Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen |
Autor |
Nachricht |
Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
|
(#1347688) Verfasst am: 22.08.2009, 18:15 Titel: |
|
|
ballancer hat folgendes geschrieben: | Yogosh hat folgendes geschrieben: |
Oh je. Oh je. 'Eigentlich' war eigentlich mal eine ganz harmlose Füllphrase. Aber Metaphysiker denken natürlich sofort an sonst was.
Ich formuliere es mal um:
Der Nominalismus hat vor allem den unglaublichen Vorteil dass er eine vernünftige Antwort auf die Frage verspricht, wie sich Eigenschaftsworte entwickelt haben und warum sie so nützlich sind. |
Du reitest dich immer tiefer in innere Widersprüche. Denn hier verwendest du den Begriff 'Eigenschaftsworte' in einem generischen Sinn. Was aber konstituiert diesen Begriff? Eine Abstraktion der Sprachregeln? Einen gesellschaftlichen Gebrauch? Existierten 'Eigenschaftsworte' jenseits ihres Namens und ihrer konkreten Ausprägung? Was aber kann man generisch über 'Eigenschaftsworte' aussagen, wenn man nominalistisch denkt? Es sei die Klasse von Objekten, die einer gesellschaftlich akzeptierten Definition des Begriffes folgt. ... und damit wird sie zur Tautologie. |
Nein, die Widersprüchen ergeben sich bloß daher, das Du hinter jedem einzelnen Wort oder Substantiv ein Ding suchst. Das ist Dein Problem, wenn das die einzige Bedeutungstheorie ist, die Du Dir vorstellen kannst.
_________________ "If the King's English was good enough for Jesus Christ, it's good enough for the children of Texas!" - Miriam Amanda "Ma" Ferguson, Governor of Texas, als Begründung gegen Spanischunterricht
|
|
Nach oben |
|
 |
Myron Mereoplethyntikologe
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3632
|
(#1347690) Verfasst am: 22.08.2009, 18:19 Titel: Re: Universalien |
|
|
Yogosh hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Der Universalienrealismus ist m.E. selbstevident, denn er wird stillschweigend in jeder philosphischen Diskussion vorausgesetzt. Denn alle Begriffe, die hier zum Einsatz kommen, sind Universalien. |
Nein, alle Begriffe, die da zum Einsatz kommen deutest Du als Universalien. |
Man kann übrigens die Existenz von Begriffen als abstrakten Objekten bejahen und zugleich die Existenz von Universalien, d.h. von allgemeinen Eigenschaften und Beziehungen, verneinen.
Denn abstrakte Objekte sind keine Universalien, sondern Partikularien.
|
|
Nach oben |
|
 |
Myron Mereoplethyntikologe
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3632
|
(#1347694) Verfasst am: 22.08.2009, 18:24 Titel: |
|
|
Yogosh hat folgendes geschrieben: |
Nein, die Widersprüchen ergeben sich bloß daher, das Du hinter jedem einzelnen Wort oder Substantiv ein Ding suchst. Das ist Dein Problem, wenn das die einzige Bedeutungstheorie ist, die Du Dir vorstellen kannst. |
Selbst aus realistischer Sicht ist anzunehmen, dass es nicht zu jedem Begriffswort oder Begriff eine entsprechende reale Eigenschaft gibt.
|
|
Nach oben |
|
 |
Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
|
(#1347699) Verfasst am: 22.08.2009, 18:30 Titel: Re: Universalien |
|
|
ballancer hat folgendes geschrieben: | Myron hat folgendes geschrieben: | Des Weiteren ist zu betonen, dass es zwei Typen abstrakter Entitäten gibt:
1. Universalien
2. abstrakte Objekte
Es ist also zu unterscheiden zwischen den Eigenschaften des Zahlseins und Klasseseins als (möglichen) Universalien und Zahlen und Klassen als abstrakten Objekten.
Man kann die Existenz von Universalien verneinen und die Existenz abstrakter Objekte bejahen, und umgekehrt. |
Dies allerdings ist eine Unterscheidung, die ich nicht nachvollziehen kann. Hier lieferst du gerade keine Abgrenzung der Begriffe. Mit deiner nominalistischen Definition der Universalien lieferst du keine hinreichend Begrifflichkeit, die Abgrenzung und Verhältnisse der Begriff zu bestimmen. Denn wer die Schönheit als Eigenschaft aller Member der Klasse der Schönen Objekte definiert, müsste darstellen können, worin abstrakte Objekte keine Universalien seien und umgekehrt.
Oder siehst du Universalien als eine Unterklasse von 'abstrakte Objekte' ? Dann aber müsste es andere Unterklassen von 'abstrakte Objekte' geben, die nicht Universalien wären. Dies alles macht widerspruchsfreie Definitionen erforderlich. |
Die leere Menge gilt üblicherweise ein abstraktes Objekt. Sie ist ein singuläres Objekt und nicht die Eigenschaft von irgendwas.
_________________ "If the King's English was good enough for Jesus Christ, it's good enough for the children of Texas!" - Miriam Amanda "Ma" Ferguson, Governor of Texas, als Begründung gegen Spanischunterricht
|
|
Nach oben |
|
 |
ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
|
(#1347700) Verfasst am: 22.08.2009, 18:30 Titel: Re: Universalien |
|
|
Yogosh hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Der Universalienrealismus ist m.E. selbstevident, denn er wird stillschweigend in jeder philosphischen Diskussion vorausgesetzt. Denn alle Begriffe, die hier zum Einsatz kommen, sind Universalien. |
Nein, alle Begriffe, die da zum Einsatz kommen deutest Du als Universalien. Bloß weil ein Nominalist die gleichen Wörter benutzt heißt das noch lange nicht, dass er sich den gleichen metaphysischen Ballast einkauft. Die von Dir empfundene Selbstevidenz beruht ausschliesslich auf einer extrem naiven Bedeutungstheorie. Das ist zwar wohl die, die einem erst mal so einfällt aber dabei muss man ja nicht steckenbleiben. |
Wenn man sich auf den sprachphilosphischen Ansatz einlässt, muss man allerdings die Konsequenzen betrachten. Entweder, man reflektiert den Einsatz der Begriffe jeweils intensiv und achtet darauf, alle Begriffe jeweils zu definieren, die eben nicht der Konvention der jeweiligen Peer-Group entspricht ... oder man gibt eben schlicht inkonsistente Nachrichten heraus.
