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Forscher widerlegen Willensfreiheit
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AgentProvocateur
registrierter User



Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1409398) Verfasst am: 24.12.2009, 22:56    Titel: Welt de Antworten mit Zitat

Ich habe das mal etwas umsortiert, und zwar nach Wichtigkeit für mich. Das Relevanteste für das Thema zum Schluss.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn man von "Alternativen" redet, dann geht es doch dabei um alternative "mögliche" und "unmögliche" Weltabläufe. Oder vielleicht mal anders gesagt: in einer (hypothetischen) Welt, in der die gleichen Naturgesetze gelten wie in unserer, wäre der eine Ablauf problemlos möglich gewesen, der andere nicht (es hätte sein können, dass ich gestern in der Stadt einen Parkplatz gefunden hätte -> "möglich" - aber es hätte nicht sein können, dass ein Stein, den ich einfach loslasse, gen Himmel fliegt und im Weltraum verschwindet -> "unmöglich".)

Ich würde sagen, das ist genaugenommen falsch. In einer hypothetischen Welt mit exakt denselben Natugesetzen wären jeder der beiden Fälle entweder ebenso gegeben oder ebenso unphysikalsich. Wir sagen umgangssprachlich nur deshalb in dem einen Fall "unmöglich", weil er weniger komnplex ist und wir eine gute Theorie (Wissen) über ihn haben. Man sieht das ganz gut bei Grenzfällen, z.B. Wundergläubige.

Das mit der Naturgesetzlichkeit war natürlich nur ein Beispiel für das "was wäre, wenn" bzw. das "was wäre gewesen, wenn". Aber das ist eine andere Diskussion, die wir auch gerne in einem anderen Thread führen können, jedoch nicht unbedingt hier.

Zur Einstimmung dessen mal ein paar Links:

Möglichkeit
Kontrafaktisches Konditional
Conditionals

Dennoch mal hier eine kleine Anmerkung dazu: selbstverständlich wäre eine Welt, die identisch zu unserer Welt wäre, identisch zu unserer Welt. Aber darum geht es nun mal schlicht nicht, und daher ist es nicht "genau genommen falsch" von anderen Welten (z.B. mit denselben Naturgesetzen) zu sprechen, in denen A naturgesetzlich möglich gewesen wäre, obgleich A in unserer Welt nicht geschehen ist.

Meine These vorab für den eventuellen anderen Thread: Die (eventuelle) Behauptung, es sei sinnlos (oder "genau genommen falsch") in einer determinierten Welt von Möglichkeiten zu sprechen (auch dann, um das mal einzugrenzen, wenn man über vergangene Geschehnisse spricht, deren Ablauf man sicher kennt und den man nicht nachträglich verändern kann) oder den Konditional zu verwenden, ist mAn falsch. ME eine sinnlose und auch dumme Selbsteinschränkung, ein Denkverbot, die und das auch durch nichts begründet werden kann. Schon gar nicht durch Determinismus.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Nun sind aber wie gesagt die meisten sozial wichtigen Entscheidungen und Verhaltensweisen des Alltags eben nicht auf dem eigenen Mist gewachsen, sonst würden sich nicht alle so extrem ähnlich wie ihre Mitmenschen, Eltern, Lehrer, Nachbar-Arten verhalten.
Nö, das ist aber mAn jetzt ein schlichtes non sequitur. Jemand kann z.B. absichtlich und willentlich die momentanen Normen einhalten, er kann es aber auch deswegen tun, weil er noch nicht mal auf die Idee kommt, es könnte auch anders gehen.

Tja, das überzeugt mich nicht, weil es mein Argument nicht entkräftet. Das allermeiste moralische Verhalten ist eindeutig überindividuell synchron. Es ist also nicht wirklich auf Deinem Mist gewachsen (sondern eben tradiert/erzogen), und selbst im Fall individuell-tiefsinnig-skeptischer Überprüfung eines moralischen Gebotes kann man das Ergebnis der Entscheidung meist recht gut voraussagen, da es recht determiniert ist. Von mir aus kannst Du es auch so ausdrücken: Die vorgestellten Alternativen sind offensichtlich so unangenehm, daß Andere sich darauf verlassen können, daß Du meist wie erwünscht handelst. Ich behaupte, daß nur äußerst selten jemand absichtlich, nach reiflicher Überlegung, wesentlich gegen sein Gewissen (den moralischen Agenten der Anderen) handelt.

Ich sehe Dein Argument immer noch nicht. Was willst Du damit sagen? Möchtest Du lediglich sagen, es gäbe äußere Einflüsse, die eine Entscheidung beeinflussen? Falls ja: dabei haben wir doch gar keinen Dissens, das widerspräche in keinster Weise meinem Konzept von Willensfreiheit.

Oder möchtest Du etwa tatsächlich behaupten, dass der Fakt, dass sich viele (oder die meisten) Leute an die vorherrschenden Normen halten, bedeuten müsse, dass sie keine eigene Entscheidung diesbezüglich getroffen hätten?

Was logischerweise umgekehrt bedeuten würde, dass, falls sich viele nicht an die Normen hielten, man irgendwie daraus schließen könnte, dass sie irgendwie willensfreier seien? Ist das so? Kommt mir erst mal extremst merkwürdig vor, aber ich kenne ja Dein Konzept von Willensfreiheit auch noch nicht.

Bin daher immer noch der Meinung, dass das ein schlichtes Non Sequitur ist und nichts über die Fähigkeiten der Leute zu eigenen Entscheidungen aussagt. Dein Argument gibt diesbezüglich nichts her. Gar nichts.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Wie sollte man da entscheiden können, welches Konzept besser (plausibler / zustimmungsfähiger / gemeinhin akzeptabel / wünschenswerter) ... sei?

Es ist, wie gesagt, ähnlich wie beim Begriff "Gott". A findet ihn sinnlos, B kann darunter verstehen, was er will (kann ihm ja keiner verbieten). B sagt: Du mußt auch ein Konzept für "Gott" vorlegen, wie soll man sonst entscheiden, wer von uns recht hat?

Deshalb muß ich eben auf die konkrete Ebene runter und versuchen rauszukitzeln, wo dieser oder jener Anhänger einer jeweils völlig unterschiedlich definierten Willensfreiheit aus seiner Definition widerlegbare Schlüsse zieht. Und das habe ich hier schon mehrfach praktiziert. Auch wenn Dich das nicht überzeugt hat, wie mir wohl bewußt ist.

Nö. Hat nichts mit Gott zu tun, der Vergleich passt gar nicht. Du kannst Dich meinetwegen als Atheist bequem zurücklehnen und darauf warten, das Dir jemand irgend ein Konzept von "Gott" präsentiert, das Du dann genüsslich zerpflückst.

Aber hier liegt der Fall anders. Du hast einige Behauptungen aufgestellt, (z.B. mein Konzept der Willensfreiheit wäre nicht "echt"), die Du belegen musst. Das mag unbequem und unangenehm sein, sicher, viel einfacher ist es natürlich, einfach zu behaupten, man hätte die Wahrheit gepachtet und zu fordern, andere müssten die eigene Einstellung widerlegen. Und wenn man dann noch nicht einmal darlegt, welchem Konzept man eigentlich genau anhängt, dann ist es noch viel bequemer. Für eine fruchtbare und faire Diskussion wäre es aber mE schon irgendwann mal hilfreich, wenn Du Dein Konzept von "echter" Willensfreiheit darlegst. Einfach nur unbelegte Behauptungen ("isso, weil ich das glaube" - wäre das ein gutes Argument, könnte man damit irgendwann alles und dessen Gegenteil beweisen) reichen auf die Dauer dazu nicht.

Dein einziges Argument bisher war, dass angeblich die meisten anderen Leute Dein (bisher nicht dargestelltes Konzept!!1!eins) unterstützen würden. Das ist aber a) nicht richtig und b) selbst wenn dem so wäre, enthöbe es Dich keinesweges von der Verpflichtung, Dein Konzept darzustellen. Denn nur dann, wenn es bekannt ist, können wir unsere beiden Konzepte vergleichen.

Wenn Du Dich nur bequem zurücklehnen willst und einfach immer nur wartest, was ich für Argumente für meine Sicht präsentiere, aber nicht Deine Sicht einer angeblich "echten" Willensfreiheit einer kritischen Betrachtung unterziehen willst, dann wird diese Diskussion für mich uninteressant. Ist mir letztlich egal, was Du unhinterfragt glaubst, solange Du nicht eine Behauptung der Art aufstellst, es gäbe im Determinismus keine Willensfreiheit. Aber eben das tust Du nun mal. Aber diese Aussage ergibt keinerlei Sinn, wenn "Willensfreiheit" darin undefiniert ist.

