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Forscher widerlegen Willensfreiheit
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Marcellinus
Outsider



Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#1415795) Verfasst am: 11.01.2010, 15:38    Titel: Antworten mit Zitat

Ascanius hat folgendes geschrieben:

"Wollen" ist ein verstärktes Gefühl des Wünschens, das sich unserem unmittelbaren Einfluß entzieht.
Und was ist dann Wünschen? Warum entzieht sich Wollen unserem unmittelbaren Einfluß? Ich finden 100 EUR in meiner Tasche, überlege, was ich damit kaufe, und entscheide: Ich will eine Hose. Es hätte aber auch eine Jacke sein können.
Ascanius hat folgendes geschrieben:

"Ein Ziel haben" ist der Gedanke eines Bestrebens, der eine vorläufige Festlegung im möglichen Widerstreit von Wollen, Können und Sollen trifft. Ein Ziel kann im Einklang mit oder im Widerspruch zu unserem Wollen, Können oder Sollen stehen.

Ein Ziel ist erstmal nur eine ferner liegende Absicht. Wenn etwas im Einklang oder Widerspruch zu etwas anderem steht, ist diese Einschränkung nur eine scheinbare, also überflüssig. Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich's Wetter oder's bleibt wie es ist.
Ascanius hat folgendes geschrieben:

"Eine Absicht haben" bedeutet, ein gestecktes Ziel mit Gedanken zu seiner Verwirklichung zu verbinden und entsprechende Handlungen ins Auge zu fassen.

Ein gestecktes Ziel beinhaltet immer "Gedanken zu seiner Verwirklichung", sonst ist es kein Ziel.
Ascanius hat folgendes geschrieben:

"Eine Entscheidung treffen" bedeutet, gedanklich konkrete Handlungen zur Erreichung eines bestimmten Zieles festzulegen.

Ich treffe die Entscheidung, endlich meinen Dachboden aufzuräumen, habe aber nicht die Spur einer Ahnung, wie ich das machen soll.
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"Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."

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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1415797) Verfasst am: 11.01.2010, 15:43    Titel: Antworten mit Zitat

Ascanius hat folgendes geschrieben:
"Wollen" ist ein verstärktes Gefühl des Wünschens, das sich unserem unmittelbaren Einfluß entzieht.

Nö, sowas würde ich "Präferenz" nennen. Aber diese Definitionsspielchen bringen in der Tat nix.

Bei der Frage um die Willensfreiheit geht es um Folgendes:

Free Will hat folgendes geschrieben:
Free will raises the question whether, and in what sense, rational agents exercise control over their actions, decisions, choices.

Auf den Begriff "Willen" kann man dabei verzichten, der ist schwierig zu fassen. Da versteht erfahrungsgemäß jeder etwas anderes darunter. Deine Definition gefällt mir jedenfalls nicht.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#1415805) Verfasst am: 11.01.2010, 16:02    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
- meine christliche Sozialisation: Die meisten Christen (und auch Esoteriker) vertreten erstmal einen libertarischen FW. Wenn ich also sage "Willensfreiheit git es nicht", verstehen die meisten Menschen das richtig, halten es aber für falsch.

Da gibt es aber einige empirische Studien, die das widerlegen oder zumindest stark in Frage stellen. Zum Beispiel diese (Is Incompatibilism intuitive?) oder diese:

Zitat:
One upshot of these findings is that the classic incompatibilist view that determinism poses a threat to morality and responsibility, while seemingly intuitive, may pose a threat only to individuals who do things like read books about free will. The psychological link between ultimate freedom and responsibility appears less strong than many have suggested.


Dagegen schreibt http://en.wikipedia.org/wiki/Free_will :

Zitat:
However, the debate about whether people naturally have compatibilist or incompatibilist intuitions has not come out overwhelmingly in favor of one view or the other, but there has been some evidence that people can naturally hold both views. For instance, when people are presented with abstract cases which ask if a person could be morally responsible for an immoral act when they could not have done otherwise, people tend to say no, or give incompatibilist answers, but when presented with a specific immoral act that a specific person committed, people tend to say that that person is morally responsible for their actions, even if they were determined (that is, people also give compatibilist answers).

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Skeptiker
"I can't breathe!"



Anmeldungsdatum: 14.01.2005
Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville

Beitrag(#1415827) Verfasst am: 11.01.2010, 17:15    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Aber Du schuldest mir eh noch eine explizite Darstellung Deines Freiheitsbegriffes.
Hab ich schon mehrfach getan. "Frei" ohne Zusatz bedeutet für mich "undeterminiert" - also etwas, das es in unserer Welt wohl nicht gibt.
In unserer Welt gibt es aber ... so etwas wie unvorhersehbare Höherentwicklungen. Diese verlaufen wahrscheinlich nicht deterministisch.

Wieso höher?


Die Empirie zeigt eine Höherentwicklung der Lebewesen, der Erkenntnisgewinnung der Menschen und on the long run auch der menschlichen Gesellschaft.

Wieso also fragst Du?

step hat folgendes geschrieben:
Und welche indeterministischen Prozesse konkret bestimmen etwa moralische Entscheidungen?


Wir sollten nicht den Fehler machen, beim Individuum zu kleben.

Betrachten wir lieber Wechselwirkungen. Es ist aller Wahrscheinlichkeit nach recht zufällig, wie sich Erkenntnis innerhalb der Menschheit bildet, ausbreitet und höher entwickelt, auch was die Zeitpunkte z.B. bedeutsamer Entdeckungen angeht. Mag also dies z.T. zufällig sein. Aber je nach Zeitpunkt, je nach Ort und je nach Breite und Tiefe der Entdeckungen und Erkenntnisse können diese extrem unterschiedliche Auswirkungen haben.

Die Geschichte insgesamt ist wohl kaum determiniert, bzw. vorhersehbar. Allein das schon schließt einen allwissenden "Gott" aus. Oder anders gesagt: Die "Weltformel"="Gott" ist Illusion.

Was das für die Moral und für die Freiheit bedeuten würde?

Womöglich könnte es bedeuten, dass auch diese Dinge sich "höher" entwickeln. So hat z.B. das Christentum immerhin auch das Verdienst, die Diskussion über Moral mit verbreitet zu haben. Das ist durchaus zu würdigen. Und die Freiheit der Menschheit wächst zumindest real partiell und theoretisch sowieso geradezu exponentiell, wenn man Freiheit mal als das Reservoir an revolutionären Lösungskonzepten für die Probleme des Lebens und Zusammenlebens definieren würde. Oder anders gesagt: Das Arsenal an Handlungsoptionen zwecks Lösung jener menschlichen Problemstellungen und damit eine enorme Erweiterung der Handlungsfreiheit, wächst nicht nur quantitativ.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
... Das hast Du beim Schachcomputer ja nicht im entferntesten. Der bewegt sich immer in seinem Nähkästelchen. ...

Ist das menschliche Nähkästelchen bei den meisten wesentlichen, alltäglichen Entscheidungsvorgängen wesentlich größer?


Das lässt sich allein mit der Betrachtung des Individuums nicht beantworten. Es hängt davon ab, wie das Drumherum ist, in dem sich der Mensch befindet. Kommen ständig erweiterte Willens-, Handlungs- und Zieloptionen vom Drumherum dazu, wächst natürlich die Entscheidungskompetenz des Menschen an und er kann z.B. damit experimentieren. Auf dieser Basis ließen sich Handlungsweisen optimieren, ohne dass sie nur "von innen" kommen würden.

