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Bewusstsein und Evolution
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fwo
Caterpillar D9



Anmeldungsdatum: 05.02.2008
Beiträge: 25979
Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#1513479) Verfasst am: 05.08.2010, 00:46    Titel: Antworten mit Zitat

kalmar hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:

Ich fühle mich überhaupt nicht gefordert, zu beweisen, dass dieser Programmierer nicht existiert.

Ich auch nicht, weil's eh nicht geht. Es ging mir auch nicht um Gott, sondern um den Status der "Erklärungslücke".

kalmar

Die Frage ist ja, was Du mit dieser Lücke willst. Ich kann mit der leben, ohne sie füllen zu müssen, es stört mich auch nicht, dass sie in meinem Leben nicht geschlossen wird. Allerdings kann ich beobachten, dass sie kleiner wird.

Und als etwas anderes als als Ausgangspunkt naturwissenschaftlicher Fragestellungen halte ich sie für witzlos.

Ich schließe mich da Tso Wangs Fragestellung an. Was genau willst Du mit dieser Lücke, worauf willst Du hinaus? Denn dass wir noch nicht alles wissen und einiges nie im strengen Sinne beweisen können werden, ist hinlänglich bekannt.

fwo
_________________
Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.

Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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kalmar
Poltergeist



Anmeldungsdatum: 29.11.2005
Beiträge: 81
Wohnort: Salzwedel

Beitrag(#1513548) Verfasst am: 05.08.2010, 09:37    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Die Frage ist ja, was Du mit dieser Lücke willst. Ich kann mit der leben, ohne sie füllen zu müssen, es stört mich auch nicht, dass sie in meinem Leben nicht geschlossen wird.
Geht mir genauso.

fwo hat folgendes geschrieben:
Allerdings kann ich beobachten, dass sie kleiner wird.
Na, kleiner wird sie eigentlich nicht, denn sie ist nichts Quantitatives. Sie besteht nicht dadurch, dass es uns an Wissen mangelt, sondern dadurch, dass wir etwas prinzipiell nicht wissen, sondern nur glauben können. Natürlich haben wir hinreichend gute Gründe, zu glauben, dass Gedanken und Gefühle auf Gehirnvorgängen beruhen.

fwo hat folgendes geschrieben:
Und als etwas anderes als als Ausgangspunkt naturwissenschaftlicher Fragestellungen halte ich sie für witzlos.
Ich halte sie als Ausgangspunkt naturwissenschaftlicher Fragestellungen für witzlos. Die Erforschung des Gehirns wird durch die Erklärungslücke nicht beeinträchtigt. Sie ist ein philosophisches, metaphysisches Problem - genau wie die Frage nach der Existenz der Welt und die Frage nach der Existenz Gottes.

fwo hat folgendes geschrieben:
Ich schließe mich da Tso Wangs Fragestellung an. Was genau willst Du mit dieser Lücke, worauf willst Du hinaus? Denn dass wir noch nicht alles wissen und einiges nie im strengen Sinne beweisen können werden, ist hinlänglich bekannt.
Den Eindruck, dass das ganz klar ist, hatte ich gerade nicht. Ich hatte eher den Eindruck, dass der Glaube besteht, man könnte durch weiteres Forschen eines Tages die Erklärungslücke schließen - und ich bin entschieden der Ansicht, dass das unmöglich ist.

kalmar
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Naastika
RL rulez<->auf Wunsch deaktiviert



Anmeldungsdatum: 23.11.2003
Beiträge: 6100
Wohnort: an der Fütterungsstelle der Eichhörnchen

Beitrag(#1513579) Verfasst am: 05.08.2010, 10:55    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
völlig OT:
...............
Wenn ich demnächst mal Laune habe, mache ich einen Koan-Thread. Die Suche sagt, so einen gibt's hier noch nicht.


Das wird zur Spiritualisierung und Transzendentierung des FGH einen entscheidenden Beitrag leisten... noc


A.
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Eklatant
Selbstwiderspruch



Anmeldungsdatum: 25.07.2005
Beiträge: 535

Beitrag(#1513699) Verfasst am: 05.08.2010, 13:56    Titel: Antworten mit Zitat

kalmar hat folgendes geschrieben:

fwo hat folgendes geschrieben:
Und als etwas anderes als als Ausgangspunkt naturwissenschaftlicher Fragestellungen halte ich sie für witzlos.
Ich halte sie als Ausgangspunkt naturwissenschaftlicher Fragestellungen für witzlos. Die Erforschung des Gehirns wird durch die Erklärungslücke nicht beeinträchtigt. Sie ist ein philosophisches, metaphysisches Problem - genau wie die Frage nach der Existenz der Welt und die Frage nach der Existenz Gottes.


Gibt es eigentlich philosophische bzw. metaphysische Probleme?
Sind diese "Fragestellungen" nicht viel eher emotional überladene Gedankengänge?
_________________
Die Annäherung an die Wirklichkeit und die pragmatische Relevanz derselbigen gelingt nur mittels jederzeit wiederholbaren Experimenten...
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kalmar
Poltergeist



Anmeldungsdatum: 29.11.2005
Beiträge: 81
Wohnort: Salzwedel

Beitrag(#1513875) Verfasst am: 05.08.2010, 20:26    Titel: Antworten mit Zitat

Eklatant hat folgendes geschrieben:
Gibt es eigentlich philosophische bzw. metaphysische Probleme?
Sind diese "Fragestellungen" nicht viel eher emotional überladene Gedankengänge?

Bevor man daran geht, die Welt physikalisch zu beschreiben, kann man sich Fragen stellen wie: Woher weiß ich, dass diese Welt überhaupt existiert? Woher weiß ich, dass ich existiere? Woher weiß ich , dass die Instrumente meiner physikalischen Beschreibung - Logik und Mathematik - zu wahren Aussagen führen? Das sind letztlich metaphysische, also über die Physik hinausgehende Fragen.

Ich behaupte nicht, dass man diese Fragen stellen muss - man kann es auch lassen. Aber emotional überladene Gedankengänge sind es nicht.
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smallie
resistent!?



Anmeldungsdatum: 02.04.2010
Beiträge: 3667

Beitrag(#1513884) Verfasst am: 05.08.2010, 20:42    Titel: Antworten mit Zitat

kalmar hat folgendes geschrieben:
Woher weiß ich, dass ich existiere?

Hau dir mit dem Hammer auf einen deiner Finger. Dann weißt du.
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Marcellinus
Outsider



Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#1513908) Verfasst am: 05.08.2010, 21:35    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
kalmar hat folgendes geschrieben:
Woher weiß ich, dass ich existiere?

Hau dir mit dem Hammer auf einen deiner Finger. Dann weißt du.

Es schmerzt, also bin ich! Lachen
_________________
"Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."

Friedrich Nietzsche
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Marcellinus
Outsider



Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#1513912) Verfasst am: 05.08.2010, 21:44    Titel: Antworten mit Zitat

kalmar hat folgendes geschrieben:
Eklatant hat folgendes geschrieben:
Gibt es eigentlich philosophische bzw. metaphysische Probleme?
Sind diese "Fragestellungen" nicht viel eher emotional überladene Gedankengänge?

Bevor man daran geht, die Welt physikalisch zu beschreiben, kann man sich Fragen stellen wie: Woher weiß ich, dass diese Welt überhaupt existiert? Woher weiß ich, dass ich existiere? Woher weiß ich , dass die Instrumente meiner physikalischen Beschreibung - Logik und Mathematik - zu wahren Aussagen führen? Das sind letztlich metaphysische, also über die Physik hinausgehende Fragen.

Ich behaupte nicht, dass man diese Fragen stellen muss - man kann es auch lassen. Aber emotional überladene Gedankengänge sind es nicht.

