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Was ist Kulturchristentum?
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Malcolm
Ekelpaket



Anmeldungsdatum: 25.07.2007
Beiträge: 1231
Wohnort: Hamburg

Beitrag(#1164715) Verfasst am: 28.12.2008, 04:29    Titel: Was ist Kulturchristentum? Antworten mit Zitat

Ich verstehe mich als Kulturchrist, wie ich ja schon an einer Stelle gesagt habe. Aber was ist genau ein Kulturchrist? Ist es die explizite Position, den Glauben an die zweite Stelle zu setzen, ja ihn schlicht zu leugnen, aber das Christentum als Kultur zu betonen?

Ich begreife mich in erster Linie als Kulturchrist, aber ich denke, daß es durchaus auch Gläubige gibt, also glaubende Menschen, die in einer kulturchristlichen Weise sozialisiert worden sind.

Kulturchristentum kann man in zweierlei Weise verstehen: Einmal das Christentum als kulturstiftende Kraft. Dann aber auch als Raum, in dem so etwas wie Kultur gedeiht. Beide Interpretationen sind zulässig, beide sind zweifellos richtig.

Denn so sehr es auch wahr ist, daß es wahre kulturelle Höchstleistungen sind, die das Christentum hervorgebracht hat, so falsch wäre es, diese dem Christentum einfach nur zuzurechnen. Sicher hat Händel großartige Oratorien geschrieben, sicher hat Johann Sebastian Bach großartige Kantaten und Orgelmusik geschrieben - aber bitteschön: Sie waren nun einmal geniale Komponisten - inwieweit christliche Werke tatsächlich christlich inspiriert sind oder dies vielleicht nur vorgeben - diese Frage muß völlig offenbleiben. Aber sicher kann dies im Einzelfall so oder so begründet werden.

Mich interessiert natürlich, wie Forianer zur christlichen Kultur überhaupt stehen. Für mich als Klassikliebhaber ist sie natürlich essentiell, aber auch in der bildenden Kunst ist sie natürlich von sehr großer Bedeutung. Ich bin ein großer Liebhaber klassischer Musik und schreibe auch in einem Klassikforum. Es ist angenehm unreligiös, aber natürlich diskutiert man über religiöse Musik. Es gibt allerdings eine Person die mit dem Nick "DerHerristmeinHirte" nervt. Anderseits gibt es dann wieder eine Person, die unbedingt Chormusik mit Orchester kennen lernen möchte, aber keinesfalls mit Jesus und Maria, womit dann natürlich 99% der Klassikliteratur einfach weg fallen. Das muß natürlich jeder selber wissen.

Ich muß sagen, daß ich einen Großteil christlicher Kultur sehr zu schätzen weiß. Den religiösen Hintergrund schätze ich als mythische Inspirationsquelle. Kulturell interessierte Religionshasser tun mir da einfach leid. Es muß schon schlimm sein, in jeder geistlichen Messe so etwas zu sehen wie eine "Stalinhymne", die eigentlich auf den Index gehört. Natürlich halte ich einen solchen Standpunkt auch nicht für richtig, entscheidend aber ist wirklich, daß mir solche Leute einfach nur leid tun. Natürlich gibt es auch so etwas wie "religiösen Kitsch". Und natürlich gibt es auch so etwas wie religiöse Vereinnahmungen. Also meinetwegen bei der Musik Anton Bruckners, der ja ein gläubiger Katholik war, weshalb man aber doch nicht bei jedem seiner Werke eine besondere Gottesnähe heraus hören sollte.

Um zum eigentlichen Thema zurück zu kommen: Ich verstehe mich als Kulturchrist, aber ich denke, ich komme auch aus einer sehr kulturchristlichen Familie. Glaube, ja, der war da, unterlag aber gewissen Schwankungen, wo dann auch schon mal an Gott oder dem Jenseits gezweifelt wurde - aber Orgelmusik oder Kirchenchor oder schöne geistliche Gemälde oder prachtvolle Kirchen doch sehr wichtig waren.

Zu diesem Kulturchristentum bekenne ich mich auch - was auch heißt, daß mir eine farblose und glanzlose scheinrationale Religionspraxis fremd ist, die mir vielleicht bei manchem begegnet, was aus Amerika kommt - sie mich letztenendes auch nicht interessiert. Aus dem selben Grunde kann ich dem Islam als Zivilisation zwar meinen Respekt nicht verweigern und ich kann dem Standpunkt, aus dem religiösen Leben alle Götzen heraus zu werfen, seine Berechtigung nicht verweigern, was man mit den Götzen allerdings auch hinaus wirft, ist die sinnliche Erfahrung von Religion - bis hin zum Weihrauch - und damit auch die Möglichkeit, so etwas wie Religion kulturell zu überprägen. Und sicher gibt es in einer heiligen Messe im Katholizismus auch eine Menge "absurdes Theater" - aber bitteschön: Religion ist ohnehin absurd, sie dann noch absurder zu machen, muß dann nicht schaden.

Auch da bin ich sicherlich auch kulturell geprägt, verteidige aber auch meinen kulturellen Standpunkt, dem eine irrationale Religionspraxis weniger unheimlich ist, als eine scheinrationale. Lieber eine Religion, die geheimnisvoll und heilig ist, als eine Religion, die mir fortwährend zu beweisen versucht, daß sie der einzige vernünftige Standpunkt ist, den man einnehmen kann. Aus eben diesem Grunde mag ich es, wenn Priester besonders salbungsvoll reden und in höheren geistige Sphären schweben und fürchterlich, wenn Religion zu einer bloßen: "In der Bibel steht die Wahrheit und du mußt sie unbedingt glauben" Veranstaltung verkommt.

Und ich mag eine Religion, die an die Sinne apelliert - insbesondere dann natürlich, wenn dabei schöne Musik oder schöne Bilder oder Gebäude heraus kommen - was man natürlich als eine besonders schlimme Form der Manipulation empfinden kann, aber bitte: Je mehr man an die Sinne apelliert, desto mehr läßt man den Verstand in Ruhe.

