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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#1108286) Verfasst am: 18.10.2008, 15:57    Titel: Antworten mit Zitat

Einsiedler hat folgendes geschrieben:
Das Konzept "Handlungsfreiheit" nach APs Definition halte ich aber für zweckmäßig für Überlegungen zum Thema Strafrecht. Wenn jemand in Übereinstimmung mit seinen Präferenzen anderen schadet (oder dies eindeutig beabsichtigt), so ist es legitim, seine Handlungsfreiheit einzuschränken und/oder durch geeignete Maßnahmen (das kann auch eine Strafandrohung sein) dafür zu sorgen, daß sich seine Präferenzen verschieben.

Diese Legitimität könnte dann aber nur noch durch ihre präventive Zweckmäßigkeit begründet werden, nicht mehr wie heute durch die "Schwere der Schuld".
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Skeptiker
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Anmeldungsdatum: 14.01.2005
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Beitrag(#1108325) Verfasst am: 18.10.2008, 17:07    Titel: Objektivitätspostulat Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Wir haben Illusionen, falsche Vorstellungen, offene Fragen und dgl.
Aha. Und das sind jetzt die Gespenster? Am Kopf kratzen

Ja, gewissermaßen. Was ist so falsch an diesem Bild?


Sagen wir mal so: Diese Formulierung setzt ein gegebenes "Subjekt", wenn man so will ein "Ich" voraus, das von falschen Vorstellungen bzw. Illusionen heimgesucht wird und das genausogut auch "nicht heimgesucht" werden könnte. Aber war denn nicht eben dieses Ich oder Ich-Gefühl auch eine vom Gehirn produzierte "Illusion"? Und wenn ja, in welcher Relation steht sie dann zu den Illusionen, die du hier "Gespenster" nennst bzw. warum stellst du sie scheinbar auf eine "höhere" Stufe? Wessen Illusion ist denn nun die Ich-Illusion? - Sie ist eben die Illusion von niemandem bzw. nur unsere Grammatik legt uns nahe, dass da "jemand" sein müsse, dessen Illusion sie ist. Wer aber die Gespenster als bloße Illusionen bezeichnet, die ein gegebenes Subjekt heimsuchen, dreht genau dies um. Nicht "ich" bin da und dann kommt das Gespenst und sucht mich heim, sondern die Heimsuchung durch Gespenster findet statt und der Heimgesuchte taucht überhaupt nur als eine "Funktion" dieser Heimsuchung auf.

Das Gespenst ist nicht einfach nur eine Illusion, sondern das (noch?) nicht aktualisierte bzw. konkret realisierte Potential einer Identität. Aber das ist schlecht ausgedrückt.


Da gibt es aber eine Differenzierung zwischen materiellem Substrat einer Vorstellung und der Vorstellung selbst.

Wenn man diese Unterscheidung nicht macht und statt dessen davon redet, dass das "Ich" die Grundlage von allem ist, dann ist es natürlich so, als wenn das "Ich" seine eigene Illusion von sich selbst erzeugt.

Was aber primär vorausgesetzt werden muss, ist das erkenntnisfähige Gehirn, welches (graduell) richtige und falsche Interpretationen und Schlussfolgerungen vom "Ich" und von der Welt erzeugt.

Der Fehler, den step hier ständig macht, ist der, dass er voraus setzt, dass eine Vorstellung niemals auch eine Erkenntnis sein kann. Das heisst, step vertritt hier einen lupenreinen Subjektivismus, aus dem er dann konstruiert: Freiheit muss eine Illusion sein.

Und damit stellt er sich abseits (je)der Wissenschaft, indem er das Objektivitätspostulat ausschließt.

Skeptiker
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ballancer
... leidet an dianoia ...



Anmeldungsdatum: 27.05.2007
Beiträge: 4767

Beitrag(#1108329) Verfasst am: 18.10.2008, 17:12    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
ballancer hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
ballancer hat folgendes geschrieben:
Aber der Determinismus fordert die Totalität, denn wenn ein FW- oder Zufallselement postuliert wird, kann man garnicht mehr von Determinismus sprechen.

Och - ich würde mich auch mit Determinismus + Zufall zufriedengeben. Das erlaubt aber immer noch keine Autonomie, auch keine teilweise.
Und wie definierst du Zufall?

Eigentlich müssen ja diejenigen ihn definieren, die keine Deterministen sind. Aber wenn schon, dan würde ich den Zufall empirisch definieren:

Wenn das Ergebnis eines wiederholbaren Experiment nicht vorhersagbar ist, so nennen wir es zufällig. Ob es sich dabei nicht doch um einen unbekannten Determinismus handelt, können wir ohne weitere Information nicht sagen.


Schön gesagt. Das schließt aber korrekterweise ein:

Ob es sich dabei nicht doch um einen unbekannten Determinismus oder Einflüsse von Wesenheiten außerhalb der bekannten Kausalketten handelt, können wir ohne weitere Information nicht mit wissenschaftlichem Anspruch sagen.

