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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1376405) Verfasst am: 13.10.2009, 12:51 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Sorry, aber ich halte diese Beschreibung mit den "Vertrauenspunkten" nicht für "schonungslos genau", sondern eher für völlig verzerrt.  |
Was würdest Du denn - kurz und prägnant - als Ursache für altruistisches Verhalten ansehen? Oder als Grund, warum auch viele Leute gegen Sozialdarwinismus sind, die selbst ökonomisch fein raus sind?
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1376412) Verfasst am: 13.10.2009, 13:10 Titel: Re: Vertrauenspunkte |
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step hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Ist das wirklich der Grund, weshalb Du kein Sozialdarwinist bist? Gibt es nicht noch bessere? Zum Beispiel die Erkenntnis, dass Sozialdarwinismus keine wissenschaftliche Basis besitzt? Das würde ich jetzt z.B. von einem Wissenschaftler erwarten. Aber doch nicht so ein Reden von Treuepunkten ...- |
Einen wesentlichen Punkt hat ja Noseman schon genannt. Ich möchte noch ergänzen, daß auch ich natürlich der Meinung bin, daß der SD keine wissenschaftliche Basis besitzt, eben gerade wenn man indirekte Reziprozität u.ä. berücksichtigt. |
Nein, der Sozialdarwinismus negiert die Kategorie "Gesellschaft" als solche. Für ihn gibt es nur Natur, bzw. das, was er fälschlicher Weise als "Natur" verstehen will.
Es handelt sich um einen absoluten Missbrauch der Wissenschaft. "Indirekte Reziprozität" ist hier völlig irrelevant.
Skeptiker
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K.I.Z - Frieden
Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video
Informationsstelle Militarisierung e.V.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1376418) Verfasst am: 13.10.2009, 13:24 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Sorry, aber ich halte diese Beschreibung mit den "Vertrauenspunkten" nicht für "schonungslos genau", sondern eher für völlig verzerrt.  |
Was würdest Du denn - kurz und prägnant - als Ursache für altruistisches Verhalten ansehen? Oder als Grund, warum auch viele Leute gegen Sozialdarwinismus sind, die selbst ökonomisch fein raus sind? |
Das hat damit gar nichts zu tun, ob jemand ökonomisch fein raus ist. Sozialdarwinistische Ideologien gibt es bei Obdachlosen ebenso wie bei Millionären, bei höheren Angestellten ebenso wie bei Hilfsarbeitern.
Die faschistischen Ideologien begründen sich nicht einfach mit der ökonomischen Lage, sondern mit Identifikationsmustern bezüglich gesellschaftlicher Herrschaftsstrukturen und dessen aggressiver Verteidigung.
Skeptiker
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1376425) Verfasst am: 13.10.2009, 13:41 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | step an Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Was würdest Du denn - kurz und prägnant - als Ursache für altruistisches Verhalten ansehen? Oder als Grund, warum auch viele Leute gegen Sozialdarwinismus sind, die selbst ökonomisch fein raus sind? | Das hat damit gar nichts zu tun, ob jemand ökonomisch fein raus ist. |
Bei der innergesellschaftlichen, "sozialen" Variante des Sozialdarwinismus, der zur Rechtfertigung des Kapitalismus verwendet wurde, hat das schon damit zu tun.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Sozialdarwinistische Ideologien gibt es bei Obdachlosen ebenso wie bei Millionären, bei höheren Angestellten ebenso wie bei Hilfsarbeitern. |
Christentum gibt es bei den Schafen ebenso wie bei den Hirten, und auch Kommunisten sind meist keine Proletarier. So what?
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Die faschistischen Ideologien begründen sich nicht einfach mit der ökonomischen Lage, sondern mit Identifikationsmustern bezüglich gesellschaftlicher Herrschaftsstrukturen und dessen aggressiver Verteidigung. |
Die rassistische Variante des Sozialdarwinismus ist wieder etwas anderes. Die haben einfach Darwin, "fittest" usw. falschverstanden.
Letztlich sind beide Varianten wissenschaftlich falsch, die eine übersieht, daß altruistische Gesellschaften besser funktionieren (u.a. die genannte indirekte Reziprozität), die andere Variante mißdeutet krass die Rolle der Gene.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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MountainKing registrierter User
Anmeldungsdatum: 31.05.2006 Beiträge: 1438
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(#1376444) Verfasst am: 13.10.2009, 14:57 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: |
Das christliche Modell ist dagegen ein anderes: Das Wesen Gottes ist durch und durch gut. Man kann die Güte Gottes nicht von seiner Person trennen. Gott entscheidet sich nicht, gut zu sein, sondern die Güte ist Ausfluss seines Seins. Gott also wird an der Güte erkannt: Wenn etwas als nicht gut erkannt wird, dann ist zu recht zu fragen, ob die Behauptung dann zutreffend etwas über Gott sagen kann.
Die Existenz Gottes kann nicht dem Nicht-Guten entsprechen. Gut sein ist nicht in sein Belieben gestellt, und wir können Güte auch nur wegen der Gabe Gottes erkennen. Darum ist die Dichotomie zwischen Gott und dem Guten schlicht ein untaugliches Modell. |
Dieser Gott hat deiner Sichtweise nach alles Negative und Böse erschaffen und insofern dies real ist und wir in einer davon mitgeprägten realen Welt leben, kann Gott nicht durch und durch gut sein, weil er ohne die Kapazität, Böses zu schaffen, dies nicht hätte tun können und ein Wesen, das diese Kapazität besitzt, ist nicht durch und durch gut.
