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Ilmor auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 13.12.2008 Beiträge: 7151
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(#1678544) Verfasst am: 23.08.2011, 10:59 Titel: Re: Sexual objectification |
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Shevek hat folgendes geschrieben: | Ich kenne Feminismus als den Kampf von Frauen für Frauen innerhalb eines patriarchalen Männerzentrierten Systems um Rechte für Frauen und auch, dass es genau so gesagt wird. Das Ziel ist Bleichberechtigung (zumindest für weite Teile der Bewegung), aber beim Feminismus gehts um Frauenrechte. |
Wenn man so ehrlich ist und Feminismus als Frauenlobby benennt, habe ich kein Problem damit (natürlich wäre ich noch weiter gegen diese Lobby, aber sie wären wenigstens ehrlich). Jedoch wird in der Öffentlichkeit Feminismus meistens mit Gleichberechtigung gleichgesetzt (siehe etwa vrolijkes Auffassung).
Shevek hat folgendes geschrieben: | Jede Bewegung die sich für die Rechte von irgendeiner Gruppe einsetzt ist so gesehen eine Lobby die ausschließlich an ihre eigene Klientel denkt, das gilt für die atheistischen Bewegung genauso. |
Atheistische Bewegung will Atheismus verbreiten, Feminismus will Menschen mit Vaginas Privilegien verschaffen. Ich sehe da schon einen gewissen Unterschied.
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Wilson zwischen gaga und dada
Anmeldungsdatum: 04.02.2008 Beiträge: 21553
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(#1678547) Verfasst am: 23.08.2011, 11:16 Titel: |
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@ilmor
das könnte sie in diesem zusammehang auch interessieren:
Die Emanzipation - ein Irrtum!: Warum die Angleichung der Geschlechter unsere Gesellschaft restlos ruinieren wird
von peter mersch
http://www.amazon.de/gp/product/3837000885/ref=cm_cd_asin_lnk
gerade zufällig über 10 ecken drauf gestoßen.
wurde fast einhellig gerühmt.
ist von 2009, also evtl. schon eine alte kamelle.
ich lese es aber nicht für dich.
und für mich selbst auch nicht.
_________________ "als ob"
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1678585) Verfasst am: 23.08.2011, 13:19 Titel: Re: Sexual objectification |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Vor allem aber ist Kant 1000-mal klüger und 1000-mal weiter als Nussbaum, die nicht versteht, warum die Überwindung der Objektifizierung bei der Sexualität gerade die Objektifizierung zur notwendigen Voraussetzung hat. Sie versteht nicht diese doppelte Negation, sie denkt nicht dialektisch.
[...]
Da muss ich widersprechen. Kants Ansichten sind nicht problematisch, sondern er erkennt das Problem bei der Sexualität sehr gut und löst es. Damit durchbricht Kant auch ein Stück Heuchelei wie sie für die bürgerliche Gesellschaft typisch ist. Und für nicht diskussionswürdig oder für überholt aus heutiger Sicht halte ich die Sätze von Kant schon mal gar nicht. Vielmehr geht Kant der Sache sehr genau auf den Grund, nimmt sie förmlich in ihren Bestandteilen auseinander, um sie dann wieder zusammen zu setzen. Nussbaum dagegen verwischt die Dinge. Bei ihr reicht es höchstens zur der oberflächlichen Vulgärerkenntnis: Objektifizierung kann auch Spaß machen.
So? Wann denn? Und warum genau? Das verschweigt sie uns (weil sie es selber nicht benennen kann).
Die PorNo-Kampagne von Schwarzer und Dworkin ist in der Tat einfach nur Spießertum. Da kann man bei diesen Damen sehr sicher sein. |
Erst mal zu den Fragen: ich habe nicht den ganzen Artikel zitiert, geschweige denn, dass ich aus einer Originalarbeit von Nussbaum zitiert hätte. Im Artikel werden sie behandelt, auch Dich hindert keiner daran, ihn selber zu lesen. Es ist einfach Quatsch, zu behaupten, Nussbaum würde was verschweigen, nur weil ich es bisher nicht zitiert habe.