Und damit können Indeterministen gut leben. Cool
_________________
1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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ballancer
... leidet an dianoia ...



Anmeldungsdatum: 27.05.2007
Beiträge: 4767

Beitrag(#1108337) Verfasst am: 18.10.2008, 17:26    Titel: Re: Objektivitätspostulat Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:


Da gibt es aber eine Differenzierung zwischen materiellem Substrat einer Vorstellung und der Vorstellung selbst.

Wenn man diese Unterscheidung nicht macht und statt dessen davon redet, dass das "Ich" die Grundlage von allem ist, dann ist es natürlich so, als wenn das "Ich" seine eigene Illusion von sich selbst erzeugt.

Was aber primär vorausgesetzt werden muss, ist das erkenntnisfähige Gehirn, welches (graduell) richtige und falsche Interpretationen und Schlussfolgerungen vom "Ich" und von der Welt erzeugt.

Der Fehler, den step hier ständig macht, ist der, dass er voraus setzt, dass eine Vorstellung niemals auch eine Erkenntnis sein kann. Das heisst, step vertritt hier einen lupenreinen Subjektivismus, aus dem er dann konstruiert: Freiheit muss eine Illusion sein.

Und damit stellt er sich abseits (je)der Wissenschaft, indem er das Objektivitätspostulat ausschließt.


Genau! Diesen Punkt umgeht step mit dem Versuch, zuerst die physikalischen Erkenntnisse absolut zu setzen und dann die Schrödingergleichung als ein deterministisches Ergebnis zu verstehen, obwohl hier lediglich Wahrscheinlichkeiten bestimmt werden. Ausrufezeichen
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step
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Beiträge: 22782
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Beitrag(#1108339) Verfasst am: 18.10.2008, 17:30    Titel: Antworten mit Zitat

ballancer hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
ballancer hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
ballancer hat folgendes geschrieben:
Aber der Determinismus fordert die Totalität, denn wenn ein FW- oder Zufallselement postuliert wird, kann man garnicht mehr von Determinismus sprechen.

Och - ich würde mich auch mit Determinismus + Zufall zufriedengeben. Das erlaubt aber immer noch keine Autonomie, auch keine teilweise.
Und wie definierst du Zufall?

Eigentlich müssen ja diejenigen ihn definieren, die keine Deterministen sind. Aber wenn schon, dan würde ich den Zufall empirisch definieren:

Wenn das Ergebnis eines wiederholbaren Experiment nicht vorhersagbar ist, so nennen wir es zufällig. Ob es sich dabei nicht doch um einen unbekannten Determinismus handelt, können wir ohne weitere Information nicht sagen.

Schön gesagt. Das schließt aber korrekterweise ein:

Ob es sich dabei nicht doch um einen unbekannten Determinismus oder Einflüsse von Wesenheiten außerhalb der bekannten Kausalketten handelt, können wir ohne weitere Information nicht mit wissenschaftlichem Anspruch sagen. Und damit können Indeterministen gut leben. Cool

Naja. Der einzige bekannte solche Fall ist ja der "Zufall" in der Kopenhagener Interpretation der Quantenphysik. Die Gesetze der Quantenphysik schließen zwar den Indeterminismus (in dieser Deutung) nicht aus, wohl aber einen zielgerichteten Eingriff eines höheren Wesens, zumindest im Rahmen der derzeitigen Meßgenauigkeit und in "unseren Breiten".

Und höheres Wesen hin oder her - jedenfalls erlaubt das alles keine Autonomie i.e.S.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#1108346) Verfasst am: 18.10.2008, 17:45    Titel: Re: Objektivitätspostulat Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Der Fehler, den step hier ständig macht, ist der, dass er voraus setzt, dass eine Vorstellung niemals auch eine Erkenntnis sein kann.

Falsch, das setze ich weder voraus, noch folgere ich es. Eine Vorstellung, die "offiziell" eine Erkenntnis sein möchte, muß im Rahmen der wissenschaftlichen Methode geprüft werden. Einige Vorstellungen haben es so zu guten Theorien geschafft.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Das heisst, step vertritt hier einen lupenreinen Subjektivismus, aus dem er dann konstruiert: Freiheit muss eine Illusion sein.

Falsch, das folgere ich aus intersubjektiv nachprüfbaren derzeit besten Theorien.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Und damit stellt er sich abseits (je)der Wissenschaft, indem er das Objektivitätspostulat ausschließt.

Weißt Du überhaupt, worüber Du da redest? Formuliere mal bitte das Objektivitätspostulat.
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vanini
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Anmeldungsdatum: 17.04.2008
Beiträge: 847

Beitrag(#1108348) Verfasst am: 18.10.2008, 17:46    Titel: Antworten mit Zitat

ballancer hat folgendes geschrieben:
Ob es sich dabei nicht doch um einen unbekannten Determinismus oder Einflüsse von Wesenheiten außerhalb der bekannten Kausalketten handelt, können wir ohne weitere Information nicht mit wissenschaftlichem Anspruch sagen.

