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DeHerg nun schon länger Ranglos
Anmeldungsdatum: 28.04.2007 Beiträge: 6525
Wohnort: Rostock
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(#1284199) Verfasst am: 07.05.2009, 17:02 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: | Die Elemente, die hier bildhaft beschrieben werden, mögen zunächst simpel aussehen, transzendieren sich aber im szenischen Aufbau und den Details. | Nope tun sie nicht. Das bildest du dir nur ein.
_________________ Haare spalten ist was für Grobmotoriker
"Leistung muss sich wieder lohnen"<--purer Sozialismus
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Reza dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 10.09.2006 Beiträge: 4188
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(#1284225) Verfasst am: 07.05.2009, 17:55 Titel: |
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Kramer hat folgendes geschrieben: | Was willst Du mir sagen? |
Dass die "Erbsünde" zwar was mit Sex zu tun hat, aber in keiner Weise so, wie du schreibst.
Deswegen mein Verweis z.B. auf die griechische Mythologie, deren Bekanntheit ich in etwa voraussetzte, die keinen Vater/Schöpfergott hat, auch Sex nicht mit Leid und Schuld verbindet, aber in der hellenistischen Zeit ein Patriarchat in bezug auf Frauen wie die Taliban.
Die Vorstellung, hauptsächlich oder gar nur Unwissen - worüber auch immer - sei der Hintergrund für bestimmte Welterklärungsmodelle ist zudem naiv, jedenfalls für die Zeit, in die das AT zurückreicht.
In der Zeit geht es längst um ganz massive Interessen diverser Art.
Gesicherte männliche Erbfolge bedarf der weiblichen Monogamie - dazu musst du die Weiber erst mal kriegen.
Dazu bastelt man sich ne passende Ideologie, ob die böse Frau da den Mann zu "Bösem" verführt, oder nur eine Bruthenne ist, wie bei Aristoteles, das ist eigentlich egal, der Zweck ist der gleiche.
Aber was soll's, das hatten wir ja schon 1000 Mal, es passt einfach nicht in den Kram, dass die "Unwissenheit" von Christen und Vorgängern nicht als Erklärung reicht, nicht mal ursächlich ist für diverse "Phänomene" von und in Welterklärungsmodellen, aber mehr interessiert einfach nicht, schon weil man es nicht wirklich anders sieht - das mit dem Sex und den Frauen.
Da hilft das Wissen um die Evolution bzw. evolutionäre Prozesse, denn was das (festgelegte?) "Programm" wäre, weiß ich nicht, offenbar auch nicht wirklich weiter.
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sergej dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 28.11.2006 Beiträge: 1006
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(#1284249) Verfasst am: 07.05.2009, 18:35 Titel: Re: Evolution und Erbsünde |
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[quote="Norton" postid=1283739] Zitat: | If evolution is true, then there was no Adam and Eve
Wie geht für die paar Christen hier Evolution, Bibel und Erbsünde zusammen? |
Jesus hat uns alle mit seinem doppelen selbstmord und
von Erbsünde (die sache mit apfel)
befreit!!!!!
Danke JESUS ; MARIJA, GOTT und ESEL
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Norton dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 11.11.2006 Beiträge: 4372
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(#1313181) Verfasst am: 24.06.2009, 23:33 Titel: |
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Hier stehen Antworten aus.
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Alchemist registrierter User
Anmeldungsdatum: 03.08.2004 Beiträge: 27897
Wohnort: Hamburg
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(#1313330) Verfasst am: 25.06.2009, 08:01 Titel: Re: Evolution und Erbsünde |
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Kramer hat folgendes geschrieben: | tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Norton hat folgendes geschrieben: | Wie geht für die paar Christen hier Evolution, Bibel und Erbsünde zusammen? |
Mythologie handelt mE nicht von Geschichte, sondern von Existentialität. Die Ursünde ist die Entfremdung, in die jeder Mensch verstrickt ist. |
Ich finde es immer wieder interessant, wie man etwas, das aller Wahrscheinlichkeit nach ein aus Unwissen entstandener Irrtum war, durch interpretatorische Modernisierung zu retten versucht. Der naheliegende Schluss ist doch, dass die Autoren der alttestamentarischen Schöpfungsgeschichten viel zu wenig wussten, um die Entstehung von Himmelskörpern und Lebewesen annähernd zutreffend beschreiben zu können. Also habe sie sich - höchstwahrscheinlich auf Basis noch älterer Geschichten - einfach mal ausgedacht, wie das alles so entanden sein könnte. Eine andere Frage, die die Menschen damals beschäftigt hat, war: Warum geht es uns so dreckig? Warum müssen wir so hart schuften, um zu überleben? Warum müssen Frauen so verdammt leiden, um Kinder zur Welt zu bringen? Was haben wir getan, dass wir so sehr leiden müssen? Dieser Zustand war den Menschen aber nicht fremd, er war ihnen nur allzu vertraut, er machte ihre gesamte "Existentialität" aus.
Die Menschheit steckte noch in den Kinderschuhen, ebenso wie die Welterklärungsversuche. "Wir haben was ganz Schlimmes angestellt, darum ist Papi/Gott böse mit uns und wir müssen bestraft werden." Und da die Frau am härtesten bestraft wird, muss sie wohl die grössere Schuld auf sich geladen haben. Mit Enftremdung hat das alles nichts zu tun. Es geht um Sex. Es geht um das Ende der Unschuld, das Ende der Kindheit, die Erkenntnis, dass man ein sexuelles Wesen ist und dass Sex eine verführerische Sache ist, die nicht ganz so verführerische Folgen hat. Dass Sexualität evolutionäre Ursachen hat, wussten die Autoren der Schöpfungsberichte aber auch noch nicht. Was sie wussten, war, dass auf sexuelle Befriedigung meistens Schmerz und ein Leben voll Arbeit folgt. Das evolutionäre Program lautet eben nicht "Erst die Arbeit, dann das Vergnügen". Wenn man keinen blassen Schimmer von Evolution hat und sich die Welt als von einem bewussten Schöpfer gewollt vorstellt, dann sucht man nach Erklärungen, die völlig falsch sein müssen. |
Tja was will man sonst machen in einer modernen informationsgeladenen Welt, deren Erkenntnisse seinem "heilige" Buch widersprechen? Da muss man sich einfach in Interpretationen flüchten, um sein Weltbild noch halbwegs zu retten. Das kann dann schonmal ballancereske Züge annehmen, die anderen Menschen die Tränen in die Augen treiben können. Der Klerus hatte im Mittelalter so etwas gewusst und lebte nach der Devise:"Es ist nicht gut zuviel zu wissen."
Ich sehe das ähnlich wie du Kramer. Die Autoren dieser altertümlichen Texte wollten eine Beschreibung der Welt abliefern. Und auf Grund von mangeldem Wissen, gepaart mit Aberglauben, kamen diese absurden Geschichten dabei heraus.
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Testirossi Gnostiker
Anmeldungsdatum: 12.08.2008 Beiträge: 741
Wohnort: jwd
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(#1313380) Verfasst am: 25.06.2009, 09:49 Titel: Re: Evolution und Erbsünde |
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Effô Tisetti hat folgendes geschrieben: | ...
Adorno hat folgendes geschrieben: |
Nach Abzug des existentialen Brimboriums bleibt übrig die Empfehlung religiösen Brauchtums abgelöst vom religiösen Inhalt; daß, als Gegenstände von Volkskunde, kultische Formen ihr Mysterium als leere Hülle überdauern, wird nicht durchschaut, sondern mit Hilfe des Jargons verteidigt. | |
Ist das eine Rückübersetzung aus dem Englischen, oder hat dieser Typ "Adorno" tatsächlich so geschrieben?
