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Ieldra Außerirdischer Techno-Magier
Anmeldungsdatum: 12.12.2007 Beiträge: 156
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(#1330103) Verfasst am: 17.07.2009, 16:16 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: | Ich denke, deine Darstellung liefert nicht die Trennschärfe zu meiner Ansicht. Unterschieden sind allerdings die Akzeptanz von Glaubensaussagen ohne den Satz vom zureichenden Grund als generell gültig zu erachten.
Im Gegensatz dazu betrachtet der Skeptiker den Satz vom zureichenden Grund als unbedingt richtig, Dieser aber ist nicht auf sich selbst anwendbar und damit inkonsistent.
Ieldra hat folgendes geschrieben: | Ansonsten bin ich der Meinung, dass diese Debatte recht gut ohne n-dimensionales Geschwurbel auskommen würde. |
Gut, dann erkläre bitte, wie der 'Satz vom zureichenden Grund' auf sich selbst anwendbar sein soll. |
Das brauche ich nicht. Denn es handelt sich nicht um eine Erkenntnisaussage, sondern um einen methodischen Grundsatz der Logik, der gemäß meiner Behauptung weiter oben einfach gesetzt wird. Ähnlich wie ein mathematisches Axiom kann er nicht richtig oder falsch sein, sondern gehört zu den Grundlagen, die überhaupt ein sinnvolles Reden über wahr und falsch erst ermöglichen.
Du kannst ihn natürlich über Bord werfen, aber damit wirfst Du gleich die halbe Logik weg, und dann brauchen wir nicht weiterzudisktutieren. All das führt eigentlich nur wieder zum Skeptizismus zurück: wenn wir unbezweifelbare Erkenntnis wollen, müssen wir die Logik über Bord werfen. Ich denke, die Philosophie- und Religionsgeschichte dürfte diese Aussage einigermaßen plausibel erscheinen lassen. Alternativ könntest Du versuchen, zu begründen, warum der Satz *nicht* gelten soll, aber bitte erkläre mir dann, wie wir überhaupt noch sinnvoll debattieren sollen?
Im übrigen werden Axiome und Grundsätze dieser Art natürlich nicht willkürlich gesetzt, sondern sie sind, wie sie sind, weil sie sinnvoll erscheinen. "Sinnvoll" heißt natürlich nicht "wahr", zumal angesichts der begrenzten menschlichen Wahrnehmungsfähigkeit. Dennoch sollte auch hier das übliche Prinzip gelten: solange wir nichts Besseres gefunden haben, bleiben wir dabei. Ich glaube kaum, dass Du den Satz vom zureichenden Grund durch etwas Besseres ersetzen kannst...
Zu Deinen anderen Ausführungen evtl. später mehr - wenn ich herausgefunden habe, ob sie angesichts des Standes der Dinge noch relevant sind.
_________________ Faith is the truth of passion. Since no passion is more true than another, faith is the truth of nothing – aus “The Darkness that comes before”, von R. Scott Bakker
When we remember we are all mad, the mysteries disappear and life stands explained. - Mark Twain
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1330344) Verfasst am: 17.07.2009, 21:18 Titel: |
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lumar hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Der IR ist darum ein methodischer Zirkel, weil er keine Abbruchbedingungen kennt. |
Welchem Zweck sollen gesetzte Abbruchbedingungen hier dienen? |
Hier: Um zu zeigen, dass das Verfahren sich von einem Zirkelschluss unterscheidet.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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lumar multiplying reflection of an ancient broken mirror
Anmeldungsdatum: 28.10.2006 Beiträge: 456
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(#1330374) Verfasst am: 17.07.2009, 21:34 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: | lumar hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Der IR ist darum ein methodischer Zirkel, weil er keine Abbruchbedingungen kennt. |
Welchem Zweck sollen gesetzte Abbruchbedingungen hier dienen? |
Hier: Um zu zeigen, dass das Verfahren sich von einem Zirkelschluss unterscheidet. |
Und warum sollte bei einer gesetzten Abbruchbedingung angehalten werden? Gemäß deiner Argumentation wäre es dann immer noch ein Zirkel, der an beliebiger Stelle unterbrochen wird.
_________________ By this art you may contemplate the variation of the 23 letters . . .
The Anatomy of Melancholy, part 2, sect. II, mem. IV.
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1330404) Verfasst am: 17.07.2009, 21:57 Titel: |
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Ieldra hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Ich denke, deine Darstellung liefert nicht die Trennschärfe zu meiner Ansicht. Unterschieden sind allerdings die Akzeptanz von Glaubensaussagen ohne den Satz vom zureichenden Grund als generell gültig zu erachten.
Im Gegensatz dazu betrachtet der Skeptiker den Satz vom zureichenden Grund als unbedingt richtig, Dieser aber ist nicht auf sich selbst anwendbar und damit inkonsistent.
Ieldra hat folgendes geschrieben: | Ansonsten bin ich der Meinung, dass diese Debatte recht gut ohne n-dimensionales Geschwurbel auskommen würde. |
Gut, dann erkläre bitte, wie der 'Satz vom zureichenden Grund' auf sich selbst anwendbar sein soll. |
Das brauche ich nicht. Denn es handelt sich nicht um eine Erkenntnisaussage, sondern um einen methodischen Grundsatz der Logik, der gemäß meiner Behauptung weiter oben einfach gesetzt wird. |
Das ist nicht nur unbefriedigend, den Satz eben einfach als Gesetzt ohne weitere Begründung zu akzeptieren, sondern auch nicht das was du sagst. Siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Satz_vom_zureichenden_Grund
Zitat: | Der Satz vom zureichenden Grund (lat. principium rationis sufficientis) ist in der Geschichte der Logik und der Philosophie der allgemeine Grundsatz, unterschiedlich formuliert und auch in unterschiedlicher Funktion verwendet: Jedes Sein oder Erkennen könne und/oder solle in angemessener Weise auf ein anderes zurückgeführt werden. |
Und da stellt sich sehr wohl die Frage, warum das so sein solle. Denn entweder ist der Satz allgemein gültig, dann müsse er auch auf sich selber angewandt werden können, oder er ist falsch, denn er hat den Ausschluss auf sich selbst, den es übrigens nicht begründen kann, auch erst gar nicht versucht.
Daraus folgt: Es gibt Aussagen, die dieser Bedingung nicht entsprechen, also keine zureichende Begründung haben, dennoch aber gültig sind.
Ieldra hat folgendes geschrieben: | Ähnlich wie ein mathematisches Axiom kann er nicht richtig oder falsch sein, sondern gehört zu den Grundlagen, die überhaupt ein sinnvolles Reden über wahr und falsch erst ermöglichen. |
Das ist schlicht die Akzeptanz eines Dogmas, das ich ebenso akzeptieren könnte, wenn der Satz denn konsistent wäre. Da die Konsistenz fehlt, kann der Satz keine allgemeine Gültigkeit beanspruchen. Und das ist auch ein Grundsatz der Logik.
Ieldra hat folgendes geschrieben: | Du kannst ihn natürlich über Bord werfen, aber damit wirfst Du gleich die halbe Logik weg, und dann brauchen wir nicht weiterzudisktutieren. All das führt eigentlich nur wieder zum Skeptizismus zurück: wenn wir unbezweifelbare Erkenntnis wollen, müssen wir die Logik über Bord werfen. |
Ist dir nicht klar, dass du gerade das tust? Wer aber fordert unbezweifelbare Erkenntnis?
Einen grundlegenden Satz, von dem sich, wie du meinst, die halbe Logik herleitet, als in sich nicht logisch konsistent zu erkennen, heißt dann ... ?
Ich allerdings denke nicht, dass die Logik diesen Satz tatsächlich bedarf. Was würde sich ändern, wenn schlicht formuliert wird:
Viele Ereignisse und Sätze haben einen erkennbar zureichenden Grund. Darum ist von der Annahme auszugehen, dass dies für nahezu alle Ereignisse und Sätze gilt. Ereignisse und Sätze, bei denen kein zureichender Grund erkannt wird, haben entweder einen bislang unerkannten Grund, sind fehlerhaft oder der Satz gilt für diese Fälle nicht.
Was also würde sich für die Logik ändern, wenn der Satz vom zureichenden Grund durch diese Formulierung ersetzt wird.
Ieldra hat folgendes geschrieben: | Ich denke, die Philosophie- und Religionsgeschichte dürfte diese Aussage einigermaßen plausibel erscheinen lassen. Alternativ könntest Du versuchen, zu begründen, warum der Satz *nicht* gelten soll, aber bitte erkläre mir dann, wie wir überhaupt noch sinnvoll debattieren sollen? |
Bist du mit meiner Antwort zufrieden?
Kant unterschied zwischen Seinsgrund und Erkenntnisgrund und formulierte Satz des bestimmenden Grundes, der allerdings ebenso auf einem Dogma fußt, dass nicht auf sich selber anwendbar ist und damit den Anspruch einer Letztbegründung annimmt.
Leibnitz, den ich ansonsten sehr schätze, folge ich hier nicht wenn er schriebt:
Zitat: |
Im Sinne des zureichenden Grundes finden wir, dass keine Tatsache [fait] als wahr oder existierend gelten kann und keine Aussage [Enonciation] als richtig, ohne dass es einen zureichenden Grund [raison suffisante] dafür gibt, dass es so und nicht anders ist, obwohl uns diese Gründe meistens nicht bekannt sein mögen. |
Wenn denn die Gründe nicht bekannt sind, dann kann man auch lediglich Glaubensaussagen zu diesen machen, und diese werden ja nicht als zureichende Gründe anerkannt. Zu postulieren, dass unbekannte Gründe auch ohne Kenntnis derselben existieren, entbehrt der hinreichenden Grundlage.
Ieldra hat folgendes geschrieben: |
Im übrigen werden Axiome und Grundsätze dieser Art natürlich nicht willkürlich gesetzt, sondern sie sind, wie sie sind, weil sie sinnvoll erscheinen. "Sinnvoll" heißt natürlich nicht "wahr", zumal angesichts der begrenzten menschlichen Wahrnehmungsfähigkeit. Dennoch sollte auch hier das übliche Prinzip gelten: solange wir nichts Besseres gefunden haben, bleiben wir dabei. Ich glaube kaum, dass Du den Satz vom zureichenden Grund durch etwas Besseres ersetzen kannst...
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Jedem seinen Glauben! Und ich teile deine Ansicht nicht, dass der Satz vom zureichenden Grund in seiner ursprünglichen Formulierung sinnvoll ist oder eine zwingende Verallgemeinerung von Beobachtungen darstellt.