All dies ist selbstverständlich aus katholischer Sicht geschrieben, wobei ich dem Protestantismus allerdings auch viel abgewinnen kann, nur nicht genug von ihm verstehe. Und selbstverständlich gibt es in jeder Religionsgemeinschaft Fanatiker und die katholischen gehören sicher zu den unangenehmsten. Grundsätzlich mag ich aber eine Religion die geheimnisvoll ist und geheimnisvoll bleibt. Und zur Aura des Geheimnisvollen trägt die Kultur bei. Wo aber das Geheimnis verloren geht, da geht auch die Distanz verloren und Religion wird zum bloßen Rezeptbuch des Lebens und wird plump vertreten als Weltanschauung. Und da geht es dann nicht mehr um den Fanatiker, da tritt für mich eine Religionspraxis in den Vordergrund, die für mich unangenehm wird. Aus all diesen Gründen bin ich ein entschiedener Kulturchrist. Wobei ich die ganze Sache - diesen Standpunkt möchte ich durchaus auch betonen - mit entschiedenem Humor nehme, was aber nicht heißt, daß ich mich nicht trotzdem auf den spirituellen Gehalt etwa eines geistlichen Musikwerks durchaus auch einlassen kann.

Wobei für mich auch klar ist, daß Religionen Mythen transportiert und ich nicht auf einem exklusiven Recht des Christentums, Mythen zu transportieren, bestehe, weil auch andere Kulturen wichtig sind, und auch Mythen anderer Kulturen schön sein können. Nur verstehen wir uns hier im Abendland eben in besonderer Weise über die Mythen des Christentums. Und wer damit den Kontakt verliert, verliert den Kontakt zu seiner Kultur.

Und es kann durchaus sein, daß ich mich als Christ verstehe - in einem Punkt dann aber ganz entschieden nicht: Nämlich daß ich wohl überzeugter Christ bin, aber doch an eine "absolute ethische Wahrheit" - weder in einem theoretischen noch in einem praktischen Sinne - nicht glaube, womit ich mir dann auch jede "Rechthaberei" gegenüber anderen Religionen oder Weltanschauungen auch verbiete. Ob man das Christentum positiv bewertet, liegt im Auge des Betrachters. Und Religionen bietet Richtschnuren an. Wer sich über sie hinweg setzt, kann scheitern, aber daß es doch deshalb meistens intelligentere Überlegungen zu ethischen Fragen gibt, als sie die Religion anzubieten hat - das ist auch klar, und würde von mir auch nie bestritten werden. Aber nicht jeder Mensch ist zu einer intelligenten Haltung überhaupt fähig und viele Menschen brauchen so etwas wie ein Gefühl "absoluter Werte". Und natürlich ist die Sexualmoral der katholischen Kirche nicht vernünftig, aber ist der Gehorsam des gemeinen Katholiken gegenüber Rom wirklich so ausgeprägt? Ich habe es so nicht erlebt. Von diesem Standpunkt kann man die Sache jedenfalls auch sehen - ich weiß da letzlich nicht, ob mir eine vernünftigere Religion letzlich lieber wäre. Lieber sündigen mit schlechtem Gewissen, als nur gehorsam sein. Noch besser natürlich, dem ganzen Sündenunsinn ganz entkommen.

Wie auch immer: Die Vorstellung, von durchaus vernünftigen Menschen zu durchaus vernünftigen Lebensanschauungen erzogen zu werden, wäre mir grundsätzlich nicht unsympathisch gewesen ( allerdings hat alles auf der Welt seine Vor- und Nachteile). Nur kann man sich das nicht immer aussuchen. Es wird auch nie eine Gesellschaft geben, in der es irgendwo eine geistige Oberklasse gibt, die für sich existiert und vernünftige Ansichten hat und dann irgendwo eine geistige Unterklasse, die zu irgend einer Vernunft sowieso nicht fähig ist und die dann irgendwie ruhig gestellt wird. Leider haben dumme Eltern kluge Kinder, kluge Eltern dumme, dumme dumme usw. All das durchmischt sich ständig und viele Menschen leiden an einer durchaus dummen Umwelt, und eine kluge Umwelt verzweifelt an der Dummheit eines ihrer Mitglieder. Vor diesem Hintergrund gehört die Frage nach Religion und auch Religionspraxis auf die Tagesordnung. Religion abschaffen zu wollen hielte ich für illusionär. Wobei mir Mythenfeindlichkeit sowieso fremd ist, es mir allerdings auch lieber wäre, wenn man in Mythen nichts weiter sehen müßte als "hübsche Geschichten", die einen vielleicht "kulturell anregen", ohne daß man sie bitter ernst nimmt. Insofern kommt mir dann das Kulturchristentum entgegen, immerhin bedeutet dies Mythen künstlerisch zu überhöhen. Positiv finde ich auch, daß es dieser Kultur auch immer gelungen ist, Mythen anderer Kulturen kulturell zu integrieren, sei es Wagner Ring der Nibelungen oder griechische Mythologien. Händel etwa hat in seiner Mehrzahl geistliche Oratorien geschrieben, aber auch Oratorien mit griechischem Ursprung.

Ich werde weitschweifig. Ich persönlich denke, daß wir eine zivilisatorisch sehr weit entwickelte Gesellschaft sind, deren Umgang mit Religion sehr weit entwickelt ist. An der Dummheit der Leute ändert das gar nichts, die sind hier auch nicht klüger als Leute selbst in den barbarischsten und rückständigsten Gesellschaften. Vor diesem Hintergrund seinen Frieden mit der christlichen Kultur zu machen, erschiene mir vernünftig, was nicht unbedingt heißen muß, sie "mögen" zu müssen oder sich zum Christentum zu bekennen, jeder kann dazu stehen wie er will. Und in der kulturellen Überhöhung von Religion sollte man keinesfalls eine besondere Propagandamaschinerie zugunsten dieser Religion sehen, sondern eher einen Verbündeten im Ziel ihrer zivilisatorischen Bändigung.