Nein, es ist einfach nur Blödsinn (entschuldige das Wort, aber es gibt kein anderes dafür, das netter wäre). Zur Metaphysik kommt man, sagt Rolf Helmut Foerster, wenn man beim Nachdenken über eine Sache dem Denken selbst den Vorrang vor der Sache gibt.

Wenn die Welt nicht existiert, wenn du nicht existierst, wenn diese Welt nicht berechenbar funktioniert, dann kannst du dir das Nachdenken über dich und die Welt sparen. Da du das nicht tust, gehst du stillschweigend davon aus, daß du und diese Welt existieren und es in ihr natürlich zugeht. Wenn du das aber weißt, oder doch mit guten Gründen annimmst, dann sind diese Fragen beantwortet, und anderenfalls sind sie sinnlos. Im einen wie im anderen Fall sind sie also ohne Bedeutung.
_________________
"Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."

Friedrich Nietzsche
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Tso Wang
Vergiß es



Anmeldungsdatum: 21.09.2003
Beiträge: 1433

Beitrag(#1514525) Verfasst am: 06.08.2010, 21:59    Titel: Antworten mit Zitat

kalmar hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Die Frage ist ja, was Du mit dieser Lücke willst. Ich kann mit der leben, ohne sie füllen zu müssen, es stört mich auch nicht, dass sie in meinem Leben nicht geschlossen wird.
Geht mir genauso.

fwo hat folgendes geschrieben:
Allerdings kann ich beobachten, dass sie kleiner wird.
Na, kleiner wird sie eigentlich nicht, denn sie ist nichts Quantitatives. Sie besteht nicht dadurch, dass es uns an Wissen mangelt, sondern dadurch, dass wir etwas prinzipiell nicht wissen, sondern nur glauben können. Natürlich haben wir hinreichend gute Gründe, zu glauben, dass Gedanken und Gefühle auf Gehirnvorgängen beruhen.

fwo hat folgendes geschrieben:
Und als etwas anderes als als Ausgangspunkt naturwissenschaftlicher Fragestellungen halte ich sie für witzlos.
Ich halte sie als Ausgangspunkt naturwissenschaftlicher Fragestellungen für witzlos. Die Erforschung des Gehirns wird durch die Erklärungslücke nicht beeinträchtigt. Sie ist ein philosophisches, metaphysisches Problem - genau wie die Frage nach der Existenz der Welt und die Frage nach der Existenz Gottes.

fwo hat folgendes geschrieben:
Ich schließe mich da Tso Wangs Fragestellung an. Was genau willst Du mit dieser Lücke, worauf willst Du hinaus? Denn dass wir noch nicht alles wissen und einiges nie im strengen Sinne beweisen können werden, ist hinlänglich bekannt.
Den Eindruck, dass das ganz klar ist, hatte ich gerade nicht. Ich hatte eher den Eindruck, dass der Glaube besteht, man könnte durch weiteres Forschen eines Tages die Erklärungslücke schließen - und ich bin entschieden der Ansicht, dass das unmöglich ist.

kalmar



.

Nochmal zum Nachhaken: Willst Du also auf Popper hinaus, in dem Sinne, daß wir uns der "Wahrheit" nur durch Falsifikation nähern können, daß sich also prinzipiell nichts "beweisen" läßt, sondern sich die Sachverhalte lediglich "widerlegen" lassen ? Und, daß wir zwar die "Wahrheit" erlangen können, sich das aber nie "verifizieren" läßt ?

Popper sprach im Zusammenhang mit wissenschaftlicher Erkenntnis, aber auch im Zusammenhang mit dem sog. "Alltagsverstand", u.a. von einer Theorie des "objektiven Vermutungswissens". Ist es das, worum es Dir geht ?

()
_________________
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Zuletzt bearbeitet von Tso Wang am 07.08.2010, 00:20, insgesamt einmal bearbeitet
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Tso Wang
Vergiß es



Anmeldungsdatum: 21.09.2003
Beiträge: 1433

Beitrag(#1514532) Verfasst am: 06.08.2010, 22:13    Titel: Antworten mit Zitat

kalmar hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Ich bin schon der Auffassung, daß die Dinge in gegenseitiger Abhängigkeit ("dependent origination") entstehen.
Ich bin auch dieser Auffassung. Nur lässt sich der Zusammenhang, wie gesagt, weder empirisch beobachten noch logisch beweisen. Das ist alles. Das nennt man die "Erklärungslücke" (explanation gap).



.

Empirisch beobachten läßt er sich schon. Sonst könnten wir uns das Forschen sparen und immer wieder aufs Neue "tastend" durch die Welt schreiten. Nur läßt sich eine Theorie "wissenschaftstheoretisch" nunmal nicht verifizieren (sofern Du auf "objektive Erkenntnis" hinauswillst). Wichtig ist, daß eine Theorie - wie eine Landkarte - ihre Funktion erfüllt, damit sich nicht jeder Einzelne immer wieder aufs Neue den Weg Bahnen muss. Wenn sie vielleicht irgendwann einmal tatsächlich die Welt im Maßstab 1:1 darstellt, können wir das allerdings nicht "wissen". Dann wäre die Theorie bzw. die Karte die Welt selbst.

()
_________________
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AgentProvocateur
registrierter User



Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1514565) Verfasst am: 06.08.2010, 23:23    Titel: Antworten mit Zitat

Peter Bieri - Was macht Bewusstsein zu einem Rätsel?
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kalmar
Poltergeist



Anmeldungsdatum: 29.11.2005
Beiträge: 81
Wohnort: Salzwedel

Beitrag(#1515052) Verfasst am: 07.08.2010, 23:28    Titel: Antworten mit Zitat

@AgentProvocateur: Danke für den Link, den Text von Bieri kannte ich noch nicht. Er ist gut und verständlich geschrieben, und es steht alles Wesentliche drin.
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Nochmal zum Nachhaken: Willst Du also auf Popper hinaus, in dem Sinne, daß wir uns der "Wahrheit" nur durch Falsifikation nähern können, daß sich also prinzipiell nichts "beweisen" läßt, sondern sich die Sachverhalte lediglich "widerlegen" lassen ? Und, daß wir zwar die "Wahrheit" erlangen können, sich das aber nie "verifizieren" läßt ?

Nein, denn Poppers These besagt, dass selbst dann, wenn wir eine Theorie logisch / mathematisch beweisen können und die Prämissen wahr sind, das immer noch nicht heißt, dass die Theorie auch im Hinblick auf die Wirklichkeit wahr sein muss. Theorien über den menschlichen Geist oder das Bewusstsein lassen sich aber erst gar nicht logisch beweisen (Zirkularität).

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
kalmar hat folgendes geschrieben:
Nur lässt sich der Zusammenhang, wie gesagt, weder empirisch beobachten noch logisch beweisen. Das ist alles. Das nennt man die "Erklärungslücke" (explanation gap)
Empirisch beobachten läßt er sich schon....

Aber nicht lückenlos: Du kannst die Gehirnvorgänge beobachten - aber von da dringst Du nicht zum Bewusstsein, nicht zum inneren Erleben deiner Versuchsperson vor. Es ist nicht möglich, eine ununterbrochene Kausalkette (oder überhaupt einen ununterbrochenen Zusammenhang) zwischen Gehirnvorgängen und Bewusstseinsvrgängen zu beobachten - aber nur das wäre ein empirischer Nachweis des Zusammenhangs.

Ansonsten steht alles in dem Text von Peter Bieri - er ist absulut lesenswert.

