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Bewusstsein und Evolution
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Shadaik
evolviert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 26377
Wohnort: MG

Beitrag(#1457074) Verfasst am: 09.04.2010, 08:12    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Shadaik hat folgendes geschrieben:

Die Idee, man könne ohne Sprache nicht denken ist auch reichlich weit hergeholt.


Man kann auch in Bildern denken; aber was sowohl wort- als auch bildloses Denken sein soll, ist mir schleierhaft. Und abstrakt-theoretisches Denken ist ohne wortsprachliche Fähigkeiten nicht möglich.
Das wir Menschen uns das nicht vorstellen können, sagt gar nichts aus.
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Skeptiker
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Anmeldungsdatum: 14.01.2005
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Beitrag(#1457123) Verfasst am: 09.04.2010, 11:58    Titel: bewusste Materie Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Dann erscheint es aber umso fragwürdiger, für (1.) eine Definition anzugeben, die nicht operationalisierbar ist.
Tja, das Problem liegt hier in der Natur der Sache, d.h. in der irreduziblen Subjektivität der Bewusstseinsinhalte.

Tja, das sehe ich eben anders: Man wird mE das, was ich unter "Bewußtsein" vesrstehe, erklären und künstlich erzeugen können ...


Man wird sicherlich irgendwann mal das nachbauen können, was Du unter Bewusstsein verstehst.

Aber ob man jemals das nachbauen kann, was Bewusstsein wirklich ist, das ist durchaus unklar, bei allem Technikoptimismus, den ich auch teile.

Auch ist unklar, ob wir Menschen jemals *dahinter* kommen und Bewusstsein verstehen können. ich weiß es nicht.

Was wir aber wissen ist, dass es in der Welt Möglichkeiten der Materieorganisation gibt, bei denen Bewusstsein entsteht, d.h. Materie kann sich ihrer selber bewusst werden. Das muss nicht an eine bestimmte Strukturklasse - wie etwa ein Gehirn - gebunden sein. Andere Strukturklassen können womöglich exakt das selbe Bewusstsein produzieren. Oder es kann auch unterschiedliche Bewusstseinsklassen, verschiedene Qualitäten und Arten von Bewusstsein geben, nicht bloß Bewusstseinsgrade.

Sicher ist aus meiner Sicht jedoch: Kein Computer kann je Bewusstsein haben. Aber für mich sind künstliche Wesen denkbar, die alles können, was ein Mensch kann, auch ohne Bewusstsein zu besitzen.

Und wenn diese künstlichen Wesen sich also auch wachsen und sich fortpflanzen könnten und ihren Körper in Generationen an veränderte Umweltbedingungen anpassen, dann würden sie ebenfalls einer Evolution unterliegen, aber ohne Bewusstsein.

Bewusstsein ist grundsätzlich nicht nötig. Bewusstsein ist aber nötig für die Art von Lebewesen, die wir sind. Wir können ohne Bewusstsein nicht überleben, etwa ohne bewusste Schmerz- oder Lustempfindung. Es sind aber andere Systeme denkbar, die das könnten.

Deshalb denke ich: Weil Bewusstsein für das höherstufige irdische Leben nützlich ist, haben sich zufällig entstandene Bewusstseinsvorstufen weiter ausgebildet. Bewusstsein ist unnötig für Pflanzen, unnötig für Bakterien. Aber höhere Wirbeltiere oder andere höhere bewusste Tiere leben im Durchschnitt effektiver, wenn sie die Fähigkeit der gefühlsmäßigen Konditionierung besitzen, was ohne bewusste Gefühle nicht geht bei unserer Art von Lebenssystem. Durch Konditionierung per Bewusstsein kommt es wiederum zu Verhaltensevolutionen, d.h. zur versuchsweisen Herausbildung ungeeigneter und geeigneter Verhaltensmuster, bis zu sehr hohen Komplexitätsgraden.

Eine andere Art von Lebewesen könnte die Konditionierung per Gefühls- und Erfahrungsgedächtnis wie gesagt durch andere, bewusstlose Mechanismen ersetzen. Wir Erdenwesen können es nicht, aufgrund unserer strukturellen Verfasstheit.

Unser Denken wiederum steht z.T. auch in Wechselbeziehung zum Gefühls- und Erfahrungsgedächtnis und wird so beeinflusst.

step hat folgendes geschrieben:
und auch die Tatsache der Subjektivität wird reduzibel sein - ich gebe allerdings AP recht, daß dies noch nicht geschehen ist. Daß die Erklärung einer Erfahrung nicht die Erfahrung selbst ist, scheint mir eher trivial, auch wenn es immer wieder "hard problem" genannt wird.

Wer jedoch "Bewußtsein" nicht operationalisierbar definieren möchte, sondern ganz subjektivistisch bei einem "unfaßbaren Gefühl" bleibt, ähnlich wie bei "das Übernatürliche / Gott", dessen Aussagen in einer Diskussion sind irgendwie beliebig.


Der Unterschied zwischen "Gott" und Bewusstsein ist, dass letzteres existiert. Zweitens ist letzteres trotz Existenz nicht "fassbar". Die Frage ist auch, was "fassbar" überhaupt bedeuten soll. Es kann durchaus sein, dass das Phänomen Bewusstsein nie begriffen wird. In diesem Falle muss sich die Menschheit eben damit abfinden.

Es wird ja auch nie ein Weltformel geben. zwinkern

Das heisst: Ganz wird der Mensch die Welt ohnehin nicht begreifen.

Das heisst aber nicht, dass er nicht mit dem, was er weiß, was er begreift, die Welt sehr vernünftig reorganisieren könnte. Das kann er sehr wohl. Wir müssen durchaus nicht erst die Weltformel entwickeln und das Bewusstsein verstehen, um vernünftige Lebensbedingungen für die höheren Wesen auf dieser Erde zu schaffen. Dafür wissen wir nämlich längst mehr als genug ...-!

(Was nicht heisst, dass dies "letzten Fragen" nicht interessant wären. Nur sehe ich das Ganze im Endeffekt als ziemlich unfruchtbar an.)

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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1457478) Verfasst am: 09.04.2010, 21:39    Titel: Antworten mit Zitat

Nochmal zum Epiphänomenalismus:

Epiphänomenalism hat folgendes geschrieben:
Epiphenomenalism is the view that mental events are caused by physical events in the brain, but have no effects upon any physical events.

Epihänomenalismus ist die Ansicht, dass mentale Ereignisse durch physikalische Ereignisse im Gehirn verursacht werden, jedoch keinen Effekt auf irgendein physikalisches Ereignis haben.