Ein Schachcomputer kann zwar auch nachprogrammiert und mit Datenbanken gefüttert werden. Aber das menschliche Bewusstsein kann sich z.B. völlig neue Aufgaben stellen, die niemand programmiert hat und auch niemand programmieren konnte, weil die neuen Möglichkeiten zuvor unvorhersehbar waren.

Außerdem fehlt einem Schachcomputer Bewusstheit.

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Marcellinus
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Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#1415849) Verfasst am: 11.01.2010, 18:04    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Die Empirie zeigt eine Höherentwicklung der Lebewesen, der Erkenntnisgewinnung der Menschen und on the long run auch der menschlichen Gesellschaft.

Woran mißt du das? Aber selbst wenn man das bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt belegen könnte, was würde das für die Zukunft beweisen?
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1415858) Verfasst am: 11.01.2010, 18:11    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Da gibt es aber einige empirische Studien, die das widerlegen oder zumindest stark in Frage stellen. Zum Beispiel diese (Is Incompatibilism intuitive?) oder diese: [...]

Dagegen schreibt http://en.wikipedia.org/wiki/Free_will :

Zitat:
However, the debate about whether people naturally have compatibilist or incompatibilist intuitions has not come out overwhelmingly in favor of one view or the other, but there has been some evidence that people can naturally hold both views. For instance, when people are presented with abstract cases which ask if a person could be morally responsible for an immoral act when they could not have done otherwise, people tend to say no, or give incompatibilist answers, but when presented with a specific immoral act that a specific person committed, people tend to say that that person is morally responsible for their actions, even if they were determined (that is, people also give compatibilist answers).

Der Punkt ist einfach der: die Behauptung des Inkompatibilisten, Inkompatibilismus sei vorherrschende / überwiegende intuitive Meinung und wenn jemand über "Willensfreiheit" rede, dann meine er damit eine libertarische Willensfreiheit, ist <u>falsch</u>. Das ist mAn durch die empirischen Studien widerlegt, man kann als deren Ergebnis festhalten, dass Inkompatibilismus mitnichten intuitiv plausibler ist als Kompatibilismus.

Hast Du diese Studie gelesen (Is Incompatibilism intuitive?)? Da wird nochmal ausgiebig begründet, wieso auch der Inkompatibilist begründungspflichtig ist, wieso er nicht einfach die Begründungslast auf den Kompatibilisten abwälzen kann.

Das bedeutet mAn nun a) dass dazugesagt werden muss, von was man redet (libertarische oder kompatibilistische Willensfreiheit) - man kann nicht einfach wie selbstverständlich davon ausgehen, dass libertarische Willensfreiheit gemeint sein müsse und b) die Beweislast für die Behauptung, Willensfreiheit sei nicht kompatibel mit Determinismus, beim Inkompatibilisten liegt. Der einfache Verweis auf die angebliche Volksintuition reicht nicht mehr und es reicht auch nicht, sich einfach etwas unbegründet hinzudefinieren (Willensfreiheit: wenn jemand in einer exakt identischen Situation auch anders handeln könne), das muss plausibel gemacht werden, das ist es nicht per se, ganz im Gegenteil sogar.

Wieso und in welchem Sinne sollte auch jemand unfreier sein, der sich zig-Trilliarden-Mal in ein und derselben (exakt identischen) Situation jedesmal mit denselben Gründen für etwas entscheidet, als jemand, der mal so und so entscheidet? Letzteres wäre doch ziemlich unverständlich: wieso würde er anders entscheiden, wenn alles identisch ist, also auch seine Einstellungen, Gründe, Wertmaßstäbe etc., also er? Die Entscheidung wäre dann unabhängig / frei von ihm, aber inwiefern würde das seine Freiheit erhöhen, eine Entscheidung, die gar nicht seine wäre? Und die Frage nach der Willensfreiheit ist natürlich immer die nach seinem Willen, nicht die nach einem merkwürdigen akausalen irgendwo im Nichts schwebenden "Willen" (den man dann "freien" Willen nennt) - das sollte doch hoffentlich unbestritten sein. (Jetzt mal ganz abgesehen davon, dass eine identische Situation immer eine identische Situation ist, es ist eh von Vorneherein vollkommen absurd, zu fragen, ob zwei identische Situationen unterschiedlich sein könnten.)
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Skeptiker
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Beitrag(#1416337) Verfasst am: 12.01.2010, 12:42    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Empirie zeigt eine Höherentwicklung der Lebewesen, der Erkenntnisgewinnung der Menschen und on the long run auch der menschlichen Gesellschaft.

Woran mißt du das?


Daran, dass sich Materie-, Energie- und Informationsflüsse in Richtung immer größerer anti-entropischer Ordnungs- und Komplexitätsgrade entwickeln.

Mit dem Begriff "Höherentwicklung" ist keine (Be-)Wertung verbunden.

Es entstehen dadurch neue Gesetzmäßigkeiten und höhere Funktionen, welche über die reine Reproduktion des Systems immer weiter hinaus reichen (über die reinen Notwendigkeiten hinaus reichen, was rein theoretisch neue Freiheitsgrade ohne Gefahr für das System ermöglichen würde.)

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Aber selbst wenn man das bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt belegen könnte, was würde das für die Zukunft beweisen?


Dass es tendenziell so weiter geht ...-! zwinkern

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Marcellinus
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Beiträge: 7429

Beitrag(#1416344) Verfasst am: 12.01.2010, 12:54    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Aber selbst wenn man das bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt belegen könnte, was würde das für die Zukunft beweisen?


Dass es tendenziell so weiter geht ...-! zwinkern

Das ist eine Fortschrittshoffnung, um das Wort 'Glaube' nicht zu verwenden, und von einer Gesetzmäßigkeit weit entfernt. Beides können wir in der Geschichte menschlicher Gesellschaften beobachten, Zunahme wie Abnahme von Komplexität. Ein paar blöd platzierte Atombomben, und deine Zukunftshoffnung ist perdu.
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Skeptiker
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Beitrag(#1416346) Verfasst am: 12.01.2010, 13:00    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Aber selbst wenn man das bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt belegen könnte, was würde das für die Zukunft beweisen?


Dass es tendenziell so weiter geht ...-! zwinkern

Das ist eine Fortschrittshoffnung, um das Wort 'Glaube' nicht zu verwenden, und von einer Gesetzmäßigkeit weit entfernt. Beides können wir in der Geschichte menschlicher Gesellschaften beobachten, Zunahme wie Abnahme von Komplexität. Ein paar blöd platzierte Atombomben, und deine Zukunftshoffnung ist perdu.


