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der Berliner registrierter User
Anmeldungsdatum: 07.09.2007 Beiträge: 35
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(#1278078) Verfasst am: 29.04.2009, 11:20 Titel: Ethikunterricht in Berlin |
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Ausgehend von der Pro-Reli/Pro-Ethik-Diskussion in Berlin
(s. auch http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?t=26693&postdays=0&postorder=asc&&start=0)
soll dieser Thread dazu dienen, konstruktiv an der
Gestaltung des Ethik-Unterrichts in Berlin
mitzuarbeiten.
Dazu schrieb Femina aus Berlin:
Femina hat folgendes geschrieben: |
Ich betrachte es als die nächste Aufgabe, die Inhalte des Ethikunterrichtes mitzugestalten. Meine Gespräche mit vielen Menschen, sowohl online als auch auf der Straße, haben ergeben, dass der Ethikunterricht in der Tat noch verbesserungswürdig ist. Und dieses Feld sollten wir nicht den Kirchen überlassen, sondern eigene Vorschläge einreichen und immer wieder darauf hinweisen, dass die Berliner Pro Reli nicht wünschen.
Ein Konsens ist es, dass es wohl zu wenig Religionskunde gibt. Nichts gegen Religionskunde, sofern sie nicht zur Religionswerbung mutiert. Religionskunde sind für mich so Fragen, wie: Woher kommen Religionen? Wann und wie sind die weit verbreitetsten Religionen entstanden? Wie haben sie sich ausgebreitet? Welche Vor- und Nachteile haben sie den Menschen gebracht? Was sind wesentliche Inhalte dieser Religionen? Wie kann man diese Inhalte unter philosophischem Aspekt und mit Blick auf die Menschenrechte sehen? Welche Vor- und Nachteile bringen uns Religionen heute? Welchen Einfluss haben sie mit ihren Ideologien auf die Politik? Wie werden wichtige politische Fragestellungen, insbesondere aus dem Bereich Bioethik, in verschiedenen Religionen gesehen? Wie erklärt es sich, dass die politischen Entscheidungen in Deutschland auf diesem Gebiet fast immer mit den Antworten der christlichen Religion kompatibel sind? ... |
Dem kann ich mich nur voll anschließen.
Eine (aber nicht die einzige!) Gelegenheit ergibt sich daraus, dass im Dankesschreiben der Bündnisses Pro Ethik an alle UnterstützerInnen folgendes steht:
"...Wir regen deshalb an, aus dem "Bündnis Pro Ethik" heraus wieder ein Forum ("Forum Pro Ethik") zu schaffen, welches Vorschläge zur Konsolidierung und Weiterentwicklung des Ethikunterrichts erarbeitet, in die öffentliche sowie parlamentarische Diskussion einbringt und die Umsetzung konstruktiv begleitet..."
Ich habe jedenfalls vor dort im Rahmen meiner Möglichkeiten mitzuarbeiten, würde aber gern auch eure Anregungen aufgreifen und diskutieren.
Dazu evtl. auch hilfreich: Berliner Rahmenplan Ethik :
http://www.berlin.de/imperia/md/content/sen-bildung/schulorganisation/lehrplaene/sek1_ethik.pdf
Gruß
der Berliner
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Femina registrierter User
Anmeldungsdatum: 24.07.2005 Beiträge: 1038
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(#1278120) Verfasst am: 29.04.2009, 12:16 Titel: |
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Danke für die Eröffnung dieses Threads.
Ich würde mich freuen, wenn es noch mehr Berliner gibt, die an diesem Projakt mitarbeiten wollen.
Die o.g. Passage in dem Schreiben von Pro Ethik habe ich auch schon zur Kenntnis genommen. Diese Gelegenheit sollten wir in jedem Fall wahrnehmen.
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der Berliner registrierter User
Anmeldungsdatum: 07.09.2007 Beiträge: 35
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(#1278127) Verfasst am: 29.04.2009, 12:28 Titel: |
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Femina hat folgendes geschrieben: |
Ich würde mich freuen, wenn es noch mehr Berliner gibt, die an diesem Projakt mitarbeiten wollen.
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Ich hoffe, dass auch "Nicht-Berliner" mitarbeiten, die das Modell eines gemeinsamen Ethikunterrichts unterstützen und perspektivisch auch in ihrem Bundesland durchsetzen wollen.
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spaghettus Pastafarianer
Anmeldungsdatum: 07.02.2006 Beiträge: 568
Wohnort: Uckermark
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(#1278265) Verfasst am: 29.04.2009, 14:31 Titel: |
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Ich wäre auch mit dabei.
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der Berliner registrierter User
Anmeldungsdatum: 07.09.2007 Beiträge: 35
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(#1278324) Verfasst am: 29.04.2009, 15:12 Titel: Hintergrund-Info |
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Den folgenden Artikel von Rudolf Ladwig sollten wir in jedem Fall berücksichtigen:
http://hpd.de/node/6931
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Femina registrierter User
Anmeldungsdatum: 24.07.2005 Beiträge: 1038
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(#1278355) Verfasst am: 29.04.2009, 15:54 Titel: |
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Ich habe mir jetzt mal den Rahmenlehrplan Ethik durchgelesen. Im Großen und Ganzen klingt der für mich sehr gut. Die Schüler erlernen viele wichtige Kompetenzen und behandeln wichtige Themen.
- In der Tat fehlt es aber an dem Bereich Religionskunde. Zwar spielt diese in manche Themenfelder mit rein, aber wie soll sich z.B. ein Kind mit dem "Gebot der christlichen Nächstenliebe" auseinandersetzen, ohne ausreichende Hintergrundinformationen zu haben?
- Außerdem gibt mir der Rahmenlehrplan zu große Auslegungsspielräume. Der Lehrer soll ja einen Standpunkt haben. Was ist, wenn der Lehrer dem Christentum zuzuordnen ist und z.B. das "Gebot der christlichen Nächstenliebe" nur von diesem aus behandelt? Sofern kein Schüler dabei ist, der dieses hinterfragt, wird es bei einer platten Zustimmung bleiben. Ich denke, dass bei solchen Themen unterschiedliche Standpunkte auch im Lehrplan stehen sollten. Also in diesem Fall: "Ist die Nächstenliebe wirklich so christlich oder ist sie einfach nur eine menschliche Verhaltensregel (Zusammenleben im Gruppen/ Erlangung von Gruppenvorteilen, wenn man sich dran hält)?" / "Ist die so genannte christliche Nächstenliebe wirklich so selbstlos oder verschafft sie nicht auch den betreffenden Personen Vorteile in ihrer Gruppe bzw. den vermeintlichen Vorteil nach dem Tod?"