Das erscheint mir zwar auf gewisse Weise richtig, (rein auf die physikalische Ebene / Betrachtungsweise bezogen), man muss nun aber mE folgende Schlussfolgerungen daraus ziehen / folgende Fragen stellen:

- entweder ist Bewusstsein dann a) in jeglichem Sinne irrelevant oder b) eine (hypothetisch komplette) kausale Beschreibung der Welt ist unvollständig
- falls a): dann ist zu berücksichtigen, dass alles, was unsere Wirklichkeit ausmacht, jegliche Erkenntnis, über unser Bewusstsein läuft, im Bewusstsein erst zu einer solchen gemacht wird; wäre also unser Bewusstsein irrelevant, dann gäbe es auch keine Wirklichkeit (bzw. diese Behauptung - so wie alle Erkenntnis und somit auch Naturwissenschaft - wäre ebenfalls irrelevant - der Begriff 'unbewusste Wissenschaft' ergibt einfach keinen Sinn)
- falls b): die Naturwissenschaft wäre dann ein ungeeignetes Instrument zur kompletten Darstellung der Wirklichkeit, es gäbe einen Bereich der Wirklichkeit, der sich der Naturwissenschaft grundsätzlich entzieht (falls diese sich nur auf kausale Ursache-Wirkungs-Ketten bezieht)
- wie verträgt sich das mit dem Energieerhaltungssatz, wenn mentale Ereignisse kausal (im Sinne von Energieübertragung) verursacht werden, diese aber selber keine kausale Wirkung haben können? Wo bleibt diese Energie?
- und wenn mentale Ereignisse nicht kausal verursacht werden: liefe das nicht automatisch auf einen psychophysischen Parallelismus hinaus?
- das Bewusstsein wäre das einzige bekannte Phänomen überhaupt, das existierte und keine kausale Wirkung hat. Wie ist das zu erklären - denn normalerweise wird ja wohl nur das als wirklich, als existierend, angesehen, was eine Wirkung hat?

Und überhaupt: welche/s Problem/e löst der Epiphänomenalismus eigentlich? Wirft er nicht noch mehr ungelöste Fragen auf, als er erklären kann? Und wenn ja: wäre es dann letztlich nicht viel besser, zu sagen: 'das Leib/Seele-Problem ist ungelöst / ungewiss / eine offene Frage', als einen Epiphänomenalismus zu vertreten?
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Er_Win
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Anmeldungsdatum: 31.01.2008
Beiträge: 4482

Beitrag(#1457627) Verfasst am: 10.04.2010, 00:49    Titel: Antworten mit Zitat

nur so zur Auflockerung: ARTE-Doku Bewußtsein & Gedächtnis, wenn etwas "schief geht":

http://www.youtube.com/watch?v=Vhl6oskxrs0 Sendung 1 (Teil 1 v 5. - Rest siehe related list)

http://www.youtube.com/watch?v=VozrPzgsNHw Sendung 2 (Teil 1 v 5. - Rest siehe related list)
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#1457724) Verfasst am: 10.04.2010, 10:42    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nochmal zum Epiphänomenalismus:

Epiphänomenalism hat folgendes geschrieben:
Epiphenomenalism is the view that mental events are caused by physical events in the brain, but have no effects upon any physical events.

Epihänomenalismus ist die Ansicht, dass mentale Ereignisse durch physikalische Ereignisse im Gehirn verursacht werden, jedoch keinen Effekt auf irgendein physikalisches Ereignis haben.

Das erscheint mir zwar auf gewisse Weise richtig, (rein auf die physikalische Ebene / Betrachtungsweise bezogen), man muss nun aber mE folgende Schlussfolgerungen daraus ziehen / folgende Fragen stellen:

- entweder ist Bewusstsein dann a) in jeglichem Sinne irrelevant oder b) eine (hypothetisch komplette) kausale Beschreibung der Welt ist unvollständig ...

b) kommt für micht nicht infrage. Was mich an a) und generell am Epiphänomenalismus stört (siehe auch Dein letzter Abschnitt unten), ist die implizite Annahme, die mentalen Zustände ergäben sich aus den neuronalen, seien also doch irgendwie getrennt. Siehe auch das Bildchen in wikipedia.

Ich finde diese Interpretation falsch, und sie führt auch zu dem von Dir hier zurecht formulierten Widerspruch: Etwas entstehe und sei doch irrelevant.

Daher vertrete ich eher die Variante, daß das Epiphänomen identisch mit dem Phänomen ist. Es ist vielleicht auf den ersten Blick stark unintuitiv, aber ich meine, Bewußtsein ist tatsächlich Teil von / identisch mit den neurologischen Vorgängen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Und überhaupt: welche/s Problem/e löst der Epiphänomenalismus eigentlich? Wirft er nicht noch mehr ungelöste Fragen auf, als er erklären kann?

Die Frage finde ich berechtigt in bezug auf die oben genannte, aus meiner Sicht problematische, EP-Interpretation.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und wenn ja: wäre es dann letztlich nicht viel besser, zu sagen: 'das Leib/Seele-Problem ist ungelöst / ungewiss / eine offene Frage', als einen Epiphänomenalismus zu vertreten?

Nein, das finde ich nicht. Offen ist nicht das Leib/Seele-Problem, sondern die Erklärung neronaler Zustände, die wir als "bewußt" empfinden.
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Myron
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Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3625

Beitrag(#1458113) Verfasst am: 10.04.2010, 20:39    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nochmal zum Epiphänomenalismus:
Epiphänomenalism hat folgendes geschrieben:
Epiphenomenalism is the view that mental events are caused by physical events in the brain, but have no effects upon any physical events.

Epihänomenalismus ist die Ansicht, dass mentale Ereignisse durch physikalische Ereignisse im Gehirn verursacht werden, jedoch keinen Effekt auf irgendein physikalisches Ereignis haben.


Es gibt zwei Varianten des Epiphänomenalismus, die man als Ereignis-Epiphänomenalismus (event epiphenomenalism/token epiphenomenalism) und als Eigenschafts-Epiphänomenalismus (type epiphenomenalism/property epiphenomenalism) bezeichnen kann:

1. Ereignis-Epiphänomenalismus:

Psychische Ereignisse können nichts bewirken, verursachen.

2. Eigenschafts-Epiphänomenalismus:

Kein Ereignis kann vermöge psychischer Eigenschaften etwas bewirken, verursachen.