Das ist eine Hoffnung, stimmt. Sicher ist da nichts. Es kann auch wieder zurückgehen durch Selbstzerstörung der Zivilisation ...- Schulterzucken

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Marcellinus
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Beitrag(#1416359) Verfasst am: 12.01.2010, 13:45    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Das ist eine Hoffnung, stimmt. Sicher ist da nichts. Es kann auch wieder zurückgehen durch Selbstzerstörung der Zivilisation ...- Schulterzucken

Und auch langsamer Verfall ist möglich. Auch dafür gibt es Beispiele. Aber lieber wäre einem schon Fortschritt. zwinkern
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step
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Beiträge: 22767
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Beitrag(#1416439) Verfasst am: 12.01.2010, 17:26    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich ... möchte mal jemand anderen für mich sprechen lassen:
John Locke hat folgendes geschrieben:
"Verdient es den Namen Freiheit, wenn man die Freiheit besitzt, den Narren zu spielen und sich selbst in Schande und Unglück zu stürzen? Wenn Freiheit, wahre Freiheit, darin besteht, daß man sich von der Leitung der Vernunft losreißt und von allen Schranken der Prüfung und des Urteils frei ist, die uns vor dem Erwählen und Tun des Schlechteren bewahren, dann sind Tolle und Narren die einzig Freien; allein ich glaube, keiner, der nicht schon toll ist, wird um einer solchen Freiheit willen wünschen, toll zu werden. Das stete Verlangen nach Glück und der Zwang, den es uns auferlegt, um seinetwillen zu handeln, wird meines Erachtens niemand als eine Schmälerung der Freiheit ansehen oder wenigstens nicht als eine Schmälerung, die zu beklagen wäre."
step hat folgendes geschrieben:
Dieses Argument ist ungültig, da es einzig auf der Annahme basiert, Freiheit müsse etwas Gutes, Hehres, Erstrebenswertes sein.
Ja, sicher. Ist sie das nicht?

Also ich muß schon bitten. Beachte doch mal Lockes Argumentstruktur:

"Freiheit" soll etwas Hehres, Erstrebenswertes sein

-> daher soll man das, was eigentlich frei wäre, nicht frei nennen, denn es "verdiente den Namen nicht" (weil es unerwünscht wäre)

-> sondern man solle daher lieber etwas Erwünschtes (rationales Geleitetwerden) "frei" nennen, auch wenn es die Freiheit schmälert, weil es nicht zu beklagen sei.

Man ist nur deshalb auf den ersten Blick geneigt, Locke zu folgen, weil man unter "Freiheit" im Alltag etwas Positives versteht, nämlich verschiedene Arten von Handlungsfreiheit, z.B. die Abwesenheit von Zwängen, Repressalien, Leibeigenschaft und dgl. - und dieses etwas unscharf "Freiheit" zu nennen, ist ja auch kein Problem.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
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Beitrag(#1416457) Verfasst am: 12.01.2010, 18:01    Titel: Antworten mit Zitat

Hier ein paar Anmerkungen zu dem von AP geposteten Papier:

- Die Probanden waren Studenten und somit gebildeter als der Durchschnitt

- es fällt auf, das "freier Wille" gar nicht definiert wird. Im ersten Moment mag man denken, daß das sogar besser ist, weil so jedem Probanden selbst überlassen wird, was er darunter versteht. Allerdings könnte es gut sein, daß viele darunter einfach verstehen, daß die beschiebenen Täter so handeln konnten, wie sie wollten (also Handlungsfreiheit).

- In Anlehnung an objection 4.2.1 würde ich vermuten, daß die meisten Leute, die ich für intuitive Inkompatibilisten halte, eben keine Deterministen sind, vielleicht nicht einmal verstehen, was das bedeutet. Sondern daß sie intuitive Libertarier sind. Um das zu prüfen, sollte man eher fragen, ob sie meinen, daß jemand, würde die Entscheidungssituation exakt kopiert, auch mal anders entscheiden würde.

- Generell ist die Zahl derer, die jemanden verantwortlich für seine Entscheidung machen wollen, signifikant größer als die Zahl derer, die ihn für freiwillig handelnd halten.

- Anders als in dem Papier behauptet wälze ich die Beweislast für den Kompatibilismus auf die Komapatibilisten keineswegs mit dem Argument ab, die Mehrzahl der Leute seien intuitive Inkompatibilisten.
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AgentProvocateur
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Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1416474) Verfasst am: 12.01.2010, 18:38    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich ... möchte mal jemand anderen für mich sprechen lassen:
John Locke hat folgendes geschrieben:
"Verdient es den Namen Freiheit, wenn man die Freiheit besitzt, den Narren zu spielen und sich selbst in Schande und Unglück zu stürzen? Wenn Freiheit, wahre Freiheit, darin besteht, daß man sich von der Leitung der Vernunft losreißt und von allen Schranken der Prüfung und des Urteils frei ist, die uns vor dem Erwählen und Tun des Schlechteren bewahren, dann sind Tolle und Narren die einzig Freien; allein ich glaube, keiner, der nicht schon toll ist, wird um einer solchen Freiheit willen wünschen, toll zu werden. Das stete Verlangen nach Glück und der Zwang, den es uns auferlegt, um seinetwillen zu handeln, wird meines Erachtens niemand als eine Schmälerung der Freiheit ansehen oder wenigstens nicht als eine Schmälerung, die zu beklagen wäre."
step hat folgendes geschrieben:
Dieses Argument ist ungültig, da es einzig auf der Annahme basiert, Freiheit müsse etwas Gutes, Hehres, Erstrebenswertes sein.
Ja, sicher. Ist sie das nicht?

Also ich muß schon bitten. Beachte doch mal Lockes Argumentstruktur:

"Freiheit" soll etwas Hehres, Erstrebenswertes sein

-> daher soll man das, was eigentlich frei wäre, nicht frei nennen, denn es "verdiente den Namen nicht" (weil es unerwünscht wäre)

-> sondern man solle daher lieber etwas Erwünschtes (rationales Geleitetwerden) "frei" nennen, auch wenn es die Freiheit schmälert, weil es nicht zu beklagen sei.

Man ist nur deshalb auf den ersten Blick geneigt, Locke zu folgen, weil man unter "Freiheit" im Alltag etwas Positives versteht, nämlich verschiedene Arten von Handlungsfreiheit, z.B. die Abwesenheit von Zwängen, Repressalien, Leibeigenschaft und dgl. - und dieses etwas unscharf "Freiheit" zu nennen, ist ja auch kein Problem.

Ja, nun. Wenn "wahre Freiheit" bedeutet: "Unabhängigkeit von Allem", was wiederum bedeutet: "Akausaler Zufall", dann kann man das so definieren. Klar, warum auch nicht. Fragt sich nur, wofür das interessant sein könnte. Für eine Willensbildung sicher nicht, denn etwas, was unabhängig von Allem ist, kann kein Wille sein.

Wie man das nennt, um was es hier eigentlich geht, ist auch letztlich wurscht, "Willensfreiheit" ist eh nur ein Label. Dahinter steckt die Frage, ob und inwiefern Subjekte ihre Handlungen, Entscheidungen und Wahlen selber bestimmen können.