Und damit das Post nicht nur ot daherkommt, ein konstruktiver Beitrag (wenns denn sein muss ...) zu Nortons gewichtiger Frage nach der Erbsünde", die als Begriff mehrere Deutungen zulässt.
Da haben wir zum Beispiel die Ver-Erbsünde und die Er-Erbsünde. Welche der beiden genannten Varianten liegt dir denn am Herzen? (@ Norton)
_________________ "Die Kunst aller grossen Volksführer aber, bestand noch zu allen Zeiten darin, die Aufmerksamkeit der Masse auf einen Feind zu konzentrieren."
(A. H.)
Zuletzt bearbeitet von Testirossi am 25.06.2009, 11:18, insgesamt einmal bearbeitet |
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1313433) Verfasst am: 25.06.2009, 11:00 Titel: |
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Yogosh hat folgendes geschrieben: | @ballancer: Den ersten Teil Deiner Antwort verstehe ich so, dass Du es für möglich hälst, einen christlichen Glauben allein auf eine (von mehreren) literarisch mögliche Textrezeption zu gründen. Reicht das wirklich aus? |
Dies bezieht sich auf
ballancer hat folgendes geschrieben: | Yogosh hat folgendes geschrieben: | Ich denke dass diese Interpretationen schon ihre Berechtigung haben. Nur eben im literarischen Sinn. Was der/die Autoren sich damals gedacht haben oder auf welchen geistigen und kulturellen Traditionen ein Werk aufbaut, ist zwar für die Kulturhistorische Einordnung wichtig, aber für eine Rezeption unsererseits nicht unbedingt relevant.
Ohne jetzt groß postmodern werden zu wollen oder zu müssen: Bei einem Gedicht ist mir ja auch wichtiger, was es mir bedeutet als was (oder ob überhaupt) der Autor damit sagen wollte. Jedenfalls wenn ich es zu meiner eigenen Erbauung lese.
Der Fehler den auch moderne und moderate Christen machen ist bloß der, dass sie diesem literarischen Werk eine Bedeutung beimessen, die zwar aus der Rezeptionsgeschichte erklärt, aus dem Gesamttext aber nicht wirklich gerechtfertigt werden kann. |
Hier stimme ich nicht zu, denn gerade die Tiefe der dargestellten Geschichte - vor allem, wenn man sie metaphorisch versteht - ist nicht nur kulturprägend, sondern auch gerade in der vergleichenden Mythologie herausragend. Die Elemente, die hier bildhaft beschrieben werden, mögen zunächst simpel aussehen, transzendieren sich aber im szenischen Aufbau und den Details. Dann müsste auch der unvoreingenommene Leser hier entweder einen enormen Respekt vor der visionären Kraft der Verfasser haben, oder eben doch eine 'Inspiration' annehmen. |
Das Hauptargument von Muslimen für die Wahrheit des Islams sei die Kraft der Worte, die der Koran vermittelt. Dem stimme ich zwar nicht zu, aber ich sehe, dass manche Texte eine ihr eigene Bedeutung haben, die sich eben nicht in einer distanzierten Betrachtung erschöpft.
Wenn also die biblische Urgeschichte ihres Anspruches eines göttlichen Ursprunges und ihrer Wirkungsgeschichte entledigt wird, bleibt der Text nackt als Erzählung stehen. Und hier setzt die Auseinandersetzung mit dem Text an. Dann ist es nämlich ebenso wenig relevant, dass der Text aus längst vergangenen Kulturen entstammt, die vor Jahrtausenden existierten, sondern der Text spricht direkt zu dem Leser. Und da passiert etwas seltsames:
Trotz der Schlichtheit der Erzählung wird der unvoreingenommene Leser in das Geschehnis hinein genommen und findet sich als Beteiligter wieder. Die Identifikation mit dem Archetypus kann über alle Zeiten und Kulturen hinweg nachvollzogen werden. Man versteht die Neugier, die Zufriedenheit und die Unzufriedenheit, die Versuchung und den Fall.
Es handelt sich also nicht nur um eine literarische Textrezeption, sondern um eine Geschichte, die im Leser einen Wiederhall weckt. In diesem Sinne ist die Geschichte unzweifelhaft wahr, auch wenn damit nicht notwendig eine historische Wahrheit impliziert wird. Sie führt zu einem Selbstverständnis und Identifikation in der Auseinandersetzung mit dem Text.
Interessant ist sicher auch die historische Textrezeption, in der ein von mir hoch geschätzter Paulus sich zu einem seltsamen Fehlurteil hinreißen lässt. Er leitet aus der Erzählung, in der zuerst Eva der Versuchung erlegen ist, ab, dass dies eine Bedeutung in der Beziehung der Geschlechter habe. Dies gibt m.E. die Geschichte nicht her, denn Eva leistete der Versuchung berichteter Weise eben argumentativen Widerstand, was bei Adam fehlte. Darum kann eine Geschlechtsdifferenzierung hier nur als Überinterpretation verstanden werden.
Denn rein erzähltechnisch besteht eine Notwendigkeit, den Akteuren Rollen zuzuweisen. Neutral lässt sich eine Geschichte nicht erzählen. Der Ausgleich für den Ersten, der der Versuchung unterlag, ist eben der intellektuelle Widerstand. Es wurden im Entscheidungsprozess auch keine weiteren geschlechtsspezifischen Merkmale außer der Faktizität dieser in Bezug auf den Akteur dargestellt.
Der christliche Glaube gründet sich jedoch im Kern nicht auf die biblische Urgeschichte, sondern auf Jesus Christus, der gestorben und auferstanden ist - als historische Tatsache.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
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(#1313493) Verfasst am: 25.06.2009, 12:22 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: | Wenn also die biblische Urgeschichte ihres Anspruches eines göttlichen Ursprunges und ihrer Wirkungsgeschichte entledigt wird, bleibt der Text nackt als Erzählung stehen. Und hier setzt die Auseinandersetzung mit dem Text an. Dann ist es nämlich ebenso wenig relevant, dass der Text aus längst vergangenen Kulturen entstammt, die vor Jahrtausenden existierten, sondern der Text spricht direkt zu dem Leser. Und da passiert etwas seltsames:
Trotz der Schlichtheit der Erzählung wird der unvoreingenommene Leser in das Geschehnis hinein genommen und findet sich als Beteiligter wieder. Die Identifikation mit dem Archetypus kann über alle Zeiten und Kulturen hinweg nachvollzogen werden. Man versteht die Neugier, die Zufriedenheit und die Unzufriedenheit, die Versuchung und den Fall.
Es handelt sich also nicht nur um eine literarische Textrezeption, sondern um eine Geschichte, die im Leser einen Wiederhall weckt. In diesem Sinne ist die Geschichte unzweifelhaft wahr, auch wenn damit nicht notwendig eine historische Wahrheit impliziert wird. Sie führt zu einem Selbstverständnis und Identifikation in der Auseinandersetzung mit dem Text. |
Nur mal zum Verständnis: Siehst Du das von Dir Beschriebene als Besonderheit der Bibelgeschichten oder gilt das allgemeiner? Könnte also diese Beschreibung auf alle möglichen Geschichten (nicht gerade Trashliteratur, eher etwa Märchen oder Legenden) zutreffen? Ich frage, weil ich mir nicht ganz sicher bin ob Du insb. mit dem "Und da passiert etwas seltsames" etwas Religiöses/Spirituelles meinst oder einfach bloß das eher mondäne Hineingezogen werden in eine faszinierende Geschichte.