Yogosh hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Wenn diese nicht reale Gegenstände beschreiben, was tun sie denn? |
Worte spielen eine systematische Rolle in der Sprache. Das ist erst mal alles. Sie sind, wie gesagt, soziale Werkzeuge der Kommunikation. Die Vorstellung dass jedes Wort oder auch bloß jedes Substantiv irgendeinen Gegenstand bezeichnen würde oder müsste ist mittlerweile so was von überholt, dass es sich nicht lohnt darüber zu reden. Worte gelten schon lange nicht mehr die elementaren Bausteine von Bedeutung. Noch nicht mal bei denen, die noch von elementaren Bausteinen ausgehen. |
Das hört sich für mich wie Geschwurbel an. Was bedeuten dann die Worte, die du heraus gibst? Denn wenn wir dem Ansatz folgen, dass Worte innerhalb eines Sprachspiels als Kommunikationsmittel in einer Gruppe funktional sind, dann wird an die Rolle der Konvention appelliert. Keineswegs wird damit impliziert, dass die Wortbedeutung auf immer fixiert sei, aber dass sie innerhalb des Sprachspiels valide sein muss. Und damit besteht ein kontextueller Zusammenhang zwischen Begriff und Bedeutung (Gegenstand).
Yogosh hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Der Universalienrealismus wird von Nominalisten oft als mystischen Begriffsnebel missverstanden. Meines Erachtens hat dies Johannes Duns Scotus jedoch vollständig befridigend berits im 14. Jahrhundert gelöst, indem er sprachkritisch den sprachlichen Begriff (als Anschauung) von der Natura Communis trennte. Ich sehe nicht, welches Problem Wittgenstein danach noch lösen wollte. |
Wenn Du nicht weisst welche Probleme Wittgenstein und damit eigentlich überhaupt so ziemlich alle Philosophie seit etwa 100 Jahren hatte, dann erklärt Einiges.
Aber Dir kam bislang noch nicht der Gedanke, dass der Fehler da bei Dir liegt? |
Natürlich. Hätte ich sonst meinen Satz nicht anders formuliert? Wenn denn dieses Unverständnis mein persönliches Problem wäre, so könnten andere, die sich hier für verständiger halten, ja einen inhlatlichen Beitrag liefern, um diesen Punkt zu erhellen.
Du aber hieltst das Eingeständnis, dass ich hier kein Verständnis habe, dass über die bereits gegebene Problemlösung hinausreicht, für einen Anlass, ohne weitere sachdienliche Hinweise das Faktum als solches zu erwähnen. Mit welchem Ziel? Zu implizieren, dass du es besser verstehst? Dann zeige dein Verständnis auch ...
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
|
|
Nach oben |
|
 |
Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
|
(#1347708) Verfasst am: 22.08.2009, 18:45 Titel: |
|
|
Ich weiss dass Du das als Diskussionsverweigerung sehen wirst, aber ich kann nicht mal eben so eine Einführung in die Sprachphilosophie geben. Ich habs hier mal ansatzweise versucht aber mich damit etwas übernommen.
Wenn Du mit der Annahme dass jedem Wort eine Bedeutung zukommt und dass diese Bedeutung ein reales Objekt sein muss argumentieren möchtest, dann solltest Du sie begründen. Es sollte Dir aber zu denken geben, dass diese Annahme als völlig überholt gilt.
Hier hab ich mal versucht Russells On Denoting wiederzugeben. Das reicht eigentlich mit der Annahme aufzuräumen.
Man kann ja durchaus noch für die Existenz von Universalien argumentieren. Aber eben nicht mehr so wie im Mittelalter.
_________________ "If the King's English was good enough for Jesus Christ, it's good enough for the children of Texas!" - Miriam Amanda "Ma" Ferguson, Governor of Texas, als Begründung gegen Spanischunterricht
|
|
Nach oben |
|
 |
ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
|
(#1347716) Verfasst am: 22.08.2009, 19:02 Titel: Re: Universalien |
|
|
Myron hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: |
Der Artikel legte jedoch nahe, dass eine Universalie eben nicht bloß Eigenschaft eines Dinges sei. |
Es kann sich dabei auch um eine Beziehung zwischen mehreren Dingen handeln. |
Das Besondere der Unversalie ist gerade, dass sie als selbstständig gedacht werden kann. Sie ist nicht notwendig kausal bedingt, sondern trägt seinen Wert in sich selbst. Verknüpft mit anderen Dingen kann sie auch substantiviert als Eigenschaft verstanden werden. Oder, aus nominalistischer Sicht, als existierende Eigenschaft objektiviert werden.
Die Frage ist nun: Ist dieses nun selbstständig denkbare Ding real oder ausschließlich eine begriffliche Abstraktion ohne unabhängigen Wert.
Myron hat folgendes geschrieben: |
ballancer hat folgendes geschrieben: |
Myron hat folgendes geschrieben: | Des Weiteren ist zu betonen, dass es zwei Typen abstrakter Entitäten gibt:
1. Universalien
2. abstrakte Objekte
Es ist also zu unterscheiden zwischen den Eigenschaften des Zahlseins und Klasseseins als (möglichen) Universalien und Zahlen und Klassen als abstrakten Objekten.
Man kann die Existenz von Universalien verneinen und die Existenz abstrakter Objekte bejahen, und umgekehrt. |
Dies allerdings ist eine Unterscheidung, die ich nicht nachvollziehen kann. Hier lieferst du gerade keine Abgrenzung der Begriffe. Mit deiner nominalistischen Definition der Universalien lieferst du keine hinreichend Begrifflichkeit, die Abgrenzung und Verhältnisse der Begriff zu bestimmen. Denn wer die Schönheit als Eigenschaft aller Member der Klasse der Schönen Objekte definiert, müsste darstellen können, worin abstrakte Objekte keine Universalien seien und umgekehrt. |
Ich weiß nicht, was du mit "deine nominalistische Definition" meinst. Ich habe einfach nur beschreibend die Sachlage wiedergegeben. |
Ich beziehe mich auf die von dir gegebene Definition der Universalie als Eigenschaft. Welche Sachlage wird damit wiedergegeben? Hier scheinst du die Termminologie der Universalienrealisten zu benutzen, um ein nominalistisches Verständnis absolut zu setzen.