Wenn der Inkompatibilist also mal schnell definiert, "Freiheit" sei "Unabhängigkeit von Allem" und ein "freier Wille" müsse demnach auch völlig unabhängig von Allem sein, dann ist das ja schön und gut. Das bedeutete dann logischerweise, dass ein solcher Wille nicht existieren kann, weil das selbstwidersprüchlich wäre. Ein Wille muss von der Person (d.h. ihrer Geschichte, ihren Einstellungen, ihren Präferenzen, ihren Überlegungen, ihren Entscheidungen usw.) abhängen, sonst ist es nicht ihr Wille, er kann also nicht von Allem unabhängig sein. Dafür brauche ich keine physikalischen Betrachtungen unserer Welt, z.B. "Determinismus ja / nein?", das ist einfach in jeder logischen Welt von Vorneherein logisch unmöglich, völlig gleichgültig, ob die determiniert ist oder nicht. Das ganze Gerede über Physik, Wellenfunktion, Determinismus etc. ist daher nur ein red herring.

Da zuckt man dann halt müde die Schultern und sagt: "Tolle Sache. Na und?"

Und bei der eigentlichen Frage ist man damit noch keinen Schritt weitergekommen.

Nur reicht es nun dem harten Deterministen normalerweise aber nicht, einfach nur zu sagen: "es gibt keinen libertarischen freien Willen." Wäre dem so, dann gäbe es keine Unterschiede zwischen ihm und Kompatibilisten, denn eben das sagen Kompatibilisten auch.

Ein harter Determinist behauptet nämlich, in einer determinierten Welt seien Autonomie, Selbstkontrolle, überhaupt eigene Handlungen nicht möglich (und das verbindet sie mit den Libertariern, sie sind ebenso Inkompatibilisten). Die meisten harten Deterministen behaupten deswegen auch folgerichtig, dass es in einer determinierten Welt keine Verantwortung geben kann, denn diese ist untrennbar verknüpft mit eigenen, selbstbestimmten Handlungen.

Leider kann er es nicht begründen, das ist sein Problem. Er kann nicht zeigen, was der Zusammenhang zu seiner Definition von "Freiheit" ist, inwiefern die was mit Kontrolle zu tun hat. Im Gegenteil ist es ja so, dass Zunahme von Akausaliät Verlust von Kontrollmöglichkeit bedeutet. Und deswegen ist sein Standpunkt auch so furchtbar unplausibel.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
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Beitrag(#1416517) Verfasst am: 12.01.2010, 19:26    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Wie man das nennt, um was es hier eigentlich geht, ist auch letztlich wurscht, "Willensfreiheit" ist eh nur ein Label. Dahinter steckt die Frage, ob und inwiefern Subjekte ihre Handlungen, Entscheidungen und Wahlen selber bestimmen können.

Wenn man "selber bestimmen" so defensiv definiert wie Du, also wenn die Autonomie bereits z.B. in der Tatsache liegen soll, daß man auch Präferenzen rational abwägt, dann ist sozusagen jeder Kompatibilist, da jeder dies für kompatibel mit vollständig naturgesetzlichem Ablauf hält. In Umkehr einer von gewohnten Argumentationswendung könnte ich da einwenden: Das kann nicht Kompatibilismus sein, denn was sollte dann noch Inkompatibilismus sein?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Nur reicht es nun dem harten Deterministen normalerweise aber nicht, einfach nur zu sagen: "es gibt keinen libertarischen freien Willen." ... Ein harter Determinist behauptet nämlich, in einer determinierten Welt seien Autonomie, Selbstkontrolle, überhaupt eigene Handlungen nicht möglich ... Die meisten harten Deterministen behaupten deswegen auch folgerichtig, dass es in einer determinierten Welt keine Verantwortung geben kann, denn diese ist untrennbar verknüpft mit eigenen, selbstbestimmten Handlungen.

Keine Ahnung, was das mit meiner Position zu tun hat. Wie ich schon oft gezeigt habe und wie sogar aus dem von Dir zitierten Papier hervorgeht, ist es ohne weiteres möglich, Verantwortung und dgl. nur mit (deterministischer) Handlungsfreiheit zu begründen. Wie ich ebenfalls begründet habe, schließt diese Handlungsfreiheit (tun können, was man will) z.B. auch ein, daß man eine gewisse gesellschaftlich erwünschte Kontrolle seiner primären Präferenzen ausbildet, sofern dies nicht schon durch direkte Manipulation (Erziehung usw.) geschieht. Wie wir allerdings schon festgestellt haben, ist die Zuweisung von Verantwortung, generell die Moralisierung von Verhalten, oft eher mit einem Verlust an direkten Freiheitsgraden verbunden.

Selbst wenn man - wie ich - als harter Determinist bestimmte archaische Konzepte wie Schuld, Vergeltung, Strafe usw. für nicht mehr rational begründbar hält, so könnte man diese natürlich als, wie Du so schön sagst, "Label" aufrechterhalten, aber eben nur soweit sie sich auf weiterhin begründbare Teilaspekte beziehen, z.B. Prävention.
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Beitrag(#1416547) Verfasst am: 12.01.2010, 19:56    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Wie man das nennt, um was es hier eigentlich geht, ist auch letztlich wurscht, "Willensfreiheit" ist eh nur ein Label. Dahinter steckt die Frage, ob und inwiefern Subjekte ihre Handlungen, Entscheidungen und Wahlen selber bestimmen können.

Wenn man "selber bestimmen" so defensiv definiert wie Du, also wenn die Autonomie bereits z.B. in der Tatsache liegen soll, daß man auch Präferenzen rational abwägt, dann ist sozusagen jeder Kompatibilist, da jeder dies für kompatibel mit vollständig naturgesetzlichem Ablauf hält. In Umkehr einer von gewohnten Argumentationswendung könnte ich da einwenden: Das kann nicht Kompatibilismus sein, denn was sollte dann noch Inkompatibilismus sein?

Weißt Du, das Einzige, was ich von Dir verlange, ist, dass Du Autonomie mal "nicht defensiv" definierst. Darauf warte ich doch schon so lange, das muss doch irgendwann mal möglich sein. Am besten mit einem kleinen Beispiel aus einer beliebigen logisch möglichen Welt. Und schön wäre auch, wenn Indeterminismus dabei eine Rolle spielte, denn Du reitest doch permanent auf dem Determinismus rum, der muss also eine Rolle in deiner Argumentation spielen und ich hoffe ganz stark, dass der der auch jenseitig irgendwelcher vordergründiger Appelle an die Intuition eine Rolle spielt, denn Intuitionen können falsch sein. Ein Appell an Intuitionen, die man selber als falsch ansieht, ist aber ein red herring. Eine zutiefst unredliche Argumentationsstrategie, zumindest dann, wenn man sich ihrer bewusst ist.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Nur reicht es nun dem harten Deterministen normalerweise aber nicht, einfach nur zu sagen: "es gibt keinen libertarischen freien Willen." ... Ein harter Determinist behauptet nämlich, in einer determinierten Welt seien Autonomie, Selbstkontrolle, überhaupt eigene Handlungen nicht möglich ... Die meisten harten Deterministen behaupten deswegen auch folgerichtig, dass es in einer determinierten Welt keine Verantwortung geben kann, denn diese ist untrennbar verknüpft mit eigenen, selbstbestimmten Handlungen.

