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Tassilo Deaktiviert
Anmeldungsdatum: 17.05.2004 Beiträge: 7361
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(#1118768) Verfasst am: 02.11.2008, 10:46 Titel: |
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atheist666 hat folgendes geschrieben: | Ich war immer dafür, daß man den 9.11 zum Nationalfeiertag macht statt diesen dämlichen 3.10
Welche Nation-auf der Erde-kann sich rühmen, daß soviele historische Ereignisse auf einem Tag fallen. Alle hätten was von diesem Tag, die Linken, die Nazis und die Bürgerlichen. |
Die Liste lässt sich erweitern:
Der 9. November ist der Todestag von Robert Blum.
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Peter H. dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 24.06.2007 Beiträge: 9751
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(#1118786) Verfasst am: 02.11.2008, 11:49 Titel: |
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Der 9. November eignet sich nicht als Nationalfeiertag, wohl aber als Gedenktag.
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beachbernie male Person of Age and without Color
Anmeldungsdatum: 16.04.2006 Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii
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(#1119165) Verfasst am: 02.11.2008, 22:21 Titel: |
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Peter H. hat folgendes geschrieben: | Der 9. November eignet sich nicht als Nationalfeiertag, wohl aber als Gedenktag. |
Das finde ich jetzt nicht. Da einige eher zum Nachdenken als zum Feiern anregende Jahrestage auf dem Datum liegen, haette das den Vorteil, dass sich hirnlos patridiotische Veranstaltungen wie Militaerparaden und anderer nationaler Mummenschanz von selber verbieten. Ich denke es stuende Deutschland gut zu Gesichte, wenn der "nationale Gedenktag" die ganze deutsche Geschichte widerspiegeln wuerde und nicht bloss als Anlass dafuer hergenommen wird, dass Ewiggestrige schon wieder ihre nationale Ueberheblichkeit ausleben koennen. Solch bloedsinnige Spektakel wie z.B. in Frankreich oder den USA finde ich wegen ihrer geschichtsblinden Blauaeugigkeit, die darin zum Ausdruck kommt, schlicht daemlich und sehe sie nicht als nachahmenswertes Vorbild.
Gruss, Bernie
_________________ Defund the gender police!!
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Hornochse Orthographiefetischist
Anmeldungsdatum: 22.07.2007 Beiträge: 8223
Wohnort: Bundeshauptstadt
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(#1119168) Verfasst am: 02.11.2008, 22:30 Titel: |
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Am besten "feiern" wir nur noch unsere großen Niederlagen und Dummheiten, damit auch Leute wie Bernie zufrieden gestellt werden. Vielleicht in Verbindung mit einer Zwiebelschneideparade oder einer Selbstgeißelung mit Hilfe von Hardcover-Geschichtsbüchern.
_________________ Alles könnte anders sein - und fast nichts kann ich ändern.
- Niklas Luhmann -
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beachbernie male Person of Age and without Color
Anmeldungsdatum: 16.04.2006 Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii
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(#1119207) Verfasst am: 02.11.2008, 23:16 Titel: |
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Hornochse hat folgendes geschrieben: | Am besten "feiern" wir nur noch unsere großen Niederlagen und Dummheiten, damit auch Leute wie Bernie zufrieden gestellt werden. Vielleicht in Verbindung mit einer Zwiebelschneideparade oder einer Selbstgeißelung mit Hilfe von Hardcover-Geschichtsbüchern. |
Deine ganz in schwarz und weiss gehaltene Welt waere mir nicht farbig genug.
Vergleich mal Dein posting mit dem, was ich wirklich gesagt habe:
beachbernie hat folgendes geschrieben: | ...Ich denke es stuende Deutschland gut zu Gesichte, wenn der "nationale Gedenktag" die ganze deutsche Geschichte widerspiegeln wuerde.... |
Faellt Dir was auf?