Und zu http://de.wikipedia.org/wiki/Antisemitismus: vielleicht schaffst du es ja auch mal irgendwann, nicht nur diesen Link zu posten, sondern auch mal die Abschnitte zum Antijudaismus zu lesen, die ich dir andernorts auch schon mehrfach verlinkt und erklärt habe.
Zitat: | Diese Feindschaft bestimmte christliche Theologie vielfach bis in die Gegenwart hinein. Deshalb ist die historische Abgrenzung zum Antisemitismus umstritten. |
und:
Zitat: | Diese Judenfeindschaft entstand mit dem Alleingeltungsanspruch des Christentums und wurde seit der Zerstörung des Jerusalemer Tempels 70 n. Chr. bis zur „konstantinischen Wende“ zu einem durchgehenden Kennzeichen christlicher Theologie. Sie bestimmte seit der Spätantike - von räumlich und zeitlich begrenzten toleranten Perioden abgesehen - die Volksfrömmigkeit und den Umgang christlicher Mehrheiten mit jüdischen Minderheiten in weiten Teilen Europas während des Mittelalters. |
http://de.wikipedia.org/wiki/Antijudaismus_im_Mittelalter
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Chinasky dirty ol' man
Anmeldungsdatum: 27.03.2006 Beiträge: 1264
Wohnort: Hoher Norden
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(#1376579) Verfasst am: 13.10.2009, 20:49 Titel: |
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Verständnisfrage: Was bedeutet in diesem Zusammenhang "indirekte Reziprozität"?
_________________ Still confused - but on a higher level.
Mein Zeugs auf deviantart
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44684
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(#1376710) Verfasst am: 14.10.2009, 00:50 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Was würdest Du denn - kurz und prägnant - als Ursache für altruistisches Verhalten ansehen? |
Das selbe wie für jedes andere Verhalten auch: den Willen. Und der mag ja physikalisch irgendwie total determiniert sein, aber er lässt sich eben nicht in jedem Falle als reine Anwendung von individuellen Kosten-Nutzen-Kalkülen beschreiben. Er ist selbst bereits sozialer Herkunft und hat damit auch schon sozialen Charakter. Der Mensch ist nicht sozial, weil er sich davon individuelle Vorteile erhofft, sondern seine Sozialität ist von seiner Individualität überhaupt untrennbar. Im Normalfall übernimmt man auch nicht einfach weltanschauliche Positionen, weil man sich davon individuelle Vorteile erhofft. Das sieht man bereits daran, dass man zwischen einer authentischen Positionsbeziehung und einer bloßen Vorspiegelung von Ansichten sehr wohl unterscheiden kann, und zwar sowohl subjektiv als auch objektiv.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 14.10.2009, 10:27, insgesamt einmal bearbeitet |
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26511
Wohnort: im Speckgürtel
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(#1376780) Verfasst am: 14.10.2009, 10:09 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Was würdest Du denn - kurz und prägnant - als Ursache für altruistisches Verhalten ansehen? |
Das selbe wie für jedes andere Verhalten auch: den Willen. .... |
Der Wille ist ja soetwas wie die Initialphase des Handelns. Fragen wir doch mal weiter:
Was würdest Du denn - kurz und prägnant - als Ursache für diesen Willen zum altruistisches Verhalten ansehen?
fwo
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44684
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(#1376783) Verfasst am: 14.10.2009, 10:18 Titel: |
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Sorry, ich versteh' die Frage nicht. Normalerweise fragt man für konkrete Vorkommnisse nach konkreten Ursachen. Alles andere hat m.E. nur wenig Bisschen Sinn.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26511
Wohnort: im Speckgürtel
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(#1376798) Verfasst am: 14.10.2009, 10:59 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Sorry, ich versteh' die Frage nicht. Normalerweise fragt man für konkrete Vorkommnisse nach konkreten Ursachen. Alles andere hat m.E. nur wenig Bisschen Sinn. |
Wir reden hier von Software einer Maschine, deren Prozessor wir noch nicht verstanden haben, in einer? Programmiersprache, die wir nicht kennen, bzw. von der wir nicht wissen, über wieviele Ebenen sie verfügt.
Was bedeutet da konkret?
Was auffällt, ist dass gewisse Handlungstendenzen häufig vorkommen, die wir dann anschließend an den konkreten Handlungen festmachen können. Der Wille, den Du dazwischen schieben willst, ist eine Verkomplizierung (wirklich eine zusätzliche Ebene?), aber ändert nichts an den grundsätzlichen Beobachtungen.
Wille würde ich als eine vom Bewusstsein in einen Imperativ zu seiner Abstellung umgewandelte Wahrnehmung eines Bedürfnisses beschreiben. Aber woher kommt dieses Bedürfnis - in diesem Fall nach Gemeinschaft, wenn nicht aus stammesgeschichtlichen** oder kulturellen** Erfahrungen?
In diesen kollektiven Erfahrungen siedle ich Steps Argumentation an - unabhängig davon, ob er es auch tut, denn da ist sie für mich sinnvoll.
**zwei unterschiedliche Ebenen der Evolution
fwo
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The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44684
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(#1376805) Verfasst am: 14.10.2009, 11:08 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Wir reden hier von Software einer Maschine, deren Prozessor wir noch nicht verstanden haben, in einer Programmiersprache, die wir nicht kennen, bzw. von der wir nicht wissen, über wieviele Ebenen sie verfügt. |
Nein, das tun wir nicht. Es sei denn, wir entscheiden uns dazu, in Metaphern zu sprechen. (Können wir natürlich tun.)
fwo hat folgendes geschrieben: | In diesen kollektiven Erfahrungen siedle ich Steps Argumentation an. |
Das führt nirgendwohin. Steps Argumente haben rein gar nichts Kollektives an sich. Im Gegenteil.
