Peinhart registrierter User
Anmeldungsdatum: 17.04.2007 Beiträge: 362
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(#764049) Verfasst am: 08.07.2007, 11:43 Titel: |
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Der_Guido hat folgendes geschrieben: | Also z.b. wie und wo findet Meinungsbildung statt, wie werden Vorschläge zur Abstimmung gestellt, wie strukturierst und kontrollierst du Armee, Geheimdienste, Polizei, Richter, etc. ? |
Wo ist das Problem...? Man stimmt sich ab, innerhalb der Regeln und meinetwegen auch 'Gremien', die dafür vorgesehen werden, und auch darüber stimmt man sich ab. Ob man sowas wie einen Geheimdienst braucht, ist sehr die Frage, vielmehr ob es ihn überhaupt geben kann. Und schau dir doch zB einfach mal die 'spontane Selbstorganisation' während der spanischen Revolution an, da gab es sogar so etwas wie eine demokratische Armee. Ob man so etwas aber später bzw auf Dauer auch nch überhaupt brauchen würde oder könnte siehe (ganz) unten.
Der_Guido hat folgendes geschrieben: | Gut, du stimmst endlich zu, daß sich Produzent und Verbraucher abstimmen müssen, und das Statistiken nicht ausreichen ? *aufatmen*
Wenn ich dich permanent darauf hinweise, daß du in deinen bisherigen Darstellungen den Verbraucher nicht fragst (ich erinnere an deine Statistiken), dann denke ich obrigkeitlich ? Erklärung bitte. |
Ich habe nie etwas anderes behauptet, kannst du gerne nachlesen. Für die 'Standardwaren' des täglichen Gebrauchs reichen aber statistische Verfahren vollkommen aus, was nicht bedeutet, dass man da keine Vorschläge machen oder neues ausprobieren könnte. Und du denkst schon insofern 'obrigkeitlich' als du immer von einem Gegensatz zwischen einerseits 'Entscheidern' und andererseits solchen, über die entschieden wird ausgehst. Dieser Gegensatz ist aber ebenso prinzipiell aufgehoben wie der zwischen Produzenten und Konsumenten.
Der_Guido hat folgendes geschrieben: | Wie funktioniert der Prozeß, wenn der Bäcker krank wird, sind z.b Ersatzbäcker verfügbar oder ist eine zentrale Versorgung, wie wir sie heute überwiegend kennen, eingeplant ? Wieviele Bäcker benötigt man eigentlich für eine dezentrale Versorgung und findet man wirklich genug Menschen, die nachts um 2 aufstehen wollen ? |
Ja warum denn nicht? Dafür hat man ja spätestens mittags frei. Und angesichts der durchschnittlichen Arbeitszeiten, die für die Versorgung auf heutigem Niveau nötig sind, muss man nicht einmal jeden Tag um 2 aufstehen. In sehr vielen Berufen dürfte auch die strikte Spezialisierung bzw Festlegung aufweichen - heute back ich morgen brau ich - Königinnen allerdings fallen weg.
Vor allem aber - und das ist viel wichtiger wenn man wirklich abwägen wollte - ist diese ganze Fragerei doch nur wieder ein Hinweis darauf, mit welchen Zwängen offenbar das hantiert, was wir gegenwärtig haben. Wenn du davon ausgehst, dass eine ganze Menge Sachen eben nicht freiwillig gemacht werden, musst du dich erstmal fragen bzw erklären, wie denn das heute gehandhabt wird. Das frage ich nicht deswegen ständig, weil ich das etwa genauso machen wollte, sondern eben weil dir nicht klar zu sein scheint, dass es heute genau das gibt, was dir doch so zuwider ist, wenn man dir glauben darf, nämlich Entscheider und solche, über die entschieden wird. Und zwar eben nicht demokratisch, sondern vermittels ökonomischen Zwangs. Wer nichts hat und 'sehen muss wo er bleibt' putzt dann eben Toiletten, oder muss um 2 aufstehen usw, und zwar nicht selten ein Leben lang. Damit hast du aber anscheinend überhaupt kein Problem. Aber damit, dass eine Gemeinschaft entscheiden könnte, dass da jeder mal ran muss, oder dass man Leuten, die sowas auf sich nehmen, dafür dann eben Vergünstigungen einräumen müsste statt sie wie heute in jeder Hinsicht 'unten zu halten'. Entweder du verkennst völlig die rigide Herrschaft, die hier und jetzt über das Geld und den Zugang dazu ausgeübt wird, oder sie passt dir gut in den Kram, weil du dich auf der Seite der Begünstigten wähnst, die keine Toiletten putzen, keine Kanalisation instand halten müssen.