Gruss, Bernie
_________________ Defund the gender police!!
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Hornochse Orthographiefetischist
Anmeldungsdatum: 22.07.2007 Beiträge: 8223
Wohnort: Bundeshauptstadt
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(#1119210) Verfasst am: 02.11.2008, 23:19 Titel: |
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beachbernie hat folgendes geschrieben: | Faellt Dir was auf? |
Reine Provokation als Selbstzweck.
_________________ Alles könnte anders sein - und fast nichts kann ich ändern.
- Niklas Luhmann -
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beachbernie male Person of Age and without Color
Anmeldungsdatum: 16.04.2006 Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii
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(#1119212) Verfasst am: 02.11.2008, 23:22 Titel: |
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Hornochse hat folgendes geschrieben: | beachbernie hat folgendes geschrieben: | Faellt Dir was auf? |
Reine Provokation als Selbstzweck. |
Das dachte ich mir.
_________________ Defund the gender police!!
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Telliamed registrierter User
Anmeldungsdatum: 05.03.2007 Beiträge: 5125
Wohnort: Wanderer zwischen den Welten
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(#1119360) Verfasst am: 03.11.2008, 10:05 Titel: |
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Am 9. November 1989 fand der wohl am dilettantischsten eingeleitete Staatsstreich in der Geschichte (Schabowskis Zettel) statt, durch den die einmalige historische Chance vom 4. November vergeigt wurde, als die Macht auf der Straße lag und man für einige Stunden von einer deutschen demokratischen Republik zu träumen wagte.
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Telliamed registrierter User
Anmeldungsdatum: 05.03.2007 Beiträge: 5125
Wohnort: Wanderer zwischen den Welten
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(#1120293) Verfasst am: 04.11.2008, 10:59 Titel: |
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Heute ist nun dieser 4. November. Angekündigt war die Demonstration an diesem Tag des Jahres 1989 nur in einer kleinen Notiz.
Die Künstler des Berliner Ensemble wollten für die zwei Paragraphen der Verfassung demonstrieren, die Rede-, Presse- und Versammlungsfreiheit garantierten.
Es war also vorwiegend Mundpropaganda, durch die wahrscheinlich 600.000 Menschen veranlasst wurden, in die Innenstadt zu ziehen. Am Morgen wurde noch gerätselt, ob diese Demonstration gewaltfrei ausfallen würde, schließlich hatte man noch die Knüppelorgien vom 7. und 8. Oktober in Erinnerung. Einen Kollegen hatte man in Handschellen abgeführt. Aber wenn die Künstler und Schauspieler (Steffi Spira, Katharina Thalbach erschienen dann) aufriefen, dann hatte man eine gewisse Rückendeckung und war sich sicher, dass jetzt auch viele Bekannte zum Alexanderplatz ziehen würden.
Ich nahm auch an, dass die Sowjetarmee nicht mehr eingreifen würde, wie 1956 und 1968. Die auf die Perestrojka orientierten Kräfte hatten bestimmt in Moskau signalisiert:Krenz herzlich unbeliebt ("Großmutter, was hast Du für große Zähne?"), die Regierung Stoph am Ende und die Machtübernahme durch Hans Modrow steht bevor. Sicher war freilich gar nichts, aber das sollte mich nicht mehr hindern, zum Alexanderplatz zu ziehen.
Ich wohnte etwa einen Kilometer vom Alexanderplatz entfernt. Als ich mich näherte, hörte ich ein Summen in der Luft, als wenn eine große Menschenmasse unterwegs wäre. Man hatte mit mehreren hundert Teilnehmern gerechnet, vielleicht einigen Tausend, aber dass es so viele werden würden ...