Gruß Malcolm
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Ohne die Musik wäre das Leben ein Irrtum.

"Das beste, was du weißt, kannst du den Buben doch nicht sagen." ( Goethe)
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Argáiþ
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Anmeldungsdatum: 27.01.2007
Beiträge: 12486

Beitrag(#1164718) Verfasst am: 28.12.2008, 05:01    Titel: Antworten mit Zitat

Das ist jetzt kein Versuch, wirklich auf das von dir Gesagte einzugehen, aber gerade als Fan klassischer Musik kann man die Motivation gewinnen, sich zu fragen, was ohne das Christentum möglich gewesen wäre. Die Beauftragung von Talenten zB sagt nichts darüber aus, ob eine die Kultur dominierende Tradition es auch leisten kann, Talente hervorzubringen. Es spricht eigentlich nichts dafür, dass das Christentum an Bach, Mozart, etc. irgendwie essentiell beteiligt war, selbst wenn man berücksichtigt, dass das Christentum mit christlicher Kultur nicht gleichzusetzen ist.
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Kramer
postvisuell



Anmeldungsdatum: 01.08.2003
Beiträge: 30878

Beitrag(#1164726) Verfasst am: 28.12.2008, 05:47    Titel: Antworten mit Zitat

Wenn man Kultur nicht als nur als zeitgenössische Kultur oder als Kultur Gleichgesinnter versteht, dann ist jede Verbindung zur Geschichte der eigenen Kulturgeschichte eine Verbindung zur Kultur von anders denkenden, anders lebenden und anders empfindenden Menschen. Aber selbst wenn man sich an der zeitgenössischen Kultur orientiert und dort seine persönlichen Fixpunkte sucht, heisst das nicht, dass man mit den Menschen, die diese Fixpunkte auf sich vereinen, in allen Fragen übereinstimmt. Wäre Douglas Adams ein schlechterer Autor, wenn er ein liberaler Christ gewesen wäre, der es mag, Witze über seinen Glauben zu machen? Ist Paul McCartney ein besserer Musker, weil er Vegetarier ist? Ist Brecht ein schlechter Lyriker, weil er Marxist war? Ist die Musik von Daniel Lanois, die ich liebe. Gift für mch, weil er Christ ist? Darf ich die lustigen Lethal-Weapon-Filme nicht mehr schauen, weil Mel Gibson religiös durchgeknallt ist?
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Argáiþ
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Anmeldungsdatum: 27.01.2007
Beiträge: 12486

Beitrag(#1164731) Verfasst am: 28.12.2008, 06:06    Titel: Antworten mit Zitat

Ganz genau. Volle Zustimmung.
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GermanHeretic
Individualoptimist & Kulturpessimist



Anmeldungsdatum: 16.06.2004
Beiträge: 4932

Beitrag(#1164754) Verfasst am: 28.12.2008, 11:07    Titel: Re: Was ist Kulturchristentum? Antworten mit Zitat

Malcolm hat folgendes geschrieben:
Mich interessiert natürlich, wie Forianer zur christlichen Kultur überhaupt stehen. [...] Wobei für mich auch klar ist, daß Religionen Mythen transportiert und ich nicht auf einem exklusiven Recht des Christentums, Mythen zu transportieren, bestehe, weil auch andere Kulturen wichtig sind, und auch Mythen anderer Kulturen schön sein können. Nur verstehen wir uns hier im Abendland eben in besonderer Weise über die Mythen des Christentums. Und wer damit den Kontakt verliert, verliert den Kontakt zu seiner Kultur.

Bei Kunst kann man neben dem Inhalt ja auch die Form würdigen. Ich höre z.B. z.Z. gerne "Ad honorem tui Christi" und "Dum pater familias", wunderschöne Musik, nur beim Text fällt einem das Essen aus dem Gesicht. Aber das geht mir bei der sowjetischen Nationalhymne genauso.
Mit den Mythen ist das so eine Sache. Die christlichen Mythen stammen zu einem großen Teil aus einer anderen Kultur, und ich konnte mit den griechischen und germanischen schon immer mehr anfangen als mit den sauertöpfischen Geschichten aus der Wüste, die obendrein eine sehr zweifelhafte Moral predigen.
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"Nehmen Sie einem Durchschnittsmenschen die Lebenslüge, und Sie nehmen ihm zu gleicher Zeit das Glück." (Henrik Ibsen)
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#1164780) Verfasst am: 28.12.2008, 12:00    Titel: Antworten mit Zitat

Auch ich kenne das Problem, daß ich beispielsweise eine geniale Komposition wie Bach's Matthäus-Passion leider nur mit pervers-zerknirschten Texten wie dem folgenden hören kann:

Zitat:
Ich bin’s, ich sollte büssen,
An Händen und an Füssen
Gebunden in der Höll‘.
Die Geisseln und die Banden,
Und was Du ausgestanden,
Das hat verdienet meine Seel‘.
...
Was ist dir Ursach‘ aller solcher Plagen?
Ach, meine Sünden haben Dich geschlagen.
Ich, ach Herr Jesu, habe dies verschuldet,
Was Du erduldet!

Da es sich aber um eine Kunstform handelt, kann ich das - mit einer gewissen Abscheu - tolerieren und mich dennoch an den Klängen freuen.

@malcolm: Mit Deinem langen Beitrag kann ich ansonsten nicht viel anfangen, er besteht ja im wesentlichen aus der wortreichen Versicherung, daß Du Religion gut findest.
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Arena-Bey
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Anmeldungsdatum: 29.01.2008
Beiträge: 1460

Beitrag(#1164787) Verfasst am: 28.12.2008, 12:20    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Auch ich kenne das Problem, daß ich beispielsweise eine geniale Komposition wie Bach's Matthäus-Passion leider nur mit pervers-zerknirschten Texten wie dem folgenden hören kann:

Zitat:
Ich bin’s, ich sollte büssen,
An Händen und an Füssen
Gebunden in der Höll‘.
Die Geisseln und die Banden,
Und was Du ausgestanden,
Das hat verdienet meine Seel‘.
...
Was ist dir Ursach‘ aller solcher Plagen?
Ach, meine Sünden haben Dich geschlagen.
Ich, ach Herr Jesu, habe dies verschuldet,
Was Du erduldet!

