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Ist Abtreibung Mord?
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Rasmus
entartet und notorisch gottlos - Ich bin Papst



Anmeldungsdatum: 20.05.2004
Beiträge: 17559

Beitrag(#1547882) Verfasst am: 30.09.2010, 14:20    Titel: Antworten mit Zitat

Wilson hat folgendes geschrieben:
Zitat:

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich kann nur Eurer Prämisse nicht folgen, dass ich, weil ich dazu fähig bin, deswegen ein besonderes Recht / einen besondern Wert haben müsse. Ein größeres Recht zum Beispiel auf Leben als ein Säugling.


step:
Ich kann da nur für mich sprechen:

Aus der Eigenschaft, intelligentes soziales Subjekt zu sein, folgt erstmal kein Wert und schon gar kein Recht, sondern nur, daß die Interessen der Träger dieser Eigenschaft in einer Ethik berücksichtigt werden müssen, damit diese überhaupt stabil zustandekommt. Bis jetzt ist da keinerlei Prämisse drin, außer vielleicht ein bißchen Logik und Spieltheorie, also eher ein naturgesetzlicher Zusammenhang (den man natürlich auch theoretisch anzweifeln kann). Ich würde diesbezüglich daher nicht von einer Prämisse, sondern eher von einer "constraint" oder so sprechen.


bitte, nur eine verständnisfrage:

um überhaupt eine intelligentes, soziales subjekt zu werden und damit träger von interessen, die verhandelbar sind mit anderen, muss ich ein recht auf unversehrtheit (in der entwicklung zu o.g.) haben.


Nein.

Du brauchst eine Gelegenheit - aber eine Garantie dazu gibt es nicht.

Funktioniert auch mit trivialen Beispielen nicht viel anders: Im Club der Marathon-Läufer werden nur Leute als mitglied zugelassen, die einen Marathon gelaufen sind. Die bekommen dann de Newsletter oder GRuppenrabatte wenn sie sich bei weiteren Läufen anmelden, etc.

Aber sie sind in keinster Weise verpflichtet, anderne Leuten das Laufne beizubringen, geschweige denn sie zu Maratho-Läufern zu trainieren.
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Sylvia Browne - Wahrsager oder Scharlatan?
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Wilson
zwischen gaga und dada



Anmeldungsdatum: 04.02.2008
Beiträge: 20376
Wohnort: Swift Tuttle

Beitrag(#1547936) Verfasst am: 30.09.2010, 15:46    Titel: Antworten mit Zitat

danke.

ich verstehs nicht. Traurig

muss eben nochmal drüber nachdenken.
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AgentProvocateur
registrierter User



Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1547982) Verfasst am: 30.09.2010, 17:10    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich kann nur Eurer Prämisse nicht folgen, dass ich, weil ich dazu fähig bin, deswegen ein besonderes Recht / einen besondern Wert haben müsse. Ein größeres Recht zum Beispiel auf Leben als ein Säugling.

Ich kann da nur für mich sprechen:

Aus der Eigenschaft, intelligentes soziales Subjekt zu sein, folgt erstmal kein Wert und schon gar kein Recht, sondern nur, daß die Interessen der Träger dieser Eigenschaft in einer Ethik berücksichtigt werden müssen, damit diese überhaupt stabil zustandekommt. Bis jetzt ist da keinerlei Prämisse drin, außer vielleicht ein bißchen Logik und Spieltheorie, also eher ein naturgesetzlicher Zusammenhang (den man natürlich auch theoretisch anzweifeln kann). Ich würde diesbezüglich daher nicht von einer Prämisse, sondern eher von einer "constraint" oder so sprechen.

Die so entstehende Ethik hat ansonsten erstmal noch ziemlich viele Freiheitsgrade (die zu vereinbarenden Ziele, von denen ich immer rede).

Okay.

step hat folgendes geschrieben:
Ein Verbot von Abtreibungen, Säuglingstötungen oder Tierschlachtungen müßte jetzt anders begründet werden, etwa über die gemeinsamen Ziele. Und erst daraus ergäbe sich der spezielle Wert und die entsprechenden Rechte.

Aber diesen Übergang verstehe ich dann nicht. Wo ist jetzt der Unterschied, woraus ergibt sich das 'anders' und inwiefern anders? Ein Tötungsverbot für 'intelligente, soziale Subjekte' ergibt sich doch demnach ebenso aus Interessen und Zielen. So wie z.B. das für Säuglinge auch.
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Wilson
zwischen gaga und dada



Anmeldungsdatum: 04.02.2008
Beiträge: 20376
Wohnort: Swift Tuttle

Beitrag(#1548015) Verfasst am: 30.09.2010, 18:00    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Aber sie sind in keinster Weise verpflichtet, anderne Leuten das Laufne beizubringen, geschweige denn sie zu Maratho-Läufern zu trainieren.


das laufen selbst nicht, doch aber die vorausetzungen um überhaupt laufen zu können
also gesundheit, sprich beine. oder besser: sich fürs laufen oder nicht laufen entscheiden zu können.

oder war das mit "trainieren" gemeint?

Komplett von der Rolle
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"als ob"
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fwo
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Anmeldungsdatum: 05.02.2008
Beiträge: 25959
Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#1548041) Verfasst am: 30.09.2010, 18:28    Titel: Antworten mit Zitat

Wilson hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Aber sie sind in keinster Weise verpflichtet, anderne Leuten das Laufne beizubringen, geschweige denn sie zu Maratho-Läufern zu trainieren.


das laufen selbst nicht, doch aber die vorausetzungen um überhaupt laufen zu können
also gesundheit, sprich beine. oder besser: sich fürs laufen oder nicht laufen entscheiden zu können.

oder war das mit "trainieren" gemeint?

Komplett von der Rolle

Nimms, wie es da steht: Die Existenz des Clubs der Marathonläufer schließt nicht dessen Verpflichtung ein, jeden in den Stand zu setzen, da Mitglied werden zu können. Das muss derjenige selbst machen.

Übersetzt: Die Menschheit garantiert keiner Zygote, zu einem geburtsfähigen Kind heranzuwachsen und auch geboren zu werden. Kann sie auch nicht. Man schätzt, dass ca 50% aller befruchteten Eier auch ohne bewusste menschliche Einwirkung abgehen.

Auch beim Thema Abort sind die Menschen die reinsten Stümper gegenüber Gott. Wie soll es sonst auch sein?

fwo
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Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.

Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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step
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Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#1548060) Verfasst am: 30.09.2010, 19:10    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich kann nur Eurer Prämisse nicht folgen, dass ich, weil ich dazu fähig bin, deswegen ein besonderes Recht / einen besondern Wert haben müsse. Ein größeres Recht zum Beispiel auf Leben als ein Säugling.

Ich kann da nur für mich sprechen:

Aus der Eigenschaft, intelligentes soziales Subjekt zu sein, folgt erstmal kein Wert und schon gar kein Recht, sondern nur, daß die Interessen der Träger dieser Eigenschaft in einer Ethik berücksichtigt werden müssen, damit diese überhaupt stabil zustandekommt. Bis jetzt ist da keinerlei Prämisse drin, außer vielleicht ein bißchen Logik und Spieltheorie, also eher ein naturgesetzlicher Zusammenhang (den man natürlich auch theoretisch anzweifeln kann). Ich würde diesbezüglich daher nicht von einer Prämisse, sondern eher von einer "constraint" oder so sprechen.

Die so entstehende Ethik hat ansonsten erstmal noch ziemlich viele Freiheitsgrade (die zu vereinbarenden Ziele, von denen ich immer rede).

Okay.

step hat folgendes geschrieben:
Ein Verbot von Abtreibungen, Säuglingstötungen oder Tierschlachtungen müßte jetzt anders begründet werden, etwa über die gemeinsamen Ziele. Und erst daraus ergäbe sich der spezielle Wert und die entsprechenden Rechte.

Aber diesen Übergang verstehe ich dann nicht. Wo ist jetzt der Unterschied, woraus ergibt sich das 'anders' und inwiefern anders? Ein Tötungsverbot für 'intelligente, soziale Subjekte' ergibt sich doch demnach ebenso aus Interessen und Zielen. So wie z.B. das für Säuglinge auch.

Ja, der Unterschied liegt eben darin, daß die Berücksichtigung der grundlegenden Interessen der "Ethiker" mehr oder weniger unausweichlich ist, während die Rechte anderer ethischer Objekte davon abhängen, wie die Ethiker die Ziele festlegen. Hier sind, wie oben versucht darzulegen, viele Varianten denkbar, von denen einige zu Abtreibungsverboten, andere eben nicht dazu führen.

Das Überlebensrecht von Säuglingen, Embryonen oder Tieren ist daher mE in jedem Fall von indirekterer Begründungsnatur.
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Babyface
Altmeister



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11518

Beitrag(#1548361) Verfasst am: 01.10.2010, 09:33    Titel: Re: Ich schrieb: Antworten mit Zitat

caballito hat folgendes geschrieben:

Solange er die betreffende Definition nicht vorlegt, gehe ich von der Standarddefinition aus.

Dann darfst Du jemandem, der dasselbe tut, nicht vorwerfen, er würden ignorieren, dass der andere möglicherweise eine andere Definition hat.

Zitat:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Und die Vehemenz, mit der solches immer wieder vorgetraghen wird, sagt mir, dass die Leute so schlicht den Konflikt verdrängen wollen, um sich nicht damit auseinandersetzen zu müssen.

Entweder, weil sie Angst haben, zu dem unerwünschten Ergebnis ui kommen, dass Möglicher weise die Interessen des Ungeborenen Vorrang haben könnten, oder weil sie zu feige sind, den Konflikt offen zugunsten der Schwangeren zu entscheiden. Oder beides.

Und ebenso gut kann man dann sagen, dass manche Abtreibungsverbotsforderer, die dem Embryo Überlebensinteressen unterstellen zu etwas feige sind. Nämlich dazu, ganz offen zu sagen, dass es in Wahrheit ihre eigenen Interessen am Überleben des Embryo sind, welche sie hier über das Interesse der Schwangeren an körperlicher Unversehrtheit stellen. Stattdessen schaffen sie sich lieber kleine, wehrlose Interessensvertreter, indem sie Embryonen Überlebensinteressen andichten. Und am Ende tauschen sie einfach unbemerkt die Rollen und suggerieren, dass nicht die Embryonen die Interessensvertreter der Verbotsforderer sind, sondern die Verbotsforderer die Interessensvertreter der Embryonen seien.

