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Forscher widerlegen Willensfreiheit
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Lars
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Anmeldungsdatum: 23.05.2004
Beiträge: 240
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1401095) Verfasst am: 06.12.2009, 03:17    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Doch, und ad nauseam: ich bin zwar Teil der physikalischen Welt (und nicht im Geringsten davon losgelöst), aber das hindert mich nicht im Geringsten daran, frei zu sein (zu sein - nicht nur mich so zu fühlen). Wobei Freiheit für mich bedeutet, Entscheidungen treffen zu können aufgrund meiner eigenen Überlegungen. Etwas anderes kann Freiheit nicht bedeuten, ich wüsste jedenfalls nicht, was; wenn es etwas anderes bedeuten soll, dann müsste das dargestellt werden können. Und zwar so, dass es plausibel ist. Und nicht nur in dem Stile: aber die anderen glauben das doch alle. Plausibilität, Konsistenz. Verdammt, das kann doch nicht so schwer sein.


Die Alternative wurde dir ad Nauseam wieder und wieder erklärt, gerade erst in meinem letzten Post.

Und nein, natürlich ist sie nicht Plausibel und Konsistent. Deshalb lehnen wir sie ja ab.

Haben in der Traumwelt in der Du anscheinend lebst, sämtliche oder wenigstens die Mehrheit der Menschen Weltbilder, die rundum plausibel und konsistent sind?
Christen kommen da dann vermutlich auch nicht vor?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Der einzige Einwand dagegen wäre nun: Du kannst keine eigenen Überlegungen haben, denn Du bist irgendwie ferngesteuert (durch die Vergangenheit, den Determinismus, whatever und wieso auch immer - die Begründung fehlt hier schlicht) - alle Überlegungen sind gar nicht Deine Überlegungen. Aber das impliziert nun mal die Behauptung, ich würde nicht existieren, "in Wirklichkeit" existierten nur neuronale Abläufe und die seinen von mir verschieden. Nur, wenn dem so sein sollte, wer oder was bin dann "ich"? Und wer ist eigentlich der, der diese Behauptung aufstellt?


Und wieder der gleiche schon hundert mal widerlegte Strohmann. Also noch einmal: Es geht nicht um Fremdsteuerung, sondern darum welcher Ergebnisspielraum für Deine Selbststeuerung existiert!
_________________
1. Mose 6, 5-6:

Und der Mensch sah, daß die Bosheit des Gottes im Himmel groß war und alles Sinnen der Gedanken seines Herzens nur böse den ganzen Tag.
Und es reute den Menschen, daß er den Gott im Himmel gemacht hatte, und es bekümmerte ihn in sein Herz hinein.
(leicht aktualisiert)
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
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Beitrag(#1401098) Verfasst am: 06.12.2009, 03:30    Titel: Antworten mit Zitat

Lars hat folgendes geschrieben:
Haben in der Traumwelt in der Du anscheinend lebst, sämtliche oder wenigstens die Mehrheit der Menschen Weltbilder, die rundum plausibel und konsistent sind?
Christen kommen da dann vermutlich auch nicht vor?

Inwiefern sollten Christen oder das Christentum in diese Diskussion eine Rolle spielen?

Lars hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Der einzige Einwand dagegen wäre nun: Du kannst keine eigenen Überlegungen haben, denn Du bist irgendwie ferngesteuert (durch die Vergangenheit, den Determinismus, whatever und wieso auch immer - die Begründung fehlt hier schlicht) - alle Überlegungen sind gar nicht Deine Überlegungen. Aber das impliziert nun mal die Behauptung, ich würde nicht existieren, "in Wirklichkeit" existierten nur neuronale Abläufe und die seinen von mir verschieden. Nur, wenn dem so sein sollte, wer oder was bin dann "ich"? Und wer ist eigentlich der, der diese Behauptung aufstellt?

Und wieder der gleiche schon hundert mal widerlegte Strohmann. Also noch einmal: Es geht nicht um Fremdsteuerung, sondern darum welcher Ergebnisspielraum für Deine Selbststeuerung existiert!

Welcher "Ergebnisspielraum" existiert also für meine Selbststeuerung?

Und inwiefern könnte dieser "Ergebnisspielraum" in einer hypothetischen indeterminierten Welt so erweitert werden, dass mir mehr Freiheit zuteil würde?

Ist der "Ergebnisspielraum" für eigene Entscheidungen in einer determinierten Welt gleich Null? Das ist doch die interessante Frage hier, und wenn ja: warum eigentlich? Mit welcher Begründung, wie lautet die Argumentation?

Edit: und ich erwarte hier natürlich eine Argumentation, die etwas anderes bedeutet als: "es wird alles so kommen, wie es kommen wird (und darauf hat man keine Einfluss)". Ich erwarte eine Argumentation, die schlüssig und plausibel erklärt, wieso in einer determinierten Welt eine Selbststeuerung ausgeschlossen sei. Denn eben das ist doch Deine Behauptung (und auch die der Hirnforscher Singer und Roth) oder etwa nicht?

Dass aber alles so kommen wird, wie es kommen wird, ist einfach nur furchtbar trivial, weil tautologisch. Das gilt ja in jeder Welt, egal, ob die determiniert ist oder nicht. Die spannende Frage hier ist aber, ob man Einfluss auf die Welt hat oder nicht. Und ob man Einfluss auf sich selber hat, ob eine Selbststeuerung also möglich ist oder nicht.


Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 06.12.2009, 03:53, insgesamt einmal bearbeitet
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Lars
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Anmeldungsdatum: 23.05.2004
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Wohnort: Berlin

Beitrag(#1401103) Verfasst am: 06.12.2009, 03:49    Titel: Antworten mit Zitat

PataPata hat folgendes geschrieben:
Ich habe mal eine (vielleicht naive) Frage: In MSSs Buch wird insistiert, dass wir zwar keine Willensfreiheit haben können, jedoch aber eine Handlungsfreiheit. Vielleicht ist dieser Punkt hier (oder anderswo) schon behandelt worden, ich kann mich aber nicht daran erinnern. Wenn mit Handlungsfreiheit gemeint ist, dass uns niemand und nichts daran hindert, das zu tun, was wir (unfreierweise) tun wollen, dann ist dies banal.


Ja genau das ist gemeint. Und es ist nicht banal, weil es nicht nur eine äußere Handlungsfreiheit gibt, Sondern auch eine innere.
Die äußere ist die, die Dir fehlt wenn Du zwar ins Kino gehen möchtest, aber leider im Gefängnis sitzt.
Die innere ist die, die dir fehlt wenn du zwar eigentlich ins Kino möchtest, aber irgendwelche als innere Zwänge erlebten Hindernisse dich davon abhalten, etwa weil Du dich wegen irgendwelcher Phobien nicht vor die Haustür traust oder eine Depression Dir die Fähigkeit nimmt, dich zum Handeln aufzuraffen.

Nun gibt es einige Menschen die diese innere Handlungsfreiheit als Willensfreiheit bezeichnen. Deshalb muss MSS sie erwähnen um sie von dem, was er meint, abzugrenzen und so Verwirrung zu vermeiden.
Außerdem ist er der Ansicht, dass der Glaube an die Willensfreiheit durch den damit verbundenen Schuldbegriff Schuldgefühle fördern kann, die dann wiederum im Sinne einer psychischen Störung die innere Handlungsfreiheit einschränken konnen.
_________________
1. Mose 6, 5-6:

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Lars
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Anmeldungsdatum: 23.05.2004
Beiträge: 240
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1401107) Verfasst am: 06.12.2009, 07:12    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Lars hat folgendes geschrieben:
Haben in der Traumwelt in der Du anscheinend lebst, sämtliche oder wenigstens die Mehrheit der Menschen Weltbilder, die rundum plausibel und konsistent sind?
Christen kommen da dann vermutlich auch nicht vor?

Inwiefern sollten Christen oder das Christentum in diese Diskussion eine Rolle spielen?

Insofern als das sie ein Beispiel bilden, bei dem wir uns vermutlich einig sind, dass ihr Weltbild nicht konsistent oder plausibel ist.

Um deiner schwachen Erinnerung etwas aufzuhelfen. Du hattest mich aufgefordert eine Haltung, die ich als nicht plausibel und inkonsistent ablehne, Dir plausibel und konsistent zu erklären, und behauptet, wenn ich das nicht könne, dürfte ich auch nicht behaupten, das es so eine Haltung gäbe.

Nun, das Weltbild von Christen kann ich auch nicht plausibel und konsistent erklären, trotzdem gibt es sie.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Und inwiefern könnte dieser "Ergebnisspielraum" in einer hypothetischen indeterminierten Welt so erweitert werden, dass mir mehr Freiheit zuteil würde?


Keine Ahnung. Frage das doch die, die hier im Thread behauptet haben eine angebliche Indeterminiertheit oder besondere Eigenschaften Ihres Bewustseins jenseits normaler Kausalität würde ihnen "Willensfreiheit" verschaffen.

Ich lehne so ein Konzept ab.

Und wieder hast Du von mir verlangt, Dir etwas als sinnvoll zu erklären, das ich nicht für Sinnvoll halte, ja dessen Unsinnigkeit ein wesentlicher Teil meines Argumentes ist.
Merkst Du eigentlich nicht, wie dumm das ist?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Ist der "Ergebnisspielraum" für eigene Entscheidungen in einer determinierten Welt gleich Null? Das ist doch die interessante Frage hier, und wenn ja: warum eigentlich? Mit welcher Begründung, wie lautet die Argumentation?


Wenn er Null wäre, gäbe es keine Entscheidung! Offensichtlich ist er also nicht Null. Und natürlich ist eine Derartige Trivialität nicht die interessante Frage hier.