_________________ "If the King's English was good enough for Jesus Christ, it's good enough for the children of Texas!" - Miriam Amanda "Ma" Ferguson, Governor of Texas, als Begründung gegen Spanischunterricht
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1313801) Verfasst am: 25.06.2009, 20:13 Titel: |
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Yogosh hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Wenn also die biblische Urgeschichte ihres Anspruches eines göttlichen Ursprunges und ihrer Wirkungsgeschichte entledigt wird, bleibt der Text nackt als Erzählung stehen. Und hier setzt die Auseinandersetzung mit dem Text an. Dann ist es nämlich ebenso wenig relevant, dass der Text aus längst vergangenen Kulturen entstammt, die vor Jahrtausenden existierten, sondern der Text spricht direkt zu dem Leser. Und da passiert etwas seltsames:
Trotz der Schlichtheit der Erzählung wird der unvoreingenommene Leser in das Geschehnis hinein genommen und findet sich als Beteiligter wieder. Die Identifikation mit dem Archetypus kann über alle Zeiten und Kulturen hinweg nachvollzogen werden. Man versteht die Neugier, die Zufriedenheit und die Unzufriedenheit, die Versuchung und den Fall.
Es handelt sich also nicht nur um eine literarische Textrezeption, sondern um eine Geschichte, die im Leser einen Wiederhall weckt. In diesem Sinne ist die Geschichte unzweifelhaft wahr, auch wenn damit nicht notwendig eine historische Wahrheit impliziert wird. Sie führt zu einem Selbstverständnis und Identifikation in der Auseinandersetzung mit dem Text. |
Nur mal zum Verständnis: Siehst Du das von Dir Beschriebene als Besonderheit der Bibelgeschichten oder gilt das allgemeiner? Könnte also diese Beschreibung auf alle möglichen Geschichten (nicht gerade Trashliteratur, eher etwa Märchen oder Legenden) zutreffen? |
Natürlich gilt dies allgemein, denn diese Methode ist eben nicht an die Bibel gebunden. Das habe doch beschrieben.
Wenn dies auch bei neueren Texten funktioniert, dann sehe ich hier weniger Spektakuläres, wie wohl immer noch erstaunliches, denn die Nähe des Denkens ermögliche derartige Gedanken weit eher nachvollziehbar. Wenn es aber bei alten Texten geschieht, dann ist es weit eher unerwartet. Auch bei den alten Griechen erstaunt die gedankliche Tiefe, aber man ist geneigt´, hier die geistige Verwandtschaft der Rationalität wegen anzunehmen.
Yogosh hat folgendes geschrieben: | Ich frage, weil ich mir nicht ganz sicher bin ob Du insb. mit dem "Und da passiert etwas seltsames" etwas Religiöses/Spirituelles meinst oder einfach bloß das eher mondäne Hineingezogen werden in eine faszinierende Geschichte. |
Beides schleißt sich nicht aus. Es ist zunächst eine Erfahrung.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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Ahriman Tattergreis
Anmeldungsdatum: 31.03.2006 Beiträge: 17976
Wohnort: 89250 Senden
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(#1313958) Verfasst am: 25.06.2009, 21:09 Titel: |
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Ballancer hat folgendes geschrieben: | Der christliche Glaube gründet sich jedoch im Kern nicht auf die biblische Urgeschichte, sondern auf Jesus Christus, der gestorben und auferstanden ist - als historische Tatsache. |
Erstaunlich, die Unverfrorenheit dieses Burschen. "Historische Tatsache" - es ist nicht mal bewiesen, daß Jesus überhaupt gelebt hat und existierte. Und was die Auferstehung betrifft - na, wir wissen ja: Selig sind, die da geistig arm sind. Oh Baby balla balla...
_________________ ...und suche mich nicht in der Unterführung...
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1314859) Verfasst am: 26.06.2009, 10:52 Titel: |
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Norton hat folgendes geschrieben: | Hier stehen Antworten aus. |
Ich halte den Begriff Erbsünde aufgrund der historischen Praxis, welche doch im Wesen daraus bestand, das Individuum über sein Gewissen zu knechten, für unbrauchbar. Ich lehne ihn deswegen ab.
Die Geschichte über die Erbsünde stellt dennoch ein Glanzstück dar, welches die Frage zu bewältigen versucht, was den Menschen zum moralischen Tier macht, das in der Lage ist, falsche und richtige, gute und schlechte Dinge zu tun. Und wie es kommt, daß dies, und das Unbehagen darüber den Menschen stolpern lässt, so daß er gezwungen ist, den Blick auf das zu richten, worüber er gestolpert ist: sich selber und die merkwürdige Differenz zur Welt in der er lebt.
Um diese Differenz geht es eigentlich, und um die Sehnsucht des Menschen, von der Bürde befreit zu werden, die ihn zum moralischen Tier macht. Die Befreiung von der Beschädigung die das darstellt, und was ihn wieder zu einem heilen Wesen machen könnte.
Wenn tillich(epigonal) mit der Entfremdung von Gott so ungefähr das meint, dann kann ich damit sehr viel anfangen.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Ieldra Außerirdischer Techno-Magier
Anmeldungsdatum: 12.12.2007 Beiträge: 156
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(#1314883) Verfasst am: 26.06.2009, 11:40 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: | Trotz der Schlichtheit der Erzählung wird der unvoreingenommene Leser in das Geschehnis hinein genommen und findet sich als Beteiligter wieder. Die Identifikation mit dem Archetypus kann über alle Zeiten und Kulturen hinweg nachvollzogen werden. Man versteht die Neugier, die Zufriedenheit und die Unzufriedenheit, die Versuchung und den Fall.
Es handelt sich also nicht nur um eine literarische Textrezeption, sondern um eine Geschichte, die im Leser einen Wiederhall weckt. In diesem Sinne ist die Geschichte unzweifelhaft wahr, auch wenn damit nicht notwendig eine historische Wahrheit impliziert wird. Sie führt zu einem Selbstverständnis und Identifikation in der Auseinandersetzung mit dem Text. |
Ich würde es vorziehen, wenn Du nicht unterstellen würdest, dass alle, die die Identifikation mit dem Archetypus nicht nachvollziehen können, voreingenommen sind.
Man kann die Texte als Erzählung lesen, als Fiktion. Dann ist eine Identifikation immerhin möglich. Aber auch dann stellt sich die Frage, was denn eine "unvoreingenommene" Reaktion wäre - sofern das überhaupt möglich ist.
Wenn man die Texte als Erzählung mit Wahrheitsanspruch liest, dann verhält es sich anders. Ich kann aus eigener Erfahrung die unvoreingenommene Reaktion darstellen, denn ich bin in einem Haushalt aufgewachsen, in dem Religion kein Thema (weder positiv noch negativ) war, bis in der Schule der Religionsunterricht kam und ich keine Ahnung hatte, was katholisch oder evangelisch bedeutete, als ich danach gefragt wurde. Die Reaktion auf die Erzählungen im Religionsunterricht war dann sinngemäß zwischen "Das klingt aber ziemlich bescheuert" für die Schöpfungsgeschichte der Welt bis hin zu "Welches Recht hat Gott, Adam und Eva diese Regeln aufzudrücken. Das ist ungerecht!" für den Sündenfall. Dass die Identifiktaion mit dem Archetyp über alle Zeiten und Kulturen hinweg nachvollzogen werden kann, ist eine Behauptung, die jeglicher Grundlage entbehrt.
Im übrigen erweckt jede gute Erzählung im Leser einen Widerhall, das ist also kein Alleinstellungsmerkmal religiöser Texte, und man kann durch Identifikation und Auseinandersetzung mit den darin enthaltenen Archetypen fast immer etwas lernen. Deshalb halten wir diese Texte aber nicht für wahr, auch nicht in einem übertragenen Sinn.