Da es sich aber um eine Kunstform handelt, kann ich das - mit einer gewissen Abscheu - tolerieren und mich dennoch an den Klängen freuen.



ja, ja Papa Bach und der Text. Vielleicht soltest du mal in die Musikwissenschaft eintauchen, step und die Genialität erkenen, mit der Bach selbst den - in deinem Sinne, nicht in seinem Sinne und erist schließlich der Komponist zwinkern - "verquasten" Text in Musikalität umsetzt. Das liegt an der Vokalisierung der Musik, wo jeder Ton sich auf die Vokale des Textes "einschmeichelt" ...genial..außerdem war Bach ein im Glauben verwurzelter Musiker, der vielleicht deshalb zu solch einem Werk inspiriert wurde zwinkern
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CoS
Antitheist



Anmeldungsdatum: 10.07.2005
Beiträge: 2734

Beitrag(#1164856) Verfasst am: 28.12.2008, 15:24    Titel: Antworten mit Zitat

Die Frage die sich doch stellt: Ist das Christentum für dieses kulturelle Erbe zwingend notwendig und war es der alleinige oder zumindest ausschlaggebende Grund warum es entstand?

Um zu sagen wie "großartig" das kulturelle Erbe des Christentums ist, braucht man einen direkten Vergleich wie es wäre, wenn das Christentum nie existiert hätte! Des weiteren haben auch andere Religionen, selbst die ausgestorbenen, immer die Kultur beeinflusst. So sind doch unsere heutigen "christlichen" Feiertage gar nicht so christlich wie sie scheinen. Es waren Feiertage der alten Religionen, die vom Christentum einfach vereinnahmt wurden!
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reign
bla bla



Anmeldungsdatum: 21.07.2006
Beiträge: 1880

Beitrag(#1164879) Verfasst am: 28.12.2008, 16:21    Titel: Re: Was ist Kulturchristentum? Antworten mit Zitat

Malcolm hat folgendes geschrieben:
Mich interessiert natürlich, wie Forianer zur christlichen Kultur überhaupt stehen.
Naja, sie ist für mich nur von geringem Interesse, ausser wenn ich sie hasse, weil sie mir im Weg steht.
Zitat:
Ich persönlich denke, daß wir eine zivilisatorisch sehr weit entwickelte Gesellschaft sind, deren Umgang mit Religion sehr weit entwickelt ist.
Ich bezweifle dass "wir" eine zivilisatorisch weit entwickelte Gesellschaft sind, und möchte auch ihren Umgang mit Religion nicht als 'weit entwickelt' titeln.
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Malcolm
Ekelpaket



Anmeldungsdatum: 25.07.2007
Beiträge: 1231
Wohnort: Hamburg

Beitrag(#1164890) Verfasst am: 28.12.2008, 16:37    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Auch ich kenne das Problem, daß ich beispielsweise eine geniale Komposition wie Bach's Matthäus-Passion leider nur mit pervers-zerknirschten Texten wie dem folgenden hören kann:

Zitat:
Ich bin’s, ich sollte büssen,
An Händen und an Füssen
Gebunden in der Höll‘.
Die Geisseln und die Banden,
Und was Du ausgestanden,
Das hat verdienet meine Seel‘.
...
Was ist dir Ursach‘ aller solcher Plagen?
Ach, meine Sünden haben Dich geschlagen.
Ich, ach Herr Jesu, habe dies verschuldet,
Was Du erduldet!

Da es sich aber um eine Kunstform handelt, kann ich das - mit einer gewissen Abscheu - tolerieren und mich dennoch an den Klängen freuen.

@malcolm: Mit Deinem langen Beitrag kann ich ansonsten nicht viel anfangen, er besteht ja im wesentlichen aus der wortreichen Versicherung, daß Du Religion gut findest.


Ganz so einfach wäre meine Position dann allerdings doch nicht, was Dir auch klar sein müßte, wenn Du meinen Beitrag etwas genauer gelesen hättest. Der von Dir zitierte Text aus der Matheuspassion von Bach trifft mein Lebensgefühl auch nicht so gerade. Allerdings KÖNNEN mich religiöse Texte berühren - in vielen Fällen lassen sie mich auch einfach nur kalt. Ist dies auch Konditionierung, daß man über die Absurdität mancher Texte auch einfach nicht nachdenkt? Mag sein.

Der christlichen Fixierung auf "Christi Leiden" stehe ich sehr distanziert gegenüber. Sie ist Religion. Natürlich kann es einem irgendwie leid tun, daß jemand elendig am Kreuz verreckt. Aber warum ich es dann trotzdem so wichtig nehmen soll, daß Jesus am Kreuz starb, weiß ich letztenendes nicht. Viele Menschen sind am Kreuz gestorben, viele Menschen haben gelitten, viele Menschen leiden auch heute noch, werden gefoltert, gequält und getötet. Diese Tatsache ist etwas, was einen wirklich berühren kann. Um Jesus haben wir nun wirklich ein bißchen zu viel getrauert - man kann auch alles übertreiben. Aber geht es in der Religion darum? Ich glaube nicht, ich glaube, daß die meisten Christen zu "Christi Leiden" gar keine genuine Beziehung haben, weil das absurd wäre, also geht es dabei in Wirklichkeit um Transformation in Religion und deshalb würde ich religiöse Texte auch nicht so furchtbar ernst nehmen. Ich kaufe es keinem Christen - auch nicht dem extremst gläubigen - ab, daß er um "Christi Leiden" wirklich trauert. Weil dies schlicht absurd ist. Aber "spiegeln" kann man sich in Christi Leiden schon.