Oben habe ich geschrieben, dass es sich bei der 'Erklärungslücke' um dieselbe 'Lücke' handelt, die es uns unmöglich macht, die Existenz der Welt oder die Nichtexistenz Gottes zu beweisen. Das heißt aber auch, dass der Status des Bewusstseins dem der Welt und dem Gottes gleichzusetzen ist. Mit 'Gott' muss hier kein religiöser Begriff gemeint sein, sondern einfach eine Instanz, die uns als Menschen (als bewusste, geistege Wesen) erschafft, die unsere (subjektive) Welt erschafft und unser Schicksal maßgeblich bestimmt. All das tut das Bewusstsein - nicht physisch, versteht sich, aber geistig. Ludwig Feuerbach hat sinngemäß gesagt, dass der christliche Gott nichts weiter ist als das in den Himmel projizierte Wesen des Menschen. Und wenn das Bewusstsein den gleichen Rang hätte wie 'Gott' und die Welt, dann müssten wir uns nicht darüber wundern, dass wir das Bewusstsein nie ganz begreifen werden.

kalmar
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kalmar
Poltergeist



Anmeldungsdatum: 29.11.2005
Beiträge: 81
Wohnort: Salzwedel

Beitrag(#1515157) Verfasst am: 08.08.2010, 11:00    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Peter Bieri - Was macht Bewusstsein zu einem Rätsel?

In einem wichtigen Punkt hat Bieri allerdings unrecht: Wir können uns durchaus denken, dass inneres Erleben für das Funktionieren der 'Gehirn-Fabrik' notwendig ist - wenn wir uns klar machen, dass die Fabrik Entscheidungen treffen muss. Es ist eben nicht so, dass alle Inputs aus dem Körper und der Umwelt mit allen Outputs (Handlungen) durch Reiz-Reaktion-Leitungen fest verknüpft sind. Ich habe das weiter oben im Thread schon mal beschrieben:

Zitat:
Bei komplexeren Lebewesen wird die starre Verbindung bestimmter Schwellenwerte mit bestimmten Reaktionen entkoppelt - so kann das Lebewesen flexibler auf Umgebungssituationen reagieren, z. B. auch seine inneren Zustände (Hunger, Durst, Müdigkeit) mit der äußeren Situation in Beziehung setzen und sich optimal verhalten.
Wenn die starre Kopplung zwischen Schwellenwert und Reaktion wegfällt, muss aber etwas anderes, weniger Starres zwischen die je aktuelle Kombination von Umwelt- und Innendaten einerseits und die Menge der möglichen Reaktionen andererseits treten. Etwas, das dem Lebewesen zwar "sagt", was zu tun ist - aber es nicht zwingt, dieses zu tun. Wenn ich etwas Heißes anfasse, sagt mir der Schmerz: Lass es sofsrt los! - aber der Schmerz zwingt mich nicht, das zu tun - ich muss den heißen Suppentopf nicht fallen lassen.


Es ist auch nicht so, wie manche Vertreter der KI anscheinend glauben, dass ein Lebewesen rechnet, wenn es eine Entscheidung trifft. Rechnen ist etwas, das der Mensch bewusst tun kann, weil er über Sprache verfügt (auch die Mathematik ist eine Sprache). Die unbewussten Vorgänge im Gehirn dürfen wir uns nicht als Rechenoperationen vorstellen.

Der Hirnforscher Antonio Damasio hat dargestellt, wie Gefühle als 'somatische Marker' mit praktisch allen inneren Repräsentationen verknüpft sind und durch diese emotionalen Bewertungen erst Entscheidungen möglich werden (A. Damasio: Descartes' Irrtum, München1997). Joseph LeDoux hat im Experiment herausgefunden, dass das Erkennen eines Objektes (sodass wir es mit seinem Nanen benennen können) und das emotionale Bewerten des Objekts (ob es 'gut' oder 'böse/schlecht' ist) an verschiedenen Orten im Gehirn offenbar unabhänglg voneinander stattfindet, und dass das Bewerten der ältere Vorgang ist (J. LeDoux: Das Netz der Gefühle, München 1998).

Auch bei der Steuerung des Denkens spielen Gefühle eine entscheidende Rolle: Es ist zunächst immer ein Gefühl, das uns sagt: Hier gibt es ein Problem, hier ist ein offene Frage, hier stimmt irgend etwas nicht. Wir empfinden dieses Gefühl als innere Spannung. die je nach Situation angenehm oder unangenehm sein kann. Und es ist auch ein Gefühl, dass uns sagt: Das Problem ist gelöst, oder: Jetzt hab ich es verstanden. Manchmal trügt dieses Gefühl - daran merkt man, dass es eben 'nur' ein Gefühl ist. Wie Gefühle den Prozess des Denkens und Entscheidens steuern, habe ich versucht, in einem Modell zu beschreiben - HIER.

Ich bin also der Ansicht, dass wir die Funktion und die Notwendigkeit des inneren Erlebens durchaus verstehen - dass wir also verstehen, warum Zombies nicht möglich sind. Aber dadurch verstehen wir immer noch nicht, warum Rot nicht auch Grün sein könnte oder warum sich Schmerzen gerade so und nicht anders anfühlen.
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Tso Wang
Vergiß es



Anmeldungsdatum: 21.09.2003
Beiträge: 1433

Beitrag(#1517073) Verfasst am: 11.08.2010, 16:40    Titel: Antworten mit Zitat

kalmar hat folgendes geschrieben:
@AgentProvocateur: Danke für den Link, den Text von Bieri kannte ich noch nicht. Er ist gut und verständlich geschrieben, und es steht alles Wesentliche drin.
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Nochmal zum Nachhaken: Willst Du also auf Popper hinaus, in dem Sinne, daß wir uns der "Wahrheit" nur durch Falsifikation nähern können, daß sich also prinzipiell nichts "beweisen" läßt, sondern sich die Sachverhalte lediglich "widerlegen" lassen ? Und, daß wir zwar die "Wahrheit" erlangen können, sich das aber nie "verifizieren" läßt ?

Nein, denn Poppers These besagt, dass selbst dann, wenn wir eine Theorie logisch / mathematisch beweisen können und die Prämissen wahr sind, das immer noch nicht heißt, dass die Theorie auch im Hinblick auf die Wirklichkeit wahr sein muss.


.

Gut, Du willst also nicht auf Popper hinaus (wir könnten zwar die "Wahrheit" irgendwann erlangen, wissen könnten wir allerdings nicht, ob wir sie besitzen). Deshalb reicht für Poppper ja auch das sog. "objektive Vermutungswissen" (s.o.) für den forschenden Geist völlig aus.

Du meinst wohl eher mit "Erklärungslücke" das, was Bieri das "Rätsel des Subjektseins" nennt, daß also "geistige Vorgänge nicht aus den materiellen Bedingungen erklärbar" seien

Wir sprachen ja schon mal von Kategorisierungsfehlern, als Du Dein diesbezügliches Posting (#1513431) korrigiert hast: Der Fehler liegt darin, daß der Bewußtseiende, das, was er als "geistig" empfindet, als eine Art "Meinigkeit" empfindet und alles andere als "materiell" einstuft. Diese biologisch sinnvolle Trennung von Geist und Materie ist allerdings nur eine künstliche, denn Du kannst "Meinigkeit" auch erweitern und schon wird ein zunächst fremdes materielles Objekt (eine Gummihand, ein Tisch etc.) zu einem Gegenstand Deines Selbstgefühls (Subjekt), siehe z.B. die sog. "Gummihandillusion". Metzinger beispielsweise nennt dieses Selbstgefühl das PSM ("Phänomenales Selbstmodell")

Das von Bieri eingeworfene Zitat des Emil Du Bois Reymond zeigt sehr schön das alte mechanistische Bild der Naturwissenschaften, das Bieri offenbar selbst noch hat und das schon längst überholt ist :

Reymond hat folgendes geschrieben:
Welche denkbare Verbindung besteht zwischen bestimmten Bewegungen bestimmter Atome in meinem Gehirn einerseits, andererseits den für mich ursprünglichen, nicht weiter definierbaren, nicht wegzuleugnenden Tatsachen: "Ich fühle Schmerz, fühle Lust: ich schmecke Süßes, rieche Rosenduft, höre Orgelton, sehe Roth"...Es ist eben durchaus und für immer unbegreiflich, daß es einer Anzahl von Kohlenstoff-, Wasserstoff-, Stickstoff-, Sauerstoff- usw. Atomen nicht sollte gleichgültig sein, wie sie liegen und sich bewegen, wie sie lagen und sich bewegten, wie sie liegen und sich bewegen werden. Es ist in keiner Weise einzusehen, wie aus ihrem Zusammenhang Bewußtsein entstehen könne.


