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Forscher widerlegen Willensfreiheit
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Skeptiker
"I can't breathe!"



Anmeldungsdatum: 14.01.2005
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Beitrag(#1406802) Verfasst am: 18.12.2009, 11:38    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Er definiert Freiheit für den Willen anders als für die Handlung, dann ist es geritzt ...

Diese Definition der Handlungsfreiheit hat aber schon eine lange Tradition und ist weithin unumstritten in seiner Bedeutung. MSS gibt das nur wieder. Der Begriff "Willensfreiheit" dagegen ist nicht gut definiert, jeder Philosoph versteht darunter etwas teilweise völlig anderes, oft sogar in sich Widersprüchliches. MSS' Variante "ursachenfreier Wille" ist da nur eine von vielen Varianten, wenn auch eine, die sich immerhin hinreichend von Handlungsfreiheit unterscheidet.

PataPata hat folgendes geschrieben:
... - lasst mir noch etwas Zeit...

Nee, morgen ist letzter Abgabetermin.


Erstens ist auch ein rein zufälliges Ereignis kein Ereignis ohne Ursache.

Und zweitens ist es wurscht, worauf sich irgendeine "wissenschaftliche Kommune" mehrheitlich geeinigt hat. Auf Merkel und Berlusconi hat man sich schließlich auch mehrheitlich geeinigt. Und? Hat das was Gutes zu bedeuten? Man sehe sich doch diese Gestalten an! Dann weiß man, was eine "lange Tradition" und ein Konsens wert sind.

Nein nein, bei der Suche nach der Wahrheit über die Welt kommt es nicht darauf an, was man meint oder wie viele etwas gemeinsam meinen, sondern stets darauf, was (der Fall) ist - also, was objektiv wahr ist.

Eine Handlungsfreiheit zu definieren, indem man von der Abwesenheit von Zwängen spricht, ist zwar schön und gut. Nur, was heisst das überhaupt? Was heisst denn überhaupt "Zwang"? Dass das Handeln auch frei von Ursachen ist? Schließlich könnte man eine solche doch auch als Zwang ansehen, oder etwa nicht?

Na ja, wie schon des öfteren gesagt: Sobald bürgerliche Wissenschaftler philosophisch werden, beginnt halt das Unterhaltungsprogramm. Mehr ist das nicht, was das Bürgertum auf diesem Gebiet zu leisten imstande ist. Comedy, comedy ...-! Cool

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AgentProvocateur
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Beitrag(#1406870) Verfasst am: 18.12.2009, 14:27    Titel: Antworten mit Zitat

PataPata hat folgendes geschrieben:
MMS hat eine FAQ zu seinem Buch "Jenseits von Gut und Böse" ins Netz gestellt. Die erste Frage geht ins hiesige Thema:
MMS hat folgendes geschrieben:
[...] Noch einmal: Der Begriff „Freiheit“ meint bezogen auf menschliches Verhalten sinnvollerweise „Freiheit von Zwängen“, nicht „Freiheit von Ursachen“! [...]

Naja, erstens bedeutet "Freiheit" in dem Zusammenhang mE nicht nur "Freiheit von Zwängen", sondern beinhaltet auch eine positive Komponenente: "Freiheit zu".

Und außerdem, wenn man auf den Sinn abhebt, dann muss man mE auch "Willensfreiheit" so betrachten. Wenn man "Willensfreiheit" lediglich als "Freiheit von Ursachen" definiert, dann ist das weder sinnvoll noch bringt das irgendwie bei der Frage, ob es denn nun möglich ist oder nicht, den eigenen Willen zu bilden / zu beeinflussen, weiter. Es blendet diese Frage völlig aus, die aber mE die Kernfrage bei dieser Diskussion ist.

Gäbe es in diesem Sinne keine Willensfreiheit, käme es nur auf die Handlungsfreiheit an, die das einzig Entscheidende sein soll, dann würde z.B. eine Pädagogik, die als Ziel einen selbstbestimmten Menschen, den "mündigen Bürger" hat, ziemlich sinnlos und hinfällig. Es erschiene dann legitim, den Willen des Individuums beliebig zu beeinflussen / zu kontrollieren, denn dann wäre es ja egal, wo der herkommt. Hauptsache nur, das Individuum kann dann den egal wie entstandenen Willen auch ausführen. Könnte es das immer, wäre es demnach komplett frei. Was sich aber mE auf vielfältige Weise merkwürdig anhört. Z.B.: ein Mensch, der in einer Diktatur lebt und der von Geburt an so konditioniert wurde, dass er nichts anderes will, weil er nichts anderes kennt und sich nichts anderes vorstellen kann, als sich für den Diktator aufzuopfern, wäre demnach völlig frei.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#1406959) Verfasst am: 18.12.2009, 17:51    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn man "Willensfreiheit" lediglich als "Freiheit von Ursachen" definiert, dann ist das weder sinnvoll noch bringt das irgendwie bei der Frage, ob es denn nun möglich ist oder nicht, den eigenen Willen zu bilden / zu beeinflussen, weiter. Es blendet diese Frage völlig aus, die aber mE die Kernfrage bei dieser Diskussion ist.

Gäbe es in diesem Sinne keine Willensfreiheit, käme es nur auf die Handlungsfreiheit an, die das einzig Entscheidende sein soll, dann würde z.B. eine Pädagogik, die als Ziel einen selbstbestimmten Menschen, den "mündigen Bürger" hat, ziemlich sinnlos und hinfällig. Es erschiene dann legitim, den Willen des Individuums beliebig zu beeinflussen / zu kontrollieren, denn dann wäre es ja egal, wo der herkommt. Hauptsache nur, das Individuum kann dann den egal wie entstandenen Willen auch ausführen. Könnte es das immer, wäre es demnach komplett frei. Was sich aber mE auf vielfältige Weise merkwürdig anhört. Z.B.: ein Mensch, der in einer Diktatur lebt und der von Geburt an so konditioniert wurde, dass er nichts anderes will, weil er nichts anderes kennt und sich nichts anderes vorstellen kann, als sich für den Diktator aufzuopfern, wäre demnach völlig frei.