Denn es bleibt willkürlich, hier eine ausnahmslose Gültigkeit zu postulieren, die bereits auf sich selber nicht mehr anwendbar ist.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1330406) Verfasst am: 17.07.2009, 22:03 Titel: |
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lumar hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | lumar hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Der IR ist darum ein methodischer Zirkel, weil er keine Abbruchbedingungen kennt. |
Welchem Zweck sollen gesetzte Abbruchbedingungen hier dienen? |
Hier: Um zu zeigen, dass das Verfahren sich von einem Zirkelschluss unterscheidet. |
Und warum sollte bei einer gesetzten Abbruchbedingung angehalten werden? Gemäß deiner Argumentation wäre es dann immer noch ein Zirkel, der an beliebiger Stelle unterbrochen wird. |
Eine schlichte Frage deer Logik: Ein Zirkelschluss ist immer rekursiv, aber eine Rekursion ist nicht immer ein Zirkelschluss. Der Unterschied ist die Abbruchbedingung.
Wenn eine Rekursion ohne formale Abbruchbedingung unterbrochen wird, dann wird durch den vollzogenen Abbruch eine Abbruchbedingung konstituiert, und der Zustand entspricht wieder meiner Definition.
Merke: Auch ein Schluss, der kein Zirkelschluss ist, kann falls sein. Ein Schluss, der willkürlich abgebrochen werden kann, scheint nicht hinreichend den logischen Prinzipien zu folgen.
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lumar multiplying reflection of an ancient broken mirror
Anmeldungsdatum: 28.10.2006 Beiträge: 456
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(#1330419) Verfasst am: 17.07.2009, 22:19 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: |
Eine schlichte Frage deer Logik: Ein Zirkelschluss ist immer rekursiv, aber eine Rekursion ist nicht immer ein Zirkelschluss. Der Unterschied ist die Abbruchbedingung.
Wenn eine Rekursion ohne formale Abbruchbedingung unterbrochen wird, dann wird durch den vollzogenen Abbruch eine Abbruchbedingung konstituiert, und der Zustand entspricht wieder meiner Definition.
Merke: Auch ein Schluss, der kein Zirkelschluss ist, kann falls sein. Ein Schluss, der willkürlich abgebrochen werden kann, scheint nicht hinreichend den logischen Prinzipien zu folgen. |
1. Wenn du für einen infiniten Regress eine nichtbeliebige formale Abbruchbedingung aufführst, warum bezeichnest du diesen Regress als infinit? Wa soll das dann bedeuten?
2. Wenn ich aufgrund physikalischer Limitierungen gedankliche Operationen (=physikalische Prozesse) nicht unendlich lang ausführen kann und so irgendwann halte ohne eine gesetzte Abbruchbedingung, welche logische Prinzipien werden hier verletzt?
_________________ By this art you may contemplate the variation of the 23 letters . . .
The Anatomy of Melancholy, part 2, sect. II, mem. IV.
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1330428) Verfasst am: 17.07.2009, 22:27 Titel: |
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lumar hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: |
Eine schlichte Frage deer Logik: Ein Zirkelschluss ist immer rekursiv, aber eine Rekursion ist nicht immer ein Zirkelschluss. Der Unterschied ist die Abbruchbedingung.
Wenn eine Rekursion ohne formale Abbruchbedingung unterbrochen wird, dann wird durch den vollzogenen Abbruch eine Abbruchbedingung konstituiert, und der Zustand entspricht wieder meiner Definition.
Merke: Auch ein Schluss, der kein Zirkelschluss ist, kann falls sein. Ein Schluss, der willkürlich abgebrochen werden kann, scheint nicht hinreichend den logischen Prinzipien zu folgen. |
1. Wenn du für einen infiniten Regress eine nichtbeliebige formale Abbruchbedingung aufführst, warum bezeichnest du diesen Regress als infinit? Wa soll das dann bedeuten? |
Eben! Der infinite Regress ist von seiner Definition her bereits ein Zirkelschluss und in sich inkonsistent.
lumar hat folgendes geschrieben: | 2. Wenn ich aufgrund physikalischer Limitierungen gedankliche Operationen (=physikalische Prozesse) nicht unendlich lang ausführen kann und so irgendwann halte ohne eine gesetzte Abbruchbedingung, welche logische Prinzipien werden hier verletzt? |
Das aber hieße, dass der infinite Regress eine zulässige Abbruchbedingung hätte ... womit er gegen seine Definition verstöße.
Dann aber müsste das erzielte Ergebnis eine Gültigkeit beanspruchen können, die nicht ebenso durch weitere Rückfragen invalidiert werden könnten - denn sonst wäre ja der Regress gar nicht abgebrochen. Was aber unterscheidet diesen Ansatz von einer beliebigen Behauptung, wenn es kein anderes qualifizierendes Kriterium gibt als den beliebigen Abbruch der Rekursion?
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lumar multiplying reflection of an ancient broken mirror
Anmeldungsdatum: 28.10.2006 Beiträge: 456
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(#1330442) Verfasst am: 17.07.2009, 22:42 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: |
Eben! Der infinite Regress ist von seiner Definition her bereits ein Zirkelschluss und in sich inkonsistent.
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Nein, die Setzung einer Abbruchbedingung macht hier die Inkonsistenz.
ballancer hat folgendes geschrieben: |
Das aber hieße, dass der infinite Regress eine zulässige Abbruchbedingung hätte ... womit er gegen seine Definition verstöße.
Dann aber müsste das erzielte Ergebnis eine Gültigkeit beanspruchen können, die nicht ebenso durch weitere Rückfragen invalidiert werden könnten - denn sonst wäre ja der Regress gar nicht abgebrochen. Was aber unterscheidet diesen Ansatz von einer beliebigen Behauptung, wenn es kein anderes qualifizierendes Kriterium gibt als den beliebigen Abbruch der Rekursion? |
Kognitive Limitierungen sind keine formalen Abbruchbedingungen; sie widersprechen auch nicht logischen Prinzipien. Gesetzte Abbruchbedingungen sind Einschränkungen der Kreativität, der Vorstellungskraft und der Neugier.
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Kramer postvisuell
Anmeldungsdatum: 01.08.2003 Beiträge: 30878
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(#1330476) Verfasst am: 17.07.2009, 23:48 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: |
Das aber hieße, dass der infinite Regress eine zulässige Abbruchbedingung hätte ... womit er gegen seine Definition verstöße. |
Die Abbruchbedingung ist nicht zulässig, sondern aus praktischen Gründen notwendig. Das heisst aber nicht, dass man mit dem Abbruch eine Letztbegründung gefunden hat. Der Witz ist doch, dass es kein zulässiges Abbruchkriterium gibt, der infinite Regress kann nur durch einen Zirkelschluss und die willkürliche Setzung eines Dogmas, das nicht weiter hinterfragt werden darf, beendet werden. In beiden Fällen ist die Suche nach einer Letztbegründung gescheitert. Der drittte mögliche Fall ist der, dass man einfach aufhört, weil man keine Lust oder Zeit mehr hat. Aber auch hier ist die Suche nach einer Letztbegründung gescheitert.
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Ieldra Außerirdischer Techno-Magier
Anmeldungsdatum: 12.12.2007 Beiträge: 156
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(#1330680) Verfasst am: 18.07.2009, 14:32 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: | Ieldra hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Gut, dann erkläre bitte, wie der 'Satz vom zureichenden Grund' auf sich selbst anwendbar sein soll. |
Das brauche ich nicht. Denn es handelt sich nicht um eine Erkenntnisaussage, sondern um einen methodischen Grundsatz der Logik, der gemäß meiner Behauptung weiter oben einfach gesetzt wird. |
Das ist nicht nur unbefriedigend, den Satz eben einfach als Gesetzt ohne weitere Begründung zu akzeptieren, sondern auch nicht das was du sagst. Siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Satz_vom_zureichenden_Grund
Zitat: | Der Satz vom zureichenden Grund (lat. principium rationis sufficientis) ist in der Geschichte der Logik und der Philosophie der allgemeine Grundsatz, unterschiedlich formuliert und auch in unterschiedlicher Funktion verwendet: Jedes Sein oder Erkennen könne und/oder solle in angemessener Weise auf ein anderes zurückgeführt werden. |
Und da stellt sich sehr wohl die Frage, warum das so sein solle. Denn entweder ist der Satz allgemein gültig, dann müsse er auch auf sich selber angewandt werden können, oder er ist falsch, denn er hat den Ausschluss auf sich selbst, den es übrigens nicht begründen kann, auch erst gar nicht versucht. |
Ich sage nur: q.e.d.
Aus der zitierten Formulierung ist doch sehr genau zu erkennen, dass es sich um ein Axiom handelt. Du verwechselst hier Kausalität mit erkenntnistheoretischer Begründbarkeit. Bei dem Satz geht es um eine Methodik, nicht um die Wirklichkeit selbst.
Zitat: | Daraus folgt: Es gibt Aussagen, die dieser Bedingung nicht entsprechen, also keine zureichende Begründung haben, dennoch aber gültig sind.  |
Ich sagte es bereits: Der Satz vom zureichenden Grund ist eine methodische Forderung, keine Aussage. Ihr Sinn, den Du anzweifelst, liegt darin: wenn wir keine ausreichenden Begründungen liefern müssten für Behauptungen, die wir aufstellen, dann könnte jeder x-beliebiges Behaupten und eine sinnvolle Art, Erkenntnis intersubjektiv zu definieren, wäre nicht möglich.
Zitat: | Ieldra hat folgendes geschrieben: | Ähnlich wie ein mathematisches Axiom kann er nicht richtig oder falsch sein, sondern gehört zu den Grundlagen, die überhaupt ein sinnvolles Reden über wahr und falsch erst ermöglichen. |
Das ist schlicht die Akzeptanz eines Dogmas, das ich ebenso akzeptieren könnte, wenn der Satz denn konsistent wäre. Da die Konsistenz fehlt, kann der Satz keine allgemeine Gültigkeit beanspruchen. Und das ist auch ein Grundsatz der Logik. |
Der Satz vom zureichenden Grund beansprucht nicht, eine Erkenntnisaussage zu sein. Der Verwurf der Inkonsistenz trifft deshalb nicht. Und was das "Dogma" angeht: die Gegenformulierung zum Satz vom zureichenden Grund wäre: Es existieren Aussagen über die Welt, die ohne ausreichende Begründung als sichere Erkenntnisse gelten können. Da muss ich doch mal fragen, ob Du das für sinnvoll hältst. Wenn ja, dann muss ich mich aus dieser Debatte verabschieden...