Myron hat folgendes geschrieben: | Der Unterschied zwischen abstrakten Objekten und Universalien besteht in dem grundlegenden Unterschied zwischen Gegenständen/Dingen und Eigenschaften/Beziehungen:
Ein Gegenstand/Ding ist ein Träger von Eigenschaften oder ein Teilträger von Beziehungen, der/das nicht selbst als Eigenschaft/Beziehung von etwas anderem getragen werden kann. |
Ich sehe hier keine grundlegende Unterscheidung, sondern eher eine Frage der Anschauung. Denn die Farbe Rot kann sowohl als Eigenschaft eines Objektes verstanden werden, als Elektromagnetische Schwingung eines definierten Frequenzbereiches, als Symbol eines Gefühles oder als Idee, die von ihrer Repräsentanz unabhängig ist, sich aber in verschiedenen Kontexten konkretisieren kann. In einem Fall ist es ein Ding an sich (Farbe) in anderer Anschauung ist es eine Eigenschaft.
Auch alle Objekte, z.B. einen Stein, kann man dagegen als reine Beziehung verstehen: Konglomerat von Molekülen, die kleinräumige Kristallgitter bilden und adhäsive Verbünde bilden, die eine gewisse zeitliche Konstanz aufweisen. Seine Identität erhält der Stein durch sein raumzeitliches So-Sein im kontext eines langsamen Bildungsprozesses. Der Stein wird damit zum Attribut der Prozesse und Kräfte, die sich in ihren Beziehungen konkretisieren.
Man kann also das Eine stets in das Andere überführen. Ist nun der Stein die Eigenschaft der Farbe in Konjunktion mit seiner Form und Bestandteilen? Oder anders herum?
Myron hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: |
Oder siehst du Universalien als eine Unterklasse von 'abstrakte Objekte' ? Dann aber müsste es andere Unterklassen von 'abstrakte Objekte' geben, die nicht Universalien wären. |
Die Klasse der abstrakten Entitäten setzt sich—sofern es Derartiges überhaupt gibt—aus den abstrakten Objekten und den abstrakten Universalia zusammen.
(Ob immanente Universalien im Gegensatz zu den transzendenten mehr konkret als abstrakt sind, darüber lässt sich streiten. Wenn "abstrakt" das Merkmal "nicht raumzeitlich" beinhaltet, dann sind immanente Universalien allerdings nicht abstrakt.) |
Abstrakt ist der Gegensatz zu konkret. Denn eine Klasse ist immer eine Abstraktion. Erst die Instanz einer Klasse wird konkret. Abstrakte Klassen nennt man die Klassen, die nicht instanziiert werden, beziehungsweise, deren Instanzen weitere abstrakte Objekte sind.
Gerade die Praxis der Informatik liefert hier reichhaltiges Anschauungsmaterial. So sind abstrakte Klassen, virtuelle Maschinen etc. sehr wohl definiert und funktional, jedoch nicht durch eine feste Objektbeziehung abbildbar. Existieren sie also in der Raumzeit?
Nach meinem Verständnis existieren alle virtuellen Objekte, abstrakte Klassen, Universalien. Die Frage ist nicht des 'ob', sondern des 'wie'.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
|
|
Nach oben |
|
 |
ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
|
(#1347720) Verfasst am: 22.08.2009, 19:11 Titel: Re: Universalien |
|
|
Yogosh hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: |
Dies allerdings ist eine Unterscheidung, die ich nicht nachvollziehen kann. Hier lieferst du gerade keine Abgrenzung der Begriffe. Mit deiner nominalistischen Definition der Universalien lieferst du keine hinreichend Begrifflichkeit, die Abgrenzung und Verhältnisse der Begriff zu bestimmen. Denn wer die Schönheit als Eigenschaft aller Member der Klasse der Schönen Objekte definiert, müsste darstellen können, worin abstrakte Objekte keine Universalien seien und umgekehrt. |
Die leere Menge gilt üblicherweise ein abstraktes Objekt. Sie ist ein singuläres Objekt und nicht die Eigenschaft von irgendwas. |
Du willst sagen: Es gibt keine Instanz der leeren Menge? Sie ist wohl definiert. Wie beweist du also, dass die Aussage, 'es gibt unendlich viele Instanzen der leeren Menge' falsch ist?
Nur durch die Konvention, die eben ein anderes Verständnis propagiert?
Ist die leere Menge keine Universalie? Wenn nein, warum nicht?
Ist die leere Menge nicht Element der Menge aller Mengen?
... bzw. Member der Klasse Aller Mengen?
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
|
|
Nach oben |
|
 |
Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
|
(#1347721) Verfasst am: 22.08.2009, 19:11 Titel: Re: Universalien |
|
|
ballancer hat folgendes geschrieben: | Gerade die Praxis der Informatik liefert hier reichhaltiges Anschauungsmaterial. So sind abstrakte Klassen, virtuelle Maschinen etc. sehr wohl definiert und funktional, jedoch nicht durch eine feste Objektbeziehung abbildbar. Existieren sie also in der Raumzeit? |
Klassen in der Informatik sind etwas komplett anderes als in der Mathematik und Philosophie. Und abstrakte Klassen in der Informatik sind lediglich solche wo bei mindestens einer Methode nur die Deklaration existiert. Das hat mit abstrakt/konkret gar nichts zu tun.
Die Rede von virtuelle Maschinen ist ebenfalls komplett metaphorisch.
Mit Verlaub also: es wird langsam albern hier.