Womit du jetzt nur noch zu erklären hättest, wieso diese angeblichen Trickser ein derartiges Interesse am Überleben des Enbryos haben solten.

Wer weiß, vielleicht weil sie nicht wollen, dass ein Gott Ihnen eins auf den Deckel gibt, wenn sie Abtreibungen nicht verhindern. Vielleicht weil sie wollen, dass sich die schwangere nicht so einfach aus der Verantwortung stehlen dürfen soll. Vielleicht, weil sie wollen, dass viele Menschen entstehen. Vielleicht weil sie sich nicht schuldig/unmoralisch erleben wollen, wenn sie nicht für das Überleben des Embryos kämpfen. usw.

Das sind jetzt aber viele vielleichts...

Ich hätte auch "entweder oder" schreiben können, so wie Du.

Zitat:
Wenn sie sich allerdings schuldig fühlen würden, bze. die Frau nicht aus der Verantwortung lassen wollen, dann stellt sich doch die Frage, schuldig woran und Verantwortung wofür?

"Verantwortung übernehmen" mehr diffus im Sinne von "wer Spaß haben will, muss auch die Konsequenzen ausbaden". Schuldig fühlen, z.b. weil man internalisiert hat, in jedem menschlichen Leben stecke ein inhärenter Wert, oder auch schuldig fühlen, weil wertvolles Potenzial vernichtet wird.

Alle diese Eigentinteressen können zu einer Externalisierung auf den Embryo führen. Es muss nicht passieren, kann aber, und wenn es passiert, dann wahrscheinlich eher unbewusst. Mit Gotteswillen zu argumentieren ist häufig bereits so eine unbewusste Externalisierung von eigenen Interessen auf ein höheres Wesen. Zusätzlich kann aber noch eine Externalisierung auf den Embryo vorliegen, d.h. wenn jemand mit Gotteswillen gegen Abtreibung argumentiert, dann schließt das die andere "Trickserei" nicht aus.

Zitat:

Das gilt für alle Seiten, auch für dich, und greift nur, wenn tatsächlich getrickst wird.

Interessant. Das war eigentlich die Botschaft an Dich.
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Babyface
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Beiträge: 11518

Beitrag(#1548367) Verfasst am: 01.10.2010, 09:42    Titel: Antworten mit Zitat

Ascanius hat folgendes geschrieben:

Babyface hat folgendes geschrieben:
Deshalb sagen sie "Du sollst auch nicht leidfrei töten". Finde ich sowohl konsequentzialistisch als auch rational-zweckmäßig gedacht.


Wenn eine moralische Handlung daran zu erkennen ist, daß sie die Bedürfnisse und Interessen der von ihr betroffenen leidensfähigen Wesen dem Gleichheitsprinzip gemäß mit dem Ziel berücksichtigt, Leid vorzubeugen, es zu lindern oder zu beseitigen, kann das Lebensinteresse eines zu tötenden Wesens kein ethischer Grund gegen seine Tötung sein - das ist ein logischer Sachverhalt!

Ja, wenn die Prämisse lautet, dass man neben Leidminimierung keinen anderen Zweck einer Ethik gelten lässt, dann ist das die logische Konsequenz aus dieser Prämisse. So langsam solltest Du aber begriffen haben, dass ich genau diese Prämisse bestreite.

Zitat:
Bezeichnenderweise hast Du noch kein Wort des Protestes über Tötungen durch Unterlassung verloren.

Hab ich in anderen Threads. Wofür ist es jetzt bezeichnend, dass ich es in diesem noch nicht getan habe?
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Babyface
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11518

Beitrag(#1548371) Verfasst am: 01.10.2010, 09:44    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich kann nur Eurer Prämisse nicht folgen, dass ich, weil ich dazu fähig bin, deswegen ein besonderes Recht / einen besondern Wert haben müsse. Ein größeres Recht zum Beispiel auf Leben als ein Säugling.

Ich kann da nur für mich sprechen:

Aus der Eigenschaft, intelligentes soziales Subjekt zu sein, folgt erstmal kein Wert und schon gar kein Recht, sondern nur, daß die Interessen der Träger dieser Eigenschaft in einer Ethik berücksichtigt werden müssen, damit diese überhaupt stabil zustandekommt. Bis jetzt ist da keinerlei Prämisse drin, außer vielleicht ein bißchen Logik und Spieltheorie, also eher ein naturgesetzlicher Zusammenhang (den man natürlich auch theoretisch anzweifeln kann). Ich würde diesbezüglich daher nicht von einer Prämisse, sondern eher von einer "constraint" oder so sprechen.

Die so entstehende Ethik hat ansonsten erstmal noch ziemlich viele Freiheitsgrade (die zu vereinbarenden Ziele, von denen ich immer rede).

Ein Verbot von Abtreibungen, Säuglingstötungen oder Tierschlachtungen müßte jetzt anders begründet werden, etwa über die gemeinsamen Ziele. Und erst daraus ergäbe sich der spezielle Wert und die entsprechenden Rechte.

Sehe ich ebenso.
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Babyface
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11518

Beitrag(#1548404) Verfasst am: 01.10.2010, 10:38    Titel: Antworten mit Zitat

@agent provocateur

Ich hätte mir ein Feedback erhofft, ob Du meine Ausführungen zur Definition dispositionalen Interesses nachvollzogen hast. Wenn nicht verstehst, was damit gemeint ist, dann werden wir immer aneinander vorbeireden.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und dann kann ich nichts mit dispositionalen Interessen begründen. Nur mit aktuellen Interessen und mit hochgerechneten / in die Zukunft interpolierten / angenommenen Interessen anderer, also (wahrscheinlichen) zukünftigen (zukünftig aktuellen) Interessen.

Es ist mir doch notwendigerweise völlig gleichgültig, ob Du mir was stiehlst, wenn ich im Koma liege und ich nie mehr daraus aufwache. Denn dann habe ich gar kein aktuelles (bzw. bewusstes) Interesse und werde es auch nie mehr haben. Wenn ich jedoch wieder aufwache, dann ist ist das anders, dann würde es mich sehr wohl stören, dann hättest Du mein bewusstes, jedoch zukünftiges (bezogen auf den Diebstahl) Interesse verletzt.

Wir sind uns wahrscheinlich einig, dass die Verletzung von Interessen generell in dem Moment stattfindet, wo jemand Konsequenzen schafft, die mit den aktuellen/zukünftig aktuellen Interessen kollidieren.

Nein, ich denke nicht.

Nehmen wir an, ich dressierte oder manipulierte Menschen von Geburt an so, dass sie immer nur glücklich wären und mich anbeteten und immer nur das tun wollten, was ich ihnen befähle. Täte ich das, verletzte ich nicht ihre zukünftigen Interessen. Aber für moralisch falsch hielte ich das dennoch. Und zwar deswegen, weil ich sie dann als Mittel zu meinem Zweck verwenden würde und ich ihnen die Entwicklung eines eigenen Lebensentwurfes / ihre Selbstbestimmung nehmen würde.

Was hat das jetzt bitte mit meiner Aussage zu tun, in welchem Moment eine Interessensverletzung stattfindet? Entweder Du sieht hier keine Interessensverletzung, dann hat das Beispiel keinen Bezug zu meiner Aussage. Oder Du siehst doch eine, dann bleibt die Frage offen, in welchem Moment sie stattfindet. Oder sind wir uns in dem Punkt eben doch einig und es geht Dir schon wieder um den übernächsten Punkt? Zum Beispiel den:

Zitat:
Wie würdest Du das bewerten?

Fände ich unethisch. Zwar hättest Du nicht die Interessen Deiner Zöglinge verletzt. Dafür aber die Interessen der meisten anderen Personen, die ja ein nachvollziehbares Interesse haben, dass solche Manipulationen nicht stattfinden.

Zitat:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Die spannende Frage ist daher: wie begründest Du eigentlich die Vorhersage, dass Du bezogen auf den Diebstahl ein zukünftiges aktuelles Interesse zeigen wirst, welches ich verletze, wenn ich Dir im Schlaf etwas klaue? Würde mich sehr wundern, wenn Deine rationale Begründung rein gar nichts enthält, was mit dem zu tun hat, was ich als dispositionales Interesse bezeichnet habe und folglich auch Du hier etwas mit dispositionalem Interesse begründest.

Ich halte es aber gleichfalls für falsch, einen Säugling zu bestehlen. Weil ich davon ausgehe, dass er zukünftig ähnliche Interessen wie ich entwickeln wird und ich die somit hinreichend genau interpolieren kann. Das hat also nichts mit dispositionalen Interessen in Deinem Sinne zu tun.

Und? Beim Säugling begründest Du die Prognose zukünftiger "aktueller Interessen" (und indirekt damit auch Deine ethische Bewertung) also mit Entwicklungs- und Lernprozessen. Tue ich auch. Die Frage war aber, wie Du die Prognose im Fall eines Diebstahls im Schlaf bei bei Dir selbst plausibel erklärst? Auch mit noch ausstehenden Entwicklungs- und Lernprozessen oder eher mit bereits vorhandenen, aktivierbaren neuronalen Verknüpfungen?


Zitat:
Wären die per se höher zu bewerten als interpolierte zukünftige Interessen, dann müsste es weniger verwerflich sein, einen Säugling zu bestehlen, ihm einen bleibenden körperlichen Schaden zuzufügen oder ihn zu töten als das Gleiche mit einem Erwachsenen zu tun.

Wäre, hätte, wenn. Ich habe Dir mehrfach erklärt, dass ich die nicht per se höher höher bewerte. Was bezweckst Du also noch mit solchen Aussagen?
_________________
posted by Babyface
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1548542) Verfasst am: 01.10.2010, 15:43    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
@agent provocateur

Ich hätte mir ein Feedback erhofft, ob Du meine Ausführungen zur Definition dispositionalen Interesses nachvollzogen hast. Wenn nicht verstehst, was damit gemeint ist, dann werden wir immer aneinander vorbeireden.

Ich glaube, ich habe das verstanden.

Babyface hat folgendes geschrieben:
Was hat das jetzt bitte mit meiner Aussage zu tun, in welchem Moment eine Interessensverletzung stattfindet? Entweder Du sieht hier keine Interessensverletzung, dann hat das Beispiel keinen Bezug zu meiner Aussage. Oder Du siehst doch eine, dann bleibt die Frage offen, in welchem Moment sie stattfindet. Oder sind wir uns in dem Punkt eben doch einig und es geht Dir schon wieder um den übernächsten Punkt?