Er wäre nicht "willensfrei" (gibts ja nV nicht), aber würde sich selbst als "handlungsfrei" erleben. Jedenfalls wenn er, falls er von seiner Konditionierung erfährt, diese immer noch befürwortet. Letztlich zeigt diese Absurdität aber nicht, daß es Willensfreiheit gibt, sondern nur, daß wir nicht gern verursacht sind, sondern uns lieber als mächtige Ursache erleben. Anders ausgedrückt: Die meisten Menschen empfinden die Erkenntnis einer vollständigen Verursachung unseres Willens selbst wiederum als Zwang.

Was aber passiert, wenn jetzt andere Philosophen "Willensfreiheit" ganz anders zu definieren versuchen, also weder als Ursachenfreiheit noch als Handlungsfreiheit? - Nehmen wir jemand als Beispiel, der sinngemäß definiert, Willensfreiheit sei Handlungsfreiheit plus die Bildung des eigenen Willens. Letzteres ist aber selbst wieder entweder etwas durch Präferenzen / Ursachen gesteuertes oder aber wieder etwas Ursachenfreies, oder eine Kombination davon.
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Marcellinus
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Beiträge: 7429

Beitrag(#1406986) Verfasst am: 18.12.2009, 18:41    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:

Was aber passiert, wenn jetzt andere Philosophen "Willensfreiheit" ganz anders zu definieren versuchen, also weder als Ursachenfreiheit noch als Handlungsfreiheit? - Nehmen wir jemand als Beispiel, der sinngemäß definiert, Willensfreiheit sei Handlungsfreiheit plus die Bildung des eigenen Willens. Letzteres ist aber selbst wieder entweder etwas durch Präferenzen / Ursachen gesteuertes oder aber wieder etwas Ursachenfreies, oder eine Kombination davon.

Könnte es sein, daß das eigentliche Problem darin besteht, die Frage philosophisch zu diskutieren?
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#1406996) Verfasst am: 18.12.2009, 19:07    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Was aber passiert, wenn jetzt andere Philosophen "Willensfreiheit" ganz anders zu definieren versuchen, also weder als Ursachenfreiheit noch als Handlungsfreiheit? - Nehmen wir jemand als Beispiel, der sinngemäß definiert, Willensfreiheit sei Handlungsfreiheit plus die Bildung des eigenen Willens. Letzteres ist aber selbst wieder entweder etwas durch Präferenzen / Ursachen gesteuertes oder aber wieder etwas Ursachenfreies, oder eine Kombination davon.
Könnte es sein, daß das eigentliche Problem darin besteht, die Frage philosophisch zu diskutieren?

Wie meinst Du das? Soll man die Frage lieber naturwissenschaftlich diskutieren? Oder gar nicht?
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
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Wohnort: Berlin

Beitrag(#1407011) Verfasst am: 18.12.2009, 20:06    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Könnte es das immer, wäre es demnach komplett frei. Was sich aber mE auf vielfältige Weise merkwürdig anhört. Z.B.: ein Mensch, der in einer Diktatur lebt und der von Geburt an so konditioniert wurde, dass er nichts anderes will, weil er nichts anderes kennt und sich nichts anderes vorstellen kann, als sich für den Diktator aufzuopfern, wäre demnach völlig frei.

Er wäre nicht "willensfrei" (gibts ja nV nicht), aber würde sich selbst als "handlungsfrei" erleben.

Natürlich. "Handlungsfreiheit von Y bezüglich der von ihm gewollten Handlung X" = "Y kann Handlung X ausführen".

Nur würde man diesen Menschen nicht als besonders frei ansehen, auch wenn er perfekte Handlungsfreiheit im Sinne dieser Definition hätte. Das ist mein Punkt hier. Ich halte es für unsinnig, menschliche Freiheit auf Handlungsfreiheit begrenzen zu wollen. Das stimmt mE nicht mit dem üblichen Konzept von "Freiheit" überein.

step hat folgendes geschrieben:
Letztlich zeigt diese Absurdität aber nicht, daß es Willensfreiheit gibt, sondern nur, daß wir nicht gern verursacht sind, sondern uns lieber als mächtige Ursache erleben. Anders ausgedrückt: Die meisten Menschen empfinden die Erkenntnis einer vollständigen Verursachung unseres Willens selbst wiederum als Zwang.

Weiß nicht. Glaube nicht. Es kommt mAn darauf an, inwieweit man selber seinen Willen, seine Einstellungen, seine Überzeugungen selber bilden und beeinflussen kann.

Das ist die interessante Frage hier. Nicht die, ob man sich selber komplett aus dem Nichts erschaffen kann. Denn ich glaube auch gar nicht, dass das viele Menschen annehmen. Aber egal, selbst wenn, bliebe die Frage dennoch offen.

step hat folgendes geschrieben:
Was aber passiert, wenn jetzt andere Philosophen "Willensfreiheit" ganz anders zu definieren versuchen, also weder als Ursachenfreiheit noch als Handlungsfreiheit? - Nehmen wir jemand als Beispiel, der sinngemäß definiert, Willensfreiheit sei Handlungsfreiheit plus die Bildung des eigenen Willens. Letzteres ist aber selbst wieder entweder etwas durch Präferenzen / Ursachen gesteuertes oder aber wieder etwas Ursachenfreies, oder eine Kombination davon.

Normalerweise wird wohl so definiert: Freiheit (Individuum) = Handlungsfreiheit + Willensfreiheit (bzw. eigentlich könnte man eher sagen: Freiheit (Individuum) = Handlungsfreiheit * Willensfreiheit -> ist eines der beiden gleich Null, dann ist auch das Ergebnis Null).

Und ob alles durch Präferenzen / Ursachen gesteuert ist, ist nun mal nicht die spannende Frage hier. Die spannende Frage ist, wie Präferenzen und Ursachen gesteuert werden, ob es dabei, bei deren Entstehung einen Anteil des Individuums gibt oder nicht (Autonomie, Selbstbestimmung usw.). Und die spannende Frage ist auch, ob Du, wenn Du behauptest, alles sei Zwang was nicht den Naturgesetzen widerspräche, dennoch einen Unterschied zu sehen vermagst zwischen Sachverhalten, die man beeinflussen kann und solchen, die man nicht beeinflussen kann. Falls man nichts beeinflussen kann, dann erübrigt sich natürlich die Frage, dann ist alles gleichermaßen und unterschiedslos Zwang. Wäre dann aber eine, hm, mE ungewöhnliche Auffassung, siehe dazu wieder mein Beispiel.
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step
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Beitrag(#1407014) Verfasst am: 18.12.2009, 20:23    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nur würde man diesen Menschen nicht als besonders frei ansehen, auch wenn er perfekte Handlungsfreiheit im Sinne dieser Definition hätte.

