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Rechtliche Legitimation der Nürnberger Prozesse?
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kamelpeitsche
Weapon of Mass Discussion



Anmeldungsdatum: 15.11.2003
Beiträge: 4555
Wohnort: Devil's Dancefloor

Beitrag(#1368329) Verfasst am: 28.09.2009, 18:40    Titel: Antworten mit Zitat

NOCQUAE hat folgendes geschrieben:
Rasmus hat folgendes geschrieben:
Gegen welche gültigen Gesetze sollen denn die Angeklagten Verstoßen haben? Worauf will sich der Ankläger berufen

Blub 1.
Für Verbrechen in Frankreich, Polen, den Niederlanden, der Sowjetunion usw. usf. etc. pp. sind nicht damaliges deutsches Recht anzuwenden, sondern das zum Tatzeitpunkt geltende Recht am Tatort.

Blub 2.
Waren auch damals nach geltendem Kriegsvölkerrecht gezielte Angriffe auf eine Zivilbevölkerung illegitim. Und ich darf daran erinnern, dass das nicht erst im zweiten Weltkrieg losging.


Blub 0: "Bejubler der Ungerechtigkeit" Ansonsten noch alles OK?

Blub 1: Gut - und über dieses polnische, französische, niederländische, sowjetische usw. usf. etc. pp. Recht haben jetzt pensionierte Amerikaner zu entscheiden, ja?

Blub 2: Das haben wir schon weiter oben besprochen.
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nocquae
diskriminiert nazis



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 18183

Beitrag(#1368335) Verfasst am: 28.09.2009, 18:52    Titel: Antworten mit Zitat

Okay, nach nochmaligem Durchlesen der letzten paar Postings denke ich, dass mein Standpunkt noch nicht ganz klar geworden ist, deswegen will ich nochmal näher auf das Elend des Rechtspositivismus eingehen:

Rasmus schreibt, dass (bleiben wir einfach mal bei Göring als Beispiel) schuldig war wie die Hölle, sein Prozess aber keine rechtliche Grundlage hatte. Das ist eine rechtspositivistische Argumentation. Natürlich, muss sie auch, denn ohne die bliebe ja nur noch die Argumentation, dass Görings handeln richtig auch im ethischen Sinne war, was - soweit ich Rasmus kenne - sicherlich nicht Rasmus Meinung ist.

Eine wirklich konsequenter Rechtspositismus geht davon aus: Das Gesetz ist das Gesetz ist das Gesetz …
Bsp.: Die NS-Rassengesetze waren sicherlich nicht gut im ethischen Sinne, aber sie waren seinerzeit nunmal geltendes Recht. Anders als positivistisch läßt sich nur „willkürlich” argumentieren,nämlich ethisch, damit beliebig und damit nicht-rechtsstaatlich. Rechtspositivismus sei also der einzige Ausweg aus einem Willkür-Rechtssystem.

Das Dilemma des Positivismus liegt darin, dass ich bei seiner konsequenten Anwendung wirklich alles mit allem begründen kann ... Es gibt - buchstäblich (!) - nichts, was ich nicht rechtlich legitimieren könnte, so ethisch verwerflich es auch erscheinen mag. Ich kann damit jedwede unsinnige rechtliche Konstruktion aufbauen: Zum Beispiel eine nachträgliche Außerkraftsetzung des Rückwirkungsverbots, um jede beliebige Tat nach jedem beliebigen Recht ahnden zu können.

Das ist konsequenter Rechtspositivismus: es gibt keine „ewigen“, allgemeingültigen Rechtsgrundsätze, sondern nur das Gesetz. Was ethisch wünschbar wäre, ist unerheblich (weil das letztlich zu Willkür führen könnte).

Wenn es aber keine allgemeingültigen Rechtsregeln gibt, dann gibt es auch kein Rückwirkungsverbot als allgemeingültiges Rechtsprinzip … wenn ich das Rückwirkungsverbot per Gesetz aufhebe, dann bleibt dem Rechtspositivismus nur übrig, das hinzunehmen.

