Zusammen die "Heilige Schrift", das "Wort Gottes" sein soll, welches von ein und demselben, in Ewigkeit völlig unwandelbaren Gotte stammen soll.


Und du glaubst, dass das Luthers Position hinreichend darstellt?

vanini hat folgendes geschrieben:

Die Seriosität von "Definitionen" bezüglich "geoffenbarter Wahrheiten" sodann einmal beiseite: Dass die reale Beschaffenheit und die üblen Taten der Christenheit von ihrem Anbeginn an durch ihre ganze Geschichte hindurch keine Folge der Botschaften der biblischen Schriften wären, kann man nur ernstlich behaupten, wenn man diese besagten Schriften entweder gar nicht gelesen hat und nur ein paar wohlklingende Sonntagssprüchlein daraus kennt, oder aber sie lediglich absichtsgeleitet gefiltert rezipiert.


Du redest wirr. Ich vermute, du weißt selber nicht was du sagst. Vermutlich meinst du die angeblichen Genozid-Anweisungen zur Landnahme Israels oder die drakonischen AT-Gesetze. Diese spielen in der christlichen Theologie keine Rolle, weder in der Praxis noch in der Theorie. Denn das AT muss im Christentum durch die Brille des NT betrachtet werden.

vanini hat folgendes geschrieben:

Während im Alten Testament Mord, Totschlag, Verbrechen und Gräuel aller Art wie selbstverständlich zum Repertoire vorbildhafter göttlicher Liebe und Gerechtigkeit gehören, präsentiert sich das Neue Testament zwar oft etwas subtiler. Die essentielle Grundlage allen Übels aber, welches Menschen anderen Menschen antun können, nämlich tiefstmögliche Herabwürdigung und Verachtung anderer Menschen (aus welchem Grunde auch immer) und deren Bezichtigung als "Feind", wird im Neuen Testament genau so dreist und unverschämt kultiviert wie im Alten! Da muss man sich dann auch nicht mehr groß wundern...


Das fordert Belege. Denn der Begriff Feind wird, sofern er sich auf Menschen bezieht, mit dem Begriff 'Liebe' assoziiert. Idee
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jagy
Herb Derpington III.



Anmeldungsdatum: 26.11.2006
Beiträge: 7275

Beitrag(#1103940) Verfasst am: 11.10.2008, 18:29    Titel: Re: Verständnis eines Nietzsche Zitats Antworten mit Zitat

ballancer hat folgendes geschrieben:


Zitat:

Dieser harte Maßnahmenkatalog sollte die jüdische Religionsausübung unterbinden, nicht die Bevölkerung zu Pogromen aufhetzen. Luther verbot explizit, Juden zu verfluchen und persönlich anzugreifen. ...


aha, man soll also

1. Synagogen und jüdische Schulen abfackeln,
2. Häuser von Juden zerbrechen und zerstören,

aber alles ganz nett und lieb ohne Pogrome und persönliche Angriffe???

Zitat:
Überraschender Weise willst du kein persönliches Urteil über Nietzsche und seinen Antisemitismus machen, aber über Lutheraner und Luther bist du hier nicht von derartigen Zurückhaltungen geprägt

Nein, überhaupt nicht überraschender Weise. Weil ich schon seit langem geschrieben habe, dass ich nicht genug Wissen habe, um mir darüber ein eigenes Urteil bilden zu können.

Im übrigen: Entweder, du bezichtigst mich offen der Lüge, oder nicht, aber wenn nicht, dann stopf dir was in dein Spundloch und hör mit diesen unterschwelligen Anschuldigungen auf, ich kenne mich mit Nietzsche besser aus, als ich zugeben würde.
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Zuletzt bearbeitet von jagy am 11.10.2008, 18:36, insgesamt einmal bearbeitet
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jagy
Herb Derpington III.



Anmeldungsdatum: 26.11.2006
Beiträge: 7275

Beitrag(#1103942) Verfasst am: 11.10.2008, 18:33    Titel: Antworten mit Zitat

ballancer hat folgendes geschrieben:
Meine Anmerkungen bezogen sich allgemein auf die relativ wohlwollende Rezeption von Nietzsches Antisemitismus und seinen Hetzschriften.

Der Vergleich von Jagy mit Luther zeigt dies


Bring doch mal ein Nietzsche-Zitat, in dem Nietzsche mit Luther bzgl Antisemitismus und Aufruf zu Gewalt gegen Juden auch nur gleich zieht?


ballancer hat folgendes geschrieben:
Vermutlich meinst du die angeblichen Genozid-Anweisungen zur Landnahme Israels


... angeblichen????
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ballancer
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Anmeldungsdatum: 27.05.2007
Beiträge: 4767

Beitrag(#1103947) Verfasst am: 11.10.2008, 18:52    Titel: Re: Verständnis eines Nietzsche Zitats Antworten mit Zitat

jagy hat folgendes geschrieben:
ballancer hat folgendes geschrieben:


Zitat:

Dieser harte Maßnahmenkatalog sollte die jüdische Religionsausübung unterbinden, nicht die Bevölkerung zu Pogromen aufhetzen. Luther verbot explizit, Juden zu verfluchen und persönlich anzugreifen. ...


aha, man soll also

1. Synagogen und jüdische Schulen abfackeln,
2. Häuser von Juden zerbrechen und zerstören,

aber alles ohne Progrome und persönliche Angriffe???


Ich erkenne nicht, dass dir an einer inhaltlichen Klärung gelegen ist, sondern dass du dein Ding in platter Polemik siehst.

Hier kritisierst du ein Zitat, ohne den entsprechenden Text überhaupt verstanden zu haben. Luthers Vorschläge adressiert die Fürsten als Vertreter der Obrigkeit, die eine geordnete Unterdrückung der jüdischen Religionsausübung durch den Staat bezwecken soll. Dies ist allerdings mit dem Evangelium nicht zu vereinbaren. Wilde Progrome verabscheute Luther und wollte er verhindern. Er sah verkürzt in der Obrigkeit Gottes Gehilfen. Was auch seine scharfe Ablehnung der Bauernaufstände erklärt. Moderne Christen teilen diese Ansichten nicht.

Das sich die Lutheraner davon durchweg distanzieren habe ich auch dargelegt.