_________________ "If the King's English was good enough for Jesus Christ, it's good enough for the children of Texas!" - Miriam Amanda "Ma" Ferguson, Governor of Texas, als Begründung gegen Spanischunterricht
|
|
Nach oben |
|
 |
Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
|
(#1347722) Verfasst am: 22.08.2009, 19:16 Titel: Re: Universalien |
|
|
ballancer hat folgendes geschrieben: | Yogosh hat folgendes geschrieben: | Die leere Menge gilt üblicherweise ein abstraktes Objekt. Sie ist ein singuläres Objekt und nicht die Eigenschaft von irgendwas. |
Du willst sagen: Es gibt keine Instanz der leeren Menge? Sie ist wohl definiert. Wie beweist du also, dass die Aussage, 'es gibt unendlich viele Instanzen der leeren Menge' falsch ist?
Nur durch die Konvention, die eben ein anderes Verständnis propagiert?
Ist die leere Menge keine Universalie? Wenn nein, warum nicht?
Ist die leere Menge nicht Element der Menge aller Mengen?
... bzw. Member der Klasse Aller Mengen? |
Nein, es gibt keine Instanz der leeren Menge. Sonst wär ja was drin. Es gibt mindestens eine Instanz der Eigenschaft 'Menge und leer'.
Von mir aus gibt es unendlich viele leere Mengen. Das sind dann aber trotzdem alles singuläre Objekte, denen etwas gemeinsam ist, nämlich eine Menge zu sein und leer zu sein.
Aber die Reifikation dieser Gemeinsamkeiten ist eben gerade nicht leer.
Weil die leere Menge auf nichts zutrifft.
Ja ist sie. Na und?
_________________ "If the King's English was good enough for Jesus Christ, it's good enough for the children of Texas!" - Miriam Amanda "Ma" Ferguson, Governor of Texas, als Begründung gegen Spanischunterricht
|
|
Nach oben |
|
 |
Wolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.08.2004 Beiträge: 16610
Wohnort: Zuhause
|
(#1347725) Verfasst am: 22.08.2009, 19:30 Titel: Re: Universalien |
|
|
Yogosh hat folgendes geschrieben: |
Von mir aus gibt es unendlich viele leere Mengen. |
Wodurch unterscheiden sich zwei leere Mengen?
_________________ Trish:(
Zuletzt bearbeitet von Wolf am 22.08.2009, 20:20, insgesamt einmal bearbeitet |
|
Nach oben |
|
 |
ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
|
(#1347730) Verfasst am: 22.08.2009, 19:56 Titel: |
|
|
Yogosh hat folgendes geschrieben: | Ich weiss dass Du das als Diskussionsverweigerung sehen wirst, aber ich kann nicht mal eben so eine Einführung in die Sprachphilosophie geben. Ich habs hier mal ansatzweise versucht aber mich damit etwas übernommen. |
Du scheinst den Anspruch zu vertreten, dass du hier mehr wüsstest. Dies aber könntest du nicht vermitteln.
Angenommen dein Anspruch besteht zu recht ... wie aber unterscheidet dieser sich dann von einem ungerechtfertigten Anspruch, der sich auch nicht erklären kann?
Yogosh hat folgendes geschrieben: | Wenn Du mit der Annahme dass jedem Wort eine Bedeutung zukommt und dass diese Bedeutung ein reales Objekt sein muss argumentieren möchtest, dann solltest Du sie begründen. Es sollte Dir aber zu denken geben, dass diese Annahme als völlig überholt gilt.
Hier hab ich mal versucht Russells On Denoting wiederzugeben. Das reicht eigentlich mit der Annahme aufzuräumen. |
Das ist zwar eine schöne Ausführung, beantwortet aber nicht die hier diskutierte Frage.
Konkret ging es um
ballancer hat folgendes geschrieben: |
Der Universalienrealismus ist m.E. selbstevident, denn er wird stillschweigend in jeder philosphischen Diskussion vorausgesetzt. Denn alle Begriffe, die hier zum Einsatz kommen, sind Universalien. Wenn diese nicht reale Gegenstände beschreiben, was tun sie denn?
|
Nun akzeptiere ich, dass erwähnte Einhörner '5eckige Kreise' und '4eckige Kreise' Begriffe in der philosophischen Diskussion sind. Meine Aussage war, dass diese diese reale Gegenstände beschreiben. Diese Formulierung ist so nicht haltbar, da missverständlich.
Bleiben wir beim Beispiel: '5eckige Kreise' ist eine Instanz der Kasse Oxymoron. Er bezeichnet ein Objekt dass entweder seine Definition verletzt oder nicht existieren kann. Ich habe ein klare Vorstellung, was du mit diesem Begriff aussagen willst. Es ist eine konkrete Vorstellung und du vermittelst sie sehr anschaulich. Ich gehe nicht davon aus, dass ich dich hier falsch verstanden habe. Die Beziehung zwischen sprachlichem Ausdruck und seiner Bedeutung ist klar herzustellen.
Ebenso beschreibst du den Begriff 'jhg ljheeu8 jjkek' als sinnlose Zeichenfolge. Auch hier ist ein Kongruenz des Inhaltes mit seiner Bedeutung gegeben.
Mein Ausdruck "reale Gegenstände" war dagegen missverständlich. denn du nahmst unter diesen stoffliche Dinge an. Mein Hinweis, dass ich Universalien für real halte, deutet zwar an, dass ich einen anderen Begriff von Realität vertrete, als du sie anscheinend für selbstverständlich hältst. Lexikalische Definitionen räumen hier die Unschärfe des Begriffes ein, aber ich hätte diesen Term so nicht verwenden dürfen, da mir bekannt war, dass du ihn missverstehen könntest.
Mein Satz müsste darum besser lauten:
[quote="ballancer, korrigiert" ]
Der Universalienrealismus ist m.E. selbstevident, denn er wird stillschweigend in jeder philosphischen Diskussion vorausgesetzt. Denn alle Begriffe, die hier zum Einsatz kommen, sind Universalien. Wenn diese nicht intendierte und vermittelbare Bedeutungsinhalte transportieren sollen, was tun sie denn? Intendierte und vermittelbare Bedeutungsinhalte werden hier als reale Gegenstände verstanden, denn spätestens durch den Vermittlungsprozess konkretisieren sie sich zu intersubjektiven Objekten, die mit sprachlichen Mitteln beschrieben sind.