1 impliziert 2, aber 2 impliziert nicht 1. Das heißt, wenn man psychische Ereignisse mit physischen Ereignissen gleichsetzt, d.h. zu psychophysischen Ereignissen erklärt, dann kann man als Eigenschafts-Epiphänomenalist sagen, dass psychische Ereignisse durchaus Verursacher anderer (psychischer oder physischer) Ereignisse sind—aber nicht vermöge ihrer psychischen, sondern ihrer physischen Eigenschaften.
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Shadaik
evolviert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 26377
Wohnort: MG

Beitrag(#1458348) Verfasst am: 11.04.2010, 08:29    Titel: Antworten mit Zitat

1. ist durch jede bewusste Entscheidung ad absurdum geführt (dafür ist noch nicht einmal freier Wille nötig), 2. ist Metaphysik, da kannst du sonstwas glauben und/oder behaupten, wenn's dir Spass macht
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Er_Win
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Anmeldungsdatum: 31.01.2008
Beiträge: 4482

Beitrag(#1458351) Verfasst am: 11.04.2010, 08:45    Titel: Antworten mit Zitat

Bewußtsein als (wie auch immer detailliert spezifiziertes) Epiphänomen erscheint mir höchst unwahrscheinlich und "unelegant". Das würde bedeuten, dass evolutionär die komplexeste bekannte Struktur "nutzlos" entstanden wäre, da alles auch ohne selbige genauso gut "funktionieren" würde.

Ebenso bin ich (bekanntermaßen ?) kein Anhänger eines physikalistischen Reduktionismus, der Kausalität (bzw. eine gerichtete Kausalkette) nur in down->top Richtung annimmt.

Aus meiner (monistischen) Sicht ist Bewußtsein ein (notwendiges ?) Ergebnis einer hinreichend komplexen, n-schichtigen, selbstorganisationsfähigen, stark-musterbildenden, emergenzfähigen Struktur, welche vermutlich nicht zwingend an ein biologisches Hirn gebunden sein muss.

Entsprechende (konstruktivistisch motivierte) Forschungen gehen auch in diese Richtung. Siehe zB. das hier im Forum bereits erwähnte: http://bluebrain.epfl.ch/
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Myron
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Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3625

Beitrag(#1458353) Verfasst am: 11.04.2010, 08:53    Titel: Antworten mit Zitat

Shadaik hat folgendes geschrieben:
1. ist durch jede bewusste Entscheidung ad absurdum geführt (dafür ist noch nicht einmal freier Wille nötig)


Wenn ein physisches Ereignis PHY1 regelmäßig sowohl ein epiphänomenales psychisches Ereignis PSY als auch ein anderes physisches Ereignis PHY2 verursacht, dann tritt PHY2 immer nach PSY ein, sodass es subjektiv den Anschein hat, als wäre PSY die wirkliche Ursache von PHY2. Doch das ist nicht der Fall, denn die wirkliche Ursache von PHY2 ist allein PHY1.
Die Moral von der Geschichte ist, dass es keineswegs offensichtlich und selbstverständlich ist, dass psychische Ereignisse Verursacher anderer Ereignisse sind.
Der Vorwurf, der Ereignis-Epiphänomenalismus wäre in sich absurd, kann also leicht entkräftet werden.

(Siehe: http://plato.stanford.edu/entries/epiphenomenalism/#Absurd)
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Shadaik
evolviert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 26377
Wohnort: MG

Beitrag(#1458358) Verfasst am: 11.04.2010, 09:14    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Shadaik hat folgendes geschrieben:
1. ist durch jede bewusste Entscheidung ad absurdum geführt (dafür ist noch nicht einmal freier Wille nötig)


Wenn ein physisches Ereignis PHY1 regelmäßig sowohl ein epiphänomenales psychisches Ereignis PSY als auch ein anderes physisches Ereignis PHY2 verursacht, dann tritt PHY2 immer nach PSY ein, sodass es subjektiv den Anschein hat, als wäre PSY die wirkliche Ursache von PHY2. Doch das ist nicht der Fall, denn die wirkliche Ursache von PHY2 ist allein PHY1.
Die Moral von der Geschichte ist, dass es keineswegs offensichtlich und selbstverständlich ist, dass psychische Ereignisse Verursacher anderer Ereignisse sind.
Der Vorwurf, der Ereignis-Epiphänomenalismus wäre in sich absurd, kann also leicht entkräftet werden.

(Siehe: http://plato.stanford.edu/entries/epiphenomenalism/#Absurd)
Zu der Annahme, dass ich ein Bewusstsein habe, gehört auch die Annahme, dass ich bewusste Entscheidungen treffe. Setze ich diese Entscheidungen um, ist dies eine physische Auswirkung meiner Entscheidung.

Nehmen wir an, dass diese Entscheidung (sei sie nun kausal bedingt oder wirklich frei) keine physische Auswirkung hat, so existiert sie letztendlich nicht, denn eine Entscheidung macht nur Sinn (im wahrsten Sinn von machen), wenn sie auch in der realen Welt zu einer Auswirkung (der umgesetzten Entscheidung) führt (führen kann).
Wäre dem nicht so, wäre Bewusstsein lediglich eine besonders komplexe Sinnestäuschung.

Das lässt sich durch 2. umgehen, Annahme 1. aber funktioniert einfach nicht. Oder wir nehmen an, dass Bewusstsein tatsächlich nicht existiert (mangels brauchbarer Definition von Bewusstsein durchaus möglich).
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step
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Beiträge: 22782
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Beitrag(#1458361) Verfasst am: 11.04.2010, 09:20    Titel: Antworten mit Zitat

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Aus meiner (monistischen) Sicht ist Bewußtsein ein (notwendiges ?) Ergebnis einer hinreichend komplexen, n-schichtigen, selbstorganisationsfähigen, stark-musterbildenden, emergenzfähigen Struktur, welche vermutlich nicht zwingend an ein biologisches Hirn gebunden sein muss.

Wo bringst Du da denn die Schicht unter, die auf neurologischer Ebene komplexe Berchnungen / Modellierungen durchführt? Wenn man die als identisch mit dem ominösen "Bewußtsein" ansehen würde, wäre Deine Ansicht sogar mit bestimmten epiphänomenalistischen und reduktionistischen Interpretationen (z.B. meiner) vereinbar. Wenn nicht, bleibt auch in Deinem Ansatz das Problem erhalten, wie zusätzlich das "Bewußtsein" zustandekommt.
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Er_Win
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Anmeldungsdatum: 31.01.2008
Beiträge: 4482

Beitrag(#1458369) Verfasst am: 11.04.2010, 10:06    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Wo bringst Du da denn die Schicht unter, die auf neurologischer Ebene komplexe Berchnungen / Modellierungen durchführt? Wenn man die als identisch mit dem ominösen "Bewußtsein" ansehen würde...