- Der Begriff der Menschenwürde wird zweimal genannt. Zur Menschenwürde gibt es aber keine verbindliche Definition und dieser Begriff wird häufig missbraucht. Insbesondere in der Diskussion zum Beginn des Menschenlebens. Hier wird der Begriff der Menschenwürde von unterschiedlichen Gruppen mit entgegengesetzten Meinungen für entgegengesetzte Ziele verwendet. So verwenden konservative Kräfte ganz nach dem christlichen Glauben den Begriff der Menschenwürde ab der (nahezu) abgeschlossenen Kernverschmelzung und begründen ihr Verbot des Verwerfens von Embryonen in diesem Stadium mit der Menschenwürde, während ich selbst z.B. einen Verstoß gegen die Menschenwürde darin sehe, wenn man eine Frau dazu zwingt, einen Embryo gegen ihren Willen auszutragen. - Ich wünsche mir, dass z.B. das Gerangel um den Begriff Menschenwürde auch Gegenstand des Ethikunterrichtes wird (weil das schwer verständlich ist, dann eher in der 10. Klasse) und dass der Begriff hier mit "Menschenrechte" ersetzt wird.
- Ich denke, es gibt bestimmte Themen, deren Behandlung sichergestellt sein muss. Der Rahmenlehrplan gibt hier zu große Spielräume. Sicher sind Spielräume gut, aber es sollte sichergestellt sein, dass alle Gleichbehandlungsthemen aus den Menschenrechten behandelt werden müssen (keine Ungleichbehandlung wegen dem Geschlecht, der Abstammung, der Sprache, der Herkunft, einer Behinderung, ...) In diesen Gleichbehandlungsthemen versteckt sind auch unpopuläre Themen, die gesellschaftlich totgeschwiegen werden. Erst recht ein Grund, ihre Behandlung im Ethikunterricht zu garantieren. Dazu fallen mir z.B. Themen wie Transsexualität und Intersexualität ein. Ebenso die Fortpflanzungsrechte. Zum Thema Gleichbehandlung von Menschen verschiedener Religionen und Weltanschauungen muss man meines Erachtens vor dem Hintergrund unserer Geschichte insbesondere auf das Judentum eingehen.
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Femina registrierter User
Anmeldungsdatum: 24.07.2005 Beiträge: 1038
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(#1278497) Verfasst am: 29.04.2009, 18:54 Titel: |
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Ich musste vorhin unterbrechen. Bestimmt fallen euch noch andere Themen ein, die unbedingt behandelt werden müssen.
Das Thema Sterbehilfe ist für mich noch so eins, auch das Stammzellgesetz. Eben bioethische Themen, die bei uns genau deshalb so geregelt sind, wie sie sind, weil es die christlichen Kirchen so wollen. Da ist es dann wichtig, dass es den Schülern bewusst wird, worauf diese Regelungen zurück gehen. Ich könnte mir das spannend vorstellen, solche Fragestellungen erstmal ohne religiöse oder philosophische Antworten zu behandeln. Jeder kann sagen, wie er oder sie das regeln würde. Erst hinterher untersucht man dann die theologischen und wissenschaftlichen Antworten, gleicht das nochmal ab. Ein solches Vorgehen könnte die Schüler dazu in die Lage versetzen, ohne religiöse Vorbehalte vernünftige oder zumindest begründete Antworten auf Lebensfragen zu finden und festzustellen, dass die eigene Meinung nicht immer mit der Herkunftsreligion übereinstimmt.
- Die auf Seite 17 angeregte Vernetzung zu anderen Fächern - Wie ist die gemeint? Zu den Naturwissenschaften, insbesondere Bio? Oder zu den Religionsfächern?
- Thema "caritatives Engagement" auf Seite 20. Cartitativ heißt ja vom Begriff her nicht unbedingt christlich, aber der Begriff wurde von christlichen Vereinen vereinnahmt. Ist also hier das christlich-caritative Engagement gemeint oder allgemein soziales Engagement? Das erste wäre ja schon nicht mehr neutral. Ich denke, wenn man über christliche soziale Einrichtungen spricht, sollte man auch immer darüber reden, woraus die sich finanzieren. Außerdem sollte man etwas über das Subsidaritätsprinzip wissen.
So, jetzt hoffe ich auf Ergänzungen und Kritiken zu meinen Ausführungen.
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spaghettus Pastafarianer
Anmeldungsdatum: 07.02.2006 Beiträge: 568
Wohnort: Uckermark
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(#1278514) Verfasst am: 29.04.2009, 19:04 Titel: |
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Viele gute Gedanken.
Ich denke erst mal noch nicht so ins Detail, sonder eher darüber nach, wie wir eine Chance bekommen, überhaupt gehört zu werden.
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Femina registrierter User
Anmeldungsdatum: 24.07.2005 Beiträge: 1038
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(#1278538) Verfasst am: 29.04.2009, 19:16 Titel: |
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Ich denke da an eine weitere Zusammenarbeit mit dem Bündnis Pro Ethik. Wir haben uns da ja in den letzten Wochen gut eingebracht und Punkte sammeln können. - Den erworbenen guten Ruf könnten wir dazu nutzen, damit unsere Forderungen von dort aus weiter gereicht und evt. verhandelt werden.
Darüber hinaus würde ich trotzdem die Forderungen an politische Verantwortliche wie Klaus Wowereit, Michael Müller und andere schicken. Immer mit dem Hinweis, wie sehr wir uns für Pro Ethik engagiert haben und dass diese Vorschläge auch aus den Gesprächen mit den Menschen auf der Straße resultieren.
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spaghettus Pastafarianer
Anmeldungsdatum: 07.02.2006 Beiträge: 568
Wohnort: Uckermark
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(#1278552) Verfasst am: 29.04.2009, 19:24 Titel: |
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Wie wird die Erarbeitung der evtl. neuen Richtlinien für Ethik aussehen? Wird es einen runden Tisch geben? Die Kirchen werden auf jeden Fall direkt mit der Politik reden. Kann das Pro Ethik auch?
Und wenn, reicht das als Interessenvertreter der Konfessionslosen? Auch da war ja ein großer Teil christlich geprägt. Somit wären die Kirchen wieder doppelt bis dreifach vertreten.