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- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26511
Wohnort: im Speckgürtel
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(#1376818) Verfasst am: 14.10.2009, 11:25 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | .....
fwo hat folgendes geschrieben: | In diesen kollektiven Erfahrungen siedle ich Steps Argumentation an. |
Das führt nirgendwohin. Steps Argumente haben rein gar nichts Kollektives an sich. Im Gegenteil. |
step hat folgendes geschrieben: | Wenn ich eine sozialdarwinistische Ethik vertrete, verliere ich Vertrauenspunkte bei meinen Mitmenschen. |
Die "sozialdarwinistische Ethik" übersetze ichmal plump mit dem Recht des Stärkeren.
Dann sehe ich in Steps Aussage kein persönliches zeitnahes Kalkül sonder eine in einen sozialen Imperativ umgewandelte Erfahrung, die sowohl persönlich als auch kollektiv und beim zweiten sowohl genetisch als auch kulturell sein kann.
Ich tendiere bei diesem Beispiel zu einem Zusammenspiel aus Genetik und Kultur.
fwo
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The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
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Roter Ballon Lifted
Anmeldungsdatum: 22.12.2006 Beiträge: 2631
Wohnort: München
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(#1376838) Verfasst am: 14.10.2009, 12:31 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | .....
fwo hat folgendes geschrieben: | In diesen kollektiven Erfahrungen siedle ich Steps Argumentation an. |
Das führt nirgendwohin. Steps Argumente haben rein gar nichts Kollektives an sich. Im Gegenteil. |
step hat folgendes geschrieben: | Wenn ich eine sozialdarwinistische Ethik vertrete, verliere ich Vertrauenspunkte bei meinen Mitmenschen. |
Die "sozialdarwinistische Ethik" übersetze ichmal plump mit dem Recht des Stärkeren.
Dann sehe ich in Steps Aussage kein persönliches zeitnahes Kalkül sonder eine in einen sozialen Imperativ umgewandelte Erfahrung, die sowohl persönlich als auch kollektiv und beim zweiten sowohl genetisch als auch kulturell sein kann.
Ich tendiere bei diesem Beispiel zu einem Zusammenspiel aus Genetik und Kultur.
fwo |
ich schlag mal ein anderes Wort anstelle für Wille vor.
MOTIVATION
und in diesem Zusammenhang gefallen mir die
Erwartungs-mal-Wert-Modelle, da geht Motivation auf die Erwartung bestimmter Handlungsergebnisse und Handlungsfolgen sowie auf deren (positive oder negative) Bewertung zurück.
Erwartung: Wahrscheinlichkeit des Eintritts
Valenz: Attraktivität eines Ziels
_________________ ____________________
ertrage die Clowns!
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44684
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(#1376844) Verfasst am: 14.10.2009, 12:45 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Dann sehe ich in Steps Aussage kein persönliches zeitnahes Kalkül sondern eine in einen sozialen Imperativ umgewandelte Erfahrung, die sowohl persönlich als auch kollektiv und beim zweiten sowohl genetisch als auch kulturell sein kann. |
Was ist denn eine genetische Erfahrung?
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26511
Wohnort: im Speckgürtel
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(#1376845) Verfasst am: 14.10.2009, 13:05 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ....
Was ist denn eine genetische Erfahrung? |
Die Gesamte DNA ist nichts anderes als eine Niederschrift des Wissens von dieser Welt - genetische Erfahrung. Die erfolgreich langen Hälse der Giraffen sind der Ausdruck der Erfahrung, das es da oben was zu fressen gibt.
fwo
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Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26511
Wohnort: im Speckgürtel
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(#1376851) Verfasst am: 14.10.2009, 13:22 Titel: |
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Das ist mir genauso zu sehr auf das Bewusstsein fokussiert, auch wenn man die Motivation auch weiter fassen kann: Wiki hat folgendes geschrieben: | Dass ein rein kognitiv orientierter Motivationsbegriff zu kurz greife ist in jüngster Zeit nicht nur in der phänomenologisch-sprachanalytisch ausgerichteten Philosophie, sondern auch in der Psychologie geltend gemacht worden. |
EDIT quote repariert
fwo
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Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1376864) Verfasst am: 14.10.2009, 13:59 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Was würdest Du denn - kurz und prägnant - als Ursache für altruistisches Verhalten ansehen? | Das selbe wie für jedes andere Verhalten auch: den Willen. |
Meinst Du den Willen als kollektive Präferenz, Ausdruck kollektiver Prägung, oder den individuell autonomen Willen?
Und warum verhalten sich auch manche Tiere altruistisch? Natürlich ist menschliches Verhalten (aufgrund von Kreativität, Reflektion und Rationalität) stärker kulturell dynamisch als z.B. das Verhalten von Affen oder Ameisen.