Und warum würde man ihn nicht als besonders frei ansehen, obwohl er Handlungsfreiheit hat? Weil man von der Konditionierung weiß und diese als Zwang auf das Individuum deutet (in gewisser Weise ja auch zurecht).

Offensichtlich sieht man also intuitiv jemand als freier an, wenn man über die Verursachung seiner Präferenzen nichts weiß.

Bei einigen Kompatibilisten ist es sogar anscheinend so, daß sie unterscheiden zwischen einer von niemand beabsichtigten bekannten Verursachung (z.B. deterministische Naturgesetze) und einer mit Absicht verbundenen bekannten Verursachung (Konditionierung).
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#1407017) Verfasst am: 18.12.2009, 20:32    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Erstens ist auch ein rein zufälliges Ereignis kein Ereignis ohne Ursache.

Was verursacht denn den Zufallswert eines solchen Ereignisses?

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Und zweitens ist es wurscht, worauf sich irgendeine "wissenschaftliche Kommune" mehrheitlich geeinigt hat. Auf Merkel und Berlusconi hat man sich schließlich auch mehrheitlich geeinigt. Und? Hat das was Gutes zu bedeuten? Man sehe sich doch diese Gestalten an! Dann weiß man, was eine "lange Tradition" und ein Konsens wert sind.

Die meisten guten Theorien sind deutlich länger im Amt als Merkel und Berlusconi. Denn sie haben sich bewährt. ;-`)

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Eine Handlungsfreiheit zu definieren, indem man von der Abwesenheit von Zwängen spricht, ist zwar schön und gut. Nur, was heisst das überhaupt? Was heisst denn überhaupt "Zwang"? Dass das Handeln auch frei von Ursachen ist? Schließlich könnte man eine solche doch auch als Zwang ansehen, oder etwa nicht?

Ja, aber die Definition geht ja genauer so, daß freies Handeln präferentes Handeln ist. Also wenn das, was man tut, das ist, für was man entscheidet, und das ist, was man bevorzugt.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Na ja, wie schon des öfteren gesagt: Sobald bürgerliche Wissenschaftler philosophisch werden, beginnt halt das Unterhaltungsprogramm. Mehr ist das nicht, was das Bürgertum auf diesem Gebiet zu leisten imstande ist. Comedy, comedy ...-! Cool

Die Prolls wählen dafür Berlusconi und Merkel ...
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
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Beitrag(#1407047) Verfasst am: 18.12.2009, 21:21    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nur würde man diesen Menschen nicht als besonders frei ansehen, auch wenn er perfekte Handlungsfreiheit im Sinne dieser Definition hätte.

Und warum würde man ihn nicht als besonders frei ansehen, obwohl er Handlungsfreiheit hat? Weil man von der Konditionierung weiß und diese als Zwang auf das Individuum deutet (in gewisser Weise ja auch zurecht).

Offensichtlich sieht man also intuitiv jemand als freier an, wenn man über die Verursachung seiner Präferenzen nichts weiß.

Nö, ich würde sagen, man unterscheidet zwischen Zwang, der von anderen Individuen ausgeht, weil man dann annimmt, dass dieser hauptsächlich den Interessen dieses anderen Individuums dient. Und ob man etwas, das die eigene Persönlichkeit ausmacht, zum Beispiel eine Vorlieb für Vanilleeis, als Zwang ansehen würde, möchte ich leise bezweifeln. Klar, wenn diese Vorliebe mich total in meinem Leben einschränken würde, wenn ich an nichts anderes mehr denken könnte, dann wäre das Zwang. Wenn es aber schlicht ein kleiner Aspekt meiner Persönlichkeit ist, die ich zwar nicht selber bestimmt habe (und auch gar nicht das Bedürfnis habe, das zu ändern), würde ich das nicht als Zwang ansehen.

step hat folgendes geschrieben:
Bei einigen Kompatibilisten ist es sogar anscheinend so, daß sie unterscheiden zwischen einer von niemand beabsichtigten bekannten Verursachung (z.B. deterministische Naturgesetze) und einer mit Absicht verbundenen bekannten Verursachung (Konditionierung).

Hm, das unterscheiden aber mE nicht nur Kompatibilisten, siehe oben. Man ist ungerne lediglich der Spielball anderer Interessen, auch dann nicht, wenn man davon ausgeht, dass man nach einer irgendwie gearteten "Behandlung" das nicht mehr erkennen könnte und evtl. glücklich dabei wäre, dem anderen zu dienen.

Siehst Du das nicht so? Ist für Dich jeder Zwang gleich zu bewerten?
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PataPata
Agnostiker und Pataphysiker



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Beitrag(#1407079) Verfasst am: 18.12.2009, 22:02    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Er wäre nicht "willensfrei" (gibts ja nV nicht) ...
Heisst nV nach Vereinbarung ? Seit wann ist die Nichtexistenz der Willensfreiheit eine Vereinbarung ?
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Marcellinus
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Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#1407094) Verfasst am: 18.12.2009, 22:15    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Was aber passiert, wenn jetzt andere Philosophen "Willensfreiheit" ganz anders zu definieren versuchen, also weder als Ursachenfreiheit noch als Handlungsfreiheit? - Nehmen wir jemand als Beispiel, der sinngemäß definiert, Willensfreiheit sei Handlungsfreiheit plus die Bildung des eigenen Willens. Letzteres ist aber selbst wieder entweder etwas durch Präferenzen / Ursachen gesteuertes oder aber wieder etwas Ursachenfreies, oder eine Kombination davon.
Könnte es sein, daß das eigentliche Problem darin besteht, die Frage philosophisch zu diskutieren?

Wie meinst Du das? Soll man die Frage lieber naturwissenschaftlich diskutieren? Oder gar nicht?

Es sind halt immer die gleichen Vokabel. Nach kurzer Zeit tauchen absolute Begriffe auf wie Wahrheit, Determinismus, Freiheit und Zwang. Alles statische Begriffe, die sich einer genauen Definition entziehen, selbst immer wieder Gegenstand weiterer Diskussionen sind, die auch zu keinem Ziel führen. Angewendet werden sollen sie auf lebende Menschen; aber Menschen, die in einer solchen Diskussion selbst wieder als statische Objekte daherkommen, ohne zu berücksichtigen, daß reale Menschen nur in Gesellschaft anderer Menschen vorkommen, daß sie sich über die Zeit hin entwickeln, ebenso wie die Gesellschaften, die sie miteinander bilden.