Die Regierung hatte befürchtet, dass sich die Demonstranten in Richtung Brandenburger Tor bewegen würden und dass es dort zu Ausschreitungen kommen könnte. Eine lächerliche Fehleinschätzung. Die hunderten Ordner mit grün-gelben Armbinden, auf denen geschrieben stand "Keine Gewalt", und die Volkspolizisten, von denen viele eine Nelke im Knopfloch hatten, brauchten überhaupt nicht in Erscheinung zu treten. Die überwiegende Mehrzahl der Demonstranten hatte nicht das Brandenburger Tor und die Mauer vor Augen, sondern sie zogen zum Alexanderplatz, weil sie Veränderungen im System wollten.
Ich kam in dem Moment, als Stefan Heym ausrief: "Es ist, als hätte einer das Fenster aufgestoßen und den ganzen Mief herausgelassen! Christa Wolf deklinierte das Wortfeld der "Wende" durch, wobei auch der "Wendehals" vorkam. Dann erlitt sie, wie sie später in ihren Erinnerungen festhielt, eine Herzattacke. Gregor Gysi: "Rechtssicherheit ist die beste Staatssicherheit!"
Für mich blieb der 4. November in den Erinnerungen der herausragende Tag. Weil man nicht daran erinnern will, dass sich eine solche Menge unter freiem Himmel versammelte, hat man in den folgenden Jahren in den Medien die Aufmerksamkeit auf den Mauerfall am 9. November konzentriert, den Anfang vom Ende der DDR.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1120294) Verfasst am: 04.11.2008, 11:08 Titel: |
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Mal danke für die Schilderung. Sehr interessant.
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Xing xiao jie Coup de foudre
Anmeldungsdatum: 22.07.2007 Beiträge: 647
Wohnort: im Fragmentarium
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(#1120302) Verfasst am: 04.11.2008, 11:19 Titel: |
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Btt: Meiner Information nach finden gerade dieses Jahr, wo sich die Reichskristallnacht zum 70. Mal jährt, in vielen Städten Gedenkveranstaltungen statt. Leider findet sich auch min. ein Beispiel zur Bestätigung der Eingangsfrage: zelig hat folgendes geschrieben: | Ist die Bedeutung dieses Tages eigentlich noch präsent? |
_________________
Your koalafications are completely irrelephant.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1120320) Verfasst am: 04.11.2008, 11:57 Titel: |
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Wer mal München besuchen will, dem sei eine Führung durch das jüdische Museum empfohlen.
http://www.juedisches-museum-muenchen.de/cms/index.php?id=169&L=0
Man weiß möglicherweise viel über antisemitische Erscheinungen. Aber es wird doch fassbarer anhand konkreter Schilderungen. Beispielsweise warum eine Pieta dort aufgestellt wurde, wo zuvor eine Synagoge niedergebrannt wurde. Oder was es damit auf sich hat, daß ein städtischer Ort über Jahrhunderte "Platz der Kindesmarter" hieß.
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Peter H. dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 24.06.2007 Beiträge: 9751
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York Schottischer Schwarzwälder
Anmeldungsdatum: 04.02.2009 Beiträge: 2181
Wohnort: Republik Baden
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(#1565694) Verfasst am: 04.11.2010, 10:09 Titel: Re: 9. November |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Ist die Bedeutung dieses Tages eigentlich noch präsent?
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Aber sicher.
Und dieses Jahr scheint es ein Problem mit Alfred Grosser zu geben:
Zitat: | Dicke Luft in Frankfurt am Main. Am kommenden Dienstag soll, wie jedes Jahr, in der Paulskirche der "Reichskristallnacht" vom 9. November 1938 gedacht werden. Und die Festansprache wird ausgerechnet ein Mann halten, der das, was die Nazis den Juden angetan haben, gerne mit dem vergleicht, was die Israelis den Palästinensern antun: "Ich bin als Judenkind in der Frankfurter Schule verachtet und sogar geschlagen worden. Ich kann nicht verstehen, dass Juden andere verachten."
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http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,726836,00.html
_________________ Hark, when the night is falling, hear, hear, the pipes are calling ...
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Ralf Rudolfy Auf eigenen Wunsch deaktiviert.