Letzteres. Auch wenn keine Interessensverletzung stattfindet, können Handlungen mE unmoralisch sein.

Babyface hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wie würdest Du das bewerten?

Fände ich unethisch. Zwar hättest Du nicht die Interessen Deiner Zöglinge verletzt. Dafür aber die Interessen der meisten anderen Personen, die ja ein nachvollziehbares Interesse haben, dass solche Manipulationen nicht stattfinden.

Auch wenn alle anderen das unproblematisch fänden: ich würde es dennoch problematisch finden.

Babyface hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich halte es aber gleichfalls für falsch, einen Säugling zu bestehlen. Weil ich davon ausgehe, dass er zukünftig ähnliche Interessen wie ich entwickeln wird und ich die somit hinreichend genau interpolieren kann. Das hat also nichts mit dispositionalen Interessen in Deinem Sinne zu tun.

Und? Beim Säugling begründest Du die Prognose zukünftiger "aktueller Interessen" (und indirekt damit auch Deine ethische Bewertung) also mit Entwicklungs- und Lernprozessen. Tue ich auch. Die Frage war aber, wie Du die Prognose im Fall eines Diebstahls im Schlaf bei bei Dir selbst plausibel erklärst? Auch mit noch ausstehenden Entwicklungs- und Lernprozessen oder eher mit bereits vorhandenen, aktivierbaren neuronalen Verknüpfungen?

Ja, die Verwerflichkeit eines Diebstahls an mir könnte ich vielleicht so begründen. Jedoch bei anderen Sachen wäre auch bei mir ein zukünftiger Lern- / Informationsprozess notwendig. Bei bestimmten Betrugsfällen z.B., deren Auswirkungen und Umstände mir evtl. jetzt nicht klar sind. Diese könnte ich also nicht so begründen, daher ist eine solche Begründung weniger verallgemeinerbar.

Ich würde deswegen eher so vorgehen und danach bewerten: kann ich bei einer Handlung, die andere betrifft, mit deren Einwilligung rechnen, wenn sie hinreichend um die Umstände und die Auswirkungen wissen / aufgeklärt wurden? Dabei ist es dann ziemlich egal, ob sie diese Kenntnisse tatsächlich (bereits) haben oder nicht, mit anderen Worten: ob die bereits vorhandenen, neuronalen Verknüpfungen vorhanden sind und nur aktiviert werden müssen oder oder sich dazu neue neuronale Verknüpfungen (Lernprozess) bilden müssen.
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Babyface
Altmeister



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11518

Beitrag(#1548764) Verfasst am: 01.10.2010, 22:16    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Babyface hat folgendes geschrieben:
Fände ich unethisch. Zwar hättest Du nicht die Interessen Deiner Zöglinge verletzt. Dafür aber die Interessen der meisten anderen Personen, die ja ein nachvollziehbares Interesse haben, dass solche Manipulationen nicht stattfinden.

Auch wenn alle anderen das unproblematisch fänden: ich würde es dennoch problematisch finden.

Jetzt kommt es aber darauf an, warum die anderen das nicht unproblematisch finden. Sie können es unproblematisch finden, weil sie nicht erkennen, dass das Tolerieren solcher Manipulationen ihre eigenen Interessen bedroht und damit durchaus bereits ihre disp. Sicherheitsinteressen verletzt. Wenn man das als einziger erkennt, ist Aufklärung der anderen gefordert.

Oder sie finden es unproblematisch, weil sie gar keine Sicherheitsinteressen haben (vielleicht weil sie eine andere Biologie als Menschen haben). Mit solchen wird man sich als einziger, der Sicherheitsinteressen hat, dann halt wahrscheinlich nicht auf eine Ethik verständigen können, die solches Manipulieren verbietet.


Zitat:
Babyface hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich halte es aber gleichfalls für falsch, einen Säugling zu bestehlen. Weil ich davon ausgehe, dass er zukünftig ähnliche Interessen wie ich entwickeln wird und ich die somit hinreichend genau interpolieren kann. Das hat also nichts mit dispositionalen Interessen in Deinem Sinne zu tun.

Und? Beim Säugling begründest Du die Prognose zukünftiger "aktueller Interessen" (und indirekt damit auch Deine ethische Bewertung) also mit Entwicklungs- und Lernprozessen. Tue ich auch. Die Frage war aber, wie Du die Prognose im Fall eines Diebstahls im Schlaf bei bei Dir selbst plausibel erklärst? Auch mit noch ausstehenden Entwicklungs- und Lernprozessen oder eher mit bereits vorhandenen, aktivierbaren neuronalen Verknüpfungen?

Ja, die Verwerflichkeit eines Diebstahls an mir könnte ich vielleicht so begründen. Jedoch bei anderen Sachen wäre auch bei mir ein zukünftiger Lern- / Informationsprozess notwendig. Bei bestimmten Betrugsfällen z.B., deren Auswirkungen und Umstände mir evtl. jetzt nicht klar sind. Diese könnte ich also nicht so begründen, daher ist eine solche Begründung weniger verallgemeinerbar.

Aber gerade die Unethik des perfekten Betrugs (man merkt nicht, dass man betrogen wurde), ließe sich sehr gut mit dispositionalem Interesse begründen, denn wenn Du in diesem Fall Deine Frage anwendest:

Zitat:
Ich würde deswegen eher so vorgehen und danach bewerten: kann ich bei einer Handlung, die andere betrifft, mit deren Einwilligung rechnen, wenn sie hinreichend um die Umstände und die Auswirkungen wissen / aufgeklärt wurden?

...dann könntest Du ein "nein" auf diese Frage und damit Deine ethische Bewertung imho eigentlich nur mit sowas wie bereits vorhandenen dispositionalen Interessen (Aktivierungsbereitschaft) begründen. Hier: das disp. Interesse nicht übers Ohr gehauen zu werden. Wenn Du die Frage also bei einem Wesen mit bereits vorhandenen disp. Interessen stellst, fragst Du so im Prinzip, ob bestimmte disp. Interessen bei ihm vorhanden sind oder nicht.

Bei so einem Wesen funktioniert die Frage also. Bei einem Säugling ohne disp. Interessen greift die Frage so formuliert aber zu kurz. Denn ein Säugling, wenn er von den Auswirkungen wüßte, hätte auch nur dann etwas einzuwenden, wenn die Auswirkungen seine Interessen verletzen. Um hier zu einem "nein" zu kommen müsstest Du die Frage entsprechend präzisieren:

"...wenn er hinreichend um die Umstände und Auswirkungen wüßte, und diesbezüglich kollidierende Interessen entwickelt hätte."

Die Unterscheidung zwischen Aktivierung und Entwicklung würdest Du also irgendwann treffen müssen. Im ersten Fall hast Du die Aktivierung (disp. Interesse) bei der Begründung für ein "nein" drin, im zweiten Fall beim Säugling eine abgeschlossene Entwicklung als wenn-Bedingung in der Fragestellung.

Zitat:
Dabei ist es dann ziemlich egal, ob sie diese Kenntnisse tatsächlich (bereits) haben oder nicht, mit anderen Worten: ob die bereits vorhandenen, neuronalen Verknüpfungen vorhanden sind und nur aktiviert werden müssen oder oder sich dazu neue neuronale Verknüpfungen (Lernprozess) bilden müssen.

Mal abgesehen davon, dass es eben doch so nicht egal ist (s. oben), würde Deine Frage zu seltsamen Konsequenzen führen. Denn bedenke, diese Frage ist rein hypothetischer Natur und setzt damit keine prognostische Gültigkeit vorraus. Denn eine "Was wäre wenn.."-Frage setzt weder voraus, dass die wenn-Bedingung irgendwann sehr wahrscheinlich erfüllt sein wird, noch, dass sie überhaupt realisierbar ist. Folglich könntest Du also auch bei einen Grashalm ähnlich wie beim Säugling fragen, ob er mit Rasenmähen einverstanden wäre, wenn er bestimmtes Wissen und bestimmte Interessen hätte. Wäre er dann natürlich nicht ergo Rasenmähen ist unethisch. Und allerspätestens hier brauchst Du dann für eine Unterscheidung zwischen Grashalm und Säugling wieder das Entwicklungskonzept mit einer prognotischen Begründung (der Säugling wird die kognitiven Voraussetzungen und Interessen sehr wahrscheinlich entwickeln, der Grashalm dagegen nicht).

Ich würde mich daher bei ethischen Begründung auf derzeitige und zukünftige disp. Interessen, die sich noch entwickeln müssen, beziehen wollen (ohne die einen per se über die anderen zu stellen)
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Beitrag(#1548811) Verfasst am: 01.10.2010, 23:37    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Babyface hat folgendes geschrieben:
Fände ich unethisch. Zwar hättest Du nicht die Interessen Deiner Zöglinge verletzt. Dafür aber die Interessen der meisten anderen Personen, die ja ein nachvollziehbares Interesse haben, dass solche Manipulationen nicht stattfinden.

Auch wenn alle anderen das unproblematisch fänden: ich würde es dennoch problematisch finden.

Jetzt kommt es aber darauf an, warum die anderen das nicht unproblematisch finden. Sie können es unproblematisch finden, weil sie nicht erkennen, dass das Tolerieren solcher Manipulationen ihre eigenen Interessen bedroht und damit durchaus bereits ihre disp. Sicherheitsinteressen verletzt. Wenn man das als einziger erkennt, ist Aufklärung der anderen gefordert.

Aber wenn man Menschen nur kurz nach der Geburt oder schon vorher so manipulieren / veränderen / anpassen kann, das sie willenlose Sklaven werden, dann bedroht das die Sicherheitsinteressen bereits weiter mental entwickelten Menschen nicht. Wenn man dann noch ein Verfahren praktiziert, das nur dafür explizit gespendete Säuglinge verwendet, dann bedroht es sie auch nicht indirekt, (-> Gefahr für ihre Nachkommen gegen ihren Willen).

Babyface hat folgendes geschrieben:
Aber gerade die Unethik des perfekten Betrugs (man merkt nicht, dass man betrogen wurde), ließe sich sehr gut mit dispositionalem Interesse begründen,

Nein, finde ich nicht, s.u.