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der Berliner registrierter User
Anmeldungsdatum: 07.09.2007 Beiträge: 35
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(#1278927) Verfasst am: 30.04.2009, 07:04 Titel: Wie Einfluss nehmen? |
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Hallo Femina,
ich finde, du hast schon so viele Themen so gut aufgearbeitet, dass ich überhaupt keine Sorge habe, dass wir "was zu sagen haben".
Ich sehe jetzt aber auch wie Spaghettus das Hauptproblem darin, überhaupt Zugang zu Entscheidungs- oder wenigstens Beratungsinstanzen zu bekommen.
Kannst du nicht mal Leute anrufen, die du persönlich von deiner Arbeit im Pro-Ethik-Büro kennst?... Die können uns ja evtl. einen Tipp geben.
Weitere Möglichkeiten:
- Direkte Schreiben an Berliner (Bildungs-)Politiker
- Mitarbeit im HVD, der ja wohl (hoffentlich) an der Diskussion über den Ethikunterricht beteiligt wird
- Mitarbeit in einer anderen Organisation, in der Hoffnung, dass diese (mehr) Einfluss nehmen kann
- ... (?)
Gruß
der Berliner
P.S.: An Spaghettus: Was hältst du von dem Vorschlag, auch die Kirche des fliegenden Spaghettimonsters unter religionswissenschaftlichen Gesichtspunkten behandeln, um Methoden kritischer Analyse zu erlernen?
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spaghettus Pastafarianer
Anmeldungsdatum: 07.02.2006 Beiträge: 568
Wohnort: Uckermark
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(#1278949) Verfasst am: 30.04.2009, 08:02 Titel: Re: Wie Einfluss nehmen? |
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der Berliner hat folgendes geschrieben: |
P.S.: An Spaghettus: Was hältst du von dem Vorschlag, auch die Kirche des fliegenden Spaghettimonsters unter religionswissenschaftlichen Gesichtspunkten behandeln, um Methoden kritischer Analyse zu erlernen? |
Sehr viel, auch wenn ich jetzt noch keine konkrete Vorstellung habe, wie das Aussehen könnte. Ich selbst wäre bereit und hätte auch die Zeit, hin und wieder selbst im Ethikunterricht aufzutreten. Sonst sind wir aber für solche direkte Arbeit einfach personell noch zu dünn besetzt.
Deshalb wäre es wohl am Praktischsten, mit unserer Hilfe eine Einheit "FSM" zur erarbeiten und den Ethiklehrern zur Verfügung zu stellen.
Mein Hauptanliegen ist jetzt aber einfach zu versuchen, die Position der Kirchen als alleinige Ansprechpartner für den Staat in Ethik- und Moralfragen aufzulösen. Nicht nur, was das Fach Ethik betrifft. Allerdings wäre das wohl der beste erste Schritt, den man machen kann.
Deshalb wäre ich dafür, wir tun uns alle zusammen und versuchen erst mal für Ethik eine Art runden Tisch zu schaffen, an dem neben den Vertretern des Senats, der Kirchen und Religionsgemeinschaften eben auch humanistische Verbände und Vereine sitzen. Vielleicht sogar der KdFSM BB e.V. Auf jeden Fall aber gbs, HvD und IBKA.
Ich selbst bin in der gbs und versuche dort gerade in der Berliner Regionalgruppe Interesse für das Thema zu schaffen. Gibts noch jemand, der das für HvD und IBKA übernehmen könnte?
PS. Noch ein kleiner Hinweis in eigener Sache. Im jetzt erscheinenden Maiheft von "DAS MAGAZIN" gibts einen vierseitigen Bericht über uns.
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Femina registrierter User
Anmeldungsdatum: 24.07.2005 Beiträge: 1038
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(#1279117) Verfasst am: 30.04.2009, 12:10 Titel: |
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Heute im Tagesspiegel: Schulsenator Zöllner will eine Lehrplankommission Ethik einberufen. Daher sollte der Schulsenator schon mal einer unserer ersten Adressaten sein. Schon deshalb, um zu verhindern, dass die Lehrplankommission christlich übervertreten ist.
Auch andere Gruppen wollen sich einbringen, was gut ist:
Laura Fritsche, Vorsitzende des LandesschülerInnenausschusses Berlin (LSA): "Ich bin begeistert über das Ergebnis! Wir wollen die Debatte nun nutzen, um über den Rahmenlehrplan von Ethik zu diskutieren, der an einigen Stellen durchaus verbesserungswürdig ist. Und mit Schülern, Eltern und Politikern darüber reden, ob das Fach tatsächlich ..."
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Femina registrierter User
Anmeldungsdatum: 24.07.2005 Beiträge: 1038
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(#1281527) Verfasst am: 03.05.2009, 23:03 Titel: |
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Es gibt Überlegungen, aus dem Bündnis Pro Ethik ein Forum Pro Ethik hervorgehen zu lassen. Zu diesem Forum wird auch der im März 2009 gegründete Fachverband Ethik, Landesverband Berlin, gehören, der sich später auch weiter kontinierlich um die Belange des Faches Ethik kümmern wird.
Dem Forum Pro Ethik kann jeder beitreten. Somit gibt es schon mal einen hervorragenden Anknüpfungspunkt für uns.
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CoS Antitheist
Anmeldungsdatum: 10.07.2005 Beiträge: 2734
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(#1281549) Verfasst am: 03.05.2009, 23:30 Titel: |
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Ich weiß nur noch aus dem Ethikunterricht während meiner Ausbildung, dass wir eine Kirche besucht haben, wo wir dem Pfarrer zuhören sollten und "freiwillig vor Ort" der Kirche hätten beitreten können. Nebenbei hat die Lehrerin ein bisschen Werbung für das ach so tolle und wichtige Christentum gemacht und wir haben darüber gesprochen, ach nein "gelernt", dass wir ohne 10 Gebote keine Menschenrechte hätten....
Dann weiß ich noch, dass eine Mitschülerin einen muslimischen Freund hatte, von da an mit Kopftuch in Schule kam und sie den Religionsunterricht gegen Ethik tauschte, was nichts daran änderte, dass die Lehrerin (welche sowohl Ethik als auch Religion unterrichtete) sie von den Vorzügen der christlichen Religion überzeugen wollte (obwohl diese Schülerin gestern noch stolze Christin war)!