Diese Frage stellt sich mir SO nicht, da ich (vermutlich) eine etwas andere Modellvorstellung von Bewußtsein habe - insbesondere hat die keinerlei Analogie zu elektrischne/elektronischen Schichten/Regelkreis-Modellen, sodass es nicht eine bestimmte Schicht gibt, die für irgendetwas genau "zuständig" ist. Die (selbst-bewußte) Bedeutung entsteht als raum-zeitliches, funktionales, schichtübergreifendes strukturelles "Muster" des Systems, welches in vielfacher Weise rückgekoppelt mit anderen "Mustern" "tieferer" Ebenen interagiert.

Wenn man zB. die Ergebnisse i.d. verlinkten ARTE-Dokus betrachtet, wird klar, dass zB. jene "Schicht(en)", die für detailgetreue Erinnerungen und/oder komplexe algorithmische "Berechnungen" hervorragend geeignet sind, gerade nicht ident sind mit solchen, die direkt dem (Selbst-)Bewußtsein entsprechen. Im Gegenteil, beim "normalen" Hirn hat das bewußte Denken nur sehr mittelbaren Konnex und "Zugriff" auf diese "Systemebene(n)".
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fwo
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Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#1458386) Verfasst am: 11.04.2010, 11:03    Titel: Antworten mit Zitat

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Bewußtsein als (wie auch immer detailliert spezifiziertes) Epiphänomen erscheint mir höchst unwahrscheinlich und "unelegant". Das würde bedeuten, dass evolutionär die komplexeste bekannte Struktur "nutzlos" entstanden wäre, da alles auch ohne selbige genauso gut "funktionieren" würde.....

Nur so zur Begriffsklärung: Wenn wir von in "der Evolution" geschaffenen Strukturen reden, meinen wir normalerweise etwas Körperliches - davon gehe ich bei Bewusstsein nicht aus, ich halte Bewusstsein für eine Funktion der Software, wie Du vermutlich auch, wennn Du sagst, dass es nach deiner Meinung nicht an ein biologisches Hirn gebunden ist.

Was ich mit Epiphänomen meine, ist nicht das Bewusstsein als Funktion - wenn ich mich entscheide, die Motorsäge anzuwerfen, um Bäume umzulegen, sind die physikalischen Folgen weithin sichtbar, das kann es also nicht sein. Das Epiphänomen des Bewusstseins ist das Gefühl davon, nicht das Bewusstsein selbst. Das was hier mit der netten Vokabel Quale bzw Qualia schon reichlich diskutiert wurde.

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Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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Er_Win
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Beiträge: 4482

Beitrag(#1458401) Verfasst am: 11.04.2010, 11:38    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Das Epiphänomen des Bewusstseins ist das Gefühl davon, nicht das Bewusstsein selbst. Das was hier mit der netten Vokabel Quale bzw Qualia schon reichlich diskutiert wurde.


Und genau diese Qualia Frage erscheint mir (in dualistischem Sinne) konstruiert - was bitte ist ein Bewußtsein, ohne das Gefühl der Bewußtheit bzw. der "Ich-Heit" ?
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fwo
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Anmeldungsdatum: 05.02.2008
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Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#1458409) Verfasst am: 11.04.2010, 11:54    Titel: Antworten mit Zitat

Er_Win hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Das Epiphänomen des Bewusstseins ist das Gefühl davon, nicht das Bewusstsein selbst. Das was hier mit der netten Vokabel Quale bzw Qualia schon reichlich diskutiert wurde.


Und genau diese Qualia Frage erscheint mir (in dualistischem Sinne) konstruiert - was bitte ist ein Bewußtsein, ohne das Gefühl der Bewußtheit bzw. der "Ich-Heit" ?

Das ich Gefühle habe, ist ohne Zweifel. Meine Frage besteht nur darin, ob es funktional wichtig ist, wie die wirklich sind. Die einzige Anforderung von Seiten der Funktion ist die Zuordenbarkeit und damit die Wiederderkennung. Insofern können die Gefühle bei jedem Individuum anders aussehen, wenn sie nur eine hinreichend Eindeutigkeit für dieses Individuum besitzen. Wichtig ist, dass ich wiedererkenne, also die ankommende Information zuordne.

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step
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Wohnort: Germering

Beitrag(#1458418) Verfasst am: 11.04.2010, 12:02    Titel: Antworten mit Zitat

Er_Win hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Wo bringst Du da denn die Schicht unter, die auf neurologischer Ebene komplexe Berchnungen / Modellierungen durchführt? Wenn man die als identisch mit dem ominösen "Bewußtsein" ansehen würde...
Diese Frage stellt sich mir SO nicht, da ich (vermutlich) eine etwas andere Modellvorstellung von Bewußtsein habe - insbesondere hat die keinerlei Analogie zu elektrischne/elektronischen Schichten/Regelkreis-Modellen, sodass es nicht eine bestimmte Schicht gibt, die für irgendetwas genau "zuständig" ist. Die (selbst-bewußte) Bedeutung entsteht als raum-zeitliches, funktionales, schichtübergreifendes strukturelles "Muster" des Systems, welches in vielfacher Weise rückgekoppelt mit anderen "Mustern" "tieferer" Ebenen interagiert.

Wenn man zB. die Ergebnisse i.d. verlinkten ARTE-Dokus betrachtet, wird klar, dass zB. jene "Schicht(en)", die für detailgetreue Erinnerungen und/oder komplexe algorithmische "Berechnungen" hervorragend geeignet sind, gerade nicht ident sind mit solchen, die direkt dem (Selbst-)Bewußtsein entsprechen. Im Gegenteil, beim "normalen" Hirn hat das bewußte Denken nur sehr mittelbaren Konnex und "Zugriff" auf diese "Systemebene(n)".