Und damit können Indeterministen gut leben. Cool


Sind "unbekannte" Kausalketten weniger Kausalketten als bekannte?

Was sollen "Einflüsse" anderes sein als Ursachen, welche etwas bewirken, welches ja nichts anderes als der eigentliche Gehalt des Begriffes "Kausalkette" ist?

Und was soll das mit "Indeterminismus" zu tun haben?
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Was immer DAS GANZE auch sein mag: Es hat mit einem MEHR oder WENIGER von SUMMEN von TEILEN gar nichts zu tun!
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Tarvoc
Holy shit, 4 decades already.



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Beiträge: 44766

Beitrag(#1108375) Verfasst am: 18.10.2008, 18:22    Titel: Re: Objektivitätspostulat Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Da gibt es aber eine Differenzierung zwischen materiellem Substrat einer Vorstellung und der Vorstellung selbst.

Ja, vermutlich gibt es die. Und? Cool
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"Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustand, in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
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Beitrag(#1108381) Verfasst am: 18.10.2008, 18:52    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Einsiedler hat folgendes geschrieben:
Das Konzept "Handlungsfreiheit" nach APs Definition halte ich aber für zweckmäßig für Überlegungen zum Thema Strafrecht. Wenn jemand in Übereinstimmung mit seinen Präferenzen anderen schadet (oder dies eindeutig beabsichtigt), so ist es legitim, seine Handlungsfreiheit einzuschränken und/oder durch geeignete Maßnahmen (das kann auch eine Strafandrohung sein) dafür zu sorgen, daß sich seine Präferenzen verschieben.

Diese Legitimität könnte dann aber nur noch durch ihre präventive Zweckmäßigkeit begründet werden, nicht mehr wie heute durch die "Schwere der Schuld".

Hm, das hatten wir ja nun auch schon mehrfach, das will ich eigentlich nicht unbedingt vertiefen, aber so, wie Du es hier schreibst, kann ich es auch nicht stehen lassen.

Eine "präventive Zweckmäßigkeit" alleine kann ich nicht als Legitimation akzeptieren, denn dadurch wäre es auch problemlos möglich, einen Unschuldigen (oder Unbeteiligten, wenn Dir das lieber ist) als Sündenbock zu präsentieren und diesen zu bestrafen. Oder man könnte Sippenhaft wieder einführen, wenn es denn "präventiv zweckmäßig" wäre (und das könnte sein).

Mit anderen Worten: das Schuldkonzept ist für mich hier nicht verzichtbar. D.h. es kommt mAn sehr wohl darauf an, ob jemand eine Handlung nach bestem Wissen und Gewissen (und in Kenntnis der Konsequenzen) durchgeführt hat oder nicht. Nur dann kann man ihn mAn dafür zur Verantwortung ziehen, sonst nicht, egal, wie zweckmäßig es auch wäre. Und das ist eben nun mal der Schuldbegriff, (so wie ich ihn verstehe).
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#1108390) Verfasst am: 18.10.2008, 19:16    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Einsiedler hat folgendes geschrieben:
Das Konzept "Handlungsfreiheit" nach APs Definition halte ich aber für zweckmäßig für Überlegungen zum Thema Strafrecht. Wenn jemand in Übereinstimmung mit seinen Präferenzen anderen schadet (oder dies eindeutig beabsichtigt), so ist es legitim, seine Handlungsfreiheit einzuschränken und/oder durch geeignete Maßnahmen (das kann auch eine Strafandrohung sein) dafür zu sorgen, daß sich seine Präferenzen verschieben.
Diese Legitimität könnte dann aber nur noch durch ihre präventive Zweckmäßigkeit begründet werden, nicht mehr wie heute durch die "Schwere der Schuld".
Eine "präventive Zweckmäßigkeit" alleine kann ich nicht als Legitimation akzeptieren, denn dadurch wäre es auch problemlos möglich, einen Unschuldigen (oder Unbeteiligten, wenn Dir das lieber ist) als Sündenbock zu präsentieren und diesen zu bestrafen.

Nein, nach meiner Ansicht könnte man dann weder einen Sündenbock präsentieren, noch überhaupt jemand bestrafen. Bei EInsiedler mag das anders aussehen, er will ja am Schuldkonzept festhalten.

An dieser Stelle wollte ich übrigens keineswegs zeigen, daß die präventive Zweckmäßigkeit eine hinreichende Bedingung für einschränkende Maßnahmen ist, sondern nur, daß mit Einsiedlers Argumentation Schuld jedenfalls keine hinreichende Legitimation mehr darstellt.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Oder man könnte Sippenhaft wieder einführen, wenn es denn "präventiv zweckmäßig" wäre (und das könnte sein).

Das richtet aber mehr Schaden als Nutzen an.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Mit anderen Worten: das Schuldkonzept ist für mich hier nicht verzichtbar.