Aber da Du mir nicht glaubst und so völlig davon überzeugt bist, dass nur ich in der Beweispflicht wäre und Du gar nichts machen müsstest, noch nicht einmal zu erklären, wie man "echte" von "unechter" Willensfreiheit unterscheiden kann, keine Kriterien dafür nennen willst, möchte ich mal jemand anderes für mich sprechen lassen:

Is incompatilism intuitive? hat folgendes geschrieben:
It is especially important for incompatibilists that their view is supported by ordinary intuitions for the following three reasons. First, incompatibilism about any two concepts is not the default view. [...] Either determinism obviously precludes free will or those who maintain that it does should offer an explanation as to why it does. The philosophical conception of determinism—i.e., that the laws of nature and state of the universe at one time entail the state of the universe at later times—has no obvious conceptual or logical bearing on human freedom and responsibility. So, by claiming that determinism necessarily precludes the existence of free will, incompatibilists thereby assume the argumentative burden.
Second, the arguments that incompatibilists accordingly provide to explain why determinism necessarily precludes free will require conceptions of free will that are more metaphysically demanding than compatibilist alternatives.

Usw. Usf. Lies einfach.

Du schuldest mir nun a) ein Konzept des "echten" freien Willens und b) schuldest Du mir ein Argument (bzw. eine plausible Darstellung) dafür, warum dieses Dein Konzept "echt" sei und meines nicht.

Das ewige "issnunmalsoweilallesehnesdochauchsounddabrauchichjetztkeinweiteresargumentfür" ist auf die Dauer mehr als unbefriedigend.

Klar kann man aber auch immer nur gegen Strohmänner kämpfen, gegen diffuse, immer im nebulösen bleibenden Konzepte, weil man sich beharrlich weigert, die mal (an)-greifbar darzustellen, die kaum jemand vertritt, weil die letztlich nicht greifbar sind. Das beeindruckt aber weder mich noch andere, die dem bekämpften Konzept nicht anhängen.

Die Kernfrage dieses Threads ist immer noch die: ist es möglich, dass Menschen ihren Willen / ihre Entscheidungen hinreichend derart selber bestimmen können, dass man ihnen ihre Handlungen berechtigterweise zuordnen kann, ihnen also eine Verantwortung für gewisse ("ihre", die "selbstbestimmten") Handlungen zuweisen kann? Oder nicht? Oder spricht eine determinierte Welt gegen diese Fähigkeit? Und falls ja: warum? Gibt es gute Argumente gegen die (momentan verbreitete Sichtweise), dass Menschen in obigem Sinne autonom sind? (Was nicht!!! automatisch bedeutet, dass sie als letztverantwortlich == unabhängig von allem anzusehen seien - bzw., falls es das doch bedeuten sollte, müsste das mal begründet werden.)
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Skeptiker
"I can't breathe!"



Anmeldungsdatum: 14.01.2005
Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville

Beitrag(#1409715) Verfasst am: 26.12.2009, 14:14    Titel: Re: Freiheit ist Zielerreichungsfreiheit. Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Mein Vorschlag also: Lassen wir das Reden über Handlungsfreiheit und reden wir über Zielerreichungsfreiheit ...-!


Ein Ziel ist für mich eine Präferenz über die Zukunft, oder auch eine als zukünftig vorgestellte Präferenz. Daher ist die "Zielerreichungsfreiheit" sehr eng mit der Handlungsfreiheit verwandt:

Handlungsfriheit: Ich tue, was ich bevorzuge.
Zielerreichungsfreiheit: Ich tue, was dabei hilft, was ich für später bevorzuge.


Ich wollte gerade Deine undifferenzierte Vermischung von Mitteln und Zielen aufdröseln. Eine Handlung ist in der Regel nicht Selbstzweck. Auch dann nicht, wenn sie lustvoll ist und es scheint, dass die Handlung selber das Ziel sei.

Wenn ich esse, dann mit dem Ziel der Ernährung.

Nun kann man sich nicht nur mit der gleichen Handlung ernähren. Verschiedene Wege führen auch hier nach Rom. Das Ziel lässt sich auf verschiedene Weise erreichen.

Da Dein Ausdruck "Präferenz" sich sowohl auf Handlungen als auch auf Ziele bezieht, ist der Begriff so ungeeignet. Auch der Begriff "bevorzugen" ist nur wiederum derselbe Begriff der "Präferenz".

Eine Zielerreichungsfreiheit kann auch dann bestehen, wenn bestimmte, geeignete Handlungen zum Ziel nicht möglich sind. Wenn aber zumindest eine geeignete Handlung möglich plus mindestens die notwendigen Umstände und Mittel vorhanden sind und alles zusammen hinreichend ist für das Ziel, dann habe ich Zielerreichungsfreiheit.

Sitzt jemand in einem Verließ, so kann er sicher dies und das tun, wonach ihm gerade ist. Z.B. mit dem Kopf gegen die Mauern laufen. Wenn ihn das seinem Ziel des Ausbruchs aus dem Verließ kein Jota näher bringt, dann ist seine Handlungsfreiheit wertlos.

Deswegen: Was Menschen (und bewusste Tiere) wirklich anstreben, ist Zielerreichungsfreiheit, welche zusätzlich auch die erforderlichen Mittel und Umstände mit einschließt.

step hat folgendes geschrieben:
Das hatte ich oben bereits erklärt, bei der Frage, ob der stärkere Schachcomputer längerfristige Präferenzen bedienen kann.


Der Schachcomputer ist überhaupt keine Analogie zu bedürftigen und bewussten Lebewesen und ihrer Wechselbeziehung mit ihren Lebens- und Umweltverhältnissen. Denn ein Schachcomputer zeigt nicht das Phänomen der emergenten Weiterentwicklung. Er bleibt in seinem einmal gesetzten Rahmen.

Biologische und andere, sich höherentwickelnde Systeme, die durch ihre Entwicklung völlig neue, auf niederen Ebenen überhaupt nicht vorhersehbare Eigenschaften und Potenziale erzeugen, sind eigentlich sowas wie Such- und Optimierungssysteme, deren Such- und Optimierungsziele sich in ständiger Wechselbeziehung zwischen jenen Systemen und den Verhältnissen dynamisch ändern, bzw. immer wieder neu justieren und anpassen, wobei ständig neue Qualitäten in die Welt kommen.

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Tso Wang
Vergiß es



Anmeldungsdatum: 21.09.2003
Beiträge: 1433

Beitrag(#1412513) Verfasst am: 03.01.2010, 22:34    Titel: Antworten mit Zitat

Lars hat folgendes geschrieben:
Tapuak hat folgendes geschrieben:
Lars hat folgendes geschrieben:
Da physikalische Naturgesetze, solange kein Zufall im Spiel ist, mathematisch eindeutige Beziehungen beschreiben, kann ein gegebener Zustand nur in genau einen anderen Zustand entwickeln, das heißt die mathematische Funktion, die diese Entwicklung beschreibt hat für jeden gegebenen Anfangszustand nur eine Lösung. Dies ist einfach ein allgemeines vielfach empirisch belegtes Merkmal physikalischer Gesetze, das damit auch für deine neuronalen Erregungsmuster gilt.

Das ist in der Tat ein zentraler Punkt der Diskussion. Während dies für dich offenbar selbstverständlich ist, sehe ich zunehmend weniger, wie eigentlich begründet wird, dass bestimmte Beschreibungsweisen aus dem Bereich der Physik dafür geeignet sein sollen, Phänomene auf völlig anderen Ebenen angemessen zu erfassen. Bekanntlich wäre es ein Kategorienfehler, wenn man ein Beschreibungsweise auf einer Ebene anwendet, wo dies unangebracht ist.

Auf der Ebene des Bewusstseins scheint Unklarheit darüber zu herrschen, welche Beschreibungsweise die angemessene ist. Und deswegen ist es begründungsbedürftig, welchen Sinn es haben sollte, die Sprache und die theoretischen Konstrukte (Determinismus usw.) aus dem Bereich der Physik hier zur Anwendung zu bringen.


Ich bin oben (posts #1400168 , #1400363) bereits schon einmal ausführlich auf den Emergenzbegriff eingegangen.
Aber einige Worte über die Entwicklung von Zuständen sind hier vielleicht noch hilfreich:

Wenn man das Bewusstsein als Prozess für emergent gegenüber neuronalen Prozessen, und diese widerum für emergent gegenüber physikalisch-chemischen Prozessen auf der Molekülebene hält, dann folgt daraus, dass es zwischen diesen Ebenen strukturelle Kopplungen, Äquivalenzen gibt.
Dabei haben zwar natürlich immer noch alle Ebenen ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten, aber es kann auf keiner Ebene Prozesse geben, deren äquivalente Prozesse auf der anderen Ebene den für sie dort geltende Gesetzmäßigkeiten widersprechen.