Zitat: | Ieldra hat folgendes geschrieben: | Du kannst ihn natürlich über Bord werfen, aber damit wirfst Du gleich die halbe Logik weg, und dann brauchen wir nicht weiterzudisktutieren. All das führt eigentlich nur wieder zum Skeptizismus zurück: wenn wir unbezweifelbare Erkenntnis wollen, müssen wir die Logik über Bord werfen. |
Ist dir nicht klar, dass du gerade das tust? Wer aber fordert unbezweifelbare Erkenntnis? |
Was mache ich? Die Logik über Bord werfen? Im Gegenteil, Du begehst einen Kategorienfehler. Mehr dazu in den letzten Absätzen meiner Antwort.
Und es geht beim Skeptizismus (siehe den zitierten Artikel) genau darum: Erkenntnis im philosphischen Sinn ist nur dann Erkenntnis, wenn sie unanzweifelbar ist. Alles andere sind nur Hypothesen, keine Erkenntnisse.
Zitat: | Ich allerdings denke nicht, dass die Logik diesen Satz tatsächlich bedarf. Was würde sich ändern, wenn schlicht formuliert wird:
Viele Ereignisse und Sätze haben einen erkennbar zureichenden Grund. Darum ist von der Annahme auszugehen, dass dies für nahezu alle Ereignisse und Sätze gilt. Ereignisse und Sätze, bei denen kein zureichender Grund erkannt wird, haben entweder einen bislang unerkannten Grund, sind fehlerhaft oder der Satz gilt für diese Fälle nicht.
Was also würde sich für die Logik ändern, wenn der Satz vom zureichenden Grund durch diese Formulierung ersetzt wird. |
Ich muss noch einmal darauf hinweisen, dass Du hier Kausalität mit erkenntnistheoretischer Begründbarkeit verwechselt. Inwieweit die Kausalität gilt, ist - nicht zuletzt durch die Quantenphysik und die Singularitäten in der Kosmologie - durchaus umstritten. Da gibt es tatsächlich das Problem des infiniten Regresses. Dass jedoch, wenn wir eine Behauptung als Erkenntnis anerkennen wollen, dafür ein ausreichender Grund zu liefern ist, der wiederum derselben Bedingung genügt, ist eine Übereinkunft, ohne die wir in philosophischer Beliebigkeit versinken.
Im übrigen geht es beim Skeptizismus nur um Aussagen über die Welt. Um Descartes mal ein wenig abzuwandeln: ich weiß - im Gegensatz zu Descartes berühmtem Satz - zwar nicht, ob meine Gedanken mir gehören, aber sie existieren. D.h. man kann nicht sinnvoll anzweifeln, dass überhaupt etwas existiert. "Etwas existiert" ist eine Behauptung, die keiner über sie selbst hinausreichenden Begründung bedarf - weil sie formuliert werden kann, ist sie wahr. Oder, um es noch etwas plastischer zu formulieren: weil sie existiert, ist sie wahr. D.h. sie genügt dem Satz vom zureichenden Grund durch sich selbst. Vielleicht die einzige Behauptung dieser Art. Die Kausalität berührt das nicht: man kann auch hier nach dem "warum?" fragen.
Und der Skeptizismus fordert eben nicht eine absolut gültige Kausalität, sondern eine absolut einforderbare Begründbarkeit aller Erkenntnisaussagen. Deshalb ist der Skeptizismus nicht inkonsistent, wie Du behauptest.
_________________ Faith is the truth of passion. Since no passion is more true than another, faith is the truth of nothing – aus “The Darkness that comes before”, von R. Scott Bakker
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1330747) Verfasst am: 18.07.2009, 16:11 Titel: |
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lumar hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: |
Eben! Der infinite Regress ist von seiner Definition her bereits ein Zirkelschluss und in sich inkonsistent.
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Nein, die Setzung einer Abbruchbedingung macht hier die Inkonsistenz. |
In welcher Weise?
Wenn ich dich richtig verstehe, dann siehst du den Widerspruch durch die Existenz der Abbruchbedingung, die der Bedingung des 'Infiniten' Regresses widerspricht, so wie ich es im nächsten Satz auch darstellte.
Besteht aber keine Abbruch-Bedingung, dann ist der Fortbestand der wiederkehrenden Frage nach dem 'Warum' unabhängig von der Antwort, und darum auch kein Regress. Denn wenn die Antwort der erste Grund wäre - rein hypothetisch - dann könnte dennoch der sogenannte 'Regress' wegen der 'infiniten' Bedingung nicht abgebrochen werden. Er nimmt damit die Antwort vorne weg und wird dadurch inkonsistent.
lumar hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: |
Das aber hieße, dass der infinite Regress eine zulässige Abbruchbedingung hätte ... womit er gegen seine Definition verstöße.
Dann aber müsste das erzielte Ergebnis eine Gültigkeit beanspruchen können, die nicht ebenso durch weitere Rückfragen invalidiert werden könnten - denn sonst wäre ja der Regress gar nicht abgebrochen. Was aber unterscheidet diesen Ansatz von einer beliebigen Behauptung, wenn es kein anderes qualifizierendes Kriterium gibt als den beliebigen Abbruch der Rekursion? |
Kognitive Limitierungen sind keine formalen Abbruchbedingungen; sie widersprechen auch nicht logischen Prinzipien. |
Entweder die (nicht genannte) Bedingung des Regresses sieht einen Abbruch bei kognitiven Limitierungen vor, und dann ist es ein logisches Kriterium, oder er setzt diesen Abbruch nicht vor, dann wird er nicht bedingungsgemäß ausgeführt und es ist dann ein Fehler. Ein Fehler ist allerdings ein unzulässiger Abbruch. Und das ist auch ein logischer Fehler.
lumar hat folgendes geschrieben: | Gesetzte Abbruchbedingungen sind Einschränkungen der Kreativität, der Vorstellungskraft und der Neugier. |
Das hört sich wie eine Setzung an die nicht näher begründet werden kann. Sie setz voraus, dass es natürliche Abbruchbedingungen nicht gibt. Oder willst du nur sagen, dass gesetzte Abbruchbedingungen, die nicht den (möglichen) natürlichen Bedingungen nicht entsprechen, für deinen Satz gültig seien?
Im grunde manövrierst du dich in eine Sackgasse, in dem du die propagierte Regression nicht bedingungsgemäß durchführen kannst, aber alternative Wege dogmatisch verwirfst. Es läuft darauf hinaus, dass du forderst, dass man den Regress eben beliebig weit durchführen sollte, dann aber abbrechen kann.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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lumar multiplying reflection of an ancient broken mirror
Anmeldungsdatum: 28.10.2006 Beiträge: 456
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(#1330780) Verfasst am: 18.07.2009, 16:41 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: |
In welcher Weise?
Wenn ich dich richtig verstehe, dann siehst du den Widerspruch durch die Existenz der Abbruchbedingung, die der Bedingung des 'Infiniten' Regresses widerspricht, so wie ich es im nächsten Satz auch darstellte.
Besteht aber keine Abbruch-Bedingung, dann ist der Fortbestand der wiederkehrenden Frage nach dem 'Warum' unabhängig von der Antwort, und darum auch kein Regress. Denn wenn die Antwort der erste Grund wäre - rein hypothetisch - dann könnte dennoch der sogenannte 'Regress' wegen der 'infiniten' Bedingung nicht abgebrochen werden. Er nimmt damit die Antwort vorne weg und wird dadurch inkonsistent.
lumar hat folgendes geschrieben: |
Kognitive Limitierungen sind keine formalen Abbruchbedingungen; sie widersprechen auch nicht logischen Prinzipien. |
Entweder die (nicht genannte) Bedingung des Regresses sieht einen Abbruch bei kognitiven Limitierungen vor, und dann ist es ein logisches Kriterium, oder er setzt diesen Abbruch nicht vor, dann wird er nicht bedingungsgemäß ausgeführt und es ist dann ein Fehler. Ein Fehler ist allerdings ein unzulässiger Abbruch. Und das ist auch ein logischer Fehler. |
Du musst nur die Idee fallen lassen, es müsse außerhalb deines Denkens einen erkennbaren "ersten Grund" geben. Inwiefern sind kognitive Limitierungen logische Kriterien? Und: Bezeichnest du die Menge der natürlichen Zahlen nur dann als unendlich, wenn du sie innerhalb deiner Lebenszeit durchzählen kannst? Wenn du bei 3648234610231437 abbrichst, welchen logischen Fehler begehst du?
ballancer hat folgendes geschrieben: |
lumar hat folgendes geschrieben: | Gesetzte Abbruchbedingungen sind Einschränkungen der Kreativität, der Vorstellungskraft und der Neugier. |
Das hört sich wie eine Setzung an die nicht näher begründet werden kann. Sie setz voraus, dass es natürliche Abbruchbedingungen nicht gibt. Oder willst du nur sagen, dass gesetzte Abbruchbedingungen, die nicht den (möglichen) natürlichen Bedingungen nicht entsprechen, für deinen Satz gültig seien?
Im grunde manövrierst du dich in eine Sackgasse, in dem du die propagierte Regression nicht bedingungsgemäß durchführen kannst, aber alternative Wege dogmatisch verwirfst. Es läuft darauf hinaus, dass du forderst, dass man den Regress eben beliebig weit durchführen sollte, dann aber abbrechen kann. |
Wenn vor 2000 Jahren jemand eine Abbruchbedingung formulierte, die gleichzeitig die Grenzen seiner Möglichkeiten markierte, warum sollte diese für mich verbindlich sein? Warum sollten die Grenzen meiner Möglichkeiten verbindlich sein für folgende Generationen?
Welchem Zweck dient also eine gesetzte Abbruchbedingung - außer als dein Unterscheidungskriterium?
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The Anatomy of Melancholy, part 2, sect. II, mem. IV.
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1330905) Verfasst am: 18.07.2009, 20:41 Titel: |
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Kramer hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: |
Das aber hieße, dass der infinite Regress eine zulässige Abbruchbedingung hätte ... womit er gegen seine Definition verstöße. |
Die Abbruchbedingung ist nicht zulässig, sondern aus praktischen Gründen notwendig. |
Wie denn? Es ist etwas notwendig, was aber nicht zulässig ist?
Sollte dann das Notwendige nicht besser auch zumindest zulässig sein?