Anmeldungsdatum: 11.12.2003 Beiträge: 26674
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(#1565704) Verfasst am: 04.11.2010, 10:35 Titel: Re: 9. November |
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York hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | Ist die Bedeutung dieses Tages eigentlich noch präsent?
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Aber sicher.
Und dieses Jahr scheint es ein Problem mit Alfred Grosser zu geben:
Zitat: | Dicke Luft in Frankfurt am Main. Am kommenden Dienstag soll, wie jedes Jahr, in der Paulskirche der "Reichskristallnacht" vom 9. November 1938 gedacht werden. Und die Festansprache wird ausgerechnet ein Mann halten, der das, was die Nazis den Juden angetan haben, gerne mit dem vergleicht, was die Israelis den Palästinensern antun: "Ich bin als Judenkind in der Frankfurter Schule verachtet und sogar geschlagen worden. Ich kann nicht verstehen, dass Juden andere verachten."
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http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,726836,00.html |
Na klasse, der Broder mal wieder. Noch kein Wort gesagt, der Mann, aber schon vorverurteilt. So lieben wir das.
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#1565986) Verfasst am: 04.11.2010, 20:37 Titel: |
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Er (Alfred Grosser) hat gerade in Kulturzeit (3SAt) gesprochen und jemanden zitiert (war grad etwas abgelenkt).
Das Zitat lautete etwa so: "Wenn mein Land in Ordnung ist, ist ja alles ok, aber wenn das nicht der Fall ist, muss ich dran arbeiten".
Kritik an der Politik Israels ist nicht per se antijüdisch oder antisemitisch, sondern kann sogar ganz das Gegenteil sein( Und nach dem, was Grosser sonst so erzählt hat, scheint mir das bei ihm der Fall zu sein).
Broder ist entweder zu doof, zu verbissen oder wahrscheinlich beides, um das einzusehen.
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#1565988) Verfasst am: 04.11.2010, 20:43 Titel: |
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Wieso das Gegenteil?
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#1565991) Verfasst am: 04.11.2010, 20:50 Titel: |
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narziss hat folgendes geschrieben: | Wieso das Gegenteil? |
Wenn man mit konstruktiver Kritik etwas verbessern kann, nützt das dem Kritisierten.
Ohne das wäre z. B. pädagogisches Handeln undenkbar. Wieso man das in der Politik häufig nicht begreift, ist mir schleierhaft.
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tillich (epigonal) hat Spaß
Anmeldungsdatum: 12.04.2006 Beiträge: 22256
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(#1566035) Verfasst am: 04.11.2010, 22:55 Titel: Re: 9. November |
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Ralf Rudolfy hat folgendes geschrieben: | Na klasse, der Broder mal wieder. Noch kein Wort gesagt, der Mann, aber schon vorverurteilt. So lieben wir das. |
Naja, aber er kann ja einiges heranziehen, was Grosser früher mal gesagt hat, um darauf eine Prognose zu stützen. Darauf gestützt zu sagen, dass man einen Redner für so eine Veranstaltung für deplatziert halt, ist legitim.
Broder im Spiegel hat folgendes geschrieben: | In einem Interview mit dem "Stern" im Oktober 2007 behauptete er, "dass sich Deutsche zu allem Möglichen kritisch äußern dürfen, aber nicht zu Israel", es gebe eine "Keule, die ständig gegen Deutsche geschwungen wird, falls sie etwas gegen Israel sagen". Täten sie es trotzdem, "sagt die Keule sofort: 'Ich schlage dich mit Auschwitz.' Ich finde das unerträglich." Dieselbe Keule hatte 1998 auch schon der Schriftsteller Martin Walser anlässlich seiner Auszeichnung mit dem "Friedenspreis des deutschen Buchhandels" geschwungen und damit die "Walser-Bubis-Debatte" ausgelöst - an derselben Stelle, an der auch Grosser sprechen wird: in der Frankfurter Paulskirche.
[...]