Und schließlich zeigen Experimente, daß das Maß an altruistischem bzw. kooperativen Verhalten sehr stark von unterbewußten Situationsspezifika geprägt ist, etwa vom Aussehen oder Tonfrequenz des Gegenübers.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Und der mag ja physikalisch irgendwie total determiniert sein, aber er lässt sich eben nicht in jedem Falle als reine Anwendung von individuellen Kosten-Nutzen-Kalkülen beschreiben. |
Das habe ich auch nicht behauptet. Individuelle Kosten-Nutzen-Kalküle spielen bei der stammesgeschichtlichen Ausbildung von Moral mE eine vernachlässigbare Rolle. Vielmehr setzen sich Gesellschaften kulturell und letztlich auch reproduktiv durch, die innerhalb ihrer Gruppe altruistisches Verhalten ausbilden.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Der Mensch ist nicht sozial, weil er sich davon individuelle Vorteile erhofft, ... |
Richtig, sondern weil die Gruppe dadurch Vorteile hat. Vielleicht war das mißverständlich: Natürlich zähle ich nicht bewußt Vertrauenspunkte (das wäre vermutlich sogar evolutionär ungünstig), sondern Instinkte und soziale Prägung determinieren mein Verhalten entsprechend.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ... sondern seine Sozialität ist von seiner Individualität überhaupt untrennbar. Im Normalfall übernimmt man auch nicht einfach weltanschauliche Positionen, weil man sich davon individuelle Vorteile erhofft. Das sieht man bereits daran, dass man zwischen einer authentischen Positionsbeziehung und einer bloßen Vorspiegelung von Ansichten sehr wohl unterscheiden kann, und zwar sowohl subjektiv als auch objektiv. |
Ich hatte die Nachfrage oben so verstanden, daß ich meine ethische Position rational hinterfragen solle, also einen rational nachvollziehbaren Grund angeben solle, warum ich trotz naturalistischen Weltbildes kein Sozialdarwinist bin. "Ich verliere Vertrauenspunkte" ist hier daher weniger eine individuelle Motivation (höchstens im geprägten Sinne, siehe fwo), sondern bedeutet:
Wer Sozialdarwinismus / Egoismus / ... vertritt oder hinreichend offen so handelt, verliert Vertrauenspunkte. Dadurch gibt es insgesamt weniger spontane Kooperation, und dieser Schaden übertrifft mE einen etwaigen Nutzen. Und deshalb beobachten wir hauptsächlich Gruppen, die erfolgreich kooperieren.
Ich bin also einerseits so geprägt und kann es andererseits auch naturalistisch begründen (bzw. das versuchen). Es gibt natürlich Leute, denen das nicht ausreicht (weil es ja kein Sollen definiert, und auch das Wollen nur quasi "befremdlich" betrachtet), sondern die sich ein flammendes, möglichst authentisch-undistanziertes Eintreten für eine Moral wünschen.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1376865) Verfasst am: 14.10.2009, 13:59 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | .....
fwo hat folgendes geschrieben: | In diesen kollektiven Erfahrungen siedle ich Steps Argumentation an. |
Das führt nirgendwohin. Steps Argumente haben rein gar nichts Kollektives an sich. Im Gegenteil. |
step hat folgendes geschrieben: | Wenn ich eine sozialdarwinistische Ethik vertrete, verliere ich Vertrauenspunkte bei meinen Mitmenschen. |
Die "sozialdarwinistische Ethik" übersetze ichmal plump mit dem Recht des Stärkeren. |
Das ist einfach nicht hinreichend. Sozialdarwinismus ist eine historische, noch nicht so alte, biologistische Erklärung von Klassenherrschaft.
Sie beinhaltet darüber hinaus auch Züchtungs- und/oder Ausrottungsideen unter dem Grundgedanken einer Eugenik u.a.
Schlagwörter wie "Recht des Stärkeren" lenken davon ab, dass es eigentlich um Ableitung der Rechte des Kapitals aus der Natur geht. Es wird dann zur Naturalisierung von Imperialismus und Ausbeutung.
Eine reine "Ethik" - selbst eine negative - ist der Sozialdarwinismus folglich nicht, auch wenn er eine solche als Teilmenge mit umfasst.
fwo hat folgendes geschrieben: | Dann sehe ich in Steps Aussage kein persönliches zeitnahes Kalkül sonder eine in einen sozialen Imperativ umgewandelte Erfahrung, die sowohl persönlich als auch kollektiv und beim zweiten sowohl genetisch als auch kulturell sein kann.
Ich tendiere bei diesem Beispiel zu einem Zusammenspiel aus Genetik und Kultur. |
step hantiert wiederum mit Begriffen wie "Egoismus"/"Altruismus". Für diese Kategorien braucht man nicht den Begriff "Sozialdarwinismus" zu bemühen. Wie gesagt, dieser ist nämlich erheblich weitreichender wegen der spezifischen gesellschaftlichen Dimension.
Skeptiker
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K.I.Z - Frieden
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Eklatant Selbstwiderspruch
Anmeldungsdatum: 25.07.2005 Beiträge: 535
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(#1376943) Verfasst am: 14.10.2009, 16:28 Titel: |
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Betrifft zwar nicht das Buch als Thema, aber die Entwicklung von selbstlosem Handeln:
http://www.welt.de/wissenschaft/tierwelt/article4842062/Schimpansen-helfen-selbstlos-aber-nur-auf-Bitte.html
Zitat: |
Verhaltensforscher gehen seit langem der Frage nach, ob selbstloses Handeln ein einzigartiges Verhalten von Menschen ist. Japanische Forscher haben nun herausgefunden, dass auch Schimpansen ihren Artgenossen uneigennützig helfen. Sie tun dies jedoch meist nur nach besonderer Bitte.
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_________________ Die Annäherung an die Wirklichkeit und die pragmatische Relevanz derselbigen gelingt nur mittels jederzeit wiederholbaren Experimenten...