Babyface hat folgendes geschrieben:
denn wenn Du in diesem Fall Deine Frage anwendest:

Zitat:
Ich würde deswegen eher so vorgehen und danach bewerten: kann ich bei einer Handlung, die andere betrifft, mit deren Einwilligung rechnen, wenn sie hinreichend um die Umstände und die Auswirkungen wissen / aufgeklärt wurden?

...dann könntest Du ein "nein" auf diese Frage und damit Deine ethische Bewertung imho eigentlich nur mit sowas wie bereits vorhandenen dispositionalen Interessen (Aktivierungsbereitschaft) begründen. Hier: das disp. Interesse nicht übers Ohr gehauen zu werden. Wenn Du die Frage also bei einem Wesen mit bereits vorhandenen disp. Interessen stellst, fragst Du so im Prinzip, ob bestimmte disp. Interessen bei ihm vorhanden sind oder nicht.

Bei so einem Wesen funktioniert die Frage also. Bei einem Säugling ohne disp. Interessen greift die Frage so formuliert aber zu kurz. Denn ein Säugling, wenn er von den Auswirkungen wüßte, hätte auch nur dann etwas einzuwenden, wenn die Auswirkungen seine Interessen verletzen. Um hier zu einem "nein" zu kommen müsstest Du die Frage entsprechend präzisieren:

"...wenn er hinreichend um die Umstände und Auswirkungen wüßte, und diesbezüglich kollidierende Interessen entwickelt hätte."

Hatte ich implizit schon eingepreist. Wenn wir das präzisieren wollen, dann aber in der Zukunftsform: 'wenn er zukünftig erkennt, dass und inwiefern er übers Ohr gehauen, benutzt, geschädigt wurde'.

Babyface hat folgendes geschrieben:
Die Unterscheidung zwischen Aktivierung und Entwicklung würdest Du also irgendwann treffen müssen. Im ersten Fall hast Du die Aktivierung (disp. Interesse) bei der Begründung für ein "nein" drin, im zweiten Fall beim Säugling eine abgeschlossene Entwicklung als wenn-Bedingung in der Fragestellung.

Nein, der Unterschied zwischen Aktivierung und Entwicklung spielt dabei mE keine relevante Rolle. Das betrifft ja nicht nur Säuglinge, sondern ebenso auch kleine oder mittelalte Kinder, die in bestimmten Fällen (z.B. irgendwelche Verträge) noch nicht hinreichend verstehen, was mit ihnen passiert. Nicht umsonst sind die ja juristisch nicht geschäftsfähig: damit sie eben nicht übers Ohr gehauen werden - was ansonsten sehr einfach wäre, weil sie noch nicht hinreichend dazu in der Lage sind, die Konsequenzen abzuschätzen.

Babyface hat folgendes geschrieben:
Mal abgesehen davon, dass es eben doch so nicht egal ist (s. oben), würde Deine Frage zu seltsamen Konsequenzen führen. Denn bedenke, diese Frage ist rein hypothetischer Natur und setzt damit keine prognostische Gültigkeit vorraus. Denn eine "Was wäre wenn.."-Frage setzt weder voraus, dass die wenn-Bedingung irgendwann sehr wahrscheinlich erfüllt sein wird, noch, dass sie überhaupt realisierbar ist.

Doch, das setzt sie sehr wohl voraus, davon bin ich ausgegangen und so habe ich das gemeint. Allerdings muss man die Zukunft natürlich unweigerlich interpolieren, man kennt die ja nicht exakt.

Babyface hat folgendes geschrieben:
Folglich könntest Du also auch bei einen Grashalm ähnlich wie beim Säugling fragen, ob er mit Rasenmähen einverstanden wäre, wenn er bestimmtes Wissen und bestimmte Interessen hätte. Wäre er dann natürlich nicht ergo Rasenmähen ist unethisch. Und allerspätestens hier brauchst Du dann für eine Unterscheidung zwischen Grashalm und Säugling wieder das Entwicklungskonzept mit einer prognotischen Begründung (der Säugling wird die kognitiven Voraussetzungen und Interessen sehr wahrscheinlich entwickeln, der Grashalm dagegen nicht).

Ja, natürlich brauche ich eine prognostische Annahme über die Zukunft, wie gesagt.

Babyface hat folgendes geschrieben:
Ich würde mich daher bei ethischen Begründung auf derzeitige und zukünftige disp. Interessen, die sich noch entwickeln müssen, beziehen wollen (ohne die einen per se über die anderen zu stellen)

Mein Punkt hier bei dieser Diskussion ist gerade ein direkter Grund, warum ich es falsch finde, einen Säugling (oder auch ein unmündiges Kind) übers Ohr zu hauen oder sonstwie zu schädigen, (auch wenn die das selber jetzt nicht und vielleicht auch nie erkennen können).

Dass es zusätzlich auch indirekte Gründe, (die Interessen anderer an dem Säugling / Kind) gibt, ist davon unberührt.

Nach meiner Auffassung gibt es aber eben auch den direkten Grund, ich finde es falsch, jemandem seine Zukunft zu verbauen / einzuschränken / mutwillig zu verschlechtern, auch dann, wenn das Interessen Dritter nicht tangieren würde.

Würde man nur auf derzeitige und zukünftige disp. Interessen abheben, dann wäre es zulässig, künftige, noch nicht entwickelte (noch nicht dispositionale) Interessen zu unterdrücken, so dass diese sich nicht entwickeln können. (Sofern das nicht disp. Interessen Dritter widerspricht.) Aber das ist meiner Ansicht nach nicht einfach so zulässig, ich finde das moralisch falsch.

Wenn Deine Anwort hier sein sollte: 'aber dann ist das Dein disp. Interesse und das muss natürlich berücksichtigt werden' - okay, aber dann landen wir einfach nur wieder bei der (mE) völlig trivialen Erkenntnis, dass schlicht alles, was man will, auf Interessen beruht und dass nur diejenigen, die disp. Interessen haben, eine Ethik entwickeln und befolgen können. Und ergo jedwede Ethik unausweichlich und komplett auf Interessen beruht - dann jedoch nicht auf zukünftigen Interessen, sondern auf den Interessen der Ethik-Macher, ob die ein Interesse haben, zukünftige Interessen zu berücksichtigen.

Fragt sich dann halt, wie man Interessen gegeneinander abwägen kann. Der eine will vielleicht Menschen als glückliche willenlose Arbeitssklaven züchten, ich will das nicht. So steht Interesse gegen Interesse. Und dann?

Oder mal direkt Dich dazu gefragt: würdest Du denn Menschenzüchtung, so wie oben beschrieben, befürworten? Wenn nicht: welche disp. Interessen siehst Du dadurch verletzt?
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step
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Beitrag(#1548876) Verfasst am: 02.10.2010, 10:38    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nach meiner Auffassung gibt es aber eben auch den direkten Grund, ich finde es falsch, jemandem seine Zukunft zu verbauen / einzuschränken / mutwillig zu verschlechtern, auch dann, wenn das Interessen Dritter nicht tangieren würde.

Dazu einige Einwände. Zuerst einmal zwei Einwände gegen die tendenziöse Formulierung:

- es wäre nicht "mutwillig", sondern zielorientiert

- ob es "jemand" wäre, ist mindestens Definitionssache, wenn nicht gar schlichtweg falsch, vor allem bei Embryonen


Und nun zum Inhaltlichen:

- "jemandem seine Zukunft verbauen" suggeriert, daß seine Zukunft bereits bekannt oder vorauszusetzen ist. Dies ist aber nur der Fall, wenn jemand Interesse daran hat. Aus meiner Sicht ist diese Formulierung daher ein teleologischer Fehlschluss oder ein Zirkelschluß.

- "Ich finde das falsch" ist mE kein direkter, sondern ein eher indirekter Grund, weil ja damit Du es bist, der Interesse am Weiterentwickeln jemandes Anderen hat. Aber diesen Punkt können wir im Moment mal ignorieren.

- "Ich finde das falsch" ist zwar eine legitime intuitivmoralische Äußerung, aber mich interessiert, warum Du (und viele Andere) das falsch finden, damit ich es rational nachvollziehen kann. Meine (einzige) Erklärung dafür wäre, daß Du einen individuellen Embryo, noch mehr einen Säugling, als Stellvertreter für ein Ding-an-sich, eine Kategorie namens "Säugling" empfindest, deren "Bestimmung" Du zu kennen meinst, nämlich eine Zukunft als Erwachsener zu haben.

Aber vielleicht hat das ja auch einen ganz anderen Hintergrund, den ich dann allerdings gern verstehen würde.
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Babyface
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Beitrag(#1548885) Verfasst am: 02.10.2010, 10:54    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Babyface hat folgendes geschrieben:
Fände ich unethisch. Zwar hättest Du nicht die Interessen Deiner Zöglinge verletzt. Dafür aber die Interessen der meisten anderen Personen, die ja ein nachvollziehbares Interesse haben, dass solche Manipulationen nicht stattfinden.

Auch wenn alle anderen das unproblematisch fänden: ich würde es dennoch problematisch finden.

Jetzt kommt es aber darauf an, warum die anderen das nicht unproblematisch finden. Sie können es unproblematisch finden, weil sie nicht erkennen, dass das Tolerieren solcher Manipulationen ihre eigenen Interessen bedroht und damit durchaus bereits ihre disp. Sicherheitsinteressen verletzt. Wenn man das als einziger erkennt, ist Aufklärung der anderen gefordert.

Aber wenn man Menschen nur kurz nach der Geburt oder schon vorher so manipulieren / veränderen / anpassen kann, das sie willenlose Sklaven werden, dann bedroht das die Sicherheitsinteressen bereits weiter mental entwickelten Menschen nicht. Wenn man dann noch ein Verfahren praktiziert, das nur dafür explizit gespendete Säuglinge verwendet, dann bedroht es sie auch nicht indirekt, (-> Gefahr für ihre Nachkommen gegen ihren Willen).

Es hat ja schon einen Grund, warum Selbstbestimmung und eigenständiges Denken heute ein Wert sind. Ich weiß ja nicht wie es Dir geht, aber ich würde mich bedroht fühlen in einer Gesellschaft, die es ok findet, wenn Menschen eine dermaßen starke Kontrolle über den Willen anderer ausüben und damit unverhältnismäßg viel Macht für die Durchsetzung eigener Interessen gewinnen können.