Wenn ich also auf der Molekülebene einen bestimmten physikalisch-chemischen Zustand habe, entspricht diesem aufgrund der Emergenz genau ein Bewusstseinszustand.
...



.

Diesen Punkt kann ich nicht teilen. Ein Molekülzustand entspricht einem Bewußtseinszustand ?
Das wäre aber ein heilloses Durcheinander in meinem Bewußtsein, hihihi.

Das erinnert mich stark an die alte, fehlerhafte Vorstellung von der "ein Gen-ein Protein-Vorstellung".

Ist es nicht eher so (nach aktueller Vorstellung), daß ganze Neuronenverbände (das sind abermilliarden Molekülzustände) im Gleichtakt "feuern" müssen (also eher ein gemeinsamer "Frequenzzustand"), um so etwas wie einen Bewußtseinszustand zu erzeugen ? ( Sorry, falls das schon geklärt wurde, bin aus Zeitgründen nicht so oft im Netz).

Zur angenommenen Reduzibilität des Bewußtseins: M.E. ist das Bewußtsein bereits ein reduzierter Zustand (durch Exformation von Information) der "Außenwelt", eine Art Kompression. Für Deterministen wäre hier vermutlich der Algorithmus o.ä. interessant, der solches bewerkstelligen könnte. Oder ist das Bewußtsein algorithmisch irreduzibel?

()
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Marcellinus
Outsider



Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#1412524) Verfasst am: 03.01.2010, 23:22    Titel: Antworten mit Zitat

Ich denke, die Frage des Determinismus ist hier nicht das Problem, denn ob es einen freien Willen gibt oder nicht, kann nicht davon abhängen, ob es echte Zufälle gibt oder nicht.

Ein Teil der Problem scheinen mir daher zu kommen, daß über die Begriffe nicht Einvernehmen besteht. Ich versuchs mal von meiner Seite:

Ich unterscheide hier wie ihr zwischen Handlungsfreiheit und Willensfreiheit. Handlungsfreiheit ist an sich einfach zu verstehen: als die Freiheit, zu tun, was man will. Damit ist auch klar, daß niemand ganz frei ist in seinen Handlungen, und niemand ganz unfrei. Selbst der rücksichtsloseste Despot findet seine Grenzen an den Gegebenheiten dieser Welt und selbst die Insassen eines Gefängnisses haben noch ein Minimum an Handlungsspielraum, wie man an jedem Ausbruch leicht sehen kann. Handlungsfreiheit ist also nie absolut, sondern immer nur ein Maß für real vorhandene Handlungsspielräume.

Unter Willen wird hier das verstanden, was Menschen wollen, ihre Ziele, Absichten und persönlichen Entscheidungen. Damit steht fest, wie Schopenhauer sagte, daß die Menschen zwar vielleicht tun können, was sie wollen, aber sicher nicht wollen können, was sie wollen. Willensfreiheit in einem absoluten Sinne, daß man sich seinen Willen frei bilden könnte, ist eine philosphische Fiktion, und zwar unabhängig davon, ob diese Welt deterministisch ist oder nicht.

Dabei könnte man es bewenden lassen, und ich verstehe jeden, der sagt, Willensfreiheit gibt es nicht, wenn, ja wenn da nicht die Tatsache wäre, daß es so etwas wie Willensbildung bei Menschen gibt, und unterschiedliche Menschen dabei in unterschiedlichem Maße frei sind. Also müssen wir uns die Menschen etwas genauer ansehen.

Zuerst einmal gibt es Menschen nie allein und sie kommen auch nicht fertig auf diese Welt. Menschen können nur in der Gesellschaft anderer Menschen aufwachsen. Diese Phase des Heranwachsens ist einerseits gekennzeichnet durch ein großes Machtungleichgewicht zugunsten der Erwachsenen, wenn das auch im Prozeß des Heranswachsens immer kleiner wird. Was die Menschenjungen in dieser Phase wollen, wird in hohem Maße von den Erwachsenen bestimmt, wenn es auch immer wieder zu mehr oder weniger erfolgreichen Machtproben kommt. Es ist klar, daß das Maß an Willensfreiheit erheblich von der Art der Erziehung abhängt, in der die jungen Menschen aufwachsen.

Die Pupertät ist dann eine Zeit, in der die jungen Menschen die in der Kindheit vermittelten Vorstellungen einer kritischen Prüfung unterziehen, und auch in dieser Zeit gibt die Entwicklung der Heranwachsenden zu mehr oder weniger Willensfreiheit.

Nun können wir vielleicht auch etwas genauer sagen, was Willensfreiheit ist: das Maß für die innere Freiheit, die einzelne Menschen haben, das zu wollen, was ihren persönlichen Interessen und den realen Umständen entspricht, wobei reale Umstände kein unverrückbar fester objektiver Tatbestand ist, sondern eher die Summe des nachprüfbaren Wissens, das eine Menschengesellschaft in einem konkreten historischen Augenblick besitzt.

Wenn wir Willensfreiheit so verstehen, dann jagen wir nicht mehr einem philosophischen Phantom hinterher, sondern haben beobachtbare soziale Phänomene. Viele von uns haben schon Menschen erlebt, die zum Beispiel in einer Familie von Zeugen Jehovas aufgewachsen sind, und die sehr große Schwierigkeiten haben, eine eigenen Willen zu bilden, der ihren Interessen entspricht, selbst wenn sie die Notwendigkeit dazu einsehen, und den Handlungsspielraum auch hätten.

Ich denke, es läßt sich zeigen, daß eine so verstandenen Willensfreiheit beobachtbar, vielleicht sogar messbar ist, und sicher unabhängig davon, ob diese Welt deterministisch ist oder nicht.
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"Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."

Friedrich Nietzsche
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Lamarck
Radikaler Konstruktivist



Anmeldungsdatum: 28.03.2004
Beiträge: 2142
Wohnort: Frankfurt am Main

Beitrag(#1412616) Verfasst am: 04.01.2010, 02:26    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Marcellinus!


Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Ich denke, die Frage des Determinismus ist hier nicht das Problem, denn ob es einen freien Willen gibt oder nicht, kann nicht davon abhängen, ob es echte Zufälle gibt oder nicht.


Freiheit bedeutet immer eine Form von Unabhängigkeit. Und tatsächlich kann diese Unabhängigkeit letztlich nirgendwo anders herkommen als über die Existenz echter Zufälle. Und diese Unabhängigkeit besteht nur dann, wenn Zustände nicht 1 : 1 in andere Zustände überführt werden können.

Noch einmal: Im Determinismus verhalten sich Ursache und Wirkung vollständig symmetrisch, folglich sind Willensakte verlustfrei [sic!] auf Nicht-Willensakte zurückzuführen (hier könnte bsw. nicht einmal gerechtfertigt von einem physikalischen Reduktionismus gesprochen werden; die Deduktion ist eine vollständige).

Indeterminismus kann - da gewisse Prozesse hier prinzipiell der Beobachtung unzugänglich sind - grundsätzlich nur zufallsbasierend gelingen (am eingänglichsten ist hier wohl die informationstheoretische Betrachtung).

Ein Drittes gibt es nicht.




Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Ein Teil der Problem scheinen mir daher zu kommen, daß über die Begriffe nicht Einvernehmen besteht. Ich versuchs mal von meiner Seite:

Ich unterscheide hier wie ihr zwischen Handlungsfreiheit und Willensfreiheit. Handlungsfreiheit ist an sich einfach zu verstehen: als die Freiheit, zu tun, was man will. Damit ist auch klar, daß niemand ganz frei ist in seinen Handlungen, und niemand ganz unfrei. Selbst der rücksichtsloseste Despot findet seine Grenzen an den Gegebenheiten dieser Welt und selbst die Insassen eines Gefängnisses haben noch ein Minimum an Handlungsspielraum, wie man an jedem Ausbruch leicht sehen kann. Handlungsfreiheit ist also nie absolut, sondern immer nur ein Maß für real vorhandene Handlungsspielräume.


Ich unterscheide zwischen Entscheidungs-, Willens- und Handlungsfreiheit, wobei hier rechts die Untermenge von links besteht: Entscheidungsmöglichkeiten, die ich nicht kenne, kann ich auch nicht wollen. Und ich könnte einen Apfel essen wollen, ich kann es aber nicht tun, wenn ich keinen habe.

Die Differenz zwischen Willens- und Handlungsfreiheit bilden ein notwendiges kreatives Potential. So könnte ich zum Mond fliegen wollen und versuchen, die Probleme, die dem entgegenstehen, auszuräumen. Die Erweiterung meiner Willensfreiheit schaffe ich mit meinen Handlungen, die sich gegebenfalls zufällig eröffnen.




Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Unter Willen wird hier das verstanden, was Menschen wollen, ihre Ziele, Absichten und persönlichen Entscheidungen. Damit steht fest, wie Schopenhauer sagte, daß die Menschen zwar vielleicht tun können, was sie wollen, aber sicher nicht wollen können, was sie wollen.