Dann finde ich hier Deine Aussage widersprüchlich: die weiter oben von mir zitierten Ansichten von Dworkin und MacKinnon zur Pornographie (von Schwarzer und der PorNo-Kampagne habe ich nicht geredet) seien (da könne man sicher sein) einfach nur Spießertum, aber Kant habe das Problem bei der Sexualität erkannt und gelöst. Dworkin und MacKinnon beziehen sich nun aber stark auf Kant. |
Ich finde, Kant hat einen Punkt ganz richtig beschrieben, nicht mehr und nicht weniger. Er beschreibt einen äquivalenten Tausch von gleichem. Die Objektifizierung hebt sich durch sich selber auf. Das ist elegant. Es ist nicht identisch, mit einer Vermeidung von Objektifizierung. Das gilt es zunächst mal festzuhalten. Dworkin & co. beschäftigen sich jedoch mit der Vermeidung von Ojektifizierung in irgendwelchen Situationen, während Kant sie zunächst einmal situationsunabhängig bei der Sexualität für notwendig hält. Also: nix capito bei Dworkin & co.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Schauen wir also mal, was Kant zum Thema sagt:
Kant on sexuality and objectification hat folgendes geschrieben: | Kant thought that sexuality is extremely problematic when exercised outside the context of monogamous marriage, arguing that in such instances it leads to objectification. [...] Objectification, for Kant, involves the lowering of a person, a being with humanity, to the status of an object. Humanity, for Kant, is an individual's rational nature and capacity for rational choice. The characteristic feature of humanity is an individual's capacity for rationally setting and pursuing her own ends. A being with humanity is capable of deciding what is valuable, and of finding ways to realise and promote this value. [...] It is crucial, for Kant, that each person respects humanity in others, as well as humanity in their own person. [...] Kant is worried that when people exercise their sexuality outside the context of monogamous marriage, they treat humanity merely as a means for their sexual purposes. In the Lectures on Ethics Kant often speaks about ‘degradation’, ‘subordination’, and ‘dishonouring’ of humanity when exercise of sexuality is involved. He goes so far as to say that sexual activity can lead to the loss or ‘sacrifice’ of humanity (Kant Lectures on Ethics, 163–4). [...] Kant thought that in theory both men and women can be objectified, but he was well aware that in practice women are the most common victims of objectification. This is obvious in Kant's discussions of prostitution and concubinage. Exercise of sexuality within these morally problematic sexual contexts leads to the reduction of women (prostitutes and concubines) to men's objects of appetite.
Kant defines prostitution as the offer for profit of one's person for another's sexual gratification. A person, Kant holds, cannot allow others to use her body sexually in exchange for money without losing her humanity and becoming an object. [...] Kant blames the prostitute for her objectification. He takes her to be responsible for sacrificing her humanity, in offering herself as an object for the satisfaction of the clients' sexual desires.
The other relationship in which objectification is, for Kant, clearly present is concubinage. According to Kant, concubinage is the non-commodified sexual relationship between a man and more than one woman (the concubines). [...] |
Und dann ist in diesem Zusammenhang vielleicht auch noch Kants Ansicht zur Masturbation interessant:
Wikipedia - Masturbation hat folgendes geschrieben: | Der Philosoph der Aufklärung Immanuel Kant sah Selbstbefriedigung als eine sittliche Verfehlung. Für ihn ist der natürliche Zweck des Sexualtriebes, dem nicht zuwidergehandelt werden dürfe, die Fortpflanzung. In seiner Metaphysik der Sitten legt er dar, dass die „wohllüstige Selbstschändung“ (d. h. die Masturbation) eine Verletzung der Pflicht des Menschen gegen sich selbst sei, weil er seine eigene Persönlichkeit aufgebe, indem er sich selbst als reines Mittel zur Befriedigung seiner Triebe gebrauche. Diese Selbstaufgabe erfordere nicht einmal Mut, sondern nur ein Nachgeben gegenüber dem Trieb, und wird deshalb von Kant als noch schlimmeres moralisches Vergehen bewertet als der Selbstmord. |
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Wie gesagt, halte ich die Ansichten von Kant zur Sexualität für überholt, nicht zeitgemäß, daher will ich zu seiner Sexualmoral nichts weiter sagen, sondern nur zu seiner Argumentation, die ich für fehlerhaft halte. |
Kant setzt hier eine sexuelle Beziehung mit der Ehe gleich. Das ist natürlich sehr beschränkt, während kritische Autoren die Heuchelei der bürgerlichen Ehe beim Namen nennen. So kann man die Ehe unter den bürgerlichen ökonomischen Bedingungen zum Teil auch als Prostitution ansehen. Der gegenseitige Betrug der Eheleute tut ein übriges.