Der_Guido hat folgendes geschrieben: | Danach können wir gerne übergehen zu knappen Gütern und Gütern, die nicht dezentral hergestellt werden. Also wie läuft der gesamte Prozeß bzgl. der Beschaffung/Herstellung und Verteilung von beispielsweise Apfelsinen, Kaffee, Benzin und Kleidung ? |
Auch hier steht nur wieder die Herrschaft des Geldes gegen die 'demokratische Interaktion', gegen bewusste, gemeinsame Gestaltung von Regeln des Austausches.
Der_Guido hat folgendes geschrieben: | Kann ich bei meinen weiteren Annahmen davon ausgehen, daß alles was derzeit importiert wird und eigentlich bei uns herstellbar/produzierbar ist, zukünftig bei uns hergestellt/produziert werden ? Also z.b. Kleidung, Schuhe, Tomaten, Gurken, Computer, Fernseher, Möbel, Steinkohle, Baumwolle, etc. Vielleicht kannst du es auch etwa eingrenzen, also welche Produkte/Rohstoffe ggf. von welchem Land weiter bezogen werden. |
Du solltest davon ausgehen, was 'vernünftig' wäre und was den geringsten Aufwand an Ressourcen und Arbeitskraft erfordert. Heute kannst du davon ausgehen, dass alles schlicht unterbleibt, womit nicht irgendjemand Gewinn machen, im Klartext andere abzocken kann. Und derjenige, der heute ökonomisch in die Ecke gedrängt wird kann sich eben nichts von alledem 'leisten', oder muss das was er zufällig besitzt notgedrungen(!) für'n Appel und 'n Ei rausrücken.
Der_Guido hat folgendes geschrieben: | Apropo Enteignung, wie sieht es aus mit den Häuslebesitzern ? Werden die auch enteignet ? |
Denk mal über mögliche Bgriffsunterschiede zwischen Besitz, Eigentum und unbegrenztem Privateigentum einzelner an Dingen nach, die nur gemeinsam 'bewirtschaftet' werden können. Und welche Herrschaft über andere insbesondere mit dem Zugang zu letzterem ausgeübt wird. Dann kommst du vielleicht darauf, wie interessant in diesem Zusammenhang ein Häusle ist, oder der ganze andere Kram, den du 'besitzt' und für dich nutzt. Es ist gerade kein Problem, wenn jeder sein Häusle oder seine Wohnung besitzt, es ist aber sehr wohl ein Problem, wenn alle Häusle oder Wohnungen nur einer kleinen Schicht gehören, die auf diesem Wege Herrschaft via ökonomischem Zwang ausüben - damit du in meinem Häuschen wohnen darfst, musst du Geld verdienen, und das kannst du nur, wenn du meine Toilette putzt.
Und wenn du dich erdreistet in dem Häuschen zu wohnen, das mir zwar gehört, das ich aber für mich selbst gar nicht brauche - kommt die Polizei. Da siehst du recht schön, wo heutzutage die Hämmer hängen, und dass das ganze nur mit Gewalt bzw der Androhung derselben überhaupt aufrechterhalten werden kann. Lass diese Drohung mal wegfallen, und niemand würde mehr Miete zahlen. Das bedeutet aber keineswegs, dass niemand mehr Häusle bauen würde, sondern man würde sie sich gegenseitig bauen. Wenn du mir bei meinem Haus hilfst, helfe ich dir bei deinem. In freier gegenseitiger Verabredung. Und nicht zum Zwecke und mittels (das 'reproduziert' sich nämlich auch immer auf's neue) ökonomischen Zwanges durch Aneignung durch einige wenige. Diese Drohung aufrecht zu erhalten, und damit die Basis dafür, andere von sich abhängig zu machen, ist der eigentliche Kern unserer Gesellschaft und vor allem seines 'Staates'.