Und man kann schon argumentieren, daß einen die Fixierung auf "Christi Leiden" auch unempfindlich gegenüber dem realen Leiden macht. Insofern bin ich einer geschmackvollen Interpretation der christlichen Leidensgeschichte gegenüber offen, während ich eine besonders blutige, besonders schreckliche dann eher als christliche Propaganda empfinde. Aber dies geht immer auch irgendwie ineinander über.

Jedenfalls bin ich einer kritischen Sicht auf Religion gegenüber immer auch offen - sie ist auch für mich selber wichtig. Und insofern sehe ich meinen Standpunkt in einem simplen "die Religion gut finden" auch nicht wieder gegeben.

Ansonsten freue ich mich aber, daß dieses Forum gegenüber der christlichen Kultur keine so extremistischen Ansichten vertritt, über die Distanzierung auch gegenüber christlichen Gehalten ließe sich ja reden. Allerdings denke ich, daß ein gewisses "sich einlassen" auf christliche Kultur auch nicht verkehrt ist, sie kann mit dem Verzicht auf Distanz auch nicht verwechselt werden. Das hat auch mit Empathie zu tun: Gewisse Kultur ist mir geradezu heilig, weil sie eine Beziehung zum Heiligen spiegelt - ob ich selber daran glaube, ist eine andere Frage.

Was aber "Einlassen" genau bedeutet, darüber müßte man sich verständigen. Wenn ich einen Film sehe, lasse ich mich auch auf ihn ein, das heißt: Zu einem gewissen Grade glaube ich an die Realität seines Geschehens. Dies kann dann absurde Züge annehmen, wenn etwa eine Zeitung schreibt "Derrick ist tot". Allerdings wird man an einem Spielfilm auch keinen rechten Genuß haben, wenn man sich fortwährend einredet: Das ist ja bloß eine Illusion. Insofern denke ich nun, daß ich es als schön empfinde, zur christlichen Kultur soweit Bezug zu haben, daß ich mich auf sie einlassen kann. Der Begriff "das Heilige" etwa hat für mich noch einen realen Gehalt. Und ich finde es dann schade, wenn solche Gehalte völlig verloren gehen. Und insofern finde ich eine atheistische Haltung problematisch, die praktisch jeden "Restbestand an Religiösität" auslöschen will, gerade solche "Restbestände" sind wichtig, um zum religiösen Gehalt überhaupt noch einen Bezug zu haben.

Gruß Malcolm
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Rasmus
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Beitrag(#1164897) Verfasst am: 28.12.2008, 16:49    Titel: Re: Was ist Kulturchristentum? Antworten mit Zitat

Malcolm hat folgendes geschrieben:
...


Geht das auch etwas prägnanter?

Was willst du sagen?
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Raphael
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Beiträge: 8362

Beitrag(#1164930) Verfasst am: 28.12.2008, 17:49    Titel: Antworten mit Zitat

Ich kann den Gedanken, der hier als Kulturchristentum definiert wird, nachvollziehen. Er findet sich in ähnlicher Weise bei Menschen, die sich wegen ihrer Abstammung als Juden betrachten, aber überhaupt nicht religiös sind. Marcel Reich-Ranicki fällt mir da als Paradebeispiel ein. Für ihn ist der Begriff Jude weder ein religiöser noch ein rassischer, sondern ein kultureller.
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Mai
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Anmeldungsdatum: 06.09.2005
Beiträge: 876
Wohnort: zu Hause

Beitrag(#1164964) Verfasst am: 28.12.2008, 19:01    Titel: Antworten mit Zitat

Malcolm hat folgendes geschrieben:
Was ist Kulturchristentum?

Der Versuch, ein langweiliges Christentum doch noch irgendwie interessant zu machen. Cool

Malcolm hat folgendes geschrieben:
... Mich interessiert natürlich, wie Forianer zur christlichen Kultur überhaupt stehen. ...

Ich habe mich von der christlichen Kultur zur Kultur weiterentwickelt:

In einem schönen Landschaftsbild muß für mich kein Kreuz mehr hineingemogelt werden.
Musik muß für mich nicht mehr verkirchlicht werden.
Mein Tempel ist das Universum, Kirchen sind zu klein und eng.
Interessante Texte müssen für mich nicht mehr gebibelt und verjesust werden.

Ich brauche kein christliches Wasser; Wasser genügt mir.
Brot ist mir lieber als christliches Brot.
Liebe gefällt mit besser als christliche Liebe.
Barmherzigkeit muß nicht christlich frisiert werden.

Christliche Anzüge sind für mich zu klein geworden.
Christentum sehe ich als einen Käfig an, dem ich entronnen bin.

'Christliche Kultur' ist ein anderer Name für 'Raubtierchristentum'.
Nachdem dem das Raubtier 'Christentum' viele Kulturen kaputt gemacht und Millionen Andersdenkende getötet hat, möchte es jetzt geliebt werden.
'Christliche Kultur' möchte die naiven und unwissenden Menschen einlullen, die christliche Vergangenheit vergessen machen.

Christliche Kultur ist etwas für Christen, die es nicht geschafft haben, ihr Christentum voll zu hinterfragen. Cool
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step
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Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#1164993) Verfasst am: 28.12.2008, 19:40    Titel: Antworten mit Zitat

Arena-Bey hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Auch ich kenne das Problem, daß ich beispielsweise eine geniale Komposition wie Bach's Matthäus-Passion leider nur mit pervers-zerknirschten Texten wie dem folgenden hören kann: ...

Da es sich aber um eine Kunstform handelt, kann ich das - mit einer gewissen Abscheu - tolerieren und mich dennoch an den Klängen freuen.

ja, ja Papa Bach und der Text. Vielleicht soltest du mal in die Musikwissenschaft eintauchen, step ...

Das habe ich bereits getan.

Arena-Bey hat folgendes geschrieben:
... und die Genialität erkenen, mit der Bach selbst den - in deinem Sinne, nicht in seinem Sinne und erist schließlich der Komponist zwinkern - "verquasten" Text in Musikalität umsetzt. Das liegt an der Vokalisierung der Musik, wo jeder Ton sich auf die Vokale des Textes "einschmeichelt" ...genial..