Deswegen würde ich dazu neigen, den wertvollen Kern seiner Erkenntnis zu nutzen und die wertlosen Reste, die zuletzt zitiert wurden, wegzuwerfen.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Kant sagt:
1. Ein Wesen mit Humanität ist dadurch gekennzeichnet, dass es selber seine Ziele rational festlegen kann, (d.h. diese sind nicht per se festgelegt), und ist fähig dazu, festzulegen, was wertvoll ist
2. Es ist nicht zulässig, seine Humanität oder die von anderen zu entehren, zu opfern, (teilweise) aufzugeben, das wäre Objektifizierung und die ist nach Kant unzulässig
Das erscheint mir selbstwidersprüchlich.
Es passt einfach nicht zusammen, auf der einen Seite zu sagen, der Mensch sei dadurch gekennzeichnet, dass ihm keine übergeordneten Ziele und Werte gegeben seien, er die selber finden / festlegen müsse, aber dann auf der anderen Seite zu behaupten, es gäbe doch ein naturgegebenes Wesen des Menschen, ein bestimmtes Bild, auf das hin er sich entwickeln solle bzw. dem er entsprechen solle - z.B. seinen Trieben niemals nachzugeben. Auf der einen Seite die Fähigkeit zur rationalen Entscheidung zuzugestehen, auf der anderen Seite aber, wenn die nicht im eigenen Sinne erfolgt, sie abzusprechen. Objektifizierung scheint für Kant etwas immer dann zu sein, wenn es seinem Bild des Idealmenschen (eine rein rational entscheidende Maschine mit eingebautem, vorgegebenem, überall gleichen Sittlichkeitsdetektor) nicht entspricht.
Stimmt, dass Nussbaum hier von Kant abweicht. Und zwar insofern, als sie keine starre, vorgegebene Schablone eines Idealmenschen anlegt und schaut, ob die passt oder nicht, (wenn nicht -> unzulässige Objektivierung), sondern die auch subjektive / individuelle Gefühle / Ansichten / Meinungen / Bewertungen in einer bestimmten Situation als wesentlich betrachtet.
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Edit: einige (Übersetzungs-)Fehler berichtigt, anderes genauer ausgedrückt. |
Ja, Kant ist nun mal ein Idealist, er geht nicht vom realen Menschen und seinen indivuellen sowie allgemeinen Bedürfnissen aus, sondern von einem Idealbild, dem der Mensch sich sittlich anzunähern habe. Darin zeigt er allerdings starke Berührungspunkte mit bürgerlichen Feministinnen, die sehr ähnliche Idealbilder von Frauen und Männern propagieren. (Motto: "Ein wohlerzogener Mann tut so etwas nicht.")
Und wenn dann auch noch - wie bei Kant - das menschliche Ideal nichts anderes ist als die wiedergekäute, halb verdaute Bürger- und Spießermoral, dann wird der Erfinder des Kategorischen Imperativs vollends ungenießbar.
Und es stimmt: selbst dieser Kategorische Imperativ berücksichtigt nicht die wirklichen Bedürfnisse des anderen. Denn was ich selber (nicht) will, das man mir tut, das will eine anderer womöglich sehr wohl.
Auch hier sollte von seiten der Feministinnen eine Kritik kommen. Da sie aber selber einer idealistischen Moral anhängen, die völlig realitätsfern ist, würden sie sich ja selbst den ohnehin schon dünnen theoretischen Boden unter den Füßen wegziehen.
Ich strebe mehr danach, zu verstehen, warum Menschen so handeln, wie sie handeln und dazu muss ich ihre allgemeinen und individuellen Bedürfnisse analysieren, aber nicht nur das: ich muss auch ihre Identifikationen kennen und ihre Geschichte. Und schließlich muss ich die Verhältnisse kennen, unter denen Menschen agieren.
Das auszublenden, führt uns nicht weiter.
Feministinnen wie Frau Dr. Watson merken, dass sie nirgends ankommen außer bei ihrem Zirkel. Deswegen versuchen sie es mit ihren theoretischen Ladenhütern bei der Atheisten- und Skeptiker-Bewegung und meinen nun ein Anrecht darauf zu haben, dort akzeptiert zu werden. Aber Pustekuchen! Ohne theoretische Substanz geht sowas gerade unter dieser Bewegung nicht.
Jetzt aber sich schimpfend von den atheistischen Skeptikern abzuwenden nach dem Motto "Ich lese dem ihm seine Bücher nicht mehr!" - das ist leider nur eine Geste, die kaschieren soll, wie wenig dahinter steckt.