Darin wird klar, dass der Positivismus kein bißchen weniger willkürlich ist, als eine „ethische Wunschhaltung“.

Die Beispiele für einen wirklich konsequenten Rechtspositivismus muten deswegen so weit hergeholt an, weil auch echte Hardcore-Positivisten immer nebenbei ein paar „allgemeingültige Rechtsprinzipien“ unterschummeln wollen - z. B. das Rückwirkungsverbot.

Und genau darin liegt die tiefe Inkosequenz des Rechtspositvismus, wie ihn Rasmus hier vertritt. Ohne „willkürliche“ ethische Setzungen komme ich überhaupt nicht aus, denn ein konsequenter Rechtspositivismus würde sich immer im Kreise drehen.

Wenn nun aber bereits ethische Setzungen unerläßlich sind, warum dann gerade ausgerechnet nur beim Rückwirkungsverbot Schluß machen?

Anders ausgedrückt: dass (z. B.) Göring im ethischen Sinne schuldig ist, räumst du ein, willst aber diesen ethischen Sinn hier nicht als allgemeine Setzung zulassen, das (z. B.) Rückwirkungsverbot als rein ethische Setzung aber schon?
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In Deutschland gilt derjenige, der auf den Schmutz hinweist, als viel gefährlicher, als derjenige, der den Schmutz macht.
-- Kurt Tucholsky
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nocquae
diskriminiert nazis



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 18183

Beitrag(#1368344) Verfasst am: 28.09.2009, 19:02    Titel: Antworten mit Zitat

kamelpeitsche hat folgendes geschrieben:
Blub 0: "Bejubler der Ungerechtigkeit" Ansonsten noch alles OK?

Dich meinte ich nicht.

Zitat:
Blub 1: Gut - und über dieses polnische, französische, niederländische, sowjetische usw. usf. etc. pp. Recht haben jetzt pensionierte Amerikaner zu entscheiden, ja?

Exakt. Wenn „die Amerikaner“ das so verordnen, was will denn dann ein konsequenter Rechtspositivist dagegen einwenden? Wenn man schon rechtspositivistisch argumentiert (anderes bleibt hier ja nicht übrig, wenn man die in Rede stehenden Taten im ethischen Sinne verurteilt), dann muss man darin auch konsequent sein. Dann kann man nicht sagen „Vorheriges Recht ist vorheriges Recht und nach dem ist keine Strafe möglich“ - um dann zu sagen, dass nachträgliche verfasstes Recht „nicht güldet“. Um ethische Setzungen kommt man nicht rum. Es sei denn, man möchte ein konsequenter Rechtspositivist sein, dann muss man allerdings auch hinnehmen, dass man alles mit allem begründen kann.

Zitat:
Blub 2: Das haben wir schon weiter oben besprochen.

Was irgendwer zu irgendwas irgendwo vor mir gemeint hat, das ist mir herzlich egal. Ich beziehe mich wenn, dann nur auf das, was ich zitiert habe. Wenn dir meine Wortmeldung in diesem Thread nicht passt, dann hättest du ihn als dein persönliches Eigentum markieren sollen. zwinkern
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Danol
registrierter User



Anmeldungsdatum: 02.04.2007
Beiträge: 3027

Beitrag(#1368405) Verfasst am: 28.09.2009, 20:13    Titel: Antworten mit Zitat

NOCQUAE, irgendwie scheinst Du mir in deiner Kritik u.a. meiner Position zu Ignorieren dass ich der Moral/Ethik eben durchaus eine Rolle zuerkannt habe, nämlich die einer Motivation des geltenden Rechts, aber die Umsetzung eben strikt formal geregelt haben will (und mir diese formale Regelung auch wichtiger ist als Einzelfallgerechtigkeit). Dazu kommt dass Du dich konseuqnet um eine Definition von 'Recht' drückst. Ich würde nichtmehr von Recht sprechen, wenn das Rückwirkungsverbot per Gesetz rückwirkend abgeschafft wird.
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Hornochse
Orthographiefetischist