Ich habe kein Problem mit den schönen Vokalen des Textes oder mit der Umsetzung in Musik, sondern mit dem Inhalt. Zudem ging es ja nicht um Bachs Sicht des Textes, sondern malcom hatte nach der Sicht der Foristen gefragt.

Arena-Bey hat folgendes geschrieben:
... außerdem war Bach ein im Glauben verwurzelter Musiker, der vielleicht deshalb zu solch einem Werk inspiriert wurde.

IdZ ist es interessant zu wissen, daß Bach auch mal ganz gerne bereits im Auftrag von Fürsten komponierte Lobes- und Demutsarien danach mit anderem Text (oder in einigen Fällen gar mit demselben Text) in religiösen Kantaten und Passionen recycelte. Zudem gibt es die Anekdote, daß er als Organist ganz gern während der langweiligen Predigt verschwand und die Zeit im Wirtshaus verbrachte, bevor er pünktlich wieder zur Orgel zurückkehrte.

Aber wie gesagt, es ging ja überhaupt in keinster Weise um Bachs Motivation, sondern um MEIN Kulturchristentum.
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Argáiþ
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Beiträge: 12486

Beitrag(#1165200) Verfasst am: 28.12.2008, 23:21    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:

Da es sich aber um eine Kunstform handelt, kann ich das - mit einer gewissen Abscheu - tolerieren und mich dennoch an den Klängen freuen.


Das verstehe ich niccht ganz, mir ist das völlig egal, wenn man bedenkt zu welcher Zeit der Text verfasst worden ist. Bei moderner Musik mit christlichem Inhalt hingegen ist das bedeutend anders, ich glaube nicht, dass ich sowas hören könnte.
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Malcolm
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Anmeldungsdatum: 25.07.2007
Beiträge: 1231
Wohnort: Hamburg

Beitrag(#1165233) Verfasst am: 28.12.2008, 23:49    Titel: Antworten mit Zitat

Argaith hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:

Da es sich aber um eine Kunstform handelt, kann ich das - mit einer gewissen Abscheu - tolerieren und mich dennoch an den Klängen freuen.


Das verstehe ich niccht ganz, mir ist das völlig egal, wenn man bedenkt zu welcher Zeit der Text verfasst worden ist. Bei moderner Musik mit christlichem Inhalt hingegen ist das bedeutend anders, ich glaube nicht, dass ich sowas hören könnte.


Und warum? Künstler lassen sich auch in modernen Zeiten von der Religion inspiririeren. Im moment feiern wir gerade den 100. Geburtstag von Oliver Messiaen, eine günstige Gesamteinspielung ist auf dem Markt und ich überlege mir schon, diese zu holen. Messiaen gehört zu den bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts, musikalisch durchaus nicht rückwärtsgewandt, aber durchaus katholisch. Warum sollte man sich mit dieser Musik nicht auseinandersetzen, nur weil sie teilweise religiös inspiriert ist?
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Beitrag(#1165239) Verfasst am: 28.12.2008, 23:53    Titel: Antworten mit Zitat

Step hat vielleicht biographiebedingt eine besondere Abscheu vor christlichen Themen, mir geht das nicht ganz so, obwohl auch Abscheu im Spiel ist. Ich empfinde das eher als Okkupation von Kunst und Talent für diesen Religionsschmalz und da vergeht es mir einfach. Außerdem bin ich nicht grundlos Atheist, ich lehne den Gottesglauben ab, weil ich ihn für bescheuert halte und es mich anödet, weshalb sollte das bei Musik grundsätzlich anders sein? Wie gesagt stört es mich nicht, wenn es sich um alte Musik handelt.
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atheist666
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Beitrag(#1165248) Verfasst am: 29.12.2008, 00:00    Titel: Antworten mit Zitat

Eine feste Burg ist unser Gott. Geht noch in Ordnung; schlecht wird mir immer bei den Mitklatschliedern der Freien Evangolen Erbrechen
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Malcolm
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Beitrag(#1165252) Verfasst am: 29.12.2008, 00:05    Titel: Antworten mit Zitat

Gerade in der Musik kann ich die Okkupation von Talent durch Religion nicht sehen. Bei Literatur gelegentlich schon; es ist zwar legitim, wenn man sein Talent in den Dienst der Religion stellt, anderseits kann es auch traurig sein, wenn man sich auf diese Weise entweder seinen Verstand verdirbt oder aber zum Propagandisten einer Sache wird, an die man selber nicht glaubt. Aber in der Musik?

Viele Menschen sind gerne religiös und Musiker sind durch Religion auch angeregt worden, Messiaen nun ganz sicher. Messiaen hat im Frankreich des 20. Jahrhunderts gelebt, zur Religiösität gezwungen hat ihn keiner. Wenn jemand durch andere Quellen angeregt wird, ist das ja auch in Ordnung, nur warum soll man diese Anregung verleugnen und stigmatisieren? Und "Religionsschmalz" gibt es, auch durchaus musikalischen, nur auch eine durchaus geniale Umsetzung spiritueller Anregungen.
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Argáiþ
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Beitrag(#1165259) Verfasst am: 29.12.2008, 00:12    Titel: Antworten mit Zitat

Das kannst du sehen wie du willst. Du kannst in einem Atheistenforum nicht erwarten, dass die Leute großartig nette Dinge über das Christentum sagen. Ich hatte diesbezüglich früher ein schlechtes Gewissen, ob mancher (weniger) anwesender Christen, aber irgendwie sehe ich das nicht mehr ein.
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Malcolm
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Beitrag(#1165267) Verfasst am: 29.12.2008, 00:27    Titel: Antworten mit Zitat

Argaith hat folgendes geschrieben:
Das kannst du sehen wie du willst. Du kannst in einem Atheistenforum nicht erwarten, dass die Leute großartig nette Dinge über das Christentum sagen. Ich hatte diesbezüglich früher ein schlechtes Gewissen, ob mancher (weniger) anwesender Christen, aber irgendwie sehe ich das nicht mehr ein.