Das folgt aber keineswegs daraus.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
D.h. es kommt mAn sehr wohl darauf an, ob jemand eine Handlung nach bestem Wissen und Gewissen (und in Kenntnis der Konsequenzen) durchgeführt hat oder nicht. Nur dann kann man ihn mAn dafür zur Verantwortung ziehen, sonst nicht, egal, wie zweckmäßig es auch wäre.

Und dieses Dogma ist eben nur durch unsere intuitiv-falsche Autonomie-Annahme begründet. Du gibst ja keine unabhängige Legitimation an, warum man jemand bestrafen sollte, der gegen das Gesetz verstoßen hat, sondern nur eine Bedingung (z.B. Wissen, Absicht). Und eben diese Bedingung konnte nur so lange als rational nachvollziehbare Legitimation dienen, wie man intuitiv von einem autonomen Selbst und vom freien Willen in meinem Sinne ausgegangen ist.
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Zumsel
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Anmeldungsdatum: 08.03.2005
Beiträge: 4667

Beitrag(#1108400) Verfasst am: 18.10.2008, 19:37    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Diese Legitimität könnte dann aber nur noch durch ihre präventive Zweckmäßigkeit begründet werden, nicht mehr wie heute durch die "Schwere der Schuld".


"Schwere der Schuld" ist doch bloß ein Synonym für "moralisch besonders verwerflich". Mit der Höhe der Strafe wird eben auch der Grad der Verwerflichkeit der Handlung des Täters ausgedrückt. Diese Art der Prävention liegt Jenseits von Abschreckung und Rache. Sie zielt auf das moralische Empfinden der Mehrheit und sucht es zu stabilisieren. Deswegen werde umgekehrt "gute" Taten ja auch häufig mit Preisen, Auszeichnungen etc. belohnt. Nicht primär, um zum "guten" anzuspornen, sondern um Achtung für als richtig empfundene Werte und darauf resultierenden Taten zum Ausdruck zu bringen.

step hat folgendes geschrieben:
Und eben diese Bedingung konnte nur so lange als rational nachvollziehbare Legitimation dienen, wie man intuitiv von einem autonomen Selbst und vom freien Willen in meinem Sinne ausgegangen ist.


Oder so lange, wie dieses Selbstverständnis das gesellschaftliche Handeln bedingt.
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kolja
der Typ im Maschinenraum
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Anmeldungsdatum: 02.12.2004
Beiträge: 16631
Wohnort: NRW

Beitrag(#1108401) Verfasst am: 18.10.2008, 19:39    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Und eben diese Bedingung konnte nur so lange als rational nachvollziehbare Legitimation dienen, wie man intuitiv von einem autonomen Selbst und vom freien Willen in meinem Sinne ausgegangen ist.

Naja. Meiner Ansicht wäre das Schuldprinzip auch nicht rational begründet, wenn es einen "echten FW" geben würde. Zumindest ist mir nie eine solche Begründung über den Weg gelaufen. Mit diesem Prinzip wird einfach nur eine tief verankerte (oder eingeprägte?) "Intuitionspumpe" aktiviert.
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
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Beitrag(#1108405) Verfasst am: 18.10.2008, 19:46    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
D.h. es kommt mAn sehr wohl darauf an, ob jemand eine Handlung nach bestem Wissen und Gewissen (und in Kenntnis der Konsequenzen) durchgeführt hat oder nicht. Nur dann kann man ihn mAn dafür zur Verantwortung ziehen, sonst nicht, egal, wie zweckmäßig es auch wäre.

Und dieses Dogma ist eben nur durch unsere intuitiv-falsche Autonomie-Annahme begründet. Du gibst ja keine unabhängige Legitimation an, warum man jemand bestrafen sollte, der gegen das Gesetz verstoßen hat, sondern nur eine Bedingung (z.B. Wissen, Absicht). Und eben diese Bedingung konnte nur so lange als rational nachvollziehbare Legitimation dienen, wie man intuitiv von einem autonomen Selbst und vom freien Willen in meinem Sinne ausgegangen ist.

Nein, wieso das denn? Am Kopf kratzen

Der Grund ist doch ganz einfach: man gesteht jemandem das Recht zu, sein Leben selber zu bestimmen und dies unabhängig von äußeren willkürlichen Zwangsmaßnahmen (gesellschaftlicher Art) zu führen. Das ist mE ein wichtiger Grundsatz einer freiheitlichen Gesellschaft und dazu ist nun mal die Annahme des eigenverantwortlichen Handelns grundnotwendig. Werden willkürliche (d.h. von den Handlungen des Subjektes unabhängige und im Vorneherein nicht festgelegte) Zwangsmaßnahmen zugelassen, dann haben wir eine andere Gesellschaft. Meiner Meinung nach wäre das nicht wünschenswert, denn dann wären wir der Willkür Anderer ausgeliefert und könnten nichts selber beeinflussen.

Und eben das wird wohl auch der Grund für diese Aussage von Dir sein, nehme ich an:

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Oder man könnte Sippenhaft wieder einführen, wenn es denn "präventiv zweckmäßig" wäre (und das könnte sein).