Anmeldungsdatum: 22.07.2007
Beiträge: 8223
Wohnort: Bundeshauptstadt

Beitrag(#1368409) Verfasst am: 28.09.2009, 20:15    Titel: Antworten mit Zitat

Danol hat folgendes geschrieben:
Ich würde nichtmehr von Recht sprechen, wenn das Rückwirkungsverbot per Gesetz rückwirkend abgeschafft wird.


Damit setzt du voraus, dass es einen normativen Standpunkt gibt, von dem aus Recht und Unrecht zu unterscheiden wären. Das passt aber nicht gut zum Rechtspositivismus.
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Alles könnte anders sein - und fast nichts kann ich ändern.

- Niklas Luhmann -
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nocquae
diskriminiert nazis



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 18183

Beitrag(#1368416) Verfasst am: 28.09.2009, 20:18    Titel: Antworten mit Zitat

Hornochse hat folgendes geschrieben:
Danol hat folgendes geschrieben:
Ich würde nichtmehr von Recht sprechen, wenn das Rückwirkungsverbot per Gesetz rückwirkend abgeschafft wird.


Damit setzt du voraus, dass es einen normativen Standpunkt gibt, von dem aus Recht und Unrecht zu unterscheiden wären. Das passt aber nicht gut zum Rechtspositivismus.

Einer versteht mich Ich liebe es...
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Marcellinus
Outsider



Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#1368450) Verfasst am: 28.09.2009, 21:04    Titel: Antworten mit Zitat

Gibt es nicht längst auch Gesetze, die rückwirkend gültig werden, z.B. in der Steuergesetzgebung?
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es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."

Friedrich Nietzsche
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Yogosh
Leisetreter ...und Klugscheisser



Anmeldungsdatum: 19.03.2009
Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1368461) Verfasst am: 28.09.2009, 21:12    Titel: Antworten mit Zitat

NOCQUAE hat folgendes geschrieben:
Wenn nun aber bereits ethische Setzungen unerläßlich sind, warum dann gerade ausgerechnet nur beim Rückwirkungsverbot Schluß machen?


Wenn ich das richtig verstanden habe, sagst Du, dass der Rechtspositivismus das Rückwirkungsverbot zwar braucht um sich von völliger Willkür zu unterscheiden, es aber nicht selber begründen kann. Und dann stellt sich in der Tat die Frage, warum man sich genau nur diese Anleihe aus der Ethik erlaubt.

Aber man könnte doch wie folgt für einen Sonderstatus des Rückwirkungsverbot argumentieren:
(Achtung, es kommt eine Mischung aus Kants analytisch und transzendental (nicht transzendent!), aber ohne Anleihen an seiner Ethik.)

Der ganze ethische Wert eines Rechtssystems steht und fällt mit dem Rückwirkungsverbot. Sowohl deontologisch als auch konsequentialistisch lässt sich denke ich behaupten, dass der ethische Wert eines Rechtssystems formal davon abhängt, dass es verlässliche Regeln aufstellt. Inhaltlich hängt der Wert natürlich auch an der Beschaffenheit dieser Regeln, aber ohne verlässliche Gültigkeit sind es gar keine Regeln. Noch nicht mal schlechte.

Wenn man soweit mitgeht, dann kann man glaube ich für einen transzendentalen (nicht transzendenten!) Status des Rückwirkungsverbots argumentieren: es wäre dann die Bedingung der Möglichkeit von Recht.