Naja, soo unterchiedlich sind unsere Vorstellungen da nicht, denn zumindest sehe ich folgende Gemeinsamkeiten:

- Ich-heit / Meinigkeit liegt ein zusammenfassender Mechanismus zugrunde, der über die Reaktion auf einzelne Wahrnehmungen hinausgeht (Metzingers Ego-Tunnel geht in diese Richtung)

- Die QUalia-Frage (subjektive Erlebnisse vs. Bewußtheit) scheint konstruiert

Daß die von Dir so genannten "Muster" komplex emergieren, schadet aus meiner Sicht nicht der Reduzierbarkeit, während Du eher die fundamentale Neuartigkeit" dieser Ebene betonst. Das ist aber mE nur eine Interpretationssache.
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Beitrag(#1458463) Verfasst am: 11.04.2010, 13:35    Titel: Antworten mit Zitat

Gefühl und Bewusstsein sind wahrscheinlich nicht nur abhängig von verschiedenen Gehirnstrukturen und deren Art von Vernetzung, Kooperation und/oder strikten Trennungen sondern auch abhängig vom "Rest des Körpers", also allem, was Nicht-Fühl- und Bewusstseinsorgane sind.

Hätte z.B. ein Bewusstseins- und Gefühlswesen einen Körper aus Granit und würde sich vom Fang frei umher laufender Silizium-Schaltkreise ernähren, so wäre eine andere Art von Körper-Bewusstsein, aber auch ein ganz anderes Spektrum von Emotionen hinreichend oder zweckmäßig.

Dies nur mal als Einwurf gegen den gängigen Hirn-Positivismus.

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Beitrag(#1458472) Verfasst am: 11.04.2010, 13:51    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Daher vertrete ich eher die Variante, daß das Epiphänomen identisch mit dem Phänomen ist. Es ist vielleicht auf den ersten Blick stark unintuitiv, aber ich meine, Bewußtsein ist tatsächlich Teil von / identisch mit den neurologischen Vorgängen.


Na ja, die Farbe Rot oder Eigenschaft "rauh" einer Schuppenhaut sind sozusagen auch Epiphänomene der Struktur oder meinetwegen auch die Struktur selbst.

Das ist aber - glaube ich - an der wichtigen Frage vorbei, warum sich denn nicht eine andere Struktur samt anderem (Epi-)Phänomen als automatischem Begleiter herausgebildet hat in einem Evolutionsprozess?

Diese Frage bezüglich von Bewusstsein und Gefühl ist nicht gelöst, indem man darauf hinweist, dass die Struktur eben dieses Phänomen bedinge.

Sondern auch hier: Warum bildetet sich denn eine Struktur, die so ein Phänomen als automatischen Begleiter mit sich führt (- und nicht z.B. eine andere, aber genau so effiziente oder gar noch effizientere Informationsverarbeitungsstruktur ohne Bewusstsein und Gefühl) ...-?

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Beitrag(#1458478) Verfasst am: 11.04.2010, 14:21    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Diese Frage bezüglich [der Evolution von] von Bewusstsein und Gefühl ist nicht gelöst, indem man darauf hinweist, dass die Struktur eben dieses Phänomen bedinge.

Das war auch nicht meine Absicht. Und ich stimme Dir zu, daß diese Frage noch offen ist.

Die Frage ist allerdings evtl. unvoreingenommener lösbar, wenn man sich nicht so in die Qualiasphäre verbeißt, sondern einfach fragt, wieso z.B. die Herausbildung eines Ego-Tunnels, also eines Gesamtmodells, einer Ich-heit, evolutionär stabil ist.
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Beitrag(#1458479) Verfasst am: 11.04.2010, 14:22    Titel: Antworten mit Zitat

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Shadaik hat folgendes geschrieben:

Die Idee, man könne ohne Sprache nicht denken ist auch reichlich weit hergeholt.


Man kann auch in Bildern denken; aber was sowohl wort- als auch bildloses Denken sein soll, ist mir schleierhaft. Und abstrakt-theoretisches Denken ist ohne wortsprachliche Fähigkeiten nicht möglich.
Das wir Menschen uns das nicht vorstellen können, sagt gar nichts aus.
Wir können in Bildern, Tönen, Gerüche/Geschmack und Gefühl (Tastsinn) denken. Wörter sind nicht auf Abfolgen von Tönen beschränkt, ein Bild kann ein Wort sein, wie in den Schriftsprachen und Gesten, Oberflächenstrukturen können Wörter sein, wie Braille-Schrift, und Moleküle, beim Geschmack und Geruch, könnten auch als Wörter fungieren.

Man kann anhand der komplexität einer Sprache vermuten, wie komplex das Denken mindestens sein muss, man kann aber man keine Obergrenze dafür festlegen. Man kann auch ohne akustische Worte Denken, oder ist die Vorstellung eines Bildes kein Gedanke?


Zuletzt bearbeitet von Komodo am 11.04.2010, 14:24, insgesamt einmal bearbeitet
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step
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Beitrag(#1458481) Verfasst am: 11.04.2010, 14:23    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Hätte z.B. ein Bewusstseins- und Gefühlswesen einen Körper aus Granit und würde sich vom Fang frei umher laufender Silizium-Schaltkreise ernähren, so wäre eine andere Art von Körper-Bewusstsein, aber auch ein ganz anderes Spektrum von Emotionen hinreichend oder zweckmäßig.

Dies nur mal als Einwurf gegen den gängigen Hirn-Positivismus.

Das ist zwar aus meiner Sicht richtig, allerdings in keinsetr Weise ein Argument gegen den "Hirnpositivismus", wie Du das nennst. Es sagt nur aus, daß die Substratkopplung sehr stark ist (z.B. Organe, limbisches System, Sinne, Umwelt ...)
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Beitrag(#1458547) Verfasst am: 11.04.2010, 16:37    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
- entweder ist Bewusstsein dann a) in jeglichem Sinne irrelevant oder b) eine (hypothetisch komplette) kausale Beschreibung der Welt ist unvollständig ...

b) kommt für micht nicht infrage. Was mich an a) und generell am Epiphänomenalismus stört (siehe auch Dein letzter Abschnitt unten), ist die implizite Annahme, die mentalen Zustände ergäben sich aus den neuronalen, seien also doch irgendwie getrennt. Siehe auch das Bildchen in wikipedia.

Ja, genau, das ist die Grundannahme jedes Epiphänomenalismus:

Bieri-Trilemma hat folgendes geschrieben:
1. Mentale Phänomene sind nichtphysikalische Phänomene.
2. Mentale Phänomene sind im Bereich physikalischer Phänomene kausal wirksam.
3. Der Bereich physikalischer Phänomene ist kausal geschlossen.

Jede der drei Annahmen wirkt auf den ersten Blick plausibel: [...]
Das Trilemma besteht darin, dass immer nur zwei der drei Sätze wahr sein können: [...]