Auch Atome und Moleküle sind "Zwängen" unterworfen, hihihi. Das hätte selbst Du Bois Reymond wissen müssen, sofern er auch mal über seinen Horizont geguckt und sich mit Le Chatelier beschäftigt hätte. Vielleicht liegt das auch daran, daß Le Chatelier zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Textes erst 22 Jahre alt war. Hat sich Du Bois Reymond später noch korrigiert ?

Aber abgesehen davon geht es m.E. beim "Gleichtakt der Neuronen" eher um die "elektromagnetischen Felder", die sie erzeugen und nicht um das Bewundern von atomaren Formationen. Ist es denn offenbar ebenfalls nicht einzusehen, wie aus der Lage von Atomen "urplötzlich" ein Magnetfeld erzeugt wird ? Müsste es denn den Atomen nicht egal sein, wie sie liegen ? Hihihi.

Das o.g. "Rätsel des Subjektseins" könnte Bieri schon allein dadurch besser hinterfragen, daß er erkennt, daß "Subjekt" zwar immateriell gefühlt, aber dennoch prinzipiell als etwas "Substanzontologisches" betrachtet wird. Diese "Ich-Substanz" gibt es aber nicht. Das liegt m.E. an der Geschichte der westlichen Philosophie. Und eine solche "Subjektsubstanz" oder "Ich-Substanz" gibt es - wie gesagt - nunmal nicht, lediglich deren "Hülle". Die östliche Philosophie hat eher den einen Charakter von "Prozessontologie". Dadurch ergeben sich gewisse Probleme erst gar nicht. Aber das ist ein anderes Thema.


Zitat:
Theorien über den menschlichen Geist oder das Bewusstsein lassen sich aber erst gar nicht logisch beweisen (Zirkularität).


Nein. Theorien über den menschlichen Geist sind nicht per se zirkulär. Da wird oft mißverstandene Literatur von Popper, Turin, Gödel etc. durcheinandergewürfelt. Ein System kann sich nicht von Innen heraus vollständig erklären (Münchausen läßt grüssen). Das ist richtig. Und selbst wenn es die Wahrheit darüber besäße, könnte es das nicht "wissen". Das ist auch richtig. Das Gehirn ist nun jedoch - nicht wie das Universum, das nur von Innen untersucht werden kann - sowohl von Innen als auch von Außen untersuchbar. Diesen kleinen, aber feinen Unterschied unterschlägt so mancher. Man könnte dieses Problem dadurch zu umgehen versuchen, daß man allen "Berichten von Innen" über das Bewußtsein Lügen unterstellt (manche versuchen das auch mit den "Berichten von Außen").....naja, wem's hilft..


Zitat:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
kalmar hat folgendes geschrieben:
Nur lässt sich der Zusammenhang, wie gesagt, weder empirisch beobachten noch logisch beweisen. Das ist alles. Das nennt man die "Erklärungslücke" (explanation gap)
Empirisch beobachten läßt er sich schon....

Aber nicht lückenlos: Du kannst die Gehirnvorgänge beobachten - aber von da dringst Du nicht zum Bewusstsein, nicht zum inneren Erleben deiner Versuchsperson vor. Es ist nicht möglich, eine ununterbrochene Kausalkette (oder überhaupt einen ununterbrochenen Zusammenhang) zwischen Gehirnvorgängen und Bewusstseinsvrgängen zu beobachten - aber nur das wäre ein empirischer Nachweis des Zusammenhangs.

Ansonsten steht alles in dem Text von Peter Bieri - er ist absulut lesenswert.

..

kalmar


An dieser romanartigen mechanistischen Darstellung des Bewußstseins ist neben grammatikalischen und Rechtschreibfehlern, die das Lesen erschweren, auch jede Menge inhaltlicher Unfug und Wirrwarr dran, tut mit leid (siehe z.B. das Zitat von Du Bois Reymond oben)

Die Tatsache, daß physikalische Feldzustände nicht aus ihren materiellen Bedingungen vorhersagbar sind, heißt doch nicht, daß diese Feldzustände physikalisch nicht erklärbar sind und im Nachhinein erklärt werden können. Wissenschaft ist kein "Kartenlegen". Man muss schon Daten aus der Vergangenheit haben, um Prognosen (keine determinierten Sicherheiten) geben zu können. Das "Emergenzproblem" (oder sprachlogisch besser: "Fulgurationsproblem") ist m.E. ein rein empirisches. Es wird geklagt, daß man noch nicht die Erfahrung gemacht hat, die man gerne machen möchte; nämlich etwas Neues schon entdeckt zu haben, bevor man es entdeckt hat: "Ich möchte jetzt schon eine Erklärung für das, was ich vielleicht irgendwann mal entdecke". Dieses "Ich weiß erst dann etwas, wenn ich es weiß" ist aber keine wirkliche "Erklärungslücke". Die Zukunft nicht detailiert vorhersagen zu können (also auch Aussagen darüber zu machen, was ich noch entdecken werde), ist wohl doch eher ein psychologisches Problem als ein forschungswissenschaftlich interessantes. Denn es würde das Forschen überflüssig machen und das Leben überschaubar langweilig.

Bewußtsein ist so etwas wie ein Spiel von Spiegeln, wie bereits erwähnt (ein Spiegelbild eines Spiegelbildes). Lebewesen, die es verstanden haben, ihre Umwelt intern virtuell zu simulieren, haben halt bessere Überlebens-Chancen. Und je besser die Simulation, desto bessere Überlebenschancen haben sie (wie bei einer Landkarte, die ihrem Anwender umso "erfolgreicher" dient, je genauer sie die Landschaft simuliert - mit dem nicht zu verachtenden Unterschied, daß der "User" der virtuellen Welt Teil der zu simulierenden Landschaft ist und somit rückkoppelnd auch Einfluß auf sie hat.).

Ich weiß nicht, warum einige Religiöse und einige Philosophen soviel Angst vor den Naturwissenschaften haben. Ist es die Angst, die Deutungshoheit über die Geschehnisse der Welt nicht mehr allein vertreten zu dürfen ? Es sind glücklicherweise nur einige, die so sehr krampfhaft an ihrem Bild festhalten.

()

---
"Müsset im Naturbetrachten
Immer eins wie alles achten;
Nichts ist drinnen, nichts ist draussen;
Denn was innen, das ist aussen.
So ergreifet ohne Säumnis
Heilig öffentlich Geheimnis."