Mir erscheint allerdings, dass du recht ahistorisch das Denken des 21. Jahrhunderts von denen des ausgehenden 19. Jahrhunderts oder des beginnenden 16. Jahrhunderts nicht unterscheidest. Das würde weder Nietzsche noch Luther entschuldigen, aber es weder helfen, den Kontext zu verstehen.

jagy hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Überraschender Weise willst du kein persönliches Urteil über Nietzsche und seinen Antisemitismus machen, aber über Lutheraner und Luther bist du hier nicht von derartigen Zurückhaltungen geprägt

Nein, überhaupt nicht überraschender Weise. Weil ich schon seit langem geschrieben habe, dass ich nicht genug Wissen habe, um mir darüber ein eigenes Urteil bilden zu können.


Aber über Luther und heutige Christen urteilst du? Und dann noch offensichtlich unqualifiziert?

jagy hat folgendes geschrieben:

Im übrigen: Entweder, du bezichtigst mich offen der Lüge, oder nicht, aber wenn nicht, dann stopf dir was in dein Spundloch und hör mit diesen unterschwelligen Anschuldigungen auf, ich kenne mich mit Nietzsche besser aus, als ich zugeben würde.


Du zitierst nicht nur Nietzsche selber, sondern mehrere Autoren, die über Nietzsche schreiben ... und was dritte über diese Autoren schreiben. Ferner werden dir Originalzitate im Kontext mit korrekter Quellenangabe geliefert. ... da ist deine Aussage, du könnest den Antisemitismus Nietzsches nicht beurteilen wenig überzeugend. Wenn du das 'Lüge' nennen willst, bleibt das dir überlassen. Mit den Augen rollen
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jagy
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Beitrag(#1103953) Verfasst am: 11.10.2008, 19:05    Titel: Re: Verständnis eines Nietzsche Zitats Antworten mit Zitat

Zitat:
Hier kritisierst du ein Zitat, ohne den entsprechenden Text überhaupt verstanden zu haben. Luthers Vorschläge adressiert die Fürsten als Vertreter der Obrigkeit, die eine geordnete Unterdrückung der jüdischen Religionsausübung durch den Staat bezwecken soll. Dies ist allerdings mit dem Evangelium nicht zu vereinbaren. Wilde Progrome verabscheute Luther und wollte er verhindern. Er sah verkürzt in der Obrigkeit Gottes Gehilfen. Was auch seine scharfe Ablehnung der Bauernaufstände erklärt. Moderne Christen teilen diese Ansichten nicht.

"Geordnete Unterdrückung" nennst du das? Systhematische Brandstiftung und Zerstörung von Häusern nennst du "geordnete Unterdrückung? Erbrechen War die Reichskristallnacht auch nur geordnete Unterdrückung?

Und wenn nur die Religionsausübung verhindert werden sollte, warum forderte Luther dann, dass auch die Häuser der Juden zerstört werden sollten?

ballancer hat folgendes geschrieben:

jagy hat folgendes geschrieben:

Im übrigen: Entweder, du bezichtigst mich offen der Lüge, oder nicht, aber wenn nicht, dann stopf dir was in dein Spundloch und hör mit diesen unterschwelligen Anschuldigungen auf, ich kenne mich mit Nietzsche besser aus, als ich zugeben würde.


Du zitierst nicht nur Nietzsche selber, sondern mehrere Autoren, die über Nietzsche schreiben ... und was dritte über diese Autoren schreiben. Ferner werden dir Originalzitate im Kontext mit korrekter Quellenangabe geliefert. ... da ist deine Aussage, du könnest den Antisemitismus Nietzsches nicht beurteilen wenig überzeugend. Wenn du das 'Lüge' nennen willst, bleibt das dir überlassen. Mit den Augen rollen


Du Schlankloris, nenn mir etwas davon, was man mit 4 minuten googeln nach "Nietzsche + Antisemitismus" nicht herausfinden kann!

Wie schon mehrmals gesagt: Mein Wissen beschränkt sich auf Russells Kapitel in seiner Philosophiegeschichte (ca. 8 Seiten); einer 3/4 Lektüre der fröhlichen Wissenschaft und einmal dem Antichrist, den ich aber nicht ganz verstanden habe.
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ballancer
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Beitrag(#1103979) Verfasst am: 11.10.2008, 20:03    Titel: Antworten mit Zitat

jagy hat folgendes geschrieben:
ballancer hat folgendes geschrieben:
Meine Anmerkungen bezogen sich allgemein auf die relativ wohlwollende Rezeption von Nietzsches Antisemitismus und seinen Hetzschriften.

Der Vergleich von Jagy mit Luther zeigt dies


Bring doch mal ein Nietzsche-Zitat, in dem Nietzsche mit Luther bzgl Antisemitismus und Aufruf zu Gewalt gegen Juden auch nur gleich zieht?


Die historische Wirkung Nietzsches ist ungleich fataler als Luthers, denn:

Pfeil Nietzsches Begründung des amoralischen Handels trieb einen Keil in das sittliche Empfingen der Intelligenzia. Hass und Gewalt wurden salonfähig.

Pfeil Nietzsche trug in den vorliegenden Gedanken massiv zur rassistischen Auslegung der arischen Rasse und ihrer Bedrohung durch die Jüdische Rasse bei. Hier wurde die böse Saat gelegt.

Luthers Antijudaismus überzeugte bereits seine zeitgenössischen Fürsten nicht. Der Kontext und Intention seiner Teste wurde - abgesehen von der falschen propagandistischen Adressierirung - völlig unterschlagen. Hitler und die NS-Führung verachteten das Christentum und gebrauchten es nur so lange, wie man es als Machtmittel für seine Ideologie verwenden könnte. Die üblen Lutherschriften blieben ja auch über Jahrhunderte im Giftschrank, bis sie ein fanatisierter Nationalsozialismus als demagogische Waffe entdeckte.

jagy hat folgendes geschrieben:

ballancer hat folgendes geschrieben:
Vermutlich meinst du die angeblichen Genozid-Anweisungen zur Landnahme Israels


... angeblichen????


Ich glaube nicht, dass Gott derartige Anweisungen gab - aus theologischen Gründen. Die Darstellungen in der Bibel werden allerdings von modernen Historikern stark bezweifelt. Wenn es die berichtete Landnahme Israels nicht gegeben hätte, dann wären auch diese Anweisungen auch nicht ergangen. Es würde sich um eine fiktive Geschichte handeln, also auch um einen fiktiven Genozid. Ich gehe allerdings von einer anderen Version aus ...