So ähnlich wie die Keulenschwinger Walser und Grosser argumentieren auch linke und rechte "Antizionisten", die Deutschland im Würgegriff der "Israel-Lobby" sehen. Wobei Grosser mit einem Extra-Pfund wuchern kann: Als Jude ist er über jeden Verdacht erhaben, antisemitische Ressentiments zu bedienen. Wenn er beispielsweise sagt, "dass gerade Israels Politik den Antisemitismus fördert", dann übt er nur "Israelkritik", auch wenn es sich um die moderne Variante des Klassikers handelt, am Antisemitismus seien die Juden schuld. |
Da muss ich Broder durchaus zustimmen. Zu behaupten, Deutsche dürften sich nicht kritisch zu Israel äußern, ist schlicht absurd; das passiert doch ständig.
Und man muss Israels Politik nicht gut finden, um die Aussage, sie sei schuld am Antisemitismus, für problematisch zu halten.
_________________ "YOU HAVE TO START OUT LEARNING TO BELIEVE THE LITTLE LIES." -- "So we can believe the big ones?" -- "YES."
(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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Critic oberflächlich
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 16338
Wohnort: Arena of Air
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(#1566100) Verfasst am: 05.11.2010, 00:23 Titel: Re: 9. November |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Ralf Rudolfy hat folgendes geschrieben: | Na klasse, der Broder mal wieder. Noch kein Wort gesagt, der Mann, aber schon vorverurteilt. So lieben wir das. |
Naja, aber er kann ja einiges heranziehen, was Grosser früher mal gesagt hat, um darauf eine Prognose zu stützen. Darauf gestützt zu sagen, dass man einen Redner für so eine Veranstaltung für deplatziert halt, ist legitim.
Broder im Spiegel hat folgendes geschrieben: | In einem Interview mit dem "Stern" im Oktober 2007 behauptete er, "dass sich Deutsche zu allem Möglichen kritisch äußern dürfen, aber nicht zu Israel", es gebe eine "Keule, die ständig gegen Deutsche geschwungen wird, falls sie etwas gegen Israel sagen". Täten sie es trotzdem, "sagt die Keule sofort: 'Ich schlage dich mit Auschwitz.' Ich finde das unerträglich." Dieselbe Keule hatte 1998 auch schon der Schriftsteller Martin Walser anlässlich seiner Auszeichnung mit dem "Friedenspreis des deutschen Buchhandels" geschwungen und damit die "Walser-Bubis-Debatte" ausgelöst - an derselben Stelle, an der auch Grosser sprechen wird: in der Frankfurter Paulskirche.
[...]
So ähnlich wie die Keulenschwinger Walser und Grosser argumentieren auch linke und rechte "Antizionisten", die Deutschland im Würgegriff der "Israel-Lobby" sehen. Wobei Grosser mit einem Extra-Pfund wuchern kann: Als Jude ist er über jeden Verdacht erhaben, antisemitische Ressentiments zu bedienen. Wenn er beispielsweise sagt, "dass gerade Israels Politik den Antisemitismus fördert", dann übt er nur "Israelkritik", auch wenn es sich um die moderne Variante des Klassikers handelt, am Antisemitismus seien die Juden schuld. |
Da muss ich Broder durchaus zustimmen. Zu behaupten, Deutsche dürften sich nicht kritisch zu Israel äußern, ist schlicht absurd; das passiert doch ständig.
Und man muss Israels Politik nicht gut finden, um die Aussage, sie sei schuld am Antisemitismus, für problematisch zu halten. |
Man kann das wohl in beide Richtungen sehen: Da gibt es einerseits schon israelische Politiker, die Kritik an ihrer Politik als Antisemitismus werten. Andererseits scheinen gerade gerne diejenigen zu behaupten, es gebe "Denkverbote" und "Tabus", die selbst besonders kräftig austeilen (und dafür sogar den größten Applaus erhalten).
_________________ "Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"
Dann bin ich halt bekloppt.