Eine Leugnung der ersten Prämisse führt zum Physikalismus, das Bestreiten der zweiten Prämisse zum Epiphänomenalismus. Wer die dritte Prämisse aufgibt, ist oft ein klassischer Dualist.


step hat folgendes geschrieben:
Ich finde diese Interpretation falsch, und sie führt auch zu dem von Dir hier zurecht formulierten Widerspruch: Etwas entstehe und sei doch irrelevant.

Daher vertrete ich eher die Variante, daß das Epiphänomen identisch mit dem Phänomen ist. Es ist vielleicht auf den ersten Blick stark unintuitiv, aber ich meine, Bewußtsein ist tatsächlich Teil von / identisch mit den neurologischen Vorgängen.

Ja, das sehe ich auch so. Damit ist Epiphänomenalismus und dessen Probleme verschwunden: wenn P und M identisch sind, dann gibt es keine Probleme mehr mit kausaler Verursachung, kausalen Sackgassen, wirkungsloser Wirklichkeit und dergleichen.

Daher erscheint es mir ebenfalls einzig vernünftig, im Bieri-Dilemma den Punkt 1. zu leugnen. Alles andere führt mE zu größeren zusätzlichen Problemen.

Damit ist natürlich noch lange nicht die Erklärungslücke gelöst, es bleiben eine Menge offener Fragen, jedoch kann man erst mal die grundsätzlichen Probleme der drei Lösungsansätze (Identität, Epiphänomen, Substanzdualismus) betrachten, von denen ja keiner eine zufriedenstellende Erklärung anbieten kann, die jedoch unabhängig davon eben noch mehr oder weniger Zusatzprobleme aufwerfen und von daher in eine Plausibilitätsreihenfolge gebracht werden können.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und wenn ja: wäre es dann letztlich nicht viel besser, zu sagen: 'das Leib/Seele-Problem ist ungelöst / ungewiss / eine offene Frage', als einen Epiphänomenalismus zu vertreten?

Nein, das finde ich nicht. Offen ist nicht das Leib/Seele-Problem, sondern die Erklärung neronaler Zustände, die wir als "bewußt" empfinden.

Naja, aber das ist Teil des Leib-Seele-Problemes.
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Beitrag(#1458549) Verfasst am: 11.04.2010, 16:41    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
2. Eigenschafts-Epiphänomenalismus:

Kein Ereignis kann vermöge psychischer Eigenschaften etwas bewirken, verursachen.[/b]

1 impliziert 2, aber 2 impliziert nicht 1. Das heißt, wenn man psychische Ereignisse mit physischen Ereignissen gleichsetzt, d.h. zu psychophysischen Ereignissen erklärt, dann kann man als Eigenschafts-Epiphänomenalist sagen, dass psychische Ereignisse durchaus Verursacher anderer (psychischer oder physischer) Ereignisse sind—aber nicht vermöge ihrer psychischen, sondern ihrer physischen Eigenschaften.

Kennst Du das vielleicht: Searle, John (1983) "Why I Am Not a Property Dualist"?
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step
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Beitrag(#1458551) Verfasst am: 11.04.2010, 16:48    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Daher erscheint es mir ebenfalls einzig vernünftig, im Bieri-Dilemma den Punkt 1. zu leugnen.

Ja, sehe ich ebenso.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Offen ist nicht das Leib/Seele-Problem, sondern die Erklärung neronaler Zustände, die wir als "bewußt" empfinden.
Naja, aber das ist Teil des Leib-Seele-Problemes.

Ja, historisch gesehen schon. Aber wegen der Leugnung von (1.) oben ist der ursprünglich wesentliche Teil des Problems verschwunden (wie hängen Geist und Materie zusammen), der sich nämlich aus implizit oder explizit dualistischen Annahmen ergab. Was bleibt ist sozusagen der im weitesten Sinne "physikalische" Teil des Problems.
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Marcellinus
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Beitrag(#1459570) Verfasst am: 13.04.2010, 17:50    Titel: Antworten mit Zitat

Irgendwie kommt ihr hier nicht vorwärts, nicht wahr? Ihr plagt euch immer noch mit dem Verhältnis von psychischen und physischen Ereignissen? Psychische Ereignisse seien dann solche, die nichts bewirken könnten, oder wenn doch, dann nur, wenn man sie mit physischen Ereignissen gleichsetzt.

Warum sagt ihr dann nicht ganz ehrlich, daß es in euer Weltbild am besten passen würde, wenn es psychische Ereignisse gar nicht gäbe oder wenn man sie per Supervenienz epiphänomenologisch weginterpretiert.

Das Dumme ist nur, daß es so etwas wie Bewußtsein offenbar gibt, auch wenn ihr nicht wißt, wie ihr es in einem physikalistischen Weltbild unterbringen sollt. Insofern wäre dieser Thread im Bereich Weltanschauung und Religion bestens aufgehoben.

Letztlich reduziert sich doch das Ganze auf die Frage, wie aus Abläufen im Gehirn, die man ja messen und beobachten kann, die also ohne Zweifel physikalische Abläufe sind, soetwas wie Bewußtsein entsteht, obwohl man es weder messen noch beobachten kann.

Habt ihr schon einmal daran gedacht, daß das einfach eine Frage der Perspektive ist? Die neuronalen Abläufe im Gehirn erzeugen nicht das Bewußtsein, sie sind es, aus der Perspektive des Eigentümers dieses Gehirns, also aus der Ich-Perspektive. Aus der Er-Perspektive, wenn wir also den Probanden von außen betrachten, sehen wir nur die Abläufe in seinem Gehirn, wie sich diese Abläufe anfühlen, sehen wir nicht, aber das sollte doch auch nicht wundern.

Entschuldigt, wenn ich das so sage, es sind Fragen, die sich Kinder stellen, wenn sie zum ersten Mal unterscheiden zwischen sich und anderen. Daß man selbst existiert, sich seiner selbst bewußt ist, erfährt man zuerst. Man sieht die anderen Kinder und begreift erst langsam, daß die nicht nur in der Sie-Perspektive existieren, sondern von sich selbst auch in der Ich-Perspektive denken wie man selbst. Am Anfang hat das Kind das Gefühl, die Gefühlswelt der anderen, deren Ich-Perspektive, bliebe ihm ewig verschlossen. Spiegelneuronen erlauben uns dann allerdings, diese Grenze zu überspringen.