Keine Ahnung, was das mit meiner Position zu tun hat. Wie ich schon oft gezeigt habe und wie sogar aus dem von Dir zitierten Papier hervorgeht, ist es ohne weiteres möglich, Verantwortung und dgl. nur mit (deterministischer) Handlungsfreiheit zu begründen. Wie ich ebenfalls begründet habe, schließt diese Handlungsfreiheit (tun können, was man will) z.B. auch ein, daß man eine gewisse gesellschaftlich erwünschte Kontrolle seiner primären Präferenzen ausbildet, sofern dies nicht schon durch direkte Manipulation (Erziehung usw.) geschieht. Wie wir allerdings schon festgestellt haben, ist die Zuweisung von Verantwortung, generell die Moralisierung von Verhalten, oft eher mit einem Verlust an direkten Freiheitsgraden verbunden.

Tja, also, was Deine Position angeht, bin ich noch immer unsicher. Ich würde sagen, Du bist Kompatibilist. So wie MSS auch Kompatibilist ist.

Bei Deinem letzten Satz allerdings sind wir wohl gänzlich unterschiedlicher Meinung. Und das hat nichts mit Inkompatibilismus / Kompatbilismus zu tun. Ich denke nämlich keineswegs, dass es ein Beleg für Unfreiheit sei, wenn sich viele Leute an Normen halten. Das kann ebenso bedeuten, dass sie die Normen akzeptieren. Und außerdem halte ich es für wünschenswert, Selbstbestimmung und Selbsterkenntnis zu fördern (den "mündigen Bürger").

step hat folgendes geschrieben:
Selbst wenn man - wie ich - als harter Determinist bestimmte archaische Konzepte wie Schuld, Vergeltung, Strafe usw. für nicht mehr rational begründbar hält, so könnte man diese natürlich als, wie Du so schön sagst, "Label" aufrechterhalten, aber eben nur soweit sie sich auf weiterhin begründbare Teilaspekte beziehen, z.B. Prävention.

Wie gesagt, ich bin mir nicht sicher, ob Du wirklich harter Determinist bist. Die behaupten nämlich sonst andere Sachen.

Aber mal was anderes: vielleicht liegt unser Dissens auch zum Teil darin, dass ich nicht viel von Sprachkosmetik halte, also in dem Sinne, dass ich nicht glaube, dass es etwas bringen könnte, Wörter durch andere Wörter zu ersetzen, also einen Sprachgebrauch vorzugeben. Ich glaube hingegen, dass sich die Bedeutung von Wörtern über einen längeren Zeitraum ändert. Und ich glaube auch, dass das für die Wörter "Schuld, Vergeltung und Strafe" gilt, ich denke, Du misst diesen Wörtern eine vergangene Bedeutung zu, eine Bedeutung, die sie schlicht heute nicht mehr haben.

Und ebenso wie Dir geht es mAn MSS um Sprachkosmetik (siehe Link oben).

Edit: Ergänzung: es ist mE einfach für mich nicht nachvollziehbar, wie man immer wieder zu der Behauptung gelangt, die einzig "echte Willensfreiheit" sei die libertarische Willensfreiheit und alles andere sei Handlungsfreiheit. Das widerspricht mE den philosophischen Begriffen. Zumindest "Handlungsfreiheit" ist mE ziemlich eindeutig definiert (Willensfreiheit allerdings nicht) und ich weigere mich einfach, Eurem Sprachgebrauch zu folgen. Meiner Ansicht nach gibt es einen wesentlichen Unterschied zwischen "kann tun, was er will" und "kann wollen, was er will". Egal, wie immer man das interpretiert.


Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 12.01.2010, 20:18, insgesamt einmal bearbeitet
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Beitrag(#1416551) Verfasst am: 12.01.2010, 20:04    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Selbst wenn man - wie ich - als harter Determinist bestimmte archaische Konzepte wie Schuld, Vergeltung, Strafe usw. für nicht mehr rational begründbar hält, so könnte man diese natürlich als, wie Du so schön sagst, "Label" aufrechterhalten, aber eben nur soweit sie sich auf weiterhin begründbare Teilaspekte beziehen, z.B. Prävention.


Kann irgend ein Subjekt Prävention gegenüber Strafe frei wählen?

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Beitrag(#1416591) Verfasst am: 12.01.2010, 20:43    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Selbst wenn man - wie ich - als harter Determinist bestimmte archaische Konzepte wie Schuld, Vergeltung, Strafe usw. für nicht mehr rational begründbar hält, so könnte man diese natürlich als, wie Du so schön sagst, "Label" aufrechterhalten, aber eben nur soweit sie sich auf weiterhin begründbare Teilaspekte beziehen, z.B. Prävention.
Kann irgend ein Subjekt Prävention gegenüber Strafe frei wählen?

Laut AP würde es ihn frei machen, wenn er eines davon akzeptiert.

Aber Spaß beiseite, ich verstehe nicht, wieso es für die Diskussion relevant sein sollte, ob man sie frei wählen kann. Auch im heutigen Strafrecht, das ja auf dem FreienWillen basiert, kann niemand seine Strafe frei wählen.
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Beitrag(#1417190) Verfasst am: 14.01.2010, 12:13    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
[...] im heutigen Strafrecht, das ja auf dem FreienWillen basiert [...]


SCHULZ, Björn. “Willensfreiheit und Strafrecht im
Spannungsfeld zwischen moderner Neurowissenschaft und Philosophie” S. 21-22
hat folgendes geschrieben:
Eine Minderheit in der Strafrechtswissenschaft geht davon aus, dass die strafrechtlichen Grundbegriffe (persönliche Verantwortlichkeit, Schuld, Zurechnungsfähigkeit) notwendig auf der Annahme von Willensfreiheit im Sinne eines „Unter-denselben-physiologischen-Bedingungen-willentlich-andershandeln-Könnens“ (sog. „Libertarianismus“) beruhen.

[...]

In der Strafrechtswissenschaft sind kompatibilistische Theorien vorherrschend. Strafrechtliche Schuld und neurophysiologischer Determinismus sind danach verträglich; strafrechtliche Schuld setzt keine Willensfreiheit im indeterministischen (kontra-kausalen) Sinne voraus.
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Beitrag(#1417385) Verfasst am: 14.01.2010, 21:24    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
[...] im heutigen Strafrecht, das ja auf dem FreienWillen basiert [...]


SCHULZ, Björn. “Willensfreiheit und Strafrecht im
Spannungsfeld zwischen moderner Neurowissenschaft und Philosophie” S. 21-22
hat folgendes geschrieben:
Eine Minderheit in der Strafrechtswissenschaft geht davon aus, dass die strafrechtlichen Grundbegriffe (persönliche Verantwortlichkeit, Schuld, Zurechnungsfähigkeit) notwendig auf der Annahme von Willensfreiheit im Sinne eines „Unter-denselben-physiologischen-Bedingungen-willentlich-andershandeln-Könnens“ (sog. „Libertarianismus“) beruhen.

[...]

In der Strafrechtswissenschaft sind kompatibilistische Theorien vorherrschend. Strafrechtliche Schuld und neurophysiologischer Determinismus sind danach verträglich; strafrechtliche Schuld setzt keine Willensfreiheit im indeterministischen (kontra-kausalen) Sinne voraus.

Ja, ich sprach ja auch nur von Willensfreiheit. Natürlich hat die Rechtswissenschaft die kompatibilistische Umdeutung irgendwann auch mitgemacht, um die Hülse "Willensfreiheit" zu retten. Das hatten wir schon mal sehr deutlich bei dem Aufsatz von Burkhardt.