Aber das ist die eine Sache. Die andere ist die mit der Objektifizierung, also die Verwandlung einer Person als Selbstzweck zu einer Sache als Zweck für andere Personen und andere Sachen.
Wenn also der Mensch nicht Selbstzweck ist, sondern Mittel für andere Zwecke, dann gehört er sich nicht (mehr) selber und ist ein verächtliches Wesen.
Nur setzt das Bedingungen voraus. 'treatment' findet immer unter bestimmten Bedingungen statt, die es produzieren und reproduzieren. Das ist beim Sexismus so, das gilt für Rassismus.
Und beide reproduzieren gesellschaftliche Ungleichheit, so wie sie daraus spontan entstehen.
Aber man sollte auch nicht den Fehler machen, natürliche Bestandteile der Sexualität mit gesellschaftlich bedingten Verhaltensweisen zu vermischen. Eine Analyse hat die Aufgabe, das scheinbar Untrennbare wieder zu entmischen und genau zu benennen, was das eine und das andere ist.
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K.I.Z - Frieden
Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video
Informationsstelle Militarisierung e.V.
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DerBernd auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.10.2010 Beiträge: 1043
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(#1678603) Verfasst am: 23.08.2011, 14:00 Titel: |
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Wilson hat folgendes geschrieben: | @ilmor
das könnte sie in diesem zusammehang auch interessieren:
Die Emanzipation - ein Irrtum!: Warum die Angleichung der Geschlechter unsere Gesellschaft restlos ruinieren wird
von peter mersch
http://www.amazon.de/gp/product/3837000885/ref=cm_cd_asin_lnk
gerade zufällig über 10 ecken drauf gestoßen.
wurde fast einhellig gerühmt. |
Ja,
das Buch ist sehr gut, wenn man bedenkt, dass es im Eigenverlag publiziert wurde und der Autor vom Fach her aus einer ganz anderen Richtung kommt. Ich war wirklich positiv überrascht. ( Der Autor ist übrigens hier im Forum angemeldet, allerdings wohl inaktiv )
Aber es geht in dem Buch um etwas anderes. Das Steckenpferd des Autors ist die Familien- / Nachwuchspolitik - auf Basis eines darwinistischen Wissenschaftsverständnisses. Darum geht es in den meisten Teilen des Buches. Am Rande macht er sich von diesem Standpunkt aus über den Gleichheitsfeminismus und Gendermainstreaming lustig. Den Titel und die Kapitelanordnung hat er wohl nur gewählt, um Leser auf sich aufmerksam zu machen. Hätte er das nach sachlichen Kriterien strukturiert, hätte der Feminismus höchstens ein kleines (Unter-)kapitel bekommen und würde nicht so im Mittelpunkt stehen.
Wer also Feminismus-Bashing Bücher lesen will, sollte zu anderen Werken greifen. Im Zusammenhang dieses Threads ist es auf jeden Fall offtopic.
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Wilson zwischen gaga und dada
Anmeldungsdatum: 04.02.2008 Beiträge: 21553
Wohnort: Swift Tuttle
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(#1678606) Verfasst am: 23.08.2011, 14:06 Titel: |
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gut, dass du es gelesen hast.
_________________ "als ob"
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Ilmor auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 13.12.2008 Beiträge: 7151
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(#1678610) Verfasst am: 23.08.2011, 14:16 Titel: |
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DerBernd hat folgendes geschrieben: |
Aber es geht in dem Buch um etwas anderes. Das Steckenpferd des Autors ist die Familien- / Nachwuchspolitik - auf Basis eines darwinistischen Wissenschaftsverständnisses. Darum geht es in den meisten Teilen des Buches. Am Rande macht er sich von diesem Standpunkt aus über den Gleichheitsfeminismus und Gendermainstreaming lustig. Den Titel und die Kapitelanordnung hat er wohl nur gewählt, um Leser auf sich aufmerksam zu machen. Hätte er das nach sachlichen Kriterien strukturiert, hätte der Feminismus höchstens ein kleines (Unter-)kapitel bekommen und würde nicht so im Mittelpunkt stehen. |
Dachte mir schon, dass dieses Buch Richtung Eva Herrmann Konservativismus geht.
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Wilson zwischen gaga und dada
Anmeldungsdatum: 04.02.2008 Beiträge: 21553
Wohnort: Swift Tuttle
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(#1678613) Verfasst am: 23.08.2011, 14:28 Titel: |
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der rezensent Volkmar Weiss schreibt:
"Der Titel des Buches ist leider irreführend. Man erwartet den Text eines Erzkonservativen, der sich gegen die Entwicklung stemmt. Stattdessen besticht der Verfasser durch seine Modernität.