Aber gut, für die intelligenten Mitleser die Antwort auf eine etwas interessantere Frage.
Der Entscheidungsspielraum ist dadurch begrenzt, dass der Enscheidungsmechanismus naturgesetzlich abläuft.
Da physikalische Naturgesetze, solange kein Zufall im Spiel ist, mathematisch eindeutige Beziehungen beschreiben, kann ein gegebener Zustand nur in genau einen anderen Zustand entwickeln, das heißt die mathematische Funktion, die diese Entwicklung beschreibt hat für jeden gegebenen Anfangszustand nur eine Lösung. Dies ist einfach ein allgemeines vielfach empirisch belegtes Merkmal physikalischer Gesetze, das damit auch für deine neuronalen Erregungsmuster gilt.
Damit hast du unter den zahlreichen hypothetischen Entscheidungsmöglichkeiten, die Du dir möglicherweise vorstellst, nur eine, die Du unter den gegebenen Umständen tatsächlich realisieren kannst.
Nur wenn Zufälle im Spiel sind, kann es auch mehrere Ergebnisse geben. Deren Auswahl ist dann aber eben nicht mehr gesteuert sondern zufällig.

Wenn Du also eine hohe Selbststeuerungsfähigkeit und damit einen hohen Einfluss auf die Welt hast, ist dein Ergebnisspielraum auf nur ein mögliches Ergebnis begrenzt.
Wenn dagegen deine Selbststeuerung durch Zufälle überlagert und damit geringer ist ist und Du damit auch einen geringeren Einfluss auf die Welt hast, bleiben mehrere Ergebnisse möglich, wobei die Auswahl, welches Ergebnis eintreten wird nicht mehr deiner Selbststeuerung entspringt, sondern zufällig ist.
Schließlich schließen sich Zufall und Steuerung ja schon per Definition gegenseitig aus.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Edit: und ich erwarte hier natürlich eine Argumentation, die etwas anderes bedeutet als: "es wird alles so kommen, wie es kommen wird (und darauf hat man keine Einfluss)".


Nun Angesichts der Tatsache, dass ich so etwas nie behauptet habe, sondern explizit das Gegenteil (wer Glied einer Kausalkette ist hat selbsverständlich Einfluss!), ist es auch das mindeste was man von Dir erwarten kann, das Du dies erwartest.
Das Du es allerdings extra betonen mußt macht allerdings den Eindruck, dass Du mir diesen Unsinn implizit doch unterschieben möchtest. Eine derartig unredliche Argumentationstaktik wäre für mich allerdings höchst langweilig, da ich es vorziehe mit inellektuell gleichwertigen Gegnern zu diskutieren.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Ich erwarte eine Argumentation, die schlüssig und plausibel erklärt, wieso in einer determinierten Welt eine Selbststeuerung ausgeschlossen sei. Denn eben das ist doch Deine Behauptung (und auch die der Hirnforscher Singer und Roth) oder etwa nicht?


Und wieder schiebst du mir eine Behauptung unter, die ich nie gemacht habe. Da ich genau in dem Posting auf das Du hier gerade antwortest, genau das Gegenteil behauptet habe, kann ich eigentlich nur noch annehmen, dass es sich hierbei um eine bewusste Lüge aus argumentationstaktischen Gründen handelt!
Denn wieder geht es darum, dass Du von mir verlangst, etwas schlüssig und plausibel zu begründen, von dem du weist, dass ich es als unschlüssig und unplausibel ablehne, und deinem Verlangen daher gar nicht nachkommen kann.

Offensichtlich bist Du an einer ernsthaften Diskussion überhaupt nicht interessiert!

Für andere vielleicht interessiertere Leser trotzdem noch ein paar Worte:

Ich behaupte nicht nur dass Selbststeuerung in einer determinierten Welt möglich ist, ich behaupte sogar, dass wirksame Selbststeuerung einen möglichst hohen Grad an Determiniertheit voraussetzt.
Wie ich oben begründet habe vergrößert sich allerdings mit zunehmender Selbststeuerungsfähigkeit der Entscheidungsspielraum nicht, sondern er verkleinert sich.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Die spannende Frage hier ist aber, ob man Einfluss auf die Welt hat oder nicht. Und ob man Einfluss auf sich selber hat, ob eine Selbststeuerung also möglich ist oder nicht.


Nein, Dass Selbststeuerung möglich ist, ist eine triviale Selbstverständlichkeit über die meiner Ansicht nach weithehend Konsens besteht.

Die spannende Frage ist, ob die Selbststeuerung so gestaltet ist, dass sie in irgendeiner bedeutsamen Weise mit Willensfreiheit assoziiert werden kann.

Und da habe ich begründet, warum eine hochwirksame Steuerung unter gegebenen Ausgangsbedingungen nur ein mögliches Ergebnis haben kann, es also keine echte Wahl gibt.
Während eine schwache Steuerung zwar mehrere Ergebnisse haben kann, die Auswahl des tatsächlichen Ergebnisses dann aber nicht gesteuert ist, es also keine eigene Wahl gibt.
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1. Mose 6, 5-6:

Und der Mensch sah, daß die Bosheit des Gottes im Himmel groß war und alles Sinnen der Gedanken seines Herzens nur böse den ganzen Tag.
Und es reute den Menschen, daß er den Gott im Himmel gemacht hatte, und es bekümmerte ihn in sein Herz hinein.
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Zuletzt bearbeitet von Lars am 06.12.2009, 11:33, insgesamt einmal bearbeitet
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Lars
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Beitrag(#1401122) Verfasst am: 06.12.2009, 10:39    Titel: Antworten mit Zitat

Edit: Doppelpost gelöscht
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Und der Mensch sah, daß die Bosheit des Gottes im Himmel groß war und alles Sinnen der Gedanken seines Herzens nur böse den ganzen Tag.
Und es reute den Menschen, daß er den Gott im Himmel gemacht hatte, und es bekümmerte ihn in sein Herz hinein.
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step
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Beitrag(#1401156) Verfasst am: 06.12.2009, 12:28    Titel: Antworten mit Zitat

Lars hat folgendes geschrieben:
Damit hast du unter den zahlreichen hypothetischen Entscheidungsmöglichkeiten, die Du dir möglicherweise vorstellst, nur eine, die Du unter den gegebenen Umständen tatsächlich realisieren kannst.

Wobei der Ablauf und das Ergebnis der Entscheidung von dem Inhalt der Vorstellungen abhängen kann, z.B. fällt die Entscheidung für die Handlung, den modellierte Zukunft besser zu den Präferenzen zu passen scheint.

Lars hat folgendes geschrieben:
Ich behaupte nicht nur dass Selbststeuerung in einer determinierten Welt möglich ist, ich behaupte sogar, dass wirksame Selbststeuerung einen möglichst hohen Grad an Determiniertheit voraussetzt.

Sehe ich ebenso. Sowohl physische Stabilität als auch soziale und moralische Fähigkeiten erfordern eine wirksame Determination des körperlichen bzw. psychischen Verhaltens. Im sozialen und moralischen Bereich wird das durch Worte wie "Verläßlichkeit", "Rechtstreue", "Gehorsam" usw. auch überdeutlich nahegelegt. Sobald sich dagegen jemand so verhält, daß wir die Determination nicht mehr erkennen (unberechenbar, zufälig oder unverläßlich), bezeichnen wir dies sogar explizit als "willkürlich".
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step
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Beitrag(#1401174) Verfasst am: 06.12.2009, 12:45    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich nehme also Deinen Satz von oben:

step hat folgendes geschrieben:
Meine jetzige Entscheidung hat nämlich sehrwohl Einfluss auf das Geschehen der Zukunft. Ich simuliere ja Zukunften und entscheide dann präferent.


und präzisiere ihn wie folgt:

"Die jetzige Entscheidung meines Selbstmodelles, die mein individueller Körper von mir erzeugt, hat nämlich sehr wohl Einfluss auf das Geschehen der Zukunft. Mein Selbstmodell, das mein Körper von mir erzeugt, simuliert ja Zukunften und entscheidet dann präferent."

Soweit korrekt? Hört sich aber so, hm, ein bisschen unlogisch an, findet Ihr nicht?

Jetzt stellst Du Dich aber künstlich dumm, glaube ich. "ich" steht umgangssprachlich manchmal für "step" (und auch das franst aus) und manchmal für das Selbstmodell, das step ausprägt.

Etwas exakter ausgedrückt, aber immer noch nicht genau, könnte man also sagen: "step's jetzige Entscheidung hat nämlich sehr wohl Einfluss auf das Geschehen der Zukunft. step simuliert nämlich Zukunften und entscheidet dann präferent. step bildet auch ein Selbstmodell aus, welches er in bestimmten Kontexten als "ich" bezeichnet. Dieses intuitive Selbstmodell hat (ungenauerweise) u.a. letztursächliche (freie) Eigenschaften, und step misst die Entscheidung diesem Selbstmodell zu, sozusagen als reifiziertem freien Agenten."

Zum Rest hat Lars schon was geschrieben, da schließe ich mich (was die Sache angeht) an.
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Er_Win
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Beiträge: 4482

Beitrag(#1401211) Verfasst am: 06.12.2009, 14:02    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Da physikalische Naturgesetze, solange kein Zufall im Spiel ist, mathematisch eindeutige Beziehungen beschreiben, kann ein gegebener Zustand nur in genau einen anderen Zustand entwickeln, das heißt die mathematische Funktion, die diese Entwicklung beschreibt hat für jeden gegebenen Anfangszustand nur eine Lösung. Dies ist einfach ein allgemeines vielfach empirisch belegtes Merkmal physikalischer Gesetze, das damit auch für deine neuronalen Erregungsmuster gilt.


Naja, so klingt es, wenn "Milchmädchenrechnungen" auf Bewußtsein übertragen werden - insbesonders die abenteuerliche Implikation im letzten Satz zwinkern

Das erwähnte "allgemeine vielfach belegte Merkmal" gilt eben gerade für einen ganz kleinen Bereich der physikalischen Wirklichkeit und ist dort tatsächlich gut nachgewiesen, soweit alles korrekt - manche Physiker - insbesondere solche mit starkem Reduktionismus-GLAUBEN (und ggf. nicht hinreichendem Verständnis STARKER Emergenz in KOMPLEXEN Systemen) - halten dann diesen empirischen Nachweis in einem im Vergleich zu "der Natur" marginalen Ausschnitt des Seins für hinreichend um die ganze Welt zu "verstehen". Dass sie dabei geflissentlich insbesondere wissenschaftlich gut belegte Ergebnisse anderer Forschungsbereiche ignorieren scheint nicht weiter zu stören wenn mal eben flapsig die Physik (bzw. deren math. Konstrukte) auf neuronale Erregungsmuster übertragen wird - die wie ich auch schon mal betont habe - noch nicht mal ansatzweise - in gängigen (mechanistischen) mehrschichtigen (Regel)Prozessen modellierbare - Wirkzusammenhänge mit Bewußtsein haben.