Ein paar Tage später war mit dem türkischen Freund schluss und sie schwor wieder auf die Bibel. Alles war gut und sie besuchte dann auch wieder den Religionsunterricht.
Alles in allem empfand ich den Reli-Unterricht als Christenpropaganda, in dem wir auch lernten, dass das Judentum das "unvollständige Christentum" sei...
Lächerlich war der Unterricht allemal, denn immer wenn es um "moralische Werte" (sofern sowas existiert) ging, ging es auch um die liebe Kirche, ohne die wir noch brutale Tiere wären...
_________________ "Wenn Sie mich suchen, ich halte mich in der Nähe des Wahnsinns auf, genauer gesagt auf der schmalen Linie zwischen Wahnsinn und Panik, gleich um die Ecke von Todesangst, nicht weit weg von Irrwitz und Idiotie!"
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spaghettus Pastafarianer
Anmeldungsdatum: 07.02.2006 Beiträge: 568
Wohnort: Uckermark
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(#1281880) Verfasst am: 04.05.2009, 17:30 Titel: |
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Ein Forum Pro Ethik wäre schon eine gute Anlaufstelle. Ich vermute aber mal in der Rolle, wie sachkundige Bürger in Ausschüssen: mit Rede- aber ohne Stimmrechte.
Besser als gar nichts.
Femina hat folgendes geschrieben: | Zu diesem Forum wird auch der im März 2009 gegründete Fachverband Ethik, Landesverband Berlin, gehören, der sich später auch weiter kontinierlich um die Belange des Faches Ethik kümmern wird.
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Das hört sich aber noch interessanter an. Vielleicht zu groß für uns Pastafari, aber vielleicht nicht für die größeren Verbände. Wie setzt sich dieser Fachverband denn zusammen?
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sergej dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 28.11.2006 Beiträge: 1006
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(#1281968) Verfasst am: 04.05.2009, 19:24 Titel: |
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>>Wie erklärt es sich, dass die politischen Entscheidungen in Deutschland auf diesem Gebiet fast >>immer mit den Antworten der christlichen Religion kompatibel sind? ...
Das ist ganz einfach:
alte halbwilde jüdische Stämme wussten wesentich mehr
als Dt. Regierung heute ?
Fr. Merker schaut einfach was Sara/Solomon in Bibel hat gesagt und macht
daraus ein Gesetz.
Alle Kinder die an Jesus nicht so richtig glaube wollen werden
nach Bibel Rezepten verbrannt meist von den eigenen Eltern.
(Kindergeld werden danach verdoppelt)
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der Berliner registrierter User
Anmeldungsdatum: 07.09.2007 Beiträge: 35
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Telliamed registrierter User
Anmeldungsdatum: 05.03.2007 Beiträge: 5125
Wohnort: Wanderer zwischen den Welten
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(#1282417) Verfasst am: 05.05.2009, 10:25 Titel: |
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Man müsste sich zunächst bewusst werden, dass Berlin, wie kaum eine andere Stadt in Deutschland, durch eine Vielzahl von Kulturen und Milieus gekennzeichnet ist. Die Kinder und Jugendlichen wachsen in Stadtvierteln und Kiezen mit verschiedenen Traditionen auf. West und Ost; an Feiertagen am kirchlichen Leben teilnehmend; aber gleichgültig gegenüber Glaubensinhalten; christlich-gläubig (protestantisch, orthodox, katholisch), muslimisch und jüdisch, atheistische Elternhäuser seit Generationen (wo man nach 1990 glaubte, dass jetzt wieder das Mittelalter nach dem Sieg über den Sozialismus einziehe) und ein nicht zu unterschützender Teil Glaubensfragen gegenüber völlig Gleichgültiger.
In manchen nichtreligiösen Familien hat man sich sehr intensiv mit dem Leben der Religiösen beschäftigt, um zu verstehen, wie die Mitmenschen beschaffen sind und um ältere Literatur, Kunst und Musik verstehen zu können, in sehr vielen dieser Familien ist das nicht der Fall, und dann käme tatsächlich der Schule eine aufklärende Funktion auch für diese Fragen zu.
Das wichtigste Argument Pro Ethik im Vorfeld der Abstimmung war wohl, die Heranwachsenden aus verschiedenen Milieus zusammenzuführen, um gemeinsam Grundlagen des Zusammenlebens in einer multikulturellen Stadt zu diskutieren.
Da steht m.E. eher die soziale Frage im Mittelpunkt, als die Scheidung in religiös und nichtreligiös. Die Fixierung auf die Religion als Thema sollte nicht unbedingt im Vordergrund stehen. Wenn es zum Beispiel um "Religionskunde" gehen soll, so sind die einen bereits seit längerem in ihren Familien mit religiöser Indoktrination in Berührung gekommen, während andere "von außen" auf Religion als eine ihnen zutiefst fremde Angelegenheit schauen. Manche können sich belästigt fühlen, wenn an sie für ihr Leben bisher nicht Relevantes ungeschickt herangetragen wird und für sie Wichtiges beiseite gelassen wird - Folgen der Arbeitslosigkeit für die Familien, soziale Verelendung, Schließung kultureller Einrichtungen ...
In manchen Stadtteilen, in denen die staatliche und schulische Kontrolle zeitweise oder über einen längeren Zeitraum schon nahezu entglitten ist, kann "Religion" gar nicht das vorrangige Thema sein, sondern da müssen wirklich die elementaren Formen des gesellschaftlichen Zusammenlebens, wie die Gewaltfreiheit, im Vordergrund stehen.
Es gibt dann wieder "gutbürgerliche" Stadtteile, in denen es so gesittet zugeht, dass man den Kindern das "Berlinern" abgewöhnt, damit man sie ja nicht zu Angehörigen der Unterschichten zählen würde, während in östlichen Stadtbezirken das "Berlinern" gepflegt wird, um sich von den "hochdeutsch durch die Nase" sprechenden reichen "Wessis" abzusetzen.
So sehr Lehrpläne Einheitlichkeit aufweisen sollten, so sehr muß die jeweilige Sitation vor Ort erfasst und berücksichtigt werden.