Ihm geht es nicht darum, die Emanzipation aufzuhalten, sondern aus der gegebenen Entwicklung die richtigen Schlußfolgerungen zu ziehen. "...
"Der Verfasser kommt zu dem Schluß, daß eine Gesellschaft, in der gebildete Frauen nur sehr wenige Kinder in die Welt setzen und großziehen, sich von innen heraus allmählich selbst zersetzt. Als Ausweg empfiehlt er - wie schon in seinem Erstling zum Thema Die Familienmanagerin" - einen Teil der gebildeten Frauen für die Aufzucht einer kopfstarken Kinderschar als Vollzeitbeschäftigung zu entlohnen. So richtig die Einsichten des Verfassers auch sein mögen, haben sie eine Chance, in unserer Gesellschaft wahrgenommen und gar umgesetzt zu werden? Da die meisten Mitmenschen der Auffassung sind, daß es völlig gleich sei, wo und von wem die Kinder geboren sind, weil es nur darauf ankäme, allen später die bestmöglichen Bildungsmöglichkeiten zu bieten, dann brauchten einem unterschiedliche Kinderzahlen der Sozialschichten ja nicht zu beunruhigen. Oder doch? "
http://www.amazon.de/gp/product/3837000885/ref=cm_cd_asin_lnk
ok, OT, genug.
_________________ "als ob"
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DerBernd auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.10.2010 Beiträge: 1043
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(#1678621) Verfasst am: 23.08.2011, 14:40 Titel: |
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Ilmor hat folgendes geschrieben: | Dachte mir schon, dass dieses Buch Richtung Eva Herrmann Konservativismus geht. |
Jein, der Autor selbst ist aber alles andere als ein konservativer Eiferer; vermutlich ist er überhaupt nicht konservativ. Er argumentiert nüchtern und sachlich, er hält Abstand von ideologie-geladenen Argumenten.
Dass er zu einem Ergebnis kommt, über das einige Konservative vielleicht jubeln, dürften seiner Interpretation der Sachlage entspringen und nicht irgendwelchen konservativen Vorurteilen. Dazu eckt er an viel zu vielen Stellen mit konservativen Vorstellungen an. Zurück zur klassischen Familie will er beispielsweise nicht; dass dieser Zug abgefahren ist, ist ihm klar. Stattdessen will er speziell ausgebildete Frauen fürs Kinderkriegen und -aufziehen bezahlen, um den Geburtenrückgang entgegen zu wirken (finanziert vom Geld der Kinderlosen). Das können dann auch gerne Lesben und Mutli-Kulti-Tanten sein, sofern diese denn die fachlichen Vorraussetzungen mitbringen,...
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Ilmor auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 13.12.2008 Beiträge: 7151
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(#1678635) Verfasst am: 23.08.2011, 15:18 Titel: |
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DerBernd hat folgendes geschrieben: | Stattdessen will er speziell ausgebildete Frauen fürs Kinderkriegen und -aufziehen bezahlen, um den Geburtenrückgang entgegen zu wirken (finanziert vom Geld der Kinderlosen). Das können dann auch gerne Lesben und Mutli-Kulti-Tanten sein, sofern diese denn die fachlichen Vorraussetzungen mitbringen,... |
Also, ich wäre nicht daran interssiert, fremde Fauen zu bezahlen, damit sie Kinder zeugen. Ich habe ein Interessa daran, meine Gene weiterzugeben und will nicht einen Teil meiner Ressourcen in Form von Steuergeldern in die Verbreitung fremder Gene investieren.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1678721) Verfasst am: 23.08.2011, 20:42 Titel: Re: Sexual objectification |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Ich finde, Kant hat einen Punkt ganz richtig beschrieben, nicht mehr und nicht weniger. Er beschreibt einen äquivalenten Tausch von gleichem. Die Objektifizierung hebt sich durch sich selber auf. Das ist elegant. Es ist nicht identisch, mit einer Vermeidung von Objektifizierung. Das gilt es zunächst mal festzuhalten. Dworkin & co. beschäftigen sich jedoch mit der Vermeidung von Ojektifizierung in irgendwelchen Situationen, während Kant sie zunächst einmal situationsunabhängig bei der Sexualität für notwendig hält. Also: nix capito bei Dworkin & co. |
Du betreibst bezüglich Kant meiner Ansicht nach Rosinenpickerei. Das mit dem 'äquivalenten Tausch von gleichem' ergibt nur Sinn, wenn man es im Zusammenhang mit seiner Argumentation und auch mit seiner Schlussfolgerung - Sexualität sei eine nur in der Ehe zulässige Objektifizierung - sieht.