Um nochmal ein menschlich designtes und statisches, mechanistisches Beispiel zu bringen, das nicht annähernd die komplexe n-schichtige und über nicht scharf abgegrenzte "Ebenen" rückgekoppelten STRUKTUR-bildenden emergenten "Prozesse" im Hirn modelliert: Niemand wird je ein in einer höheren Programmiersprache geschiebenes Anwendungsprogramm verstehen, dadurch dass er RAM-Aktivitäten mißt, selbst wenn auch da gewisse sinnvolle Zusammenhänge beobachtbar sein werden.

Zitat:
Nur wenn Zufälle im Spiel sind, kann es auch mehrere Ergebnisse geben. Deren Auswahl ist dann aber eben nicht mehr gesteuert sondern zufällig.

Ja genau die gibt es in ganz vielen "neuronalen" Netzen - extern "eingebracht" - damit empirisch besser mit der Wirklichkeit korrelierende Ergebnisse erzielbar sind. Und Bewußtsein, ist sich zufälliger Entscheidungen bewußt - sogar vorbewußt Lebendiges muss schon zufällig entscheiden können - das hat einen wesentlichen Evolutionsvorteil.

Aber ich sehe wirklich keinen Sinn, das an dieser Stelle nochmal auszubreiten, um ein gebetsmühlenartiges Echo wie das o.a. zu erhalten - das ist eher ermüdend - und bringt keiner Seite etwas.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
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Beitrag(#1401232) Verfasst am: 06.12.2009, 15:04    Titel: Antworten mit Zitat

Er_Win hat folgendes geschrieben:
... STARKER Emergenz in KOMPLEXEN Systemen ...

Starke Emergenz nimmt prinzipielle Unerklärbarkeit durch die "darunterliegenden Ebenen" an. Diese ist nicht nachgewiesen. Würde sie nachgewiesen, würde das bedeuten, daß die derzeit bekannte Physik falsch bzw. grob unvollständig ist. Wer STARKE ENERGENZ vertitt, ist Inkompatibilist.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Niemand wird je ein in einer höheren Programmiersprache geschiebenes Anwendungsprogramm verstehen, dadurch dass er RAM-Aktivitäten mißt, selbst wenn auch da gewisse sinnvolle Zusammenhänge beobachtbar sein werden.

Das Beispiel hinkt insofern, als zum Verständnis des Programms auch noch der äußere semantische Kontext nötig ist. Wenn man also nur den Text der höheren Programmiersprache lesen würde, würde man auch nicht viel verstehen. Ebenso bräuchte man beim RAM auch den gesamten Kontext, also auch CPU-Zustände usw.. Aber unabhängig davon: Kannst Du mal exakt begründen, warum man das Programm so nicht verstehen kann? Welche Information genau verschwindet unwiederbringlich bei der Umsetzung auf die Ebene der bits und bytes?

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Lars hat folgendes geschrieben:
Nur wenn Zufälle im Spiel sind, kann es auch mehrere Ergebnisse geben. Deren Auswahl ist dann aber eben nicht mehr gesteuert sondern zufällig.
Ja genau die gibt es in ganz vielen "neuronalen" Netzen - extern "eingebracht" - damit empirisch besser mit der Wirklichkeit korrelierende Ergebnisse erzielbar sind. Und Bewußtsein, ist sich zufälliger Entscheidungen bewußt - sogar vorbewußt Lebendiges muss schon zufällig entscheiden können - das hat einen wesentlichen Evolutionsvorteil.

Da gebe ich Dir insofern recht, als ein Schuß "Varianz" oder sogar Unberechenbrkeit oft von Vorteil ist. Zum Beispiel wenn ein fliehendes Tier Haken schlägt. Ähnlich hatten wir hier schon oft das Marmeladenbeispiel ohne starke Präferenz. Das sind allerdings typischerweise gerade nicht die Entscheidungen, die wir als freiwillig bezeichnen. Insbesondere moralische Entscheidungen (bei denen Verläßlichkeit gefragt ist) fallen wohl selten in diese Kategorie. Zudem macht der Pseudozufall, der hier wirkt, das ganze zwar komplexer, aber nicht freier oder weniger determiniert.
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Marcellinus
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Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#1401348) Verfasst am: 06.12.2009, 18:42    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Und schließlich, warum diskutiert man hier, wenn doch alles vorherbestimmt ist? Wenn andererseits Handlungen wie Diskussionen einen Unterschied machen, dann ist Determinismus nichts anderes als die Feststellung, daß im Rückblick alles so kommen mußte, wie es gekommen ist, im Hier und Jetzt aber ohne Belang ist.

Deinen Ausführungen stimme ich ebenfalls vollumfänglich zu, habe aber dennoch eine kleine Frage: welchen Unterschied würdest Du in folgenden beiden Aussagen sehen: a) "es ist alles so gekommen, wie es gekommen ist und es wird alles so kommen, wie es kommen wird" und b) "es musste alles so kommen, wie es kam und es muss alles so kommen, wie es kommen wird"? Falls es da einen gibt: worin besteht der? Inwiefern ist b) keine banale Tautologie, so wie es a) ist? Spielt dabei eine (wenn auch evtl. rein hypothetische) Berechenbarkeit eine Rolle und wenn ja, wieso?

Entschuldigung, ich war ein paar Tage nicht im Forum.
a. ist trivial und b. unbeweisbar, denn wir schaffen es schon bei kleinen Ereignissen nicht, sie exakt zu wiederholen. Man kann natürlich behaupten, daß wir eben nur nicht alle kausalen Zusammenhänge kennen, aber mehr als eine Behauptung ist das nicht. In der Praxis kann man also davon ausgehen, daß Prozesse in diesem Universum zwar keineswegs willkürlich ablaufen, aber mit einer gewissen Unvorhersagbarkeit.
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"Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."

Friedrich Nietzsche
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Marcellinus
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Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#1401371) Verfasst am: 06.12.2009, 19:24    Titel: Antworten mit Zitat

Lars hat folgendes geschrieben:
Im Gegenteil, ich würde sogar behaupten, dass Determinismus und Fatalismus sich gegenseitig ausschließen!

Fatalismus bedeutet ja die Gleichgültigkeit die sich aus der Idee ergibt: Es kommt alles, wie es kommen muß, egal was ich tue.
Dies bedeutet aber, dass die Zukunft von meinem Handeln völlig unabhängig ist.

In einer deterministischen Sicht ist mein Handeln dagegen Glied in einer Kausalkette, die sich aus der Vergangenheit in die Zukunft erstreckt. Damit ist die Zukunft von meinem Handeln stark abhängig!
Dass die hypothetischen Zukünfte völlig gleich wären, egal, wie das Glied der Kausalkette, das mein Handeln darstellt, aussähe, erscheint mir dann doch extrem unwahrscheinlich.

Einwand! Daß unser Handeln bestimmender Bestandteil der Entwicklung ist, kann man kaum bestreiten und ist auch jedem offensichtlich. Entscheidend aber ist, und das macht einen Unterschied, ob mein Handeln vorherbestimmt ist oder nicht.

Die Frage ist doch: Habe ich in diesem Augenblick einen Handlungsspielraum oder nicht. Ist eigentlich schon klar, wie ich mich entscheiden werde und mein Bewußtsein nur der ohnmächtige Zuschauer dieses Vorgangs, der sich nur einredet, sich selbst zu entscheiden, oder ist dieses Bewußtsein zu etwas nütze. Unbestritten ist, daß es Entscheidungen gibt, die unser ES trifft und unser ICH sich nur einredet (oder eingeredet bekommt), es habe sich entschieden. Wenn das bei allen Entscheidungen so wäre, wäre unser ICH ohne Funktion. Ich halte das nicht für besonders glaubwürdig.

Fest steht, daß im Laufe der biologischen Entwicklung Arten entstanden sind, die einen immer größeren Handlungsspielraum gegenüber ihre Umgebung besessen haben. Während Einzeller noch über kaum einen Handlungsspielraum verfügen, haben z.B. staatenbildende Insekten ein großes Repertoir an Verhaltensweisen, die allerdings nicht erlernt, sondern vererbt werden. Mit der Lernfähigkeit z.B. bei Rabenvögeln kommt ein weiterer Schritt an Autonomie gegenüber der Umgebung dazu, immer mit dem Ziel, die Überlebensfähigkeit der Individuen wie der Art zu verbessern. Wir Menschen sind der bisherige Endpunkt dieser Entwicklung. Unser ICH-Bewußtsein ermöglicht uns, uns selbst und unsere Handlungen in einer zeitlichen Entwicklung zu sehen und damit unsere Handlungen an unsere langfristigen Interessen anzupassen. Daher unsere lange Kindheit, die langen Lernphasen und unsere geringe Festlegung auf bestimmte Handlungen in bestimmten Situationen, und damit unser relativ großer Handlungsspielraum. Wenn ich also handele, dann ist eine solche Handlung nichts esotherisches, sondern das Ergebnis meiner Entwicklungsgeschichte in den konkreten Situationen, in denen ich mich befunden habe und noch befinde. In mir entwickeln ICH und ES miteinander, nicht trennbar aber unterscheidbar, das, was ich als meine Absichten erlebe. Dabei ist ES der ältere Teil, der eine unüberschaubare Menge an Informationen verarbeiten kann, und auch in sehr kurzer Zeit, dafür aber nicht sehr differenziert. ICH ist der jüngere, er besitzt ein Bewustsein, er ist unser Bewußtsein, kennt Vergangenheit und Gegenwart und Zukunft, ist sich aber nicht immer bewußt, wie sehr er auf ES zurückgreift. Aber ein reiner passiver Zuschauer ist ICH nicht. Ohne ICH waren viele unser Handlungsabläufe nicht erklärlich, und das weiß natürlich auch jeder.