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Femina registrierter User
Anmeldungsdatum: 24.07.2005 Beiträge: 1038
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(#1282446) Verfasst am: 05.05.2009, 11:10 Titel: |
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Telliamed, das sieht ja der Rahmenlehrplan auch vor. Da ist wirklich nur ein Rahmen vorgegeben, aus dem sich dann die Lehrer die Themen heraussuchen können. Und soziale Kompetenzen sind da auch ganz groß geschrieben. Ich denke, an den dort bereits vermittelten sozialen Kompetenzen gibt es kaum was zu meckern. - Jetzt soll eben evt. auch Religionskunde ein - wichtigerer - Bestandteil des Ethikunterrichtes werden. Da ist eben aufzupassen, dass der nicht in Religionswerbung ausartet, sondern eher zum besseren Verstehen von Zusammenhängen beiträgt. Und eben auch die Religionskritik nicht "vergisst".
Zum Artikel im ND:
"Während jedoch an der HU Religion als Bestandteil philosophiegeschichtlicher Debatten behandelt wird, integriert die FU auch religionswissenschaftliche Ansätze ins Studium."
Da sieht man schon mal, dass die Schüler mit ganz unterschiedlich ausgestatteten Lehrern zusammentreffen. "Philosophiegeschichtliche Debatten" klingt jedenfalls gut.
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sergej dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 28.11.2006 Beiträge: 1006
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(#1284254) Verfasst am: 07.05.2009, 18:40 Titel: |
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Diese alle Päpste , popen , pfarer und Co
mussen enfach nach Sibirien geschickt werden
25 Jahren Straflager für Betrug !
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Femina registrierter User
Anmeldungsdatum: 24.07.2005 Beiträge: 1038
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(#1285244) Verfasst am: 09.05.2009, 01:12 Titel: |
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Hallo spaghettus,
ich bin gerade am Recherchieren und da fiel mir dein Beiutrag vom 30.4. auf.
Du schreibst: "Mein Hauptanliegen ist jetzt aber einfach zu versuchen, die Position der Kirchen als alleinige Ansprechpartner für den Staat in Ethik- und Moralfragen aufzulösen. Nicht nur, was das Fach Ethik betrifft. Allerdings wäre das wohl der beste erste Schritt, den man machen kann."
Mit diesem Ziel kann ich mich gut identifizieren. Das sollten wir in unsere Vorschläge für den Ethikunterricht übernehmen. Denn letztlich kann das nur in zukünftigen Generationen durch eine entsprechende Bildung unserer Kinder gelingen.
Weiter: "Deshalb wäre ich dafür, wir tun uns alle zusammen und versuchen erst mal für Ethik eine Art runden Tisch zu schaffen, an dem neben den Vertretern des Senats, der Kirchen und Religionsgemeinschaften eben auch humanistische Verbände und Vereine sitzen. Vielleicht sogar der KdFSM BB e.V. Auf jeden Fall aber gbs, HvD und IBKA."
Gut.
"Ich selbst bin in der gbs und versuche dort gerade in der Berliner Regionalgruppe Interesse für das Thema zu schaffen. Gibts noch jemand, der das für HvD und IBKA übernehmen könnte?"
Sehr schön, dass du in der gbs bist. Ich bin in keiner Organisation. Allerdings können wir ja Kommunikationskontakte explizit zu diesem Thema knüpfen.
"PS. Noch ein kleiner Hinweis in eigener Sache. Im jetzt erscheinenden Maiheft von "DAS MAGAZIN" gibts einen vierseitigen Bericht über uns."
Wer ist "uns"? Freigeisterhaus? IBKA? gbs? ....
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#1285247) Verfasst am: 09.05.2009, 01:17 Titel: |
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Vielleicht wäre es ganz gut, wenn ihr ein eigenes Unterforum erhalten würdet.
Wenn ihr Kommunikationskontakte knüpfen wollt, besprechen wie ihr taktisch vorgeht, Adressen austauscht, Treffpunkte verabredet usw. ist ein weniger öffentlicher Bereich bestimmt ganz ok.
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Femina registrierter User
Anmeldungsdatum: 24.07.2005 Beiträge: 1038
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(#1285715) Verfasst am: 09.05.2009, 21:22 Titel: |
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@Noseman: Wir kommunizieren schon auf anderer Ebene. Ich fände es jedoch schön, wenn wir durch die Pflege dieses Threads noch Mitstreiter gewinnen können.
Wer also noch Ideen hat, die er oder sie hier nicht schreiben möchte, geht das auch per PN z.B. an den Berliner oder an mich.
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spaghettus Pastafarianer
Anmeldungsdatum: 07.02.2006 Beiträge: 568
Wohnort: Uckermark
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(#1286567) Verfasst am: 11.05.2009, 14:49 Titel: |
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Femina hat folgendes geschrieben: |
Wer ist "uns"? Freigeisterhaus? IBKA? gbs? .... |
Hätte ich deutlicher schreiben sollen. Diesmal habe ich mit "uns" die "Kirche des Fliegenden Spaghetti Monsters Berlin Brandenburg e.V." gemeint.
DAS MAGAZIN war bei einer unserer Nudelmessen dabei und hat darum einen vierseitigen Artikel gebaut.
Hier gibts ne kleine Vorschau.
Ich melde mich per PN bei dir.
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Malcolm Ekelpaket
Anmeldungsdatum: 25.07.2007 Beiträge: 1231
Wohnort: Hamburg
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(#1288353) Verfasst am: 13.05.2009, 22:14 Titel: |
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Ich sehe den Ethikunterricht kritisch. Man kann "einfache Naturwissenschaft" betreiben, sie bleibt trotzdem Naturwissenschaft. Dagegen Einfachheit in der Philosophie meint immer nur Vereinfachung. Dazu gehört auch die Ethik. Und in der Sache liegt schon eine grundsätzliche Verwechslung vor. Ethik beschäftigt sich mit dem praktischen Handeln, ist aber trotzdem eine theoretische Disziplin. In diesem Sinne ist sie durchaus auch gefährlich, Nietzsches Infragestellen christlicher - und nicht nur christlicher- Werte hat durchaus auch unheilvoll gewirkt. Nur die Verfechter der Ethik versprechen sich vom Ethikunterricht einen "Erfolg" - an diesem wirklichen oder auch nur eingebildeten Erfolg soll der Ethikunterricht gemessen werden. Oder sehe ich dies etwa falsch?