Dworkin und MacKinnon (die wohl beide dem radikalen Feminismus zuzuordnen sind) beschäftigen sich nicht mit der Vermeidung von Objektifizierung in irgendwelchen Situationen. Nach ihrer Ansicht ist heterosexuelle Sexualität in unserer (nach ihrer Sicht patriarchalischen) Gesellschaft immer eine Herabwürdigung / Objektifizierung der Frau.
Übrigens:
Wikipedia hat folgendes geschrieben: | Radical feminism and Marxism
Some strains of radical feminism have been compared to Marxism in that they describe a "great struggle of history"[35] between two opposed forces. Much like the Marxist struggle between classes (typically, with reference to the present day, the proletariat and bourgeoisie), radical feminism describes a historical struggle between "women" and "men". Radical feminism has had a close, if sometimes hostile, relationship with Marxism since its origins.[23] Both Marxists and radical feminists seek a total and radical change in social relations and consider themselves to be on the political left. Despite this commonality, as ideologies Marxism and radical feminism have generally opposed one another;[...] |
Meine Übersetzung:
Radikaler Feminismus und Marxismus
Einige Strömungen des Radikalen Feminismus wurden insofern mit Marxismus verglichen, als beide einen "großen Kampf in der Geschichte" zwischen zwei entgegengesetzten Kräften beschreiben. So wie der Marxist einen Kampf zwischen Klassen sieht, (typischerweise, bis zum heutigen Tag, zwischen Proletariat und Bourgeoisie), beschreibt Radikaler Feminismus den Kampf zwischen "Frau" und "Mann". Radikaler Feminismus hatte seit seiner Entstehung eine enge, wenngleich manchmal feindliche, Beziehung zum Marxismus. Sowohl Marxisten als auch Radikale Feministen wollen einen totalen und radikalen Wandel in sozialen Beziehungen und sehen sich selber als politisch links. Trotz dieser Gemeinsamkeiten standen die Ideologien Marxismus und Radikaler Feminismus gemeinhin in Opposition zueinander; [...].
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Kant setzt hier eine sexuelle Beziehung mit der Ehe gleich. Das ist natürlich sehr beschränkt, während kritische Autoren die Heuchelei der bürgerlichen Ehe beim Namen nennen. So kann man die Ehe unter den bürgerlichen ökonomischen Bedingungen zum Teil auch als Prostitution ansehen. Der gegenseitige Betrug der Eheleute tut ein übriges. |
Kant setzt keineswegs eine sexuelle Beziehung mit einer Ehe gleich. Für Kant ist Sexualität immer eine unzulässige Objektifizierung des anderen (oder von sich selber), es sei denn, sie fände in der Ehe statt. Steht doch alles da, verstehe nicht, wieso Du das so falsch lesen kannst.
Und die Ansicht 'Ehe ist Prostitution' teilst Du mit Dworkin - für sie gilt das jedoch immer und für sie liegt das nicht an ökonomischen Bedingungen, sondern an den patriarchalischen Strukturen und das gilt nicht nur für Ehe, sondern für alle heterosexuellen Beziehungen.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Deswegen würde ich dazu neigen, den wertvollen Kern seiner Erkenntnis zu nutzen und die wertlosen Reste, die zuletzt zitiert wurden, wegzuwerfen. |
Das ist zwar eigentlich eine legitime Strategie, aber wie gesagt: sich nur den Einzel-Punkt 'äquivalenten Tausch von gleichem' herauszugreifen und den dann auch noch so zu interpretieren, wie es Dir in den Kram passt: das hat dann nichts mehr mit Kant zu tun. Dann hast Du Dir das herausgenommen, was Du sehen wolltest, aber nicht das, was da ist.
Abgesehen davon ist mir noch nicht klar geworden, wie Du das eigentlich mit dem 'äquivalenten Tausch von gleichem' genau meinst. Was ist das und wer bestimmt das?
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Ja, Kant ist nun mal ein Idealist, er geht nicht vom realen Menschen und seinen indivuellen sowie allgemeinen Bedürfnissen aus, sondern von einem Idealbild, dem der Mensch sich sittlich anzunähern habe. Darin zeigt er allerdings starke Berührungspunkte mit bürgerlichen Feministinnen, die sehr ähnliche Idealbilder von Frauen und Männern propagieren. (Motto: "Ein wohlerzogener Mann tut so etwas nicht.") |
Meinst Du Nussbaum? Wo sollte sie dergleichen gesagt haben? Nussbaum vertritt übrigens einen liberalen Feminismus.