[/quote]
Diese Präzisierung sollte die Unklarheiten ausräumen. Zwar war auch die Ausgangsformulierung nicht falsch, sondern unzureichend, denn der ausdrückliche Verweis auf Universalien, die als reale Gegenstände beschrieben wurden, war bereits erkennbar, dass wir nicht von stofflichen, oder gar nur möglichen Objekten sprachen, sondern dass Realität nicht notwendig konkret sein müsse.
Yogosh hat folgendes geschrieben: | Man kann ja durchaus noch für die Existenz von Universalien argumentieren. Aber eben nicht mehr so wie im Mittelalter. |
Warum nicht? In der Philosophie gelten ältere Standpunkte keineswegs als überholt, bloss weil sie vor längerer Zeit formuliert wurden.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
|
|
Nach oben |
|
 |
pewe auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 20.01.2008 Beiträge: 3377
|
(#1347732) Verfasst am: 22.08.2009, 19:59 Titel: |
|
|
Mal eine Frage eines Unbedarften:
Welchen Sinn machen eigentlich solche scholastischen Übungen?
|
|
Nach oben |
|
 |
ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
|
(#1347736) Verfasst am: 22.08.2009, 20:15 Titel: Re: Universalien |
|
|
Yogosh hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Gerade die Praxis der Informatik liefert hier reichhaltiges Anschauungsmaterial. So sind abstrakte Klassen, virtuelle Maschinen etc. sehr wohl definiert und funktional, jedoch nicht durch eine feste Objektbeziehung abbildbar. Existieren sie also in der Raumzeit? |
Klassen in der Informatik sind etwas komplett anderes als in der Mathematik und Philosophie. Und abstrakte Klassen in der Informatik sind lediglich solche wo bei mindestens einer Methode nur die Deklaration existiert. Das hat mit abstrakt/konkret gar nichts zu tun. |
Au contraire, mon frère
Du meinst, es geht um ein völlig anderes Sprachspiel. Das tut es nicht. Denn es geht darum, dass in der Informatik durchaus diese Begriffe in einer Ausprägung eingesetzt wird, die seinem sonstigen Wortgebrauch nicht widerspricht, sondern sie lediglich in einem gegebenen Kontext enger gefasste Bedeutung zugewiesen wird.
Durch diese enger gefasste Bedeutung wird aber das Problem leichter in den anderen Bereichen verständlich. Konkret sind die instanziierten Objekte, Klassen sind immer abstrakt.
Wenn du dich hier gegen den Sprachgebrauch in der Informatik wehrst, wie rechtfertigst du dann den Bezug auf 5eckige Kreise, die ansonsten gar nicht verwendet werden und reine Kunstbegriffe sind?
Yogosh hat folgendes geschrieben: | Die Rede von virtuelle Maschinen ist ebenfalls komplett metaphorisch. |
Nicht 'ebenfalls' und nicht 'komplett'. Es geht um reale Begriffe, die oft synonym mit 'abstrakt' verstanden werden. Und der Wortgebrauch ist hier korrekt, Man kann beliebig viele virtuelle Maschinen definieren, aber keine davon mitnehmen wie eine Hardware-Maschine.
Aber es geht hier um Sprache. Warum sollten Metaphern nicht zulässig sein?
Yogosh hat folgendes geschrieben: | Mit Verlaub also: es wird langsam albern hier. |
Ich habe eher den Eindruck, dass dir die Argumente ausgehen. Was sollte an einer Metapher per se albern sein?
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
|
|
Nach oben |
|
 |
ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
|
(#1347738) Verfasst am: 22.08.2009, 20:19 Titel: |
|
|
pewe hat folgendes geschrieben: | Mal eine Frage eines Unbedarften:
Welchen Sinn machen eigentlich solche scholastischen Übungen? |
Frag das mal Quine ...
Meine Antwort ist: Wir sind in einem Forum, dass sich mit Weltanschauungen beschäftigt. Was macht da mehr Sinn?
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
|
|
Nach oben |
|
 |
step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
|
(#1347752) Verfasst am: 22.08.2009, 21:02 Titel: |
|
|
pewe hat folgendes geschrieben: | Mal eine Frage eines Unbedarften: Welchen Sinn machen eigentlich solche scholastischen Übungen? |
Am Universalismus wurde vor allem deshalb so lange festgehalten, weil er von vielen Theologen als Voraussetzung für verschiedene theologische Behauptungen angesehen wurde.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
|
|
Nach oben |
|
 |
zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
|
(#1347758) Verfasst am: 22.08.2009, 21:17 Titel: |
|
|
pewe hat folgendes geschrieben: | Mal eine Frage eines Unbedarften:
Welchen Sinn machen eigentlich solche scholastischen Übungen? |
Nicht der Sinn möglicherweise, aber die Intention ist es wohl, eine Analogie zwischen der "teleologischen (zielgerichteten) Perspektive" menschlicher Erzeugnisse und der Existenz natürlicher Dinge -zuförderst des Menschen selber- zu konstruieren. So wie der Teller existiert, weil der Mensch eine Idee vom Teller hatte, so existiere der Mensch, weil Gott eine Idee vom Menschen hat.
Ich kenne den Universalienstreit auch etwas anders. Ich müsste mich wahrscheinlich, aber ich bin mir nicht sicher, hinsichtlich des von mir vermuteten Zusammenhangs, also gerade aufgrund meines Menschenbildes wohl konsequenterweise als Nominalisten bezeichnen, da ich alle Dinge für einzig halte, und das Potential des Menschen für offen. Also seinen Werdegang auch nicht für ausgerichtet.
|
|
Nach oben |
|
 |
step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
|
(#1347762) Verfasst am: 22.08.2009, 21:24 Titel: Re: Universalien |
|
|
Myron hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Übrigens finde ich auch einige Sätze in dem Wikipedia-Artikel fragwürdig, z.B. daß der Naturalismus einen Universalienrealismus impliziere. | Mit dem Naturalismus ist höchstens der aristotelische (immanentistische) Universalienrealismus ("universalia in rebus") vereinbar. Er impliziert diesen aber nicht, da man als Naturalist genauso gut Nominalist sein kann.
