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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#141177) Verfasst am: 23.06.2004, 08:40 Titel: |
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Hi Spock,
Spock hat folgendes geschrieben: |
Ja, mit dieser Einteilung bin ich einverstanden. Was mich nur wundert ist, dass Mayr eben nicht auf die aktuellen Funde eingeht, die eben den Übergang noch wesentlich genauer schließen. |
ich kann nur vermuten: Mayr interessiert sich mehr für Mechanismen als für Stammbäume. Außerdem ist er schon lange nicht mehr 'aktiv' im Sinne von 'an der vordersten Front der Forschung stehend', was man einem 100-jährigen auch nicht übel nehmen sollte.
In seinem letzten Buch schrieb er zu den Funden, die Du anführst, nur, dass die noch nicht hinreichend durchuntersucht seien und bezieht sich auf eine Arbeit von 1997.
Grüßle
Thomas
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#141182) Verfasst am: 23.06.2004, 10:00 Titel: |
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Hi Thomas, Hi Spock,
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Spock hat folgendes geschrieben: | Nur ein Stück weit deshalb, weil der Archaeopterix ja kein Vorgänger der Vögel ist, sondern ein Nebenzweig aus der Gruppe der Urvögel. |
es kommt darauf an, was man behauptet. Wenn man sagte, Archaeopteryx sei der _Vorfahr_ der Vögel, hast Du Recht. Wenn man sagt, Archaeopteryx sei eine _Übergangsform_ zwischen meinethalben Reptilien und Vögeln, ist das korrekt. |
So sehe ich das auch. Geht man davon aus, daß es keinen Stammbaum gibt, sondern eher einen extrem stark verästelten Stammbusch (wie dies Gould in seinem letzten Buch am Beispiel der Pferdeevolution in beeindruckender Weise demonstriert hat), muß man sich jedoch fragen, ob es noch viel Sinn macht, zwischen "Nebenzweigen" und "direkten Vorfahrenlinien" zu unterscheiden. Wie wahrscheinlich wäre es überhaupt, eine Stammart in "direkter Linie" (und welche wäre das dann) zu finden? Ich halte daher den oft gehörten Einwand, die Vertreter von "Seitenästen" wären nur "Gedankenbrücken", aber keine Evolutionsbeleg, für relativ abseitig.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Aus Mayrs Sicht ist entscheidend, dass das Wesen ein Merkmals_mosaik_ aufweist. Die exakte systematische Stellung ist weniger relevant. Was zählt ist, dass es _kontinuierliche_ Übergänge gibt. |
Genau. Nur Evolutionsgegner schätzen in der Regel den Status von Mosaikformen falsch ein. Dabei gibt es zwei Gründe, weshalb es eigentlich immer nur Mosaikformen geben kann. Mayr hat das damit erklärt, daß in einer neuen adaptiven Zone bestimmte Merkmale unter einem höheren Selektionsdruck stehen als andere, so daß erste schneller evolvieren, während die anderen in ihrer Entwicklung zurückbleiben.
Der zweite Grund liegt im epigenetischen System, das eine kontinuierliche Veränderung aller Teile eines Typus gar nicht zuläßt. Besonders hochbebürdete, phylogenetisch alte Merkmale sind in einen komplexen Funktionszusammenhang integriert, so daß eine nennenswerte Veränderung dieser Merkmale Folgelasten mit sich brächte, die meist tödlich wären. So erklärt sich die Konstanz vieler funktional bedeutsamer Merkmale, wie des ZNS, des Wirbelkanal, des Vertebratenherz etc. Daher fordert meines Wissens heute niemand mehr ernsthaft Formenkontinua - abgesehen davon, daß man ohne Mosaikformen gar keine Systematik betreiben könnte...
Grüße
Martin
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
www.ag-evolutionsbiologie.de
www.facebook.com/AGEvolutionsbiologie
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Spock lebt noch
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 4185
Wohnort: Herbipolis
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(#141198) Verfasst am: 23.06.2004, 11:04 Titel: |
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@ Thomas: Ja, Mayrs Alter und seine Zeit weg von der vordersten Front der Wissenschaft waren auch meine Überlegungen, die ich diesbezüglich gemacht habe.