Zitat:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Aber gerade die Unethik des perfekten Betrugs (man merkt nicht, dass man betrogen wurde), ließe sich sehr gut mit dispositionalem Interesse begründen,

Nein, finde ich nicht, s.u.

Unten habe ich nichts gefunden. Wenn jemand Person X betrügt und X merkt das nicht, dann begründe ich die Unethik des Betrugs u.a. durch die Plausibilität der Annahme, dass X ein disp. Interesse hast, nicht von anderen betrogen zu werden, welches hier missachtet wurde.

Babyface hat folgendes geschrieben:
denn wenn Du in diesem Fall Deine Frage anwendest:

Zitat:
Ich würde deswegen eher so vorgehen und danach bewerten: kann ich bei einer Handlung, die andere betrifft, mit deren Einwilligung rechnen, wenn sie hinreichend um die Umstände und die Auswirkungen wissen / aufgeklärt wurden?

Nochmal: Du musst die Antwort auch noch irgendwie begründen. Wie begründest Du, das X nicht einwilligen würde? Warum würde X nicht einwilligen?

Zitat:
Hatte ich implizit schon eingepreist. Wenn wir das präzisieren wollen, dann aber in der Zukunftsform: 'wenn er zukünftig erkennt, dass und inwiefern er übers Ohr gehauen, benutzt, geschädigt wurde'.

Es bleibt eine Konditionalform. "Wenn a dann b" enthält keine Prognose, dass a eintritt.
Ich könnte wieder diesselbe Frage beim Grashalm stellen: "wenn er zukünftig erkennt, dass und inwiefern er geschädigt wurde." und zu dem Ergebnis kommen, dass er nicht einwilligen würde.



Zitat:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Folglich könntest Du also auch bei einen Grashalm ähnlich wie beim Säugling fragen, ob er mit Rasenmähen einverstanden wäre, wenn er bestimmtes Wissen und bestimmte Interessen hätte. Wäre er dann natürlich nicht ergo Rasenmähen ist unethisch. Und allerspätestens hier brauchst Du dann für eine Unterscheidung zwischen Grashalm und Säugling wieder das Entwicklungskonzept mit einer prognotischen Begründung (der Säugling wird die kognitiven Voraussetzungen und Interessen sehr wahrscheinlich entwickeln, der Grashalm dagegen nicht).

Ja, natürlich brauche ich eine prognostische Annahme über die Zukunft, wie gesagt.

Ja, aber die Prognose musst Du dann auch rational-plausibel begründen. Schließlich leitest Du u.a. aus dieser Prognose Deine ethische Bewertung ab. Für eine rational-nachvollziehbare Begründung der Prognose beim Säugling benötigst Du eben entsprechende biologische und entwicklungspsychologische Konzepte.

Zitat:

Nach meiner Auffassung gibt es aber eben auch den direkten Grund, ich finde es falsch, jemandem seine Zukunft zu verbauen / einzuschränken / mutwillig zu verschlechtern, auch dann, wenn das Interessen Dritter nicht tangieren würde.

Vielleicht verstehen wir ja etwas unterschiedliches unter einem direktem Grund. Wäre folgendes für Dich ein direkter Grund?: Der Säugling wird sich zu einer Person entwickeln, deren disp. Interessen verletzt würden, wenn man den Säugling bestiehlt. Oder fallen die Interessen dieser zukünftigen Person für Dich auch unter die Interessen Dritter? Falls sie das tun, haben wir wohl einen Dissens.

Zitat:
Würde man nur auf derzeitige und zukünftige disp. Interessen abheben, dann wäre es zulässig, künftige, noch nicht entwickelte (noch nicht dispositionale) Interessen zu unterdrücken, so dass diese sich nicht entwickeln können. (Sofern das nicht disp. Interessen Dritter widerspricht.) Aber das ist meiner Ansicht nach nicht einfach so zulässig, ich finde das moralisch falsch.

Das finde ich zu pauschal. Die Gesellschaft versucht u.a. mit Deiner Zustimmung viele Interessen an ihrer Entstehung zu hindern. Schon die einfache Straßenverkehrsordnung verhindert die Entstehung bestimmter zukünftiger Interessen, z.b. nach medizinischer Reha, Rollstühlen, psychologischer Betreuung der Angehörigen von Verkehrstoten...

Zitat:
Wenn Deine Anwort hier sein sollte: 'aber dann ist das Dein disp. Interesse und das muss natürlich berücksichtigt werden' - okay, aber dann landen wir einfach nur wieder bei der (mE) völlig trivialen Erkenntnis, dass schlicht alles, was man will, auf Interessen beruht und dass nur diejenigen, die disp. Interessen haben, eine Ethik entwickeln und befolgen können. Und ergo jedwede Ethik unausweichlich und komplett auf Interessen beruht - dann jedoch nicht auf zukünftigen Interessen, sondern auf den Interessen der Ethik-Macher, ob die ein Interesse haben, zukünftige Interessen zu berücksichtigen.

Ja, strenggenommen stimmt das. Die Frage ist, warum stört Dich das? Warum darf es nicht so trivial sein wie es bis hierhin ist?

Zitat:
Fragt sich dann halt, wie man Interessen gegeneinander abwägen kann. Der eine will vielleicht Menschen als glückliche willenlose Arbeitssklaven züchten, ich will das nicht. So steht Interesse gegen Interesse. Und dann?

Dann gibt es einen Interessenskonflikt, den man möglicherweise nicht rational lösen kann, schon gar nicht, indem man sich auf Standpunkte zurückzieht wie: "es gibt da für mich eine Ethik, die unabhängig von verletzten Interessen zu dem Ergebnis kommt, dass das unethisch ist. Und die gilt auch für Dich". Gut, Du könntest das zwar so machen, aber wozu soll das gut sein?
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zelig
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Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25405

Beitrag(#1549415) Verfasst am: 03.10.2010, 13:00    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Fragt sich dann halt, wie man Interessen gegeneinander abwägen kann. Der eine will vielleicht Menschen als glückliche willenlose Arbeitssklaven züchten, ich will das nicht. So steht Interesse gegen Interesse. Und dann?

Dann gibt es einen Interessenskonflikt, den man möglicherweise nicht rational lösen kann, schon gar nicht, indem man sich auf Standpunkte zurückzieht wie: "es gibt da für mich eine Ethik, die unabhängig von verletzten Interessen zu dem Ergebnis kommt, dass das unethisch ist. Und die gilt auch für Dich". Gut, Du könntest das zwar so machen, aber wozu soll das gut sein?


Da wir an diesen Punkt schon öfters angelangt sind. Deswegen ist jeder ethische Entwurf, der nicht die Anstrengung unternimmt, die gesellschaftliche Utopie, sowie das in sie eingebettete Menschenbild aufzuzeigen, letztlich wenig brauchbar und für praktische Fragen eher irrelevant. Meine Einschätzung ist, man versucht mit derartiger Argumentation zwar Konsistenz zu erreichen, nimmt jedoch dafür Unbrauchbarkeit in Kauf.
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tridi
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Anmeldungsdatum: 21.06.2007
Beiträge: 7933

Beitrag(#1549452) Verfasst am: 03.10.2010, 14:23    Titel: Antworten mit Zitat

Ascanius hat folgendes geschrieben:
tridi hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Soll Ethik nicht beliebig sein, muß sie einem konkreten Zweck dienen, der wiederum ihre Referenzobjekte bestimmt. Ist es der Zweck von Ethik, Leid vorzubeugen, es zu lindern oder zu beseitigen - etwas, worauf sich alle leidensfähigen, personalen und lebensbewußten Wesen einigen können sollten


nein. ich bin ein leidesfaehiges, personales und lebensbewusstes wesen, du vermutlich auch (oder?), aber wir beide koennen uns darauf definitiv *nicht* einigen, zumindest dann nicht, wenn du dieses nicht-leidens-interesse ueber das lebensinteresse stellst.


Wo hätte ich das getan? Ich habe lediglich festgestellt, daß Dein (oder mein) Lebensinteresse kein Argument gegen Deine (oder meine) Tötung sein kann, weil Du (oder ich) unter dieser (und nur dieser) Art der Mißachtung von Interessen nicht leiden kann/st. Wer Handlungen für unmoralisch halten will, obwohl sie für das direkt betroffene Wesen kein Leid zur Folge haben, muß umso genauer erklären, was denn der Zweck von Ethik sein soll. Leider hast Du darauf trotz entsprechender Bitte (wohlweislich?) verzichtet.

tridi hat folgendes geschrieben:
mein oberstes interesse ist naemlich zu leben, und die frage des leidens kommt erst danach.


Selbstverständlich ist die Würdigung Deines Lebensinteresses Voraussetzung für die Berücksichtigung Deiner Leidensfähigkeit. Das aber ändert nichts an meiner Feststellung zum "Tötungsverbot". Warum sie Dich so sehr aufbringt, kann ich eh nicht recht nachtvollziehen, denn immerhin gibt es genügend indirekte Gründe, auf Tötungen zu verzichten (so man denn überhaupt ein in ethische Abwägung zu bringendes Interesse an ihnen hat).

tridi hat folgendes geschrieben:
auf jedwede ethik, die mein lebensinteresse nicht als argument gegen meine toetung akzeptiert, wirst du dich mit mir nicht einigen koennen.

Damit verläßt Du den Boden der Rationalität und disqualifizierst Dich als Diskussionspartner.

ich seh das eher so, dass du dich als diskussionspartner nunmehr hinreichend disqualifiziert hast.

du stellst nur auf leid ab, leben erhaeltst du nur aus "indirekten" gruenden, und wenn man alle leidensfaehigen wesen auf einen schlag schmerzlos umbringen koennte, waers ok fuer dich:

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Wäre es praktisch möglich, alle leidensfähigen Wesen der Erde überraschend und auf einen Schlag zu töten, gäbe es kein ethisches Argument dagegen.


das reicht nun wirklich, ueber sowas lohnt es nicht zu diskutieren.

edit/ergaenzung an andere: ich habe mit obigem nicht jeden abtreibungsbefuerworter fuer plemplem erklaert und auch nicht gesagt, dass ich nur positionen akzeptieren kann, die einem ungeborenen ein lebensinteresse zusprechen und dies auch an oberster stelle beruecksichtigen. wer aber soweit geht, dass das lebensinteresse eines erwachsenen menschen uninteressant wird, solange nur niemand leidet, der verfolgt eine ethik, die mit meiner grundsaetzlich und komplett inkompatibel ist.
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Ascanius
abnorm



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Beitrag(#1550374) Verfasst am: 05.10.2010, 11:23    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
@ Wolf:

Ascanius hat folgendes geschrieben:
WÄRE es praktisch möglich, , gäbe es kein ethisches Argument dagegen.