Wille ist genauer ein Willensakt, also eine Handlung. Schopenhauers "wollen können" wäre meine Entscheidungsfreiheit (Hätte Schopenhauer von einem "nicht wollen können, was sie tun" gesprochen, wäre dies hier sinniger ... zwinkern ).


Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Willensfreiheit in einem absoluten Sinne, daß man sich seinen Willen frei bilden könnte, ist eine philosphische Fiktion, und zwar unabhängig davon, ob diese Welt deterministisch ist oder nicht.


Freiheit gibt es nur in einem absolutem Sinne. Deshalb ist es in philosphischer Sicht auch ein Scheinproblem. Geistig-psychisch liegt hier so etwas wie ein Nullabgleich vor ("Ich kann keinen Apfel essen - was tun?").




Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Dabei könnte man es bewenden lassen, und ich verstehe jeden, der sagt, Willensfreiheit gibt es nicht, wenn, ja wenn da nicht die Tatsache wäre, daß es so etwas wie Willensbildung bei Menschen gibt, und unterschiedliche Menschen dabei in unterschiedlichem Maße frei sind. Also müssen wir uns die Menschen etwas genauer ansehen.

Zuerst einmal gibt es Menschen nie allein und sie kommen auch nicht fertig auf diese Welt. Menschen können nur in der Gesellschaft anderer Menschen aufwachsen. Diese Phase des Heranwachsens ist einerseits gekennzeichnet durch ein großes Machtungleichgewicht zugunsten der Erwachsenen, wenn das auch im Prozeß des Heranswachsens immer kleiner wird. Was die Menschenjungen in dieser Phase wollen, wird in hohem Maße von den Erwachsenen bestimmt, wenn es auch immer wieder zu mehr oder weniger erfolgreichen Machtproben kommt. Es ist klar, daß das Maß an Willensfreiheit erheblich von der Art der Erziehung abhängt, in der die jungen Menschen aufwachsen.

Die Pupertät ist dann eine Zeit, in der die jungen Menschen die in der Kindheit vermittelten Vorstellungen einer kritischen Prüfung unterziehen, und auch in dieser Zeit gibt die Entwicklung der Heranwachsenden zu mehr oder weniger Willensfreiheit.

Nun können wir vielleicht auch etwas genauer sagen, was Willensfreiheit ist: das Maß für die innere Freiheit, die einzelne Menschen haben, das zu wollen, was ihren persönlichen Interessen und den realen Umständen entspricht, wobei reale Umstände kein unverrückbar fester objektiver Tatbestand ist, sondern eher die Summe des nachprüfbaren Wissens, das eine Menschengesellschaft in einem konkreten historischen Augenblick besitzt.

Wenn wir Willensfreiheit so verstehen, dann jagen wir nicht mehr einem philosophischen Phantom hinterher, sondern haben beobachtbare soziale Phänomene. Viele von uns haben schon Menschen erlebt, die zum Beispiel in einer Familie von Zeugen Jehovas aufgewachsen sind, und die sehr große Schwierigkeiten haben, eine eigenen Willen zu bilden, der ihren Interessen entspricht, selbst wenn sie die Notwendigkeit dazu einsehen, und den Handlungsspielraum auch hätten.

Ich denke, es läßt sich zeigen, daß eine so verstandenen Willensfreiheit beobachtbar, vielleicht sogar messbar ist, und sicher unabhängig davon, ob diese Welt deterministisch ist oder nicht.


Willensbildung ist abhängig von Zahl, Unterschiedlichkeit und Komplexität von Wünschen. Auch dies ist abhängig von äußeren Umständen wie Müdigkeit, Schlaf, Alkoholeinfluss, Bewusstlosigkeit etc. und auch nicht vom Willensakt trennbar. Da eine deterministische Welt selbstverständlich kompatibel ist mit einer Illusion von einem freien Willen, kann es hier nur darum gehen, zu prüfen, ob nun diesbezüglich eine Illusion vorliegt oder nicht. Für den Alltag im allgemeinen wird sich hier aber so oder so nichts ändern.





Cheers,

Lamarck
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Darwin Upheaval
Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator



Anmeldungsdatum: 23.01.2004
Beiträge: 5471
Wohnort: Tief im Süden

Beitrag(#1413170) Verfasst am: 05.01.2010, 02:39    Titel: Antworten mit Zitat

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Ich denke, die Frage des Determinismus ist hier nicht das Problem, denn ob es einen freien Willen gibt oder nicht, kann nicht davon abhängen, ob es echte Zufälle gibt oder nicht.


Freiheit bedeutet immer eine Form von Unabhängigkeit. Und tatsächlich kann diese Unabhängigkeit letztlich nirgendwo anders herkommen als über die Existenz echter Zufälle. Und diese Unabhängigkeit besteht nur dann, wenn Zustände nicht 1 : 1 in andere Zustände überführt werden können.


Das sehe ich etwas anders.

Nicht der Zufall bedingt Entscheidungs- und Willensfreiheit, sondern die Möglichkeit, Handlungen und Willensbekundungen ohne äußere Zwänge durchführen bzw. formulieren zu können. Ob die Entscheidung eines Affen, in diesem Augenblick einen Apfel zu essen oder von seinem Pfleger (z. B. durch Symbolkarten) einen solchen zu verlangen, bereits vor 13,6 Mrd. Jahren feststand oder nicht, spielt für dessen Freiheit keine Rolle, da es ja generell keine "kausalen Löcher" in diesem Universum gibt. Auch bei "echten Zufällen" gilt: keine Wille ohne Ursache! So können z. B. quantenstatistische Ereignisse in der subjektiven Erlebniswelt neuronale "Kippphänomene" herbeiführen, die sich in der subjektiven Erlebniswelt niederschlagen. Solange der Tierpfleger seinem Affen keinen Apfel aufnötigt, ist die Entscheidung des Affen immer eine freie Entscheidung.
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Lamarck
Radikaler Konstruktivist



Anmeldungsdatum: 28.03.2004
Beiträge: 2142
Wohnort: Frankfurt am Main

Beitrag(#1413589) Verfasst am: 06.01.2010, 01:42    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Darwin Upheaval!


Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Ich denke, die Frage des Determinismus ist hier nicht das Problem, denn ob es einen freien Willen gibt oder nicht, kann nicht davon abhängen, ob es echte Zufälle gibt oder nicht.


Freiheit bedeutet immer eine Form von Unabhängigkeit. Und tatsächlich kann diese Unabhängigkeit letztlich nirgendwo anders herkommen als über die Existenz echter Zufälle. Und diese Unabhängigkeit besteht nur dann, wenn Zustände nicht 1 : 1 in andere Zustände überführt werden können.


Das sehe ich etwas anders.

Nicht der Zufall bedingt Entscheidungs- und Willensfreiheit, sondern die Möglichkeit, Handlungen und Willensbekundungen ohne äußere Zwänge durchführen bzw. formulieren zu können. Ob die Entscheidung eines Affen, in diesem Augenblick einen Apfel zu essen oder von seinem Pfleger (z. B. durch Symbolkarten) einen solchen zu verlangen, bereits vor 13,6 Mrd. Jahren feststand oder nicht, spielt für dessen Freiheit keine Rolle, da es ja generell keine "kausalen Löcher" in diesem Universum gibt. Auch bei "echten Zufällen" gilt: keine Wille ohne Ursache! So können z. B. quantenstatistische Ereignisse in der subjektiven Erlebniswelt neuronale "Kippphänomene" herbeiführen, die sich in der subjektiven Erlebniswelt niederschlagen. Solange der Tierpfleger seinem Affen keinen Apfel aufnötigt, ist die Entscheidung des Affen immer eine freie Entscheidung.


Nein, "kausalen Löcher" gibt es nicht, es gibt aber "deterministische Löcher", genannt echter Zufall. Welche Anzahl an "Möglichkeit, Handlungen und Willensbekundungen" lassen sich "ohne äußere Zwänge durchführen bzw. formulieren" (Achtung Fangfrage ... Mr. Green )?




Cheers,

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Anmeldungsdatum: 22.12.2006
Beiträge: 2631
Wohnort: München

Beitrag(#1413593) Verfasst am: 06.01.2010, 02:59    Titel: Antworten mit Zitat

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Hi Darwin Upheaval!


Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Ich denke, die Frage des Determinismus ist hier nicht das Problem, denn ob es einen freien Willen gibt oder nicht, kann nicht davon abhängen, ob es echte Zufälle gibt oder nicht.


Freiheit bedeutet immer eine Form von Unabhängigkeit. Und tatsächlich kann diese Unabhängigkeit letztlich nirgendwo anders herkommen als über die Existenz echter Zufälle. Und diese Unabhängigkeit besteht nur dann, wenn Zustände nicht 1 : 1 in andere Zustände überführt werden können.