Übrigens definiert das deutsche Recht die Willensfreiheit keineswegs wie Du, also als Bildung des Willens unter rationaler Abwägung, sondern beschränkt sich auf die Forderung, nicht durch Zwänge oder Krankheiten gestört zu sein. Willensfreiheit wäre demnach so etwas wie Geschäftsfähigkeit. Auch die Definition mittels "kann das Unrecht der Tat einsehen" ist äußerst zwielichtig, gemeint ist nämlich "könnte, wenn er es denn könnte" oder so.

Zitat:
Der deutsche Gesetzgeber setzt den freien Willen des erwachsenen Menschen voraus: Die freie Willensbestimmung kann nur im Zustand der Bewusstlosigkeit oder „krankhafter [oder vorübergehender] Störung der Geistestätigkeit“ dauerhaft oder vorübergehend unmöglich sein (§ 104 f. BGB) (mit Folge der Geschäftsunfähigkeit).

Auch im Strafrecht gilt das Postulat des freien Willens: Nur „wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln“, handelt gem. § 20 StGB nicht vorwerfbar.

[...] Die gängige juristische Sichtweise bezieht sich anders als die kausalwissenschaftliche Analyse auf die Zuschreibung der dem geltenden Recht entsprechenden Verantwortung für ein bestimmtes Ereignis auf einen bestimmten Personenkreis. Im Lichte der empirischen Wissenschaften ist der Appell an die sittliche Verantwortung des sich frei entschließenden Willens eine sprachliche Fiktion, die stellvertretend gedacht werden kann für die mit einer bestimmbaren statistischen Wahrscheinlichkeit eintretende gesellschaftliche Sanktionierung der fraglichen Verhaltensweisen.


http://de.wikipedia.org/wiki/Freier_Wille#Rechtswissenschaft
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Beitrag(#1417392) Verfasst am: 14.01.2010, 21:50    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Ja, ich sprach ja auch nur von Willensfreiheit.

Ich habe Deine Aussage schlicht präzisiert, denn die war mE missverständlich.

step hat folgendes geschrieben:
Natürlich hat die Rechtswissenschaft die kompatibilistische Umdeutung irgendwann auch mitgemacht, um die Hülse "Willensfreiheit" zu retten.

"Hülse + retten" = Appell an die Intuition.

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AntagonisT
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Beitrag(#1417705) Verfasst am: 15.01.2010, 15:23    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
@Lars
In welcher Relation stehen Deiner Meinung nach Begründungszusammenhänge und Kausalzusammenhänge zueinander? Das würde mich noch interessieren.


"auf eigenen Wunsch deaktiviert". Warum? Darf man das erfahren?
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Ascanius
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Beitrag(#1418085) Verfasst am: 16.01.2010, 10:54    Titel: Antworten mit Zitat

@ Marcellinus & AgentProvocateur:

Offenbar habt Ihr meinen Punkt noch immer nicht verstanden. Daher zunächst Folgendes:

Jeder Philosoph findet eine Sprache vor, die sich formal ziellos im Alltagsgebrauch der Menschen und ohne Rücksicht auf philosophische Belange entwickelt hat. Leider sind etliche ihrer Begriffe mit Bedeutungen beladen, die einer klärenden Systematisierung des Denkens im Wege stehen. Schlechten Philosophen und den meisten Laien ist das nicht bewußt, weshalb sich ihre Diskurse in fruchtlosem Geschwurbel, Geschwätz und Geschwalle verlieren (ein Phänomen, das nicht nur hier sondern z.B. auch in TV-Talkrunden mit kontroversem Thema zu beobachten ist. Regelmäßig entsteht dabei der Eindruck, es gebe keine Lösung, und man müsse sich mit Differenzen "toleranterweise" abfinden. In Wirklichkeit aber hat man - wie einst zu Babel - "nur" aneinander vorbeigeredet.). Gute Philosophen und ihre Freunde hingegen sind immer auch semantische Konstruktivisten, die ihre zentralen Begriffe mit größtmöglicher Exaktheit so definieren, daß sie ihren Zweck als stabile Elemente einer logisch konsistenten Philosophie erfüllen können. Dazu ist es notwendig, bestimmte Begriffe zu meiden, von Mehrdeutigkeiten zu befreien, neu zu definieren oder zu ersetzen - ggf. sogar durch Neologismen. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß viele - wenn nicht gar die meisten - philosophischen Probleme Scheinprobleme sind, die in erster Linie auf ungeordneter Semantik beruhen. Das muß nicht sein, denn nur wir selbst entscheiden darüber, welche Begriffe wir auf welche Objekte anwenden wollen. Kein Begriff hat an sich eine bestimmte Bedeutung! Wir sollten das trotz aller Schwierigkeiten als Chance betrachten und zu unserer philosophischen Entwicklung nutzen.

Weiter im Text:

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Wille ist das, was Menschen wollen, ihre Ziele, Absichten und persönlichen Entscheidungen.

So definierst <b>Du</b> den Willensbegriff, aber er ist unklar, weil er allzu Verschiedenes umfaßt. Da die Gleichsetzung unterschiedlicher Begriffe schnell und meist unbemerkt zu Inkonsistenzen führt (s.u.), empfiehlt es sich, <b>äußerst</b> sparsam damit umzugehen.

Wenn du es so siehst, solltest du das lieber lassen, denn Begriffe wie Willen, Bewußtsein usw. sind Begriffe, die aus Zeiten stammten, in denen es Kenntnisse über neuronale Netzwerke wie unser Gehirn noch nicht gab.


Genau deshalb muß man sie ja auch meiden, von Mehrdeutigkeiten befreien, neu definieren oder ersetzen.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Entweder man findet sich damit ab, daß man vereinfacht, oder man kann anfangen, Bücher zu schreiben, die dann allerdings auf belegbaren Fakten beruhen sollten, die zumindest ich nicht habe.


Das verfügbare Wissen über Fakten wird uns von den Wissenschaften präsentiert, und die Aufgabe analytischer Philosophen besteht darin, dieses Wissen semantisch, erkenntnistheoretisch und ontologisch zu systematisieren, was seinerseits ordnende Rückwirkungen auf die Wissenschaften haben kann und soll. Beispiel Willensfreiheit: Wenn es sie nicht gibt, weil es sie nicht geben <b>kann</b>, entfallen philosophisch unreflektierte Sensationsmeldungen und mit ihnen weitere Diskussionen.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:

"Wollen" ist ein verstärktes Gefühl des Wünschens, das sich unserem unmittelbaren Einfluß entzieht.

Und was ist dann Wünschen?


Ein abgeschwächtes Gefühl des Wollens. Merke: Das Definiendum darf im Definiens nicht vorkommen.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Warum entzieht sich Wollen unserem unmittelbaren Einfluß?


Weil der Mensch nun einmal so beschaffen ist. Gefühle - auch jene des Wünschens und Wollens - haben wir einfach (oder auch nicht), aber zum Glück können wir unsere Handlungsentscheidungen unabhängig von ihnen treffen. Wir <b>müssen</b> es sogar, um moralische Subjekte sein zu können. Der traditionelle Begriff der Willensfreiheit ist also nicht nur logisch falsch, sein Bezugsobjekt entbehrt auch empirisch jeder Grundlage.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ich finden 100 EUR in meiner Tasche, überlege, was ich damit kaufe, und entscheide: Ich will eine Hose. Es hätte aber auch eine Jacke sein können.


