LeeSurfrich registrierter User
Anmeldungsdatum: 11.07.2009 Beiträge: 3
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(#1327201) Verfasst am: 12.07.2009, 15:09 Titel: 3. Auflage |
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Oops – fast zwei Jahre lang kein Kommentar zu diesem Buch? Fast nicht zu glauben angesichts des darin enthaltenen gesellschaftlichen Sprengstoffs.
Meine literaturbeflissene Tochter war äußerst überrascht (und gleichermaßen entzückt), einen Schmidt-Salomon-Titel auf meinem Wohnzimmertisch zu finden. So konnte ich durch den Kauf des Manifests nicht nur Erkenntnisse hinzugewinnen bzw. vertiefen, sondern – ein schöner, ungewollter Nebeneffekt – auch noch Punkte bei meinem Nachwuchs sammeln. Um den Einstieg kurz zu machen: Es gibt in dem Buch kaum einen Satz, den ich nicht unterstreichen könnte. Trotzdem – je nach Lesart – ein paar Kritikpunkte bzw. Anregungen:
Den Eigennutz in den Dienst der Humanität stellen. Spielregeln für ein menschliches Miteinander.
Titel und Untertitel dieses Kapitels sind unglücklich gewählt. Einfach deshalb, weil damit (ähnlich einer Mogelpackung) Erwartungen geweckt werden, die sich beim Lesen nicht erfüllen. Würde die Kapitelüberschrift lauten: „Warum wir neue Spielregeln für ein menschliches Miteinander brauchen“, wäre die Welt völlig in Ordnung. Denn nichts anderes, als dieses zu begründen, ist Inhalt des Textes. Der Leser erfährt weder, auf welche Weise wir künftig den Eigennutz auf der Humanität dienende Bahnen lenken sollen noch werden ihm die Spielregeln für ein menschliches Miteinander erklärt. Diese aufzustellen, wird (in einem entscheidenden Punkt) sogar eingestanden, sei „eine Herausforderung, die so komplex, ist, dass sie im Rahmen dieser Abhandlung nicht einmal andeutungsweise skizziert werden kann“. (In den Anmerkungen erfahren wir, dass die Giordano Bruno Stiftung plant, dieses Spezialthema zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen einer eigenständigen Publikation ausgiebig zu erörtern, sprich: Daran muss noch gearbeitet werden. Was gut nachzuvollziehen ist, geht es im Prinzip doch um nicht weniger als die Erarbeitung bzw. Erfindung eines völlig neuen Marktkonzeptes, das die jeweiligen Stärken des Kapitalismus und des Sozialismus vereint, ohne deren jeweiligen Schwächen aufzuweisen.)
Die einfachste Lösung wäre, wie gesagt, den Titel des Kapitels zu ändern. Die schwierige, mit dem Text dem Titel gerecht zu werden. Das könnte allerdings schnell den Rahmen des Bändchens sprengen.
Kunst ohne Kirchen?
Bei aller Notwendigkeit, (auch in dieser Härte) Klartext hinsichtlich der Religionen zu schreiben, sollte fairerweise im Manifest doch ein Punkt nicht verschwiegen werden: der ungeheure Einfluss, den die christlichen Kirchen auf die abendländische Kunst ausgeübt haben. Wohlgemerkt: ausgeübt haben, nicht ausüben! Wer einmal sich mit einer Person unterhaltend die Lübecker Marienkirche betrat und beim Blick in den Raum augenblicklich verstummte, wer je das Glück hatte, eine gelungene Aufführung der Bachschen Matthäus-Passion mitzuerleben, wer schon einmal vor einem Werk Michelangelos oder Tizians stand, weiß, denke ich, wovon ich rede. Diesen befruchtenden Einfluss der Kirchen auf die Kunst im Manifest geradezu ängstlich zu verschweigen (sollten die Kirchen doch zu etwas gut gewesen sein?) empfinde ich nicht als besonders souverän. Zumal sich das Thema an passender Stelle fast mit einem Nebensatz „erledigen“ ließe. Wenn mir schon Wissenschaft, Philosophie und Kunst als Alternative zur Religion gewiesen wird, wenn dies selbstverständlich auch vergangene Kunst einschließt, dann gehört natürlich auch der Riesenbereich der im christlich-religiösen Kontext entstandenen Werke aus Architektur, Bildhauerei, Malerei, Literatur und Musik dazu, ohne die die abendländische Kunst um so vieles ärmer wäre. Daraus einen Rechtfertigungsgrund für das sonstige unheilvolle Wirken der Großkirchen zu konstruieren, käme wohl keinem Leser in den Sinn. Hallo: Ich bin bekennender Atheist!
Finanzkrise
Die gegenwärtige Finanzkrise in der dritten Auflage des Manifests genüsslich im Hinblick auf die „Segnungen“ des Kapitalismus auszuschlachten, ist sicherlich auch dem Autor schon in den Sinn gekommen.
Jesus
Wie Auferstehungs-Erlebnisse zustande kommen, war kürzlich in der Nordwest-Zeitung zu lesen. Wenige Tage nach dem Tod Michael Jacksons wurde dort von verschiedenen Internet-Foren-Mitgliedern berichtet, die Michael „gesehen“ hätten und die Meldungen über seinen Tod als reinen PR-Gag abtaten. QED: Über alles geliebte und verehrte Menschen können einfach nicht sterben. (Vielleicht auch dies an passender Stelle für die 3. Auflage zu gebrauchen.)
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Artanis registrierter User
Anmeldungsdatum: 13.12.2008 Beiträge: 259
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(#1327492) Verfasst am: 12.07.2009, 21:43 Titel: |
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LeeSurfrich hat folgendes geschrieben: | Sorry, ich bin über einen nicht mehr ganz aktuellen Link ins Forum gekommen. Es geht um das "Manifest des evolutionären Humanismus", dessen 3. Auflage (so pfeifen es die Spatzen von den Dächern) bereits in Arbeit ist. |
Pfeifen diese Spatzen auch, ob diese 3. Auflage im Vergleich zur 2. in einem Maße verändert/erweitert wurde, dass sich ein Neukauf lohnt?
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LeeSurfrich registrierter User
Anmeldungsdatum: 11.07.2009 Beiträge: 3
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(#1327658) Verfasst am: 13.07.2009, 10:20 Titel: |
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Diskutiert wurde auf jeden Fall, die "10 Angebote" am Schluss des Bändchens zu überarbeiten. Ob dies allein Grund genug für einen Neukauf ist, kann und will ich nicht beurteilen. Fall sich herausstellen sollte, dass sich der Kauf nicht wirklich gelohnt hat, kann man die 2. Auflage ja immer noch verschenken (was der "Sache" ja durchaus dienlich ist).
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