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Abgesehen davon, kann ich mir aber eine moderne Interpretation der Geschichte von der Erbsünde durchaus vorstellen: Darin bestände etwa die Sündhaftigkeit des Menschen in der Tatsache, dass es uns unmöglich ist, ein ethisch perfektes Leben zu führen (schon weil es Situationen gibt, die keine perfekte Lösung haben). Der Sündenfall wäre ein Bild für die Entwicklung der Selbstreflexion beim Menschen, durch die allein er diese Tatsache erkennen kann. Diese Interpretation wäre kompatibel mit der Evolution. Ich würde die Entwicklung des Menschen dennoch nicht in diese Begriffe fassen, weil sie mir zu aufgeladen sind mit Leidenschaften, die ich nicht nachvollziehen kann.
_________________ Faith is the truth of passion. Since no passion is more true than another, faith is the truth of nothing – aus “The Darkness that comes before”, von R. Scott Bakker
When we remember we are all mad, the mysteries disappear and life stands explained. - Mark Twain
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Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
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(#1314918) Verfasst am: 26.06.2009, 12:10 Titel: |
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Ieldra hat folgendes geschrieben: | Ich kann aus eigener Erfahrung die unvoreingenommene Reaktion darstellen, denn ich bin in einem Haushalt aufgewachsen, in dem Religion kein Thema (weder positiv noch negativ) war, bis in der Schule der Religionsunterricht kam und ich keine Ahnung hatte, was katholisch oder evangelisch bedeutete, als ich danach gefragt wurde. Die Reaktion auf die Erzählungen im Religionsunterricht war dann sinngemäß zwischen "Das klingt aber ziemlich bescheuert" für die Schöpfungsgeschichte der Welt bis hin zu "Welches Recht hat Gott, Adam und Eva diese Regeln aufzudrücken. Das ist ungerecht!" für den Sündenfall. Dass die Identifiktaion mit dem Archetyp über alle Zeiten und Kulturen hinweg nachvollzogen werden kann, ist eine Behauptung, die jeglicher Grundlage entbehrt. |
So ungefähr lief das bei mir auch ab. Die Geschichten, die mich ansprachen lagen eher auf der David und Goliath Schiene. Halt Themen aus denen man immer schon Geschichten gemacht hat. Ich glaube man muss schon mit einer bestimmten Erwartungshaltung an die Bibel herangehen oder etwas in ihr suchen damit die spezifisch religiösen Inhalte einen Wiederhall finden.
_________________ "If the King's English was good enough for Jesus Christ, it's good enough for the children of Texas!" - Miriam Amanda "Ma" Ferguson, Governor of Texas, als Begründung gegen Spanischunterricht
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1315012) Verfasst am: 26.06.2009, 13:38 Titel: |
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Ieldra hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Trotz der Schlichtheit der Erzählung wird der unvoreingenommene Leser in das Geschehnis hinein genommen und findet sich als Beteiligter wieder. Die Identifikation mit dem Archetypus kann über alle Zeiten und Kulturen hinweg nachvollzogen werden. Man versteht die Neugier, die Zufriedenheit und die Unzufriedenheit, die Versuchung und den Fall.
Es handelt sich also nicht nur um eine literarische Textrezeption, sondern um eine Geschichte, die im Leser einen Wiederhall weckt. In diesem Sinne ist die Geschichte unzweifelhaft wahr, auch wenn damit nicht notwendig eine historische Wahrheit impliziert wird. Sie führt zu einem Selbstverständnis und Identifikation in der Auseinandersetzung mit dem Text. |
Ich würde es vorziehen, wenn Du nicht unterstellen würdest, dass alle, die die Identifikation mit dem Archetypus nicht nachvollziehen können, voreingenommen sind. |
Bist du hier nicht etwas überinterpretierend?
Ieldra hat folgendes geschrieben: | Man kann die Texte als Erzählung lesen, als Fiktion. Dann ist eine Identifikation immerhin möglich. Aber auch dann stellt sich die Frage, was denn eine "unvoreingenommene" Reaktion wäre - sofern das überhaupt möglich ist.
Wenn man die Texte als Erzählung mit Wahrheitsanspruch liest, dann verhält es sich anders. |
Was verstehst du unter einem 'Wahrheitsanspruch' ? Wenn du heutiges Historisches Denken, welches geschichtliche Ereignisse scharf von mythischen Ereignissen unterscheidet zur Grundlage nimmst, dann mag das weitgehend dem aktuellen Denken entsprechen, ist aber wohl eher ein Novum und in der Antike so kein Standard gewesen.
Ieldra hat folgendes geschrieben: | Ich kann aus eigener Erfahrung die unvoreingenommene Reaktion darstellen, denn ich bin in einem Haushalt aufgewachsen, in dem Religion kein Thema (weder positiv noch negativ) war, bis in der Schule der Religionsunterricht kam und ich keine Ahnung hatte, was katholisch oder evangelisch bedeutete, als ich danach gefragt wurde. Die Reaktion auf die Erzählungen im Religionsunterricht war dann sinngemäß zwischen "Das klingt aber ziemlich bescheuert" für die Schöpfungsgeschichte der Welt bis hin zu "Welches Recht hat Gott, Adam und Eva diese Regeln aufzudrücken. Das ist ungerecht!" für den Sündenfall. Dass die Identifiktaion mit dem Archetyp über alle Zeiten und Kulturen hinweg nachvollzogen werden kann, ist eine Behauptung, die jeglicher Grundlage entbehrt.
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Ich sehe damit keineswegs einen hinreichenden Beleg für eine unvoreingenommene Textrezeptieon. Wenn du zwar keine religöse Vorprägung hattest, kann ich mir traotzdem schwer vorstellen, dass dir die Bedeutung der Texte im Religionsunterricht als neutral präsentiert wurden, wäre ja erstaunlich. In meinem Reli-Unterricht herrschte eine eher ablehnende Grundeinstellung vor.
Auch meinte ich erst relativ spät, selbstständig genug zu sein, um eine halbwegs unvoreingenommene Position vertreten zu können. Dazu musste ich erst eine Abnabelung von vorgegebenen Meinungen durchlaufen und auch die Anti-Position kritisch hinterfragen.
Keineswegs aber habe ich behauptet, dass jeder diese Empfindung teilen muss. Jedoch wird die starke Reaktion auf diesen Text, der sowohl von Gläubigen als auch von Kritsich-ablehneneden häufig zitiert wird, in seiner Bedeutung wohl kaum unterschätzt.
Die aktuelle Kirchlehre erwähnt dagegen Erbsünde eher selten und scheint das Thema eher unter den Teppich kehren zu wollen. Am meisten wird es von Kirchenkritikern zum Thema erklärt, dann aber in einer verkürzten Form.
Ieldra hat folgendes geschrieben: |
Im übrigen erweckt jede gute Erzählung im Leser einen Widerhall, das ist also kein Alleinstellungsmerkmal religiöser Texte, und man kann durch Identifikation und Auseinandersetzung mit den darin enthaltenen Archetypen fast immer etwas lernen. Deshalb halten wir diese Texte aber nicht für wahr, auch nicht in einem übertragenen Sinn.
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Ich halte die Kategorie 'religiöse Texte' auch für wenig signifikant. Warum stellst du diese als besonders dar? Ich habe oben schon eine Sonderstellung abgelehnt.
Was du allerdings für wahr hältst, und was du für einen Wahrheitsbegriff damit verbindest, bleibt natürlich dir selber überlassen. Ich kann nur von meinen Ansichten sprechen.