Das alles ist nichts Übernatürliches und jede unserer Handlungen ist Ergebnis der Art, wie wir sind. Ob wir eine Handlungsfreiheit haben. Nun, sicher einen Handlungsspielraum, und unsere Entscheidungen innerhalb dieses Spielraums fallen nicht zufällig. Und unser Handlungsspielraum ist umso größer, je mehr wir das Gefühl haben, wir könnten uns frei entscheiden. Auch das läßt sich beobachten. Wir nutzen also unseren objektiven Handlungsspielraum dann am ehesten aus, verhalten uns am wenigsten traditionalistisch, in gewohnten Bahnen, wenn wir das Gefühl haben, wir könnten, wenn wir nur wollten, unser gewohnten Handlungsroutinen durchbrechen. Daran ist wesentlich unser ICH beteiligt und ohne unser ICH wären wir nicht in der Lage, diese Handlungsspielräume auszunutzen.
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"Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."

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Lars
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Beitrag(#1401429) Verfasst am: 06.12.2009, 20:33    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
... STARKER Emergenz in KOMPLEXEN Systemen ...

Starke Emergenz nimmt prinzipielle Unerklärbarkeit durch die "darunterliegenden Ebenen" an. Diese ist nicht nachgewiesen. Würde sie nachgewiesen, würde das bedeuten, daß die derzeit bekannte Physik falsch bzw. grob unvollständig ist. Wer STARKE ENERGENZ vertitt, ist Inkompatibilist.


Man muss sich das wirklich noch mal auf der Zunge zergehen lassen. Damit man eine prinzipielle Unerklärbarkeit durch die "darunterliegenden Ebenen" hat, müssen die bisherigen Regeln, die die unteren Ebenen beschreiben nicht nur falsch sein, sondern es müssen auf den unteren Ebene Vorgänge stattfinden, für die es dort nachweisbar unmöglich ist, Regeln zu finden.
Man hätte ein System das sich auf der höheren Ebene regelhaft verhält und auf der korrespondierenden tieferen Ebene nachweisbar echt zufällig.
Trotzdem müßte aber noch die strukturelle Kopplung zu dem Regelhaften System auf der höheren Ebene nachweisen lassen, da es sich sonst einfach um zwei verschiedene Systeme handelt.

@Er_Win, kennst Du auch nur ein einziges System, für das solch ein Verhalten nachgewiesen ist? Wenn nicht, hast Du hinreichend klar demonstriert, dass Du Anhänger eines Glaubens bist.


step hat folgendes geschrieben:

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Niemand wird je ein in einer höheren Programmiersprache geschiebenes Anwendungsprogramm verstehen, dadurch dass er RAM-Aktivitäten mißt, selbst wenn auch da gewisse sinnvolle Zusammenhänge beobachtbar sein werden.

Das Beispiel hinkt insofern, als zum Verständnis des Programms auch noch der äußere semantische Kontext nötig ist. Wenn man also nur den Text der höheren Programmiersprache lesen würde, würde man auch nicht viel verstehen. Ebenso bräuchte man beim RAM auch den gesamten Kontext, also auch CPU-Zustände usw.. Aber unabhängig davon: Kannst Du mal exakt begründen, warum man das Programm so nicht verstehen kann? Welche Information genau verschwindet unwiederbringlich bei der Umsetzung auf die Ebene der bits und bytes?


Naja, da ein guter Compiler versucht, um die Rechenleistung zu verbessern, Schleifen und Rekursionen wo es geht möglichst aufzulösen, verliert er natürlich die genaue syntaktische Information, wie diese im Quellcode aufgebaut waren.

Aber das ist auch sowieso nebensächlich da es sich bei dem Beispiel ohnehin nicht um ein emergentes System handelt, denn Der Quellcode ist unter anderem aus genau diesem Grund sowieso kein Äquvalent, von dem man sagen kann, dass es auf irgendeiner Betrachtungsebene parallel zum physikalischen Ablauf der Programmausführung des Computers abläuft.
Der Quellcode ist nur eine Anleitung für den Compiler das tatsächliche Programm (in Maschinencode) zu erzeugen.
Und den Maschinencode könnte man natürlich hervorragend den Prozessorzuständen oder dem Ram entnehmen.
Und die Recompilation in eine Hochsprache wäre in Bezug auf die Syntax zwar nicht eindeutig, weil es da redundante Möglichkeiten gäbe, aber immer noch gut genug, dass Lizenzverträge kommerzieller Software das explizit verbieten.

step hat folgendes geschrieben:

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Lars hat folgendes geschrieben:
Nur wenn Zufälle im Spiel sind, kann es auch mehrere Ergebnisse geben. Deren Auswahl ist dann aber eben nicht mehr gesteuert sondern zufällig.
Ja genau die gibt es in ganz vielen "neuronalen" Netzen - extern "eingebracht" - damit empirisch besser mit der Wirklichkeit korrelierende Ergebnisse erzielbar sind. Und Bewußtsein, ist sich zufälliger Entscheidungen bewußt - sogar vorbewußt Lebendiges muss schon zufällig entscheiden können - das hat einen wesentlichen Evolutionsvorteil.

Da gebe ich Dir insofern recht, als ein Schuß "Varianz" oder sogar Unberechenbrkeit oft von Vorteil ist. Zum Beispiel wenn ein fliehendes Tier Haken schlägt. Ähnlich hatten wir hier schon oft das Marmeladenbeispiel ohne starke Präferenz. Das sind allerdings typischerweise gerade nicht die Entscheidungen, die wir als freiwillig bezeichnen. Insbesondere moralische Entscheidungen (bei denen Verläßlichkeit gefragt ist) fallen wohl selten in diese Kategorie. Zudem macht der Pseudozufall, der hier wirkt, das ganze zwar komplexer, aber nicht freier oder weniger determiniert.


Ich halte Zufall für das Verhalten von Lebewesen ja sogar noch wichtiger als Du, weil ich vermute, dass er auch für Intelligenz (genauer Kreativität) sehr wesentlich ist. Wir hatten darüber schon vor einiger Zeit eine Diskussion, aus der ich leider vorzeitig verschwinden musste.

Aber auch das ist nur ein Nebenschauplatz, letztlich nicht viel mehr als ein Ablenkungsmanöver. Ich habe nämlich noch nie einen Inkompatibilisten gesehen, der ernsthaft und durchgehend behauptet hätte, sein "Freier Wille" beruhe darauf, dass seine Entscheidungen zufällig seien.
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1. Mose 6, 5-6:

Und der Mensch sah, daß die Bosheit des Gottes im Himmel groß war und alles Sinnen der Gedanken seines Herzens nur böse den ganzen Tag.
Und es reute den Menschen, daß er den Gott im Himmel gemacht hatte, und es bekümmerte ihn in sein Herz hinein.
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Beitrag(#1401441) Verfasst am: 06.12.2009, 20:52    Titel: Antworten mit Zitat

Lars hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Die spannende Frage hier ist aber, ob man Einfluss auf die Welt hat oder nicht. Und ob man Einfluss auf sich selber hat, ob eine Selbststeuerung also möglich ist oder nicht.

Nein, Dass Selbststeuerung möglich ist, ist eine triviale Selbstverständlichkeit über die meiner Ansicht nach weithehend Konsens besteht.

Die spannende Frage ist, ob die Selbststeuerung so gestaltet ist, dass sie in irgendeiner bedeutsamen Weise mit Willensfreiheit assoziiert werden kann.

Die spannende Frage, die Frage, um die sich diese Diskussion hier dreht, ist mE, ob Menschen überlegungs-, handlungs und entscheidungsfähige Wesen sind oder nicht (was, falls sie es sind, in meinem Sinne Entscheidungsfreiheit bedeuten würde).

Um aber zu beurteilen, ob man das dann in "bedeutsamer" Weise mit Willensfreiheit in Verbindung bringen, müsste man wissen, was Du unter "Willensfreiheit" verstehst.

Lars hat folgendes geschrieben:
Und da habe ich begründet, warum eine hochwirksame Steuerung unter gegebenen Ausgangsbedingungen nur ein mögliches Ergebnis haben kann, es also keine echte Wahl gibt.

Also ist eine "echte Wahl" eine notwendige Bedingung für Willensfreiheit. Richtig?

Falls ja: warum? Es wird immer nur ein Ergebnis meiner Überlegungen geben, das ist doch halbwegs trivial: ich kann mich nun mal nicht gleichzeitig für A und für nicht A entscheiden, in keiner möglichen Welt, die der Logik unterliegt, egal, ob determiniert oder indeterminiert. Und deswegen habe ich keine Willensfreiheit, weil ich etwas Unlogisches nicht tun kann? Mir erscheint das wenig plausibel. Vor allem hat das nichts mit Determinismus zu tun und so argumentierst Du doch: weil unsere Welt determiniert ist, weil alles naturgesetzlich abläuft, deswegen kann es keine Entscheidungsfreiheit geben.

Machen wir mal ein kleines philosphisches Gedankenexperiment. Stellen wir uns mal die hypothetischen Welten A und B vor. A ist eine determinierte, naturgesetztlich ablaufende Welt, in der es keine "echten Möglichkeiten" in Deinem Sinne gibt. B sei eine Welt, in der es "echte Möglichkeiten" gibt, wie auch immer das konkret aussehen könnte, das ist hier egal. Nehmen wir weiterhin an, dass Welt B ansonsten, abseits der Möglichkeiten, in den konkreten, verwirklichten Sachverhalten exakt so aussieht wie Welt A. Alles ist also dort wie in Welt A, auch die Geschichte, wie auch sonst alles, ist exakt gleich. Der einzige Unterschied ist der, dass man weiß, dass es sein könnte, dass Welt B in Zukunft mal anders aussehen könnte wie Welt A, in der alles so kommen wird, wie es kommen muss (was man aber aus prinzipiellen Gründen nicht vorher weiß). Auch in Welt B wird es selbstverständlich immer nur genau einen Ablauf geben.

Und nun ist es so, dass es Deiner Ansicht nach in Welt B problemlos Willensfreiheit geben könnte, in Welt A aber nicht.