Also Atheisten sind schon sehr unterschiedlich. Als in jungen Jahren meine Eltern unbedingt zum Atheismus bekehren wollte, war es ein sozialisierter Atheist, der mir das Vorhaben wieder ausgeredet hat. Ich erwarte auch gar nicht, daß die Leute hier großartig nette Dinge über das Christentum sagen. Und die Christen, die hier schreiben, sind hartgesotten. Wer hier als Christ schreibt, hat selber schuld. Ich persönlich mag die kontroverse Diskussion. Und daß Du früher ein schlechtes Gewissen hattest wegen den anwesenden Christen finde ich wirklich ganz rührend. Allerdings gibt es hier schon soviele Leute, die das Christentum durchaus nicht ausstehen können, es wäre nun wirklich langweilig, mich nun auch noch auf diesen Standpunkt zu stellen. Cool
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Argáiþ
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Beitrag(#1165277) Verfasst am: 29.12.2008, 00:41    Titel: Antworten mit Zitat

Malcolm hat folgendes geschrieben:
Argaith hat folgendes geschrieben:
Das kannst du sehen wie du willst. Du kannst in einem Atheistenforum nicht erwarten, dass die Leute großartig nette Dinge über das Christentum sagen. Ich hatte diesbezüglich früher ein schlechtes Gewissen, ob mancher (weniger) anwesender Christen, aber irgendwie sehe ich das nicht mehr ein.


Also Atheisten sind schon sehr unterschiedlich. Als in jungen Jahren meine Eltern unbedingt zum Atheismus bekehren wollte, war es ein sozialisierter Atheist, der mir das Vorhaben wieder ausgeredet hat. Ich erwarte auch gar nicht, daß die Leute hier großartig nette Dinge über das Christentum sagen. Und die Christen, die hier schreiben, sind hartgesotten. Wer hier als Christ schreibt, hat selber schuld. Ich persönlich mag die kontroverse Diskussion. Und daß Du früher ein schlechtes Gewissen hattest wegen den anwesenden Christen finde ich wirklich ganz rührend. Allerdings gibt es hier schon soviele Leute, die das Christentum durchaus nicht ausstehen können, es wäre nun wirklich langweilig, mich nun auch noch auf diesen Standpunkt zu stellen. Cool


Das musst du nicht rührend finden.
Es geht dabei um ein Minimum an Willen zu einem toleranten und freiheitlichen Diskussionsklima, aber es ist kein Problem mehr für mich, zu akzeptieren, dass ich vielleicht etwas intolerant bin, daher ist mir der Anspruch an Offenheit nicht mehr so wichtig. Mist ist vor allem auch, dass das Forum wohl ein Problem hätte, wenn hier keine Religiösen mehr auftauchen würden, deren Weltsicht man sezieren kann, insofern hast du nicht ganz Unrecht.
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Malcolm
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Beitrag(#1165318) Verfasst am: 29.12.2008, 01:45    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Argaith,

ja, diese Angriffsfläche einer "sezierbaren Weltanschauung" biete ich so nicht, weil ich überhaupt keinen Zweifel daran habe, daß das Christentum zwar nicht "sinnlos" ist, aber durch und durch irrational. In Frage zu stellen ist meine Haltung selbstverständlich trotzdem. Im übrigen bin ich auch kein Anhänger des Irrationalismus, in dieser Hinsicht möchte ich auch nicht mißverstanden werden. Allerdings mag ich es schon, wenn Menschen "in gewissen Hinsichten" auch "irationale Felder" haben. Hier kommen wir dann wieder auf das Kulturchristentum zurück. In der Kunst nämlich ist, finde ich, gegen eine irrationale Haltung rein gar nichts zu sagen, Kunst hat nun mal mit dem Rationalen rein gar nichts zu tun, wenn auch Kunst dabei sehr verschiedene Ausprägungen haben mag. Und eine Kunst, die religiös irrational inspiriert ist, kann durchaus faszinierend sein.

Ansonsten bin ich durchaus ein Freund vernünftiger Argumentation, ob nun mit oder ohne Bibelbezug, jedenfalls muß ein Argument, das jemand bringt, für mich einsichtig sein. Insofern versuche ich mit Menschen rational zu argumentieren, egal, ob sie Christen oder Atheisten sind. Ich bin zum Beispiel der Meinung, daß sich jemand einer ethischen Argumentation letzlich nicht entziehen kann und auf eine religiöse Diskussion lasse ich mich da gar nicht ein, Religion ist Privatsache ( was man allerdings auch nicht zu eng auslegen sollte), ethische Diskussionen sind es aber letztenendes nicht. Das Problem vieler Christen ist es, daß sie Religion mit Ethik verwechseln, etwas ist gut, weil Gott es so befohlen hat. Natürlich ist eben dies KEINE moralische Argumentation, aber die meisten Christen sind doch nicht derart, daß sie letzlich wirklich jenseits jeder moralischen Argumentation stünden, letzlich moralisieren auch sie und auf dieser Ebene lassen sie sich auch beeinflussen.

Aber mal ganz abgesehen davon: Ich bin und war schon immer jemand, der zwischen Religion und Atheismus, zwischen Vernunft und Christentum auch immer sehr geschwankt hat. Das war immer schon so und ich denke, das wird auch immer so bleiben. Nun, Nietzsche hat mal vom Gesellschaftsbau des Individuums gesprochen und dies ist wohl auch so. Zwar kann man nicht beides gleichzeitig sein, aber es kann durchaus so sein, daß ich mich in eine gewisse Diskussion nur unter Zugrundelegung der Vernunft hinein begebe, in eine andere unter Bezug aufs Christentum. Dies klingt so, als redete ich allen nach dem Munde, aber es ist ganz im Gegenteil so, daß ich in gewissen Situationen immer auch gerne die Gegenposition übernehme.