Vielleicht geht auch eine Begründung a la analytisch, weil diese Argumentation eigentlich rein formal ist, aber mit analytischen Sätzen hab ich es nicht so. Mit transzendental hab ich es auch nur unwesentlich mehr, deswegen würde ich durchaus auf die formale Begründung pfeifen und die Bestrafung von derart monströsen Verbrechen zu einem gleichwertigen sine qua non erklären, wie das Rückwirkungsverbot, womit ich dann bei einer klassischen ethischen Abwägung wäre.
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"If the King's English was good enough for Jesus Christ, it's good enough for the children of Texas!" - Miriam Amanda "Ma" Ferguson, Governor of Texas, als Begründung gegen Spanischunterricht


Zuletzt bearbeitet von Yogosh am 28.09.2009, 21:17, insgesamt einmal bearbeitet
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kamelpeitsche
Weapon of Mass Discussion



Anmeldungsdatum: 15.11.2003
Beiträge: 4555
Wohnort: Devil's Dancefloor

Beitrag(#1368463) Verfasst am: 28.09.2009, 21:13    Titel: Antworten mit Zitat

Yogosh hat folgendes geschrieben:
NOCQUAE hat folgendes geschrieben:
Wenn nun aber bereits ethische Setzungen unerläßlich sind, warum dann gerade ausgerechnet nur beim Rückwirkungsverbot Schluß machen?


Wenn ich das richtig verstanden habe, sagst Du, dass der Rechtspositivismus das Rückwirkungsverbot zwar braucht um sich von völliger Willkür zu unterscheiden, es aber nicht selber begründen kann. Und dann stellt sich in der Tat die Frage, warum man sich genau nur diese Anleihe aus der Ethik erlaubt.

Aber man könnte doch wie folgt für einen Sonderstatus des Rückwirkungsverbot argumentieren:
(Achtung, es kommt eine Mischung aus Kants analytisch und transzendental (nicht transzendent!), aber ohne Anleihen an seiner Ethik.)

Der ganze ethische Wert eines Rechtssystems steht und fällt mit dem Rückwirkungsverbot. Sowohl deontologisch als auch konsequentialistisch lässt sich denke ich behaupten, dass der ethische Wert eines Rechtssystems formal davon abhängt, dass es verlässliche Regeln aufstellt. Inhaltlich hängt der Wert natürlich auch an der Beschaffenheit dieser Regeln, aber ohne verlässliche Gültigkeit sind es gar keine Regeln. Noch nicht mal schlechte.

Wenn man soweit mitgeht, dann kann man glaube ich für einen transzendentalen (nicht transzendenten!) Status des Rückwirkungsverbots argumentieren: es wäre dann die Bedingung der Möglichkeit von Recht.

Vielleicht geht auch eine Begründung a la analytisch, weil diese Argumentation eigentlich rein formal ist, aber mit analytischen Sätzen hab ich es nicht so.


Daumen hoch!
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Yogosh
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Anmeldungsdatum: 19.03.2009
Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1368477) Verfasst am: 28.09.2009, 21:20    Titel: Antworten mit Zitat

kamelpeitsche hat folgendes geschrieben:
Daumen hoch!

Danke!

Aber ich sollte vielleicht darauf hinweisen, dass kamelpeitsche meinen letzten Zusatz (nach dem ich auf meine eigene Begründung in diesem Fall pfeifen würde) noch nicht gesehen hat, als er mich zitierte. zwinkern
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nocquae
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 18183

Beitrag(#1368495) Verfasst am: 28.09.2009, 21:28    Titel: Antworten mit Zitat

Yogosh hat folgendes geschrieben:
Wenn ich das richtig verstanden habe, sagst Du, dass der Rechtspositivismus das Rückwirkungsverbot zwar braucht um sich von völliger Willkür zu unterscheiden, es aber nicht selber begründen kann.

Exakt.

Zitat:
Und dann stellt sich in der Tat die Frage, warum man sich genau nur diese Anleihe aus der Ethik erlaubt.

Exakt.

Dann sind es jetzt schon zwei Personen, die mich verstehen.