Das sehe ich etwas anders.

Nicht der Zufall bedingt Entscheidungs- und Willensfreiheit, sondern die Möglichkeit, Handlungen und Willensbekundungen ohne äußere Zwänge durchführen bzw. formulieren zu können. Ob die Entscheidung eines Affen, in diesem Augenblick einen Apfel zu essen oder von seinem Pfleger (z. B. durch Symbolkarten) einen solchen zu verlangen, bereits vor 13,6 Mrd. Jahren feststand oder nicht, spielt für dessen Freiheit keine Rolle, da es ja generell keine "kausalen Löcher" in diesem Universum gibt. Auch bei "echten Zufällen" gilt: keine Wille ohne Ursache! So können z. B. quantenstatistische Ereignisse in der subjektiven Erlebniswelt neuronale "Kippphänomene" herbeiführen, die sich in der subjektiven Erlebniswelt niederschlagen. Solange der Tierpfleger seinem Affen keinen Apfel aufnötigt, ist die Entscheidung des Affen immer eine freie Entscheidung.


Nein, "kausalen Löcher" gibt es nicht, es gibt aber "deterministische Löcher", genannt echter Zufall. Welche Anzahl an "Möglichkeit, Handlungen und Willensbekundungen" lassen sich "ohne äußere Zwänge durchführen bzw. formulieren" (Achtung Fangfrage ... Mr. Green )?




Cheers,

Lamarck


ich auch "NEIN_en tu Auf den Arm nehmen

Es gibt nur keine "temporalen Löcher".
Das Zeit vergehen muß ist trivial, weswegen wirds vernachlässigt - zu unrecht.
Zustand A geht über in A´, hmm deterministisch hlat
Zustand A geht über in B, dann halt zufällig.

Adiabatische Zustandsänderung hat folgendes geschrieben:
Ausgehend von dem Axiom „Es gibt in der Nähe jedes reversibel erreichbaren Zustandes Zustände, welche nicht adiabatisch-reversibel, also nur irreversibel oder überhaupt nicht erreichbar sind“[1] wird die Existenz einer neuen Zustandsgröße Entropie bewiesen. Zustände, zwischen denen nur irreversible Übergänge möglich sind, unterscheiden sich nämlich in ihrer Entropie, so dass kein adiabatisch-reversibler (also isentroper) Übergang zwischen ihnen existieren kann.


physikalisch ja schön und gut, aber und das find ich persönlich sehr lustig, ist, das der Übertrag auf Information oder Wissen oder gar Fiktion oder Illusion scheitert.

Nimmt man einfach das Gehirn als thermodynamischen Apparat ,
dann kann man eigentlich konsequenterweise auch nicht mehr von Illusion sprechen.
Diese "Illusionen" sind ja dann physikalisch real und damit ...
tjo da hauts mir dann das Voggerl raus...

Das Denken über mögliche Zustände schafft diese Möglichkeiten.
Und Ideen und Eingebungen sind dann eben doch sowas wie Zufälle.

Der wirkliche Unterschied liegt nur in der nachträglichen Bewertung ob alles bedacht wurde = deterministisch, oder eben nicht.
Das funzt aber immer nur entgegen der Zeitlinie, die hämmert unbeeindruckt vorwärts.
Determinismus ist daher auch die Illusion des: "früher" mal alles gewußt zu haben, was man dennoch später detektiert(weiß).
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Darwin Upheaval
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Beitrag(#1413598) Verfasst am: 06.01.2010, 03:47    Titel: Antworten mit Zitat

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Ich denke, die Frage des Determinismus ist hier nicht das Problem, denn ob es einen freien Willen gibt oder nicht, kann nicht davon abhängen, ob es echte Zufälle gibt oder nicht.


Freiheit bedeutet immer eine Form von Unabhängigkeit. Und tatsächlich kann diese Unabhängigkeit letztlich nirgendwo anders herkommen als über die Existenz echter Zufälle. Und diese Unabhängigkeit besteht nur dann, wenn Zustände nicht 1 : 1 in andere Zustände überführt werden können.


Das sehe ich etwas anders.

Nicht der Zufall bedingt Entscheidungs- und Willensfreiheit, sondern die Möglichkeit, Handlungen und Willensbekundungen ohne äußere Zwänge durchführen bzw. formulieren zu können. Ob die Entscheidung eines Affen, in diesem Augenblick einen Apfel zu essen oder von seinem Pfleger (z. B. durch Symbolkarten) einen solchen zu verlangen, bereits vor 13,6 Mrd. Jahren feststand oder nicht, spielt für dessen Freiheit keine Rolle, da es ja generell keine "kausalen Löcher" in diesem Universum gibt. Auch bei "echten Zufällen" gilt: keine Wille ohne Ursache! So können z. B. quantenstatistische Ereignisse in der subjektiven Erlebniswelt neuronale "Kippphänomene" herbeiführen, die sich in der subjektiven Erlebniswelt niederschlagen. Solange der Tierpfleger seinem Affen keinen Apfel aufnötigt, ist die Entscheidung des Affen immer eine freie Entscheidung.


Nein, "kausalen Löcher" gibt es nicht, es gibt aber "deterministische Löcher", genannt echter Zufall. Welche Anzahl an "Möglichkeit, Handlungen und Willensbekundungen" lassen sich "ohne äußere Zwänge durchführen bzw. formulieren" (Achtung Fangfrage ... Mr. Green )?


Das kommt auf die Definition von "äußerer Zwang" an. Cum grano salis sind alle externen Faktoren, die das Denken (und "Wollen") mit beeinflussen, äußere Zwänge. Sind diese Einflüsse aber für das Subjekt nicht erkennbar und ko-determinieren sie (neben den systemimmanenten neuronalen Gesetzlichkeiten) lediglich die mentalen Prozesse, die einen bestimmten Willensakt zur Folge haben, würde ich nicht von einer Willensunfreiheit sprechen. Solange ein externer Faktor eine subjektive Entscheidung nicht konterkariert, ist das Subjekt frei in seiner Entscheidung.

Daher noch einmal: Was hat der Zufall mit Willensfreiheit zu tun?
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step
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Beitrag(#1414277) Verfasst am: 07.01.2010, 19:27    Titel: Antworten mit Zitat

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Solange der Tierpfleger seinem Affen keinen Apfel aufnötigt, ist die Entscheidung des Affen immer eine freie Entscheidung.

Selbst AgentProvocateur müßte hier einwenden, daß es sich auch ohne Aufnötigung durch den Pfleger nicht um freien Willen handelt, da der Affe vermutlich verabsäumt hat, seinen Willen durch Bildung und Gewissensprüfung langfristig zu bilden. Also keine Willensfreiheit.

Wille und Entscheidung können zwar dem Affen (in seiner Rolle als "Hort einer Präferenz" und "Hort eines Entscheidungsablaufs") funktional zugeordnet werden, aber eben nur in dem Sinne, daß seine akute präferenzgetriebene Entscheidung nicht akut von außen behindert wird. Wobei es unklar ist, ob etwa hormonelle oder andere vegetative Präferenzeinflüsse als "von außen" gelten oder nicht, da sie ja nicht der Beeinflussung durch höhere Gehirnfunktionen unterliegen.

Bleibt also die Handlungsfreiheit, die in beiden beschriebenen Fällen tatsächlich gewährleistet wäre, wenn er den Apfel erreichen kann, denn der Affe kann durchführen, was zur Erreichung seiner (so oder so gegebenen) Präferenz führt.

Abgesehen von der unterschiedlichen Kenntnis kausaler Zusammenhänge besteht der Unterschied zwishen den beiden Fällen mE im wesentlichen darin, daß Aufnötigung (und aufgenötigte Handlung) sozial relevante Handlungsdeterminationen darstellen. Unser soziales Subjektkonzept sieht das Subjekt als hinreichend autonom von der akuten Manipulation durch die Anderen an. Das Subjekt soll sich regelkonform determiniert verhalten, und dabei würde es stören, wenn es akut durch Einzelne manipuliert würde.
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Marcellinus
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Beitrag(#1414283) Verfasst am: 07.01.2010, 19:44    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:

Unser soziales Subjektkonzept sieht das Subjekt als hinreichend autonom von der akuten Manipulation durch die Anderen an.

Was der Wirklichkeit wohl nicht ganz entspricht, da es mittlerweile zahlreiche psychologische Studien gibt, die zeigen, daß nicht nur Affen sondern auch wir Menschen unsere Meinung über bestimmte Tatbestände nach den Meinungen in unserer Umgebung richten.