Zurück zur Verbindung zwischen Hitler und Nietzsche. Auch die Zeit widmet diesem Thema einen Artikel, die Nietzsche eher weißwaschen will. Aber Ernst Tugendhat bemerkt in http://www.zeit.de/2000/38/Der_Wille_zur_Macht

Zitat:

Es ist nicht bekannt, ob Hitler Nietzsche überhaupt gelesen hat, aber ihre antiegalitaristischen Positionen sind sich genügend ähnlich. Der erste Eindruck ist: Sowohl Nietzsche wie auch Hitler verwerfen die Idee der Gleichheit, beide mit besonderer Schärfe. Und beiden erscheint diese Idee als etwas geradezu Irrsinniges, besonders Unbegreifliches: in Nietzsches Zarathustra wird die Lehre von der Gleichheit den Taranteln in den Mund gelegt, bei Hitler ist es eine Idee der Juden.

An die Stelle der Gleichheit soll aber nicht etwa ein anderer Gerechtigkeitsmaßstab treten, sondern Macht. Nietzsches Terminus ist "Wille zur Macht", und Hitler erklärt: "Stets hat der Stärkere das Recht, seinen Willen durchzusetzen", das sei das Gesetz der Natur. Die Macht allein - als Gewalt verstanden - entscheidet und rechtfertigt zugleich. Gleichheit wird also im Namen der Macht verworfen. Und sowohl bei Nietzsche wie auch bei Hitler lautet die Begründung: Es sei eine Tatsache, dass alles menschliche Handeln, ebenso alles Leben überhaupt ausschließlich durch Machtstreben bestimmt wird. Und das impliziert, auch darin sind sich Nietzsche und Hitler einig: Auch das Egalitäre ist hintergründig durch das Machtmotiv bestimmt.


Der Verfasser versucht Nietzsche noch einige Differenzierungen unterzujubeln, aber er kommt nach Nietzsches Rechtfertigung der Sklaverei zu:
Zitat:

Der Mensch "an sich" hat "weder Würde noch Rechte". An der Notwendigkeit von Sklaverei als "Bedingung jeder höheren Kultur" hat Nietzsche zeitlebens festgehalten. Seine Überzeugung von der Ungleichheit der Menschen ist älter als seine Moralkritik und fester Bestandteil seines Denkens.

Auch moralisches Verhalten erscheint als "Wille zur Macht" ...


http://www.zeit.de/2000/38/Der_Wille_zur_Macht?page=3

Meines Erachtens ist die Perfidie Nietzsches unmittelbar und in Reinform bei Hitler zu erkennen. Unwichtig ist, ob Hitler nun direkt Nietzsche las, oder ob er mittelbar die Gedanken übernahm.

Zitat:

Die höheren Menschen sind für ihn "prachtvolle Raubtiere" und - näher an Hitler - "blonde germanische Bestien". Für eine "gute und gesunde" Aristokratie soll nicht nur charakteristisch sein, dass ihre "Moral aus einem triumphierenden Ja-Sagen zu sich selbst herauswächst" und dass zu diesem Gefühl ein "Pathos der Distanz" gegenüber den Schwachen gehört, sondern dass sie auch "mit gutem Gewissen das Opfer einer Unzahl Menschen hinnimmt, welche um ihretwillen zu unvollständigen Menschen, zu Sklaven, zu Werkzeugen herabgedrückt und vermindert werden müssen".

Jetzt sieht Nietzsche die Niedrigen also nicht mehr so sehr als die Gewöhnlichen, sondern als die Schwachen, und die Starken sind nicht nur von ihnen unterschieden, sondern zu ihnen gehört jetzt wesentlich die Macht über die Schwachen. "Hier muss man gründlich auf den Grund denken und sich aller empfindsamen Schwächlichkeit erwehren: Leben selbst ist wesentlich Aneignung, Verletzung, Überwältigung des Fremden und Schwächeren, Unterdrückung, Härte, Aufzwängung eigner Formen, Einverleibung und mindestens, mildestens, Ausbeutung."


http://www.zeit.de/2000/38/Der_Wille_zur_Macht?page=5

Ich halte Nietzsche für so widerlich, dass ich ihn nur mit Abscheu lesen kann.

So vieldeutig Nietzsches Begriff des Willens zur Macht auch ist, in seiner Bewunderung für Napoleon und ähnliche Naturen wie Cesare Borgia und Caesar ist er eindeutig.
Zitat:

Während für Hitler Macht im Sinn von Gewalt so ausschließlich bestimmend war, dass für ihn die traditionelle Moral belanglos wurde, war es Nietzsches zentrales Anliegen, eine "Umwertung aller Werte" vorzunehmen, das heißt, im Anschluss an den schillernden Begriff des "Willens zur Macht" die traditionelle Moral zu entwerten und ein neues Verständnis von Moral zu entwerfen. Dafür reichte es keineswegs aus, altruistische Motive auf den Willen zur Macht zurückzuführen.


http://www.zeit.de/2000/38/Der_Wille_zur_Macht?page=6

Wie man angesichts dieser erdrückenden Indizien noch respektvolle Worte für diesen Nazi-Philosophen finden kann, bleibt mir ein Rätsel.

Zitat:
Nietzsche hat also keine Möglichkeit, im Sozialen überhaupt einen positiven Sinn zu sehen. Die einzige in seinen Augen gültige oder jedenfalls anständige Form des sozialen Zusammenschlusses ist diejenige, die als Vehikel für den Machtwillen der Einzelnen dient. (In diesem Punkt unterscheidet sich Nietzsche von Hitler extrem.) Nietzsche sieht zwischenmenschliches Verhalten nur als Verhalten gegen andere und nicht als Verhalten mit anderen.

http://www.zeit.de/2000/38/Der_Wille_zur_Macht?page=7

Ich erkenne keinen Unterschied zwischen Hitler und Nietzsche hier. Wenn Hitler das Volk (oder Herdentier) adressiert, ist für mich nicht erkennbar, dass sich Hitler irgendwie dem Volk verpflichtet fühlt. Im Gegenteil: Er reißt erbarmungslos ein ganzes Volk in sein Scheitern.

Zitat:
Und drittens ergab sich sowohl bei Nietzsche wie auch bei Hitler aus der Verbindung ihrer jeweiligen "verrückten" Idee mit der Machttheorie ein exterministisches Programm.

(Nietzsche spricht von der "Vernichtung von Millionen Missratener", die die Übermenschen auf sich nehmen müssen.)


http://www.zeit.de/2000/38/Der_Wille_zur_Macht?page=9

Bedarf es wirklich weiterer Belege, in Nietzsche den Wegbereiter des Holocaust zu sehen?