Gruß Malcolm
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Argáiþ
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Beitrag(#1165324) Verfasst am: 29.12.2008, 01:56    Titel: Antworten mit Zitat

Naja, wie soll ich sagen: Ich glaube, dass du kaum ein wahres Wort von dir gibst. Du sagst, du warst Atheist und bist jetzt (wieder?) Christ, einfach aus Jux und Dollerei, weil du unbedingt das Gefühl haben musst, den Irrationalismus in deinem Leben unterzubringen? Lachen
Hat man dir den Leitfaden für Missionare schon anempfohlen?
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Hope
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Beitrag(#1165339) Verfasst am: 29.12.2008, 02:26    Titel: Antworten mit Zitat

Argaith hat folgendes geschrieben:
Naja, wie soll ich sagen: Ich glaube, dass du kaum ein wahres Wort von dir gibst.


Lügenvorwürfe hast du offenbar immer schnell zur hand zynisches Grinsen

Zitat:

Du sagst, du warst Atheist und bist jetzt (wieder?) Christ, einfach aus Jux und Dollerei,


ne, nicht jux und dollerei, er hat doch ausführlich erklärt, dass er unsere Kultur für erhaltenswert hält.
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Argáiþ
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Beitrag(#1165340) Verfasst am: 29.12.2008, 02:29    Titel: Antworten mit Zitat

Ach Gottchen, man muss doch kein Christ sein, um unsere Kultur zu erhalten Mit den Augen rollen Das wird ja schon fast totalitär langsam.
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Hope
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Beitrag(#1165342) Verfasst am: 29.12.2008, 02:31    Titel: Antworten mit Zitat

Malcolm hat folgendes geschrieben:

Aber mal ganz abgesehen davon: Ich bin und war schon immer jemand, der zwischen Religion und Atheismus, zwischen Vernunft und Christentum auch immer sehr geschwankt hat. Das war immer schon so und ich denke, das wird auch immer so bleiben. Nun, Nietzsche hat mal vom Gesellschaftsbau des Individuums gesprochen und dies ist wohl auch so. Zwar kann man nicht beides gleichzeitig sein, aber es kann durchaus so sein, daß ich mich in eine gewisse Diskussion nur unter Zugrundelegung der Vernunft hinein begebe, in eine andere unter Bezug aufs Christentum. Dies klingt so, als redete ich allen nach dem Munde, aber es ist ganz im Gegenteil so, daß ich in gewissen Situationen immer auch gerne die Gegenposition übernehme.

Gruß Malcolm


Du meinst Vernunft und Christentum stehen sich gegenüber? Ich hoffe das Du das nochmal möglichst vorurteilsfrei überprüfen wirst. Du solltest Dich schon von Deiner Vernunft leiten lassen und ich denke das hast Du doch auch bis hierhin getan zwinkern Ich habe jedenfalls nicht den Eindruck Du wüsstest nicht was Du da tust, oder?
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Hope
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Beitrag(#1165343) Verfasst am: 29.12.2008, 02:32    Titel: Antworten mit Zitat

Argaith hat folgendes geschrieben:
Ach Gottchen, man muss doch kein Christ sein, um unsere Kultur zu erhalten Mit den Augen rollen Das wird ja schon fast totalitär langsam.


meinst du auch unsere chrsitliche Kultur? Oder von welcher redest Du?
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Argáiþ
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Beitrag(#1165345) Verfasst am: 29.12.2008, 02:38    Titel: Antworten mit Zitat

Hope hat folgendes geschrieben:
Argaith hat folgendes geschrieben:
Ach Gottchen, man muss doch kein Christ sein, um unsere Kultur zu erhalten Mit den Augen rollen Das wird ja schon fast totalitär langsam.


meinst du auch unsere chrsitliche Kultur? Oder von welcher redest Du?


Ja sicher. Natürlich komme ich als Atheist nicht umhin, sie auch zu einem gewissen Grad zerstören zu wollen. Allerdings habe ich da keine Bedenken, da Religion nur ein Teil unserer heutigen Kultur ist. Im Mittelalter war die ganze Gesellschaft, der Alltag und das Denken der Menschen völlig religiös durchdrungen (wobei es übrigens auch im Mittelalter Atheismus gab). So eine Kultur würde ich heutzutage für zerstörenswert halten.
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Agnost
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Beitrag(#1165347) Verfasst am: 29.12.2008, 02:47    Titel: Antworten mit Zitat

Hope hat folgendes geschrieben:
Argaith hat folgendes geschrieben:
Naja, wie soll ich sagen: Ich glaube, dass du kaum ein wahres Wort von dir gibst.


Lügenvorwürfe hast du offenbar immer schnell zur hand zynisches Grinsen

Zitat:

Du sagst, du warst Atheist und bist jetzt (wieder?) Christ, einfach aus Jux und Dollerei,


ne, nicht jux und dollerei, er hat doch ausführlich erklärt, dass er unsere Kultur für erhaltenswert hält.


Sagen wir mal Malcolm würde einfach nur sagen er sei Mittendrinn schwankend zwischen Atheismus und Christlichem Glauben, dann hätte er es als zweifelnder Agnostiker einfacher, verstanden zu werden.

Ist zwar eine reichlich uncoole Position, aber in Europa weitverbreitet und aus so einer Positionierung der Unsicherheit, würden ihm eben Ungereimtheiten in seiner Argumentation sachlich von Atheisten genauso vorgehalten werden, sie träffen aber auf mehr Verständnis.

Die Kultur Westeuropas zeichnete sich gerade in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg durch eine zunehmende Säkularisierung aus. Sie erlaubte bisher fast jedes Jahrzehnt in fast allen Ländern immer mehr Menschen nach ihrer eigenen Façon seelig zu werden.
Dies auch, weil der moralische Oberanspruch der katholischen und evangelischen (protestantisch und reformiert) gebrochen wurde.

Diesen Zustand geniessen meines Wissens auch sehr viele Christen.

Agnost

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