M.a.W.: Diese Frage ist in gleich zweierlei Hinsicht ethisch gegenstandslos.


Aber in 100 Jahren vielleicht ist sie relevant. Und dann?


Dann bräuchte es noch immer Gründe dafür, die Lebensinteressen aller entsprechend ausgestatteten Wesen so gering zu gewichten, daß es für eine Tötung ausreicht! Worin könnten diese Gründe für moralische Personen bestehen, die gemäß ihrer Ethik bekanntlich beides - eigenes wie fremdes Lebens- und Leidfreiheitsinteresse - zu berücksichtigen haben? Wie sollten Menschen, deren ganzes Denken und Handeln von dem bestimmt wird, was ich als Zweck der Ethik beschrieben habe, überhaupt darauf kommen, die Menschheit ausrotten zu wollen, und das auch noch so ernsthaft, daß sie es tatsächlich planen und umsetzen? Versuch doch einfach mal, für eine Weile möglichst jede einzelne Deiner Handlungen hinsichtlich möglichst jeder ihrer Auswirkung auf andere leidensfähige Wesen zu überprüfen und den Grundprinzipien meiner Ethik entsprechend zu korrigieren. Das sollte die vollkommene Abwegigkeit Deiner Frage zumindest ansatzweise erfahrbar machen.
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Ascanius
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Beitrag(#1550378) Verfasst am: 05.10.2010, 11:26    Titel: Antworten mit Zitat

Bundschuh hat folgendes geschrieben:
Welche Art des Denkens ich (oder sonstjemand) als ethisch empfinde ist unerheblich für die Feststellung, dass die meisten Leute ethisch handeln.


Du verwendest einen sinnlosen Ethikbegriff, wenn er nur bedeutet, daß jeder, der (oder über den) behauptet (wird), "ethisch" zu handeln, es auch tut.

Bundschuh hat folgendes geschrieben:
Was die "echte, wahre" Ethik ist, ist ja nicht objektiv feststellbar.


Natürlich nicht. Sie ist ja kein Ding, sondern ein normatives Konstrukt. Trotzdem muß der Ethikbegriff etwas Bestimmtes repräsentieren, und das solltest Du, wenn Du ihn schon verwendest, auch erläutern können (sofern Du nicht nur mit leeren Worthülsen klingeln willst).

Bundschuh hat folgendes geschrieben:
Oje, genau, wenn ich mein gesamtes Geld spenden würde, damit irgendwo Zuckerlösung gekauft werden könnte, dann - hier kommt das Fehlverhalten weniger zum tragen - würde sehr sehr viel davon in dunklen Kanälen verschwinden, von irgendwelchen korrupten Beamten, Warlords, Banditen, Stammesführern, Chefs von Bananenrepubliken etc aufgesaugt.


Wirfst Du diesen Herrschaften etwa vor, daß sie sich bestenfalls um hilfsbedürftige Menschen kümmern, die "in ihrer Umgebung" leben?

Bundschuh hat folgendes geschrieben:
Es ist ja nicht so, dass die Menschen in afrikanischen Ländern beispielsweise nicht in der Lage wären, sich selber zu ernähren - es ist halt nur so, dass die Regierungen / Behöredenapparate der jeweiligen Länder durchsetzt sind mit - verglichen mit der Bevölkerungszahl wenigen - korrupten, gierigen und verbrecherischen Gestalten, denen eben das Leid der Bevölkerung völlig egal ist, solange sie ihren Reibach machen und die die Reichtümer des Landes zum eigenen Vorteil verschachern.


Das alles sind keine Argumente gegen meine Feststellung, wie Du spätestens seit Singers berühmtem "Drowning Child"-Beispiel und dessen Diskussion wissen könntest (wenn Du es wissen wolltest). Jeder Cent, der in die Hilfe für ansonsten Hilflose einfließen kann, bedeutet konkrete Hilfe für konkrete leidensfähige Wesen. Fakt ist: Menschen leiden und sterben vermeidbarerweise, weil ihnen basale Güter und Dienstleistungen nicht zur Verfügung stehen/vorenthalten werden. Fakt ist: Du könntest bewirken, daß sich das zumindest für einige von ihnen ändert. Fakt ist: Du tust es nicht oder nicht in dem Umfang, der Deinem Wohlstand entspricht. Fakt ist: Du bist ein Unterlassungsverbrecher und - wenn ich Deine Gegenwehr richtig einschätze - ein unverbesserlicher obendrein. Es mag die persönliche Bequemlichkeit stören, aber Tatsachen muß man erst einmal zur Kenntnis nehmen, bevor man sie ethisch beurteilen und ggf. ändern kann! Genau das sei Dir dringendst ans Herz gelegt.

Bundschuh hat folgendes geschrieben:
DAS müsste sich ändern (und zwar vor Ort) und das kann ich nicht tun.


Ausrede! Du bist offenbar nur zu faul, Dich nach effizient arbeitenden politischen, sozialen oder medizinischen Hilfsorganisationen zu erkundigen. Fang doch einfach mit Amnesty und/oder Oxfam und/oder Ärzte ohne Grenzen an. Wenn Dir was an denen nicht paßt, gibt es noch einen Haufen Alternativen. Zusätzlich könntest Du Deine Verantwortung als Konsument wahrnehmen, indem Du ökologische und fair(er) gehandelte Waren kaufst. Du brauchst also keineswegs zu warten, bis Andere etwas unternehmen.

Bundschuh hat folgendes geschrieben:
Für mich ist ethisches Handeln, wenn ich mich um die Menschen kümmere, die in meiner Umgebung leben und Hilfe brauchen.


Das können auch Millionäre behaupten, die anderen Millionären irgendwelche "Hilfe" leisten, die sie zu "brauchen" glauben. Dabei mißachten sie zwei unverzichtbare ethische Grundprinzipien: das Gleichheitsprinzip und die konsequenzialistische Äquivalenz von Tun und Unterlassen. Mit dieser Einstellung werden sich die Verhältnisse auf der Erde niemals ändern!

Bundschuh hat folgendes geschrieben:
Und DAS tue ich, soweit es mir mit meinem bescheidenen Gehalt aus einem Sozialberuf möglich ist. Um ethisch zu handeln ist es hingegen _nicht_ nötig, all sein Hab und Gut wegzugeben, der "Übermensch" zu werden, um Menschen, die irgendwo auf der Welt Hunger leiden, zu helfen, wie Du es wohl vorraussetzt.


Dieses Streben hat nicht das Geringste mit "Übermenschentum" zu tun! Es ist schlicht die ernsthafte Bemühung um die gleiche Berücksichtigung gleicher Bedürfnisse und Interessen, wie sie eine funktionale weil konsistente und von faschistischer Willkür freie Ethik erzwingt. Darum ist eine solche Ethik allen anderen weit überlegen. Sie würde entsprechend ihrer Verbreitung übrigens auch die von Dir oben beschriebenen politischen und gesellschaftlichen Mißstände in vielen "Entwicklungsländern" (und nicht nur dort) beseitigen. Da sie zur Steuerung einer jeden einzelnen bewußten Handlung herangezogen werden kann (und soll), ist sie dazu geeignet, extrem schnell extrem viele Veränderungen in der Welt zu bewirken, aber für die Profiteure der herrschenden Verhältnisse (uns!) besteht natürlich kein Grund zur Eile, solange uns kein schlechtes Gewissen dazu antreibt (und wo sollte das in einer weitestgehend ethikfreien Umgebung herkommen?).

Bundschuh hat folgendes geschrieben:
Wenn Du das als Maßstab anlegst, ist klar, dass Du den allermeisten Menschen jegliches ethisches Handeln absprichst.


Und der Zustand der Welt illustriert meine Beurteilung aufs Eindrücklichste. Die vorhandenen Ressourcen reichen vollkommen aus, um alle Menschen mit dem Nötigsten und auch noch etwas mehr zu versorgen. Wer sich nicht mal für die nachhaltige Gleichverteilung dieser Ressourcen einsetzen will, kann auch nicht in Anspruch nehmen, in irgendeiner Weise ethisch motiviert zu sein!
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Ascanius
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Beitrag(#1550380) Verfasst am: 05.10.2010, 11:29    Titel: Antworten mit Zitat

Woici hat folgendes geschrieben:
du würdest keinen moment zögern, 2.000 € für eine zucker-salz-lösung auszugeben, wenn damit dein kind/frau/mutter/freund gerettet werden könnte.
die gleichen 2.000 € ist es dir aber nicht wert, um ein dir unbekanntes kind in afrika zu retten.


Dank ihrem integrierten Selbstschutz zeigt eine funktionale Ethik auch hier ihre Überlegenheit. Ist es vermeidbar, einen krankheitsbedingten Bedarf an Zucker-Salz-Lösung entstehen zu lassen, sollte es vermieden werden. Ist es nicht vermeidbar, sollte man gewährleisten, daß Menschen nicht aus psychologischen Gründen zu der im Prinzip faschistischen Unterscheidung zwischen nahestehenden und nicht-so-nahestehenden Menschen gezwungen sind, indem man ausreichend Lösung für alle Betroffenen vorhält.
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Ascanius
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Beitrag(#1550381) Verfasst am: 05.10.2010, 11:30    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Wenn eine moralische Handlung daran zu erkennen ist, daß sie die Bedürfnisse und Interessen der von ihr betroffenen leidensfähigen Wesen dem Gleichheitsprinzip gemäß mit dem Ziel berücksichtigt, Leid vorzubeugen, es zu lindern oder zu beseitigen, kann das Lebensinteresse eines zu tötenden Wesens kein ethischer Grund gegen seine Tötung sein - das ist ein logischer Sachverhalt!


Ja, wenn die Prämisse lautet, dass man neben Leidminimierung keinen anderen Zweck einer Ethik gelten lässt, dann ist das die logische Konsequenz aus dieser Prämisse. So langsam solltest Du aber begriffen haben, dass ich genau diese Prämisse bestreite.


Das habe ich begriffen, aber auf eine rationale Begründung oder gar einen entwicklungsfähigen Gegenvorschlag warte ich noch immer.