Ich meine, das schreit geradezu nach einer Erklärung, wieso Du diesen Unterschied machst. Ich verstehe es jedenfalls nicht.
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Beitrag(#1401451) Verfasst am: 06.12.2009, 21:03    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Etwas exakter ausgedrückt, aber immer noch nicht genau, könnte man also sagen: "step's jetzige Entscheidung hat nämlich sehr wohl Einfluss auf das Geschehen der Zukunft. step simuliert nämlich Zukunften und entscheidet dann präferent. step bildet auch ein Selbstmodell aus, welches er in bestimmten Kontexten als "ich" bezeichnet. Dieses intuitive Selbstmodell hat (ungenauerweise) u.a. letztursächliche (freie) Eigenschaften, und step misst die Entscheidung diesem Selbstmodell zu, sozusagen als reifiziertem freien Agenten."

Der Streitpunkt zwischen uns besteht darin, dass Du "frei" mit "(absoluter) Letztursächlichkeit" gleich setzt. Für mich würde "hinreichende Ursächlichkeit" reichen, um eine Handlung einer Person zuzuordnen.

Ist das so korrekt, was Deine Auffassung betrifft?
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Beitrag(#1401475) Verfasst am: 06.12.2009, 21:49    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Etwas exakter ausgedrückt, aber immer noch nicht genau, könnte man also sagen: "step's jetzige Entscheidung hat nämlich sehr wohl Einfluss auf das Geschehen der Zukunft. step simuliert nämlich Zukunften und entscheidet dann präferent. step bildet auch ein Selbstmodell aus, welches er in bestimmten Kontexten als "ich" bezeichnet. Dieses intuitive Selbstmodell hat (ungenauerweise) u.a. letztursächliche (freie) Eigenschaften, und step misst die Entscheidung diesem Selbstmodell zu, sozusagen als reifiziertem freien Agenten."
Der Streitpunkt zwischen uns besteht darin, dass Du "frei" mit "(absoluter) Letztursächlichkeit" gleich setzt. Für mich würde "hinreichende Ursächlichkeit" reichen, um eine Handlung einer Person zuzuordnen. Ist das so korrekt, was Deine Auffassung betrifft?

"frei" bedeutet für mich "nicht komplett naturgesetzlich bestimmt", und zwar egal ob emergent oder nicht. Aus meiner Sicht bedeutet das entweder "teilweise echt zufällig" oder oder irgendwas Transzendentes. Letzteres fällt aus, und zum Zufall wurde bereits alles gesagt.
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Beitrag(#1401479) Verfasst am: 06.12.2009, 21:55    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur an Lars hat folgendes geschrieben:
Und nun ist es so, dass es Deiner Ansicht nach in Welt B problemlos Willensfreiheit geben könnte, in Welt A aber nicht.

Von "problemlos" ist keine Rede. Im Gegenteil wurde bereits aufgezeigt, daß wesentliche Willensfreiheit aufgrund von mangelnder Verhaltensdetermination extrem problematisch wäre.
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Lars
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Beitrag(#1401532) Verfasst am: 06.12.2009, 22:44    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Es wird immer nur ein Ergebnis meiner Überlegungen geben, das ist doch halbwegs trivial: ich kann mich nun mal nicht gleichzeitig für A und für nicht A entscheiden, in keiner möglichen Welt, die der Logik unterliegt, egal, ob determiniert oder indeterminiert. Und deswegen habe ich keine Willensfreiheit, weil ich etwas Unlogisches nicht tun kann?


Nein, die Inkompatibilisten hier im Thread und auch anderswo behaupten nicht, zwei verschiedene Dinge gleichzeitig tun zu können.
Sie behaupten, wenn sie hypothetisch noch einmal in exakt der gleichen Situation sein könnten, sie dann beim zweiten Mal anders handeln könnten und zwar nicht zufällig, sondern selbstgesteuert. Und das nennen Sie dann Willensfreiheit.

Natürlich ist ein solches Konzept schon deshalb unsinnig, weil man so etwas niemals experimentell nachweisen könnte. Aber da es für viele Menschen anscheinend intuitiv sehr ansprechend ist und auch als Begründung für weitrechende ethische Schlußfolgerungen verwendet wird, versuchen sie zu begründen, warum sie eine solche Möglichkeit zumindest theoretisch existieren müsste.

Die Widerlegung dieser theoretischen Begründungen ist Thema dieses Threads.

Wobei ich die am Anfang genannten Forschungsergebnisse gar nicht sooo beeindruckend finde, weshalb ich viel allgemeiner argumentiere. Und ähnlich geht es offensichtlich auch Step.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Und nun ist es so, dass es Deiner Ansicht nach in Welt B problemlos Willensfreiheit geben könnte, in Welt A aber nicht.

Nein, ich habe keine Ahnung ob es in Welt B problemlos Willensfreiheit geben könnte. Er_win und andere, die behaupten wir würden in Welt B leben und daraus die Möglichkeit von Willensfreiheit nach obiger Definition ableiten, behaupten das. Aber auf mich wirken ihre Begründungen entweder zu schwammig, oder zu inkohärent, um sie nachvollziehen zu können.
Letztlich ist dies aber auch ziemlich egal, da man meiner Meinung nach recht klar zeigen kann, dass wir in Welt A leben und es in Welt A keine Willensfreiheit im Sinne obiger Definition geben kann.
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Beitrag(#1401550) Verfasst am: 06.12.2009, 23:03    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur an Lars hat folgendes geschrieben:
Und nun ist es so, dass es Deiner Ansicht nach in Welt B problemlos Willensfreiheit geben könnte, in Welt A aber nicht.

Von "problemlos" ist keine Rede. Im Gegenteil wurde bereits aufgezeigt, daß wesentliche Willensfreiheit aufgrund von mangelnder Verhaltensdetermination extrem problematisch wäre.

"Problemlos" ist hier aber überhaupt nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass man in Welt A angeblich nicht von Freiheit sprechen darf (weil es nur genau eine Möglichkeit gibt, wie die Zukunft ablaufen kann - das ist doch die eigentliche Begründung dafür, nicht?), in Welt B aber wäre es nicht so kategorisch ausgeschlossen, von Freiheit zu sprechen. Obgleich Welt B mit Welt A bis zum Zeitpunkt X vollkommen identisch ist. Und da frage ich mich halt, wieso das so sein sollte, wie man das begründen will. Kommt mir unlogisch vor.

Und bei der Annahme, dass Indeterminismus desto mehr Freiheit verhindert, desto mehr er in einer Welt vorhanden ist, haben wir doch gar keinen Dissens. Wir haben nur dabei einen Dissens, dass Determinismus Freiheit ausschließt.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1401572) Verfasst am: 06.12.2009, 23:42    Titel: Antworten mit Zitat

Lars hat folgendes geschrieben:
Nein, die Inkompatibilisten hier im Thread und auch anderswo behaupten nicht, zwei verschiedene Dinge gleichzeitig tun zu können.
Sie behaupten, wenn sie hypothetisch noch einmal in exakt der gleichen Situation sein könnten, sie dann beim zweiten Mal anders handeln könnten und zwar nicht zufällig, sondern selbstgesteuert. Und das nennen Sie dann Willensfreiheit.

Natürlich ist ein solches Konzept schon deshalb unsinnig, weil man so etwas niemals experimentell nachweisen könnte.

Hm. Die Aussage: "wenn man ein Konzept nicht experimentell nachweisen kann, dann ist es unsinnig" kommt mir auf den ersten Blick leider auch nicht besonders plausibel vor.

Lars hat folgendes geschrieben:
Aber da es für viele Menschen anscheinend intuitiv sehr ansprechend ist und auch als Begründung für weitrechende ethische Schlußfolgerungen verwendet wird, versuchen sie zu begründen, warum sie eine solche Möglichkeit zumindest theoretisch existieren müsste.

Ja, na gut. Ich behaupte nun aber, dass das nur auf den ersten Blick intuitiv plausibel ist und auf den zweiten Blick nicht mehr und sich auf den dritten Blick gar als gänzlich unplausibel, weil unlogisch, erweist. Mit anderen Worten: ich glaube nicht, dass sich das (umgangssprachliche, intuitive) Freiheitskonzept so darstellen lässt.

Lars hat folgendes geschrieben:
Die Widerlegung dieser theoretischen Begründungen ist Thema dieses Threads.

Nope, jedenfalls nicht ausschließlich. Es gibt kompatibilistische Auffassungen, die keineswegs darauf beruhen. Und es nützt ja nichts, immer nur einfach zu behaupten, die seien aber nicht "bedeutsam". Das sollte schon begründet werden können. Und zwar abseits von "isso, Du bist doof, sieh's einfach ein".

Lars hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Und nun ist es so, dass es Deiner Ansicht nach in Welt B problemlos Willensfreiheit geben könnte, in Welt A aber nicht.

Nein, ich habe keine Ahnung ob es in Welt B problemlos Willensfreiheit geben könnte.

Vergiss halt das "problemlos", das ist nur ein überflüssiges Füllwort an der Stelle.

Kann es nun in Welt B Willensfreiheit geben (zur Erinnerung: Welt B ist, was die konkreten Abläufe bisher angeht, mit Welt A identisch)? Kann man es in Welt A kategorisch ausschließen, dass es Willensfreiheit gibt (weil, so wohl das Argument hier: es gibt dort keine "echten Möglichkeiten") und in Welt B nicht, weil es dort ja "echte Möglichkeiten" gibt?
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PataPata
Agnostiker und Pataphysiker



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Beitrag(#1401657) Verfasst am: 07.12.2009, 01:47    Titel: Antworten mit Zitat

Lars hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Ich habe mal eine (vielleicht naive) Frage: In MSSs Buch wird insistiert, dass wir zwar keine Willensfreiheit haben können, jedoch aber eine Handlungsfreiheit. Vielleicht ist dieser Punkt hier (oder anderswo) schon behandelt worden, ich kann mich aber nicht daran erinnern. Wenn mit Handlungsfreiheit gemeint ist, dass uns niemand und nichts daran hindert, das zu tun, was wir (unfreierweise) tun wollen, dann ist dies banal.