Richard Beiderbeck meint allerdings - mit Verweis auf die einschlägige Literatur:

Zitat:
Ohne Zweifel hat Hitler Nietzsches Werke gelesen, und Nietzsches skrupelloser Übermensch war wohl Hitlers Ideal. Und gemäß diesem Ideal wollte er eine Elite von Herrenmenschen züchten.


http://www.koinae.de/hitler.htm

Allerdings zitiert Hitler Nietzsche nicht. Doch was heißt das schon? Dass er sich nicht in die Karten schauen lassen wollte?
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jagy
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Beitrag(#1103986) Verfasst am: 11.10.2008, 20:20    Titel: Antworten mit Zitat

ballancer hat folgendes geschrieben:
Ich halte Nietzsche für so widerlich, dass ich ihn nur mit Abscheu lesen kann.


Und gilt das auch für Luther? Der ungleich schlimmer hetzt! Der auch Taten fordert? Im Gegensatz zu Nietzsche steht Luthers rabiater Judenhass und Antisemitismus (wenn auch nur in der 2ten Lebenshälfte) nämlich außer Frage.
Und du konntest mir immer noch nichts Vergleichbares von Nietzsche nennen, was auch nur ansatzweiße mit Luthers tollwütigem Hass in "Von den Juden und ihren Lügen" rankommt.

Du wirfst Nietzsche vor, ein Wegbereiter des Nationalsozialismus zu sein. In welche Potenz geilt dass dann erst für Luther! Der ja, wie schon gemerkt, fast wortwörtlich das HowTo der Reichskristallnacht verfasst hat.
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ballancer
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Beitrag(#1104016) Verfasst am: 11.10.2008, 21:27    Titel: Antworten mit Zitat

jagy hat folgendes geschrieben:
ballancer hat folgendes geschrieben:
Ich halte Nietzsche für so widerlich, dass ich ihn nur mit Abscheu lesen kann.


Und gilt das auch für Luther? Der ungleich schlimmer hetzt! Der auch Taten fordert? Im Gegensatz zu Nietzsche steht Luthers rabiater Judenhass und Antisemitismus (wenn auch nur in der 2ten Lebenshälfte) nämlich außer Frage.
Und du konntest mir immer noch nichts Vergleichbares von Nietzsche nennen, was auch nur ansatzweiße mit Luthers tollwütigem Hass in "Von den Juden und ihren Lügen" rankommt.


Falls du die Texte nur in den Zitaten gelesen hat, dann hast du sie nicht verstanden.

Wenn du denn "Von den Juden und ihren Lügen" in gänze Gelesen hast, hätte ich zwei Fragen:

1. Wie kannst du von Luthers tollwütigem Hass reden ?
2. Wieso liest du gerade die schlechtesten Sachen von Luther? Die stehen allerdings in keiner beziehung zu seinem sonstigen Werk.

Darüber hinaus wirft ihm kein seriöser Mensch Antisemitismus (= rassistisch motiviert) vor, sondern lediglich Antijudaismus (= religiös motiviert) vor.

jagy hat folgendes geschrieben:
Du wirfst Nietzsche vor, ein Wegbereiter des Nationalsozialismus zu sein. In welche Potenz geilt dass dann erst für Luther! Der ja, wie schon gemerkt, fast wortwörtlich das HowTo der Reichskristallnacht verfasst hat.


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jagy
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Beitrag(#1104033) Verfasst am: 11.10.2008, 21:46    Titel: Antworten mit Zitat

ballancer hat folgendes geschrieben:

1. Wie kannst du von Luthers tollwütigem Hass reden ?

Martin Luther hat folgendes geschrieben:

Summa, lieben Fürsten und Herren, so Juden unter sich haben, ist euch solcher mein Rath nicht eben, so trefft einen bessern, daß ihr und wir alle der unleidlichen teuflischen Last der Juden entladen werden, und nicht vor GOtt schuldig und theilhaftig werden alle der Lügen, des Lästerns, Speiens, Fluchens, so die rasenden Juden wider die Person unsers HErrn JEsu Christi , seiner lieben Mutter, aller Christen, aller Obrigkeit, und unser selbst so frei und muthwillig treiben, keinen Schutz noch Schirm, noch Geleit, noch Gemeinschaft sie haben lassen, auch nicht euer und eurer Unterthanen Geld und Güter durch den Wucher ihnen dazu dienen und helfen lassen.


Zitat:

Du hast offensichtlich nichts verstanden.

Nein, Du hast nichts verstanden. Hat sich nicht Streicher etwa unmittelbar auf Luther berufen? Wurden in der Reichskristallnacht nicht Synagogen angezündet und jüdische Häuser zerstört, wie Luther es wortwörtlich als 1. und 2. Schritt der (End-)Lösung empfiehlt? Und führt nicht ein direkter Weg vom christlichen Antijudaismus schon im Johannesevangelium, über die christlichen Exzesse im Mittelalter bis in Hitlers Gaskammern?

Zitat:
Wieso liest du gerade die schlechtesten Sachen von Luther?

Weil mich der Rest nicht interessiert? Menschen, die andere Leute als "den Dreck, den der Teufel in die Kirche geschissen hat" bzeichnen sind unter meinem Niveau.
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Zumsel
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Beitrag(#1104284) Verfasst am: 12.10.2008, 13:20    Titel: Antworten mit Zitat

ballancer hat folgendes geschrieben:
Ich unterstelle dir persönlich rein gar nichts.


Was heißt unterstellen. Deine Äußerungen bezogen sich doch ziemlich explizit auf meinen Beitrag. Und der Vorwurf der Volksverhetzung war ein recht plumper Provokationsversuch. Ist doch wirklich albern, das abzustreiten.

ballancer hat folgendes geschrieben:
Meine Anmerkungen bezogen sich allgemein auf die relativ wohlwollende Rezeption von Nietzsches Antisemitismus und seinen Hetzschriften.