Kramer hat folgendes geschrieben: | Das heisst aber nicht, dass man mit dem Abbruch eine Letztbegründung gefunden hat. |
Die Letztbegründung des IR ist, dass man immer weiter fragen kann und dies auch vernünftige Antworten liefert.
Und das ist auch ein Dogma, denn es wird nicht begründet, warum es so sei.
Kramer hat folgendes geschrieben: | Der Witz ist doch, dass es kein zulässiges Abbruchkriterium gibt, der infinite Regress kann nur durch einen Zirkelschluss ... |
Der IR ist bereits ein Zirkelschluss, denn er basiert auf der Voraussetzung, dass man immer weiter fragen kann, ohne auf die Inhalte zu achten. Er benötigt darum nichts als seine eigene Voraussetzung, und die ist nicht nur Rekursiv, sondern per Definition auch ohne Abbruchbedingung.
Kramer hat folgendes geschrieben: | ... und die willkürliche Setzung eines Dogmas, das nicht weiter hinterfragt werden darf, beendet werden. ... |
Darf die Voraussetzung des IR hinterfragt werden? Wenn ja, was bleibt dann von ihm übrig? Wenn nein, was unterscheidet ihn dann von einem Dogma deiner Definition?
Kramer hat folgendes geschrieben: | In beiden Fällen ist die Suche nach einer Letztbegründung gescheitert. Der drittte mögliche Fall ist der, dass man einfach aufhört, weil man keine Lust oder Zeit mehr hat. Aber auch hier ist die Suche nach einer Letztbegründung gescheitert. |
Warum ist deiner Meinung nach die Suche nach einer Letzbegründung gescheitert?
Welche Kriterien muss eine Letztbegründung erfüllen, damit sie nicht scheitert?
Nach meiner Definition ist eine Letztbegründung immer die Annahme eines Dogmas. Dieses kann ein konsistentes Weltbild erzeugen, oder auch nicht. Wenn das Weltbild, dass auf dieser Letztbegründung konsistent ist, dann ist nichts gegen diese zu sagen. Ist das Weltbild nicht behebbar Inkonsistent, ist vermutlich die Letztbegründung untauglich.
Dann wäre die Suche nach einer Letztbegründung nur gescheitert, wenn es zu keinem konsistenten Weltbild führt.
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Kramer postvisuell
Anmeldungsdatum: 01.08.2003 Beiträge: 30878
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(#1330916) Verfasst am: 18.07.2009, 21:10 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: | Kramer hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: |
Das aber hieße, dass der infinite Regress eine zulässige Abbruchbedingung hätte ... womit er gegen seine Definition verstöße. |
Die Abbruchbedingung ist nicht zulässig, sondern aus praktischen Gründen notwendig. |
Wie denn? Es ist etwas notwendig, was aber nicht zulässig ist?
Sollte dann das Notwendige nicht besser auch zumindest zulässig sein? |
Das ist irrelevant. Wenn Du verstanden hättest, worum es überhaupt geht, wüsstest Du das.
Zitat: | Kramer hat folgendes geschrieben: | Das heisst aber nicht, dass man mit dem Abbruch eine Letztbegründung gefunden hat. |
Die Letztbegründung des IR ist, dass man immer weiter fragen kann und dies auch vernünftige Antworten liefert.
Und das ist auch ein Dogma, denn es wird nicht begründet, warum es so sei. |
Doch, das wird begründet. Wenn Du meinst, an Punkt x eine Letztbegründung gefunden zu haben, die Du für nicht weiter hinterfragbar hältst, aber ich schon, dann ist der Regress nicht beendet. Du kannst zwar den Regress dogmatisch für beendet erklären, aber mehr als ein willkürliches Dogma ist das nicht, keine Letztbegründung. Der Regress ist damit auch nicht beendet, denn er kann ja auch ohne Dich weiter gehen.
Kramer hat folgendes geschrieben: | Der Witz ist doch, dass es kein zulässiges Abbruchkriterium gibt, der infinite Regress kann nur durch einen Zirkelschluss ... |
Zitat: | Der IR ist bereits ein Zirkelschluss, denn er basiert auf der Voraussetzung, dass man immer weiter fragen kann, ohne auf die Inhalte zu achten. Er benötigt darum nichts als seine eigene Voraussetzung, und die ist nicht nur Rekursiv, sondern per Definition auch ohne Abbruchbedingung. |
Das ist Quatsch. Dass man eine Begründung nicht als Letztbegründung akzeptiert, bedeutet doch nicht, dass man automatenhaft weiter fragt. Der infinite Regress ist eine logische Folge aus der Nichtexistenz von Letztbegründungen.
Zitat: | Kramer hat folgendes geschrieben: | ... und die willkürliche Setzung eines Dogmas, das nicht weiter hinterfragt werden darf, beendet werden. ... |
Darf die Voraussetzung des IR hinterfragt werden? Wenn ja, was bleibt dann von ihm übrig? Wenn nein, was unterscheidet ihn dann von einem Dogma deiner Definition? |
Natürlich darfst Du den infiniten Regress hinterfragen. Aber die einzig sinnvolle Möglichkeit dafür wäre, eine Letztbegründung zu nennen, die nicht weiter sinnvoll hinterfragt werden kann. Kannst Du das? Und komm jetzt nicht mit Gott. Es geht um Begründungen, nicht um Behauptungen!
Zitat: | Kramer hat folgendes geschrieben: | In beiden Fällen ist die Suche nach einer Letztbegründung gescheitert. Der drittte mögliche Fall ist der, dass man einfach aufhört, weil man keine Lust oder Zeit mehr hat. Aber auch hier ist die Suche nach einer Letztbegründung gescheitert. |
Warum ist deiner Meinung nach die Suche nach einer Letzbegründung gescheitert?
Welche Kriterien muss eine Letztbegründung erfüllen, damit sie nicht scheitert? |
Sie darf nicht weiter hinterfragbar sein.
Zitat: | Nach meiner Definition ist eine Letztbegründung immer die Annahme eines Dogmas. Dieses kann ein konsistentes Weltbild erzeugen, oder auch nicht. Wenn das Weltbild, dass auf dieser Letztbegründung konsistent ist, dann ist nichts gegen diese zu sagen. Ist das Weltbild nicht behebbar Inkonsistent, ist vermutlich die Letztbegründung untauglich. |
Ich werde jetzt keine weitere Konsistenzdebatte mit Dir beginnen. Konsistenz ist ein denkbar ungeeignetes Kriterium zur endgültigen Beurteilung eines Weltbildes. Es sind unendlich viele Weltbilder denkbar, die ins sich konsistent aber dennoch falsch sind.
Zitat: | Dann wäre die Suche nach einer Letztbegründung nur gescheitert, wenn es zu keinem konsistenten Weltbild führt. |
Nein, die Suche ist gescheitert, wenn sie in einem Dogma endet, dass nicht weiter hinterfragt werden darf.
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1330931) Verfasst am: 18.07.2009, 21:48 Titel: |
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Ieldra hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Ieldra hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Gut, dann erkläre bitte, wie der 'Satz vom zureichenden Grund' auf sich selbst anwendbar sein soll. |
Das brauche ich nicht. Denn es handelt sich nicht um eine Erkenntnisaussage, sondern um einen methodischen Grundsatz der Logik, der gemäß meiner Behauptung weiter oben einfach gesetzt wird. |
Das ist nicht nur unbefriedigend, den Satz eben einfach als Gesetzt ohne weitere Begründung zu akzeptieren, sondern auch nicht das was du sagst. Siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Satz_vom_zureichenden_Grund
Zitat: | Der Satz vom zureichenden Grund (lat. principium rationis sufficientis) ist in der Geschichte der Logik und der Philosophie der allgemeine Grundsatz, unterschiedlich formuliert und auch in unterschiedlicher Funktion verwendet: Jedes Sein oder Erkennen könne und/oder solle in angemessener Weise auf ein anderes zurückgeführt werden. |
Und da stellt sich sehr wohl die Frage, warum das so sein solle. Denn entweder ist der Satz allgemein gültig, dann müsse er auch auf sich selber angewandt werden können, oder er ist falsch, denn er hat den Ausschluss auf sich selbst, den es übrigens nicht begründen kann, auch erst gar nicht versucht. |
Ich sage nur: q.e.d.
Aus der zitierten Formulierung ist doch sehr genau zu erkennen, dass es sich um ein Axiom handelt. Du verwechselst hier Kausalität mit erkenntnistheoretischer Begründbarkeit. Bei dem Satz geht es um eine Methodik, nicht um die Wirklichkeit selbst. |
Und wodurch unterscheidet sich deiner Meinung nach ein Axiom von einem Dogma? Meines wissens gebraucht man Axiom vor allem im bereich der Mathematik, und Dogma im Bereich der Weltanschauung. Der Satz bewegt sich allerdings im Bereich der Weltanschauung.
Beiden ist aber gemein, dass diese keine weitere Begründung bedürfen. Allerdings können beide hinsichtlich ihrer Konsistenz und Tauglichkeit überprüft werden. Wenn diese nicht gegeben ist, braucht man sie auch nicht für gültig zu halten.
Ieldra hat folgendes geschrieben: |
Zitat: | Daraus folgt: Es gibt Aussagen, die dieser Bedingung nicht entsprechen, also keine zureichende Begründung haben, dennoch aber gültig sind.  |
Ich sagte es bereits: Der Satz vom zureichenden Grund ist eine methodische Forderung, keine Aussage. Ihr Sinn, den Du anzweifelst, liegt darin: wenn wir keine ausreichenden Begründungen liefern müssten für Behauptungen, die wir aufstellen, dann könnte jeder x-beliebiges Behaupten und eine sinnvolle Art, Erkenntnis intersubjektiv zu definieren, wäre nicht möglich. |
Keineswegs - Tertium non datur.
Ich habe in meiner Formulierung gezeigt, dass ein praktisch gleichwertiger Ansatz, der aber die Inkonsistenz im Absoluten vermeidet, möglich ist.