Ja genau das ist gemeint. Und es ist nicht banal, weil es nicht nur eine äußere Handlungsfreiheit gibt, Sondern auch eine innere.
Die äußere ist die, die Dir fehlt wenn Du zwar ins Kino gehen möchtest, aber leider im Gefängnis sitzt.
Die innere ist die, die dir fehlt wenn du zwar eigentlich ins Kino möchtest, aber irgendwelche als innere Zwänge erlebten Hindernisse dich davon abhalten, etwa weil Du dich wegen irgendwelcher Phobien nicht vor die Haustür traust oder eine Depression Dir die Fähigkeit nimmt, dich zum Handeln aufzuraffen.
Die "innere" Handlungsfreiheit meinte ich u.a. auch mit "nichts" (daran hindert).
Lars hat folgendes geschrieben:
Nun gibt es einige Menschen die diese innere Handlungsfreiheit als Willensfreiheit bezeichnen. Deshalb muss MSS sie erwähnen um sie von dem, was er meint, abzugrenzen und so Verwirrung zu vermeiden.
Er schrieb aber auch, dass die Handlungsfreiheit alles ist, was wir brauchen. Ich finde dass diese so definierte Handlungsfreiheit notwendig aber nicht hinreichend ist - anders gesagt, banal...
Lars hat folgendes geschrieben:
Außerdem ist er der Ansicht, dass der Glaube an die Willensfreiheit durch den damit verbundenen Schuldbegriff Schuldgefühle fördern kann, die dann wiederum im Sinne einer psychischen Störung die innere Handlungsfreiheit einschränken konnen.
Ja, das habe ich verstanden und mag ja in gewissen Fällen stimmen. Ich meine aber, dass man die (starke Illusion) Willensfreiheit akzeptieren kann und doch keine Schuldgefühle entwickeln muss.

Wie siehst Du mein Beispiel, dass wenn zwei verschiedene Aktionen meinen Willen befriedigen können (und ich für beide die Freiheit habe, sie durchzuführen) ich doch frei zwischen den beiden wählen kann? Blödes Beispiel: Ich will für meine Ferien an den Strand. Ich habe die Wahl zwischen Vietnam, Karibik und x andere Orte. Ich habe somit die Handlungsfreiheit zu wählen, um meinen Willen, an den Strand zu liegen, zu befriedigen.
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Orbiter
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Beitrag(#1401689) Verfasst am: 07.12.2009, 03:38    Titel: Antworten mit Zitat

Eine Anmerkung zu einem älteren Thread:
Ich teile die Erfahrungen von Agnost vollständig. Ich kann auch die Wissenschaftler verstehen, die etwas messen und dem dann die naheliegendste Erklärung zuordnen. Sind eben keine Skifahrer. Ich bedaure dass der genaue Link dem Vernehmen nach nicht funktioniert, will aber annehmen, dass tatsächlich anahnd der Gehirnaktivitäten eine 7 Sekunden später getroffene Entscheidung vorhersehbar war.

Das ist nun ein eklatanter Widerspruch zu den Erfahrungen der Sportler, der irgendwie aufgelöst werden muss. Zumindest ein Hinweis darauf, dass die Erklärung der Messergebnisse wohl so einfach wie gedacht nicht sein kann.

Ich erkläre mir diese 7 Sekunden Determiniertheit durch die immer unterschätzte Leistungsfähigkeit des Gehirns. Unbewusst werden viel mehr Daten verarbeitet als wir letztenendes im Bewusstsein merken. Das können Autisten besonders gut zeigen, weil bei denen das bewusste Denken nicht nur gefilterte Informationen erhält sondern fast alles was das Unterbewusstsein verarbeiten kann. Und das ist so fantastisch viel, dass ich dem Unterbewusstsein zutraue, unter gewöhnlichen Umständen alles schon vorauszuberechnen und vorher zu entscheiden, lange bevor das wirkliche Bewusstsein glaubt es hätte noch was zu entscheiden. Ich glaube also nicht an die Determiniertheit, sondern an die Dominiertheit des Bewusstseins durch das Unterbewusstsein, welches die freien Entscheidungen im Voraus trifft. Oder sich abstrakte Entscheidungskriterien im Voraus bereitlegt, nach denen die Entscheidung dann reflexartig getroffen wird. Das Bewusstsein selbst bekommt nur eine schöne Illusion nachgereicht, dass es allein und plötzlich entschieden habe.

Selbst das Unterbewusstsein wird nicht vorhersehen können, wann ein Ski sich löst. In der Wettkampfsituation, die ich vergleiche mit einer Schocksituation, wird das Unterbewusstsein aufhören, dem trägen Bewusstsein etwas vorzugaukeln, sondern es trifft die Entscheidungen einfach selber mittels vorprogrammierter(antrainierter) superschneller Reflexprogramme und übermittelt das instantan mitsamt Begründung und ohne Nachfrage ans Bewusstsein. Das kann sich dann nur wundern, wie es innerhalb einer Hundertstelsekunde alles so toll entscheiden und überdenken konnte. Es sind wohl nur Reflexe mit vorprogrammiertem Ablauf, die je nach Situation ausgeführt werden. Dennoch wurden diese irgendwann einmal durchdacht und eintrainiert.

Wer Ski fährt unterliegt keiner langen Illusion, sondern fährt auf dem Unterbewusstsein ab, das eigentlich das leistungsfähigere Denken wäre, nur nicht so komplex. Es würde ja schon fast eine Sekunde brauchen, bis das was die Augen sehen bewusst wahrgenommen werden kann. Das wird vom Gehirn immer nachträglich zur Illusion dazugemogelt. Wenn alles vorbei ist und alle Entscheidungen längst getroffen sind sieht man überhaupt erst bewusst was los war.
Alles meine Meinung - keine Garantie - die Forschungen sind mir nicht näher bekannt.
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(aus Goethes Faust)
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Er_Win
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Beitrag(#1401728) Verfasst am: 07.12.2009, 10:16    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
... STARKER Emergenz in KOMPLEXEN Systemen ...

Starke Emergenz nimmt prinzipielle Unerklärbarkeit durch die "darunterliegenden Ebenen" an. Diese ist nicht nachgewiesen. Würde sie nachgewiesen, würde das bedeuten, daß die derzeit bekannte Physik falsch bzw. grob unvollständig ist. Wer STARKE ENERGENZ vertitt, ist Inkompatibilist.


Da ich in komplexen biologischen Systemen von unzähligen Zufälligkeiten ausgehe sind emergente Systemebenen nicht prinzipiell unerklärbar, sondern unberechenbar und in dem Sinne nicht deterministisch bzw. paßt das Konstrukt "durchgängige Kausalkette" nicht. Dass die derzeitige Physik zumindest grob unvollständig ist, erscheint mir ausserdem eine sehr plausible Annahme, wenn man die Wissenschaftsgeschichte betrachtet, als auch da zB. im Mikrokosmos sich bei den momentanen State-of-the-Art Theorien zur Vereinheitlichung von ART/Quantenphysik noch kein wirklicher Durchbruch abzeichnet und makroskopisch ein noch nicht nachgewiesenes "Etwas" (dunkle Materie/Energie) für >70% der Wirklichkeit verantwortlich sein soll.


Zitat:

Das Beispiel hinkt insofern, als zum Verständnis des Programms auch noch der äußere semantische Kontext nötig ist. Wenn man also nur den Text der höheren Programmiersprache lesen würde, würde man auch nicht viel verstehen. Ebenso bräuchte man beim RAM auch den gesamten Kontext, also auch CPU-Zustände usw.. Aber unabhängig davon: Kannst Du mal exakt begründen, warum man das Programm so nicht verstehen kann? Welche Information genau verschwindet unwiederbringlich bei der Umsetzung auf die Ebene der bits und bytes?


Der Vergleich hinkt klarerweise vorne und hinten, eben da es sich dabei um kein emergentes selbstorganisierendes System handelt. Er sollte auch nur aufzeigen, aus welchem Beobachtungskontext "heutige führende Neuro-Wissenschaftler" versuchen das Gesamtsystem zu erklären bzw. zu begreifen.

Und wenn ich ein HLP lese, und eine Ahnung vom "System Computer" habe dann verstehe ich übrigens sehr viel mehr, als würde ich bei demselben HLP zur Laufzeit RAM-Aktivitäten messen.

Wenn ich nun die Idee eines komplexen Softwaredesigns vergleichsweise (ja, hinkt wieder !) mit der evolutionären Hirnentwicklung gleichsetze und am laufenden System dann nur RAM-Aktivitäten messe (das scheint mir der naheliegendste hinkende Vergleich), dann verliere ich einfach jede Menge Information & Struktur(wissen). Selbst wenn ich - was ja bei einem Computersystem möglich wäre - das Gesamtsystem incl. dem Programmsource in Maschinencode vorliegen habe (eine analoge Betrachtung des Hirns müßte dann schon den gesamten funktionalen "Ebenen"aufbau kennen als auch die Bedeutung aller "Strukturmuster" - das ist ja aber das, was man erst erkennen möchte - durch "RAM-Messungen") und diesen disassembliere, bleiben mir trotzdem die Gesamt-Idee und die Strukturüberlegungen eines komplexen Anwendungsprogramms verborgen.

Das "allerhinkendste" an dem Vergleich ist aber die Tatsache, dass das Hirn als Gesamtsystem sich ja ständig selbstorganisierend verändert, also wenn man da den (*imho* unzulässigen, da systemstrukturell eben nicht vergleichbar) Vergleich mit einem Computer zieht, wäre das ein Computer, bei dem sich Hardware, Betriebssystem und Anwendungssoftare beständig weiterentwickeln und ändern.

Wieso "gläubige" Reduktionisten nun (Selbst-)Beobachtungen die dem System Hirn (siehe auch meinen Hinweis bzgl. Lesen eines HLP's) auf "oberster Ebene" (dem bewußten Denken) nun zweifelsohne möglich sind, weniger Evidenz zubilligen, als irgendwelchen "logischen" Folgerungen aus mathematischen Schlüssigkeiten, die im Einklang mit Veränderung bei physikalisch Messbarem stehen, kann ich mir nicht erklären, bzw. eben nur dann, wenn ich starke "Präferenzen" oder Gläubigkeit an Reduktionimus, durchgängige Kausalität etc. voraussetze.