Ieldra hat folgendes geschrieben: |
Abgesehen davon, kann ich mir aber eine moderne Interpretation der Geschichte von der Erbsünde durchaus vorstellen: Darin bestände etwa die Sündhaftigkeit des Menschen in der Tatsache, dass es uns unmöglich ist, ein ethisch perfektes Leben zu führen (schon weil es Situationen gibt, die keine perfekte Lösung haben). Der Sündenfall wäre ein Bild für die Entwicklung der Selbstreflexion beim Menschen, durch die allein er diese Tatsache erkennen kann. |
Hier haben wir durchaus Ähnlichkeiten im Ansatz. Die Frage ist die der Externalisierung der Mächte der Ordnung (Gott) und der Versuchung (Schlange): Sind diese nur Symbole innerer Kräfte, oder ist die Lebenswirklichkeit des Menschen tatsächlich in einem personalen externen Spannungsfeld zu verstehen?
Ieldra hat folgendes geschrieben: | Diese Interpretation wäre kompatibel mit der Evolution. Ich würde die Entwicklung des Menschen dennoch nicht in diese Begriffe fassen, weil sie mir zu aufgeladen sind mit Leidenschaften, die ich nicht nachvollziehen kann. |
Ich denke, dass Evolution hier nicht wirklich zum Verständnis beiträgt. Die Entwicklung als Trial-and-Error gedachtes Paradigma sagt hier nichts.
Dein Nick-Motto lässt vermuten, dass du Babylon-5 Fan bist. Harlan Ellison wirkte als konzeptioneller Berater mit. Vor langer Zeit las ich eine Kurzgeschichte von ihm, die mich sehr beeindruckte: »Repent, Harlequin! Said the Ticktockman«, der immerhin den Nebular Award bekam. In dem Band der Kurzgeschichten war auch eine Geschichte mit dem englichen Titel "DELUSION FOR A DRAGON SLAYER" die mich nachhaltig beschfätigte. Ein Auszug aus der Synopsis
Zitat: | A simple guy dreams incessantly of being a swashbuckling sea captain and saving a lovely damsel. Suddenly he is transformed into such a hero and then ineptly proceeds to crash all possible expectations, disgracing himself in front of said damsel. An obvious moral is to be worthy of one's dreams. |
Bis nach Wikiquote hat geschafft:
Zitat: | * You can live in your dreams, but only if you are worthy of them.
o "Delusion for a Dragon Slayer" (1966)
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Ich las sie auf deutsch, aber diese Geschichte vergaß ich nicht. Letztlich zerbricht der Protagonist an seiner Unfähigkeit, seinen eigenen moralischen Werten zu entsprechen. Ich sehe darin eine andere Variante des Sündenfalls.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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Ieldra Außerirdischer Techno-Magier
Anmeldungsdatum: 12.12.2007 Beiträge: 156
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(#1317232) Verfasst am: 29.06.2009, 12:35 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: | Ieldra hat folgendes geschrieben: | Man kann die Texte als Erzählung lesen, als Fiktion. Dann ist eine Identifikation immerhin möglich. Aber auch dann stellt sich die Frage, was denn eine "unvoreingenommene" Reaktion wäre - sofern das überhaupt möglich ist.
Wenn man die Texte als Erzählung mit Wahrheitsanspruch liest, dann verhält es sich anders. |
Was verstehst du unter einem 'Wahrheitsanspruch' ? Wenn du heutiges Historisches Denken, welches geschichtliche Ereignisse scharf von mythischen Ereignissen unterscheidet zur Grundlage nimmst, dann mag das weitgehend dem aktuellen Denken entsprechen, ist aber wohl eher ein Novum und in der Antike so kein Standard gewesen. |
Ich sehe keinen Anlass, das Denken der Antike dem heutigen vorzuziehen, noch, das moderne Denken nur deshalb als unterlegen anzusehen, weil es nur ein paar Jahrhunderte alt ist (sollte es sich so verhalten, was ich nicht denke). Außerdem hat sich bereits Sokrates gegen die Erzählungen über die griechischen Götter gewandt, und ich sehe auch bei Aristoteles' Ethik wenig Mythenrezeption.
Ich erkenne an, dass es Texte gibt, die uns eher auf einer emotionalen Ebene ansprechen als auf einer rationalen, und ebenso, dass es Dinge gibt, die sich auf diese Weise - in Form von Geschichten anstatt von Erklärungen - am besten vermitteln lassen, aber ich erwarte von solchen Texten, dass erstens die Dinge, die durch sie vermittelt werden, sich *auch* in einer rationalen und aussagenlogisch nicht widersprüchlichen Art und Weise formulieren lassen, und dass sie zweitens zumindest *kompatibel* sind mit dem nachprüfbaren Wissen der modernen Naturwissenschaft, auch wenn sie in ihren Inhalten darüber hinaus gehen. Die häufige Entgegnung "das ist ein Mysterium, das kann man nicht verstehen" ist für mich eine Ausflucht, um sich der Debatte zu entziehen.
Was die Geschichte von der Erbsünde betrifft, so bin ich der Meinung, dass, falls es tatsächlich psychische Wahrheiten gibt, die durch sie vermittelt werden, die Präsentation sich zu sehr dem Missbrauch durch Herrschaftsideologien öffnet, um universell akzeptabel zu sein.
Zitat: | Ieldra hat folgendes geschrieben: | Ich kann aus eigener Erfahrung die unvoreingenommene Reaktion darstellen, denn ich bin in einem Haushalt aufgewachsen, in dem Religion kein Thema (weder positiv noch negativ) war, bis in der Schule der Religionsunterricht kam und ich keine Ahnung hatte, was katholisch oder evangelisch bedeutete, als ich danach gefragt wurde. Die Reaktion auf die Erzählungen im Religionsunterricht war dann sinngemäß zwischen "Das klingt aber ziemlich bescheuert" für die Schöpfungsgeschichte der Welt bis hin zu "Welches Recht hat Gott, Adam und Eva diese Regeln aufzudrücken. Das ist ungerecht!" für den Sündenfall. Dass die Identifiktaion mit dem Archetyp über alle Zeiten und Kulturen hinweg nachvollzogen werden kann, ist eine Behauptung, die jeglicher Grundlage entbehrt.
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Ich sehe damit keineswegs einen hinreichenden Beleg für eine unvoreingenommene Textrezeptieon. Wenn du zwar keine religöse Vorprägung hattest, kann ich mir traotzdem schwer vorstellen, dass dir die Bedeutung der Texte im Religionsunterricht als neutral präsentiert wurden, wäre ja erstaunlich. In meinem Reli-Unterricht herrschte eine eher ablehnende Grundeinstellung vor.
Auch meinte ich erst relativ spät, selbstständig genug zu sein, um eine halbwegs unvoreingenommene Position vertreten zu können. Dazu musste ich erst eine Abnabelung von vorgegebenen Meinungen durchlaufen und auch die Anti-Position kritisch hinterfragen. |
Einen solchen hinreichenden Beleg kann niemand von uns erbringen, denn keiner ist ein weißes Blatt, bereits bei der Geburt nicht. Ich kann nur von einer "hinreichend unvoreingenommenen" Einstellung ausgehen, denn an eine ablehnende Haltung der Lehrer kann ich mich nicht erinnern - in der dritten Klasse der Grundschule wurden uns die Texte so präsentiert, als wären sie wahr. Die Reflexion darüber wurde uns erst später gelehrt, als die Kirchengeschichte zum Lehrstoff gehörte. Zu dem Zeitpunkt hatte ich selbst bereits eine ablehnende Haltung, die allerdings eher durch das Verhalten der Christen in meiner Umgebung gespeist war als durch kritische Reflexion (wörtliches Zitat einer zwölfjährigen Mitschülerin meiner Schwester gegenüber: "Du bist nicht in der Kirche? Aber...dann bist Du ja gar kein richtiger Mensch!"). Diese Christen verstießen gegen mein Gerechtigkeitsempfinden, indem sie ihren eigenen Gläubigen eine höhere Menschenwürde zuwiesen als den anderen. Ich habe also die Geschichten zwar bereits früh nicht geglaubt, aber die starke Ablehung von Religion - damals für mich identisch mit dem Christentum - war moralisch begründet.