Ieldra hat folgendes geschrieben: |
Zitat: | Ieldra hat folgendes geschrieben: | Ähnlich wie ein mathematisches Axiom kann er nicht richtig oder falsch sein, sondern gehört zu den Grundlagen, die überhaupt ein sinnvolles Reden über wahr und falsch erst ermöglichen. |
Das ist schlicht die Akzeptanz eines Dogmas, das ich ebenso akzeptieren könnte, wenn der Satz denn konsistent wäre. Da die Konsistenz fehlt, kann der Satz keine allgemeine Gültigkeit beanspruchen. Und das ist auch ein Grundsatz der Logik. |
Der Satz vom zureichenden Grund beansprucht nicht, eine Erkenntnisaussage zu sein. Der Verwurf der Inkonsistenz trifft deshalb nicht. Und was das "Dogma" angeht: die Gegenformulierung zum Satz vom zureichenden Grund wäre: Es existieren Aussagen über die Welt, die ohne ausreichende Begründung als sichere Erkenntnisse gelten können. Da muss ich doch mal fragen, ob Du das für sinnvoll hältst. Wenn ja, dann muss ich mich aus dieser Debatte verabschieden... |
Auch hier - Tertium non datur.
Warum forderst du nun plötzlich eine 'Sichere Erkenntnis' ? Der kR und Fallibilismus konnte überzeugend darlegen, dass es sichere Erkenntnis gar nicht gibt, auch nicht im mit dem Satz vom zureichenden Grund. Denn jeder Grund kann so lange hinterfragt werden, bis keine bekannte sichere Antwort besteht.
Meine o.g. Formulierung fordert dies auch nicht.
Ieldra hat folgendes geschrieben: |
Zitat: | Ieldra hat folgendes geschrieben: | Du kannst ihn natürlich über Bord werfen, aber damit wirfst Du gleich die halbe Logik weg, und dann brauchen wir nicht weiterzudisktutieren. All das führt eigentlich nur wieder zum Skeptizismus zurück: wenn wir unbezweifelbare Erkenntnis wollen, müssen wir die Logik über Bord werfen. |
Ist dir nicht klar, dass du gerade das tust? Wer aber fordert unbezweifelbare Erkenntnis? |
Was mache ich? Die Logik über Bord werfen? Im Gegenteil, Du begehst einen Kategorienfehler. Mehr dazu in den letzten Absätzen meiner Antwort.
Und es geht beim Skeptizismus (siehe den zitierten Artikel) genau darum: Erkenntnis im philosphischen Sinn ist nur dann Erkenntnis, wenn sie unanzweifelbar ist. Alles andere sind nur Hypothesen, keine Erkenntnisse. |
Ich denke, eine Begriffsklärung ist erforderlich. Du gebrauchst hier Begriffe wie 'sichere Erkenntnis', 'unbezweifelbare Erkenntnis', und 'Erkenntnis' ... diese sei von einer Hypothese zu unterscheiden.
Korrekt ist, dass sich die Philosophie in der Erkenntnistheorie mit diesen Fragen beschäftigt. Neuerdings ... eigentlich seit Plato ... geht man nicht mehr von einer 'unbezweifelbaren Erkenntnis' aus. Da solltest du dein Verständnis hierzu erläutern. Cogito ergo sum ist als einziger Satz dieser Kategorie zu wenig.
Den Vorwurf des Kategoriefehlers kann ich so nicht nachvollziehen. Welche Kategorien vermische ich unzulässig?
Ieldra hat folgendes geschrieben: |
Zitat: | Ich allerdings denke nicht, dass die Logik diesen Satz tatsächlich bedarf. Was würde sich ändern, wenn schlicht formuliert wird:
Viele Ereignisse und Sätze haben einen erkennbar zureichenden Grund. Darum ist von der Annahme auszugehen, dass dies für nahezu alle Ereignisse und Sätze gilt. Ereignisse und Sätze, bei denen kein zureichender Grund erkannt wird, haben entweder einen bislang unerkannten Grund, sind fehlerhaft oder der Satz gilt für diese Fälle nicht.
Was also würde sich für die Logik ändern, wenn der Satz vom zureichenden Grund durch diese Formulierung ersetzt wird. |
Ich muss noch einmal darauf hinweisen, dass Du hier Kausalität mit erkenntnistheoretischer Begründbarkeit verwechselt. Inwieweit die Kausalität gilt, ist - nicht zuletzt durch die Quantenphysik und die Singularitäten in der Kosmologie - durchaus umstritten. Da gibt es tatsächlich das Problem des infiniten Regresses. Dass jedoch, wenn wir eine Behauptung als Erkenntnis anerkennen wollen, dafür ein ausreichender Grund zu liefern ist, der wiederum derselben Bedingung genügt, ist eine Übereinkunft, ohne die wir in philosophischer Beliebigkeit versinken. |
Meine Formulierung ist deduktiv und läuft praktisch für die meisten Fälle auf das gleiche hinaus. Er liefert aber bereits den zureichenden Grund - die Erfahrung - mit. Dagegen verzichtet er auf normative Aussagen über Unbekanntes.
Wie sollte diese Formulierung dazu führen, in philosophischer Beliebigkeit zu versinken?
Oder kannst du mir helfen, Kausalität von erkenntnistheoretischer Begründbarkeit zu unterscheiden?
Ieldra hat folgendes geschrieben: |
Im übrigen geht es beim Skeptizismus nur um Aussagen über die Welt. Um Descartes mal ein wenig abzuwandeln: ich weiß - im Gegensatz zu Descartes berühmtem Satz - zwar nicht, ob meine Gedanken mir gehören, aber sie existieren. D.h. man kann nicht sinnvoll anzweifeln, dass überhaupt etwas existiert. "Etwas existiert" ist eine Behauptung, die keiner über sie selbst hinausreichenden Begründung bedarf - weil sie formuliert werden kann, ist sie wahr. Oder, um es noch etwas plastischer zu formulieren: weil sie existiert, ist sie wahr. D.h. sie genügt dem Satz vom zureichenden Grund durch sich selbst. Vielleicht die einzige Behauptung dieser Art. Die Kausalität berührt das nicht: man kann auch hier nach dem "warum?" fragen. |
Du scheinst schon die richtigen Fragen zu stellen. Aber gerade die Antworten, die du hier laut denkst, sollten dich noch einige Schritte weiter führen. Descartes hat ja auch hierin seine Letztbegründung gefunden.
Und natürlich kann man auch das hinterfragen: Wenn Descartes' - oder meine - Gedanken des Selbstbewusstseins letztlich nur eine induzierte Illusion einer Matrix oder hirnstrombedingender Kausalketten oder irgend etwas anderes sind, dann ist die Bezeichnung 'Existenz' eher irreführend. Ich würde dir aber zustimmen, dass dies nur eine Haarspalterei wäre.
Ieldra hat folgendes geschrieben: |
Und der Skeptizismus fordert eben nicht eine absolut gültige Kausalität, sondern eine absolut einforderbare Begründbarkeit aller Erkenntnisaussagen. Deshalb ist der Skeptizismus nicht inkonsistent, wie Du behauptest. |
Dem ersten Satz stimme ich zu, dem zweiten nicht. Denn die absolut einforderbare Begründbarkeit trifft schon nicht auf sich selber zu, und deine Unterscheidung, dass Erkenntnisaussagen von Dogmen oder Axiomen grundsätzlich zu trennen sei, ist eine Mogelpackung, mit der man letztlich alles, was man nicht begründen kann, aus der einen Kategorie in eine Andere verschiebt.
Tatsächlich entspräche diese Variante des Satzes vom zureichenden Grund weder den Skeptizismus, noch den Geist des Satzes. Dort heisst es ohne Einschränkung: Jedes Sein oder Erkennen ...
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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Roter Ballon Lifted
Anmeldungsdatum: 22.12.2006 Beiträge: 2631
Wohnort: München
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(#1330980) Verfasst am: 18.07.2009, 23:54 Titel: |
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des wird mir jetzt zu blutleer.
Denken hat ein Objekt, ein Ziel - ein das Handeln begleitend, zweckrationales reflektieren.
Die logischen Regeln sind Erfahrungswerte im Umgang mit Methoden und den Dingen der Wirklichkeit.
Dazu da, reale echte Probleme zu lösen.
Nicht losgelöst im Himmel hängende Konstrukte des Geistes, die sich selbst begründen müssen.
Definitionen sind keine Schlußsteine im Denken, sondern sehr dienlich dem Objekt der Anschauung eine konkrete Form zu geben.
was is wohl gemeint mit:
Jedes Sein oder Erkennen könne und/oder solle in angemessener Weise auf ein anderes zurückgeführt werden.
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ertrage die Clowns!
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1331034) Verfasst am: 19.07.2009, 08:34 Titel: |
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lumar hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: |
In welcher Weise?
Wenn ich dich richtig verstehe, dann siehst du den Widerspruch durch die Existenz der Abbruchbedingung, die der Bedingung des 'Infiniten' Regresses widerspricht, so wie ich es im nächsten Satz auch darstellte.
Besteht aber keine Abbruch-Bedingung, dann ist der Fortbestand der wiederkehrenden Frage nach dem 'Warum' unabhängig von der Antwort, und darum auch kein Regress. Denn wenn die Antwort der erste Grund wäre - rein hypothetisch - dann könnte dennoch der sogenannte 'Regress' wegen der 'infiniten' Bedingung nicht abgebrochen werden. Er nimmt damit die Antwort vorne weg und wird dadurch inkonsistent.
lumar hat folgendes geschrieben: |
Kognitive Limitierungen sind keine formalen Abbruchbedingungen; sie widersprechen auch nicht logischen Prinzipien. |
Entweder die (nicht genannte) Bedingung des Regresses sieht einen Abbruch bei kognitiven Limitierungen vor, und dann ist es ein logisches Kriterium, oder er setzt diesen Abbruch nicht vor, dann wird er nicht bedingungsgemäß ausgeführt und es ist dann ein Fehler. Ein Fehler ist allerdings ein unzulässiger Abbruch. Und das ist auch ein logischer Fehler. |
Du musst nur die Idee fallen lassen, es müsse außerhalb deines Denkens einen erkennbaren "ersten Grund" geben. Inwiefern sind kognitive Limitierungen logische Kriterien? Und: Bezeichnest du die Menge der natürlichen Zahlen nur dann als unendlich, wenn du sie innerhalb deiner Lebenszeit durchzählen kannst? Wenn du bei 3648234610231437 abbrichst, welchen logischen Fehler begehst du? |
Ich habe die Bedingung des Verfahrens nicht erfüllt. Denn jeder könnte fordern, dass ich auch den Schritt 3648234610231438, und 3648234610231439 ... durchführe, denn ich habe keine Berechtigung, irgendwann einfach aufzuhören. Da aber mein Leben Endlich ist, kann ich grundsätzlich den IR nicht durchführen.