(Goethe: Epirrhema)
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AgentProvocateur
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Beiträge: 7851
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Beitrag(#1517198) Verfasst am: 11.08.2010, 20:34    Titel: Antworten mit Zitat

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Wir sprachen ja schon mal von Kategorisierungsfehlern, als Du Dein diesbezügliches Posting (#1513431) korrigiert hast: Der Fehler liegt darin, daß der Bewußtseiende, das, was er als "geistig" empfindet, als eine Art "Meinigkeit" empfindet und alles andere als "materiell" einstuft. Diese biologisch sinnvolle Trennung von Geist und Materie ist allerdings nur eine künstliche, denn Du kannst "Meinigkeit" auch erweitern und schon wird ein zunächst fremdes materielles Objekt (eine Gummihand, ein Tisch etc.) zu einem Gegenstand Deines Selbstgefühls (Subjekt), siehe z.B. die sog. "Gummihandillusion". Metzinger beispielsweise nennt dieses Selbstgefühl das PSM ("Phänomenales Selbstmodell")

Ist ja alles schön und gut und die 'Meinigkeit' ist ein Modell, klar. Aber die Frage ist jetzt: was, bitteschön, ist kein Modell? Was sollte das sein, auf das Du Dich anscheinend beziehst, das das 'Wahre', 'das Eigentliche', wie auch immer, sein soll? Welche Kategorie ist Deiner Ansicht nach keine 'künstliche' sondern eine 'wahre', (oder wie auch immer Du hier den Gegensatz zu 'künstlich' bezeichnen willst)?

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Das o.g. "Rätsel des Subjektseins" könnte Bieri schon allein dadurch besser hinterfragen, daß er erkennt, daß "Subjekt" zwar immateriell gefühlt, aber dennoch prinzipiell als etwas "Substanzontologisches" betrachtet wird. Diese "Ich-Substanz" gibt es aber nicht. Das liegt m.E. an der Geschichte der westlichen Philosophie. Und eine solche "Subjektsubstanz" oder "Ich-Substanz" gibt es - wie gesagt - nunmal nicht, lediglich deren "Hülle". Die östliche Philosophie hat eher den einen Charakter von "Prozessontologie". Dadurch ergeben sich gewisse Probleme erst gar nicht. Aber das ist ein anderes Thema.

Nun, das Problem scheint mir hier eher Deines zu sein, nämlich dass Du überhaupt etwas 'Substanzontologisches' annimmst, was wohl eine hinter unserer Realität liegende Realität bezeichnen soll. Bieri sagt mW nichts dergleichen.

Und überhaupt: 'gibt' es (nicht), was soll das eigentlich in Deiner Nomenklatur genau bedeuten? Natürlich 'gibt' es Subjekte, warum sollte es die nicht geben? 'Subjekt' ist eine bewährte, daher sinnvolle Kategorie und daher 'gibt' es Subjekte. Worauf sonst sollte sich denn auch 'gibt' (aka 'Existenz') beziehen als auf Kategorien, die modellbasiert sind?

Wenn es Subjekte nicht 'gibt', was 'gibt' es denn dann eigentlich, 'in Wahrheit', 'in Wirklichkeit'? Ich schätze mal: gar nichts.

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Das Gehirn ist nun jedoch - nicht wie das Universum, das nur von Innen untersucht werden kann - sowohl von Innen als auch von Außen untersuchbar. Diesen kleinen, aber feinen Unterschied unterschlägt so mancher.

Ja, na gut, 'so mancher', da kann man wohl nichts gegen sagen. Aber tut Bieri das?

Und das Problem ist nach wie vor, das eine auf das andere abzubilden -> 'Erklärungslücke'.

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Die Tatsache, daß physikalische Feldzustände nicht aus ihren materiellen Bedingungen vorhersagbar sind, heißt doch nicht, daß diese Feldzustände physikalisch nicht erklärbar sind und im Nachhinein erklärt werden können.

Das 'im Nachhinein' ist ein Strohmann.

Eine reduktionistische Erklärung muss die Eigenschaften eines Systemes auf seine Bestandteile zurückführen können, d.h. muss die Eigenschaften des Systemes aus den Eigenschaften der Bestandteile herleiten können. Das hat mit 'Vorhersagen' erst mal nichts zu tun, das kann auch gerne nachträglich geschehen. Obwohl, naja, Vorhersagen sind auch immer was Schönes. Erklärungen, die nur nachträglich abgegeben werden können und nichts vorhersagen, sind vielleicht hübsch, aber wenig nützlich.

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Ich weiß nicht, warum einige Religiöse und einige Philosophen soviel Angst vor den Naturwissenschaften haben. Ist es die Angst, die Deutungshoheit über die Geschehnisse der Welt nicht mehr allein vertreten zu dürfen ? Es sind glücklicherweise nur einige, die so sehr krampfhaft an ihrem Bild festhalten.

Nö, es ist die Angst davor, dass einige! Naturwissenschaftler (speziell gewisse Neurowissenschaftler) die alleinige Deutungshoheit für sich beanspruchen, auf der Basis eines längst in der Versenkung der Geschichte verschwunden gehofften primitiven szientistischen Weltbildes.

Es ist einfach ein Irrtum, wenn man meint, sich aus reiner Empirie eine Welterklärung basteln zu können. Jede Welterklärung basiert auf Modellen, nicht auf reiner Empirie. Es gibt keine Empirie ohne Modell, bzw. eine solche wäre sinnlos.
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step
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Beitrag(#1517216) Verfasst am: 11.08.2010, 21:06    Titel: Antworten mit Zitat

Ich sehe immer noch nicht ein, welchen Nähwert jene "Erklärungslücke" hat.

Mir ist erstens unklar, warum Philosophen immer so darauf herumhacken und darunter leiden, daß das Subjekt sich nicht besonders gut objektivieren kann. Für einen Bewußtseinsforscher ist das irrelevant, solange man genügend Belege für die Klasseneigenschaften von "Bewußtsein" hat, so daß man Subjekt und Objekt zu Untersuhungszwecken entkoppeln kann. Daher lautet meine Antwort auf folgende Feststellung:

kalmar hat folgendes geschrieben:
Die Erklärungslücke ist nur ein Spezialfall der Tatsache, dass wir die Existenz einer objektiven Welt außerhalb unseres (je individuellen) Bewusstseins nicht beweisen können. Denn das Gehirn einer Versuchsperson, dass ein Neurologe erforscht, gehört für ihn zur Außenwelt.

Das ist ebenso irrelevant wie die Schwierigkeit, Russel's Teekanne zu widerlegen, solange ich von guten Theorien über die Welt (und über Bewußtsein) nur gute Voraussagefähigkeit erwarte, aber keine ontologische Absolutheit.

Zweitens sehe ich die Relevanz der Qualia immer noch nicht bzw. halte das QUaliaproblem für eine Art Kategorienfehler:

kalmar hat folgendes geschrieben:
Im Prinzip könnte es sogar sein, dass Gesine das, was Willi sieht, wenn er es "rot" nennt, "grün" nennen würde - wenn Gesine das sehen könnte, was Willi sieht, wenn er es "rot" nennt.

Meines Erachtens kann man zeigen, ob "rot" (Willi) und "rot" (Gesine) verhältnismäßig gleich sind. Es steht natürlich außer Frage, daß die durch die Wahrnehmung ausgelösten Gefühle dennoch unterschiedlich sein können, sofern sie nicht kulturell oder biologisch gleichgeschaltet sind. Daran scheint mir aber nichts besonders Erwähnenswertes.

Und drittens habe ich aus demselben Grunde Probleme mit der Behauptung, man könne sich prinzipiell nicht als Programm erkennen:

kalmar hat folgendes geschrieben:
... wäre es rein hypothetisch möglich, dass mein Bewusstsein nur ein Computerprogramm wäre, das ein Programmierer ständig mit neuen Daten über "Körper"-zustände, Wahrnehmungen einer "Außenwelt" usw. versorgt und ihm so eine nichtvirtuelle Existenz vorgaukelt. Es jst nicht möglich, diese Hypothese zu widerlegen.

Hmm ... um aber die Physik der Außenwelt zu simulieren, bräuchte ich etwas unendlich viel Komplexeres als die Physik selbst, sonst würde ich relativ schnell Simulationsfehler entdecken. Mit zunehmender Simulationsfähigkeit / Intelligenz des Programms/Bewußtseins würde es immer schwieriger.