Ich sehe da viel eher Berührungspunkte zu Radikalen Feministinnen wie Dworkin und auch zu gewissen Sozialisten. "Ich habe hier die richtige Analyse und ich habe das richtige Bewusstsein und wenn Du die nicht anerkennst, dann hast du ein falsches Bewusstsein und bist ein Sklave des Systems."
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Feministinnen wie Frau Dr. Watson merken, dass sie nirgends ankommen außer bei ihrem Zirkel. Deswegen versuchen sie es mit ihren theoretischen Ladenhütern bei der Atheisten- und Skeptiker-Bewegung und meinen nun ein Anrecht darauf zu haben, dort akzeptiert zu werden. Aber Pustekuchen! Ohne theoretische Substanz geht sowas gerade unter dieser Bewegung nicht. |
Wenn jemand sagt: 'mir ist das und das passiert und das störte mich, bitte macht sowas nicht', dann muss derjenige das nicht theoretisch / philosophisch untermauern können. Und ich denke nicht, dass jemand, der sich 'Feminist' nennt, unbedingt philosophische Vorträge halten können muss. Jemand, der sich über eigene Diskriminierung wegen seiner Homosexualität oder wegen seiner Hautfarbe beschwert, braucht das auch nicht.
Und ich halte es übrigens für ziemlich billig, demjenigen dann vorzuwerfen, er betreibe damit 'nur' (implizit gemeint: unzulässige) Klientelpolitik, er solle sich doch gefälligst für alle gleichermaßen einsetzen, ansonsten habe er gar nichts zu sagen, sei kein echter Humanist.
Übrigens:
Radical feminism and Marxism hat folgendes geschrieben: | [...] during the 1960s in the U.S., many women became feminists because they perceived women as being excluded from, and discriminated against by, leftist political groups. |
Meine Übersetzung:
[...] in den 60er Jahren wurden in den USA viele Frauen Feministinnen, weil sie erkannten, dass Frauen von linken politischen Gruppen ausgeschlossen und diskriminiert wurden.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Aber das ist die eine Sache. Die andere ist die mit der Objektifizierung, also die Verwandlung einer Person als Selbstzweck zu einer Sache als Zweck für andere Personen und andere Sachen.
Wenn also der Mensch nicht Selbstzweck ist, sondern Mittel für andere Zwecke, dann gehört er sich nicht (mehr) selber und ist ein verächtliches Wesen. |
Das ist aber ein Punkt, der hier strittig ist. Ich sehe das nicht so, genau genommen ist es meiner Ansicht nach so, dass der Mensch im sozialen Umgang miteinander meist nicht Selbstzweck ist und die meisten Menschen das auch nicht wollen. Das Kriterium, ob das moralisch zulässig ist oder nicht, liegt in der Zustimmung / Einvernehmlichkeit. Das komplett zu leugnen, zu behaupten, dies dürfe keine Rolle spielen: das ist für mich unzulässige Objektifizierung. Den anderen nicht als entscheidungs- und handlungsfähiges Wesen zu akzeptieren. Punkt 2 von Nussbaums Kriterien.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Aber man sollte auch nicht den Fehler machen, natürliche Bestandteile der Sexualität mit gesellschaftlich bedingten Verhaltensweisen zu vermischen. Eine Analyse hat die Aufgabe, das scheinbar Untrennbare wieder zu entmischen und genau zu benennen, was das eine und das andere ist. |
Niemand hindert Dich daran, eine gute Analyse zu leisten oder eine solche zu verlinken.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1678879) Verfasst am: 24.08.2011, 12:06 Titel: Re: Sexual objectification |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Ich finde, Kant hat einen Punkt ganz richtig beschrieben, nicht mehr und nicht weniger. Er beschreibt einen äquivalenten Tausch von gleichem. Die Objektifizierung hebt sich durch sich selber auf. Das ist elegant. Es ist nicht identisch, mit einer Vermeidung von Objektifizierung. Das gilt es zunächst mal festzuhalten. Dworkin & co. beschäftigen sich jedoch mit der Vermeidung von Ojektifizierung in irgendwelchen Situationen, während Kant sie zunächst einmal situationsunabhängig bei der Sexualität für notwendig hält. Also: nix capito bei Dworkin & co. |
Du betreibst bezüglich Kant meiner Ansicht nach Rosinenpickerei. |