Das richtet aber mehr Schaden als Nutzen an.

Oder nicht? Was sonst wäre bei Sippenhaft der Schaden? Bringen würde es sicher etwas, d.h. die Zahl der Straftaten würde bei einer Sippenhaft zurückgehen.

Und zusätzlich ist das der Grund, warum ich eine Ersetzung des Strafrechtes (vorher festgelegte Sanktionen bei bestimmten Normverstößen, d.h. durch die Person bewusst durchgeführte Handlungen unter Berücksichtigung der eventuellen Sanktionen) durch ein Maßnahmenrecht (willkürliche Maßnahmen bei angenommener Gefährlichkeit - nicht durch Handlungen der Person beeinflussbar - vollständige Entmündigung der Person) nicht akzeptabel finde.
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zelig
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Beiträge: 25405

Beitrag(#1108423) Verfasst am: 18.10.2008, 20:04    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und zusätzlich ist das der Grund, warum ich eine Ersetzung des Strafrechtes (vorher festgelegte Sanktionen bei bestimmten Normverstößen, d.h. durch die Person bewusst durchgeführte Handlungen unter Berücksichtigung der eventuellen Sanktionen) durch ein Maßnahmenrecht (willkürliche Maßnahmen bei angenommener Gefährlichkeit - nicht durch Handlungen der Person beeinflussbar - vollständige Entmündigung der Person) nicht akzeptabel finde.

Wissen erklärt aber legitimiert sich nicht. Ein klassisches Signum diktatorischer Systeme.
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step
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Beitrag(#1108428) Verfasst am: 18.10.2008, 20:09    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
"Schwere der Schuld" ist doch bloß ein Synonym für "moralisch besonders verwerflich". Mit der Höhe der Strafe wird eben auch der Grad der Verwerflichkeit der Handlung des Täters ausgedrückt.

Wenn "Schwere der Schuld" nur noch ein Synonym für "moralisch besonders verwerflich" ist, dann kann sie nicht mehr als eigenständige Begründung für das Strafmaß gelten. Man kann doch nicht einen Menschen nur deshalb für sagen wir 20 Jahre einbuchten, weil seine Handlung besonders stark der geltenden Moral widersprach. Zumindest wäre eine solche Begründung irrational - oder was sollte das Ziel einer solchen Maßnahme sein?

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Diese Art der Prävention liegt Jenseits von Abschreckung und Rache. Sie zielt auf das moralische Empfinden der Mehrheit und sucht es zu stabilisieren. Deswegen werde umgekehrt "gute" Taten ja auch häufig mit Preisen, Auszeichnungen etc. belohnt. Nicht primär, um zum "guten" anzuspornen, sondern um Achtung für als richtig empfundene Werte und darauf resultierenden Taten zum Ausdruck zu bringen.

Ah - endlich mal ein Versuch einer utilitaristischen Begründung von Strafe jenseits von Rache und Abschreckung! Ich glaube das erste Mal in diesem Forum.

Ich versuche es erstmal mit ein paar relativ billigen Gegenargumenten:

- Preise, Auszeichnungen usw. sind ja meist eher symbolisch. Das Korrelat einer 20-jährigen Gefängnisstrafe für jemand, der 3 Menschen umgebracht hat, müßte also ein Leben in Saus und Braus sein für jemand, der etwa 3 Menschenleben gerettet hat. Sollte man nicht also statt der jetzigen Strafen symbolische Strafen einführen, z.B. Pranger oder Wahlrechtsentzug?

- Würdest Du auch andere, den Einzelnen weniger stark schädigende Maßnahmen befürworten, wenn dadurch das "moralische Empfinden der Mehrheit stabilisiert" wird? Zum Beispiel könnte man bestimmte wissenschaftliche Erkenntisse unter Verschluß halten oder die Leute glauben machen, ein Gott wolle dies und jenes und sehe alles.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Und eben diese Bedingung konnte nur so lange als rational nachvollziehbare Legitimation dienen, wie man intuitiv von einem autonomen Selbst und vom freien Willen in meinem Sinne ausgegangen ist.
Oder so lange, wie dieses Selbstverständnis das gesellschaftliche Handeln bedingt.

Ja, das ist ein guter Punkt, das Elitendilemma mal wieder.
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Beitrag(#1108434) Verfasst am: 18.10.2008, 20:16    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Und eben diese Bedingung konnte nur so lange als rational nachvollziehbare Legitimation dienen, wie man intuitiv von einem autonomen Selbst und vom freien Willen in meinem Sinne ausgegangen ist.

Naja. Meiner Ansicht wäre das Schuldprinzip auch nicht rational begründet, wenn es einen "echten FW" geben würde. Zumindest ist mir nie eine solche Begründung über den Weg gelaufen. Mit diesem Prinzip wird einfach nur eine tief verankerte (oder eingeprägte?) "Intuitionspumpe" aktiviert.