Statt dessen werden hypothetische Menschen in hypothetischen Situationen betrachtet, wobei man sich klar sein müßte, daß jede dieser Betrachtungen zu völlig willkührlichen Ergebnissen führt, da sie nicht durch Tatsachenbeobachtungen überprüfbar sind. Das Ergebnis sind Diskussionen, die aus dem Austausch von Formeln bestehen, die nicht zu neuen Erkenntnissen führen, sondern einer Gegenüberstellung von Glaubensüberzeugungen.
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PataPata
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Beitrag(#1407112) Verfasst am: 18.12.2009, 22:45    Titel: Antworten mit Zitat

Nochmals aus MMSs FAQ :
MMS hat folgendes geschrieben:
Wer sich nicht schuldig fühlt, der zu sein, der er ist, kann weit besser daran arbeiten, der zu werden, der er optimalerweise sein könnte!
Schön. Aber wie kann jemand ohne Willensfreiheit entscheiden, dass er sich "nicht schuldig fühlt, der zu sein, der er ist" - und noch mehr "daran zu arbeiten, der zu werden, der er sein könnte" ? Kann dies nur auf Empfehlung MMSs geschehen, damit diesem Willen eine Ursache vorausgesetzt wird ? Und wie ist MMS darauf gekommen ? Haben ihn die Umstände darauf gebracht oder hat er einfach auf die noch sehr ignoranten aber überzeugten Wissenschaftler gehört, die in beeindruckt haben ?

Ich habe den Eindruck, dass ich obige Grundeinstellung schon seit einiger Zeit habe, ohne MMSs Buch gelesen zu haben. Und ich habe den Eindruck, dass ich selbst darauf gekommen bin - ist vielleicht eine Illusion...
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PataPata
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Beitrag(#1407113) Verfasst am: 18.12.2009, 22:46    Titel: Antworten mit Zitat

Nochmals aus MMSs FAQ :
MMS hat folgendes geschrieben:
Wer sich nicht schuldig fühlt, der zu sein, der er ist, kann weit besser daran arbeiten, der zu werden, der er optimalerweise sein könnte!
Schön. Aber wie kann jemand ohne Willensfreiheit entscheiden, dass er sich "nicht schuldig fühlt, der zu sein, der er ist" - und noch mehr "daran zu arbeiten, der zu werden, der er sein könnte" ? Kann dies nur auf Empfehlung von MMS geschehen, damit diesem Willen eine Ursache vorausgesetzt wird ? Und wie ist MMS darauf gekommen ? Haben ihn die Umstände darauf gebracht oder hat er einfach auf die noch sehr ignoranten aber überzeugten Wissenschaftler gehört, die in beeindruckt haben ?

Ich habe den Eindruck, dass ich obige Grundeinstellung schon seit einiger Zeit habe, ohne MMSs Buch gelesen zu haben. Und ich habe den Eindruck, dass ich selbst darauf gekommen bin - ist vielleicht eine Illusion...

Diese und ähnlich Zweifel haben mich während der ganzen Lektüre des Buches geplagt...
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step
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Beitrag(#1407116) Verfasst am: 18.12.2009, 22:56    Titel: Antworten mit Zitat

PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Er wäre nicht "willensfrei" (gibts ja nV nicht) ...
Heisst nV nach Vereinbarung ? Seit wann ist die Nichtexistenz der Willensfreiheit eine Vereinbarung ?

nV = nach Voraussetzung. Diese Voraussetzung war von AP (in der Fallbetrachtung dieses Abschnitts) gegeben.
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step
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Beitrag(#1407119) Verfasst am: 18.12.2009, 23:06    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Bei einigen Kompatibilisten ist es sogar anscheinend so, daß sie unterscheiden zwischen einer von niemand beabsichtigten bekannten Verursachung (z.B. deterministische Naturgesetze) und einer mit Absicht verbundenen bekannten Verursachung (Konditionierung).

Hm, das unterscheiden aber mE nicht nur Kompatibilisten, siehe oben.

Aber für die ist es anscheinend relevant für die Willensfreiheit.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Man ist ungerne lediglich der Spielball anderer Interessen, auch dann nicht, wenn man davon ausgeht, dass man nach einer irgendwie gearteten "Behandlung" das nicht mehr erkennen könnte und evtl. glücklich dabei wäre, dem anderen zu dienen. Siehst Du das nicht so?

Doch, ich bin ja auch ein Mensch.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ist für Dich jeder Zwang gleich zu bewerten?

Von der psychologischen Wirkung her natürlich nicht. Wenn man aber diese Unterschiedung als fundamental für die Definition der Willensfreiheit ansieht, macht man diese, ähnlich wie die Handlungsfreiheit, sehr stark an rein interpersonell-rezeptiven Vorlieben fest, die selbst wiederum nur unsere Prägungen widerspiegeln, denn was wir gerade ungern haben, ist von unserer abgestammten Physis und unserer zeitkernigen Kultur abhängig.
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Beitrag(#1407121) Verfasst am: 18.12.2009, 23:10    Titel: Antworten mit Zitat

PataPata hat folgendes geschrieben:
Nochmals aus MMSs FAQ :
MMS hat folgendes geschrieben:
Wer sich nicht schuldig fühlt, der zu sein, der er ist, kann weit besser daran arbeiten, der zu werden, der er optimalerweise sein könnte!
Schön. Aber wie kann jemand ohne Willensfreiheit entscheiden, dass er sich "nicht schuldig fühlt, der zu sein, der er ist" ... ?

Wo ist das Problem? Handlungsfreiheit würde hier ausreichen. Auch Tiere treffen Entscheidungen, ja sogar Computerprogramme.

PataPata hat folgendes geschrieben:
Kann dies nur auf Empfehlung von MMS geschehen, damit diesem Willen eine Ursache vorausgesetzt wird ? ...

Wieso sollte dieser Wille nicht auch andere Ursachen haben können?

PataPata hat folgendes geschrieben:
Ich habe den Eindruck, dass ich obige Grundeinstellung schon seit einiger Zeit habe, ohne MMSs Buch gelesen zu haben.

Ja und, wo ist das Problem?