Nominalismus bedeutet übrigens nicht gleich Antirealismus in Bezug auf Eigenschaften und Beziehungen, denn man kann durchaus deren Realität als Partikularien postulieren. Dieser Ansatz ist in der anglo-amerikanischen Philosophie als "trope theory" bekannt.) |
Ja, so ähnlich habe ich das auch verstanden. Danke übrigens für den link, die Erklärung dort ist deutlich besser als die in wikipedia.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
|
|
Nach oben |
|
 |
step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
|
(#1347768) Verfasst am: 22.08.2009, 21:29 Titel: |
|
|
zelig hat folgendes geschrieben: | Ich müsste mich wahrscheinlich, aber ich bin mir nicht sicher, hinsichtlich des von mir vermuteten Zusammenhangs, also gerade aufgrund meines Menschenbildes wohl konsequenterweise als Nominalisten bezeichnen, da ich alle Dinge für einzig halte, und das Potential des Menschen für offen. Also seinen Werdegang auch nicht für ausgerichtet. |
Da wird sich jedoch leicht ein Universalist finden, der das für kompatibel hält.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
|
|
Nach oben |
|
 |
ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
|
(#1347803) Verfasst am: 22.08.2009, 23:54 Titel: Re: Universalien |
|
|
Myron hat folgendes geschrieben: | Yogosh hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Der Universalienrealismus ist m.E. selbstevident, denn er wird stillschweigend in jeder philosphischen Diskussion vorausgesetzt. Denn alle Begriffe, die hier zum Einsatz kommen, sind Universalien. |
Nein, alle Begriffe, die da zum Einsatz kommen deutest Du als Universalien. |
Man kann übrigens die Existenz von Begriffen als abstrakten Objekten bejahen und zugleich die Existenz von Universalien, d.h. von allgemeinen Eigenschaften und Beziehungen, verneinen.
Denn abstrakte Objekte sind keine Universalien, sondern Partikularien. |
Ja und?
Deine Setzungen sind allerdings keine Tatsachenfeststellungen sondern Definitionen. Und zwar von der Gestalt, dass sie mit den üblichen Definitionen keine Schnittmenge bilden.
Denn für gewöhnlich wir unter Universalien die Allgemeinbegriffe verstanden, die zumindest als Klasse oder Abstraktion im allgemeinen Sprachgebrauch. Damit aber sind sie völlig anders definiert als allgemeine Eigenschaften oder Beziehungen.
Definitionen, die allerdings nur in deinem höchst persönlichen Sprachspiel Bedeutung haben, sind wenig geeignet, der Kommunikation zu dienen.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
|
|
Nach oben |
|
 |
Kramer postvisuell
Anmeldungsdatum: 01.08.2003 Beiträge: 30878
|
(#1347812) Verfasst am: 23.08.2009, 02:05 Titel: |
|
|
ballancer hat folgendes geschrieben: |
Profanisierung mutet in einem Diskussionsforum über Weltanschauungen schon recht skuril an. |
Die weltanschauliche Ausrichtung dieses Forums ist profan. Ist Dir das wirklich noch nicht aufgefallen?
_________________ Dieser Beitrag verwendet Cookies, um Dein Surferlebnis zu verbessern.
|
|
Nach oben |
|
 |
Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
|
(#1347813) Verfasst am: 23.08.2009, 02:14 Titel: |
|
|
ballancer hat folgendes geschrieben: | Mein Ausdruck "reale Gegenstände" war dagegen missverständlich. denn du nahmst unter diesen stoffliche Dinge an. Mein Hinweis, dass ich Universalien für real halte, deutet zwar an, dass ich einen anderen Begriff von Realität vertrete, als du sie anscheinend für selbstverständlich hältst. |
Nein, ich nahm nicht an, dass die Gegenstände, die Du für Deine Bedeutungstheorie brauchst stofflich sein müssen. Das Problem ist dass Du überhaupt hinter jedem Substantiv eine Bedeutung als Ding suchst. Natürlich bietet da der Universialienrealismus eine bessere Antwort als jeder Nominalismus. Aber dass Du diese Gegenstände überhaupt brauchst bleibt das Problem Deiner Bedeutungstheorie. Und es ist eine Annahme, die Du nicht begründet hast. Die Mühe kannst Du Dir auch sparen. Das haben andere bereits versucht und sie sind eben zu dem Schluss gekommen, dass Bedeutungen als Dinge höchstens bei ganzen Sätzen zu suchen sind. Und wahrscheinlich sind auch die noch zu klein. Wenn es überhaupt Bedeutungen als Dinge gibt. Es gibt wahrlich nicht viele echte Ergebnisse in der Philosophie. Aber dass nicht jedes Substantiv ein Bedeutungsobjekt hat oder braucht ist eine davon. Damit bedeutet auch das Wort 'Begriff' heute auch nicht mehr dasselbe. Dass man dieses Wort noch wie früher zu benutzen scheint ist zugegebenermaßen irreführend.
Von mir aus bleib in der Scholastik, wenn sie Dir gefällt. Mich interessieren deren Probleme nicht. Und unter dem Universalienproblem versteht man heute halt auch etwas anderes. Die alten Formulierungen machen überhaupt nur Sinn unter der Annahme von naiven Bedeutungstheorien, die niemand mehr vertritt. Was Du hier betreibst kommt mir vor wie nochmal mit Aristoteles gegen Newtons Mechanik zu argumentieren. Wenn es Dir Spass macht gönn ich ihn Dir.
_________________ "If the King's English was good enough for Jesus Christ, it's good enough for the children of Texas!" - Miriam Amanda "Ma" Ferguson, Governor of Texas, als Begründung gegen Spanischunterricht
|
|
Nach oben |
|
 |
Myron Mereoplethyntikologe
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3632
|
(#1347817) Verfasst am: 23.08.2009, 02:58 Titel: Re: Universalien |
|
|
ballancer hat folgendes geschrieben: |
Das Besondere der Unversalie ist gerade, dass sie als selbstständig gedacht werden kann. |
Selbstständig sind nur platonische, d.i. transzendente, Universalien, deren Existenz nicht davon abhängig ist, dass sie von Objekten exemplifiziert werden.
ballancer hat folgendes geschrieben: |
Ich beziehe mich auf die von dir gegebene Definition der Universalie als Eigenschaft. Welche Sachlage wird damit wiedergegeben? Hier scheinst du die Termminologie der Universalienrealisten zu benutzen, um ein nominalistisches Verständnis absolut zu setzen. |
Die Nominalisten und Realisten streiten sich doch nicht darüber, was Universalien sind, sondern darüber, ob es welche gibt.
ballancer hat folgendes geschrieben: |
Myron hat folgendes geschrieben: |
Ein Gegenstand/Ding ist ein Träger von Eigenschaften oder ein Teilträger von Beziehungen, der/das nicht selbst als Eigenschaft/Beziehung von etwas anderem getragen werden kann. |
Ich sehe hier keine grundlegende Unterscheidung, sondern eher eine Frage der Anschauung. |
Nein, was ein Gegenstand/Ding ist, kann keine Eigenschaft/Beziehung werden, und umgekehrt.