So wurde vor kurzem vom Fall einer Frau berichtet, der nach einer Vergewaltigung verschiedene Personen als mögliche Täter präsentiert wurden, und obwohl sie den Täter genau gesehen hatte, ersetzte das Bild einer dieser Personen in ihrer Erinnerung das Bild des Täters. Die Person wurde verurteilt und erst nach vielen Jahren aufgrund von Genanalysen rehabilitiert. Und obwohl sie nur weiß, daß er nicht der Täter war, und beide nun mit einer Aufklärungskampagne durchs Land reisen, gelingt es ihr immer noch nicht, sich an das ursprüngliche Bild zu erinnern. Mit der Autonomie von Subjekten ist das also so eine Sache.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1414291) Verfasst am: 07.01.2010, 20:00    Titel: Antworten mit Zitat

Übrigens gibt es zurzeit zu diesem Thema eine (mE) interessante Reihe beim HPD:

Im Labyrinth der Willensfreiheit

Abschied von der Willensfreiheit?

Willensfreiheit 3: Das Marionettentheater

MSS soll wohl dort demnächst darauf antworten. Bin sehr gespannt.
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Ascanius
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Beitrag(#1414408) Verfasst am: 08.01.2010, 08:45    Titel: Antworten mit Zitat

Hier mal ein Versuch, endlich auf den Punkt zu kommen:

Wir können nicht wollen, was wir wollen. Eine von ihren eigenen Voraussetzungen unabhängige Willensfreiheit ist logisch unmöglich.

Wollen ist eine Äquivalenzklasse bestimmter innerer Prozesse bestimmter lebender Organismen. Was wir wollen <b>können</b>, ist der Menge aller möglichen Zustände unseres Körpers (insbes. seines neuronalen Systems) entsprechend determiniert. Nur sehr wenig dessen, was wir wollen können, ist überhaupt oder jederzeit und/oder an allen Orten realisierbar.

Was wir <b>tun</b> können, ist der Menge aller möglichen Zustände unseres Körpers entsprechend determiniert. Nicht alles, was wir tun können, ist jederzeit und/oder an allen Orten realisierbar. Was wir zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort tun können, ist entsprechend dem konkreten Zustand unseres Körpers einerseits und jenem der mit uns interagierenden Dinge andererseits determiniert.

Wollen und Handeln sind unabhängig voneinander, d.h. wir können tun oder unterlassen, was wir wollen, und wir können tun oder unterlassen, was wir <b>nicht</b> wollen. <b>Es gibt keine Willensfreiheit aber eine beschränkte Handlungsfreiheit.</b>
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Roter Ballon
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Beitrag(#1414492) Verfasst am: 08.01.2010, 12:01    Titel: Antworten mit Zitat

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Hier mal ein Versuch, endlich auf den Punkt zu kommen:

Wir können nicht wollen, was wir wollen. Eine von ihren eigenen Voraussetzungen unabhängige Willensfreiheit ist logisch unmöglich.

Wollen ist eine Äquivalenzklasse bestimmter innerer Prozesse bestimmter lebender Organismen. Was wir wollen <b>können</b>, ist der Menge aller möglichen Zustände unseres Körpers (insbes. seines neuronalen Systems) entsprechend determiniert. Nur sehr wenig dessen, was wir wollen können, ist überhaupt oder jederzeit und/oder an allen Orten realisierbar.

Was wir <b>tun</b> können, ist der Menge aller möglichen Zustände unseres Körpers entsprechend determiniert. Nicht alles, was wir tun können, ist jederzeit und/oder an allen Orten realisierbar. Was wir zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort tun können, ist entsprechend dem konkreten Zustand unseres Körpers einerseits und jenem der mit uns interagierenden Dinge andererseits determiniert.

Wollen und Handeln sind unabhängig voneinander, d.h. wir können tun oder unterlassen, was wir wollen, und wir können tun oder unterlassen, was wir <b>nicht</b> wollen. <b>Es gibt keine Willensfreiheit aber eine beschränkte Handlungsfreiheit.</b>


Ja gäbe es denn nur dein Hirn, beispielsweise.

Von WIR sprechen ist die allergrößte Selbsttäuschung der Deterministen.

Mal abgesehen davon das allein die Verknüpfungs-Möglichkeiten deines Hirnapparates
wiki hat folgendes geschrieben:
Schätzungen zufolge kann das menschliche Gehirn etwa 100 Terabyte an Daten in chemischer Form in den Synapsen halten.

oder nach hörensagen: jeder einzelne Mensch hat mehr Verknüpfungsmöglichkeiten, als es Moleküle im Universum gibt.

und im Moment laufen über 6 Milliarden baugleiche Lebewesen rum.

oder kurz, unsere Vorstellungen von Möglichkeiten beschränkt sich nicht auf unsere eigene Hirnleistung - daher ist es gut darüber zu reden. zwinkern

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Marcellinus
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Beitrag(#1414525) Verfasst am: 08.01.2010, 13:48    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Übrigens gibt es zurzeit zu diesem Thema eine (mE) interessante Reihe beim HPD:

Im Labyrinth der Willensfreiheit

Abschied von der Willensfreiheit?

Willensfreiheit 3: Das Marionettentheater

MSS soll wohl dort demnächst darauf antworten. Bin sehr gespannt.

Sehr interessant und lesenswert. Vielen Dank für den Hinweis! Smilie
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Beitrag(#1414537) Verfasst am: 08.01.2010, 14:24    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Übrigens gibt es zurzeit zu diesem Thema eine (mE) interessante Reihe beim HPD:

Im Labyrinth der Willensfreiheit

Abschied von der Willensfreiheit?

Willensfreiheit 3: Das Marionettentheater

MSS soll wohl dort demnächst darauf antworten. Bin sehr gespannt.

Sehr interessant und lesenswert. Vielen Dank für den Hinweis! Smilie


Finde ich auch, danke AgentProvovateur! Daumen hoch!

Eine kleine Anmerkung zum Determinismus im Gehirn:

Wenn es so ist, dann sind dort bestimmte Abläufe vorherbestimmt, aber man muss aufpassen, hier nicht in eine Denkfalle zu tappen:

Denn wenn dort auch bestimmte Abläufe "verdrahtet" sind, so doch nur in Abhängigkeit von bestimmten inneren und/oder äußeren Zuständen; es handelt sich also um "Wenn-Dann"-Re-Aktionen und nicht um ein autistisches Vor-Sich-Hin-Determinieren des Gehirns.

Und genau darin liegt eben die Möglichkeit, in Abhängigkeit von neu am Horizont auftauchenden Erkenntnissen, bisherige Antriebe und Handlungen zu modifizieren. Falls die Erkenntnisse völlig neue, bisher ungeahnte Möglichkeiten eröffnen, entsteht also hier plötzlich ein Weg des Entscheidens und Handelns, welcher vorher womöglich nicht bestand.

Und plötzlich entsteht Freiheit der Zielerreichung. Ich sprach ja schon vorher von Zielerreichungsfreiheit. Darum geht es.

Denn ein Streben, ein Handeln ist ja als solches leer und bedeutungslos, wenn es nicht gekoppelt ist an Lebensbedürfnisse und davon abgeleitete Wünsche. Freiheit ist nun die Verwirklichung dieser Bedürfnisse, was eben die dazu notwendigen Mittel, Umstände und Handlungsoptionen voraus setzt.

Und nun der Clou: Jene Erkenntnisse selbst sind manchmal prinzipiell unvorhersehbar. Dadurch sind auch Willens- und Handlungsäußerungen unvorhersehbar - sie waren vielleicht als Potenzial vorhanden, aber nun verwirklichen sie sich.

Und da es nicht einfach um Beliebigkeit geht, sondern um sinnhaftes Wollen und Handeln, kann man von der Entstehung von Freiheit sprechen.

Insgesamt ist es also eine Sackgasse, nur das Gehirn zu betrachten und nur von Freiheit des Willens und des Handelns zu sprechen. Bei näherer Betrachtung wird man finden, dass diese Paradigmen antike und religiöse Paradigmen sind. Sie bringen uns in dieser Frage nicht weiter ...-

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Marcellinus
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Beitrag(#1414583) Verfasst am: 08.01.2010, 16:16    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Und da es nicht einfach um Beliebigkeit geht, sondern um sinnhaftes Wollen und Handeln, kann man von der Entstehung von Freiheit sprechen.

Freiheit als Einsicht in die Notwendigkeit? zwinkern
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Ascanius
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Beitrag(#1414611) Verfasst am: 08.01.2010, 17:49    Titel: Antworten mit Zitat

@ Roter Ballon:

Du zitierst zwar meinen kompletten Beitrag, aber Deine Antwort hat kaum etwas mit ihm zu tun. Gibt es vielleicht Verständnisprobleme? Zunächst und mehr oder weniger ins Blaue hinein nur Folgendes:

Menschliche Gehirne bilden eine Klasse realer Objekte mit bestimmten Eigenschaften, aufgrund derer sie menschliche Gehirne (und nicht etwa Lakritzstangen) sind. Wäre dem nicht so, gäbe es keine Erkenntnis, über die wir uns verständigen könnten.