Wie schon mal dargelegt, ist für mich die Möglichkeit der bewußten zufälligen Wahl - nebst dem Erkennen, dass die Wahl zufällig ist - jenes basale Element, auf dem aufbauend auch komplexere freie Willensentscheidungen möglich sind. Wenn für andere da "versteckte unbewußte - von mir qua der fehlenden Definition, was das genau sein soll - schwurbelig genannte Präferenzen" bestimmend wirksam sein müssen, wenn ich mich in einem Experiment für zB. eine von 2 weissen Kugeln entscheide, dann soll's mir auch Recht sein ...
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Tapuak
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Anmeldungsdatum: 23.02.2006
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Beitrag(#1401799) Verfasst am: 07.12.2009, 13:42    Titel: Antworten mit Zitat

Lars hat folgendes geschrieben:
Da physikalische Naturgesetze, solange kein Zufall im Spiel ist, mathematisch eindeutige Beziehungen beschreiben, kann ein gegebener Zustand nur in genau einen anderen Zustand entwickeln, das heißt die mathematische Funktion, die diese Entwicklung beschreibt hat für jeden gegebenen Anfangszustand nur eine Lösung. Dies ist einfach ein allgemeines vielfach empirisch belegtes Merkmal physikalischer Gesetze, das damit auch für deine neuronalen Erregungsmuster gilt.

Das ist in der Tat ein zentraler Punkt der Diskussion. Während dies für dich offenbar selbstverständlich ist, sehe ich zunehmend weniger, wie eigentlich begründet wird, dass bestimmte Beschreibungsweisen aus dem Bereich der Physik dafür geeignet sein sollen, Phänomene auf völlig anderen Ebenen angemessen zu erfassen. Bekanntlich wäre es ein Kategorienfehler, wenn man ein Beschreibungsweise auf einer Ebene anwendet, wo dies unangebracht ist.

Auf der Ebene des Bewusstseins scheint Unklarheit darüber zu herrschen, welche Beschreibungsweise die angemessene ist. Und deswegen ist es begründungsbedürftig, welchen Sinn es haben sollte, die Sprache und die theoretischen Konstrukte (Determinismus usw.) aus dem Bereich der Physik hier zur Anwendung zu bringen. Vielleicht kann man diese Frage nur beantworten, wenn man sich mal Gedanken darüber macht, welchen Beschreibungszweck man eigentlich jeweils verfolgt.

Wenn ich eine Maschine konstruiere, kann es sinnvoll sein, sie als deterministisches System zu beschreiben, weil ich damit die größtmöglichen Steuerungsmöglichkeiten habe. Ich kann dann in das System eingreifen und seine Funktionen in planvoller Weise verändern. Aber selbstverständlich kann man eine Maschine auch unter völlig anderen Zwecken beschreiben. Wenn ich sie z.B. als ökonomisches Gut beschreibe, ihren Wert bestimme usw. verfolge ich vielleicht den Zweck, sie zu verkaufen. Wenn ich sie auf der ästhetischen Ebene beschreibe, verfolge ich hingegen den Zweck, die Wirkungen zu charakterisieren, die ihr Aussehen und ihre Geräusche phänomenologisch auf mich haben.

Bemerkenswert ist nun, dass all diese Beschreibungen "wahr" sind und sich überhaupt nicht ausschließen. Ich verwende je nach dem Zweck, den ich verfolge, und je nach dem, auf welcher Ebene ich spreche, andere Beschreibungsweisen. Wenn nun aber in der Hirnforschung davon geredet wird, dass bestimmte Phänomene des Bewusstseins "Illusionen" seien, dann wird einer bestimmten Beschreibungsweise - nämlich der physikalischen - absolute Priorität eingeräumt, während sämtliche anderen zur bloßen Farce abgestempelt werden. Das Problem ist nur, dass dies in der Regel nicht begründet wird; stattdessen wird implizit vorausgesetzt wird, dass die "wissenschaftliche" (dabei auch noch scheuklappenmäßig verstanden als "naturwissenschaftliche") Sprechweise irgendwie Vorrang haben müsse, oder dass sie die anderen sogar obsolet macht (da sie ja auf "Illusionen" beruhen).

Anstatt das einfach alles vorauszusetzen, wäre allerdings interessant, worin denn nun eigentlich der Beschreibungszweck besteht, wenn man das Gehirn im Zusammenspiel mit anderen Organen als deterministisches, "bewusstseinserzeugendes" System beschreibt. Vielleicht kann dies ja sogar in bestimmten Fällen sinnvoll sein - z.B., wenn man vorher bestimmte Bewusstseinsfunktionen definiert hat und steuernd in diese eingreifen möchte (z.B. um das Hören oder Sehen wieder zu ermöglichen). Aber falls es solche sinnvollen Anwendungsfälle dieser Sprechweise gibt, folgt daraus eben mitnichten, dass alles "wirklich so ist", wie es dort beschrieben wird, dass diese Sprechweise daher Priorität hätte oder dass alles andere nur Illusionen seien.

Die Frage nach der Adäquatheit bestimmeter Sprechweisen ließe sich also womoglich produktiv lösen, wenn man - anstatt sinnfrei nach der "wahren Beschaffenheit des Bewusstseins" und dergleichen zu suchen - sie relativ zu dem jeweils verfolgten Zweck beurteilt. Jedoch erkenne ich im speziellen Fall des "freien Willens" bislang nicht, dass die philosophierenden Hirnforscher deutlich gemacht hätten, welchen Sinn hier die Investition des physikalischen Sprach- und Konstruktarsenals haben sollte. Solange dies nicht geklärt ist, sehe ich darin schlicht eine unbegründete Verallgemeinerung einer auf anderen Ebenen partiell erfolgreichen Methodik.
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Beitrag(#1401832) Verfasst am: 07.12.2009, 14:17    Titel: Antworten mit Zitat

Tapuak hat folgendes geschrieben:
Lars hat folgendes geschrieben:
Da physikalische Naturgesetze, solange kein Zufall im Spiel ist, mathematisch eindeutige Beziehungen beschreiben, kann ein gegebener Zustand nur in genau einen anderen Zustand entwickeln, das heißt die mathematische Funktion, die diese Entwicklung beschreibt hat für jeden gegebenen Anfangszustand nur eine Lösung. Dies ist einfach ein allgemeines vielfach empirisch belegtes Merkmal physikalischer Gesetze, das damit auch für deine neuronalen Erregungsmuster gilt.

Das ist in der Tat ein zentraler Punkt der Diskussion. Während dies für dich offenbar selbstverständlich ist, sehe ich zunehmend weniger, wie eigentlich begründet wird, dass bestimmte Beschreibungsweisen aus dem Bereich der Physik dafür geeignet sein sollen, Phänomene auf völlig anderen Ebenen angemessen zu erfassen.


In dem Punkt gehe ich weiter und sage, dass wegen Erkenntnissen aus Modellen (evolutionärer) Algorithmen, neuronalen Netzwerken o.ä. hinreichend nachgewiesen worden ist, dass jene beschiebene mono-funktionale mathematische (physikalistische) Abstraktion völlig inadäquat ist, genauso inadäquat wie eine stukturelle Abstraktion des Hirns als "Erregungsmuster-Funktions-Maschine".

Erwin
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Beitrag(#1401867) Verfasst am: 07.12.2009, 15:36    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Lars hat folgendes geschrieben:
Nein, die Inkompatibilisten hier im Thread und auch anderswo behaupten nicht, zwei verschiedene Dinge gleichzeitig tun zu können.
Sie behaupten, wenn sie hypothetisch noch einmal in exakt der gleichen Situation sein könnten, sie dann beim zweiten Mal anders handeln könnten und zwar nicht zufällig, sondern selbstgesteuert. Und das nennen Sie dann Willensfreiheit.

Natürlich ist ein solches Konzept schon deshalb unsinnig, weil man so etwas niemals experimentell nachweisen könnte.

Hm. Die Aussage: "wenn man ein Konzept nicht experimentell nachweisen kann, dann ist es unsinnig" kommt mir auf den ersten Blick leider auch nicht besonders plausibel vor.


Tja, dann wirf doch einfach noch einmal einen zweiten Blick drauf und bemerke, dass da nicht "nicht", sondern "niemals" (aka "grundsätzlich nicht") steht. Wir kommen da einfach ins "Unsichtbares rosa Einhorn"-Gebiet.
Aber egal, ich hatte das ohnehin nur angeführt, weil ich erwartete, dass du es sonst anführen würdest. Da Du es nicht tust, ist es für die weitere Diskussion eh irrelevant.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Lars hat folgendes geschrieben:
Aber da es für viele Menschen anscheinend intuitiv sehr ansprechend ist und auch als Begründung für weitrechende ethische Schlußfolgerungen verwendet wird, versuchen sie zu begründen, warum sie eine solche Möglichkeit zumindest theoretisch existieren müsste.

Ja, na gut. Ich behaupte nun aber, dass das nur auf den ersten Blick intuitiv plausibel ist und auf den zweiten Blick nicht mehr und sich auf den dritten Blick gar als gänzlich unplausibel, weil unlogisch, erweist.


Siehst Du, und ich (und auch Step) behaupten ebenfalls dass sich dieses Konzept bei genauer Betrachtung als unplausibel erweist. Da sind wir uns doch schon mit Dir einig.

Im Gegensatz zu Dir haben wir das hier im Thread allerdings nicht nur behauptet, sondern uns auch die Mühe gemacht diese Behauptung auch ausführlich zu begründen.
Das scheint Dich aus irgend einem Gründe zu stören.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Mit anderen Worten: ich glaube nicht, dass sich das (umgangssprachliche, intuitive) Freiheitskonzept so darstellen lässt.


Ja und, diese Schlußfolgerung ist einfach absurd.
Sie impliziert als Regel, dass Menschen (zumindest im allgemeinen) keine Anhänger unlogischer Konzepte sein können.
Das steht in dramatischem Widerspruch zur empirischen Realität.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Lars hat folgendes geschrieben:
Die Widerlegung dieser theoretischen Begründungen ist Thema dieses Threads.