Ich würde mich testweise trauen, folgende Behauptung aufzustellen: Ein hinreichend intelligentes / lernfähiges Computerprogramm würde irgendwann den Schluß ziehen, daß es ein Programm ist, oder anders ausgedrückt, es würde ein Modell von sich ausbilden, das Eigenschaften eines Programms zeigt.
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kalmar
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Beitrag(#1517245) Verfasst am: 11.08.2010, 21:52    Titel: Antworten mit Zitat

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Das Gehirn ist nun jedoch - nicht wie das Universum, das nur von Innen untersucht werden kann - sowohl von Innen als auch von Außen untersuchbar.

Dein Gehirn kannst Du nicht von innen beobachten - allenfalls deine Bewusstseinszustände. Und das ist eben nicht dasselbe.

..
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kalmar
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Beitrag(#1517267) Verfasst am: 11.08.2010, 22:52    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Ich sehe immer noch nicht ein, welchen Nährwert jene "Erklärungslücke" hat.

Keinen. Sie ist einfach nur da.

step hat folgendes geschrieben:
Mir ist erstens unklar, warum Philosophen immer so darauf herumhacken und darunter leiden, daß das Subjekt sich nicht besonders gut objektivieren kann. Für einen Bewußtseinsforscher ist das irrelevant, solange man genügend Belege für die Klasseneigenschaften von "Bewußtsein" hat, so daß man Subjekt und Objekt zu Untersuhungszwecken entkoppeln kann.

Es ist überhaupt kein Problem, das Gehirn zu einem Objekt zu machen. Mit dem Bewusstsein ist es schwieriger. Die Psychologen bekommen ihr Forschungsobjekt nie zu Gesicht. Deshalb hat es den Behaviorismus gegeben. Die Behavioristen haben gesagt: Das Bewusstsein ist nicht objektiv beobachtbar, also kann es auch kein Gegenstand wissenschaftlicher Forschung sein. Das war in gewisser Hinsicht konsequent.

step hat folgendes geschrieben:
...solange ich von guten Theorien über die Welt (und über Bewußtsein) nur gute Voraussagefähigkeit erwarte...

Das Bewusstsein von Versuchspersonen kannst Du nicht voraussagen - höchstens ihr Verhalten.

step hat folgendes geschrieben:
Meines Erachtens kann man zeigen, ob "rot" (Willi) und "rot" (Gesine) verhältnismäßig gleich sind.

Wie?

step hat folgendes geschrieben:
Ich würde mich testweise trauen, folgende Behauptung aufzustellen: Ein hinreichend intelligentes / lernfähiges Computerprogramm würde irgendwann den Schluß ziehen, daß es ein Programm ist, oder anders ausgedrückt, es würde ein Modell von sich ausbilden, das Eigenschaften eines Programms zeigt.

Es geht bei diesem Gedankenexperiment nicht eigentlich um Computerprogramme, sondern um das sogenannte 'Gehirn im Tank'. Man muss sich einen hinreichend fähigen Programmierer oder hinreichend mächtigen Dämon vorstellen - also im Prinzip einen allmächtigen. Der Beweis, dass der nicht existiert, käme dem Beweis der Nichtexistenz Gottes gleich.

Warum reiten die Philosophen auf all dem so herum? Weil es ihnen wichtig ist, zu betonen, dass ein Mensch eine Person mit einem Bewusstsein ist und nicht nur ein Körper mit einem Gehirn.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1517269) Verfasst am: 11.08.2010, 23:04    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
kalmar hat folgendes geschrieben:
Die Erklärungslücke ist nur ein Spezialfall der Tatsache, dass wir die Existenz einer objektiven Welt außerhalb unseres (je individuellen) Bewusstseins nicht beweisen können. Denn das Gehirn einer Versuchsperson, dass ein Neurologe erforscht, gehört für ihn zur Außenwelt.

Das ist ebenso irrelevant wie die Schwierigkeit, Russel's Teekanne zu widerlegen, solange ich von guten Theorien über die Welt (und über Bewußtsein) nur gute Voraussagefähigkeit erwarte, aber keine ontologische Absolutheit.

Der Begriff 'objektive Welt außerhalb unseres Bewusstseins' ergibt mE keinen Sinn. Solange alle zwischen 'Realität' und 'Fiktion' unterscheidet, reden alle über dasselbe. Egal, ob die sich 'Solipsisten' oder 'Realisten' nennen wollen. Die Frage nach dem, was 'wirklich, tatsächlich' dahinter liegt, ist sinnlos.

So wie alle Fragen nach grundsätzlich Unerkennbarem sinnlos sind. Nur das existiert, was erkennbar ist. Ein Existenzbegriff jenseits dessen ist sinnlos, (es sei denn, man postulierte einen Beobachter mit höherer Erkenntnisfähigkeit - aber wieso sollte man eigentlich?).

Aber die Erklärungslücke hat damit nichts zu tun, das halte ich für eine falsche Analogie.

step hat folgendes geschrieben:
kalmar hat folgendes geschrieben:
... wäre es rein hypothetisch möglich, dass mein Bewusstsein nur ein Computerprogramm wäre, das ein Programmierer ständig mit neuen Daten über "Körper"-zustände, Wahrnehmungen einer "Außenwelt" usw. versorgt und ihm so eine nichtvirtuelle Existenz vorgaukelt. Es jst nicht möglich, diese Hypothese zu widerlegen.

Hmm ... um aber die Physik der Außenwelt zu simulieren, bräuchte ich etwas unendlich viel Komplexeres als die Physik selbst, sonst würde ich relativ schnell Simulationsfehler entdecken. Mit zunehmender Simulationsfähigkeit / Intelligenz des Programms/Bewußtseins würde es immer schwieriger.

Deine Prämissen sind hier anscheinend:

1. Es gibt eine Innen- und eine Außenwelt
2. Die 'Physiken' (weiß jetzt nicht, ob das der korrekte Plural von 'Physik' ist) der Innen- und der Außenwelt sind gleich

Prämisse 1 ist ist nun einfach vorausgesetzt im Gedankenexperiment. Aber Prämisse 2 hast Du jetzt einfach so hineingeschmuggelt, die ist gar nicht Bestandteil dieses Gedankenexperimentes.

Klar kann es sein, (von einem hypothetischen Beobachterstandpunkt aus gesehen), dass ich Teil einer Matrix bin, ein Subjekt in Platons Höhlengleichnis, das nie nach 'außen' kommt, ein 'Gehirn im Tank'. Vielleicht ist unser Universum auch von diesem Standpunkt aus gesehen ein Pickel am Arsch eines Riesen. Könnte ja auch sein.

Aber ganz egal wie: was machte das für einen Unterschied für das, was wir 'Realität' nennen? Es spielt doch auch gar keine Rolle, ob unsere Realität 'virtuell' oder 'real' ist, solange dieser Unterschied nicht klar gemacht werden kann.

Und das kann mE er nicht, solange man nicht einen übergeordneten Beobachter annimmt.
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Deus ex Machina
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Beitrag(#1517280) Verfasst am: 11.08.2010, 23:56    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
So wie alle Fragen nach grundsätzlich Unerkennbarem sinnlos sind. Nur das existiert, was erkennbar ist. Ein Existenzbegriff jenseits dessen ist sinnlos, (es sei denn, man postulierte einen Beobachter mit höherer Erkenntnisfähigkeit - aber wieso sollte man eigentlich?).


Ist denn das, was Bieri "Bewusstsein im Sinne von Erleben" ("Alle solchen Zustände sind in uns nicht nur vorhanden, sondern wir erleben sie auch: Es fühlt sich auf bestimmte Weise an, in ihnen zu sein. Sie bestimmen, wie es für uns ist, ein Mensch zu sein.") nennt, nicht ein Musterbeispiel für etwas grundsätzlich Unerkennbares?