Wenn Du eine Hose willst und sie kaufst, hast Du getan, was Du willst. Wenn Du eine Hose willst, aber eine Jacke kaufst (weil Du sie vielleicht dringender brauchst), hast Du getan, was Du <b>nicht</b> willst. Wie bereits erwähnt: Es gibt keine Willensfreiheit aber eine beschränkte Handlungsfreiheit!

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:

"Ein Ziel haben" ist der Gedanke eines Bestrebens, der eine vorläufige Festlegung im möglichen Widerstreit von Wollen, Können und Sollen trifft. Ein Ziel kann im Einklang mit oder im Widerspruch zu unserem Wollen, Können oder Sollen stehen.

Ein Ziel ist erstmal nur eine ferner liegende Absicht.


Nicht nach meiner Definition!

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:

"Eine Absicht haben" bedeutet, ein gestecktes Ziel mit Gedanken zu seiner Verwirklichung zu verbinden und entsprechende Handlungen ins Auge zu fassen.

Ein gestecktes Ziel beinhaltet immer "Gedanken zu seiner Verwirklichung", sonst ist es kein Ziel.


Nicht nach meiner Definition!

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:

"Eine Entscheidung treffen" bedeutet, gedanklich konkrete Handlungen zur Erreichung eines bestimmten Zieles festzulegen.

Ich treffe die Entscheidung, endlich meinen Dachboden aufzuräumen, habe aber nicht die Spur einer Ahnung, wie ich das machen soll.


Dann ist es - nach meiner Definition - auch keine Entscheidung! Bitte versteh doch, daß nicht das Objekt den Begriff bestimmt, sondern umgekehrt, und zwar <b>qua Definition!</b>

Free Will hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Bei der Frage um die Willensfreiheit geht es um Folgendes:


Free will raises the question whether, and in what sense, rational agents exercise control over their actions, decisions, choices.


Wohlwollender Kommentar: unverständlich, weil die Definition des Begriffes "free will" fehlt. Weniger wohlwollender Kommentar: der übliche Schwachsinn!
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Beitrag(#1418125) Verfasst am: 16.01.2010, 13:06    Titel: Antworten mit Zitat

Ascanius hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Bei der Frage um die Willensfreiheit geht es um Folgendes:
Free Will hat folgendes geschrieben:

Free will raises the question whether, and in what sense, rational agents exercise control over their actions, decisions, choices.
Wohlwollender Kommentar: unverständlich, weil die Definition des Begriffes "free will" fehlt. Weniger wohlwollender Kommentar: der übliche Schwachsinn!

Der zweite Teil der Definition ist ja nicht per se sinnlos, sondern beschreibt einen durchaus wichtigen Aspekt, den man allerdings "Rationalität" (oder von mir aus "rationale Handlungskontrolle") nennen sollte, und nicht als "Freiheit des Willens".
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Marcellinus
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Beitrag(#1418126) Verfasst am: 16.01.2010, 13:10    Titel: Antworten mit Zitat

Ascanius hat folgendes geschrieben:
@ Marcellinus & AgentProvocateur:
Jeder Philosoph findet eine Sprache vor, die sich formal ziellos im Alltagsgebrauch der Menschen und ohne Rücksicht auf philosophische Belange entwickelt hat. Leider sind etliche ihrer Begriffe mit Bedeutungen beladen, die einer klärenden Systematisierung des Denkens im Wege stehen. Schlechten Philosophen und den meisten Laien ist das nicht bewußt, weshalb sich ihre Diskurse in fruchtlosem Geschwurbel, Geschwätz und Geschwalle verlieren (ein Phänomen, das nicht nur hier sondern z.B. auch in TV-Talkrunden mit kontroversem Thema zu beobachten ist. Regelmäßig entsteht dabei der Eindruck, es gebe keine Lösung, und man müsse sich mit Differenzen "toleranterweise" abfinden. In Wirklichkeit aber hat man - wie einst zu Babel - "nur" aneinander vorbeigeredet.). Gute Philosophen und ihre Freunde hingegen sind immer auch semantische Konstruktivisten, die ihre zentralen Begriffe mit größtmöglicher Exaktheit so definieren, daß sie ihren Zweck als stabile Elemente einer logisch konsistenten Philosophie erfüllen können. Dazu ist es notwendig, bestimmte Begriffe zu meiden, von Mehrdeutigkeiten zu befreien, neu zu definieren oder zu ersetzen - ggf. sogar durch Neologismen. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß viele - wenn nicht gar die meisten - philosophischen Probleme Scheinprobleme sind, die in erster Linie auf ungeordneter Semantik beruhen. Das muß nicht sein, denn nur wir selbst entscheiden darüber, welche Begriffe wir auf welche Objekte anwenden wollen. Kein Begriff hat an sich eine bestimmte Bedeutung! Wir sollten das trotz aller Schwierigkeiten als Chance betrachten und zu unserer philosophischen Entwicklung nutzen.
...
Das verfügbare Wissen über Fakten wird uns von den Wissenschaften präsentiert, und die Aufgabe analytischer Philosophen besteht darin, dieses Wissen semantisch, erkenntnistheoretisch und ontologisch zu systematisieren, was seinerseits ordnende Rückwirkungen auf die Wissenschaften haben kann und soll. Beispiel Willensfreiheit: Wenn es sie nicht gibt, weil es sie nicht geben <b>kann</b>, entfallen philosophisch unreflektierte Sensationsmeldungen und mit ihnen weitere Diskussionen.

Das hättest du wohl gern. Ist dir schon aufgefallen, daß du dir deine Begriffe so strickst, daß die von dir gewünschte Antwort die scheinbar zwangsläufige Folge ist? Ist dir schon aufgefallen, daß die Wissenschaften schon lange nicht mehr der Philosophie ihre Erkenntnisse zur Genehmigung vorlegen? Philosophie ist was für's Feuilleton. Begriffe haben sich nach den Fakten zu richten, nicht umgekehrt. Theorien haben durch Tatsachenbeobachtungen belegbar zu sein, die ihrerseits neue Tatsachenbeobachtungen ermöglichen. Begriffe, die nicht mehr zu dem passen, was damit Begriffen werden soll, gehören auf den Müllhaufen der Wissenschaftsgeschichte.

Scheinbar heilige Kühe der Philosophie liegen heute im Computertomografen. Absolute Begriffe wie 'Freiheit', 'Determinismus' oder 'Freier Wille' lösen sich auf in Zusammenhänge beobachtbarer Fakten und produzieren Wissen, wo Philosophen in Jahrhunderten nur Semantik hervorgebracht haben, statt lieber ihren Vorgarten umzugraben. zwinkern
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Beitrag(#1418137) Verfasst am: 16.01.2010, 13:27    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Free Will hat folgendes geschrieben:
Free will raises the question whether, and in what sense, rational agents exercise control over their actions, decisions, choices.

Wohlwollender Kommentar: unverständlich, weil die Definition des Begriffes "free will" fehlt. Weniger wohlwollender Kommentar: der übliche Schwachsinn!