Zitat:
Der ganze ethische Wert eines Rechtssystems steht und fällt mit dem Rückwirkungsverbot. Sowohl deontologisch als auch konsequentialistisch lässt sich denke ich behaupten, dass der ethische Wert eines Rechtssystems formal davon abhängt, dass es verlässliche Regeln aufstellt. Inhaltlich hängt der Wert natürlich auch an der Beschaffenheit dieser Regeln, aber ohne verlässliche Gültigkeit sind es gar keine Regeln. Noch nicht mal schlechte.

Das ist alles vollkommen korrekt. Das erklärt, warum man ein Rückwirkungsverbot braucht, aber nicht, warum man das Rückwirkungsverbot als einzigen „allgemeinen Rechtsgrundsatz“ benötigt, alle anderen möglichen „ethischen Anleihen“ sich aber verbieten.
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Danol
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Anmeldungsdatum: 02.04.2007
Beiträge: 3027

Beitrag(#1368498) Verfasst am: 28.09.2009, 21:30    Titel: Antworten mit Zitat

Hornochse hat folgendes geschrieben:
Danol hat folgendes geschrieben:
Ich würde nichtmehr von Recht sprechen, wenn das Rückwirkungsverbot per Gesetz rückwirkend abgeschafft wird.


Damit setzt du voraus, dass es einen normativen Standpunkt gibt, von dem aus Recht und Unrecht zu unterscheiden wären. Das passt aber nicht gut zum Rechtspositivismus.


Ich bin ja auch kein Rechtspositivist, zumindest nicht in dem Sinne wie NOCQUAE diesen Begriff auffasst. Meine Motivation ist eher die dass ich in der Einhaltung dieser Formalien, die ja nicht ohne Grund etabliert wurden, einen Schutz vor der Willkür in der Umsetzung des Rechtes sehe, nicht das Recht selber vor jeder Willkür geschützt.
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Marcellinus
Outsider



Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#1368501) Verfasst am: 28.09.2009, 21:31    Titel: Antworten mit Zitat

Yogosh hat folgendes geschrieben:
...deswegen würde ich durchaus auf die formale Begründung pfeifen und die Bestrafung von derart monströsen Verbrechen zu einem gleichwertigen sine qua non erklären, wie das Rückwirkungsverbot, womit ich dann bei einer klassischen ethischen Abwägung wäre.

Zustimmung! Es ging eh nur um einen von drei Anklagepunkten: Die Führung eines Angriffskrieges. Kriegsverbrechen waren schon seit der Haager Konvention vor dem WWI strafbar, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, vor allem die Tötung der Juden, als Mord in jedem Lande strafbar.
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Friedrich Nietzsche
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Danol
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Anmeldungsdatum: 02.04.2007
Beiträge: 3027

Beitrag(#1368502) Verfasst am: 28.09.2009, 21:32    Titel: Antworten mit Zitat

Yogosh hat folgendes geschrieben:
Wenn man soweit mitgeht, dann kann man glaube ich für einen transzendentalen (nicht transzendenten!) Status des Rückwirkungsverbots argumentieren: es wäre dann die Bedingung der Möglichkeit von Recht.


Daumen hoch!

Das ist in etwa was ich auch dachte, aber nicht so elegant formulieren konnte. Ich schließe mich dem an.
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Yogosh
Leisetreter ...und Klugscheisser



Anmeldungsdatum: 19.03.2009
Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1368506) Verfasst am: 28.09.2009, 21:34    Titel: Antworten mit Zitat

NOCQUAE hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Der ganze ethische Wert eines Rechtssystems steht und fällt mit dem Rückwirkungsverbot. Sowohl deontologisch als auch konsequentialistisch lässt sich denke ich behaupten, dass der ethische Wert eines Rechtssystems formal davon abhängt, dass es verlässliche Regeln aufstellt. Inhaltlich hängt der Wert natürlich auch an der Beschaffenheit dieser Regeln, aber ohne verlässliche Gültigkeit sind es gar keine Regeln. Noch nicht mal schlechte.