Du kannst also, wenn du dich überhaupt mal darauf einlassen willst, die von mir skizzierte Alternative 'zu denken', auch nicht davon ausgehen, das es sowas in der heutigen Gestalt mit Polizei, Armee und Gerichten überhaupt geben müsste oder auch nur könnte. Jedenfalls nicht in der heutigen Ausprägung und mit weit weniger bzw anderen Aufgaben als heute. Wenn wir selbst, unabhängig von der 'Macht des Geldes' gemeinsam und demokratisch darüber befinden, was wir uns gegenseitig und wofür jeweils gönnen (bauen, herstellen usw) wollen, brauchen wir auch keine Erzwingung von Eigentumsverhältnissen mehr, jedenfalls nicht in heutigem Maße. Was interessiert mich 'dein' Häuschen, wenn ich selbst eins 'besitze' (was in diesem Falle dann nicht mehr als 'bewohne' bedeutet)? Eine Behausung zu 'besitzen' ist eine individuelle Notwendigkeit, wie auch 'eigene' Brötchen zum 'eigenen' Verzehr. Bei vielen anderen Sachen sieht das aber auch schon anders aus - eine Bohrmaschine oder einen Rasenmäher muss nicht unbedingt jeder selbst besitzen - da reicht es schon, wenn sie nur 'verfügbar', zugänglich sind. Statt also nun für jeden ein solches Ding herzustellen (und jede Menge Arbeit damit zu haben), würde man sich also lieber Gedanken darüber machen, wie man diese so 'verfügbar' halten kann, dass sich jeder jederzeit irgendwo eine Bohrmaschine 'leihen' kann (eigentlich auch nur noch 'zur Benutzung abholen' - auch der Begriff 'leihen' würde im heutigen Sinne hinfällig).
Der_Guido hat folgendes geschrieben: | Was passiert denn, wenn die Zutaten für die Vorschläge nicht verfügbar sind ? Wer entscheidet dann, ob die Zutaten besorgt werden ? |
Man entscheidet prinzipiell gemeinsam und setzt sich dann mit denen in's Benehmen, die in der Lage sind, sowas herzustellen oder zu beschaffen.
Der_Guido hat folgendes geschrieben: | Aber da waren noch Fragen bzgl. Geld und Außenwirtschaft offen, vielleicht bist du ja noch so nett. |
Siehe oben, und natürlich hängt das auch davon ab, was dieses 'Aussen' überhaupt sein soll und wie es beschaffen ist. Du kannst wie gesagt nicht davon ausgehen, dass alles prinzipiell so bleibt wie heute, 'nur eben demokratisch'. Sondern dadurch, dass es eben alles demokratisch bzw gemeinsam entschieden wird, wandeln sich natürlich auch alle Institutionen - und Begriffe. Viele werden schlicht sinnlos. Ua zB auch 'Patente' bzgl besserer Produkte oder Herstellungsverfahren. Bei gemeinschaftlicher Vorgehensweise vollkommen sinnlos und 'kontraproduktiv'.
Während es in einer Welt der Staaten und des Eigentums notwendigerweise immer einen Unterschied zwischen innen und aussen geben muss und wird (und man ihn nicht, wie bspw Schäuble das will, einfach so aufheben darf ohne üble Folgen heraufzubeschwören), wären sie in einer anderen Form der Organisation schlicht sinnlos und die 'Grenzen' würden allmählich verschwinden bzw sich in Unschärfe auflösen. In Bezug auf Brötchen gäbe es zB ganz andere 'Grenzen' (oder meinetwegen 'Planungs- und Versorgungsgebiete') als für aufwändigere Produkte, jeder einzelne wäre also auch jederzeit 'Mitglied' völlig unterschiedlich grosser 'Zweckgebilde' (Genossenschaften, Kooperativen, 'Prosumenten-Zusammenschlüsse' oder wie auch immer) - bei denen es dann aber auch vollkommen unsinnig wäre, sie weiterhin wie heute gegeneinander ausspielen zu wollen. Es gäbe weit weniger gegensätzliche Interessen, sondern in erster Linie nur noch unterschiedliche, die aber natürlich, vor allem, wenn es wirkliche 'Knappheit' gibt. Die meisten heutigen sind künstlich über 'Auschluss' hergestellt - um den 'Tauschwert' zu stützen wird 'Gebrauchswert' auch gerne mal schlicht vernichtet. Wenn man sich gemeinsam von vornherein nur Gebrauchswerte schafft, ist auch das endlich so sinnlos, wie es heute leider nur 'scheint'.
An all das kannst du gern weitere Fragen knüpfen, aber bitte lass dich wenigstens mal darauf ein, das überhaupt verstehen und durchdenken zu wollen. Dann kriegen wir vielleicht auch eine 'konstruktive' Diskussion zustande, das geht aber wie gesagt nur dann, wenn du überhaupt bereit bist, dich darauf 'einzulassen'.
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