Zitat: | Keineswegs aber habe ich behauptet, dass jeder diese Empfindung teilen muss. Jedoch wird die starke Reaktion auf diesen Text, der sowohl von Gläubigen als auch von Kritsich-ablehneneden häufig zitiert wird, in seiner Bedeutung wohl kaum unterschätzt. |
Du kannst Dir vielleicht vorstellen, dass die im vorigen Absatz zitierte Äußerung zu einer starken Reaktion führte. Eine ähnlich starke Reaktion kann man erwarten, wenn man erkennt, dass die Geschichte von der Erbsünde dazu benutzt wird, Menschen ein schlechtes Gewissen einzureden für etwas, für das sie nichts können, um sie besser beherrschen zu können. Ich sehe diesen Missbrauch - und ähnliche in anderen Religionen - als inhärent in der religiösen Praxis überall, weil Religion neben anderem eben auch die Funktion hat, die Kohäsion einer Gemeinschaft zu unterstützen, i.e. eine Herrschaftsideologie bereitstellt. Unabhängig von der Wahrheitsfrage ist mein moralisches Urteil über eine Religion wesentlich dadurch beeinflusst, wie bzw. wie wenig sie diese inhärente Herrschaftsideologie in ihrer Praxis benutzt. Da die Reaktion darauf eine Reaktion des Moralempfindens ist und damit eine emotionale, fällt sie naturgemäß heftig aus, und jeder hat dazu eine Meinung. Das hat mit weniger mit universeller Wahrheit zu tun als mit universeller Umstrittenheit. Einig werden könnten wir uns vielleicht mit der Aussage, dass die Geschichte von der Erbsünde Kategorien des Urteilens berührt, die jeden Menschen betreffen.
Zitat: | Die aktuelle Kirchlehre erwähnt dagegen Erbsünde eher selten und scheint das Thema eher unter den Teppich kehren zu wollen. |
Aus den oben erwähnten Gründen ist das vielleicht ganz gut so. Das Konzept der Erbsünde als "vererbte Sünde", das in der Geschichte zum Ausdruck kommt, empfinde ich als zutiefst ungerecht. Sollte man damit tatsächlich die Unfähigkeit zu moralischer Perfektion vermitteln wollen, dann sollte man sich eine andere Geschichte suchen.
Zitat: | Ieldra hat folgendes geschrieben: | Im übrigen erweckt jede gute Erzählung im Leser einen Widerhall, das ist also kein Alleinstellungsmerkmal religiöser Texte, und man kann durch Identifikation und Auseinandersetzung mit den darin enthaltenen Archetypen fast immer etwas lernen. Deshalb halten wir diese Texte aber nicht für wahr, auch nicht in einem übertragenen Sinn.
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Ich halte die Kategorie 'religiöse Texte' auch für wenig signifikant. Warum stellst du diese als besonders dar? Ich habe oben schon eine Sonderstellung abgelehnt. |
Religiöse Texte sind durch ihre Rezeption besonders. Sie werden aufgrund ihrer Geschichte und der Tatsache, dass sie als religiöse Texte benutzt wurden, für wahr gehalten, ob nun im übertragenen oder im wörtlichen Sinn. Ich könnte hier eine Reihe von Fantasy-Romanen anführen, aus denen ich etwas gelernt habe, und andere, in denen eine Ideologie propagiert wird, die ich ablehne. Kein Mensch außer mir selbst und einigen Interessierten hielte meine Meinung für signifikant. Sobald ich aber über religiöse Texte rede, haben alle etwas zu sagen, auch wenn die hinter den beiden Textkategorien stehenden Aussagen absolut identisch sind. Das ist die Besonderheit.
Zitat: | Ieldra hat folgendes geschrieben: | Abgesehen davon, kann ich mir aber eine moderne Interpretation der Geschichte von der Erbsünde durchaus vorstellen: Darin bestände etwa die Sündhaftigkeit des Menschen in der Tatsache, dass es uns unmöglich ist, ein ethisch perfektes Leben zu führen (schon weil es Situationen gibt, die keine perfekte Lösung haben). Der Sündenfall wäre ein Bild für die Entwicklung der Selbstreflexion beim Menschen, durch die allein er diese Tatsache erkennen kann. |
Hier haben wir durchaus Ähnlichkeiten im Ansatz. Die Frage ist die der Externalisierung der Mächte der Ordnung (Gott) und der Versuchung (Schlange): Sind diese nur Symbole innerer Kräfte, oder ist die Lebenswirklichkeit des Menschen tatsächlich in einem personalen externen Spannungsfeld zu verstehen? |
Die Frage der Existenz Gottes werden wir hier objektiv nicht lösen. Ich bin "weicher" Atheist, d.h. ich behaupte, es existiert kein Gott, halte dieses Wissen aber für genauso vorläufig wie jedes andere Wissen über die Welt. Lassen wir die Frage, ob man Gott überhaupt von intergalaktischen Supermagiern unterscheiden könnte, sollte er sich offenbaren, mal beiseite.
Anderseits habe ich durchaus eine persönliche Einstellung zu der Frage des "personalen externen Spannungsfelds" (übrigens ein guter Begriff): Wenn dem Universum ein solches Spannungsfeld zugrundeliegt, dann leben wir in einem Universum, in dem Willkür herrscht, nämlich die Willkür eines absoluten Herrschers, der sich, wenn man die Geschichten des Alten Testaments als Beispiel nimmt, nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat. Ich ziehe es vor, in einem Universum zu leben, das unpersönlich ist und dem ich egal bin, das aber dafür verlässlichen Gesetzen folgt. Auch halte ich es für eine absolut unverständliche Anmaßung, die moralischen Maßstäbe einer einzigen Spezies zu universalisieren. Ich brauche nur in den Himmel zu sehen, und mir zu vergegenwärtigen, dass da draußen Milliarden Galaxien mit Milliarden Milliarden Planeten existieren, um diese Ansicht als hochgradig unplausibel abzutun. Selbst wenn wir annehmen, dass Gott existiert - warum soll eine Wesenheit, die dieses Unversum erschaffen hat, sich mit dem Paarungsverhalten (Erbsünde und Sex, wie war das nochmal?) irgendwelcher Primaten, noch dazu von zweifelhafter Intelligenz, auf einem Staubkorn von einem Planeten in den Randgebieten einer ziemlich durchschnittlichen Galaxie abgeben?
All das ist natürlich kein überprüfbares Wissen, aber es reicht mir, um das Gegenteil, d.h. die Annahme des erwähnten externen personalen Spannungsfelds, als sowohl unplausibel als auch nicht wünschenswert abzulehnen, solange diese Annahme nicht ihrerseits überprüfbar ist.
Zitat: | Ieldra hat folgendes geschrieben: | Diese Interpretation wäre kompatibel mit der Evolution. Ich würde die Entwicklung des Menschen dennoch nicht in diese Begriffe fassen, weil sie mir zu aufgeladen sind mit Leidenschaften, die ich nicht nachvollziehen kann. |
Ich denke, dass Evolution hier nicht wirklich zum Verständnis beiträgt. Die Entwicklung als Trial-and-Error gedachtes Paradigma sagt hier nichts. |
Da bin ich anderer Meinung. Die Strukturen, auf denen unsere moralischen Einstellungen beruhen, sind ebenso das Ergebnis von Evolution wie unsere Physiologie und Morphologie. Siehe dazu die etwa die Forschungsarbeiten von Marc Hauser, Jonathan Haidt und anderen, oder etwa diesen Artikel auf Spiegel Online. Kurz gesagt, wir haben uns so entwickelt, dass wir moralische Urteile in bestimmten Kategorien unseres Verhaltens treffen, weil das ein Überlebensvorteil war bzw. ist. Die spezifischen Inhalte werden dann von Kultur und Erziehung beeinflusst. Die Interpretation der Geschichte der Erbsünde als Konflikt innerer Kräfte ist kompatibel mit diesen Forschungsergebnissen und deshalb aus meiner Sicht vorzuziehen.