Warum also sollte ich die Idee verfolgen, dass es immer einen Grund vor dem Zustand ist? Die Beobachtung, dass sich viele Sachverhalte durch einen Grund herleiten lassen, berechtigt zur Annahme, dass dies generell der Fall sein könnte. Er sagt nichts über faktisch alle Fälle, nichts über denkbare Ausnahmen ... es ist ein reines Dogma. Und Dogmen kann man, muss man aber nicht folgen.
Warum also sollte ich die Idee vom ersten Grund fallen lassen? Es ist apriori weder zwingend zu behaupten, dass es ihn gäbe, noch dass es ihn nicht gäbe. Ein Drittes zwischen der Alternativer IR und erster Grund scheint es nicht zu geben. Wenn ich mich also zwischen Beiden entscheiden muss, beurteile ich die Plausibilität von beidem. Der IR scheint mir nicht plausibel.
Natürliche Zahlen vs. IR: Das Konzept der Unendlichkeit der Zahlen ergibt sich aus dem Bildungsgesetz. Es wird dabei nicht vorausgesetzt, das irgend jemand diese Zahlen auch infinit abzählt. Dadurch wird das Konzept weder validiert, noch invalidiert.
Die Übertragung in den IR funktioniert jedoch nicht, denn die Iteration hier ist vom Wesen her kein mechanischer Prozess, sondern sollte einen inhaltlichen Erkenntnisfortschritt bringen. Die Unverträglichkeit und damit Inkonsistenz des Verfahrens des IR baut auf seiner Undurchführbarkeit auf und dem Widerspruch, dass jeder Schritt zwar inhaltlich verschieden ist, dies aber irrelevant ist, um den nächsten Schritt zu instanziieren.
Während N ein Konzept ist zur Erstellung virtueller Objekte (Zahlen) ist, ist der IR eine Dogma, welches eine Verfahrensanweisung für den Erkenntnisprozess impliziert. Der IR ist abhängig von der Formulierung des Satzes vom zureichenden Grund.
lumar hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: |
lumar hat folgendes geschrieben: | Gesetzte Abbruchbedingungen sind Einschränkungen der Kreativität, der Vorstellungskraft und der Neugier. |
Das hört sich wie eine Setzung an die nicht näher begründet werden kann. Sie setz voraus, dass es natürliche Abbruchbedingungen nicht gibt. Oder willst du nur sagen, dass gesetzte Abbruchbedingungen, die nicht den (möglichen) natürlichen Bedingungen nicht entsprechen, für deinen Satz gültig seien?
Im grunde manövrierst du dich in eine Sackgasse, in dem du die propagierte Regression nicht bedingungsgemäß durchführen kannst, aber alternative Wege dogmatisch verwirfst. Es läuft darauf hinaus, dass du forderst, dass man den Regress eben beliebig weit durchführen sollte, dann aber abbrechen kann. |
Wenn vor 2000 Jahren jemand eine Abbruchbedingung formulierte, die gleichzeitig die Grenzen seiner Möglichkeiten markierte, warum sollte diese für mich verbindlich sein? Warum sollten die Grenzen meiner Möglichkeiten verbindlich sein für folgende Generationen?
Welchem Zweck dient also eine gesetzte Abbruchbedingung - außer als dein Unterscheidungskriterium? |
Die Notwendigkeit einer Abbruchbedingung sollte bei einem rekursiven Prozess klar sein. Ohne diesen kann ein Prozess nicht rational durchgeführt werden.
Nun fragst du nach der Ausprägung und Konkretisierung der Abbruchbedingung. Wenn diese dergestalt formuliert ist, dass sie auf zeitbezogenem Wissen basiert, wäre dein Einwand berechtigt. Das heißt aber nur, dass du für die Anforderung der Abbruchbedingung eben forderst, nicht durch den Wissensfortschritt überholt zu werden. Dazu zwei Anmerkungen:
1. Es gibt sehr viele Gegebenheiten, die sich auch im Zeitablauf und durch den Erkenntnisfortschritt nicht ändern. Viele Betrachtungen, z.B. eines Platon oder Aristoteles werden dadurch nicht überholt.
2. Es muss keineswegs gefordert werden, dass die Formulierung der Abbruchbedingung unveränderlich sein muss. Sicher wird man Sorge tragen, auch die Abbruchbedingung zureichend zu begründen, dass diese dauerhaft sei. Eine Revision dieser Bedingung dürfte das Verfahren auf einen zureichenden Grund hin unbedingt verkraften!
Der methodische Ausschluss einer Abbruchbedingung hingegen lässt eine Revision des Verfahrens nicht zu, ohne das Wesen des Satzes signifikant zu ändern.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1331035) Verfasst am: 19.07.2009, 08:46 Titel: |
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Robbe Piere hat folgendes geschrieben: |
was is wohl gemeint mit:
Jedes Sein oder Erkennen könne und/oder solle in angemessener Weise auf ein anderes zurückgeführt werden.
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Sicherlich nicht, dass jeder den Term 'in angemessener Weise' durch einen beliebiges Urteil mit Inhalt füllen kann. Der Term setzt voraus, dass es ein anderes überhaupt gibt. Woher aber soll er das wissen, wenn er es nicht überprüft hat?
Der Term 'in angemessener Weise' beschreibt daher lediglich die Form der Rückführung, die ihrerseits den implizit der Forderung nach logischer Konsistenz entspricht. Wenn ein indischer Yogi die Angemessenheit als des Ergebnis einer Meditation versteht, dann würde das wohl kaum auf breite Zustimmung stoßen.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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Ieldra Außerirdischer Techno-Magier
Anmeldungsdatum: 12.12.2007 Beiträge: 156
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(#1331048) Verfasst am: 19.07.2009, 09:39 Titel: dD |
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@ballancer:
Der Satz vom zureichenden Grund wird unterschiedlich interpretiert und formuliert. Wir sollten uns darauf einigen, auf welcher Formulierung wir aufbauen und was dahintersteht.
I einem Online-Lexikon der Philosophie habe ich folgende Formulierung gefunden:
Zitat: | [...]Diesem Satz zufolge muß jeder wahre Gedanke durch einen anderen Gedanken begründet werden, dessen Wahrheit bewiesen ist. |
Im Wikipedia-Artikel steht weiterhin:
Zitat: | "Spätestens seit Platon und Aristoteles wurden Kategorien der Logik in der Philosophie zu Bestimmungen einer Ontologie erhoben. Indem die rationalistische Metaphysik annimmt, dass Denk- und Seinsordnung einen gemeinsamen Grund hätten, stimmen für sie Denk- und Seinsformen überein." |
Dieser implizit mitgedachte Grundsatz führt dann zu der Formulierung im Wikipedia-Artikel. Aber ich stimme ihm ausdrücklich nicht zu. Meines Erachtens ist über die Behauptung, Kategorien menschlichen Denkens würden mit Seinskategorien übereinstimmen, nicht entschieden, und ich halte es eher für angemessen, Hume teilweise zu folgen und anzunehmen, dass sie nicht uneingeschränkt gilt. Möglicherweise ist sie auch gar nicht entscheidbar. Aus diesem Grund halte ich es für geboten, Begründungen im Denken von kausalen Zusammenhängen in der Wirklichkeit getrennt zu betrachten.
Zum Thema Sichere Erkenntnis:
Ich wiederhole, es geht im Skeptizismus *immer* um die Unmöglichkeit sicherer Erkenntnis, um die Unmöglichkeit, Wahrheit zu beweisen (siehe die Formulierung oben), und um nichts anderes. Je länger ich darüber nachdenke, um so mehr erscheint es mir, dass etwa Humes Skeptizismus und Fallibilismus im Grunde auf dasselbe praktische Ergebnis hinauslaufen. Deshalb verstehe ich auch nicht, warum Dir daran gelegen ist, ihn zu widerlegen.
_________________ Faith is the truth of passion. Since no passion is more true than another, faith is the truth of nothing – aus “The Darkness that comes before”, von R. Scott Bakker
When we remember we are all mad, the mysteries disappear and life stands explained. - Mark Twain
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Roter Ballon Lifted
Anmeldungsdatum: 22.12.2006 Beiträge: 2631
Wohnort: München
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(#1331057) Verfasst am: 19.07.2009, 09:57 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: | Robbe Piere hat folgendes geschrieben: |
was is wohl gemeint mit:
Jedes Sein oder Erkennen könne und/oder solle in angemessener Weise auf ein anderes zurückgeführt werden.
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Sicherlich nicht, dass jeder den Term 'in angemessener Weise' durch einen beliebiges Urteil mit Inhalt füllen kann. |
Nun rate mal, was ein Dogma effektiv tut?
ballancer hat folgendes geschrieben: | Der Term setzt voraus, dass es ein anderes überhaupt gibt. Woher aber soll er das wissen, wenn er es nicht überprüft hat? |
Wir leben und handeln ... und denken, daher haben wir Erfahrungen und einen Bestand an Wissen.
Prüfen ist eine Handlungsaufforderung.
Das Handelnde schlägt das Denkende - immer.
ballancer hat folgendes geschrieben: | Der Term 'in angemessener Weise' beschreibt daher lediglich die Form der Rückführung, die ihrerseits den implizit der Forderung nach logischer Konsistenz entspricht. Wenn ein indischer Yogi die Angemessenheit als des Ergebnis einer Meditation versteht, dann würde das wohl kaum auf breite Zustimmung stoßen. |
in angemessener Weise =|= die Angemessenheit.
Warum erschöpft sich deine Reichweite des Denkens im Verharren innerhalb des vorgegebenen Rahmens?
Die Welt außerhalb der Sätze ist real, sie gilt es zu erkennen.
Wie toll sich ein Satz ziselieren läßt, ist eigentlich irrelevant.
so sei weniger elfenbeintürmerisch, geh was erleben.
Seneca erkannte: wahre Philosophie lehrt handeln, nicht reden.
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ertrage die Clowns!
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Ieldra Außerirdischer Techno-Magier
Anmeldungsdatum: 12.12.2007 Beiträge: 156
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(#1331062) Verfasst am: 19.07.2009, 10:02 Titel: |
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Robbe Piere hat folgendes geschrieben: | Die Welt außerhalb der Sätze ist real, sie gilt es zu erkennen. |
Ich gebe ja zu, dass es für das praktische Leben zu 99.9% irrelevant ist, aber: das weißt Du nicht sicher. Es gibt auch jede Menge Geschichten, die mit dieser Tatsache spielen...