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1376954) Verfasst am: 14.10.2009, 16:58 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | step hantiert wiederum mit Begriffen wie "Egoismus"/"Altruismus". |
Die sind ja nun nicht gerade irrelvant für die Erklärung von Moral.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Für diese Kategorien braucht man nicht den Begriff "Sozialdarwinismus" zu bemühen. |
Was Du nicht sagst. Und jetzt schau mal, wer den Begriff "Sozialdarwinismus" hier aufgebracht hat.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1376958) Verfasst am: 14.10.2009, 17:08 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | step hantiert wiederum mit Begriffen wie "Egoismus"/"Altruismus". |
Die sind ja nun nicht gerade irrelvant für die Erklärung von Moral. |
Das stimmt allerdings. Kehren wir also zum Thema zurück!
step hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Für diese Kategorien braucht man nicht den Begriff "Sozialdarwinismus" zu bemühen. |
Was Du nicht sagst. Und jetzt schau mal, wer den Begriff "Sozialdarwinismus" hier aufgebracht hat. |
So weit ich mich erinnere, hat Ballancer hier angefangen, davon zu sprechen.
Ich habe versucht, die Tragweite des Begriffs anzudeuten. Ich glaube, er bräuchte einen eigenen thread, weil er über Moral hinaus geht.
Skeptiker
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44684
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(#1376960) Verfasst am: 14.10.2009, 17:28 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Ich hatte die Nachfrage oben so verstanden, daß ich meine ethische Position rational hinterfragen solle, also einen rational nachvollziehbaren Grund angeben solle, warum ich trotz naturalistischen Weltbildes kein Sozialdarwinist bin. "Ich verliere Vertrauenspunkte" ist hier daher weniger eine individuelle Motivation (höchstens im geprägten Sinne, siehe fwo), sondern bedeutet:
Wer Sozialdarwinismus / Egoismus / ... vertritt oder hinreichend offen so handelt, verliert Vertrauenspunkte. Dadurch gibt es insgesamt weniger spontane Kooperation, und dieser Schaden übertrifft mE einen etwaigen Nutzen. Und deshalb beobachten wir hauptsächlich Gruppen, die erfolgreich kooperieren.
Ich bin also einerseits so geprägt und kann es andererseits auch naturalistisch begründen (bzw. das versuchen). Es gibt natürlich Leute, denen das nicht ausreicht (weil es ja kein Sollen definiert, und auch das Wollen nur quasi "befremdlich" betrachtet), sondern die sich ein flammendes, möglichst authentisch-undistanziertes Eintreten für eine Moral wünschen. |
Ach so war das gemeint. Okay.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1376974) Verfasst am: 14.10.2009, 18:36 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Das stimmt allerdings. Kehren wir also zum Thema zurück! |
OK.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | So weit ich mich erinnere, hat Ballancer hier angefangen, davon zu sprechen. |
Genau.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Ich habe versucht, die Tragweite des Begriffs anzudeuten. Ich glaube, er bräuchte einen eigenen thread, weil er über Moral hinaus geht. |
Ja, denn der SD beinhaltet vor allem eine ideologisch-deskriptive Komponente. Er behauptet, daß eine bestimmte soziale Schicht oder genetische Gruppe besser sein und unterliegt damit meist einer falschen Vorraussetzung, schon bevor er dann auch noch den naturalistischen Fehlschluss zieht.
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1377500) Verfasst am: 15.10.2009, 22:49 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Wenn aber deine eigene Moral in keiner engen kausalen Beziehung zu einer anderen ... stehen, was erklärt es dann? |
Wie gesagt, der Ansatz des Naturalismus ist zwar, letztlich alles naturalistisch zu erklären, also auch die komplexen Details, aber das ist natürlich noch nicht gelungen. Zur Widerlegung Deiner ursprünglichen Behauptung reicht es aber aus, daß einige grundlegende moralische Verhaltensweisen bereits jetzt naturalistisch erklärbar sind. |
Nein.
Es ist die gleiche Erklärungslogik wie die sture Behauptung 'God did it'. Mn ersetzt eben 'God' durch 'Nature'. Es handelt sich eben um schlichte Pradigmen, die eben durchgezogen werden. Dass man kausale Zusammenhänge in der Natur erkannte war seit je her ein Gemeinplatz. Dass man sie wissenschaftlich erforschte ein Verdienst, an dem ausgemachte Christen wesentlich beteiligt waren.
Die Behauptung, das es kausale Wirkketten in der Natur gibt, sind somit überhaupt kein Kriterium zur Unterscheidung von Weltanschauungen. Die Rückführung auf Letztbegründungen - im einen Fall Gott, im anderen Fall die Natur - allerdings schon. Was für Gottgläubige spricht ist das Faktum, dass sie ihre Ansicht korrekter Weise als 'glauben' verstehen. Damit sind sie jenen schon weit voraus, die sich vehement weigern, ihre Prämsissen zu erkennen.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1377513) Verfasst am: 15.10.2009, 23:29 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Die Physik sorgt für die Vielfalt? Ganz deterministisch? Warum? |
Du meinst "Wie?" Naja, z.B. indem die physikalischen Gesetze es erlauben, daß Element mit unterschiedlichen chemischen Eigenschaften entstehen, usw.
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Das ist rein deskriptiv und nichts sagend. Was soll das 'Erlauben' denn heißen? Worauf läss sich dieses zurück führen?
step hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Ich habe den Eindruck dass du deskriptive Darstellungen für Erklärungen hältst. |
Umgekehrt: Ich halte Erklärungen für spezielle deskriptive Darstellungen, nämlich solche, die einen tieferliegenden Mechanismus beschrieben und daher zu Voraussagen befähigen.