Zitat: | Dein Nick-Motto lässt vermuten, dass du Babylon-5 Fan bist. |
???
Mein Nick selbst geht auf den Roman "Neverness" von David Zindell zurück, und das Motto ist ein Hinweis auf meine durch Arthur C Clarke inspirierte Behauptung "Any real deity is indistinguishable from an alien wizard (with powers of intergalactic reach)". Ich vermute mal, auch das hat jemand anders vor mir gesagt, aber davon weiß ich nichts. Auf jeden Fall ist interessant, was sich ergibt, wenn man diese Behauptung zusammenbringt mit Clarkes ursprünglicher Behauptung über Magie und Technologie.
Zitat: | Zitat: | A simple guy dreams incessantly of being a swashbuckling sea captain and saving a lovely damsel. Suddenly he is transformed into such a hero and then ineptly proceeds to crash all possible expectations, disgracing himself in front of said damsel. An obvious moral is to be worthy of one's dreams. |
Bis nach Wikiquote hat geschafft:
Zitat: | * You can live in your dreams, but only if you are worthy of them.
o "Delusion for a Dragon Slayer" (1966)
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Ich las sie auf deutsch, aber diese Geschichte vergaß ich nicht. Letztlich zerbricht der Protagonist an seiner Unfähigkeit, seinen eigenen moralischen Werten zu entsprechen. Ich sehe darin eine andere Variante des Sündenfalls. |
Ein schönes Zitat, und die Geschichte klingt interessant. Nur: wenn man die Unvermeidlichkeit des Scheiterns anerkennt, braucht man daran nicht zu zerbrechen. Ich sehe das im übrigen als eine prinzipiell positive Botschaft des Christentums, würde es aber als unerträglich ansehen, dazu auf die Gnade einer anderen (wenn auch göttlichen) Person angewiesen zu sein, anstatt nur auf etwas Selbsterkenntnis. Ich will meine persönliche Erlösung nicht mit Unterwerfung bezahlen, und könnte die Demut, die ich empfinde, wenn ich in den Himmel schaue, niemals einer anderen Person entgegenbringen.
_________________ Faith is the truth of passion. Since no passion is more true than another, faith is the truth of nothing – aus “The Darkness that comes before”, von R. Scott Bakker
When we remember we are all mad, the mysteries disappear and life stands explained. - Mark Twain
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Hornochse Orthographiefetischist
Anmeldungsdatum: 22.07.2007 Beiträge: 8223
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(#1317495) Verfasst am: 29.06.2009, 19:03 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Norton hat folgendes geschrieben: | Hier stehen Antworten aus. |
Ich halte den Begriff Erbsünde aufgrund der historischen Praxis, welche doch im Wesen daraus bestand, das Individuum über sein Gewissen zu knechten, für unbrauchbar. Ich lehne ihn deswegen ab.
Die Geschichte über die Erbsünde stellt dennoch ein Glanzstück dar, welches die Frage zu bewältigen versucht, was den Menschen zum moralischen Tier macht, das in der Lage ist, falsche und richtige, gute und schlechte Dinge zu tun. Und wie es kommt, daß dies, und das Unbehagen darüber den Menschen stolpern lässt, so daß er gezwungen ist, den Blick auf das zu richten, worüber er gestolpert ist: sich selber und die merkwürdige Differenz zur Welt in der er lebt.
Um diese Differenz geht es eigentlich, und um die Sehnsucht des Menschen, von der Bürde befreit zu werden, die ihn zum moralischen Tier macht. Die Befreiung von der Beschädigung die das darstellt, und was ihn wieder zu einem heilen Wesen machen könnte.
Wenn tillich(epigonal) mit der Entfremdung von Gott so ungefähr das meint, dann kann ich damit sehr viel anfangen. |
Lässt sich eine solche Auffassung (aus deiner Perspektive) überhaupt noch mit einem Gott als Person und Schöpfer vereinbaren?
_________________ Alles könnte anders sein - und fast nichts kann ich ändern.
- Niklas Luhmann -
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1317552) Verfasst am: 29.06.2009, 20:52 Titel: |
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Hornochse hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | Norton hat folgendes geschrieben: | Hier stehen Antworten aus. |
Ich halte den Begriff Erbsünde aufgrund der historischen Praxis, welche doch im Wesen daraus bestand, das Individuum über sein Gewissen zu knechten, für unbrauchbar. Ich lehne ihn deswegen ab.
Die Geschichte über die Erbsünde stellt dennoch ein Glanzstück dar, welches die Frage zu bewältigen versucht, was den Menschen zum moralischen Tier macht, das in der Lage ist, falsche und richtige, gute und schlechte Dinge zu tun. Und wie es kommt, daß dies, und das Unbehagen darüber den Menschen stolpern lässt, so daß er gezwungen ist, den Blick auf das zu richten, worüber er gestolpert ist: sich selber und die merkwürdige Differenz zur Welt in der er lebt.
Um diese Differenz geht es eigentlich, und um die Sehnsucht des Menschen, von der Bürde befreit zu werden, die ihn zum moralischen Tier macht. Die Befreiung von der Beschädigung die das darstellt, und was ihn wieder zu einem heilen Wesen machen könnte.
Wenn tillich(epigonal) mit der Entfremdung von Gott so ungefähr das meint, dann kann ich damit sehr viel anfangen. |
Lässt sich eine solche Auffassung (aus deiner Perspektive) überhaupt noch mit einem Gott als Person und Schöpfer vereinbaren? |
Ich glaube wahrscheinlich nicht an Gott als eine Person im menschlichen Sinn. Wir stehen in einem Abbildungsverhältnis mit unendlicher Differenz, wie Habermas so schön sagte. Wenn ich mich recht erinnere.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Hornochse Orthographiefetischist
Anmeldungsdatum: 22.07.2007 Beiträge: 8223
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(#1317553) Verfasst am: 29.06.2009, 20:54 Titel: |
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Mir ist diese Aussage von Habermas nicht bekannt, von daher die Nachfrage: Was bedeutet das, unter besonderer Berücksichtigung des Menschen als "Ebenbild" Gottes.
_________________ Alles könnte anders sein - und fast nichts kann ich ändern.
- Niklas Luhmann -
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zelig Kultürlich
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(#1317556) Verfasst am: 29.06.2009, 20:58 Titel: |
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Hornochse hat folgendes geschrieben: | [...] Was bedeutet das, unter besonderer Berücksichtigung des Menschen als "Ebenbild" Gottes. |
In erster Linie Brüderlichkeit unter den Menschen.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Hornochse Orthographiefetischist
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(#1317557) Verfasst am: 29.06.2009, 21:00 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Hornochse hat folgendes geschrieben: | [...] Was bedeutet das, unter besonderer Berücksichtigung des Menschen als "Ebenbild" Gottes. |
In erster Linie Brüderlichkeit unter den Menschen. |
Aber welche Rolle spielt Gott dabei? Ist das sozusagen nur eine Idee, die die fundamentalen Gemeinsamkeiten zwischen den Menschen repräsentiert, auf deren Basis Brüderlichkeit entstehen kann?