@ Martin: Richtig, der Evolutionsbusch ist auch das Bild, was heute - zumindest an der Uni - als das passendere verkauft wird.
_________________ "Wieviel dieses Märchen von Christus uns un den Unseren genützt hat, ist allbekannt!" (Papst Leo x.)
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Klaus-Peter auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 10.01.2004 Beiträge: 1534
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(#141199) Verfasst am: 23.06.2004, 11:11 Titel: |
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Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Geht man davon aus, daß es keinen Stammbaum gibt, sondern eher einen extrem stark verästelten Stammbusch (wie dies Gould in seinem letzten Buch am Beispiel der Pferdeevolution in beeindruckender Weise demonstriert hat), muß man sich jedoch fragen, ob es noch viel Sinn macht, zwischen "Nebenzweigen" und "direkten Vorfahrenlinien" zu unterscheiden. Wie wahrscheinlich wäre es überhaupt, eine Stammart in "direkter Linie" (und welche wäre das dann) zu finden? Ich halte daher den oft gehörten Einwand, die Vertreter von "Seitenästen" wären nur "Gedankenbrücken", aber keine Evolutionsbeleg, für relativ abseitig. |
Hallo Martin,
das Reden von direkter Vorfahrenslinien ist natürlich schon sinnvoll. Nehmen wir Dich (oder mich). Es gibt mindestens ein Individuum, das vor 65 Millionen Jahren lebte und das Dein direkter Vorfahre ist. Dieses Individuum hatte zu seiner Zeit lebende Artgenossen. Die Menge aller zu seiner Zeit lebenden Artgenossen ist sein "Art". Das Individuum hatte mindestens einen Nachkommen, der der auch Dein Vorfahr war. Dessen Artgenossen bilden die zu dessen Zeit lebende Art. Irgendwann kommt man bei den heutuigen Menschen an, und damit bei der heute lebenden Art.
Ein gefundenenes versteinertes Lebewesen ist also aus einer direkten Abstammungslinie, wenn es einen zu seiner Zeit lebenden Artgenossen gab, der direkter Vorfahre von Dir oder mir war. Das ist eindeutig definiert. Wie man aber bei einem gefundenen Lebewesen das nachweisen soll, ist mir ein Rätsel. Ich halte das für im allgemeinen nicht möglich. Man kann heuristische Verfahren anwenden (Bestimmung äusserer Merkmale), aber damit kann man letztlich nur nahe VVerwandte, keine "Artgenossen", bestimmen.
Dass man das prinzipiell nicht kann, ist aber natürlich kein Argument gegen die Evolution. Im Gegenteil: Genau solche Übergangsformen wie den Archeopterix und genau solche Schwierigkeiten bei der Zuordnung erwarte ich. Und die findet man. Mehr kann man erst erreichen, wenn man aus Versteinerungen DNA Analysen machen kann - und das geht wahrscheinlich nie.
Gruss
KP
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Spock lebt noch
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 4185
Wohnort: Herbipolis
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(#141200) Verfasst am: 23.06.2004, 11:14 Titel: |
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Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Mehr kann man erst erreichen, wenn man aus Versteinerungen DNA Analysen machen kann - und das geht wahrscheinlich nie. | Das ist leider wahr, denn auch die DNA zerfällt mit der Zeit, wie der Rest des Körpers ja auch.
_________________ "Wieviel dieses Märchen von Christus uns un den Unseren genützt hat, ist allbekannt!" (Papst Leo x.)
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pyrrhon registrierter User
Anmeldungsdatum: 22.05.2004 Beiträge: 8770
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(#141467) Verfasst am: 23.06.2004, 18:39 Titel: |
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Hi Thomas!
Vielen Dank für die Infos! Hat mir sehr geholfen!
Gasshô
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