Ach Gottchen, ich finde es immer wieder faszinierend, welche Emotionen Nietzsche hervorrzurufen vermag. Bei keinem anderen Philosophen fühlen sich derart viele berufen, ihre "fachkundige" Meinung abzugeben. Und natürlich immer nur in bester aufklärerischer und/oder moralischer Absicht und nicht etwa, um die mit ihm assozierte Philosophie zu diskreditieren (oder zu verteidigen). Völlig klar. Derartige Diskussion verkommen dann meist früher oder später zu einer völlig fruchtlosen Streiterei über die Frage, wie viel Nietzsche denn wohl im Schickelgruber stecke (und umgekehrt). Hier ist man ja auch schon wieder so weit. Mich ödet das ziemlich an, weil ich erstens dieses Thema generell nicht so furchtbar spannend finde und zweites dazu ja nun wirklich schon alles gesagt wurde, was es zu sagen gibt.
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Beitrag(#1104396) Verfasst am: 12.10.2008, 15:50    Titel: Antworten mit Zitat

jagy hat folgendes geschrieben:


Du wirfst Nietzsche vor, ein Wegbereiter des Nationalsozialismus zu sein. In welche Potenz geilt dass dann erst für Luther! Der ja, wie schon gemerkt, fast wortwörtlich das HowTo der Reichskristallnacht verfasst hat.


irgendwie scheinst Du den Unterschied der Gesamtlehren nicht zu begreifen.
Das zu Zeiten Luthers so ziemlich jeder in seinem Umfeld antijüdisch dachte solltest Du auch nicht mal eben vergessen. Der krasseste Unterschied dürfte die christliche Ethik sein, die Herr Nietzsche ablehnt und stattdessen was von Über- und Untermenschen faselt. Wer da noch fragt was besser zu Naziverbrechen passt und wessen Sprüche von den Nazis nur missbraucht wurden ......??
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ballancer
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Beitrag(#1104516) Verfasst am: 12.10.2008, 18:07    Titel: Antworten mit Zitat

jagy hat folgendes geschrieben:
Und führt nicht ein direkter Weg vom christlichen Antijudaismus schon im Johannesevangelium, über die christlichen Exzesse im Mittelalter bis in Hitlers Gaskammern?


Das ist nun wirklich Unsinn. Wenn der Jude Johannes den Juden Jesus sich gegen eine Verfolgung erwehten müssen, die jüdisch-religiös motiviert erkannt wird, dann ist dies keineswegs Antijudaismus, sondern eine theologische Diskussion.

Man hat Johannes Antijudaismus angedichtet, als man ihn der griechischen Gnosis nahe stellte wegen der Begriffswelten von Licht und Finsternis. Seit aber die Qumran-Schriften bekannt sind, werden von keinem ernstzunehmenden Forscher mehr die jüdische Verfasserschaft Johannes in Frage gestellt.

Zurück zu Nietzsche: Die Belege der Nähe Nietzsches zum Kerngedanken des Nationalsozialismus ist nun wahrlich umfassend belegt. Hast du immer noch Zweifel?
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Skeptiker
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Beitrag(#1104527) Verfasst am: 12.10.2008, 18:25    Titel: Re: Wo viel Schatten ist, da ist doch irgendwo auch ein bisschen Licht, oder? Antworten mit Zitat

jagy hat folgendes geschrieben:
zB in der fröhlichen Wissenschaft findet man folgendes:
Zitat:
Ein Jude umgekehrt ist, gemäss dem Geschäftskreis und der Vergangenheit seines Volks, gerade daran - dass man ihm glaubt - am wenigsten gewöhnt: man sehe sich darauf die jüdischen Gelehrten an, - sie Alle halten grosse Stücke auf die Logik, das heisst auf das Erzwingen der Zustimmung durch Gründe; sie wissen, dass sie mit ihr siegen müssen, selbst wo Rassen- und Classen-Widerwille gegen sie vorhanden ist, wo man ihnen ungern glaubt. Nichts nämlich ist demokratischer als die Logik: sie kennt kein Ansehn der Person und nimmt auch die krummen Nasen für gerade. (Nebenbei bemerkt: Europa ist gerade in Hinsicht auf Logisirung, auf reinlichere Kopf- Gewohnheiten den Juden nicht wenig Dank schuldig; voran die Deutschen, als eine beklagenswerth deraisonnable Rasse, der man auch heute immer noch zuerst "den Kopf zu waschen" hat. Ueberall, wo Juden zu Einfluss gekommen sind, haben sie ferner zu scheiden, schärfer zu folgern, heller und sauberer zu schreiben gelehrt: ihre Aufgabe war es immer, ein Volk "zur Raison" zu bringen.)


Klingt für mich nicht nach einem bösen Antisemiten.


Ich habe mal die beiden für mich wesentlichen Begriffe gefettet. Für Nietzsche sind Logik, das saubere Begründen von Ansichten und überhaupt die Wissenschaft von nicht sehr hohem Stellenwert. Nun bringt er gerade diese von ihm gering geschätzten Dinge in Verbindung mit "den Juden". Das ist subtil, aber schon deutlich, wie ich meine.

jagy hat folgendes geschrieben:
Oder in Jenseits von Gut und Böse...
http://www.philolex.de/nietzsch.htm hat folgendes geschrieben:
...schreibt Nietzsche "Die Juden sind aber ohne allen Zweifel die stärkste, zäheste und reinste Rasse, die jetzt in Europa lebt". Und er regt an "die antisemitischen Schreihälse des Landes zu verweisen"


Das beruht wahrscheinlich auf seinem frischen Bruch mit der Familie Wagner. Und noch einmal sage ich, dass antisemitische Schreihälse nur das eine sind. Das andere sind die subtilen Antisemiten.

Goebbels hat übrigens auch später die Idee gehabt aus den sogenannten "stärksten Rassen in Europa, den Ariern und den Juden" eine Herrenrasse zu züchten.

Das Denken in solchen Rasse-Kategorien ist bereits das Verhängnisvolle. Und das selbst dann, wenn einer Rasse XY "positive" Eigenschaften angedichtet werden. Rassische Klischees sind es so oder so.

jagy hat folgendes geschrieben:
Nietzsche contra Wagner hat folgendes geschrieben:
Ich vertrage nichts Zweideutiges; seitdem Wagner in Deutschland war, kondeszentierte er Schritt für Schritt zu allem, was ich verachte – selbst zum Antisemitismus ..