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Die Beschreibung eines Mechanismus ist eine Frage des Wie, nicht des Warum.
Hier aber behauptest du, dass du diesen Mechanismus beschreibst ... was du aber nicht tust. Du beschreibst das So-sein ohne Voraussage, was denn daraus folgen solle.
step hat folgendes geschrieben: |
ballancer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | ... wenn etwa Empathie oder altruistisches Verhalten nachweislich einen Überlebensvorteil für die Gruppe bedingt, ist das sehr wohl eine naturalistische Erklärung dafür, warum wir es beobachten. | Nein. Denn wenn es einen Überlebensvorteil bringt, die Konkurrenten um knappe Ressourcen zu töten, dann ist das erstens wesentlich einsichtiger und wesentlich naturalisischer. |
Hier fehlt es Dir offensichtlich an einschlägigen Kenntnissen.
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Die du aber vorgibst zu haben? In dem du dich auf die bloße Behauptung postulierter Begründungen zurück ziehst? Völlig argumentfrei vor den Gegenargumenten passt?
step hat folgendes geschrieben: |
ballancer hat folgendes geschrieben: | Korporationen und Sozialverhalten vom Überlebensvorteil abhängig zu machen, hat für mich keinen erkennbaren Unterschied zum Sozialdarwinismus. |
Sozialverhalten wird nicht vom Überlebnsvorteil abhängig gemacht, sondern der Überlebensvorteil erklärt, warum wir Gemeinschaften mit Sozialverhalten beobachten, warum sie also nicht ausgestorben sind. |
Das sagt nicht. Faschisten und auch Nietzsche meinen, dass es den Menschen zum Verderben gereicht, wenn sie ihre eigenen Interessen verraten und den Altruismus über ihre Interessen stellen. Sie wären groß geworden ohne dem Altuismus viel Raum zu geben, aber mit dem Wandel zum Altruismus würden sie sich ihr eigenes Grab schaufeln.
Wenn man gemäß dieses Ansatzes altruistische Motive beobachtet, dann erkennt man im Altruismus eben nicht den Grund des Überlebens, sondern die Gefahr des nicht-mehr Überlebens.
Ich habe bekannter Weise eine Sicht, die sich von diesen beiden Positionen deutlich unterscheidet.
step hat folgendes geschrieben: |
ballancer hat folgendes geschrieben: | Denn dann wäre die Mitmenschlichkeit nicht mehr gut, wenn sie keine Überlebensvorteile mehr brächte. |
Abgesehen vom Kategorienfehler (Naturalistische Erklärung <> Naturrechtsethik) ist es in der Tat tendenziell so, daß altruistisches Verhalten gegenüber Nahestehenden erheblich stärker ausgeprägt ist als z.B. gegenüber Verbrechern, feindlichen Soldaten oder Tieren.
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Was man ja an der Spendenbereitschaft sieht. ...
Ich meine, man interessiert sich in unserer Gesellschaft wesentlich mehr für die Täter als für die Opfer.
step hat folgendes geschrieben: |
ballancer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | - Dazu kommt, daß seit einigen Jahrzehnten, auch durch vermehrtes Wissen, viele Menschen eine ABtreibung eben nicht mehr als Kindstötung ansehen. | Vermehrtes Wissen? Welches vermehrte Wissen? |
- Wissen über die embryonale Ausbildung von Nervensystem, Schmerzempfinden, Bewußtsein
- Wissen darüber, daß Verbote von Menschen und nicht von strafenden Göttern stammen
- Wissen über ethische Inkonsistenzen, z.B. wenn menschl. Embryonen mehr Rechte haben als ausgewachsene Affen.
| Aber gerade dieses Wissen veranlasst viele, erst recht die Barbarei der Abtreibung aufs schärfste zu verurteilen. Und nicht nur der Spätabtreibungen. Gerade das wissen um pränatale Erfahrungen, um Individualentwicklungen und vieles mehr sind die Argumente der Abtreibungsgegner. |
Ich habe begründet, warum viele eine Abtreibung nicht als Kindstötung oder Mord ansehen. Daß es auch weiterhin Leute gibt, die auch fristgerechte Abtreibung entgegen der Fakten für Barbarei halten, ist unbestritten.
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Entgegen welcher Fakten? Fakt ist, dass es nach wie vor eine Fraktion gibt, die das willentliche Abtöten eines sich entwickelnden Fötus für Mord halten.
step hat folgendes geschrieben: |
ballancer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Der Grund, warum diese Einschätzung sich ändert liegt wohl eher in einer Zweckethik. | Natürlich ändern sich auch die Intentionen, z.B. durch die Emanzipation der Frauen. | Viele Frauen, die vielleicht ihr Kind bekommen wollen, werden von ihrer Umwelt zu Dingen getrieben, die sie hinterher bereuen. Das ist nicht Emanzipation. |
Ich habe nicht behauptet, daß Zwang Emanzipation ist. Wenn doch welche gezwungen werden, ist es seitens der Frauen keine Zweckethik. |
Es ist die Zweckethik derer, die sich eben vermeintliche Vorteile von der geringeren Verantwortung für den ansonsten erwarteten Menschen versprechen.
Opfer des Zwanges neigen zuweilen dazu, die erzwungene Tat zu rechtfertigen, damit sie nicht als Mitschuldige dastehen und sich auch nicht als machtlos erkennen müssen.
step hat folgendes geschrieben: |
ballancer hat folgendes geschrieben: | Dann glaubst du tatsächlich, dass die Menschheit [...] nicht weiter verroht? |
Wieso "weiter"? War sie nicht früher auch schon recht roh? Im übrigen hängt das ja nicht nur davon ab, ob genügend kooperationswillige Menschen da sind, sondern auch von den sonstigen Umständen, etwa in einem afrikanischen Bürgerkriegsland.