Falls Du antwortest: "Es mag für mich zwar unerkennbar sein, ob jemand anders wirklich bewusst (im obigen Sinne) ist, ich weiss aber mit absoluter Sicherheit, dass ich bewusst bin (ich weiss das gewissermassen so sicher, wie man etwas nur wissen kann)." Ich denke nicht, dass der Satz "Ich weiss, dass ich Bewusstsein (i.S.v. Erleben) habe" wirklich eine Bedeutung hat. Wäre es auch denkbar, dass Du weisst, dass Du kein Bewusstsein hast? Falls nicht: Was bedeutet "Ich weiss X", wenn es nicht denbkar ist, Nicht-X zu wissen?
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Beitrag(#1517286) Verfasst am: 12.08.2010, 00:28    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Deine Prämissen sind hier anscheinend: ... 2. Die 'Physiken' (weiß jetzt nicht, ob das der korrekte Plural von 'Physik' ist) der Innen- und der Außenwelt sind gleich ... Prämisse 2 hast Du jetzt einfach so hineingeschmuggelt, die ist gar nicht Bestandteil dieses Gedankenexperimentes.

Ja, die Physik des Programmiereruniversums muß auch für das Programm (zur Laufzeit) gelten, sonst wäre es keine Implementation. Das Gehirn im Tank etwa unterliegt auch der Schwerkraft.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Aber ganz egal wie: was machte das für einen Unterschied für das, was wir 'Realität' nennen? Es spielt doch auch gar keine Rolle, ob unsere Realität 'virtuell' oder 'real' ist, solange dieser Unterschied nicht klar gemacht werden kann.

Ja, und vor allem solange die erkannte Gesetzlichkeit zum Voraussagen ausreicht.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und das kann mE er nicht, solange man nicht einen übergeordneten Beobachter annimmt.

Kann das wirklich als bewiesen gelten? Ich habe da meine Zweifel.
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Beitrag(#1517290) Verfasst am: 12.08.2010, 00:38    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Deus. Sehr glücklich

Ich habe Bewusstsein, ich fühle etwas, ich habe phänomenales Empfinden, ich nehme etwas wahr. Da ist nichts grundsätzlich Unerkennbares dabei, im Gegenteil ist das das unmittelbar Erkennbare.

Das ist alles, mehr gibt es eigentlich dazu nicht zu sagen.

Welchen zusätzlichen Sinn könnte es ergeben, da noch ein 'wissen' hinzuzufügen? Ich 'weiß' das nicht zusätzlich zu meinem Empfinden, mein Empfinden ist unmittelbar, ohne den Umweg über ein Wissen. Die Sätze: 'ich empfinde etwas' und 'ich weiß, dass ich etwas empfinde' sind absolut bedeutungsgleich, (wenn ich sie in meinem Kontext äußere). Der zweite Satz enthielte dann lediglich einen (bedeutungsirrelevanten) Pleonasmus.

Nehmen wir nun mal an, jemand würde folgenden Satz äußern: 'in Wirklichkeit erkennst Du nicht / nimmst Du nichts wahr'. Dieser Satz wäre in meinem Kontext meiner Weltsicht automatisch falsch. Und in seinem Kontext könnte er dennoch wahr sein. Es muss dann also unterschiedliche Bedeutungen geben, solche, die nicht übereinstimmen. Ich schätze, das wird dann das Wort 'Wirklichkeit' sein.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1517293) Verfasst am: 12.08.2010, 01:03    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Deine Prämissen sind hier anscheinend: ... 2. Die 'Physiken' (weiß jetzt nicht, ob das der korrekte Plural von 'Physik' ist) der Innen- und der Außenwelt sind gleich ... Prämisse 2 hast Du jetzt einfach so hineingeschmuggelt, die ist gar nicht Bestandteil dieses Gedankenexperimentes.

Ja, die Physik des Programmiereruniversums muß auch für das Programm (zur Laufzeit) gelten, sonst wäre es keine Implementation. Das Gehirn im Tank etwa unterliegt auch der Schwerkraft.

Ja, na klar, das Gehirn selber unterliegt der Schwerkraft, bzw. für das Gehirn selber gelten natürlich alle Naturgesetze unserer Welt. Und für das Programm gilt das ebenso.

Nur ist es jedoch voraussetzungsgemäß so, dass alles in das Gehirn eingespeist wird, es hat keinerlei Sensoren, die sich auf unsere Welt beziehen.

Alles, was 'Gehirn', 'Tank', 'Einspeisung' etc. betrifft, ist also für das Gehirn unerkennbar. Weder direkt noch indirekt erkennbar. Das Gehirn kann keine Messinstrumente in unserer Welt bauen, es ist ja nur ein Gehirn. Jedoch kann es in seiner Welt, (die wäre für uns dann 'virtuell'), beliebige Messinstrumente bauen.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und das kann mE er nicht, solange man nicht einen übergeordneten Beobachter annimmt.

Kann das wirklich als bewiesen gelten? Ich habe da meine Zweifel.

Ist letztlich nur meine Auffassung. Werde mich hüten, die als 'bewiesen' zu bezeichnen.
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step
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Beitrag(#1517383) Verfasst am: 12.08.2010, 09:48    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Deine Prämissen sind hier anscheinend: ... 2. Die 'Physiken' (weiß jetzt nicht, ob das der korrekte Plural von 'Physik' ist) der Innen- und der Außenwelt sind gleich ... Prämisse 2 hast Du jetzt einfach so hineingeschmuggelt, die ist gar nicht Bestandteil dieses Gedankenexperimentes.
Ja, die Physik des Programmiereruniversums muß auch für das Programm (zur Laufzeit) gelten, sonst wäre es keine Implementation. Das Gehirn im Tank etwa unterliegt auch der Schwerkraft.
Ja, na klar, das Gehirn selber unterliegt der Schwerkraft, bzw. für das Gehirn selber gelten natürlich alle Naturgesetze unserer Welt. Und für das Programm gilt das ebenso.

Gut, damit ist es schonmal dieselbe Physik.

Dein wirklicher Einwand ist nämlich ein ganz anderer:

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nur ist es jedoch voraussetzungsgemäß so, dass alles in das Gehirn eingespeist wird, es hat keinerlei Sensoren, die sich auf unsere Welt beziehen. Alles, was 'Gehirn', 'Tank', 'Einspeisung' etc. betrifft, ist also für das Gehirn unerkennbar. ...

Wenn man natürlich voraussetzt, daß das Gehirn keinen relevanten Kontakt zur Außenwelt hat, wir die Behauptung, es könne über die Außenwelt nur spekulieren, eher trivial. Ich gehe allerdings davon aus, daß die Voraussetzung schwierig zu erfüllen ist, weil die Inputs ja immer physikalisch (oder was wir so nennen) realisiert sein müssen und daher per se eine Art Sensorik darstellen.
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kalmar
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Beitrag(#1517432) Verfasst am: 12.08.2010, 11:44    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Der Begriff 'objektive Welt außerhalb unseres Bewusstseins' ergibt mE keinen Sinn. Solange alle zwischen 'Realität' und 'Fiktion' unterscheidet, reden alle über dasselbe. [...] Nur das existiert, was erkennbar ist.

Die Frage ist dann aber: Was ist erkennbar? Was erkenne ich, wenn ich etwas erkenne? Erkenne ich die Wahrnehmungen, die mein Gehirn erzeugt, oder die Welt um mich herum? Und wenn meine Wahrnehmungen nur Konstrukte meines Gehirns wären und mir keine Informationen über eine 'Welt da draußen' liefern würden, eine Welt, die für meine Existenz (= meine künftigen Wahrnehmungen) bedeutsam ist - warum sollte ich dann diese Wahrnehmungen wichtig nehmen? Wäre die Welt eine Fiktion, dann wären auch alle Kausalzusammenhänge Fiktion: Es würde nicht ein physikalisches Ereignis ein anderes bewirken, sondern es gäbe lediglich einen Zusammenhang zwischen zwei Wahrnehmungen, den wir nicht erklären könnten und als zufällig ansehen müssten.