Das ist aus den genannten Zitaten und Gründen eben nicht glaubwürdig.

jagy hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Die Antisemiten vergeben es den Juden nicht, daß die Juden ‘Geist’ haben – und Geld. Die Antisemiten – ein Name der ‘Schlechtweggekommenenen


Menschliches, Allzumenschliches hat folgendes geschrieben:
Trotzdem möchte ich wissen, wie viel man bei einer Gesamtabrechnung einem Volke nachsehen muß, welches, nicht ohne unser aller Schuld, die leidvollste Geschichte unter allen Völkern gehabt hat, und dem man den edelsten Menschen (Christus), den reinsten Weisen (Spinoza), das mächtigste Buch und das wirkungsvollste Sittengesetz der Welt verdankt. Über dies: in den dunkelsten Zeiten des Mittelalters, als sich die asiatische Wolkenschicht schwer über Europa gelagert hatte, waren es jüdische Freidenker, Gelehrte und Ärzte, welche das Banner der Aufklärung und der geistigen Unabhängigkeit unter dem härtesten persönlichen Zwange festhielten und Europa gegen Asien verteidigten; ihren Bemühungen ist es nicht am wenigsten zu danken, daß eine natürliche, vernunftgemäßere und jedenfalls unmythische Erklärung der Welt endlich zum Siege kommen konnte und daß der Ring der Kultur, welcher uns jetzt mit der Aufklärung des griechisch-römischen Altertums zusammenknüpft, unzerbrochen blieb


Damit will ich freilich nur zeigen, dass es nicht nur pro-antisemtische Zitate von Nietzsche gibt. Wie gesagt, ich habe nicht die ausführliche Kenntnis über Nietzsche. Aber da mich diese Zitate 5 min googeln gekostet hat, finde ich es ist nicht so einfach zu behaupten, wie das mancher hier tut, dass Nietzsche ein Antisemit durch und durch war.

(die letzten Zitate stammen von der Seite http://www.virtusens.de/walther/pfahl_holocaust.htm, die sich sehr ausführlich mit dem Thema beschäftigt, habe sie jetzt aber nur überflogen und was herausgepickt)


O.k.

Jedoch ist Nietzsche eben gerade ein Gegner der Vernunft und der Aufklärung. Das zeigen sein Wüten gegen Rousseau, Kant, u.a.

Den Nazis galten Marxismus und Kommunismus auch als "jüdisch-bolschewistische Weltverschwörungen".

Also zusammenfassend: Das moralische und soziale im Christentum, Vernunft und Wissenschaft, die demokratische Idee, der Sozialismus - all das, was Nietzsche und die deutschen Faschisten hassen, wurde durchaus mit "den Juden" verknüpft.

Im "3. Reich" wurden somit fast folgerichtig neben der Ausrottung der Arbeiterbewegung auch die vermeintlichen Urheber des Aufstandes gegen das Kapital ausgerottet.

Nietzsche und den Faschisten aller Couloeur geht es um die Bewahrung der Herrschaft. Das ist die Essenz.

Ansonsten muss man auch darauf hinweisen, dass Faschismus nicht unbedingt mit Antisemitismus einher gehen muss. Spaltungs- und Diskriminierungslinien sowie Gruppen von Sündenböcken lassen sich auf ganz andere Weise formulieren bzw. definieren.

Was jedoch jeder Faschismus mitbringt, ist selbst bei Abwesenheit von Antisemitismus und Nationalismus der Sozialdarwinismus. Und dieser findet sich selbstverständlich auch bei Nietzsche als absolut zentrales Element.

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Beitrag(#1104674) Verfasst am: 12.10.2008, 20:39    Titel: Re: Wo viel Schatten ist, da ist doch irgendwo auch ein bisschen Licht, oder? Antworten mit Zitat

Gehst du bei der Interpretation von Texten immer so vor, dass du einzelne Begriffe aus dem Zusammenhang reißt und nahezu willkürlich neu einordnest?

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
jagy hat folgendes geschrieben:
zB in der fröhlichen Wissenschaft findet man folgendes:
Zitat:
Ein Jude umgekehrt ist, gemäss dem Geschäftskreis und der Vergangenheit seines Volks, gerade daran - dass man ihm glaubt - am wenigsten gewöhnt: man sehe sich darauf die jüdischen Gelehrten an, - sie Alle halten grosse Stücke auf die Logik, das heisst auf das Erzwingen der Zustimmung durch Gründe; sie wissen, dass sie mit ihr siegen müssen, selbst wo Rassen- und Classen-Widerwille gegen sie vorhanden ist, wo man ihnen ungern glaubt. Nichts nämlich ist demokratischer als die Logik: sie kennt kein Ansehn der Person und nimmt auch die krummen Nasen für gerade. (Nebenbei bemerkt: Europa ist gerade in Hinsicht auf Logisirung, auf reinlichere Kopf- Gewohnheiten den Juden nicht wenig Dank schuldig; voran die Deutschen, als eine beklagenswerth deraisonnable Rasse, der man auch heute immer noch zuerst "den Kopf zu waschen" hat. Ueberall, wo Juden zu Einfluss gekommen sind, haben sie ferner zu scheiden, schärfer zu folgern, heller und sauberer zu schreiben gelehrt: ihre Aufgabe war es immer, ein Volk "zur Raison" zu bringen.)


Klingt für mich nicht nach einem bösen Antisemiten.


Ich habe mal die beiden für mich wesentlichen Begriffe gefettet. Für Nietzsche sind Logik, das saubere Begründen von Ansichten und überhaupt die Wissenschaft von nicht sehr hohem Stellenwert. Nun bringt er gerade diese von ihm gering geschätzten Dinge in Verbindung mit "den Juden". Das ist subtil, aber schon deutlich, wie ich meine.


Nietzsche schreit, Europa sei den Juden "gerade in Hinsicht auf Logisierung" und "reinlichere Kopf-Gewohnheiten [...] nicht wenig Dank schuldig". Im Anschluss bezeichnet er die Deutschen als eine "beklagenswerth deraisonnable Rasse".