"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
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beachbernie male Person of Age and without Color
Anmeldungsdatum: 16.04.2006 Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii
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(#1566169) Verfasst am: 05.11.2010, 04:41 Titel: Re: 9. November |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: |
....Und man muss Israels Politik nicht gut finden, um die Aussage, sie sei schuld am Antisemitismus, für problematisch zu halten. |
Dass ist schon aus dem Grund barer Unsinn, weil der Antisemitismus erheblich aelter ist als der Staat Israel.
Ich wuerde sogar behaupten, dass es fraglich ist, ob der Staat Israel heute ueberhaupt existieren wuerde, wenn es den Antisemitismus, insbesondere seine extremsten Formen, nicht schon vorher gegeben haette.
Dass die derzeitige Politik Israels nicht unbedingt geeignet ist antisemitische Stereotypen zu widerlegen , steht auf einem anderen Blatt, deren Ursache ist sie allerdings nicht.
_________________ Defund the gender police!!
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York Schottischer Schwarzwälder
Anmeldungsdatum: 04.02.2009 Beiträge: 2181
Wohnort: Republik Baden
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(#1568265) Verfasst am: 09.11.2010, 09:56 Titel: |
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Heute ist der Tag nun da.
Werdet ihr an einer Veranstaltung zu diesem Thema teilnehmen?
Ich werde heute mittag bei einem Gedenken an der ehemaligen Synagoge zu Karlsruhe teilnehmen.
Und hier wird diese alte Synagoge etwas beschrieben:
Zitat: | Der Komplex zwischen Kronenstraße und Lange Straße (heute: Kaiserstraße) bestand aus einem Vordergebäude mit Wohnungen und Verwaltungsräumen, einem säulengesäumten Hof für Trauungen und das Laubhüttenfest und dem dahinter gelegenen Sakralbau, darin die Mikwe (das rituelle Bad) und der eigentliche Kultraum mit dem Aron haKodesch (dem Toraschrein).
Der Bau war ein frühes Beispiel eines klassizistischen Monumentalbaus mit Spitzbögen als Stilelement des Orientalismus. Ägyptisierende Pylonen beiderseits des Portals, Spitzbogen-Arkaden und dorische Säulen im Innern um den Hof herum kennzeichneten den wuchtigen Bau, der mit seiner morgenländischen Ausstrahlung auch ein Vorbild für weitere Bauten dieses Stils im 19. Jahrhundert war. |
http://de.wikipedia.org/wiki/Synagogen_in_Karlsruhe
_________________ Hark, when the night is falling, hear, hear, the pipes are calling ...
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Marcellinus Outsider
Anmeldungsdatum: 27.05.2009 Beiträge: 7429
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(#1568291) Verfasst am: 09.11.2010, 10:50 Titel: Re: 9. November |
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beachbernie hat folgendes geschrieben: |
Dass die derzeitige Politik Israels nicht unbedingt geeignet ist antisemitische Stereotypen zu widerlegen , steht auf einem anderen Blatt, deren Ursache ist sie allerdings nicht. |
Ich denke, die Politik des Staates Israel bestätigt weder antisemitische Vorurteile, noch widerlegt es sie. Es ist einfach Machtpolitik eines Staates in einer weitgehend feindlichen Umgebung.
_________________ "Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."
Friedrich Nietzsche
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#1568293) Verfasst am: 09.11.2010, 10:53 Titel: Re: 9. November |
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Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Es ist einfach Machtpolitik eines Staates in einer weitgehend feindlichen Umgebung. |
Stimmt und ist menschlich nachvollziehbar diese Politik.
Ist aber langfristig ziemlich doof, und Zeit hatten die israelischen Regierungen echt genuch bis jetzt.
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York Schottischer Schwarzwälder
Anmeldungsdatum: 04.02.2009 Beiträge: 2181
Wohnort: Republik Baden
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(#1568344) Verfasst am: 09.11.2010, 12:06 Titel: |
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Tassilo hat folgendes geschrieben: |
Der 9. November ist der Todestag von Robert Blum. |
*singt*
Was zieht dort zur Brigittenau
Im blut´gen Morgenrot?