_________________ Faith is the truth of passion. Since no passion is more true than another, faith is the truth of nothing – aus “The Darkness that comes before”, von R. Scott Bakker
When we remember we are all mad, the mysteries disappear and life stands explained. - Mark Twain
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Roter Ballon Lifted
Anmeldungsdatum: 22.12.2006 Beiträge: 2631
Wohnort: München
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(#1331086) Verfasst am: 19.07.2009, 11:12 Titel: |
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Ieldra hat folgendes geschrieben: | Robbe Piere hat folgendes geschrieben: | Die Welt außerhalb der Sätze ist real, sie gilt es zu erkennen. |
Ich gebe ja zu, dass es für das praktische Leben zu 99.9% irrelevant ist, aber: das weißt Du nicht sicher. Es gibt auch jede Menge Geschichten, die mit dieser Tatsache spielen... |
okay
mein imaginärer Freund heißt Klein-Alpha,
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Ieldra Außerirdischer Techno-Magier
Anmeldungsdatum: 12.12.2007 Beiträge: 156
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(#1331104) Verfasst am: 19.07.2009, 11:29 Titel: |
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Robbe Piere hat folgendes geschrieben: | Ieldra hat folgendes geschrieben: | Robbe Piere hat folgendes geschrieben: | Die Welt außerhalb der Sätze ist real, sie gilt es zu erkennen. |
Ich gebe ja zu, dass es für das praktische Leben zu 99.9% irrelevant ist, aber: das weißt Du nicht sicher. Es gibt auch jede Menge Geschichten, die mit dieser Tatsache spielen... |
okay
mein imaginärer Freund heißt Klein-Alpha, |
Da Du keine Stichproben machen kannst bezüglich der Frage, ob die Welt real ist und Du sie erkennen kannst, kannst Du auch keine Irrtumswahrscheinlichkeit angeben.
_________________ Faith is the truth of passion. Since no passion is more true than another, faith is the truth of nothing – aus “The Darkness that comes before”, von R. Scott Bakker
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Roter Ballon Lifted
Anmeldungsdatum: 22.12.2006 Beiträge: 2631
Wohnort: München
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(#1331114) Verfasst am: 19.07.2009, 11:53 Titel: |
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Ieldra hat folgendes geschrieben: | Robbe Piere hat folgendes geschrieben: | Ieldra hat folgendes geschrieben: | Robbe Piere hat folgendes geschrieben: | Die Welt außerhalb der Sätze ist real, sie gilt es zu erkennen. |
Ich gebe ja zu, dass es für das praktische Leben zu 99.9% irrelevant ist, aber: das weißt Du nicht sicher. Es gibt auch jede Menge Geschichten, die mit dieser Tatsache spielen... |
okay
mein imaginärer Freund heißt Klein-Alpha, |
Da Du keine Stichproben machen kannst bezüglich der Frage, ob die Welt real ist und Du sie erkennen kannst, kannst Du auch keine Irrtumswahrscheinlichkeit angeben. |
Jede Interaktion ist eine Stichprobenziehung.
Nur welcher Grundgesamtheit diese zugrundeliegen ist nicht so einfach herauszufinden.
Einstweilen nenn ich das Welt, womit ich interagiere und Erfahrungen sammle.
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ertrage die Clowns!
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lumar multiplying reflection of an ancient broken mirror
Anmeldungsdatum: 28.10.2006 Beiträge: 456
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(#1331195) Verfasst am: 19.07.2009, 15:48 Titel: |
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Es ist meine Erfahrung, dass ich jeden mir genannten Grund hinterfragen, nach dem Grund des genannten Grundes fragen kann. Jeder genannte Grund erzeugt neue Warum-Fragen. Du willst dies mit einer gesetzten Abbruchbedingung unterbinden. Warum? Ist es nicht sinvoller, sich auf die Möglichkeiten zu konzentrieren, Fragen zu beantworten? Antworten zu untersuchen hinsichtlich ihrer Begründungssicherheit, ihres praktischen Wertes? Oder mit möglichen Antworten zu spielen, Szenarien zu entwerfen.
Dein Ansatz führt zu einer Selbstbeschränkung; eine fehlende Abbruchbedingung ist nicht das Problem und dein Ansatz ist dogmatischer als das Fehlen einer beliebig gesetzten Abbruchbedingung. Daher wiederholt die Frage: Welchem Zweck soll eine gesetzte Abbruchbedingung dienen?
_________________ By this art you may contemplate the variation of the 23 letters . . .
The Anatomy of Melancholy, part 2, sect. II, mem. IV.
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1331346) Verfasst am: 19.07.2009, 22:09 Titel: Re: dD |
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Ieldra hat folgendes geschrieben: | Zum Thema Sichere Erkenntnis:
Ich wiederhole, es geht im Skeptizismus *immer* um die Unmöglichkeit sicherer Erkenntnis, um die Unmöglichkeit, Wahrheit zu beweisen (siehe die Formulierung oben), und um nichts anderes. Je länger ich darüber nachdenke, um so mehr erscheint es mir, dass etwa Humes Skeptizismus und Fallibilismus im Grunde auf dasselbe praktische Ergebnis hinauslaufen. Deshalb verstehe ich auch nicht, warum Dir daran gelegen ist, ihn zu widerlegen. |
Der Unterschied mag gering erscheinen, ist aber für mich entscheidend:
Wikipedia hat folgendes geschrieben: |
Der Skeptizismus vertritt insbesondere den Standpunkt, dass zum Beweis einer Hypothese stets grundlegendere Erkenntnisse herangezogen werden müssen. Dadurch komme man zu einer unendlichen Reihe von Beweisen, deren Boden nicht zu ergründen sei. Insbesondere führt die skeptische Auffassung, dass die Gründe für jede Behauptung und für ihr Gegenteil gleich stark sind (Isosthenie), zur Nicht-Begründbarkeit allen Wissens. Im Gegensatz zu den Empirikern, Rationalisten und Realisten nehmen die Skeptiker also nicht an, dass es grundlegende Wahrheiten (d. h. Evidenzen) gebe, die keines Beweises bedürfen. |
versus:
Wikipedia hat folgendes geschrieben: |
Fallibilisten sind keine Relativisten, die behaupteten, es gebe keine absolute Wahrheit. Die fallibilistische Position setzt vielmehr voraus, dass es eine absolute Wahrheit gibt, die unsere Überzeugungen verfehlen könnten. Fallibilisten sind auch keine Nihilisten, die vertreten, dass wir uns immer irrten. Sie sagen lediglich, dass wir uns immer irren könnten. Fallibilisten brauchen auch keine Wahrheitsskeptiker zu sein, die vertreten, dass wir immer Grund zu Zweifel an unseren Überzeugungen hätten. Die fallibilistische Position besagt also an sich nicht, dass es keine gerechtfertigten Überzeugungen gebe, sondern nur, dass auch die beste Rechtfertigung einen möglichen Irrtum niemals ausschließen kann. Fallibilistische Positionen implizieren demnach noch nicht, dass Überzeugungen niemals Wissen im klassischen Sinn sein könnten; sondern nur, dass wir niemals sicher sein können, ob sie wahres Wissen sind.
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Ich halte die fallibilistische Position für redlicher, denn sie macht weniger Voraussetzung zur Methode, die beim Skeptizismus bereits einen versteckten Dogmatismus enthält: Denn die Annahme, dass es keine grundlegende Wahrheiten gäbe, ist ebenfalls nicht begründet und stellt eine solche Wahrheit dar, die man soeben abgelehnt hat.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1331448) Verfasst am: 20.07.2009, 08:15 Titel: |
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Ieldra hat folgendes geschrieben: | @ballancer:
Der Satz vom zureichenden Grund wird unterschiedlich interpretiert und formuliert. Wir sollten uns darauf einigen, auf welcher Formulierung wir aufbauen und was dahintersteht.
I einem Online-Lexikon der Philosophie habe ich folgende Formulierung gefunden:
Zitat: | [...]Diesem Satz zufolge muß jeder wahre Gedanke durch einen anderen Gedanken begründet werden, dessen Wahrheit bewiesen ist. |
Im Wikipedia-Artikel steht weiterhin:
Zitat: | "Spätestens seit Platon und Aristoteles wurden Kategorien der Logik in der Philosophie zu Bestimmungen einer Ontologie erhoben. Indem die rationalistische Metaphysik annimmt, dass Denk- und Seinsordnung einen gemeinsamen Grund hätten, stimmen für sie Denk- und Seinsformen überein." |
Dieser implizit mitgedachte Grundsatz führt dann zu der Formulierung im Wikipedia-Artikel. Aber ich stimme ihm ausdrücklich nicht zu. Meines Erachtens ist über die Behauptung, Kategorien menschlichen Denkens würden mit Seinskategorien übereinstimmen, nicht entschieden, und ich halte es eher für angemessen, Hume teilweise zu folgen und anzunehmen, dass sie nicht uneingeschränkt gilt. Möglicherweise ist sie auch gar nicht entscheidbar. Aus diesem Grund halte ich es für geboten, Begründungen im Denken von kausalen Zusammenhängen in der Wirklichkeit getrennt zu betrachten. |
Ich versuche zu verstehen, was das bedeutet:
Wenn Begründungen im Denken von kausalen Zusammenhängen in der Wirklichkeit getrennt zu betrachten sind, dann frage ich mich, für welchen Fall der Satz vom Zureichenden Grund gilt, bzw. in welcher Formulierung er gilt, in welcher nicht und warum das so ist. Deinem Ansatz folgend würde der Satz nur für das Denken gültig sein.
Das aber würde um so mehr einem idealistischen Ansatz entsprechen, der hier eine Trennung der Welten annimmt. Denn ein streng materialistischer Ansatz würde im Zuge der Neuro-Philosophie dem Gedanken nur die kraft eines Ergebnisses anders bedingter neurophysikalischer Vorgänge zusprechen, die keineswegs rein rational bedingt sind. Dadurch hätte per se jeder Gedanke immer einen zureichenden Grund.
Anders die Ontologie: Was bedingt diese? Die Erkennbarkeit kausaler Zusammenhänge bliebe, bedingt durch neurologische Befindlichkeiten dieser sehr begrenzt und keine Aussage hätte einen berechtigten Wahrheitsanspruch, also auch nicht den der Neurologie und der Ontologie schlechthin.
Dadurch wäre der Satz vom zureichenden Grund zwar für die Ontologie postulierbar, aber nur als sein gedankliches Abbild und reines Konstrukt, nicht aber als zuverlässige Aussage über die Wirklichkeit, die grundsätzlich nicht erkennbar bliebe. Rückbezüglich auf sich selber, macht dann eine neurophilosophische Ontologie keine valide Aussagen über die Wirklichkeit und auch nicht mehr über sich selbst, sondern stellt ein sich von ihrer postuliert-realen Grundlage abgelöstes Konzept dar.