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Ob hier ein Trend zu beobachten ist oder nicht, scheint offensichtlich stark umstritten zu sein. Deine Erwartung, die sich für mich wie ein ethischer Optimismus anhörte, die Menschheit entwickle sich zum Guten - aka. den kooperationswilligen, sozialen Menschen - habe ich das Bild der Verrohung entgegen gestellt. Dieses Bild will nicht die Vergangenheit verklären oder in einem rosigen Licht malen. Aber die Akte gegen die Mitmenschlichkeit waren Phasenweise in der Geschichte sicher erschreckend, wie wohl es auch immer wieder Phasen gab, die deutlich humaner aussahen als unsere aktuelle Zeit.
Einen klar erkennbaren Trend zum 'Guten' halte ich für reines Wunschdenken.
step hat folgendes geschrieben: |
ballancer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Die Untersuchungen zeigen auch, daß [Vertrauen] - mit gewissen Grenzen - auch ohne "öffentliche Ordnung" funktioniert. | Meinst du mit den Untersuchungen das Experiment, dass vor einiger Zeit in den Kinos dokumentiert wurde? |
Nein, ich meinte eher experimentelle Ethik, spieltheoretische Experimente usw. - die zeigen u.a., daß bei hinreichend stabilen Partnern vorwiegend kooperativ gespielt wird, auch wenn bei Mißbrauch keine Strafe vorgesehen ist. Es läßt sich auch zeigen, daß eine kleine, aber nicht verschwindende Anzahl an Betrügern insgesamt stabilisierend auf die Moral und auch auf den Gesamterfolg wirkt. Undsoweiter.
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Die Abhängigkeit von der Auswahl der Versuchspersonen ist hier eklatant. Wenn man hier eine Gruppe besonders auffäliger Jugendliche heran ziehen würde, hätte man zu recht ein anderes Ergebnis.
Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie man hier eine Untersuchung anstellen könnte, die hinreichend klar von dem erwarteten Untersuchungsziel sich lösen kann.
step hat folgendes geschrieben: |
ballancer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Zudem kann man überhaupt nicht "per se moralisch besser" sein, wie gesagt. | Doch, das kann man. Der barmherzige Samariter, der half, war es gegenüber dem Priester und dem Leviten, die weg schauten und weiter gingen. Diese Geschichte wird in so ziemlich allen Kulturen verstanden. Und der Mann, der sich schützend vor die bedrohten Kinder stellte, und den sie tot traten war es gegenüber seinen Mördern. |
Man neigt dazu, dieses Verhalten als absolut moralisch anzusehen, weil es eben in nahezu allen Gesellschaften so gilt. Es entspricht also einem sehr grundlegenden, evolutionär bzw. kulturell alten Hintergrund, vor allem der Fall mit dem Schutz der Kinder.
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Hier tritt dein stereotyper Lösungsalgorithmus deutlich hervor: Die Universalantwort wird einfach über gestülpt.
Dabei scheint dich nicht zu beunruhigen, dass du damit deine eigene These damit locker in die Tonne getreten hast. Anstelle des 'universalen Guten' setzt du nun deskriptiv e Beobachtungen mit dem Deutungsraster der evolutionären Entwicklung. Das aber erklärt nichts.
Denn wenn sich Verhalten unterscheidet, wird das Ass aus dem Ärmel gezaubert und eine evolutionäre Differenzierung behauptet. Gibt es dagegen keine Differenzen, so ist dafür eine ebenso evolutionäre Behauptung gut. Eine Theorie, die absolut jedes Verhalten in gleicher Weise erklärt, erklärt gar nichts.
Und genau das ist das Problem, um das es hier in diesem Thread geht.
step hat folgendes geschrieben: |
ballancer hat folgendes geschrieben: | Wie wäre es mit dem Startpunkt: Eintreten für dieMenschenrechte. Partizipation an dem Weltethos nach Küng ... |
Gern, aber vielleicht in einem Extrathread. |
Das habe ich öfters gemacht. Jedes mal ist es auf nacktes Desinteresse gestoßen und man suchte, sich lieber auf Kosten des Meinungsgegners zu profilieren. Ich wäre mal neugierig, ob es irgend wann einmal hier klappen könnte.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1377514) Verfasst am: 15.10.2009, 23:40 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ich hatte die Nachfrage oben so verstanden, daß ich meine ethische Position rational hinterfragen solle, also einen rational nachvollziehbaren Grund angeben solle, warum ich trotz naturalistischen Weltbildes kein Sozialdarwinist bin. "Ich verliere Vertrauenspunkte" ist hier daher weniger eine individuelle Motivation (höchstens im geprägten Sinne, siehe fwo), sondern bedeutet:
Wer Sozialdarwinismus / Egoismus / ... vertritt oder hinreichend offen so handelt, verliert Vertrauenspunkte. Dadurch gibt es insgesamt weniger spontane Kooperation, und dieser Schaden übertrifft mE einen etwaigen Nutzen. Und deshalb beobachten wir hauptsächlich Gruppen, die erfolgreich kooperieren.