Kein wirklicher Philosoph betreibt Ethik, um in irgend einer Weise "besser" zu werden. Er findet ethische Fragen schlicht "interessant". Ein Professor für Ethik an einer Universität, der eine Vorlesung über Ethik hielte in der Hoffnung, daß seine Studenten danach keine Frauen mehr schlagen oder Banken überfallen, wäre nun wirklich der Gipfel des Absurden. Moralisches Empfinden dagegen, Gewissen, Gefühle für Werte, sind durchaus private Dinge, die durchaus aus der eigenen Lebenswelt kommen. Dies jemandem "von oben" vermitteln zu wollen, käme mir aufdringlich vor, es zerrt etwas Privates ans Öffentliche und vermittelt zudem noch eine Vorstellung von Philosophie, die nicht nur "einfach" und schülergemäß ist - das wäre zu verkraften - sondern ihn zudem noch auf eine Stufe erniedrigt, wo er sich mit Ethik beschäftigen soll, um irgendwie moralisch zu werden. Persönliche Moral ist aber etwas, was ich bei jedem Diskurs immer voraus setze und was ich auch einem Schüler nicht absprechen darf. Was will man mit diesem Ethikunterricht also? "Erziehen", "moralisieren" oder sich mit Ethik als einer philosophischen Disziplin auseinandersetzen? Das sind drei völlig verschiedene Dinge. Ein Philosoph, der mit erhobenem Zeigefinger moralisiert, ist schlicht lächerlich. Ein Philosoph, der meint einen Erziehungsauftrag zu haben, schlicht größenwahnsinnig. Abgesehen davon, daß die Erziehung Sache der Eltern ist, ist er dafür gar nicht ausgebildet. Persönliche Moral ist keine Wissensfrage, sondern eine Gewissensfrage. Man kann unmoralisch handeln, obwohl man weiß, daß es unmoralisch ist. Man kann von jeder auch nur simpelsten ethischen Überlegung vollkommen unbeleckt, eben doch eine Moral haben und dieser einfach folgen. Man kann ethische Überlegungen anstellen und alle ethischen Theorien kennen und dabei doch gar keine persönliche Moral haben.
Also wie immer man es dreht und wendet: Die ganze Sache ist einfach äußerst faul. Daß etwa Philosophie auch nur in irgend einer Form an einer Schule und sei es auch nur bei irgendwelchen höheren Jahrgängen angeboten würde, hätte ich immer toll gefunden. Damit wäre die Schule auch einem Bildungsauftrag nachgekommen. Die plötzliche Begeisterung für eine philosophische Teildisziplin und der Versuch, sie jedem Schüler zu vermitteln, läßt mich eher mißtrauisch werden. Die ganze Sache hochtrabend "Ethik" zu nennen, ist doch wohl nicht mehr als ein bloßes Feigenblatt. Der Begriff "Ethik" tarnt sich hinter "philosophischer Bildung". Die Bezeichnung dieses Fachs ist "philosophisch" - die Zielrichtung vollkommen unphilosophisch. Dazu muß ich auch sagen, daß ich nichts sterbenslangweiliger finde, als irgendwelche dümmlichen moralischen Platitüden oder irgendwelche platten Ethiken. Nicht das Moralische, das Unmoralische finde ich ethisch interessant. Ein Schulfach, "was ist unmoralisch und wie schaffe ich es, unmoralisch zu werden", hätte ich äußerst interessant gefunden. Ist es denn wirklich so unethisch, vielleicht mal einen kleinen Mord zu begehen oder eine Bank zu überfallen? Also die Berliner Schüler, die sich diesen ganzen Unsinn anhören müssen, tun mir schon leid.
Gut - vielleicht klingt das auch zu negativ. Ich möchte das ganze Projekt nicht einfach nur "abbügeln" oder lächerlich machen. Allerdings empfinde ich es doch schon als sehr ärgerlich und letzlich auch bezeichnend, wenn die Sache hier einfach auf Zustimmung stößt - in einer wie ich finde vollkommen unkritischen Weise, die man den Christen ja gerne nach sagt.
_________________ Ohne die Musik wäre das Leben ein Irrtum.
"Das beste, was du weißt, kannst du den Buben doch nicht sagen." ( Goethe)
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#1288374) Verfasst am: 13.05.2009, 22:31 Titel: |
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Du unterstellst dem Fach Ethik einen Auftrag, den es nicht hat.
Zitat: | Es ist Aufgabe der Schule, die Lernenden bei der Entwicklung ihrer individuellen
Persönlichkeit optimal zu unterstützen. | lautet der erste Satz aus den Richtlinien.
Der Ethikunterricht soll primär den Schüler nicht zu einem "ethisch besseren Menschen" machen.
Er - wie jeder andere Untericht auch - soll den Schüler mündig machen, also in die Lage versetzen, für Probleme selbstständig eine Lösung zu erarbeiten.
Genausowenig soll Matheunterricht primär befähigen, dass Schüler zeitlebens sofort wissen, wie man eine Ableitung bildet. Ich könnte das spontan jetzt wohl nicht mehr. Aber in 5 Minuten nachlesen wüsste ich wieder, wie es geht, und wie ich mir schwierigere Probleme erabreite, wüsste ich auch.
Deswegen ist der Ethikunterricht inhaltlich offen. Es geht weniger um Inhalte, sondern um Kennenlernen und ggf. noch einüben von Denk- und Lerntechniken.
Auch das gilt für jedes Fach. Unterricht ist nicht dazu da, dass Schüler die Inhalte vorgesetzt kriegen, auswendig lernen und gut ist für alle Zeit.
Aus diesem Grund kann ein Religionsunterricht auch gar keine Alternative sein, genausowenig wie Fußball ein Ersatz für Sportunterricht oder die geschichte der französischen Revolution ein Ersatz für Geschichte sein kann.
Mit solchen Spezialfällen lernt man einen Teilbereich kennen und/oder kann auch bereits vermittelte Techniken einüben über neu entwickeln; sie sind aber nicht Selbstzweck des Unternehmens Schule.
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Malcolm Ekelpaket
Anmeldungsdatum: 25.07.2007 Beiträge: 1231
Wohnort: Hamburg
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(#1288477) Verfasst am: 14.05.2009, 03:56 Titel: |
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Hallo Noseman,
Deinen Vergleich von Ethik und Mathematik kann ich absolut nicht nachvollziehen. Mathematik ist völlig wertfrei - das kann man von der Ethik nicht behaupten.
Zitat: |
Er - wie jeder andere Untericht auch - soll den Schüler mündig machen, also in die Lage versetzen, für Probleme selbstständig eine Lösung zu erarbeiten. |
Also ein naturwissenschaftliches Fach oder auch die Mathematik hat nun wirklich herzlich wenig mit "Mündigkeit" zu tun. Genausowenig ist Ethik bloßes Problemelösen.