Babyface hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Bezeichnenderweise hast Du noch kein Wort des Protestes über Tötungen durch Unterlassung verloren.


Hab ich in anderen Threads. Wofür ist es jetzt bezeichnend, dass ich es in diesem noch nicht getan habe?


Wenn Du ein Tötungsverbot nicht-konsequenzialistisch begründest, nur um es ganz überflüssigerweise direkt begründen zu können, während Du Dich über das praktisch viel größere Problem des Sterbenlassens ausschweigst, entsteht zumindest der Eindruck selektiver Wahrnehmung. Möglicherweise ist sie sogar interessengelenkt, denn Du wirst wohl kein lebensbewußtes Wesen aktiv töten, aber es könnte peinlich sein, Dir als Vertreter der vermeintlich besseren Lebensschutzidee eingestehen zu müssen, daß Du ein Unterlassungsmörder bist und viel weniger dagegen unternimmst, als es der emotionalen Vehemenz Deines Tötungsverbotes entspricht.
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Ascanius
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Beitrag(#1550382) Verfasst am: 05.10.2010, 11:32    Titel: Antworten mit Zitat

tridi hat folgendes geschrieben:
du stellst nur auf leid ab,


Worauf auch sonst? Leidensfähigkeit ist die einzige Eigenschaft, die alle moralischen Objekte gemeinsam haben. Sie ist als ethischer Focus nicht weiter reduzierbar.

tridi hat folgendes geschrieben:
leben erhaeltst du nur aus "indirekten" gruenden,


Diese Gründe sind schwerwiegend genug, um ihnen gemäß zu handeln und zu unterlassen! Das vervielfacht ihre lebenserhaltenden Effekte und stärkt die Entwicklung einer Kultur der Abneigung gegen jegliches Töten und Sterbenlassen empfindungsfähiger Wesen. In keiner herkömmlichen Ethik ist das bereits grundstrukturell angelegt, geschweige denn Teil der (oder überhaupt einer) Systematik!

tridi hat folgendes geschrieben:
und wenn man alle leidensfaehigen wesen auf einen schlag schmerzlos umbringen koennte, waers ok fuer dich:


Nochmal in Zeitlupe für Dich und alle anderen, die es nicht begriffen haben: Nein, es ist nicht o.k., Lebensinteressen ohne ethisch hinreichend schwerwiegenden Grund entgegenzuhandeln. Überhaupt ist es niemals o.k., Bedürfnissen und Interessen ohne ethisch hinreichend schwerwiegenden Grund entgegenzuhandeln, weil es Zweck der Ethik ist, sie miteinander in egalitäre Abwägung zu bringen, um Leid vorzubeugen, es zu lindern oder zu beseitigen. Ein moralischer Mensch wird nicht einmal Wesen ohne Lebensbewußtsein töten, wenn es keine ethisch abgewogene Begründung dafür gibt. Deshalb lebt er z.B. vegan, wo immer das möglich ist, ohne schwere Mangelernährung zu riskieren oder zu verhungern. Allerdings ist und bleibt es eine Tatsache, daß Lebensinteressen die einzigen Interessen sind, die nicht enttäuscht werden können. Wo sie bereits mißachtet worden sind, können zur ethischen Be- und Verurteilung natürlich nur noch die Bedürfnisse und Interessen derer herangezogen werden, die unter der geschehenen Tötung leiden, denn nur lebendige Wesen können ein Interesse daran haben, daß keine weiteren Tötungen stattfinden! Im Falle der unvorhergesehenen und gleichzeitigen Vernichtung aller Lebewesen gibt es aber niemanden mehr, der an irgendwas irgendein Interesse haben könnte. Darum ist es einfach blödsinnig, ausgerechnet dieses lächerliche Beispiel zum Argument gegen eine streng konsequenzialistische Ethik aufbauen zu wollen, zumal jede Alternative zwangsläufig inkonsistent und dysfunktional ist.
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Wolf
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Beitrag(#1550388) Verfasst am: 05.10.2010, 11:51    Titel: Antworten mit Zitat

Ascanius hat folgendes geschrieben:

Dann bräuchte es noch immer Gründe dafür, die Lebensinteressen aller entsprechend ausgestatteten Wesen so gering zu gewichten, daß es für eine Tötung ausreicht!

Du ruderst zurück.
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Trish:(
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Beitrag(#1550412) Verfasst am: 05.10.2010, 12:53    Titel: Antworten mit Zitat

Wolf hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Dann bräuchte es noch immer Gründe dafür, die Lebensinteressen aller entsprechend ausgestatteten Wesen so gering zu gewichten, daß es für eine Tötung ausreicht!


Du ruderst zurück.


Nein. Ein moralischer Mensch berücksichtigt die Leidensfähigkeit und das Lebensinteresse Anderer wie sein/e eigene/s - das ist die Übereinkunft, die meiner Ethik zugrundeliegt. Während der Umgang mit Leidensfähigkeit variabel ist, kann die Tötungsfrage nur mit ja oder nein beantwortet werden. Sie stellt sich für einen moralischen Menschen erst, nachdem sämtliche Alternativen ausgeschlossen werden mußten, und zu diesem Zeitpunkt hat das Lebensinteresse des zu Tötenden - etwa im Gegensatz zur Leidensfähigkeit seiner Hinterbleibenden - tatsächlich kein Gewicht mehr. Klassisches Beispiel für einen solchen Vorgang: Tyrannenmord.
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Wolf
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Beitrag(#1550421) Verfasst am: 05.10.2010, 12:59    Titel: Antworten mit Zitat

Wie gesagt du ruderst zurück. Vorhin gab es noch nichts gegen eine leidfreie Tötung. Jetzt muss das Lebensinteresse berücksichtigt werden.
Ist es in deiner Ethik eigentlich unethisch Kinder zu bekommen?
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Beitrag(#1550437) Verfasst am: 05.10.2010, 13:21    Titel: Antworten mit Zitat

Wolf hat folgendes geschrieben:
Wie gesagt du ruderst zurück. Vorhin gab es noch nichts gegen eine leidfreie Tötung. Jetzt muss das Lebensinteresse berücksichtigt werden.


Die Grundlagen meiner Ethik habe ich schon vor langer Zeit mit klarstmöglichen Worten dargestellt. Wer sie verstehen will, der kann sie verstehen. Es ist mir lediglich schwergefallen herauszufinden, warum bestimmte Beispiele von FGH-KollegInnen "irgendwie am Punkt vorbei" gehen. Jetzt weiß ich's und kann noch genauer reagieren.

Wolf hat folgendes geschrieben:
Ist es in deiner Ethik eigentlich unethisch Kinder zu bekommen?


Tatsächlich kann das ethisch heikel oder unmoralisch sein, aber natürlich kommt es auf die Umstände an.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1550677) Verfasst am: 05.10.2010, 20:40    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nach meiner Auffassung gibt es aber eben auch den direkten Grund, ich finde es falsch, jemandem seine Zukunft zu verbauen / einzuschränken / mutwillig zu verschlechtern, auch dann, wenn das Interessen Dritter nicht tangieren würde.

Dazu einige Einwände. Zuerst einmal zwei Einwände gegen die tendenziöse Formulierung:

- es wäre nicht "mutwillig", sondern zielorientiert

- ob es "jemand" wäre, ist mindestens Definitionssache, wenn nicht gar schlichtweg falsch, vor allem bei Embryonen

Okay.

step hat folgendes geschrieben:
Und nun zum Inhaltlichen:

- "jemandem seine Zukunft verbauen" suggeriert, daß seine Zukunft bereits bekannt oder vorauszusetzen ist. Dies ist aber nur der Fall, wenn jemand Interesse daran hat. Aus meiner Sicht ist diese Formulierung daher ein teleologischer Fehlschluss oder ein Zirkelschluß.

Diese Argumentation verstehe ich nicht. Der Satz 2 hat nichts mit Satz 1 zu tun, ich sehe den Zusammenhang jedenfalls gerade nicht.

step hat folgendes geschrieben:
- "Ich finde das falsch" ist zwar eine legitime intuitivmoralische Äußerung, aber mich interessiert, warum Du (und viele Andere) das falsch finden, damit ich es rational nachvollziehen kann. Meine (einzige) Erklärung dafür wäre, daß Du einen individuellen Embryo, noch mehr einen Säugling, als Stellvertreter für ein Ding-an-sich, eine Kategorie namens "Säugling" empfindest, deren "Bestimmung" Du zu kennen meinst, nämlich eine Zukunft als Erwachsener zu haben.

Ein Säugling hat schlicht für mich schon einen solchen Entwicklungsstand erreicht, dass ich es falsch finden würde, ihm seine weitere Entwicklung zu verbauen, (indem ich ihn töte, verstümmele oder so gehirnwasche, dass er keinen klaren Gedanken mehr fassen kann). Ist mir egal, ob er schon eine gewisse mentale (für Euch [Dich und Babyface] anscheinend ethisch relevante) Entwicklungsstufe erreicht hat oder nicht. Das halt ich nämlich für unwesentlich dabei. Ist mir immer noch höchst unklar, wieso und inwiefern das als wesentlich anzusehen sei. Und seine weitere Entwicklung läuft mE nun mal normalerweise darauf hinaus, ein selbstbestimmter Erwachsener zu werden. Sofern ich oder andere die nicht verbauen. Und sofern die Entwicklung normal verläuft, wenn er nicht z.B. morgen durch ein Virus stirbt. Aber so genau kenne ich die Zukunft von niemandem, dass ich das mit völliger Sicherheit ausschließen kann. Ganz unabhängig davon, welche mentale Entwicklungsstufe derjenige gerade erreicht hat.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1550698) Verfasst am: 05.10.2010, 21:03    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Aber wenn man Menschen nur kurz nach der Geburt oder schon vorher so manipulieren / veränderen / anpassen kann, das sie willenlose Sklaven werden, dann bedroht das die Sicherheitsinteressen bereits weiter mental entwickelten Menschen nicht. Wenn man dann noch ein Verfahren praktiziert, das nur dafür explizit gespendete Säuglinge verwendet, dann bedroht es sie auch nicht indirekt, (-> Gefahr für ihre Nachkommen gegen ihren Willen).

Es hat ja schon einen Grund, warum Selbstbestimmung und eigenständiges Denken heute ein Wert sind. Ich weiß ja nicht wie es Dir geht, aber ich würde mich bedroht fühlen in einer Gesellschaft, die es ok findet, wenn Menschen eine dermaßen starke Kontrolle über den Willen anderer ausüben und damit unverhältnismäßg viel Macht für die Durchsetzung eigener Interessen gewinnen können.