Wenn ich einem anderen in den Finger steche, löse ich Nervenreaktionen aus sowie Reaktionen im Gehirn des anderen. Wie sich das aus dessen Ich-Perspektive anfühlt, sehe ich nicht, obwohl das nichts zusätzliches ist, sondern die gleiche Reaktion, nur aus einer anderen Perspektive. Psychische und physische Ereignisse sind also nichts unterschiedliches, sondern nur unterschiedlichen Sichten auf ein und die selbe Sache.
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Beitrag(#1459595) Verfasst am: 13.04.2010, 19:22    Titel: Antworten mit Zitat

Ja, das ist ja alles richtig.

Die Frage wäre also: wie kommen Perspektiven, wie kommt Subjektivität in die Welt? Wie ist das naturwissenschaftlich erklärbar? Oder ist es grundsätzlich nicht erklärbar, ist das schlicht ein factum brutum, das nicht näher beleuchtet werden kann, das man als gegeben akzeptieren muss, als prinzipiell nicht naturwissenschaftlich erklärbar, auf nichts zurückführbar, als grundsätzliche Eigenschaft der Welt? Was dann aber, falls dem so sein sollte, irgendwie unbefriedigend bleiben muss, wenn man davon ausgeht, dass a) es überhaupt eine Welt außerhalb der subjektiven Wahrnehmung gibt und b) Subjektivität nicht von Anfang an da war, sondern sich entwickelt hat (sie also eben nicht ein Grundbestandteil der Welt ist).
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Marcellinus
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Beitrag(#1459631) Verfasst am: 13.04.2010, 20:46    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ja, das ist ja alles richtig.

Die Frage wäre also: wie kommen Perspektiven, wie kommt Subjektivität in die Welt? Wie ist das naturwissenschaftlich erklärbar? Oder ist es grundsätzlich nicht erklärbar, ist das schlicht ein factum brutum, das nicht näher beleuchtet werden kann, das man als gegeben akzeptieren muss, als prinzipiell nicht naturwissenschaftlich erklärbar, auf nichts zurückführbar, als grundsätzliche Eigenschaft der Welt? Was dann aber, falls dem so sein sollte, irgendwie unbefriedigend bleiben muss, wenn man davon ausgeht, dass a) es überhaupt eine Welt außerhalb der subjektiven Wahrnehmung gibt und b) Subjektivität nicht von Anfang an da war, sondern sich entwickelt hat (sie also eben nicht ein Grundbestandteil der Welt ist).

Uuuu! Das ist knifflig. Man könnte jetzt einfach sagen, daß Subjektivität durch Subjekte in die Welt kommt, aber das würde dich vermutlich nicht zufrieden stellen (und mich auch nicht).

Bewußtsein an sich ist natürlich untersuchbar, nicht nur bei Menschen, sondern in Ansätzen auch bei Tieren, aber eben nur in dem Sinne, daß man seine objektiven Eigenschaften bestimmt, während die Ich-Perspektive eines anderen Menschen erst einmal prinzipiell nicht zugänglich ist.

Versuchen wir es mal mit einem Teilproblem, der Wahrnehmung von Farbe. Die meisten von uns können Farben wahrnehmen, aber natürlich weiß ich nicht wirklich, wie du eine bestimmte Farbe wahrnimmst. Auch die Untersuchung eines Gehirns mit einem Computertomografen, während es Farben sieht, zeigt uns nur den Vorgang, nicht aber wie er sich subjektiv anfühlt.

Aber vielleicht haben wir einen Ausweg, zumindest in diesem Fall. Es gibt in jedem Markt für Grafikbedarf Farbfächer, in denen die Farben fein abgestuft nach Helligkeit und Farbe angeordnet sind. Wenn wir jetzt eine beliebige Farbe nehmen und uns selbst und einem anderen die Aufgabe stellen, diese Farbe in diesen Farbraum einzuordnen, und wir beide lösen diese Aufgabe in der gleichen Weise, könnten wir dann nicht annehmen, daß seine subjektive Wahrnehmung dieser Farbe meiner sehr ähnlich wäre? Damit wüßten wir zumindest, die Ich-Perspektive der Menschen so subjektiv gar nicht ist.

Warum gibt es nun diese Ich-Perspektive überhaupt? Ich denke, daß unser Bewußtsein aus der Selbstwahrnehmung der Tiere entstanden ist. Solange ein Lebewesen auf Außenreize direkt reagiert, auf Verletzung mit ausweichen, auf Nahrung mit auffressen, also ein direktes Reiz-Reaktions-Schema, braucht es kein Selbstbild. Je komplexer aber die Verhaltensweisen werden, zB mehrere Reize gleichzeitig verarbeitet werden können, und das Lebewesen entscheiden muß, was zu tun ist, muß ein Bild von der Umgebung existieren, das mit Bedeutungen versehen wird. Und wenn das mit den Entscheidungen nicht funktioniert, kommt es bei Hühnern zB zu den berühmten Übersprungshandlungen, bei denen sie auf einmal unmotiviert mit den Füßen scharren.

Das Lebewesen lebt in einem Bild von dieser Welt, das ihm sein Gehirn erzeugt. Hier gibt es schon all die Wahrnehmungen, die wir auch kennen, Bilder, farbig oder nicht, Geräusche, Gerüche, Temperaturen, Schmerzen. Und alle diese Empfindungen sind mit negativen oder positiven Gefühlen verbunden, die diesen Wahrnehmungen Bedeutung geben und die sein Verhalten bestimmen, Angriff oder Flucht, Interesse oder Ablehnung usw. Es ist gewissermaßen eine erweiterte Realität, die das Gehirn aus den Umgebungsdaten erzeugt, die der Augmented Reality, die im Moment in Spielumgebungen entsteht, nicht unähnlich ist. Das Haushuhn sieht ein Bild von einem Tier und sein Gedächtnis blendet ein: Vorsicht, Fuchs! Das Gefühl der Angst, das das Huhn empfindet, löst einerseits eine Verstärkung dieser Erinnerung aus und erzeugt andererseits einen Alarmzustand, der beim Huhn nur in Flucht enden kann.

Wenn jetzt Tiere anfangen in sozialen Gruppen zu leben, wird das Einschätzen des Gegenüber immer wichtiger. Neben das Bild von der Welt, das ein Individuum hat, tritt nun die Fähigkeit, auch andere Individuen als solche wahrzunehmen. In dem ich mir selbst als jemand bewußt werde, der sich von anderen unterscheidet, entsteht ein Ich-Bewußtsein. Dieses Ich-Bewußtsein ist also etwas, was evolutionär entstanden ist, das auch nachweisbar ist, nur mit dem Nachempfinden ist es beim gegenwärtigen Stand der Neurowissenschaften noch so eine Sache.
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Myron
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Beitrag(#1459668) Verfasst am: 13.04.2010, 22:03    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Das Dumme ist nur, daß es so etwas wie Bewußtsein offenbar gibt, auch wenn ihr nicht wißt, wie ihr es in einem physikalistischen Weltbild unterbringen sollt.