Ich bin also einerseits so geprägt und kann es andererseits auch naturalistisch begründen (bzw. das versuchen). Es gibt natürlich Leute, denen das nicht ausreicht (weil es ja kein Sollen definiert, und auch das Wollen nur quasi "befremdlich" betrachtet), sondern die sich ein flammendes, möglichst authentisch-undistanziertes Eintreten für eine Moral wünschen. |
Ach so war das gemeint. Okay. |
Also Klartext: Wer hinreichend offen sich als Sozialdarwinist sich zu erkennen gibt, Verliert Vertrauenspunkte. Allerdings sind vielfach jene gerade erfolgreich, die sich auf ihren eigenen Vorteil konzentrieren.
Ergo: Sie müssen, wenn sie sich als 'fittest' im Kampf ums Dasein erweisen wollen, durchaus sozialdarwinistisch verhalten, müssen aber nur deutlich genug vormachen, dass sie es nicht sind - das hält die Konkurrenz und Feindschaft fern.
Ich nenne so was eher verlogen und perfide - fürchte aber, dass es genau das ist, was man häufig beobachten kann.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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kamelpeitsche Weapon of Mass Discussion
Anmeldungsdatum: 15.11.2003 Beiträge: 4555
Wohnort: Devil's Dancefloor
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(#1377520) Verfasst am: 15.10.2009, 23:44 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: |
Was man ja an der Spendenbereitschaft sieht. ...
Ich meine, man interessiert sich in unserer Gesellschaft wesentlich mehr für die Täter als für die Opfer.
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Hast du dafür Indizien oder Belege?
_________________ "Was immer jeder Einzelne mitbringen will an Prägung oder Anderssein - einem kollektiven Imperativ enzieht es sich mit Sicherheit"
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26511
Wohnort: im Speckgürtel
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(#1377534) Verfasst am: 16.10.2009, 01:12 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: | ....Fakt ist, dass es nach wie vor eine Fraktion gibt, die das willentliche Abtöten eines sich entwickelnden Fötus für Mord halten........ |
Balla, Du langweilst.
Es gibt auch Leute, die halten Masturbation oder Homosexualität für was Schlimmes, beten die eigenen Hirngespinste an, und bedauern heimlich, dass man Abweichler nicht mehr verbrennen darf - hoffen aber im Zeitalter der erneuerbaren Energien auf eine Trendwende.
Balla, was Du und dieses Leute für Mord oder sonstwie schlimm halten, ist bei dieser Begründungsqualität nur solange interessant, solange sich noch so viele Leute aus Gewohnheit an diesem Unsinn festhalten, dass er in einer Demokratie ungeachtet der Qualität noch gehört werden muss. Ich gehe aber davon aus, dass das nicht ewig sein wird.
und tschüss. fwo
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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Alchemist registrierter User
Anmeldungsdatum: 03.08.2004 Beiträge: 27897
Wohnort: Hamburg
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(#1377544) Verfasst am: 16.10.2009, 05:28 Titel: |
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kamelpeitsche hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: |
Was man ja an der Spendenbereitschaft sieht. ...
Ich meine, man interessiert sich in unserer Gesellschaft wesentlich mehr für die Täter als für die Opfer.
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Hast du dafür Indizien oder Belege? |
Das ist ja das Gute an Stammtischparolen: Man braucht dafür keine.
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lumar multiplying reflection of an ancient broken mirror
Anmeldungsdatum: 28.10.2006 Beiträge: 456
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(#1377559) Verfasst am: 16.10.2009, 09:08 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: | Es ist die gleiche Erklärungslogik wie die sture Behauptung 'God did it'. Mn ersetzt eben 'God' durch 'Nature'. Es handelt sich eben um schlichte Pradigmen, die eben durchgezogen werden. Dass man kausale Zusammenhänge in der Natur erkannte war seit je her ein Gemeinplatz. Dass man sie wissenschaftlich erforschte ein Verdienst, an dem ausgemachte Christen wesentlich beteiligt waren.
Die Behauptung, das es kausale Wirkketten in der Natur gibt, sind somit überhaupt kein Kriterium zur Unterscheidung von Weltanschauungen. Die Rückführung auf Letztbegründungen - im einen Fall Gott, im anderen Fall die Natur - allerdings schon. Was für Gottgläubige spricht ist das Faktum, dass sie ihre Ansicht korrekter Weise als 'glauben' verstehen. Damit sind sie jenen schon weit voraus, die sich vehement weigern, ihre Prämsissen zu erkennen. |
Eine Erklärung ist hier eine algorithmische Kompression, die weder einer Letzbegründung bedarf noch sie überhaupt einfordert; eine Erklärung wird zur Beschreibung durch Erklärung auf der nächsttieferen Ebene. Damit unterscheiden sich eben Erklärung und Glaube, ebenso unterscheiden sie sich hinsichtlich Vorhersagekraft und all den anderen Dingen, die hier schon tausend Mal durchgekaut worden sind.
Ein 'god did it' ist keine Erklärung sondern eine Verschiebung des zu Erklärenden in einen Bereich, der nicht weiter hinterfragt werden soll. So wird allerdings selbst der Anspruch Letztbegründung nicht erfüllt, denn eine Verschiebung und ein unbegründetes Hinterfragungsverbot ist keine Begründung.
Also ist Deine Behauptung, hier läge eine gleiche Erklärungslogik vor, falsch (an der Herausarbeitung der Unterschiede waren viele Christen beteiligt); daher sind auch Deine Schlussfolgerungen falsch. Aber nun gut, für mich wäre es viel interessanter, ob Du nach der Kritik an Steps Erklärungen eine vergleichbare alternative Erklärung vorlegen kannst.
_________________ By this art you may contemplate the variation of the 23 letters . . .
The Anatomy of Melancholy, part 2, sect. II, mem. IV.
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