Ja, klar, das wäre nicht gut für mich persönlich. Die Entwicklung und der Einsatz der glücklichen Sklaven muss also natürlich demokratisch kontrolliert werden. So dass deren künftiger Einsatz möglichst allen zugute kommen.

Babyface hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Aber gerade die Unethik des perfekten Betrugs (man merkt nicht, dass man betrogen wurde), ließe sich sehr gut mit dispositionalem Interesse begründen,

Nein, finde ich nicht, s.u.

Unten habe ich nichts gefunden. Wenn jemand Person X betrügt und X merkt das nicht, dann begründe ich die Unethik des Betrugs u.a. durch die Plausibilität der Annahme, dass X ein disp. Interesse hast, nicht von anderen betrogen zu werden, welches hier missachtet wurde.

Demnach wäre der Betrug / das Bestehlen / der Missbrauch an einem Säuglings egal, da der ja kein disp. Interesse in Deinem Sinne hat.

Oder aber Du hast eine zusätzliche, andere Begründung dafür, warum das Deiner Ansicht nach falsch ('unethisch') wäre.

Babyface hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
denn wenn Du in diesem Fall Deine Frage anwendest:

Zitat:
Ich würde deswegen eher so vorgehen und danach bewerten: kann ich bei einer Handlung, die andere betrifft, mit deren Einwilligung rechnen, wenn sie hinreichend um die Umstände und die Auswirkungen wissen / aufgeklärt wurden?

Nochmal: Du musst die Antwort auch noch irgendwie begründen. Wie begründest Du, das X nicht einwilligen würde? Warum würde X nicht einwilligen?

Weil er es nicht wollen wird, es ihm nicht passen wird, es seinen Interessen widersprechen wird. Wieso auch sonst?

Oder meinst Du jetzt, wieso ich meine, annehmen zu können, dass X das nicht wollen wird? Da schließe ich einfach von mir (und anderen) auf wiederum andere. Wie auch sonst?

Babyface hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Hatte ich implizit schon eingepreist. Wenn wir das präzisieren wollen, dann aber in der Zukunftsform: 'wenn er zukünftig erkennt, dass und inwiefern er übers Ohr gehauen, benutzt, geschädigt wurde'.

Es bleibt eine Konditionalform. "Wenn a dann b" enthält keine Prognose, dass a eintritt.
Ich könnte wieder diesselbe Frage beim Grashalm stellen: "wenn er zukünftig erkennt, dass und inwiefern er geschädigt wurde." und zu dem Ergebnis kommen, dass er nicht einwilligen würde.

Nur würde ich das beim Grashalm schlicht nicht annehmen. Meine Prognose bei Grashalmen fällt anders aus als bei Säuglingen.

Babyface hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ja, natürlich brauche ich eine prognostische Annahme über die Zukunft, wie gesagt.

Ja, aber die Prognose musst Du dann auch rational-plausibel begründen. Schließlich leitest Du u.a. aus dieser Prognose Deine ethische Bewertung ab. Für eine rational-nachvollziehbare Begründung der Prognose beim Säugling benötigst Du eben entsprechende biologische und entwicklungspsychologische Konzepte.

Ja. Und weiter? Ich habe den Zusammenhang hier wohl etwas verloren. Der bezieht sich ja sicher nicht darauf, dass man wohl gemeinhin bei einem Grashalm etwas anderes prognostiziert als bei einem Säugling. Aber ich weiß nicht, worauf sonst das hinauslaufen soll.

Babyface hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nach meiner Auffassung gibt es aber eben auch den direkten Grund, ich finde es falsch, jemandem seine Zukunft zu verbauen / einzuschränken / mutwillig zu verschlechtern, auch dann, wenn das Interessen Dritter nicht tangieren würde.

Vielleicht verstehen wir ja etwas unterschiedliches unter einem direktem Grund. Wäre folgendes für Dich ein direkter Grund?: Der Säugling wird sich zu einer Person entwickeln, deren disp. Interessen verletzt würden, wenn man den Säugling bestiehlt. Oder fallen die Interessen dieser zukünftigen Person für Dich auch unter die Interessen Dritter? Falls sie das tun, haben wir wohl einen Dissens.

Unter einem 'direkten Grund' möchte ich hier etwas verstehen, das sich direkt auf den Säugling, seinen Entwicklungsstand, seiner von mir angenommenen weiteren Entwicklung und meiner moralischen Bewertung dessen bezieht. Und nicht auf die Interessen Dritter. Diese wären indirekte Gründe.

Babyface hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Würde man nur auf derzeitige und zukünftige disp. Interessen abheben, dann wäre es zulässig, künftige, noch nicht entwickelte (noch nicht dispositionale) Interessen zu unterdrücken, so dass diese sich nicht entwickeln können. (Sofern das nicht disp. Interessen Dritter widerspricht.) Aber das ist meiner Ansicht nach nicht einfach so zulässig, ich finde das moralisch falsch.

Das finde ich zu pauschal. Die Gesellschaft versucht u.a. mit Deiner Zustimmung viele Interessen an ihrer Entstehung zu hindern. Schon die einfache Straßenverkehrsordnung verhindert die Entstehung bestimmter zukünftiger Interessen, z.b. nach medizinischer Reha, Rollstühlen, psychologischer Betreuung der Angehörigen von Verkehrstoten...

Okay, ich finde es natürlich nicht falsch, das Entstehen jeglicher Interessen zu verhindern. Ich finde es jedoch falsch, ab einem gewissen Entwicklungsstand die normalerweise erfolgende Entwicklung zu einem Wesen wie mich zu unterbinden. Und zwar nicht wegen eines Potentionalitätsargumentes, sondern schlicht deswegen, weil ich die bereits erfolgte Entwicklung als hinreichend ansehe, um grundlegende Rechte gewähren zu wollen.

Babyface hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn Deine Anwort hier sein sollte: 'aber dann ist das Dein disp. Interesse und das muss natürlich berücksichtigt werden' - okay, aber dann landen wir einfach nur wieder bei der (mE) völlig trivialen Erkenntnis, dass schlicht alles, was man will, auf Interessen beruht und dass nur diejenigen, die disp. Interessen haben, eine Ethik entwickeln und befolgen können. Und ergo jedwede Ethik unausweichlich und komplett auf Interessen beruht - dann jedoch nicht auf zukünftigen Interessen, sondern auf den Interessen der Ethik-Macher, ob die ein Interesse haben, zukünftige Interessen zu berücksichtigen.

Ja, strenggenommen stimmt das. Die Frage ist, warum stört Dich das? Warum darf es nicht so trivial sein wie es bis hierhin ist?

Ich finde daran gar nichts falsch, das stört mich nicht, ich halte das ja für trivialerweise richtig. Nur ist es dann eben nun mal so, dass es mein Interesse ist, auch zukünftige Interessen zu berücksichtigen, (wenn man jetzt 'Interesse' in Deinem Sinne definiert). Das ist alles. Es würde mich nur stören, wenn ich diese Ansicht nicht haben dürfte.

Babyface hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Fragt sich dann halt, wie man Interessen gegeneinander abwägen kann. Der eine will vielleicht Menschen als glückliche willenlose Arbeitssklaven züchten, ich will das nicht. So steht Interesse gegen Interesse. Und dann?

Dann gibt es einen Interessenskonflikt, den man möglicherweise nicht rational lösen kann, schon gar nicht, indem man sich auf Standpunkte zurückzieht wie: "es gibt da für mich eine Ethik, die unabhängig von verletzten Interessen zu dem Ergebnis kommt, dass das unethisch ist. Und die gilt auch für Dich". Gut, Du könntest das zwar so machen, aber wozu soll das gut sein?

Aber nöstens. Ich habe doch nirgends etwas in der Art: 'und das gilt auch für dich' gesagt. Es gilt erst mal nur für mich. (Und eh würde ich auch nicht sagen: 'das ist unethisch', ich würde sagen: 'ich halte das für unmoralisch. Aber egal.)

Nur musst Du das nun mal berücksichtigen, wenn Deine Ethik auf Interessensausgleich / -berücksichtigung beruht.

Oder aber Du weist mir nach, dass meine Interessen irrational oder so und daher nicht berücksichtigenswert sind. Im Gegensatz zu den Deinigen. Wie auch immer.
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step
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Beitrag(#1550729) Verfasst am: 05.10.2010, 21:41    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
- "jemandem seine Zukunft verbauen" suggeriert, daß seine Zukunft bereits bekannt oder vorauszusetzen ist. Dies ist aber nur der Fall, wenn jemand Interesse daran hat. Aus meiner Sicht ist diese Formulierung daher ein teleologischer Fehlschluss oder ein Zirkelschluß.
Diese Argumentation verstehe ich nicht. Der Satz 2 hat nichts mit Satz 1 zu tun, ich sehe den Zusammenhang jedenfalls gerade nicht.

Nehmen wir den Embryo A: Seine Zukunft ist ja erstmal unbekannt. Den Schluß, sie bestünde im Weiterwachsen, fällen wir intuitiv nur deshalb, weil wir gewohnt waren, daß Schwangere i.a. ihren Embryo austrugen. Wenn jedoch niemand Interesse an ausgerechnet Embryo A hat, wäre der intuitive Schluß ein naturalistischer Fehlschluß, denn die Zukunft des Embryos A hängt de facto von unserer Entscheidung ab, nicht von der naturalistischen Vorgabe.
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Beitrag(#1550747) Verfasst am: 05.10.2010, 22:03    Titel: Antworten mit Zitat

Ja, klar, die Zukunft von allem und jedem (auch von mir und Dir und X) hängt auch von unseren Entscheidungen ab. Die Frage ist aber doch gar nicht die. Das ist doch einfach nur selbstverständlich.

Natürlich hängt z.B. auch die Zukunft eines Obdachlosen davon ab, ob ihn ein Nazi terminiert oder nicht. Das weiß ich nicht, kann ich nicht hinreichend abschätzen, insofern ist seine Zukunft mir erstmal unbekannt. So wie mir so gesehen alles Zukünftige letztlich unbekannt ist.

Aber den Zusammenhang, bzw., was Du damit sagen willst, worauf Du hinauswillst, habe ich nun immer noch nicht verstanden.
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