Stimmt, gut war die Begründung vorher auch nicht, vor allem wenn es um die Bestrafung ging. Aber wenigsten ein Konzept wie "Sünde" konnte man mit dem echten FW besser begründen.
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step
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Beitrag(#1108438) Verfasst am: 18.10.2008, 20:20    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Wissen erklärt aber legitimiert sich nicht. Ein klassisches Signum diktatorischer Systeme.

- Wissen delegitimiert auf falschen Annahmen basierende Legitimationen.
- Wissen legitimiert nicht, konsente Interessen legitimieren - wenn es überhaupt Legitimation gibt.
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zelig
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Beitrag(#1108450) Verfasst am: 18.10.2008, 20:29    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Wissen erklärt aber legitimiert sich nicht. Ein klassisches Signum diktatorischer Systeme.

- Wissen delegitimiert auf falschen Annahmen basierende Legitimationen.
- Wissen legitimiert nicht, konsente Interessen legitimieren [...]

Ja. Auch und nicht nur.
step hat folgendes geschrieben:
wenn es überhaupt Legitimation gibt.

Ich möchte jedenfalls in keinem System leben, das sich, egal auf welcher Ebene, ohne Legitimationspflicht wähnt.
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kolja
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Beitrag(#1108456) Verfasst am: 18.10.2008, 20:31    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Stimmt, gut war die Begründung vorher auch nicht, vor allem wenn es um die Bestrafung ging. Aber wenigsten ein Konzept wie "Sünde" konnte man mit dem echten FW besser begründen.

Ja genau, die Begründung der Strafe meinte ich. Dass man mit einem "echten FW" zumindest nicht begründen muss, warum die Person als Verursacher gesehen werden sollte - geschenkt, das ist trivialerweise der Fall, denn genau dafür ist der FW passend definiert. Aber die Legitimation von Folgen gelingt nicht alleine durch Verweis auf die Verursachung, es wird aber allgemein so geredet, als wäre das der Fall.
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step
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Beitrag(#1108480) Verfasst am: 18.10.2008, 20:59    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Wissen erklärt aber legitimiert sich nicht. Ein klassisches Signum diktatorischer Systeme.
- Wissen delegitimiert auf falschen Annahmen basierende Legitimationen.
- Wissen legitimiert nicht, konsente Interessen legitimieren [...]
Ja. Auch und nicht nur.

Was denn sonst noch?

zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
wenn es überhaupt Legitimation gibt.
Ich möchte jedenfalls in keinem System leben, das sich, egal auf welcher Ebene, ohne Legitimationspflicht wähnt.

Ja, aber eine letzte Legitimation haben wir nicht.
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Beitrag(#1108481) Verfasst am: 18.10.2008, 20:59    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Diese Art der Prävention liegt Jenseits von Abschreckung und Rache. Sie zielt auf das moralische Empfinden der Mehrheit und sucht es zu stabilisieren. Deswegen werde umgekehrt "gute" Taten ja auch häufig mit Preisen, Auszeichnungen etc. belohnt. Nicht primär, um zum "guten" anzuspornen, sondern um Achtung für als richtig empfundene Werte und darauf resultierenden Taten zum Ausdruck zu bringen.
step hat folgendes geschrieben:
Ah - endlich mal ein Versuch einer utilitaristischen Begründung von Strafe jenseits von Rache und Abschreckung! Ich glaube das erste Mal in diesem Forum.

Bin mir unsicher, aber ich meine, AP schrieb auch schonmal etwas in der Art.

Mich stört an diesem Argument, dass es voraussetzt (und dazu führt), dass die Mehrheit eine eher unaufgeklärte Vorstellung von Moral hat (und beibehält).
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Zumsel
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Beitrag(#1108486) Verfasst am: 18.10.2008, 21:06    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Wenn "Schwere der Schuld" nur noch ein Synonym für "moralisch besonders verwerflich" ist, dann kann sie nicht mehr als eigenständige Begründung für das Strafmaß gelten. Man kann doch nicht einen Menschen nur deshalb für sagen wir 20 Jahre einbuchten, weil seine Handlung besonders stark der geltenden Moral widersprach. Zumindest wäre eine solche Begründung irrational - oder was sollte das Ziel einer solchen Maßnahme sein?


Na ja, wenn eine weniger verwerfliche Handlung schon mit 15 Jahren bestraft wird, muss eine besonders verwerfliche entsprechend höher geahndet werden.

step hat folgendes geschrieben:
-Preise, Auszeichnungen usw. sind ja meist eher symbolisch. Das Korrelat einer 20-jährigen Gefängnisstrafe für jemand, der 3 Menschen umgebracht hat, müßte also ein Leben in Saus und Braus sein für jemand, der etwa 3 Menschenleben gerettet hat. Sollte man nicht also statt der jetzigen Strafen symbolische Strafen einführen, z.B. Pranger oder Wahlrechtsentzug?