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- Niklas Luhmann -
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1317568) Verfasst am: 29.06.2009, 21:17 Titel: |
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Hornochse hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | Hornochse hat folgendes geschrieben: | [...] Was bedeutet das, unter besonderer Berücksichtigung des Menschen als "Ebenbild" Gottes. |
In erster Linie Brüderlichkeit unter den Menschen. |
Aber welche Rolle spielt Gott dabei? Ist das sozusagen nur eine Idee, die die fundamentalen Gemeinsamkeiten zwischen den Menschen repräsentiert, auf deren Basis Brüderlichkeit entstehen kann? |
Nein. Das stellt den Teil dar, den ich mitteilen kann. Das Andere fällt schwer.
Die Hoffnung, daß wir als Menschen aufgehoben sind. Ein Teil dessen sind, was über uns hinausgeht.
Verstehen werden.
Um zum Ausgangspunkt zurückzukehren:
Zitat: | Mithin, sagte ich ein wenig zerstreut, müßten wir wieder von dem Baum der Erkenntnis essen, um in den Stand der Unschuld zurückzufallen?
Allerdings, antwortete er; das ist das letzte Kapitel von der Geschichte der Welt. |
Kleist. : )
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Hornochse Orthographiefetischist
Anmeldungsdatum: 22.07.2007 Beiträge: 8223
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(#1317571) Verfasst am: 29.06.2009, 21:20 Titel: |
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Wenn du dich an den entsprechenden Text von Habermas oder einen anderen treffenden Aufsatz erinnerst, würde ich mich über einen Hinweis (ggf. per PN) freuen. So ist das Ganze für mich nicht zu fassen.
_________________ Alles könnte anders sein - und fast nichts kann ich ändern.
- Niklas Luhmann -
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1317582) Verfasst am: 29.06.2009, 21:28 Titel: |
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Hornochse hat folgendes geschrieben: | Wenn du dich an den entsprechenden Text von Habermas oder einen anderen treffenden Aufsatz erinnerst, würde ich mich über einen Hinweis (ggf. per PN) freuen. So ist das Ganze für mich nicht zu fassen. ;) |
Rede zur Verleihung des Friedenspreises.
"Glauben und Wissen"
http://www.glasnost.de/docs01/011014habermas.html
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Hornochse Orthographiefetischist
Anmeldungsdatum: 22.07.2007 Beiträge: 8223
Wohnort: Bundeshauptstadt
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(#1317666) Verfasst am: 29.06.2009, 22:12 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Hornochse hat folgendes geschrieben: | Wenn du dich an den entsprechenden Text von Habermas oder einen anderen treffenden Aufsatz erinnerst, würde ich mich über einen Hinweis (ggf. per PN) freuen. So ist das Ganze für mich nicht zu fassen. |
Rede zur Verleihung des Friedenspreises.
"Glauben und Wissen"
http://www.glasnost.de/docs01/011014habermas.html |
Zitat: | In der Kontroverse über den Umgang mit menschlichen Embryonen berufen sich heute immer noch viele Stimmen auf Moses 1,27: Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn. Dass der Gott, der die Liebe ist, in Adam und Eva freie Wesen schafft, die ihm gleichen, muss man nicht glauben, um zu verstehen, was mit Ebenbildlichkeit gemeint ist. Liebe kann es ohne Erkenntnis in einem anderen, Freiheit ohne gegenseitige Anerkennung nicht geben. Deshalb muss das Gegenüber in Menschengestalt seinerseits frei sein, um die Zuwendung Gottes erwidern zu können. Trotz seiner Ebenbildlichkeit wird freilich auch dieser Andere noch als Geschöpf Gottes vorgestellt. Diese Geschöpflichkeit des Ebenbildes drückt eine Intuition aus, die in unserem Zusammenhang auch dem religiös Unmusikalischen etwas sagen kann. Gott bleibt nur so lange ein »Gott freier Menschen«, wie wir die absolute Differenz zwischen Schöpfer und Geschöpf nicht einebnen. Nur so lange bedeutet nämlich die göttliche Formgebung keine Determinierung, die der Selbstbestimmung des Menschen in den Arm fällt. |
Das ist m.E. aber fast genau das, was ich oben schrieb. Gott funktioniert hier quasi als normativ wirkende Idee, nach der es nicht legitim ist, in die Selbstbestimmung anderer, bzw. ihre natürlichen Grundlagen einzugreifen.
_________________ Alles könnte anders sein - und fast nichts kann ich ändern.
- Niklas Luhmann -
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1317712) Verfasst am: 29.06.2009, 22:36 Titel: |
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Warum "aber"?
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Hornochse Orthographiefetischist
Anmeldungsdatum: 22.07.2007 Beiträge: 8223
Wohnort: Bundeshauptstadt
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(#1317721) Verfasst am: 29.06.2009, 22:43 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Warum "aber"? |
Vielleicht habe ich deine Aussage, dass stelle den Teil, den du mitteilen kannst, dar, falsch verstanden. Ich interpretierte das nicht als Stellungnahme deinerseits sondern als Teil deiner Erkärung.
_________________ Alles könnte anders sein - und fast nichts kann ich ändern.
- Niklas Luhmann -
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1318809) Verfasst am: 30.06.2009, 22:47 Titel: |
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Hornochse hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | Hornochse hat folgendes geschrieben: | Wenn du dich an den entsprechenden Text von Habermas oder einen anderen treffenden Aufsatz erinnerst, würde ich mich über einen Hinweis (ggf. per PN) freuen. So ist das Ganze für mich nicht zu fassen. |
Rede zur Verleihung des Friedenspreises.
"Glauben und Wissen"
http://www.glasnost.de/docs01/011014habermas.html |
Zitat: | In der Kontroverse über den Umgang mit menschlichen Embryonen berufen sich heute immer noch viele Stimmen auf Moses 1,27: Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn. Dass der Gott, der die Liebe ist, in Adam und Eva freie Wesen schafft, die ihm gleichen, muss man nicht glauben, um zu verstehen, was mit Ebenbildlichkeit gemeint ist. Liebe kann es ohne Erkenntnis in einem anderen, Freiheit ohne gegenseitige Anerkennung nicht geben. Deshalb muss das Gegenüber in Menschengestalt seinerseits frei sein, um die Zuwendung Gottes erwidern zu können. Trotz seiner Ebenbildlichkeit wird freilich auch dieser Andere noch als Geschöpf Gottes vorgestellt. Diese Geschöpflichkeit des Ebenbildes drückt eine Intuition aus, die in unserem Zusammenhang auch dem religiös Unmusikalischen etwas sagen kann. Gott bleibt nur so lange ein »Gott freier Menschen«, wie wir die absolute Differenz zwischen Schöpfer und Geschöpf nicht einebnen. Nur so lange bedeutet nämlich die göttliche Formgebung keine Determinierung, die der Selbstbestimmung des Menschen in den Arm fällt. |
Das ist m.E. aber fast genau das, was ich oben schrieb. Gott funktioniert hier quasi als normativ wirkende Idee, nach der es nicht legitim ist, in die Selbstbestimmung anderer, bzw. ihre natürlichen Grundlagen einzugreifen. |
Der großartige Text von Habermas ( Danke für den Verweis, zelig ) ist aber nicht ganz das, was du interpretierst. Denn die notwendige Selbstbestimmung und Freiheit muss nicht absolut sein. Gerade die Kenntnis der Bedingtheiten menschlicher Existenz macht diese Idee des Absoluten zur Makulatur. Vielmehr muss aus der Beobachtung der Lebensrealität heraus ein Korrektiv der Bedingtheiten, also die Kompensation der (negativen) Kräfte möglich sein, um eben erst diese Freiheit zu ermöglichen.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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