Schon die begriffliche Differenzierung von Ethik und Moral ist sehr wichtig. Dabei ist Ethik im Sinne einer Moralbegründung aufzufassen, Moral dagegen kann auch ohne eigentliche Begründung bestehen.
Ich gebe Dir absolut recht, daß Religion herzlich wenig mit einer "Moralbegründung" zu tun hat, durchaus aber mit einer Moral. Daß Gott gewisse Gesetze vorgibt, ist keine "ethische Argumentation", "Ethik" ist in der Religion bestenfalls in Ansätzen vorhanden. Es ist aber durchaus eine Moral. Moral in diesem Sinne gibt es aber auch sicherlich außerhalb der Religion. Es gibt da sicher auch die typische atheistische Familie, die moralisch ist im Sinne einer irgendwie verstandenen "Anständigkeit", also "ungeschriebener Gesetze", die vielleicht genauso wenig begründet sind wie christliche ( "Ein anständiger Mensch tut so etwas nicht") und gelegentlich sogar mit diesen Ähnlichkeit hat.
Daß dann Menschen Moral haben, finde ich grundsätzlich wichtig, auch im Sinne dieses "Unhinterfragten". Moral ist dann vorgängig aller Ethik, sie wird im wesentlichen in irgendeinem Millieu erworben. Ethik mag Moral begründen und geht ihr insofern voraus, entwicklungsmäßig geht dagegen die Moral der Ethik voraus.
Ethik ist nun im wesentlichen auch ein Infragestellen von Moral, denn irgendeine Moral haben wir immer erworben, sei es im Sinne von Religion, "Anstand", oder sogar schlichter sozialer Abgrenzung - jedenfalls Prägung.
Infragestellung von Moral ist auch problematisch. Man kann die christliche Moral in Frage stellen, aber in vielen Fällen ist dies auch ein Infragestellen von Moral als solcher im Sinne eines Unhinterfragten - womit man nicht nur die christliche Moral beschädigt, sondern auch eine genauso unhinterfragte durchaus unchristliche Anständigkeit oder die Prägung durch ein Millieu.
Insofern stelle ich auch das ganze Konzept der "Mündigkeit" in Frage. Wenn ein Mensch mit seiner Moral zufrieden lebt und anderen damit nicht schadet - warum soll er sie ändern? Warum soll er über ihre "Begründung" überhaupt nachdenken? Umgekehrt: Wenn einem Menschen eine solche Moral fehlt, wenn also hier etwas grundsätzlich schief gegangen hat - was soll ihm da "Ethik" helfen? Und sicher gibt es auch bessere und grauenhafte Moral - aber das ändert nichts daran, daß Moral im Sinne von Prägung vor einer irgendwie erworbenen Mündigkeit ein wichtiges Element einer Persönlichkeitsentwicklung ist.
Und eine "korrekte Wissenschaft" ist Ethik nun wirklich nicht. Irgendeinen Philosophen, der meint, eine "philosophische Letztbegründung" für eine "absolut richtige" Moral zu haben, nimmt doch kein Mensch ernst.
Was soll dann "Mündigkeit" überhaupt bedeuten? Daß der blinde Glaube an eine einmal erworbene Moral auch "unmündig" ist, ist nicht zu bestreiten. Dagegen das irgendwie auch konservative Festhalten an "erworbenen Moralvorstellungen", vielleicht auch modifiziert und auch ironisiert, aber doch akzeptiert im Sinne einer Prägung kann ich noch nicht für "unmündig" halten. Umgekehrt wäre ein Mündigkeitsanspruch, der Prägung leugnet, auch irgendwie größenwahnsinnig und ihm würde auch jede "Selbstironie" fehlen.
Insofern sehe ich eben Ethik als verpflichtenden Unterricht sehr kritisch. Moral hat eben viel mit "Persönlichkeitsentwicklung" zu tun, auch in dem Sinne, wie man sich zu ihr verhält, denn zur Freiheit eines Menschen gehört es auch, unmoralisch sein zu können. Dazu gehört auch, daß man zu Moral und Ethik auch eine ironische Beziehung aufbaut, und den Moralisten gar nicht mag und dabei doch vielleicht sehr moralisch ist. "Mündigkeit" ist dagegen nur ein hochtrabender Anspruch - wer sich selber für "mündig" hält, kann sich viel darauf einbilden - aber wie ich schon sagte: Gerade die Ironie und Selbstironie ist mir sehr wichtig, die einen großen Teil unseres Verhältnis zur Moral ausmacht - dagegen "Ethik" als "verpflichtendes Schulfach" finde ich einfach grauenvoll.
Gruß Malcolm
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#1288507) Verfasst am: 14.05.2009, 08:28 Titel: |
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Malcolm hat folgendes geschrieben: | Hallo Noseman,
Deinen Vergleich von Ethik und Mathematik kann ich absolut nicht nachvollziehen. Mathematik ist völlig wertfrei - das kann man von der Ethik nicht behaupten.
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Irrelevant. Die Methoden, die dem Schüler zur Handhabung von Ethik oder Mathematik oder (Fach einsetzen) vermittelt werden sind es aber.
Zitat: | Er - wie jeder andere Untericht auch - soll den Schüler mündig machen, also in die Lage versetzen, für Probleme selbstständig eine Lösung zu erarbeiten. |
Also ein naturwissenschaftliches Fach oder auch die Mathematik hat nun wirklich herzlich wenig mit "Mündigkeit" zu tun. Genausowenig ist Ethik bloßes Problemelösen. [/quote]
Ein Mensch, der wesentliche Kulturtechniken nicht rudimentär soweit beherrscht, dasss er sich einen Überblick verschaffen könnte, wenns drauf ankommt, bedarf der Betreuung durch andere Menschen.
Er muss Aufgaben, die er selbstständig erledigen können sollte, an diese delegieren und muss blind darauf vertrauen, dass die in seinem Sinne erledigt werden.. Sowas nenne ich "unmündig".