Das sind die kroatischen Jäger
Die führen den Fahnenträger
Der Freiheit hin zum Tod.
Sie haben ihn gefangen
Trotz Recht und Reichsgesetz
Es hat ihm das Urteil gesprochen
Es hat ihm den Stab gebrochen
Der Mörder Windischgrätz.
Zum Richtplatz sie ihn führen
Ihn schreckt nicht Tod noch Grab;
Doch als er denkt der Lieben
Die ihm daheim sind geblieben
Fällt still eine Träne herab.
Die Träne für Weib und Kinder
Entehret keinen Mann
Lebet wohl! Jetzt gilt es zu sterben
Für die Freiheit Herzen zu werben
Ihr Jäger, wohlauf, schlagt an!
Er schlingt sich selbst die Binde
Wohl um der Augen Licht:
0 du Deutschland, für das ich gestritten
Für das ich im Leben gelitten
Verlaß die Freiheit nicht.
Es krachen die Gewehre
Im Blute liegt der Held
Es haben die Büchsen der Jäger
Der Freiheit Fahnenträger
Den Robert Blum gefällt.
Der Fähnrich ist erschlagen,
Es fiel der Robert Blum.
Auf Brüder, die Fahne zu retten
Der Freiheit aus Banden und Ketten
Zu Deutschlands Eigentum!
http://www.volksliederarchiv.de/text1535.html
_________________ Hark, when the night is falling, hear, hear, the pipes are calling ...
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Marcellinus Outsider
Anmeldungsdatum: 27.05.2009 Beiträge: 7429
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(#1568347) Verfasst am: 09.11.2010, 12:12 Titel: Re: 9. November |
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Noseman hat folgendes geschrieben: | Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Es ist einfach Machtpolitik eines Staates in einer weitgehend feindlichen Umgebung. |
Stimmt und ist menschlich nachvollziehbar diese Politik.
Ist aber langfristig ziemlich doof, und Zeit hatten die israelischen Regierungen echt genuch bis jetzt. |
Richtig. Es ist Machtpolitik. Von intelligent war nicht die Rede. Es hat mehrere Anläufe gegeben, das Nahostproblem zu lösen. Zwei Regierungschefs hat dieser Versuch das Leben gekostet, Sadat und Rabin, beide ermordet von den eigenen Leuten. Ich kann daraus nur schließen, daß es nicht nur ein Konflikt zwischen Staaten ist, sondern daß es auch innerhalb der beteiligten Staaten erhebliche Widerstände gegen eine friedliche Lösung gibt.
_________________ "Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."
Friedrich Nietzsche
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Critic oberflächlich
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 16338
Wohnort: Arena of Air
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(#1569056) Verfasst am: 10.11.2010, 01:47 Titel: Re: 9. November |
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Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Noseman hat folgendes geschrieben: | Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Es ist einfach Machtpolitik eines Staates in einer weitgehend feindlichen Umgebung. |
Stimmt und ist menschlich nachvollziehbar diese Politik.
Ist aber langfristig ziemlich doof, und Zeit hatten die israelischen Regierungen echt genuch bis jetzt. |
Richtig. Es ist Machtpolitik. Von intelligent war nicht die Rede. Es hat mehrere Anläufe gegeben, das Nahostproblem zu lösen. Zwei Regierungschefs hat dieser Versuch das Leben gekostet, Sadat und Rabin, beide ermordet von den eigenen Leuten. Ich kann daraus nur schließen, daß es nicht nur ein Konflikt zwischen Staaten ist, sondern daß es auch innerhalb der beteiligten Staaten erhebliche Widerstände gegen eine friedliche Lösung gibt. |
Zumindest gibt es Viele, die den Konflikt als Teil ihrer Identität - oder die Kompromisse, die für seine Beendigung vielleicht nötig wären, als Angriff auf eben diese Identität ansehen.