Diese ontologische Unterscheidung ist absolut.
ballancer hat folgendes geschrieben: |
Denn die Farbe Rot kann sowohl als Eigenschaft eines Objektes verstanden werden, als Elektromagnetische Schwingung eines definierten Frequenzbereiches, als Symbol eines Gefühles oder als Idee, die von ihrer Repräsentanz unabhängig ist, sich aber in verschiedenen Kontexten konkretisieren kann. In einem Fall ist es ein Ding an sich (Farbe) in anderer Anschauung ist es eine Eigenschaft. |
Elektromagnetische Wellen sind durch den Raum wandernde physikalische Eigenschaften, deren Träger Teile des Raumes selbst sind.
ballancer hat folgendes geschrieben: |
Auch alle Objekte, z.B. einen Stein, kann man dagegen als reine Beziehung verstehen: Konglomerat von Molekülen, die kleinräumige Kristallgitter bilden und adhäsive Verbünde bilden, die eine gewisse zeitliche Konstanz aufweisen. |
Ein Stein ist ein komplexer Gegenstand, der sich aus kleineren Gegenständen zusammensetzt, die in bestimmten Beziehungen zueinander stehen. Moleküle, Atome und subatomare Teilchen sind weder Eigenschaften noch Beziehungen.
ballancer hat folgendes geschrieben: |
Abstrakt ist der Gegensatz zu konkret. Denn eine Klasse ist immer eine Abstraktion. Erst die Instanz einer Klasse wird konkret. Abstrakte Klassen nennt man die Klassen, die nicht instanziiert werden, beziehungsweise, deren Instanzen weitere abstrakte Objekte sind. |
Mengen/Klassen sind auch dann abstrakte Objekte, wenn ihre Mitglieder konkrete Objekte sind.
(Beispiel: die Menge der Menschen.)
|
|
Nach oben |
|
 |
Kramer postvisuell
Anmeldungsdatum: 01.08.2003 Beiträge: 30878
|
(#1347818) Verfasst am: 23.08.2009, 03:04 Titel: Re: Universalien |
|
|
ballancer hat folgendes geschrieben: | Der Ansatz de Nominalismus ist die Annahme, dass aus der Beobachtung nicht zwingend auf eine Abstraktion geschlossen werden kann. Vielmehr zeigt die Beobachtung der Begriffs- und Ideenbildung, dass der Prozess der Begriffsbildung selber vielfältig bedingt ist und damit der Schluss auf abstrakte Objekte ebenso wie der Prozess der Erkenntnis und der Formulierung im Kontext einer Sprache problembehaftet sind. Somit kann man sich nur auf die sichere minimalistische Position zurück ziehen, die annimmt, dass die Begriffe eben Epiphänomene der Wahrnehmungs- und Kulturprozesse sind. Sie entsprechen lediglich Konventionen, haben also keine Bedeutung in sich. |
Genau das ist doch seit über hundert Jahren der anerkannte Stand der Sprachwissenschaft. Der Begriff "Dog" hist nicht hundischer als der Begriff "Hund", im "tree" steckt nicht mehr Baumbedeutung als im Begriff "Baum". Und die Abstahierung "Fisch" für den Walfisch und den Schwertfisch aufgrund der reinen Beobachtung zeigt in ihrer Fehlerhaftigkeit, dass die Begriffsbildung tatsächlich fehlerbehaftet ist. Die Sprache ist nicht logisch und nicht bedeutungsgenerierend. Die Sprache ist keine exakte Abbildung der Wirklichkeit, sondern ein Produkt unserer fehlerhaften Wahrnehmung der Wirklichkeit.
_________________ Dieser Beitrag verwendet Cookies, um Dein Surferlebnis zu verbessern.
|
|
Nach oben |
|
 |
ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
|
(#1347819) Verfasst am: 23.08.2009, 03:04 Titel: Re: Universalien |
|
|
Wolf hat folgendes geschrieben: | Yogosh hat folgendes geschrieben: |
Von mir aus gibt es unendlich viele leere Mengen. |
Wodurch unterscheiden sich zwei leere Mengen? |
Wodurch unterscheiden sich zwei Instanzen der Ziffer 1 ?
Wenn man die leere Menge instanziieren kann, kann es auch unendlich viele von ihr geben.
Wenn die leere Menge nicht instanziiert werden kann, dann ist sie abstrakt.
Es ist übrigens ein ähnliches Problem wie mit der Darstellung der Ziffer 0. Denn diese symbolisiert ja ebenfalls das nichts.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
|
|
Nach oben |
|
 |
Myron Mereoplethyntikologe
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3632
|
(#1347826) Verfasst am: 23.08.2009, 05:46 Titel: Re: Universalien |
|
|
ballancer hat folgendes geschrieben: |
Deine Setzungen sind allerdings keine Tatsachenfeststellungen sondern Definitionen. Und zwar von der Gestalt, dass sie mit den üblichen Definitionen keine Schnittmenge bilden.
Denn für gewöhnlich wir unter Universalien die Allgemeinbegriffe verstanden, die zumindest als Klasse oder Abstraktion im allgemeinen Sprachgebrauch. Damit aber sind sie völlig anders definiert als allgemeine Eigenschaften oder Beziehungen. |
Ein Wort zu den "üblichen Definitionen":
"Universals. In metaphysics, the term 'universal' is applied to things of two sorts: properties (such as redness or roundness), and relations (such as kinship relations like sisterhood, or the causal relation, or spatial and temporal relations). Universals are to be understood by contrast with particulars."