Zitat: |
Ich gebe Dir absolut recht, daß Religion herzlich wenig mit einer "Moralbegründung" zu tun hat, durchaus aber mit einer Moral. Daß Gott gewisse Gesetze vorgibt, ist keine "ethische Argumentation", "Ethik" ist in der Religion bestenfalls in Ansätzen vorhanden. Es ist aber durchaus eine Moral. Moral in diesem Sinne gibt es aber auch sicherlich außerhalb der Religion. Es gibt da sicher auch die typische atheistische Familie, die moralisch ist im Sinne einer irgendwie verstandenen "Anständigkeit", also "ungeschriebener Gesetze", die vielleicht genauso wenig begründet sind wie christliche ( "Ein anständiger Mensch tut so etwas nicht") und gelegentlich sogar mit diesen Ähnlichkeit hat. |
Zitat: | Insofern stelle ich auch das ganze Konzept der "Mündigkeit" in Frage. Wenn ein Mensch mit seiner Moral zufrieden lebt und anderen damit nicht schadet - warum soll er sie ändern? Warum soll er über ihre "Begründung" überhaupt nachdenken? Umgekehrt: Wenn einem Menschen eine solche Moral fehlt, wenn also hier etwas grundsätzlich schief gegangen hat - was soll ihm da "Ethik" helfen? |
Wenn jemand zufrieden ist, braucht er nix ändern. Bloss soll Schule ja nicht drauf vorbereiten, dass schüler ununterbrochen einen Jackpot nach dem anderen im Leben knacken, sondern auf die zu lösenden Probleme im Leben, und erfahrungstechnisch ist es ab und zu mal der fall, dass jemand mit irgendwas nicht zufrieden ist.Soll schonmal vorgekommen sein, auch wenn es nur ganz, ganz selten ist.
Und dann soll die Schule eben einen beitrag geleistet udn die werkzeuge an die Hand gegeben haben, dass ein Mensch eine eigenständige Problemlösung entwickelt.
Und sicher gibt es auch bessere und grauenhafte Moral - aber das ändert nichts daran, daß Moral im Sinne von Prägung vor einer irgendwie erworbenen Mündigkeit ein wichtiges Element einer Persönlichkeitsentwicklung ist.
Zitat: | Und eine "korrekte Wissenschaft" ist Ethik nun wirklich nicht. Irgendeinen Philosophen, der meint, eine "philosophische Letztbegründung" für eine "absolut richtige" Moral zu haben, nimmt doch kein Mensch ernst. |
Wenn "kein Mensch" kritisches Hinterfragen der Positionen eines Philosophen, Theologen, Parteiführers, der Eltern [...] gelernt hat. Und das ist wissenschaftlich.
Zitat: | Was soll dann "Mündigkeit" überhaupt bedeuten? Daß der blinde Glaube an eine einmal erworbene Moral auch "unmündig" ist, ist nicht zu bestreiten. Dagegen das irgendwie auch konservative Festhalten an "erworbenen Moralvorstellungen", vielleicht auch modifiziert und auch ironisiert, aber doch akzeptiert im Sinne einer Prägung kann ich noch nicht für "unmündig" halten. Umgekehrt wäre ein Mündigkeitsanspruch, der Prägung leugnet, auch irgendwie größenwahnsinnig und ihm würde auch jede "Selbstironie" fehlen.
Insofern sehe ich eben Ethik als verpflichtenden Unterricht sehr kritisch. Moral hat eben viel mit "Persönlichkeitsentwicklung" zu tun, auch in dem Sinne, wie man sich zu ihr verhält, denn zur Freiheit eines Menschen gehört es auch, unmoralisch sein zu können. Dazu gehört auch, daß man zu Moral und Ethik auch eine ironische Beziehung aufbaut, und den Moralisten gar nicht mag und dabei doch vielleicht sehr moralisch ist. "Mündigkeit" ist dagegen nur ein hochtrabender Anspruch - wer sich selber für "mündig" hält, kann sich viel darauf einbilden - aber wie ich schon sagte: Gerade die Ironie und Selbstironie ist mir sehr wichtig, die einen großen Teil unseres Verhältnis zur Moral ausmacht - dagegen "Ethik" als "verpflichtendes Schulfach" finde ich einfach grauenvoll. |
"Mündigkeit" ist natürlich ein recht hoher Anspruch. Gemeint von mir ist damit, eben eigenständig handlungsfähig sein zu können. Überhaupt nciht gemeint ist damit, nicht an "erworbenen Moralvorstellungen" festhalten zu dürfen.
Jedoch sollte man eben selbst begründen können,warum man an ihnen festhält, sie selbst aufgrund eigener Beurteilung für festhaltenswert befindet; nicht bloss, weil Mami,.Papi, der freundliche Sozialpädagoge, der Lehrer oder Pfarrer oder der Cliquenführer einem das so vorgegeben hat.
Die Fähigkeit, diese Eigenständigkeit leisten zu können soll Untericht herstellen; hier der Ethikunterricht.
Religionsunterricht hat hier das Handicap, dass das Ergebnis von vornherein festgelegt ist. Du schriebst, dass ein Hinterfragen der christlichen Moral diese beschädige - das sehe ich prinzipiell überhaupt nicht.
Als Atheist müsste ich dazu sowieso Fragen, was eine Moral wert ist, die man durch Hinterfragen beschädigen könne, aber darum geht es mir hier gar nicht.
Ich habe hier vor allem einen pädagogischen Anspruch und keinen weltanschaulichen.
Religion müsste, um mit Ethik pädagogisch gesehen konkurrieren zu können, eben auch das gleiche leisten können für jeden Schüler.
Zitat: | Moral hat eben viel mit "Persönlichkeitsentwicklung" zu tun, auch in dem Sinne, wie man sich zu ihr verhält, denn zur Freiheit eines Menschen gehört es auch, unmoralisch sein zu können. |
Und warum suehst Du, dass hier das Fach Religion mehr leiste als Ethik? Es ist umgekehrt. Das fach Ethik erlaubt prinzipiell im Ergebnis Unmoral. (Und die christliche Religion ja eben nicht).
Nur ist die Forderung wie gesagt, dass der Schüler dies (das Ergebnis) vor sich selbst begründen können muss.
Wie er das lernen soll, wenn das inhaltliche Ergebnis nicht offen ist, sondern bereits Stein gemeisselten Geboten vorliegt weiss ich nicht.
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Femina registrierter User
Anmeldungsdatum: 24.07.2005 Beiträge: 1038
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(#1288579) Verfasst am: 14.05.2009, 11:00 Titel: |
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Malcolm, vielleicht solltest du mal den Rahmenlehrplan lesen. Dann erübrigen sich viele deiner Befürchtungen.
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