Es ist ein banales Faktum, daß Dinge aufgrund ihrer Eigenschaften sind, was sie sind, und sich verhalten, wie sie sich verhalten. Seine Anerkenntnis macht aus mir noch lange keinen "Deterministen".

Die Menge der Eigenschaften eines <b>bestimmten</b> menschlichen Gehirns ist Teilmenge aller <b>möglichen</b> Eigenschaften menschlicher Gehirne (die wiederum Teilmenge aller möglichen Eigenschaften von <b>Gehirnen</b> ist). Anderenfalls gäbe es keine Erkenntnis, über die wir uns verständigen könnten.
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Roter Ballon
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Beitrag(#1414804) Verfasst am: 09.01.2010, 00:15    Titel: Antworten mit Zitat

aber ich habe doch gar keine Antworten.

siehs meinetwegen eher als Trigger der bei mir einen Thoughtloop ausgelöst hat.

Immerhin bist du so weg von dem "WIR" gekommen.
Von dem generaliserten schliessen auf ein neutraleres "menschliche Gehirne" hin.

Somit ist die Einschränkung die deinem vorausgehenden Post zugrunde liegt für mich besser aufgelöst.

und so gefällts mir - runde sache, meint der Ballon in mir.
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Beitrag(#1414969) Verfasst am: 09.01.2010, 12:44    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Unser soziales Subjektkonzept sieht das Subjekt als hinreichend autonom von der akuten Manipulation durch die Anderen an.
Was der Wirklichkeit wohl nicht ganz entspricht, da es mittlerweile zahlreiche psychologische Studien gibt, die zeigen, daß nicht nur Affen sondern auch wir Menschen unsere Meinung über bestimmte Tatbestände nach den Meinungen in unserer Umgebung richten. ... Mit der Autonomie von Subjekten ist das also so eine Sache.

Genau, Beispiele dafür habe ich ja weiter oben auch schon gebracht. Eine Restunsicherheit bezüglich individueller, sozial relevanter Entscheidungen ist vermutlich evolutionär nützlich oder unvermeidlich, und diese wiederum läßt sich wohl mit Zufall bzw. "Willkür" ganz gut modellieren.
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step
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Beitrag(#1414992) Verfasst am: 09.01.2010, 14:01    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Übrigens gibt es zurzeit zu diesem Thema eine (mE) interessante Reihe beim HPD:

Im Labyrinth der Willensfreiheit

Abschied von der Willensfreiheit?

Willensfreiheit 3: Das Marionettentheater

MSS soll wohl dort demnächst darauf antworten. Bin sehr gespannt.

Habe es mal kurz überflogen, bitte korrigiere mich, wenn ich was falsch verstanden habe:

Andreas Müller meint, Willensfreiheit existiere nicht, und stimmt auch sonst in den allermeisten Punkten MSS zu, einschließlich der Definition von Willensfreiheit.

Darüberhinaus hält er die Frage nach der Willensfreiheit für relativ irrelvant für ethische Fragen, da er eine naturalistisch-konsequenzialistische Position vertritt, nach der für Konzepte wie Verantwortung, Strafrecht usw. nur die angestrebten Ziele und Entscheidungskonsequenzen relevant sind.

Wenn ich ihn richtig verstanden habe, unterstütze ich fast alles, was er schreibt, bis auf ein paar kleinere Sachen wie z.B.
- Verantwortung hat man nicht a priori, sie wird zugewiesen.
- Mißverständlichkeiten z.B. bei der Benutzung von "ich", "wir", Possesiva u.ä.
- ...

Insbesondere finde ich mich in seiner Trennung von Determinismus und Fatalismus wieder, und ich sehe zudem nicht wirklich, wo MSS viel Grundsätzliches zu widersprechen haben sollte.
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Ascanius
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Beitrag(#1415052) Verfasst am: 09.01.2010, 17:54    Titel: Antworten mit Zitat

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Immerhin bist du so weg von dem "WIR" gekommen.
Von dem generaliserten schliessen auf ein neutraleres "menschliche Gehirne" hin.


Nujaaa, das provokante Wörtchen "wir" kommt immerhin noch zweimal vor. Es soll (und sollte auch im ersten Post) nichts anderes heißen als "wir Menschen" - was kann man daran nur auszusetzen finden?
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Roter Ballon
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Beitrag(#1415055) Verfasst am: 09.01.2010, 18:06    Titel: Antworten mit Zitat

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Immerhin bist du so weg von dem "WIR" gekommen.
Von dem generaliserten schliessen auf ein neutraleres "menschliche Gehirne" hin.


Nujaaa, das provokante Wörtchen "wir" kommt immerhin noch zweimal vor. Es soll (und sollte auch im ersten Post) nichts anderes heißen als "wir Menschen" - was kann man daran nur auszusetzen finden?


ersteinmal, ja du schreibst eigentlich am klarsten und korrektesten ...

nur ersteinmal hab ich deine Ausage in mein Codesystem umzuinterpretieren, damit geht zwangsläufig Information verloren und die hol ich mir halt über ein Feedback wieder zurück.

Also:
In Allgemeinen steht ein "WIR" am allermeisten im pluralis majestatis - oder schlicht der Schluß von einem Selber auf Alle andere.
Da müßt ich dich schon kennen um das auszuschliessen - oder eben nachhaken.
Klare Formulierung hin oder her.

Aber was kümmern dich eigentlich "Kleinlichkeiten" Lachen
(ich hab halt ein talent für wunde punkte, eitelkeiten)
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Ascanius
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Beitrag(#1415076) Verfasst am: 09.01.2010, 19:13    Titel: Antworten mit Zitat

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
ersteinmal, ja du schreibst eigentlich am klarsten und korrektesten ...


Das freut mich sehr, denn darum bemühe ich mich mit geradezu lächerlichem Aufwand.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
nur ersteinmal hab ich deine Ausage in mein Codesystem umzuinterpretieren, damit geht zwangsläufig Information verloren und die hol ich mir halt über ein Feedback wieder zurück.


Das habe ich mittlerweile auch verstanden, nur ist es mir persönlich lieber, es würde im Zweifel zunächst nachgefragt und nicht gleich der Eindruck eines Angriffes erweckt.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Aber was kümmern dich eigentlich "Kleinlichkeiten" Lachen


Wie ein vereister Dichtungsring ein Spaceshuttle zum Absturz bringen kann, so entscheiden oft schon "Kleinigkeiten" darüber, ob ein philosophisches System formal und inhaltlich konsistent ist oder nicht. Deswegen betreibe ich lieber zu viel Korinthenscheißerei als zu wenig - wohl wissend, daß es oft als anstrengend empfunden wird.
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Tso Wang
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Beitrag(#1415101) Verfasst am: 09.01.2010, 20:09    Titel: Die Freiheit des Nichtwollens: Das Vetorecht Antworten mit Zitat

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Hier mal ein Versuch, endlich auf den Punkt zu kommen:

Wir können nicht wollen, was wir wollen. Eine von ihren eigenen Voraussetzungen unabhängige Willensfreiheit ist logisch unmöglich.

Wollen ist eine Äquivalenzklasse bestimmter innerer Prozesse bestimmter lebender Organismen. Was wir wollen <b>können</b>, ist der Menge aller möglichen Zustände unseres Körpers (insbes. seines neuronalen Systems) entsprechend determiniert. Nur sehr wenig dessen, was wir wollen können, ist überhaupt oder jederzeit und/oder an allen Orten realisierbar.

Was wir <b>tun</b> können, ist der Menge aller möglichen Zustände unseres Körpers entsprechend determiniert. Nicht alles, was wir tun können, ist jederzeit und/oder an allen Orten realisierbar. Was wir zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort tun können, ist entsprechend dem konkreten Zustand unseres Körpers einerseits und jenem der mit uns interagierenden Dinge andererseits determiniert.

Wollen und Handeln sind unabhängig voneinander, d.h. wir können tun oder unterlassen, was wir wollen, und wir können tun oder unterlassen, was wir <b>nicht</b> wollen. <b>Es gibt keine Willensfreiheit aber eine beschränkte Handlungsfreiheit.</b>



.

Naja, diesen Punkt interessiert kaum jemanden.

Die Freiheit des Nichtwollens (Link) habe ich schon diverse male angesprochen. Dieses Thema ist wohl nicht besonders "aufregend".

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Ascanius
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Beitrag(#1415126) Verfasst am: 09.01.2010, 20:53    Titel: Re: Die Freiheit des Nichtwollens: Das Vetorecht Antworten mit Zitat

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Naja, diesen Punkt interessiert kaum jemanden.