PataPata hat folgendes geschrieben:
Diese und ähnlich Zweifel haben mich während der ganzen Lektüre des Buches geplagt...

Bleib locker!
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Beitrag(#1407165) Verfasst am: 19.12.2009, 00:45    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Erstens ist auch ein rein zufälliges Ereignis kein Ereignis ohne Ursache.

Was verursacht denn den Zufallswert eines solchen Ereignisses?


Zunächst: Es gibt keine Ereignisse ohne Ursache, weil jeder Zustand A' aus einem Zustand A hervorgeht, welcher die Ursache ist.

Die Entwicklung der Welt geht meiner Ansicht nach so vor sich, dass jeder neue Zustand ein Ausweichen vor einem instabilen Zustand in eine stabil(er)en Zustand ist. Wohin dieses Ausweichen führt, ist nicht so entscheidend bzw. kann zu erneuten Stabilisierungsbewegungen führen.

Die Bewegung der Welt ist also gar nicht ein *hin zu etwas*, sondern ein *weg von etwas*.

Sofern eine solche weg-Bewegung determiniert ist, ist sie aber gleichzeitig nicht nur ein *weg von etwas*, sondern auch ein *hin zu etwas Bestimmten*.

Sofern dies aber nicht so ist, im Falle einer zufälligen Bewegung, bleibt dennoch der Zustand davor die Ursache. Was denn auch sonst? Schließlich gibt es keine Zustände ohne Vor-Zustände.

Was bewirkt den Zufall? Womöglich einfach gleichwertige/gleichstabile Folgezustände.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Und zweitens ist es wurscht, worauf sich irgendeine "wissenschaftliche Kommune" mehrheitlich geeinigt hat. Auf Merkel und Berlusconi hat man sich schließlich auch mehrheitlich geeinigt. Und? Hat das was Gutes zu bedeuten? Man sehe sich doch diese Gestalten an! Dann weiß man, was eine "lange Tradition" und ein Konsens wert sind.

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Ja ist klar. Sehr glücklich

Trotzdem warne ich davor, Konsens - und sei er noch so breit und traditionsbehaftet - als Kriterium für die Richtigkeit einer Ansicht anzusehen.

Gerade die von Dir skeptisch gesehenen Geisteswissenschaften zeichnen sich nämlich durch diese Art von "Wahrheitsfindung" aus. Nur ist die herrschende Meinung noch lange nicht die Wahrheit. Die Natur ümmert sich nicht darum, wie viele Leute wie lange an einer Meinung festhalten. Wahrheit ist keine Meinungssache. Dies sollte eigentlich gerade Naturwissenschaftlern klar sein.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Eine Handlungsfreiheit zu definieren, indem man von der Abwesenheit von Zwängen spricht, ist zwar schön und gut. Nur, was heisst das überhaupt? Was heisst denn überhaupt "Zwang"? Dass das Handeln auch frei von Ursachen ist? Schließlich könnte man eine solche doch auch als Zwang ansehen, oder etwa nicht?

Ja, aber die Definition geht ja genauer so, daß freies Handeln präferentes Handeln ist. Also wenn das, was man tut, das ist, für was man entscheidet, und das ist, was man bevorzugt.


Aber das "präferente Handeln" - das klingt so subjektivistisch, das reine Oberflächenbewusstsein betreffend. Was aber ist mit den objektiven Lebensbedürfnissen?

Nicht alles, was Menschen eigentlich bräuchten, streben sie auch an. Gemäß Freud ist Handeln oft geradezu anti-präferent, wenn man so will, weil Bedürfnisse verdrängt werden und verdrängt werden müssen, weil das nackte Überleben in der Gesellschaft im Vordergrund steht (---> Entfremdung).

Das, was Menschen wollen, ist also nicht unbedingt das, was sie brauchen.

Deshalb muss man noch mal in Klausur gehen bezüglich des Präferenz-Begriffes.

Aber: Grundsätzlich ist es schon richtig, dass der Mensch nur dann frei sein kann, wenn er so handeln kann, dass die ihn quasi determinierenden Lebensbedürfnisse befriedigt werden. Da ist also eine Handlungsfreiheit, die gleichzeitig absolut streng gebunden ist an das, was der Mensch benötigt, um zu leben und zu gedeihen. Das kann er sich nicht *frei* aussuchen; das ist vorgegeben.

Die menschliche Freiheit muss deshalb vor allem den Aspekt der Problemlösung bezüglich der menschlichen Lebensbedürfnisse in den Fokus nehmen. Freiheit ist im Grunde die Freiheit, vitale Bedürfnisse befriedigen zu können und die Mittel und Bedingungen dafür vorzufinden und/oder schaffen zu können.

Handlungsfreiheit ist somit definitiv nicht die beliebige Wahl einer beliebigen Handlung!!!

Sondern Handlungsfreiheit kann nur die Freiheit (=reale Möglichkeit) sein, bestimmte Realitäten herbei zu führen und anderen Möglichkeiten die Realisierung systematisch zu versperren.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Na ja, wie schon des öfteren gesagt: Sobald bürgerliche Wissenschaftler philosophisch werden, beginnt halt das Unterhaltungsprogramm. Mehr ist das nicht, was das Bürgertum auf diesem Gebiet zu leisten imstande ist. Comedy, comedy ...-! Cool

Die Prolls wählen dafür Berlusconi und Merkel ...


Oooh, step! Nicht nur die Prolls, leider leider ...-!

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Hornochse
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Beitrag(#1407166) Verfasst am: 19.12.2009, 00:48    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Bewegung der Welt ist also gar nicht ein *hin zu etwas*, sondern ein *weg von etwas*.

Sofern eine solche weg-Bewegung determiniert ist, ist sie aber gleichzeitig nicht nur ein *weg von etwas*, sondern auch ein *hin zu etwas Bestimmten*.

Sofern dies aber nicht so ist, im Falle einer zufälligen Bewegung, bleibt dennoch der Zustand davor die Ursache. Was denn auch sonst? Schließlich gibt es keine Zustände ohne Vor-Zustände.


Der Begriff der Ursache verliert seine Bedeutung, wenn damit nicht eine Ursache für etwas gemeint ist. Und eine Ursache für etwas zu sein, beeinhaltet einen bestimmten Zustand, der erzielt wird.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1407167) Verfasst am: 19.12.2009, 00:56    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Bei einigen Kompatibilisten ist es sogar anscheinend so, daß sie unterscheiden zwischen einer von niemand beabsichtigten bekannten Verursachung (z.B. deterministische Naturgesetze) und einer mit Absicht verbundenen bekannten Verursachung (Konditionierung).