In der östlichen Philosophie und Religion wird die Welt als Fiktion angesehen, und ich denke, dass das der Grund dafür ist, dass Naturwissenschaft mit dem Ziel, Gesetzmäßigkeiten in der Natur zu entdecken, sich dort kaum entwickelt hat. Ich glaube deshalb nicht, dass 'von Realität reden' und 'von Fiktion reden' dasselbe ist. Es hat unterschiedliche Konsequenzen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Aber die Erklärungslücke hat damit nichts zu tun, das halte ich für eine falsche Analogie.

Wäre die 'Welt da draußen' eine Fiktion, dann wäre auch das Gehirn eine Fiktion - auch das Gehirn einer fiktiven Versuchsperson (falls ich ein fiktiver Hirnforscher wäre). Warum sollte ich nach einem Kausalzusammenhang fragen zwischen den fiktiven Vorgängen in diesem Gehirn und den Auskünften, die die fiktive Versuchsperson über ihre inneren Erlebnisse macht, wenn das Ganze nicht mehr als eine Erfindung meines Gehirns ist? Eine Welt, die nicht existiert, muss man auch nicht erklären. Und wo es nichts zu erklären gibt, gibt es auch keine Erklärungslücken.

Ich kann (1) die Welt und mich selbst als real existent betrachten oder (2) die Welt und mich selbst für ein Konstrukt meines Gehirns halten. Wäre nur (2) wahr, dann wäre mein Gehirn mein Schöpfer und der Schöpfer meiner Welt, also Gott, und es hätte dann nichts zu bedeuten, wenn mein Gehirn ein 'Gehirn im Tank' wäre - denn ich wäre ohnehin nur ein 'Ich im Gehirn'. Da ich keinen Standpunkt außerhalb meiner selbst einnehmen kann, der mir ermöglichen würde, zu erkennen, ob (1) wahr ist, entscheide ich mich aus o. g. Gründen, im Normalfall (1) zu glauben und in besonderen Fällen zu berücksichtigen, dass (2) ebenfalls zutrifft, da (1) und (2) einander nicht ausschließen.


Zuletzt bearbeitet von kalmar am 14.08.2010, 20:41, insgesamt einmal bearbeitet
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Eklatant
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Beitrag(#1517479) Verfasst am: 12.08.2010, 14:03    Titel: Antworten mit Zitat

kalmar hat folgendes geschrieben:

Und wenn meine Wahrnehmungen nur Konstrukte meines Gehirns wären und mir keine Informationen über eine 'Welt da draußen' liefern würden, eine Welt, die für meine Existenz (= meine künftigen Wahrnehmungen) bedeutsam ist - warum sollte ich dann diese Wahrnehmungen wichtig nehmen?


Woher kommen denn diese künftigen Wahrnehmungen?
Warum dringt denn etwas in das Bewusstsein ein? Ist das sonst unbewusst? Wieso eigentlich? Und wieso "denkt" man nicht alles geleichzeitig?
Die Frage sollte zum Beispiel erlaubt sein, weshalb man gerade noch diesen Text liest und über Wahrnehmung rätselt, im nächsten Moment aber dann an New Yorker Käsekuchen denkt.
Weshalb aber sollte man an New Yorker Käsekuchen und nicht an die Moai Statuen der Osterinseln denken? Woher kommen diese Gedanken? Selbst ausgedacht? zwinkern
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Eklatant
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Beitrag(#1517483) Verfasst am: 12.08.2010, 14:07    Titel: Antworten mit Zitat

kalmar hat folgendes geschrieben:
Eklatant hat folgendes geschrieben:
Gibt es eigentlich philosophische bzw. metaphysische Probleme?
Sind diese "Fragestellungen" nicht viel eher emotional überladene Gedankengänge?

Bevor man daran geht, die Welt physikalisch zu beschreiben, kann man sich Fragen stellen wie: Woher weiß ich, dass diese Welt überhaupt existiert? Woher weiß ich, dass ich existiere? Woher weiß ich , dass die Instrumente meiner physikalischen Beschreibung - Logik und Mathematik - zu wahren Aussagen führen? Das sind letztlich metaphysische, also über die Physik hinausgehende Fragen.

Ich behaupte nicht, dass man diese Fragen stellen muss - man kann es auch lassen. Aber emotional überladene Gedankengänge sind es nicht.


Es gibt auch Sätze die wie Fragen aussehen und sich sogar so anfühlen wie Fragen, aber Fragen sind es nicht.
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kalmar
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Beitrag(#1517496) Verfasst am: 12.08.2010, 14:38    Titel: Antworten mit Zitat

Eklatant hat folgendes geschrieben:
kalmar hat folgendes geschrieben:
...metaphysische, also über die Physik hinausgehende Fragen. Ich behaupte nicht, dass man diese Fragen stellen muss - man kann es auch lassen....

Es gibt auch Sätze die wie Fragen aussehen und sich sogar so anfühlen wie Fragen, aber Fragen sind es nicht.

Für den Pragmatiker sind es keine Fragen, da hast Du recht, und der Pragmatismus ist ein akzeptabler Standpunkt. Aber es ist nicht mein Standpunkt.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1517509) Verfasst am: 12.08.2010, 15:13    Titel: Antworten mit Zitat

kalmar hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Der Begriff 'objektive Welt außerhalb unseres Bewusstseins' ergibt mE keinen Sinn. Solange alle zwischen 'Realität' und 'Fiktion' unterscheidet, reden alle über dasselbe. [...] Nur das existiert, was erkennbar ist.

Die Frage ist dann aber: Was ist erkennbar? Was erkenne ich, wenn ich etwas erkenne? Erkenne ich die Wahrnehmungen, die mein Gehirn erzeugt, oder die Welt um mich herum? [...] Ich glaube deshalb nicht, dass 'von Realität reden' und 'von Fiktion reden' dasselbe ist. Es hat unterschiedliche Konsequenzen.

Du hast mich irgendwie falsch verstanden, ich habe mich wohl auch missverständlich ausgedrückt.

Ich sehe doch ebenfalls den Unterschied zwischen 'Realität' und 'Fiktion' als wichtig an.

Bei der Realismus-Frage würde ich mich mal wieder Putnam anschließen mit seinem Direkten Realismus.
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Beitrag(#1517523) Verfasst am: 12.08.2010, 15:51    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nur ist es jedoch voraussetzungsgemäß so, dass alles in das Gehirn eingespeist wird, es hat keinerlei Sensoren, die sich auf unsere Welt beziehen. Alles, was 'Gehirn', 'Tank', 'Einspeisung' etc. betrifft, ist also für das Gehirn unerkennbar. ...

Wenn man natürlich voraussetzt, daß das Gehirn keinen relevanten Kontakt zur Außenwelt hat, wir die Behauptung, es könne über die Außenwelt nur spekulieren, eher trivial. Ich gehe allerdings davon aus, daß die Voraussetzung schwierig zu erfüllen ist, weil die Inputs ja immer physikalisch (oder was wir so nennen) realisiert sein müssen und daher per se eine Art Sensorik darstellen.

Dann verstehe ich wohl einfach nicht, was Du mit 'eine Art Sensorik' meinst und worauf Du hinauswillst. Was in unserem Gehirn physikalisch abläuft, ist für uns nun mal nicht direkt erkennbar, es gibt mW keine Sensoren im Gehirn selber.
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