Nope, jedenfalls nicht ausschließlich. Es gibt kompatibilistische Auffassungen, die keineswegs darauf beruhen. Und es nützt ja nichts, immer nur einfach zu behaupten, die seien aber nicht "bedeutsam". Das sollte schon begründet werden können. Und zwar abseits von "isso, Du bist doof, sieh's einfach ein".


Es geht nicht darum ob kompatibilistische Auffassungen "bedeutsam" sind. Sie beziehen sich einfach auf ein anderes Konzept.
Das, was Kompatibilisten mit dem Namen "Willensfreiheit" belegen ist von dem, auf das sich der Threadtitel bezieht in gleicher Weise verschieden, wie "Steuerbare Ventile" (aka "Hähne") verschieden sind von "männlichen Haushühnern" (aka "Hähne").

Niemand kann oder will Dir verbieten diesen Namen für dein Konzept zu verwenden. Aber wenn Du dich in eine Diskussion über das erste Konzept mit Argumenten einmischst, die sich auf das zweite Konzept beziehen, dann macht das ebensoviel Sinn, wie wenn Du in einer Diskussion über männlichen Haushühner anfängst über die Eigenschaften drehbarer Ventile zu schwadronieren, nur weil dort das Wort "Hähne" gebraucht wird.
Im besten Fall wirkt das zumindest nicht sehr intelligent.

Wenn du dann noch eine Diskussion darüber siehst, ob männlichen Haushühner krähen können, daraufhin ausschließlich diejenigen, die der Ansicht sind dass sie es können mit Argumenten angreifst, die sich darauf beziehen, dass drehbare Ventile nicht krähen können, und dies damit rechtfertigst, dass es die erste Diskussion gar nicht geben könne, obwohl gleichzeitig noch andere Poster aktiv sind, die weiterhin behaupten, dass männlichen Haushühner nicht krähen können, die Du aber einfach ignorierst...

Dann fällt mir zu diesem Verhalten einfach kein Wort mehr ein, das gleichzeitig passend und höflich wäre.


AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Lars hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Und nun ist es so, dass es Deiner Ansicht nach in Welt B problemlos Willensfreiheit geben könnte, in Welt A aber nicht.

Nein, ich habe keine Ahnung ob es in Welt B problemlos Willensfreiheit geben könnte.

Vergiss halt das "problemlos", das ist nur ein überflüssiges Füllwort an der Stelle.

Kann es nun in Welt B Willensfreiheit geben (zur Erinnerung: Welt B ist, was die konkreten Abläufe bisher angeht, mit Welt A identisch)? Kann man es in Welt A kategorisch ausschließen, dass es Willensfreiheit gibt (weil, so wohl das Argument hier: es gibt dort keine "echten Möglichkeiten") und in Welt B nicht, weil es dort ja "echte Möglichkeiten" gibt?


Meine bereits gegebene Antwort ändert sich mit oder ohne "problemlos" nicht:

Lars hat folgendes geschrieben:
Nein, ich habe keine Ahnung ob es in Welt B ... Willensfreiheit geben könnte. Er_win und andere, die behaupten wir würden in Welt B leben und daraus die Möglichkeit von Willensfreiheit nach obiger Definition ableiten, behaupten das. Aber auf mich wirken ihre Begründungen entweder zu schwammig, oder zu inkohärent, um sie nachvollziehen zu können.
Letztlich ist dies aber auch ziemlich egal, da man meiner Meinung nach recht klar zeigen kann, dass wir in Welt A leben und es in Welt A keine Willensfreiheit im Sinne obiger Definition geben kann.


Und nebenbei, schon deine Vorraussetzung, Welt B sei, was die konkreten Abläufe bisher angeht, mit Welt A identisch, erscheint mir extrem unplausibel.
Solche Garbage-In - Garbage-Out Spielchen mache ich aber grundsätzlich nicht mit.
_________________
1. Mose 6, 5-6:

Und der Mensch sah, daß die Bosheit des Gottes im Himmel groß war und alles Sinnen der Gedanken seines Herzens nur böse den ganzen Tag.
Und es reute den Menschen, daß er den Gott im Himmel gemacht hatte, und es bekümmerte ihn in sein Herz hinein.
(leicht aktualisiert)
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1401877) Verfasst am: 07.12.2009, 15:58    Titel: Antworten mit Zitat

Lars hat folgendes geschrieben:
Siehst Du, und ich (und auch Step) behaupten ebenfalls dass sich dieses Konzept bei genauer Betrachtung als unplausibel erweist. Da sind wir uns doch schon mit Dir einig.

Im Gegensatz zu Dir haben wir das hier im Thread allerdings nicht nur behauptet, sondern uns auch die Mühe gemacht diese Behauptung auch ausführlich zu begründen.
Das scheint Dich aus irgend einem Gründe zu stören.

Ja, genau, und den Grund habe ich erwähnt. Es ist so, dass dies:

step hat folgendes geschrieben:
"frei" bedeutet für mich "nicht komplett naturgesetzlich bestimmt", und zwar egal ob emergent oder nicht.

begründungsbedürftig ist, plausibel gemacht werden muss. Ist aber wohl anscheinend für Euch ein heiliges Dogma, das nicht hinterfragt werden darf und wer das tut, ist ein Ketzer.

Du legst hier nicht das Thema fest und Du hast keine Definitionshoheit darüber, was das richtige Thema ist und wie man "Willensfreiheit" richtig definiert.

Aber lass' mal, ich habe sowieso keine Lust, weiter mit Dir zu reden. Du bist der ungehobelste Mensch, den ich seit langem getroffen habe. Und Arroganz mag ja manchmal was Feines sein, aber wenn sie so unbegründet ist wie bei Dir, dann ist sie nur peinlich.
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Lars
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Beitrag(#1401887) Verfasst am: 07.12.2009, 16:26    Titel: Antworten mit Zitat

PataPata hat folgendes geschrieben:
Wie siehst Du mein Beispiel, dass wenn zwei verschiedene Aktionen meinen Willen befriedigen können (und ich für beide die Freiheit habe, sie durchzuführen) ich doch frei zwischen den beiden wählen kann? Blödes Beispiel: Ich will für meine Ferien an den Strand. Ich habe die Wahl zwischen Vietnam, Karibik und x andere Orte. Ich habe somit die Handlungsfreiheit zu wählen, um meinen Willen, an den Strand zu liegen, zu befriedigen.


Sowohl der allgemeinen Entscheidung, die Ferien am Strand zu verbringen, als auch der nachfolgenden genaueren Entscheidung, die Ferien in der Karibik am Strand zu verbringen, kann mann jeweils einen (sicherlich nicht "freien") Willen und eine (hoffentlich vorhandene) Handlungsfreiheit zuordnen.

Zur Klärung des threadthemas trägt das Beispiel daher genau gar nichts bei.
_________________
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Und der Mensch sah, daß die Bosheit des Gottes im Himmel groß war und alles Sinnen der Gedanken seines Herzens nur böse den ganzen Tag.
Und es reute den Menschen, daß er den Gott im Himmel gemacht hatte, und es bekümmerte ihn in sein Herz hinein.
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PataPata
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Beitrag(#1401937) Verfasst am: 07.12.2009, 18:01    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
... Während Einzeller noch über kaum einen Handlungsspielraum verfügen, ...
Auch Einzeller können lernen - s. das Pantoffeltierchen (Paramecium)...

Sonst über Deinen Beitrag : Coole Sache, das...
_________________
Alles denkbare ist real
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step
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Wohnort: Germering

Beitrag(#1401945) Verfasst am: 07.12.2009, 18:18    Titel: Antworten mit Zitat

Tapuak hat folgendes geschrieben:
Lars hat folgendes geschrieben:
Da physikalische Naturgesetze, solange kein Zufall im Spiel ist, mathematisch eindeutige Beziehungen beschreiben, kann ein gegebener Zustand nur in genau einen anderen Zustand entwickeln, das heißt die mathematische Funktion, die diese Entwicklung beschreibt hat für jeden gegebenen Anfangszustand nur eine Lösung. Dies ist einfach ein allgemeines vielfach empirisch belegtes Merkmal physikalischer Gesetze, das damit auch für deine neuronalen Erregungsmuster gilt.

Das ist in der Tat ein zentraler Punkt der Diskussion. Während dies für dich offenbar selbstverständlich ist, sehe ich zunehmend weniger, wie eigentlich begründet wird, dass bestimmte Beschreibungsweisen aus dem Bereich der Physik dafür geeignet sein sollen, Phänomene auf völlig anderen Ebenen angemessen zu erfassen. Bekanntlich wäre es ein Kategorienfehler, wenn man ein Beschreibungsweise auf einer Ebene anwendet, wo dies unangebracht ist.

Genaugenommen geht es hier aber gar nicht darum, die Physik tatsächlich zu verwenden, um z.B. Gefühle oder Verantwortung zu beschreiben. Wir stellen gegenüber Er-win, ballancer, zelig usw. nur die (schwächere) Forderung auf, daß die Modelle höherer Ebenen der Physik nicht widersprechen dürfen. Falls ein solcher Widerspruch auftritt - so wie meines Erachtens bei der Willensfreiheit - dann muß man mindestens eins der beiden Modelle verwerfen. Welches man verwirft, sollte von der Kraft seiner empirischen Belege abhängen. Diese ist bei intuitiven und psychologistischen Modellen bekannterweise extrem schlecht, bei der Physik hingegen ziemlich gut.

Bei AP ist es etwas anders, er leugnet (als Konpatibilist) den Widerspruch und versucht das durch eine entsprechend schwache Definition von "Freiheit" zu untermauern, die aber, wie wir z.B. beim Thema Verläßlichkeit vs. Willkür gesehen haben, bei näherer Betrachtung auch zerbröselt.
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1401955) Verfasst am: 07.12.2009, 18:32    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Bei AP ist es etwas anders, er leugnet (als Konpatibilist) den Widerspruch und versucht das durch eine entsprechend schwache Definition von "Freiheit" zu untermauern, die aber, wie wir z.B. beim Thema Verläßlichkeit vs. Willkür gesehen haben, bei näherer Betrachtung auch zerbröselt.

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