Hm, das unterscheiden aber mE nicht nur Kompatibilisten, siehe oben.

Aber für die ist es anscheinend relevant für die Willensfreiheit.

Ja, es ist mE deswegen relevant, weil ich eine Verursachung (z.B. meine Persönlichkeitsmerkmale, die ich sicherlich nicht gänzlich selber festlegen konnte - das ist mE unmöglich) gar nicht per se als Zwang ansehe (was Du aber zu tun scheinst - was ich aber nicht nachvollziehen kann). Ich fände es auch merkwürdig, das zu tun. Ich bin nun mal so, wie ich bin (allerdings meine ich eben, dass ich meinen Teil dazu beigetragen habe - und, heureka, da sind wir wieder bei der mE grundlegenden Frage dieses Threads - ist das nun möglich oder nicht?) und ich sehe gar keinen Grund dafür, meine Persönlichkeit generell in Frage zu stellen. Dazu wäre auch mE ein bestimmter Standpunkt nötig, aber von welchem Standpunkt aus könnte ich das wohl tun? So ein (allem übergeordneter) Standpunkt existiert mE weder, noch kann er existieren. Er ist mE noch nicht einmal denkbar.

Aber, wie gesagt, das ist mE nicht nur für Kompatibilisten relevant, sondern das kommt dem landläufigen Freiheitsbegriff mAn sehr viel näher als die Behauptung, nur Handlungsfreiheit sei wesentlich für den allgemein gebräuchlichen Freiheitsbegriff. Was ich ziemlich absurd finde. Derjenige ist in meiner Sicht freier, der einen Zugriff auf seine Determinanten hat, diese erkennen, berücksichtigen und justieren kann. Jemand, der das nicht kann, ist in meiner Sicht ziemlich unfrei. Auch wenn er immer das tun kann, was er will, er also perfekte Handlungsfreiheit hat (so wie der Untertan in obigem Beispiel).

Die Frage, wie seine Präferenzen, seine Einstellungen, seine Persönlichkeit zustande gekommen ist, ist mE eine sehr wesentliche Frage dabei. Mir ist immer noch mehr als unklar, wie und wieso man das anders sehen kann. Der Behauptung "sind doch alles nur gleichfalls Ursachen, kein Unterschied, alles dasselbe" stehe ich mehr als unverständig gegenüber, ich sehe keine Begründung dafür.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ist für Dich jeder Zwang gleich zu bewerten?

Von der psychologischen Wirkung her natürlich nicht. Wenn man aber diese Unterschiedung als fundamental für die Definition der Willensfreiheit ansieht, macht man diese, ähnlich wie die Handlungsfreiheit, sehr stark an rein interpersonell-rezeptiven Vorlieben fest, die selbst wiederum nur unsere Prägungen widerspiegeln, denn was wir gerade ungern haben, ist von unserer abgestammten Physis und unserer zeitkernigen Kultur abhängig.

Ja, na klar, selbstverständlich, ich verstehe aber nun nicht, wie das irgendwie anders überhaupt auch nur möglich / denkbar sein könnte. Woran also sollte man es dMn festmachen und wieso?
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Skeptiker
"I can't breathe!"



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Beitrag(#1407170) Verfasst am: 19.12.2009, 01:00    Titel: Antworten mit Zitat

Hornochse hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Bewegung der Welt ist also gar nicht ein *hin zu etwas*, sondern ein *weg von etwas*.

Sofern eine solche weg-Bewegung determiniert ist, ist sie aber gleichzeitig nicht nur ein *weg von etwas*, sondern auch ein *hin zu etwas Bestimmten*.

Sofern dies aber nicht so ist, im Falle einer zufälligen Bewegung, bleibt dennoch der Zustand davor die Ursache. Was denn auch sonst? Schließlich gibt es keine Zustände ohne Vor-Zustände.


Der Begriff der Ursache verliert seine Bedeutung, wenn damit nicht eine Ursache für etwas gemeint ist. Und eine Ursache für etwas zu sein, beeinhaltet einen bestimmten Zustand, der erzielt wird.


Da möchte ich widersprechen: Man kann sagen, das zufällige Ereignis A' (- anstelle von B, C, usw. -) ist eines der möglichen Ergebnisse des Ausweichens vor dem instabil gewordenen Zustand A.

Auch wenn das Ergebnis A' ex ante nicht sicher war, so war trotzdem der instabil gewordene Zustand A der Grund dafür, dass sich dieser selbst negierte. In welchen Folgezustand, ist dann zweitrangig.

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Hornochse
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Beitrag(#1407171) Verfasst am: 19.12.2009, 01:03    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Da möchte ich widersprechen: Man kann sagen, das zufällige Ereignis A' (- anstelle von B, C, usw. -) ist eines der möglichen Ergebnisse des Ausweichens vor dem instabil gewordenen Zustand A.

Auch wenn das Ergebnis A' ex ante nicht sicher war, so war trotzdem der instabil gewordene Zustand A der Grund dafür, dass sich dieser selbst negierte. In welchen Folgezustand, ist dann zweitrangig.

Skeptiker


Ich finde, das ist ein gutes Beispiel dafür, dass man mit Dialektik alles und somit letztlich nichts erklären kann.
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Skeptiker
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Beitrag(#1407173) Verfasst am: 19.12.2009, 01:08    Titel: Antworten mit Zitat

Hornochse hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Da möchte ich widersprechen: Man kann sagen, das zufällige Ereignis A' (- anstelle von B, C, usw. -) ist eines der möglichen Ergebnisse des Ausweichens vor dem instabil gewordenen Zustand A.

Auch wenn das Ergebnis A' ex ante nicht sicher war, so war trotzdem der instabil gewordene Zustand A der Grund dafür, dass sich dieser selbst negierte. In welchen Folgezustand, ist dann zweitrangig.

Skeptiker


Ich finde, das ist ein gutes Beispiel dafür, dass man mit Dialektik alles und somit letztlich nichts erklären kann.


Na ja, sagen wir mal so: Es ist der alternative Ansatz schlechthin. Heul doch!

Die Negation ist der Beginn jeder Entwicklung und nicht eine determinierte Kettung von Ereignissen.