"Whatever it precisely may be, consciousness is a state of the body, a state of nerves."
———
"Was immer es genau sein mag, Bewusstsein ist ein Zustand des Körpers, ein Zustand von Nerven."
[© meine Übers.]

(Quine, W. V. Quiddities: An Intermittently Philosophical Dictionary. Cambridge, MA: Harvard University Press, 1987. p. 133)

Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Habt ihr schon einmal daran gedacht, daß das einfach eine Frage der Perspektive ist? Die neuronalen Abläufe im Gehirn erzeugen nicht das Bewußtsein, sie sind es, aus der Perspektive des Eigentümers dieses Gehirns, also aus der Ich-Perspektive. Aus der Er-Perspektive, wenn wir also den Probanden von außen betrachten, sehen wir nur die Abläufe in seinem Gehirn, wie sich diese Abläufe anfühlen, sehen wir nicht, aber das sollte doch auch nicht wundern.


"Was dir auf innerem Standpunkte als dein Geist erscheint, der du selbst dieser Geist bist, erscheint auf äußerem Standpunkte dagegen als dieses Geistes körperliche Unterlage. Es ist ein Unterschied, ob man mit dem Gehirne denkt, oder in das Gehirn des Denkenden hineinsieht. Da erscheint ganz Verschiedenes; aber der Standpunkt ist auch ganz verschieden, dort ein innerer, hier ein äußerer. (...)
Die Naturwissenschaft stellt sich konsequent auf den äußeren Standpunkt der Betrachtung der Dinge, die Wissenschaft vom Geiste auf den inneren; die Ansichten des Lebens fußen auf dem Wechsel der Standpunkte, die Naturphilosophie auf der Identität dessen, was doppelt auf doppeltem Standpunkte erscheint; eine Lehre von den Beziehungen zwischen Geist und Körper wird die Beziehungen beider Erscheinungsweisen des Einen zu verfolgen haben."


(Gustav Th. Fechner: Elemente der Psychophysik, 1889, Erster Teil, Einleitendes, I. Allgemeinere Betrachtung über die Beziehung von Leib und Seele.)

Siehe dazu: http://www.textlog.de/7579.html
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Marcellinus
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Beitrag(#1459802) Verfasst am: 14.04.2010, 00:03    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:

"Was dir auf innerem Standpunkte als dein Geist erscheint, der du selbst dieser Geist bist, erscheint auf äußerem Standpunkte dagegen als dieses Geistes körperliche Unterlage. Es ist ein Unterschied, ob man mit dem Gehirne denkt, oder in das Gehirn des Denkenden hineinsieht. Da erscheint ganz Verschiedenes; aber der Standpunkt ist auch ganz verschieden, dort ein innerer, hier ein äußerer. (...)
Die Naturwissenschaft stellt sich konsequent auf den äußeren Standpunkt der Betrachtung der Dinge, die Wissenschaft vom Geiste auf den inneren; die Ansichten des Lebens fußen auf dem Wechsel der Standpunkte, die Naturphilosophie auf der Identität dessen, was doppelt auf doppeltem Standpunkte erscheint; eine Lehre von den Beziehungen zwischen Geist und Körper wird die Beziehungen beider Erscheinungsweisen des Einen zu verfolgen haben."


(Gustav Th. Fechner: Elemente der Psychophysik, 1889, Erster Teil, Einleitendes, I. Allgemeinere Betrachtung über die Beziehung von Leib und Seele.)

Viel schöner, als ich das könnte. Lachen

Wobei ich eine Anmerkung hätte zum konsequent äußeren Standpunkt der Wissenschaften. Für die Physik (das meinte der Autor wohl mit Naturwissenschaft) gilt das sicherlich, denn es ist unerheblich, wie es ist, sich wie ein Elementarteilchen zu fühlen. Da gibt es keine sinnvolle Ich-Perspektive.

In den biologischen Wissenschaften ist das schon anders. Für die Erforschung des Verhaltens von Tieren kann es durchaus von Bedeutung sein, zu berücksichtigen, wie Tiere in einer bestimmten Situation empfinden, wie und inwieweit sie sich selbst wahrnehmen.

Die Menschenwissenschaften schließlich, Psychologie wie Soziologie, kommen ohne die verschiedenen Perspektiven überhaupt nicht weiter. Und hier geht es nicht nur um die äußere und innere, als die Er- und Ich-Perspektive, sondern, da Menschen nur im Plural, also in Gesellschaften vorkommen, braucht man die gesamte Pronomen-Serie: Menschen nehmen sich nicht nur wahr als Ich oder Er, sondern auch als Wir oder Sie. Aber damit entfernt man sich ein wenig von dem Thema Körper-Bewußtsein.
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Beitrag(#1459811) Verfasst am: 14.04.2010, 00:50    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
.....
Versuchen wir es mal mit einem Teilproblem, der Wahrnehmung von Farbe. Die meisten von uns können Farben wahrnehmen, aber natürlich weiß ich nicht wirklich, wie du eine bestimmte Farbe wahrnimmst. Auch die Untersuchung eines Gehirns mit einem Computertomografen, während es Farben sieht, zeigt uns nur den Vorgang, nicht aber wie er sich subjektiv anfühlt.

Aber vielleicht haben wir einen Ausweg, zumindest in diesem Fall. Es gibt in jedem Markt für Grafikbedarf Farbfächer, in denen die Farben fein abgestuft nach Helligkeit und Farbe angeordnet sind. Wenn wir jetzt eine beliebige Farbe nehmen und uns selbst und einem anderen die Aufgabe stellen, diese Farbe in diesen Farbraum einzuordnen, und wir beide lösen diese Aufgabe in der gleichen Weise, könnten wir dann nicht annehmen, daß seine subjektive Wahrnehmung dieser Farbe meiner sehr ähnlich wäre? ....

Nein. Das zuverlässige Zuordnen eines Gegenstandes zu einer Position in einer Liste mit Gegenständen definierter Reflektion / Absorption zeigt, dass wir in der Lage sind, einen derartigen Wellensalat aufzulösen und wiederzuerkennen. Und das mit einer Konstanz, dass wir uns darüber unterhalten können. Das zeigt aber nur, dass das jeder für sich kann, aber nicht, dass dabei auch alle das gleiche oder auch nur etwas ähnliches fühlen.

fwo
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Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.

Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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