Das ist alles vollkommen korrekt. Das erklärt, warum man ein Rückwirkungsverbot braucht, aber nicht, warum man das Rückwirkungsverbot als einzigen „allgemeinen Rechtsgrundsatz“ benötigt, alle anderen möglichen „ethischen Anleihen“ sich aber verbieten.


Ich denke schon. Mir fallen jedenfalls keine weiteren ein, die aus rein formalen Gründen diesen Status verdienen. Deswegen funktioniert die transzendentale Logik bei denen nicht.
Wie gesagt: mein eigenes Argument überzeugt mich in diesem Fall letztlich nicht, weil ich dieser Logik keinen so großen Wert beimesse. Aber für eine gewisse Sonderstellung des Rückwirkungsverbots reicht sie aus.
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Yogosh
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Anmeldungsdatum: 19.03.2009
Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1368508) Verfasst am: 28.09.2009, 21:35    Titel: Antworten mit Zitat

Hihi. Alle stimmen mir zu!
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Danol
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Anmeldungsdatum: 02.04.2007
Beiträge: 3027

Beitrag(#1368510) Verfasst am: 28.09.2009, 21:37    Titel: Antworten mit Zitat

Yogosh hat folgendes geschrieben:
Hihi. Alle stimmen mir zu!


Nur das Zitierte. Dem Teil mit dem Pfeifen auf die formalen Grundlagen nicht zwinkern
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Testirossi
Gnostiker



Anmeldungsdatum: 12.08.2008
Beiträge: 741
Wohnort: jwd

Beitrag(#1368976) Verfasst am: 29.09.2009, 13:48    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Deutsche Richter hätten es sicher auch geschafft, Hitler als Mitläufer einzustufen. zynisches Grinsen

Du weisst, dass Jodl der Todesstrafe schuldig war? (Siehe Threadtitel)
Wodurch?
Fakt ist jedenfalls, dass die Alliierten 1953 willkürlich deutsches Recht brachen.
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"Die Kunst aller grossen Volksführer aber, bestand noch zu allen Zeiten darin, die Aufmerksamkeit der Masse auf einen Feind zu konzentrieren."
(A. H.)
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Anmeldungsdatum: 12.06.2008
Beiträge: 2546

Beitrag(#1371881) Verfasst am: 04.10.2009, 07:40    Titel: Re: Rechtliche Legitimation der Nürnberger Prozesse? Antworten mit Zitat

kamelpeitsche hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
kamelpeitsche hat folgendes geschrieben:
Hatten sie eine akzeptable? Und wie lautete diese?

Verbrechen gegen die Menschlichkeit? Massenmord? Gibt es eine bessere?


Wo stand denn niedergeschrieben, dass Verbrechen gegen die Menschlichkeit ein Straftatbestand darstellte? Und vor allem: Wie war dieser, so er irgendwo festgehalten war, zu bestrafen?


Das stand nirgends niedergeschrieben. Bevor man im Mittelalter für jede Straftat ein geschriebenes normiertes Recht hatte, wurden Straftäter, die etwas verbrochen hatten, nach gutdünken des jeweiligen Herrschers bestraft. Und das war auch legitim, denn der Begriff legitim umfasst mehr als nur formelles (gesetzlich anerkanntes)Recht, es umfasst auch das Recht, welches sich aus einen Sachverhalt aus sich selbst heraus ergibt (=berechtigt)

legitim

le|gi|tim álat.ñ: 1. a) rechtmäßig, gesetzlich anerkannt; Ggs. ­)illegitim (a); b) ehelich (von Kindern); Ggs. ­)illegitim (b). 2. berechtigt, begründet; allgemein anerkannt, vertretbar.

(c) Dudenverlag.
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