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Hornochse
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Beitrag(#1407179) Verfasst am: 19.12.2009, 01:14    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Na ja, sagen wir mal so: Es ist der alternative Ansatz schlechthin.


Mehr als Ex-post-Erklärungen lässt sich damit aber nicht machen. Und angesichts fehlender Kriterien kann man eigentlich nicht einmal hier von einer Erklärung im wissenschaftlichen Sinn sprechen.
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Skeptiker
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Beitrag(#1407186) Verfasst am: 19.12.2009, 01:36    Titel: Antworten mit Zitat

Hornochse hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Na ja, sagen wir mal so: Es ist der alternative Ansatz schlechthin.


Mehr als Ex-post-Erklärungen lässt sich damit aber nicht machen. Und angesichts fehlender Kriterien kann man eigentlich nicht einmal hier von einer Erklärung im wissenschaftlichen Sinn sprechen.


Es ist doch ein Unterschied ob man sagt:

"Gleiche Ursachen können verschiedene Folgen haben."

oder:

"Es gibt Folgen ohne Ursachen."

Und letzteres ist einfach absurd.

Dialektik und Wissenschaft sind Geschwister.

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Beitrag(#1407189) Verfasst am: 19.12.2009, 01:47    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Es ist doch ein Unterschied ob man sagt:

"Gleiche Ursachen können verschiedene Folgen haben."

oder:

"Es gibt Folgen ohne Ursachen."

Und letzteres ist einfach absurd.

Dialektik und Wissenschaft sind Geschwister.

Skeptiker


Du bist mit deiner Methode nicht in der Lage, Hypothesen aufzustellen, welche Folge eine Ursache haben wird. Damit ist jede Wissenschaftlichkeit dahin.
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Skeptiker
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Beitrag(#1407192) Verfasst am: 19.12.2009, 02:02    Titel: Antworten mit Zitat

Hornochse hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Es ist doch ein Unterschied ob man sagt:

"Gleiche Ursachen können verschiedene Folgen haben."

oder:

"Es gibt Folgen ohne Ursachen."

Und letzteres ist einfach absurd.

Dialektik und Wissenschaft sind Geschwister.

Skeptiker


Du bist mit deiner Methode nicht in der Lage, Hypothesen aufzustellen, welche Folge eine Ursache haben wird. Damit ist jede Wissenschaftlichkeit dahin.


Die Welt selbst kann keine Hypothesen über ihre Zukunft aufstellen; wie sollte es da die Dialektik tun ohne sich in die Tasche zu lügen? Denn die Entwicklung der Welt ist objektiv unbestimmt und unvorhersehbar. Die materialistische Dialektik trägt diesem Umstand lediglich Rechnung, nicht mehr und nicht weniger.

Jede Folge hat eine Ursache, sonst wäre es keine Folge.

Skeptiker
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Hornochse
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Beitrag(#1407194) Verfasst am: 19.12.2009, 02:08    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Welt selbst kann keine Hypothesen über ihre Zukunft aufstellen; wie sollte es da die Dialektik tun ohne sich in die Tasche zu lügen?


Die "bürgerliche" Wissenschaft tut dies seit Jahrhunderten mit zunehmendem Erfolg. Vielleicht ist sie ja nicht von dieser Welt.
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step
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Beitrag(#1407243) Verfasst am: 19.12.2009, 11:07    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Erstens ist auch ein rein zufälliges Ereignis kein Ereignis ohne Ursache.
Was verursacht denn den Zufallswert eines solchen Ereignisses?
... Was bewirkt den Zufall? Womöglich einfach gleichwertige/gleichstabile Folgezustände.

Das kann aber nicht den Zufallswert erklären. Nehmen wir an, A1 und A2 sind "gleichwertige" Folgezustände. Wer oder was bestimmt ("verursacht") nun, daß in einer ganz bestimmten Situation A1 und nicht A2 geschieht?

Übrigens ist auch Deine Ausführung über Folgezustände und Verursachung fragwürdig, da man mit Ursache/Wirkung meist nur ganz bestimmte Formen von zeitlichen aufeinaderfolgenden Ereignissen bezeichnet. Aber das ist ein schwieriges Thema und erfordert tiefere physikalische Kenntnisse.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Trotzdem warne ich davor, Konsens - und sei er noch so breit und traditionsbehaftet - als Kriterium für die Richtigkeit einer Ansicht anzusehen.

So allgemein gesagt, kann ich da natürlich zustimmen.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Gerade die von Dir skeptisch gesehenen Geisteswissenschaften zeichnen sich nämlich durch diese Art von "Wahrheitsfindung" aus. Nur ist die herrschende Meinung noch lange nicht die Wahrheit.

Was willst Du jetzt mir damit sagen? Weder hänge ich einem geisteswissenschaftlichen Wahrheitsbegriff an, noch vertrete ich einen echten Realismus in den Naturwissenschaften. Im Gegenteil habe ich ein klar relativistisches, bescheidenes Verständnis von Wahrheitsfindung: Wir finden mit der Naturwissenschaft nur gute (d.h. voraussagefähige) Theorien.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
... Handlungsfreiheit ist somit definitiv nicht die beliebige Wahl einer beliebigen Handlung!!!

Das behauptet ja auch niemand hier.
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step
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Beitrag(#1407288) Verfasst am: 19.12.2009, 13:55    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Bei einigen Kompatibilisten ist es sogar anscheinend so, daß sie unterscheiden zwischen einer von niemand beabsichtigten bekannten Verursachung (z.B. deterministische Naturgesetze) und einer mit Absicht verbundenen bekannten Verursachung (Konditionierung).
Hm, das unterscheiden aber mE nicht nur Kompatibilisten, siehe oben.
Aber für die ist es anscheinend relevant für die Willensfreiheit.
Ja, es ist mE deswegen relevant, weil ich eine Verursachung (z.B. meine Persönlichkeitsmerkmale, die ich sicherlich nicht gänzlich selber festlegen konnte - das ist mE unmöglich) gar nicht per se als Zwang ansehe (was Du aber zu tun scheinst - was ich aber nicht nachvollziehen kann).

Naja, in den Naturwissenschaften ist es auch durchaus üblich, in solchen Zusammenhängen von "Zwang" zu sprechen, synonym zur naturgesetzlichen Determination. Man formuliert dort allgemein kühler und weniger emotional. In den psychologistisch geprägten Geisteswissenschaften dagegen meint "Zwang" meist "etwas Böses, mit dem jemand Dein Handeln gemäß Deiner Präferenz verhindert".