Wenn Dich die Klärung des Begriffes "Willensfreiheit" und die philosophische Einordnung seines Bezugsobjektes nicht interessiert, kann Dich auch Analytische Philosophie im Allgemeinen nicht interessieren. Das ist schade, aber ich werde es wohl nicht ändern können.
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step
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Beitrag(#1415272) Verfasst am: 09.01.2010, 23:57    Titel: Re: Die Freiheit des Nichtwollens: Das Vetorecht Antworten mit Zitat

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Es gibt keine Willensfreiheit aber eine beschränkte Handlungsfreiheit.
Naja, diesen Punkt interessiert kaum jemanden.

Die Freiheit des Nichtwollens (Link) habe ich schon diverse male angesprochen. Dieses Thema ist wohl nicht besonders "aufregend".

Die Willensfreiheit zu verorten in der Möglichkeit, Nein zu sagen, ist keine prinzipielle Verbesserung gegenüber der "positiven" WF. In beiden Fällen handelt man gemäß determinierten Präferenzen - außer man handelt willkürlich / zufällig. Man hat also auch hier nur Handlungsfreiheit, akut und zuweilen auch in Form nachhaltiger Präferenzbildung.

Du schreibst übrigens dort:

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Im Gegensatz zu Deiner deterministischen These, bin ich der Auffassung, daß Sozialisation und Physiologie keine starren Systeme sind, die nicht auch umgekehrt von Willensregungen beeinflussbar wären.

Die Beeinflussung von Sozialisation und Physiologie durch Willensregungen (Präferenzen, Abwägungsalgorhithmen usw.) wird jedoch i.a. von Deterministen überhaupt nicht bezweifelt.
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Beitrag(#1415424) Verfasst am: 10.01.2010, 14:53    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Übrigens gibt es zurzeit zu diesem Thema eine (mE) interessante Reihe beim HPD:

Im Labyrinth der Willensfreiheit

Abschied von der Willensfreiheit?

Willensfreiheit 3: Das Marionettentheater

MSS soll wohl dort demnächst darauf antworten. Bin sehr gespannt.

Habe es mal kurz überflogen, bitte korrigiere mich, wenn ich was falsch verstanden habe:

Andreas Müller meint, Willensfreiheit existiere nicht, und stimmt auch sonst in den allermeisten Punkten MSS zu, einschließlich der Definition von Willensfreiheit.

Darüberhinaus hält er die Frage nach der Willensfreiheit für relativ irrelvant für ethische Fragen, da er eine naturalistisch-konsequenzialistische Position vertritt, nach der für Konzepte wie Verantwortung, Strafrecht usw. nur die angestrebten Ziele und Entscheidungskonsequenzen relevant sind.

Wenn ich ihn richtig verstanden habe, unterstütze ich fast alles, was er schreibt, bis auf ein paar kleinere Sachen wie z.B.
- Verantwortung hat man nicht a priori, sie wird zugewiesen.
- Mißverständlichkeiten z.B. bei der Benutzung von "ich", "wir", Possesiva u.ä.
- ...

Insbesondere finde ich mich in seiner Trennung von Determinismus und Fatalismus wieder, und ich sehe zudem nicht wirklich, wo MSS viel Grundsätzliches zu widersprechen haben sollte.


Der Andreas Müller bringt ein paar ganz andere Akzente rein. Sein Konsequenzialismus nähert sich anscheinend meinem Paradigma der Zielerreichungsfreiheit an.

Ich meine ja, dass ein Wille zu einer Handlung etwas anderes ist als ein Wille zu einem Ziel. Im ersten Fall ist die Handlung Selbstzweck, im zweiten Fall ist sie das Mittel zu einem Ziel.

HUnd um ein bestimmtes Ziel zu erreichen - und nicht bloß anzustreben! - können verschiedene Handlungen je nach Möglichkeitserkenntnis, Umständen, Zeitpunkt, Verfügbarkeit von Mitteln geeignet sein. Insofern ist die Freiheit, welche mit der Konsequenz (!) diverser Handlungen verbunden ist, immer relativ, situativ sozusagen.

Freiheit auf Handlungen zu beziehen hat also nur Sinn, wenn man Handlungen als Vermittlungen zwischen Willen und Zielen sieht. Und die Freiheit des Willens bezieht ihre Freiheit aus dem erfolgreich erreichten Ziel und sonst aus gar nichts.

Freiheit bedeutet somit nicht, dass da irgendwelche sinnlosen, zusammenhanglosen Handlungsimpulse freien Lauf bekommen, sofern diese nicht ihren Sinn als Mittel erhalten. Auch eine Handlung an der jemand nicht gehindert wird, ist eine unfreie Handlung, sofern sie entweder a) nichts mit dem eigenen Willen (- genauer: den eigenen Lebensbedürfnissen! -) zu tun hat und/oder b) nicht zum gewünschten Ziel führt.

Insofern ist die hier umlaufende Definition der Handlungsfreiheit als ungestörtes Handelnkönnen völlig sinnlos. Es gibt keine Handlungsfreiheit per se. Sondern frei kann ein Handeln nur genannt werden, wenn es zu den hinreichenden Mitteln gehört, das angestrebte Ziel zu erreichen.

Eine Einschränkung des Handelnkönnens ist umgekehrt auch nur dann eine Einschränkung der Freiheit, wenn es keine real mögliche substitituve Handlung gibt, welche an Stelle der verhinderten Handlung das angestrebe Ziel erreicht.

Deshalb ist Zielerreichungsfreiheit eigentlich das, worum es bei der Diskussion um menschliche Freiheit gehen sollte.

Lebenden und evolutiven Systemen ist es außerdem eigen, so etwas wie eine gemeinsame, koordinierte Freiheit über das Einzelsystem hinaus zu erreichen, eine überindividuelle Freiheit. Zu diesem Zweck ändern Lebewesen quasi ihre Körper, indem durch das Ins-Spiel-Bringen des Zufalls ein Pool neuer Körper versuchsweise produziert wird, aus dem sich dann durch die Umwelt die erfolgreichsten Anpassungen heraus filtern. Ähnliches ist auf dem Sektor der Erkenntnishöherentwicklung denkbar, so eine Art Evolutionsvorgang der Erkenntnis, auf der Basis verschiedener Gehirn- aber auch Kommunikationsvorgänge.

Man nehme z.B. an, dass es - vermittelt durch Kommunikation, Kooperation und Auseinandersetzungen - so eine Art von Brainstorm-Überschussproduktion, ein Überschuss an Gedanken-Kreativität gibt, aus der sich dann jene Gedanken heraus filtern, welche erfolgreiche Anpassungen an die Umwelt gewährleisten. Auch hier wäre das Prinzip Gedankenmutation plus Gedankenselektion, wobei die objektive Umwelt der Menschen die Richtschnur ist. Nebenbei würden sich dann die Gedanken im Durchschnitt an die Objektivität weiter annähern, jedenfalls im Idealfall, so dass Erkenntnis und Erfolg sich gegenseitig befördern würden ...-

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AgentProvocateur
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Beitrag(#1415431) Verfasst am: 10.01.2010, 15:10    Titel: Antworten mit Zitat

Ascanius hat folgendes geschrieben:
a) Wir können nicht wollen, was wir wollen. b) Eine von ihren eigenen Voraussetzungen unabhängige Willensfreiheit ist logisch unmöglich.

b) ist zwar richtig, aber daraus folgt nicht a). Es folgt nur: wir können nicht unabhängig von uns wollen, was wir wollen. Es folgt aber nicht, dass wir unser Wollen überhaupt nicht selber bestimmen können.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Deshalb ist Zielerreichungsfreiheit eigentlich das, worum es bei der Diskussion um menschliche Freiheit gehen sollte.

Zielerreichungsfreiheit ist dasselbe wie Handlungsfreiheit.

Die Frage nach der Willensfreiheit dreht sich darum, ob man sich selber Ziele setzen kann oder nicht (Selbstbestimmung). Oder ob die objektiv vorgegeben sind oder ob die jemand anderes vorgibt.
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Tso Wang
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Beiträge: 1433

Beitrag(#1415451) Verfasst am: 10.01.2010, 16:13    Titel: Re: Die Freiheit des Nichtwollens: Das Vetorecht Antworten mit Zitat

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Naja, diesen Punkt interessiert kaum jemanden.


Wenn Dich die Klärung des Begriffes "Willensfreiheit" und die philosophische Einordnung seines Bezugsobjektes nicht interessiert, kann Dich auch Analytische Philosophie im Allgemeinen nicht interessieren. Das ist schade, aber ich werde es wohl nicht ändern können.


.

Mich interessiert die von Dir angesprochene Freiheit des Nichtwollens schon (sonst hätte ich darüber wohl kaum berichtet), aber andere wohl weniger.

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