Ja, wenn es nur um die gesellschaftliche Ächtung ginge, würde ich zustimmen. Allerdings wird eben auch aus Abschreckungs- und Rachegründen eingesperrt. Die Strafe für die besondere Verwerflichkeit kommt sozusagen nur noch obendrauf. Und sie muss natürlich in einem Verhältnis zur "normalen" Strafe stehen. Wichtig ist aber, dass man eine Person nur dann ächten (oder loben) kann, wenn man sie (und sie sich selbst) für die Verursacherin ihrer Handlungen hält. Und ich würde keine Wette darauf abschließen, dass Moral ohne gesellschaftliche Ächtung (und die fängt ja nicht erst bei 20 Jahren Gefängnis an, sondern schon beim verächtlichen Blick) funktioniert. Die Frage ist also, ob eine Gesellschaft, die die Unfreiheit des Willens nicht nur abstrakt eingesehen sondern auch verinnerlicht hat, überhaupt funktionsfähig wäre.

step hat folgendes geschrieben:
-Würdest Du auch andere, den Einzelnen weniger stark schädigende Maßnahmen befürworten, wenn dadurch das "moralische Empfinden der Mehrheit stabilisiert" wird? Zum Beispiel könnte man bestimmte wissenschaftliche Erkenntisse unter Verschluß halten oder die Leute glauben machen, ein Gott wolle dies und jenes und sehe alles.


Wer entscheidet denn darüber, was zugänglich gemacht wird und was verschlossen bleibt? Dafür brauchts eine Art Bildungsaristokratie. Möglich (wenn auch unwahrscheinlich), dass so eine Gesellschaft "besser" funktionieren würde. Aber ich lebe eigentlich ganz gerne in einer freien und demokratischen.
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step
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Beitrag(#1108508) Verfasst am: 18.10.2008, 21:30    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Bin mir unsicher, aber ich meine, AP schrieb auch schonmal etwas in der Art.

Völlig ausschließen kann ich das im Moment nicht.

kolja hat folgendes geschrieben:
Mich stört an diesem Argument, dass es voraussetzt (und dazu führt), dass die Mehrheit eine eher unaufgeklärte Vorstellung von Moral hat (und beibehält).

Ja, klar, das stört mich auch. Aber immerhin ist es der richtige Weg, nach solchen Argumenten zu suchen und sie zu disjutieren, anstatt gleich selbst an Mythen festzuhalten.
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Einsiedler
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Beitrag(#1108511) Verfasst am: 18.10.2008, 21:36    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Einsiedler hat folgendes geschrieben:
Das Konzept "Handlungsfreiheit" nach APs Definition halte ich aber für zweckmäßig für Überlegungen zum Thema Strafrecht. Wenn jemand in Übereinstimmung mit seinen Präferenzen anderen schadet (oder dies eindeutig beabsichtigt), so ist es legitim, seine Handlungsfreiheit einzuschränken und/oder durch geeignete Maßnahmen (das kann auch eine Strafandrohung sein) dafür zu sorgen, daß sich seine Präferenzen verschieben.

Diese Legitimität könnte dann aber nur noch durch ihre präventive Zweckmäßigkeit begründet werden, nicht mehr wie heute durch die "Schwere der Schuld".

Die präventive Zweckmäßigkeit hängt ja mit dem Risiko einer Wiederholungstat zusammen, und für
diese ist schon interessant, wie stark die Tat präferiert wurde (und nichts anderes bedeutet nach
meinem Verständnis "Schwere der Schuld").
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Einsiedler
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Anmeldungsdatum: 01.03.2007
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Beitrag(#1108516) Verfasst am: 18.10.2008, 21:42    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
An dieser Stelle wollte ich übrigens keineswegs zeigen, daß die präventive Zweckmäßigkeit eine hinreichende Bedingung für einschränkende Maßnahmen ist, sondern nur, daß mit Einsiedlers Argumentation Schuld jedenfalls keine hinreichende Legitimation mehr darstellt.

Ja, das ist korrekt. Schuld als einzige Legitimation für Strafe halte ich für Blödsinn.
Das ist nichts weiter als Rache.
Allerdings sehe ich Schuld als notwendige Legitimation für Strafe an.
Strafe ohne Schuld wäre auch Blödsinn.
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vanini
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Beitrag(#1108522) Verfasst am: 18.10.2008, 21:51    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Mich stört an diesem Argument, dass es voraussetzt (und dazu führt), dass die Mehrheit eine eher unaufgeklärte Vorstellung von Moral hat (und beibehält).


Das Problem dabei ist, dass "die Mehrheit" - leider! - tatsächlich eine reichlich unaufgeklärte Vorstellung von Moral hat. Dazu trägt nicht nur bei, dass archaische und irrationale Primitiv-Moralitäten, wie etwa jene des Christentums, das Denken der Menschen noch immer zutiefst beherrschen ("Freier Wille", "Schuld und Sühne" usw.), sondern dass die meisten Menschen auch viel zu träge sind, sich den Mühen einer rationalen Hinterfragung und Neuformulierung wichtiger ethischer Fragen zu stellen. Statt dessen ist die einzige "Mühe", welcher man sich in diesem Zusammenhang - wenn überhaupt - unterzieht, über diejenigen "Mordio" und "Untergang des Abendlandes" zu zetern, welche sich dieser Problematik ernsthaft annehmen.
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zelig
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Beitrag(#1108530) Verfasst am: 18.10.2008, 21:59    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Wissen erklärt aber legitimiert sich nicht. Ein klassisches Signum diktatorischer Systeme.
- Wissen delegitimiert auf falschen Annahmen basierende Legitimationen.
- Wissen legitimiert nicht, konsente Interessen legitimieren [...]
Ja. Auch und nicht nur.