_________________ "Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"
Dann bin ich halt bekloppt.
"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
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Telliamed registrierter User
Anmeldungsdatum: 05.03.2007 Beiträge: 5125
Wohnort: Wanderer zwischen den Welten
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Telliamed registrierter User
Anmeldungsdatum: 05.03.2007 Beiträge: 5125
Wohnort: Wanderer zwischen den Welten
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(#1793367) Verfasst am: 09.11.2012, 15:16 Titel: |
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Joachim Gauck lässt im Nachrichtenticker vernehmen:
«Die Geschichten gehören zusammen. Unsere jungen Leute sollten nicht zwei konkurrierende Geschichtserzählungen verinnerlichen», sagte Gauck bei einem Ausstellungsbesuch in Berlin. Die junge Generation dürfe einerseits niemals vergessen, was die «Nazi-Barbarei» gemacht habe. Andererseits sollten sie auch den Mauerfall in ihr Gedenken einbeziehen: «Dieses glückliche Geschehen des 9. November 1989 gehört zu dem anderen, bitteren 9. November.»
Sicher, und Robert Blum wurde auch am 9. November erschossen und am 9. November wurde, unabhängig voneinander, gleich zweimal die Republik ausgerufen, von Scheidemann und von Karl Liebknecht, und der "Marsch auf die Feldherrenhalle" endete auch kläglich am 9. November 1923.
Fragt sich nur, wie der schnell von Schwarz auf Weiß umschaltende Präsident und schlichte Gemütsmensch, die Kurve von der Pogromnacht zum Mauerfall so hinbekommen will, dass nicht wieder die Geschichte mächtig verbogen wird.
Nach wie vor stehen mehrere Geschichtsbilder, die schwer miteinander zu vereinbaren sind, nebeneinander, nur schade um die Schulkinder, denen man weismacht, dass es nur die eine offizielle Deutung gibt.
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26439
Wohnort: im Speckgürtel
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(#1793371) Verfasst am: 09.11.2012, 16:17 Titel: |
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Wo ich das gerade lese:
Telliamed hat folgendes geschrieben: | .....
Er konnte nicht ahnen, daß wenige Zeit später Eigentümer aus dem Westen ihre Rückübertragungsansprüche anmelden würden und er in ein Dorf nördlich von Berlin umziehen müsste. Die meisten von uns ahnten nicht einmal - so auch ich -, dass wir Mietwohnungen bewohnten, deren Eigentümer im Westen saßen und 40 Jahre gewartet hatten. Auch meine Eltern mussten ihre Wohnung verlassen, in der sie seit Jahrzehnten gewohnt hatten. Doch das war einige Jahre später. Dabei waren viele der Alteigentümer schon einmal entschädigt worden. Prinzip "Rückübertragung vor Entschädigung". .... |
Das ist wahrscheinlich ein großer Teil der Wahrheit.
Ich kann einen von der anderen Seite beisteuern: Die Kusine meines Vaters hatte ihr Elternhaus irgendwo in der DDR stehen. Es war vermietet, die Miete reichte nicht, um auch nur die Instandhaltung zu organisieren und kam außerdem auf ein Sperrkonto in der DDR. Besagte Kusine hat dann vom Westen aus das Material geschickt, das es brauchte, um das Haus instand zu halten.
Nach der Wende wollten inzwischen ihre Kinder (Tante Lotte ist lange tot) - niemanden rausschmeißen, die haben genug - sondern sich das Haus nur ansehen. Es war ihm anzusehen, dass zumindest ein Teil der Baustoffe nicht an diesem Haus Verwendung gefunden hatte, das Sperrkonto existierte nicht mehr und das Haus gehörte ihnen auch nicht mehr.
Was ich damit erzählen wollte: Es gab auch im Westen Beschissene, nur war das meistens wohl nichts so existenziell.
fwo
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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