Das aber willst du doch damit nicht sagen ... oder?
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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bizerba als Doppelnick gesperrt
Anmeldungsdatum: 16.07.2009 Beiträge: 12
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(#1331452) Verfasst am: 20.07.2009, 08:31 Titel: Re: dD |
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ballancer hat folgendes geschrieben: | Ieldra hat folgendes geschrieben: | Zum Thema Sichere Erkenntnis:
Ich wiederhole, es geht im Skeptizismus *immer* um die Unmöglichkeit sicherer Erkenntnis, um die Unmöglichkeit, Wahrheit zu beweisen (siehe die Formulierung oben), und um nichts anderes. Je länger ich darüber nachdenke, um so mehr erscheint es mir, dass etwa Humes Skeptizismus und Fallibilismus im Grunde auf dasselbe praktische Ergebnis hinauslaufen. Deshalb verstehe ich auch nicht, warum Dir daran gelegen ist, ihn zu widerlegen. |
Der Unterschied mag gering erscheinen, ist aber für mich entscheidend:
Wikipedia hat folgendes geschrieben: |
Der Skeptizismus vertritt insbesondere den Standpunkt, dass zum Beweis einer Hypothese stets grundlegendere Erkenntnisse herangezogen werden müssen. Dadurch komme man zu einer unendlichen Reihe von Beweisen, deren Boden nicht zu ergründen sei. Insbesondere führt die skeptische Auffassung, dass die Gründe für jede Behauptung und für ihr Gegenteil gleich stark sind (Isosthenie), zur Nicht-Begründbarkeit allen Wissens. Im Gegensatz zu den Empirikern, Rationalisten und Realisten nehmen die Skeptiker also nicht an, dass es grundlegende Wahrheiten (d. h. Evidenzen) gebe, die keines Beweises bedürfen. |
versus:
Wikipedia hat folgendes geschrieben: |
Fallibilisten sind keine Relativisten, die behaupteten, es gebe keine absolute Wahrheit. Die fallibilistische Position setzt vielmehr voraus, dass es eine absolute Wahrheit gibt, die unsere Überzeugungen verfehlen könnten. Fallibilisten sind auch keine Nihilisten, die vertreten, dass wir uns immer irrten. Sie sagen lediglich, dass wir uns immer irren könnten. Fallibilisten brauchen auch keine Wahrheitsskeptiker zu sein, die vertreten, dass wir immer Grund zu Zweifel an unseren Überzeugungen hätten. Die fallibilistische Position besagt also an sich nicht, dass es keine gerechtfertigten Überzeugungen gebe, sondern nur, dass auch die beste Rechtfertigung einen möglichen Irrtum niemals ausschließen kann. Fallibilistische Positionen implizieren demnach noch nicht, dass Überzeugungen niemals Wissen im klassischen Sinn sein könnten; sondern nur, dass wir niemals sicher sein können, ob sie wahres Wissen sind.
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Ich halte die fallibilistische Position für redlicher, denn sie macht weniger Voraussetzung zur Methode, die beim Skeptizismus bereits einen versteckten Dogmatismus enthält: Denn die Annahme, dass es keine grundlegende Wahrheiten gäbe, ist ebenfalls nicht begründet und stellt eine solche Wahrheit dar, die man soeben abgelehnt hat. |
Genauso ist es .
Und es ist auch weiter so, daß Gott kein Platzhalter im Sinne von Robbe Pierre ist ( er mag es für einige sein ) sondern er ist dann auch ein Ausrufezeichen. Vernunft und Glaube schließen sich nie aus.
Gott unvernünftig geglaubt ist Halbfertigzeug, Vernunft verliert ohne Glauben den Bezug zum Menschen und verbleibt Halbfertigzeug.
Danke für die aufschlussreiche Diskussion.
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1331454) Verfasst am: 20.07.2009, 08:45 Titel: |
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Robbe Piere hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Robbe Piere hat folgendes geschrieben: |
was is wohl gemeint mit:
Jedes Sein oder Erkennen könne und/oder solle in angemessener Weise auf ein anderes zurückgeführt werden.
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Sicherlich nicht, dass jeder den Term 'in angemessener Weise' durch einen beliebiges Urteil mit Inhalt füllen kann. |
Nun rate mal, was ein Dogma effektiv tut? |
Gut. Meiner Überzeugung nach fußt jede Weltanschauung auf einem oder mehreren Grundlegenden Sätzen, die ihrerseits grundsätzlich hinterfragbar sind, aber deren Hinterfragung keinen hinreichenden Grund ergibt. Diese nenne ich mit MSS Dogma.
Wenn nun jeder sich auf gegebenenfalls abweichende Dogmen bezieht, ist es eher lustig, wenn Einer dem Anderen dieses Prinzip vorwirft. Es müsste lediglich ein Verfahren geben, die Qualität und Plausibilität zur Beurteilung der Dogmen geben.
Ein Weltbild, das notwendig auf Dogmen aufbaut, kann in mehreren Dimensionen geprüft werden. Die beiden wichtigsten:
1. Wirkung: Was folgt aus dem Weltbild? Die Beurteilung der Wrkungen kann in kausalem Verfahren sehr wohl betrachtet werden. Nur zeigt sich, dass die Beurteilungen sehr stark divergieren, da ein komplexes Geschichtsbild nicht zwingend eindeutig interpretierbar ist. Auch wenn sich in einzelnen Fakten vielleicht eine Übereinstimmung in der Beurteilung erzielen lässt, so ist dies in der Summe der Wirkungen erfahrungsgemäß nicht möglich.
2. Logische Konsistenz: Dieses Verfahren halte ich für das entscheidende Prüfkriterium, dass die innere Konsistenz - also die in sich widerspruchsfreie Darstellung der Lehrsätze - und die Äußere Konsistenz - die widerspruchsfreie Darstellung mit Beobachtungen und sonstigen Fakten - fordert. Per se kann nicht gesagt werden, ob diese Bedingung für eine oder mehrere Weltanschauung zutrifft. Wenn sie aber zutrifft, gibt es keinen Grund, diese Weltanschauung abzulehnen außer den der persönlichen Präferenz, also der persönlichen Entscheidung.
Robbe Piere hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Der Term setzt voraus, dass es ein anderes überhaupt gibt. Woher aber soll er das wissen, wenn er es nicht überprüft hat? |
Wir leben und handeln ... und denken, daher haben wir Erfahrungen und einen Bestand an Wissen.
Prüfen ist eine Handlungsaufforderung.
Das Handelnde schlägt das Denkende - immer. |
Non sequitur. Denn die Annahme, dass ein anderer Grund vor der gegebenen Befindlichkeit existiert, ist nach wie vor ein reines Postulat, dass hierdurch nicht zureichend begründet ist. Wenn aber nachgewiesen ist, dass der Satz selber nicht auf einem zureichenden Grund existiert, muss dessen globale Gültigkeit als widerlegt verstanden werden.
Die Erfahrung und das Handeln lässt ja gerade keinen gültigen Schluss auf alle möglichen Fälle zu.
Robbe Piere hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Der Term 'in angemessener Weise' beschreibt daher lediglich die Form der Rückführung, die ihrerseits den implizit der Forderung nach logischer Konsistenz entspricht. Wenn ein indischer Yogi die Angemessenheit als des Ergebnis einer Meditation versteht, dann würde das wohl kaum auf breite Zustimmung stoßen. |
in angemessener Weise =|= die Angemessenheit.
Warum erschöpft sich deine Reichweite des Denkens im Verharren innerhalb des vorgegebenen Rahmens? |
Was führt dich zu dieser Annahme? Was willst du mit dieser in Frageform formulierten Satzes sagen?
Die Behauptung selber ist falsch, denn ich erkenne keinen wie auch vorgegebenen konkreten Rahmen jenseits der Vorgabe der Konsistenz. Was aber wäre die Konsequenz, wenn man den vorgegebenen Rahmen der Konsistenzforderung verlässt? Das man eben inkonsistent Behauptungen aufstellt und die Gültigkeit der Logik negiert.
Robbe Piere hat folgendes geschrieben: | Die Welt außerhalb der Sätze ist real, sie gilt es zu erkennen.
Wie toll sich ein Satz ziselieren läßt, ist eigentlich irrelevant.
so sei weniger elfenbeintürmerisch, geh was erleben.
Seneca erkannte: wahre Philosophie lehrt handeln, nicht reden. |
Hört sich recht irrational an. Denn wenn ich durch mein Denken nicht zu einem Ergebnis guten Handelns komme, muss ich irrational handeln und meine Philosophie ist bedeutungslos. Wenn ich aber zu Leitlinien guten Handelns komme, dann muss ich sie auch begründen können. Ansonsten würde ich selbst die schwächste Form des Satzes vom zureichenden Grund missachten.
Allerdings könnte man wohlwollend dien Empfehlung dahin gehend verstehen, dass man eine klare Handlungsempfehlung philosophisch nicht begründen könne und daher ein großes Maß an Toleranz anderer Verhaltensweisen folgt. Mir jedoch wäre dies zu wenig, auch wenn ich eine grundsätzliche weltanschauliche Toleranz ebenfalls unterstütze.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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AlexJ Supermarktoverlord
Anmeldungsdatum: 11.04.2008 Beiträge: 2353
Wohnort: Köln
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(#1331455) Verfasst am: 20.07.2009, 08:47 Titel: Re: dD |
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bizerba hat folgendes geschrieben: | Vernunft und Glaube schließen sich nie aus. |
Dann erklär mir bitte das:
http://www.focus.de/panorama/welt/usa-sekte-liess-kleinkind-verhungern-_aid_324251.html
bizerba hat folgendes geschrieben: |
Gott unvernünftig geglaubt ist Halbfertigzeug, Vernunft verliert ohne Glauben den Bezug zum Menschen und verbleibt Halbfertigzeug. |
Warum sollte Vernunft ohne Glauben den Bezug zum Menschen verlieren? Für jemanden der daran Glaubt, das die Menschen nur zur Gottes Zierde da sind und das der Glaube einzig wahrer Zweck des Menschen ist, mag das ganze vielleicht Vernünftig erscheinen. Die Realität sieht aber anders aus.
bizerba hat folgendes geschrieben: |
Danke für die aufschlussreiche Diskussion. |
Gähn.
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