Der zweite Teil der Definition ist ja nicht per se sinnlos, sondern beschreibt einen durchaus wichtigen Aspekt, den man allerdings "Rationalität" (oder von mir aus "rationale Handlungskontrolle") nennen sollte, und nicht als "Freiheit des Willens".


Es handelt sich ja keineswegs um eine Definition sondern nur um eine Behauptung, die nun mal einfach keinen Sinn ergibt, solange der kritische Begriff "free will" undefiniert bleibt.
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Beitrag(#1418141) Verfasst am: 16.01.2010, 13:30    Titel: Antworten mit Zitat

Ascanius hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Free Will hat folgendes geschrieben:
Free will raises the question whether, and in what sense, rational agents exercise control over their actions, decisions, choices.
Wohlwollender Kommentar: unverständlich, weil die Definition des Begriffes "free will" fehlt. Weniger wohlwollender Kommentar: der übliche Schwachsinn!
Der zweite Teil der Definition ist ja nicht per se sinnlos, sondern beschreibt einen durchaus wichtigen Aspekt, den man allerdings "Rationalität" (oder von mir aus "rationale Handlungskontrolle") nennen sollte, und nicht als "Freiheit des Willens".
Es handelt sich ja keineswegs um eine Definition sondern nur um eine Behauptung, die nun mal einfach keinen Sinn ergibt, solange der kritische Begriff "free will" undefiniert bleibt.

Das sehe ich anders. Der Begriff "Freier Wille" ist zwar insgesamt gesehen nicht wohldefiniert, weil jeder darunter etwas anderes versteht, nämlich immer wie es ihm gerade in den Kram paßt. Aber in diesem Fall wird er ja tatsächlich mal definiert, nämlich grob gesagt

"free will" = Rationalität
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Beitrag(#1418155) Verfasst am: 16.01.2010, 14:15    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Free Will hat folgendes geschrieben:
Free will raises the question whether, and in what sense, rational agents exercise control over their actions, decisions, choices.
Wohlwollender Kommentar: unverständlich, weil die Definition des Begriffes "free will" fehlt. Weniger wohlwollender Kommentar: der übliche Schwachsinn!
Der zweite Teil der Definition ist ja nicht per se sinnlos, sondern beschreibt einen durchaus wichtigen Aspekt, den man allerdings "Rationalität" (oder von mir aus "rationale Handlungskontrolle") nennen sollte, und nicht als "Freiheit des Willens".
Es handelt sich ja keineswegs um eine Definition sondern nur um eine Behauptung, die nun mal einfach keinen Sinn ergibt, solange der kritische Begriff "free will" undefiniert bleibt.

Das sehe ich anders. Der Begriff "Freier Wille" ist zwar insgesamt gesehen nicht wohldefiniert, weil jeder darunter etwas anderes versteht, nämlich immer wie es ihm gerade in den Kram paßt. Aber in diesem Fall wird er ja tatsächlich mal definiert, nämlich grob gesagt

"free will" = Rationalität


Sind "rationale Agenten" nur gesellschaftliche/institutionelle, aber keine individuellen Subjekte?

Kann man technische, betriebswirtschaftliche, individuelle Rationalität, also zusammengefasst immanente Rationalität als freiheitsstiftende Rationalität ansehen?

Bedeutet es nicht, dass Ziele und Zwecke spätestens mit der Erwähnung von Rationalität ins Spiel kommen und Wille, Entscheiden und Handeln sich automatisch danach auszurichten haben?

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Beitrag(#1418167) Verfasst am: 16.01.2010, 14:45    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Aber in diesem Fall wird er ja tatsächlich mal definiert, nämlich grob gesagt

"free will" = Rationalität
Sind "rationale Agenten" nur gesellschaftliche/institutionelle, aber keine individuellen Subjekte?

So wie ich die Definition verstehe, sollen es sogar NUR individuele Subjekte sein.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Kann man technische, betriebswirtschaftliche, individuelle Rationalität, also zusammengefasst immanente Rationalität als freiheitsstiftende Rationalität ansehen?

Rationalität stiftet primär Wissen, Klarheit, Effizienz in der Zielerreichung und sowas. Vielleicht wird man dadurch "frei von" dem einen oder anderen Zwang oder Illusion. Vielleicht wird man auch handlungsfreier bzw. politisch freier, da man seinen Willen ja effizienter erreichen kann.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Bedeutet es nicht, dass Ziele und Zwecke spätestens mit der Erwähnung von Rationalität ins Spiel kommen und Wille, Entscheiden und Handeln sich automatisch danach auszurichten haben?

Was heißt schon "zu haben"? Wenn man ein rationaler Mensch ist, tun die Entscheidungen das eben. Sozusagen eine neue Ebene der Determiniertheit.
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Beitrag(#1418173) Verfasst am: 16.01.2010, 15:00    Titel: Antworten mit Zitat

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Es handelt sich ja keineswegs um eine Definition sondern nur um eine Behauptung, die nun mal einfach keinen Sinn ergibt, solange der kritische Begriff "free will" undefiniert bleibt.


step hat folgendes geschrieben:
Das sehe ich anders. Der Begriff "Freier Wille" ist zwar insgesamt gesehen nicht wohldefiniert, weil jeder darunter etwas anderes versteht, nämlich immer wie es ihm gerade in den Kram paßt.


Gerade darum müßte er <b>UN-BE-DINGT</b> definiert werden, bevor man ihn verwendet! Wie will man ihm sonst jemals seine Fehlerhaftigkeit und Unbestimmtheit nehmen können?

step hat folgendes geschrieben:
Aber in diesem Fall wird er ja tatsächlich mal definiert, nämlich grob gesagt

"free will" = Rationalität


Erstens ist das eine unbrauchbare Gleichsetzung, zweitens identifiziert sie gleich zwei kritische (d.h. definitionsbedürftige) Begriffe miteinander, und drittens geht sie so aus dem zitierten Satz nicht hervor. Der sagt nämlich nur Folgendes aus:
<b>Es gibt einen freien Willen.</b> <i>Leider bleibt offen, ob damit ein Begriff oder sein Bezugsobjekt gemeint ist. Geht es um sein Bezugsobjekt, muß auch noch dessen ontologischer Status geklärt werden. Der Formulierung nach dürfte es ein Ding (reales/interaktionsfähiges Objekt) sein. Sollen empirisch prüfbare Aussagen darüber getroffen werden, bedarf es natürlich auch noch theoretisch gestützter Daten über seine Existenz.</i> <b>Dieses unzureichend spezifizierte Etwas wirft die Frage auf, ob und in welchem Sinne rational Handelnde Kontrolle über ihre Handlungen, Entscheidungen und Wahlen ausüben.</b> <i>Hier wiederum bleibt offen, was "rational Handelnde" sind, bzw. worin ihre "Rationalität" besteht. Dazu würde mich persönlich noch interessieren, wie der Unterschied zwischen "decisions" und "choices" konkret verstanden werden soll.</i>
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Beitrag(#1418184) Verfasst am: 16.01.2010, 15:17    Titel: Antworten mit Zitat

@ Marcellinus:

Dein flüchtiger Beitrag ist eine Unverschämtheit! Du könntest Dich wenigstens um den <b>Anschein</b> bemühen, meine Postings durchdenken und verstehen zu wollen!
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