("Universals." In Routledge Encyclopedia of Philosophy, Vol. 9, edited by Edward Craig, 539-544. London: Routledge, 1998. p. 539)
"Universals. A universal is a property or relation that can be instanced, or instantiated, by a number of different particular things: each yellow thing provides an instance of the property of yellowness, and each square thing the property of being square."
("Universals." In Oxford Dictionary of Philosophy, by Simon Blackburn, 2nd ed. Oxford: Oxford University Press, 2005. p. 376)
Universalien sind vielfach verkörperbare ("multipel exemplifizierbare"/"multiply exemplifiable") Eigenschaften und Beziehungen. Und genau das ist es, was sie zu Allgemeinheiten, allgemeinen Wesenheiten macht: Eine Universalie kann von vielen Objekten exemplifiziert werden und dabei ihre numerische Identität wahren, das heißt, ein und dieselbe Eigenschaft oder Beziehung kann von vielen verschiedenen Dingen verkörpert werden.
|
|
Nach oben |
|
 |
Myron Mereoplethyntikologe
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3632
|
(#1347827) Verfasst am: 23.08.2009, 05:59 Titel: Re: Universalien |
|
|
step hat folgendes geschrieben: | Danke übrigens für den link, die Erklärung dort ist deutlich besser als die in wikipedia. |
Kein Wunder, die Texte in der Stanford Encyclopedia of Philosophy sind ja auch von Profis verfasst worden.
|
|
Nach oben |
|
 |
Myron Mereoplethyntikologe
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3632
|
(#1347828) Verfasst am: 23.08.2009, 06:02 Titel: Re: Universalien |
|
|
Yogosh hat folgendes geschrieben: | Es gibt mindestens eine Instanz der Eigenschaft 'Menge und leer'.
|
Nix für ungut, aber die Übersetzung von "instance" als "Instanz" ist grässlich. Das muss mit "Exemplar" übersetzt werden. Gleiches gilt für "instantiieren"/"instanziieren" als Übersetzung des Verbs "to instantiate". Da geht im Deutschen wirklich nur "exemplifizieren".
|
|
Nach oben |
|
 |
Myron Mereoplethyntikologe
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3632
|
(#1347829) Verfasst am: 23.08.2009, 06:14 Titel: Re: Universalien |
|
|
Wolf hat folgendes geschrieben: | Yogosh hat folgendes geschrieben: |
Von mir aus gibt es unendlich viele leere Mengen. |
Wodurch unterscheiden sich zwei leere Mengen? |
Aus dem Extensionalitätsaxiom folgt, dass es nicht mehr als eine leere Menge gibt.
|
|
Nach oben |
|
 |
der kleine Fritz registrierter User
Anmeldungsdatum: 24.06.2005 Beiträge: 2183
Wohnort: Planet Erde
|
(#1347836) Verfasst am: 23.08.2009, 09:11 Titel: |
|
|
Kramer hat folgendes geschrieben: | Genau das ist doch seit über hundert Jahren der anerkannte Stand der Sprachwissenschaft. Der Begriff "Dog" hist nicht hundischer als der Begriff "Hund", im "tree" steckt nicht mehr Baumbedeutung als im Begriff "Baum". Und die Abstahierung "Fisch" für den Walfisch und den Schwertfisch aufgrund der reinen Beobachtung zeigt in ihrer Fehlerhaftigkeit, dass die Begriffsbildung tatsächlich fehlerbehaftet ist. Die Sprache ist nicht logisch und nicht bedeutungsgenerierend. Die Sprache ist keine exakte Abbildung der Wirklichkeit, sondern ein Produkt unserer fehlerhaften Wahrnehmung der Wirklichkeit. |
Dem kann man - und sogar ballancer - nur voll und ganz zustimmen und zeigt so recht das Dilemma der Mehrdeutgkeit eines großen Teiles unseres Vokabulars.
ballancer hat folgendes geschrieben: | Nun, Wortdefinitionen sind schon ein hartes Brot, aber unvermeidbar, um zu einem gemeinsamen Verständnis zu kommen. |
und
ballancer hat folgendes geschrieben: | Wie soll noch ein Inhalt zwischen Menschen vermittelt werden, wenn die verwendeten Begriffe sich jeglicher gemeinsamen Definition entziehen? |
Auch Wittgenstein und Frege haben dieses Verständigungsdilemma erkannt und philosophisch interpretiert.
Wittgenstein hat in den *Philosophischen Untersuchungen* die Philosophie als „Kampf gegen die Verwirrung unseres Verständnisses durch die Sprache“ definiert. Aufgrund dieser Analyse werden nur diejenigen Sätze, die Tatsachen abbilden, also die wissenschaftlichen Sätze, als bedeutungsvoll für die Erkenntnis angesehen. Metaphysische und ethische Sätze hingegen sind keine
bedeutungsvollen Behauptungen.
Die Einsicht in die sprachliche Vielfalt und Kontextualität führte Wittgenstein zu der Auffassung der Sprache als Sprachspiel und zu dem Schluss, dass die Menschen unterschiedliche Sprachspiele spielen. So unterscheidet sich beispielsweise das Sprachspiel des Wissenschaftlers wesentlich von dem des Theologen. Wie soll da eine Verständigung möglich sein, wenn jeder auf die Richtigkeit seiner Interpretation beharrt ???
Auch Frege sah sich dabei mit der Zweideutigkeit der Alltagssprache und der Unzulänglichkeit verfügbarer logischer Systeme in der Semantik und Linguistik konfrontiert, ohne eine befriedigende Lösung bieten zu können.
So betrachtet, wäre ballancer ohne Problema durchaus in der Lage mit seiner verbalen Rabulistik vehement den Atheismus zu propagieren!
Gäbe es bspw. nur für den abstrakten Begriff "Wahrheit" eine global akzeptierte, eindeutige Definition, wie sähe dann wohl die Glaubensdiskussion hier im Forum aus ???
Da hätten aber die Gläubigen schlechte Karten!
_________________ und Gott bleibt stumm....
um so eifriger schwatzen seine selbsternannten Missionare.
|
|
Nach oben |
|
 |
|