Die Wertungen sind eindeutig. Das Adjektiv "beklagenswerth" steht im Kontrast zu dem "Dank", den Europa den Juden schuldig ist.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
jagy hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Die Antisemiten vergeben es den Juden nicht, daß die Juden ‘Geist’ haben – und Geld. Die Antisemiten – ein Name der ‘Schlechtweggekommenenen


Menschliches, Allzumenschliches hat folgendes geschrieben:
Trotzdem möchte ich wissen, wie viel man bei einer Gesamtabrechnung einem Volke nachsehen muß, welches, nicht ohne unser aller Schuld, die leidvollste Geschichte unter allen Völkern gehabt hat, und dem man den edelsten Menschen (Christus), den reinsten Weisen (Spinoza), das mächtigste Buch und das wirkungsvollste Sittengesetz der Welt verdankt. Über dies: in den dunkelsten Zeiten des Mittelalters, als sich die asiatische Wolkenschicht schwer über Europa gelagert hatte, waren es jüdische Freidenker, Gelehrte und Ärzte, welche das Banner der Aufklärung und der geistigen Unabhängigkeit unter dem härtesten persönlichen Zwange festhielten und Europa gegen Asien verteidigten; ihren Bemühungen ist es nicht am wenigsten zu danken, daß eine natürliche, vernunftgemäßere und jedenfalls unmythische Erklärung der Welt endlich zum Siege kommen konnte und daß der Ring der Kultur, welcher uns jetzt mit der Aufklärung des griechisch-römischen Altertums zusammenknüpft, unzerbrochen blieb


Damit will ich freilich nur zeigen, dass es nicht nur pro-antisemtische Zitate von Nietzsche gibt. Wie gesagt, ich habe nicht die ausführliche Kenntnis über Nietzsche. Aber da mich diese Zitate 5 min googeln gekostet hat, finde ich es ist nicht so einfach zu behaupten, wie das mancher hier tut, dass Nietzsche ein Antisemit durch und durch war.

(die letzten Zitate stammen von der Seite http://www.virtusens.de/walther/pfahl_holocaust.htm, die sich sehr ausführlich mit dem Thema beschäftigt, habe sie jetzt aber nur überflogen und was herausgepickt)


O.k.

Jedoch ist Nietzsche eben gerade ein Gegner der Vernunft und der Aufklärung. Das zeigen sein Wüten gegen Rousseau, Kant, u.a.
[...]
Also zusammenfassend: Das moralische und soziale im Christentum, Vernunft und Wissenschaft, die demokratische Idee, der Sozialismus - all das, was Nietzsche und die deutschen Faschisten hassen, wurde durchaus mit "den Juden" verknüpft


Wieder das gleiche Spiel. Abgesehen davon, dass es einfach falsch ist, Nietzsche als Gegner der Wissenschaft zu bezeichnen, hätte es hier sogar ausgereicht, wenn du den gleichen Satz zu Ende gelesen hättest.
Die vernunftmäßige ist für Nietzsche auch gleichzeitig eine "unmythische Erklärung der Welt", die "endlich zum Siege kommen konnte" und zudem die Brücke zur "Aufklärung des griechisch-römischen Altertums" darstellt.
Zudem steht diese vernunftmäßige Erklärung der Welt im Kontrast zu "den dunkelsten Zeiten des Mittelalters", woraus ebenfalls eindeutig Nietzsches positive Wertung jener Leistung "jüdische(r) Freidenker" abzuleiten ist, da "dunkelsten" wohl nur schwer als aufwertendes Adjektiv verstanden werden kann.

Wenn du etwas mehr von Nietzsche gelesen hättest als das, was auf Peter Möller Homepage zitiert ist, wüsstest du, wie wichtig für Nietzsche dieser "Ring der Kultur" ist.
Allerdings musst du das, wie gesagt, nicht einmal wissen, um den Text richtig zu interpretieren.

Deine Leseart ist die eines Ideologen. Ich werde mir in Zukunft nicht mehr die Mühe machen, eine halbe Textanalyse für dich zu schreiben, wenn ich merke, dass du in dieser Hinsicht nicht redlicher verfährst.
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Alles könnte anders sein - und fast nichts kann ich ändern.

- Niklas Luhmann -
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ejo
evolutionärer Irrtum



Anmeldungsdatum: 17.06.2006
Beiträge: 772

Beitrag(#1104698) Verfasst am: 12.10.2008, 20:59    Titel: Antworten mit Zitat

Hope hat folgendes geschrieben:
Das zu Zeiten Luthers so ziemlich jeder in seinem Umfeld antijüdisch dachte solltest Du auch nicht mal eben vergessen.

Das waren zur Zeit Nietzsches ebenfalls der Fall, ist also keine Entschuldigung.

Hope hat folgendes geschrieben:
Der krasseste Unterschied dürfte die christliche Ethik sein, die Herr Nietzsche ablehnt und stattdessen was von Über- und Untermenschen faselt.

Und immer wieder die alte Leier vom Übermenschen: Ich denke, Nietzsche spricht von einem moralischen Übermenschen, einer der alle bestehenden Werte verneint und aus sich selbst heraus neue Werte aufstellt, es geht da wohl um Selbstüberwindung jedes Einzelnen, und nicht darum einen neuen Menschen zu schaffen.

Hope hat folgendes geschrieben:
Wer da noch fragt was besser zu Naziverbrechen passt und wessen Sprüche von den Nazis nur missbraucht wurden ......??


Bekannt geworden ist Luthers Vorschlag, die Juden gänzlich ihrer Religion und Kultur zu berauben und sie in Lagern zusammenzufassen - oder sie auszuweisen (bautz), klingelts?
Weiteres fordert Luther zur Vernichtung aller Synagogen auf, Zerstörung aller Privathäuser der Juden, Entwendung aller liturgischen Bücher und der Bibel, Untersagung des Besuchs öffentlicher Gottesdienst und jeder Lehrveranstaltung der Rabbiner (ansonsten Todesstrafe), zum Verbot, Gottes Namen auszusprechen, Juden nicht mehr als Händler wirken zu lassen, zum Verbot, sich frei auf der Straße zu bewegen, Zwangsarbeit für alle jungen Juden beiderlei Geschlechts, auf.
Kommt dir das irgendwie bekannt vor?

Noch ein "nettes" Zitat von Martin Sasse, Ev. Landesbischof von Thüringen 1939: Am 10. November 1938, an Luthers Geburtstag, brennen in Deutschland die Synagogen ... In dieser Stunde muss die Stimme des Mannes gehört werden, der als der deutsche Prophet im 16. Jahrhundert einst aus Unkenntnis als Freund der Juden begann, der, getrieben von seinem Gewissen, getrieben von Erfahrungen und der Wirklichkeit, der größte Antisemit seiner Zeit geworden ist, der Warner seines Volkes wider die Juden.

Wo bitte hat sich Nietzsche nur ansatzweise derart antisemitisch geäußert?


ballancer hat folgendes geschrieben:
jagy hat folgendes geschrieben:
Und führt nicht ein direkter Weg vom christlichen Antijudaismus schon im Johannesevangelium, über die christlichen Exzesse im Mittelalter bis in Hitlers Gaskammern?