Aber letztlich ist es egal, ob wir es "Zwang" nennen, sondern die Frage ist, warum solche nichtintentionalen Verursachungen (z.B. Konditionierung durch Evolution) irrelevant für die behauptete Willensfreiheit sein sollten, im Gegensatz zu intentionalen Verursachungen (z.B. absichtliche Konditionierung durch die Mitmenschen, Eltern oder Diktatoren). Für mich stehen dahinter keine Freiheitsgrade, sondern es ist ein reiner Psychologismus der Art, daß es weniger bringt, sich über unerbittliche Naturgesetze aufzuregen, als über unerbittliche Eltern und Diktatoren.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Derjenige ist in meiner Sicht freier, der einen Zugriff auf seine Determinanten hat, diese erkennen, berücksichtigen und justieren kann.

Aus meiner Sicht wird dieser Zustand aber durch andere Adjektive besser beschrieben: gebildet, wissend, rational, sozial unabhängig usw.. Und jemand, der optimal wissend, gebildet, rational usw. entscheidet, würde mE letztlich gerade die Eigenschaften verlieren, die seine Mitmenschen an ihm benötigen: Gewohnheiten, Rollenmuster, Verläßlichkeit, Loyalität zur geltenden Moral, intuitive Naivität (z.B. Beeinflußbarkeit über Kindchenschema) undsoweiter:

wikipedia hat folgendes geschrieben:
... beschreibt innere Freiheit einen Zustand, in dem der Mensch [...] sich dabei auch von inneren Zwängen wie z. B. Trieben, Erwartungen, Gewohnheiten, Rollenmustern, Konventionen, Moralvorstellungen u. Ä. befreit und sie stattdessen durch rationale Wahl ersetzt (Souveränität).


AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ist für Dich jeder Zwang gleich zu bewerten?
Von der psychologischen Wirkung her natürlich nicht. Wenn man aber diese Unterschiedung als fundamental für die Definition der Willensfreiheit ansieht, macht man diese, ähnlich wie die Handlungsfreiheit, sehr stark an rein interpersonell-rezeptiven Vorlieben fest, die selbst wiederum nur unsere Prägungen widerspiegeln, denn was wir gerade ungern haben, ist von unserer abgestammten Physis und unserer zeitkernigen Kultur abhängig.
Ja, na klar, selbstverständlich, ich verstehe aber nun nicht, wie das irgendwie anders überhaupt auch nur möglich / denkbar sein könnte. Woran also sollte man es dMn festmachen und wieso?

Meiner Meinung nach sollte man es danach benennen, was es wirklich ist. Wenn man z.B. anstrebt, Gewohnheiten und Rollenmuster durch rationale und von sozial-moralischen Zwängen unabhängige Entscheidungen zu ersetzen, dann sollte man das "individualistisch-rational" nennen oder höchstens "frei von Unwissen und sozialen Zwängen".
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Beitrag(#1407319) Verfasst am: 19.12.2009, 15:05    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Erstens ist auch ein rein zufälliges Ereignis kein Ereignis ohne Ursache.
Was verursacht denn den Zufallswert eines solchen Ereignisses?
... Was bewirkt den Zufall? Womöglich einfach gleichwertige/gleichstabile Folgezustände.

Das kann aber nicht den Zufallswert erklären. Nehmen wir an, A1 und A2 sind "gleichwertige" Folgezustände. Wer oder was bestimmt ("verursacht") nun, daß in einer ganz bestimmten Situation A1 und nicht A2 geschieht?


Das lässt sich gar nicht bestimmen und es gibt auch nichts und niemanden, der das bestimmt. Im Gegenteil: Gerade weil niemand das Ergebnis bestimmt, sind beide Ereignisse gleichwertig.

Wichtig ist lediglich, dass der alte Zustand A zugunsten des neuen Zustandes A1 negiert wird. Und weiterhin ist wichtig, dass nicht A1 und A2 gleichzeitig stattfinden können.

Man könnte sich ja in der Fantasie vorstellen, dass die Welt vor der Wahl steht und sich nicht entscheiden kann und deshalb stehenbleibt, weil die Wahlalternativen so gleichwertig sind.

Aber die bekannte Realität widerspricht einer solchen Vorstellung. Zu einem bestimmten Zeitpunkt findet die Wahl einfach statt und die Entwicklung schreitet voran. ex ante ist Entwicklung offen.

Das mag beunruhigen. Aber die Welt besteht eben nicht nur aus Notwendigkeit und Determinismus, sondern auch aus Zufall. Und die Kombination dieser beiden Prinhzipien bewirkt die Entwicklung von Teilen des Univiersums.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Gerade die von Dir skeptisch gesehenen Geisteswissenschaften zeichnen sich nämlich durch diese Art von "Wahrheitsfindung" aus. Nur ist die herrschende Meinung noch lange nicht die Wahrheit.

Was willst Du jetzt mir damit sagen? Weder hänge ich einem geisteswissenschaftlichen Wahrheitsbegriff an, noch vertrete ich einen echten Realismus in den Naturwissenschaften. Im Gegenteil habe ich ein klar relativistisches, bescheidenes Verständnis von Wahrheitsfindung: Wir finden mit der Naturwissenschaft nur gute (d.h. voraussagefähige) Theorien.


Sofern es etwas vorauszusagen gibt. Das ist ja nicht immer der Fall.

In den Bereichen, wo das der Fall ist, hat die Theorie voraussagenden Charakter. Das heisst aber nicht, dass nur voraussagefähige Theorien gut sind. Theorien, die nichts voraussagen können, weil es objektiv nichts vorauszusagen gibt, sind - da sie die Realität genau so gut abbilden können - genau so gut oder genau so schlecht wie voraussagefähige Theorien. Und Prüfen kann man ja beides.

Ich sehe derzeit in Teilen der physikalischen Zunft eine einseitige Sichtweise in dem Sinne, dass gute Theorien nur voraussagefähige Theorien sein können. Das meine ich mit trügerischem Konsens.

Und es zeigt, dass doch die Philosophie hinter der Wissenschaft eine Rolle spielt.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
... Handlungsfreiheit ist somit definitiv nicht die beliebige Wahl einer beliebigen Handlung!!!

Das behauptet ja auch niemand hier.


Das klang mal so, meine ich ...- Pfeifen

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