Was denn sonst noch?

Ich lehne zum Beispiel die auf einen innergesellschaftlichen Konsens beruhende Bestrafungspraxis in SA ab. Ich halte Handabhacken nicht für legitim. Interessen sind nicht schon legitimiert, weil sie konsent sind.

step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
wenn es überhaupt Legitimation gibt.
Ich möchte jedenfalls in keinem System leben, das sich, egal auf welcher Ebene, ohne Legitimationspflicht wähnt.

Ja, aber eine letzte Legitimation haben wir nicht.

Nein. Brauchen wir auch nicht. Nur der Legitimations-Prozess ist unverzichtbar.
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kolja
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Beitrag(#1108535) Verfasst am: 18.10.2008, 22:05    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Wichtig ist aber, dass man eine Person nur dann ächten (oder loben) kann, wenn man sie (und sie sich selbst) für die Verursacherin ihrer Handlungen hält.

Das sehe ich nicht so. Die Zuschreibung von Handlungen zu Personen und die damit einhergehende Achtung oder Missachtung funktioniert meines Erachtens weitgehend intuitiv. Diese Intuition verschwindet nicht, bloß weil ich nicht mehr an eine Erstverursachung glaube und diese in rationale Überlegungen nicht mehr einbeziehe.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Und ich würde keine Wette darauf abschließen, dass Moral ohne gesellschaftliche Ächtung (und die fängt ja nicht erst bei 20 Jahren Gefängnis an, sondern schon beim verächtlichen Blick) funktioniert. Die Frage ist also, ob eine Gesellschaft, die die Unfreiheit des Willens nicht nur abstrakt eingesehen sondern auch verinnerlicht hat, überhaupt funktionsfähig wäre.

Ich finde nicht, dass man bzgl. der Ächtung die beiden Extreme der Skala in einen Topf rühren sollte. Und was genau hier "verinnerlicht haben" bedeuten soll, müsste auch noch geklärt werden, siehe meine obige Anmerkung bzgl. Intuition vs. Ratio.
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step
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Beitrag(#1108560) Verfasst am: 18.10.2008, 22:23    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Sollte man nicht also statt der jetzigen Strafen symbolische Strafen einführen, z.B. Pranger oder Wahlrechtsentzug?
Ja, wenn es nur um die gesellschaftliche Ächtung ginge, würde ich zustimmen. Allerdings wird eben auch aus Abschreckungs- und Rachegründen eingesperrt.

Und das eben mE unbegründet.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
... Und ich würde keine Wette darauf abschließen, dass Moral ohne gesellschaftliche Ächtung (und die fängt ja nicht erst bei 20 Jahren Gefängnis an, sondern schon beim verächtlichen Blick) funktioniert.

Das sehe ich sogar ähnlich (wenn mir auch der Vergleich etwas merkwürdig erscheint), aber entscheidend ist, daß man nach dem Nutzen für die Zukunft fragt.
Zumsel hat folgendes geschrieben:
Die Frage ist also, ob eine Gesellschaft, die die Unfreiheit des Willens nicht nur abstrakt eingesehen sondern auch verinnerlicht hat, überhaupt funktionsfähig wäre.

Meines Erachtens wäre sie das. Ich beispielsweise gebe keinen Pfifferling auf den Freien Willen, halte mich aber dennoch an Abmachungen. Viele motivierende Mechanismen, etwa der Befriedigung von Bedürfnissen oder der sozialen Reziprozität, bleiben ja intakt.
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step
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Beitrag(#1108573) Verfasst am: 18.10.2008, 22:35    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Ich lehne zum Beispiel die auf einen innergesellschaftlichen Konsens beruhende Bestrafungspraxis in SA ab. Ich halte Handabhacken nicht für legitim. Interessen sind nicht schon legitimiert, weil sie konsent sind.

Legitimiert heißt aber eigentlich nicht, daß auch Du es legitim finden mußt. Außerdem sagst Du zwar, daß Du es nicht legitim findest, aber nicht, was sonst eine Legitimation wäre. Dein Gefühl allein kann es ja nicht sein.

zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
wenn es überhaupt Legitimation gibt.
Ich möchte jedenfalls in keinem System leben, das sich, egal auf welcher Ebene, ohne Legitimationspflicht wähnt.
Ja, aber eine letzte Legitimation haben wir nicht.
Nein. Brauchen wir auch nicht. Nur der Legitimations-Prozess ist unverzichtbar.

Ja, sehe ich ebenso.
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