Das ist nun wirklich Unsinn. Wenn der Jude Johannes den Juden Jesus sich gegen eine Verfolgung erwehten müssen, die jüdisch-religiös motiviert erkannt wird, dann ist dies keineswegs Antijudaismus, sondern eine theologische Diskussion.

Möchtest du bestreiten, dass gerade im Johannesevangelium Juden besonders schlecht wegkommen? So oft wie er hat kein Evangelist von der Furcht vor Juden bzw. dass Juden Jesus töten wollen geschrieben.
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ballancer
... leidet an dianoia ...



Anmeldungsdatum: 27.05.2007
Beiträge: 4767

Beitrag(#1104720) Verfasst am: 12.10.2008, 21:20    Titel: Antworten mit Zitat

ejo hat folgendes geschrieben:

Bekannt geworden ist Luthers Vorschlag, ... und sie in Lagern zusammenzufassen - oder sie auszuweisen (bautz), klingelts?


Frage Frage

ejo hat folgendes geschrieben:

Noch ein "nettes" Zitat von Martin Sasse, ... der größte Antisemit seiner Zeit geworden ist,


Martin Sasse war Pfarrer und SA Mann: Seine Linientreue hat ihn nach oben gespült. Sollte seine Urteil über Luther eine Bedeutung haben?

http://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Sasse

ejo hat folgendes geschrieben:

Wo bitte hat sich Nietzsche nur ansatzweise derart antisemitisch geäußert?


Es gibt versuche, bei denen Kindern zwei Szenen vorgeführt wird.

A Pfeil Einmal ein Kind, das behauptet, ein geflügeltes Pferd sei vorbei geflogen.
B Pfeil Das andere Kind, das behauptet, es habe nichts aus der Keksdose genascht, aber man hat es vorher dabei beobachtet.

Dann werden die Kinder befragt, wer denn schlimmer gelogen habe. Die kleinen Kinder meinen, es wäre A gewesen, die reiferen Kinder meinen, es wäre B gewesen.

Nietzsche hat die Grundlage für ein amoralisches, rassistisches Denken geliefert. Luther kannte den Begriff Rasse gar nicht. Ob man Luthers Antijudaismus-Schriften ohne Nietzsche überhaupt ausgegraben hätte, sei dahin gestellt.

ballancer hat folgendes geschrieben:
jagy hat folgendes geschrieben:
Und führt nicht ein direkter Weg vom christlichen Antijudaismus schon im Johannesevangelium, über die christlichen Exzesse im Mittelalter bis in Hitlers Gaskammern?


Das ist nun wirklich Unsinn. Wenn der Jude Johannes den Juden Jesus sich gegen eine Verfolgung erwehten müssen, die jüdisch-religiös motiviert erkannt wird, dann ist dies keineswegs Antijudaismus, sondern eine theologische Diskussion.

Möchtest du bestreiten, dass gerade im Johannesevangelium Juden besonders schlecht wegkommen? So oft wie er hat kein Evangelist von der Furcht vor Juden bzw. dass Juden Jesus töten wollen geschrieben. [/quote]

In allen Evangelien wird deutlich, dass der eigentliche Grund für Jesus Sterben in der Schuld eines jeden liegt. Aus den Formulierungen, die im Kontext völlig klar sind, kann keineswegs ein Antisemitismus hergeleitet werden. Er schreibt: Das Heil kommt aus den Juden!
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1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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ejo
evolutionärer Irrtum



Anmeldungsdatum: 17.06.2006
Beiträge: 772

Beitrag(#1104737) Verfasst am: 12.10.2008, 21:46    Titel: Antworten mit Zitat

ballancer hat folgendes geschrieben:

Frage Frage

Kannst du bei bautz nachlesen.

ballancer hat folgendes geschrieben:
Martin Sasse war Pfarrer und SA Mann: Seine Linientreue hat ihn nach oben gespült. Sollte seine Urteil über Luther eine Bedeutung haben?

http://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Sasse

Ich kenne den Artikel, google doch selbst einmal nach ob Luther Antisemit war. Wie viele Beispiele möchtest du denn gerne.
Auch von Luther: "Darum wisse Du, lieber Christ, und Zweifel nichts dran, dass Du, nähest nach dem Teufel, keinen bittern, giftigern, heftigern Feind habest, denn einen rechten Juden, der mit Ernst ein Jude sein will."
(Luther: Handbuch der Judenfrage, S. 182)

ballancer hat folgendes geschrieben:
Nietzsche hat die Grundlage für ein amoralisches, rassistisches Denken geliefert. Luther kannte den Begriff Rasse gar nicht. Ob man Luthers Antijudaismus-Schriften ohne Nietzsche überhaupt ausgegraben hätte, sei dahin gestellt.

Zum Beispiel berief sich der Nazi-Gauleiter Julius Streicher bei den Nürnberger Prozessen ausdrücklich auf Martin Luther (Friedrich Heer, »Gottes erste Liebe«, 1967, S. 369). Der Holocaust an den Juden im Dritten Reich wäre ohne die jahrhundertelange Vorbereitung durch kirchliche Hetze undenkbar gewesen.

Sicherlich war Luther nicht Schuld an den Katastrophen des 20.Jahrhunderts. Aber dass er Antisemit war, ist unbestritten. Dass dies die Nazis für ihre Propaganda genutzt haben steht ebenso fest. Mit Ausnahme des späteren Kirchenpräsidenten Niemöller und der bekennenden Kirche unterstützte die Mehrheit der ev.Kirche unter dem Reichsbischof Müller die Nazis.
Genau sowenig ist Nietzsche für die Gräueltaten der Nazis verantwortlich, obwohl sie seinen Übermenschen absichtlich falsch verstanden haben und ihn für ihre Zwecke missbraucht haben.

ballancer hat folgendes geschrieben:
In allen Evangelien wird deutlich, dass der eigentliche Grund für Jesus Sterben in der Schuld eines jeden liegt. Aus den Formulierungen, die im Kontext völlig klar sind, kann keineswegs ein Antisemitismus hergeleitet werden. Er schreibt: Das Heil kommt aus den Juden!

Du weichst aus, in keinem anderem Evangelium wird so gegen Juden geschrieben wie bei Johannes.
Der Antisemitismus des Johannesevangeliums hat den der früeren Evangelien übertroffen, und Juden werden als die vorherbestimmten, vom Satan beeinflussten Feinde des Lichts dargestellt.
Am besten du liest selbst nach.


hm.......ich denke jetzt wird arg off-tropic.
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