Absolut! Das ist aber nicht unzulässig.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Das mit dem 'äquivalenten Tausch von gleichem' ergibt nur Sinn, wenn man es im Zusammenhang mit seiner Argumentation und auch mit seiner Schlussfolgerung - Sexualität sei eine nur in der Ehe zulässige Objektifizierung - sieht. |
Das war ja nicht seine Aussage. Seine Aussage war, dass die Ojektifizierung dann zulässig ist, wenn sie sozusagen auf Gegenseitigkeit beruht. Dies erblickt er in der Ehe. Man kann das aber auch auf jede sexuelle Beziehung, die eine sexuelle und nicht etwa eine Geld-Sex-Beziehung ist, übertragen.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Dworkin und MacKinnon (die wohl beide dem radikalen Feminismus zuzuordnen sind) beschäftigen sich nicht mit der Vermeidung von Objektifizierung in irgendwelchen Situationen. Nach ihrer Ansicht ist heterosexuelle Sexualität in unserer (nach ihrer Sicht patriarchalischen) Gesellschaft immer eine Herabwürdigung / Objektifizierung der Frau. |
Das sieht Kant ja ebenso. Nur sieht er, dass Sexualität (auch homosexuelle) immer auch eine Objektifizierung des Mannes ist. Dadurch, dass es wechselseitig ist, ist es aber nicht mehr herabwürdigend seiner Ansicht nach. Ich finde seinen Punkt nach wie vor sehr smart.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Übrigens:
Wikipedia hat folgendes geschrieben: | Radical feminism and Marxism
Some strains of radical feminism have been compared to Marxism in that they describe a "great struggle of history"[35] between two opposed forces. Much like the Marxist struggle between classes (typically, with reference to the present day, the proletariat and bourgeoisie), radical feminism describes a historical struggle between "women" and "men". Radical feminism has had a close, if sometimes hostile, relationship with Marxism since its origins. Both Marxists and radical feminists seek a total and radical change in social relations and consider themselves to be on the political left. Despite this commonality, as ideologies Marxism and radical feminism have generally opposed one another;[...] |
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Der Klassenkampf im Marxismus ist nur der Form nach ein Kampf zwischen Bürgerern und Proletariern. Der Antagonismus zwischen Kapital und Arbeit ist letzten Endes Ausdruck eines gesellschaftlichen Produktionsverhältnisses, welches Kapitalisten und Lohnarbeiter schafft. ich möchte hervorheben, dass es sich hier nicht um ein Denken, um Kultur handelt, sondern um ein materielles Verhältnis.
Dagegen ist der "struggle between women and men" im "radikalen" Feminismus eine vulgäre Geschichte, die nicht ohne Grund mit Marxismus inkompatibel ist. Radikal sein, heisst, die Wurzel der Dinge zu erfassen und nicht ihren Ausdruck als Wurzel zu nehmen.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Kant setzt hier eine sexuelle Beziehung mit der Ehe gleich. Das ist natürlich sehr beschränkt, während kritische Autoren die Heuchelei der bürgerlichen Ehe beim Namen nennen. So kann man die Ehe unter den bürgerlichen ökonomischen Bedingungen zum Teil auch als Prostitution ansehen. Der gegenseitige Betrug der Eheleute tut ein übriges. |
Kant setzt keineswegs eine sexuelle Beziehung mit einer Ehe gleich. Für Kant ist Sexualität immer eine unzulässige Objektifizierung des anderen (oder von sich selber), es sei denn, sie fände in der Ehe statt. Steht doch alles da, verstehe nicht, wieso Du das so falsch lesen kannst. |
Für Kant gibt es keine legitime sexuelle Beziehung außerhalb der Ehe. An sich meint er aber allgemeiner die sexuelle Beziehung. So macht er auch heute Sinn.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Und die Ansicht 'Ehe ist Prostitution' teilst Du mit Dworkin - für sie gilt das jedoch immer und für sie liegt das nicht an ökonomischen Bedingungen, sondern an den patriarchalischen Strukturen und das gilt nicht nur für Ehe, sondern für alle heterosexuellen Beziehungen. |
Für mich liegt das an der Ökonomie. Die patriarchalischen Strukturen wären sogar verzichtbar ohne dass sich der Prostitutionscharakter vieler Ehen ändern würde.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Deswegen würde ich dazu neigen, den wertvollen Kern seiner Erkenntnis zu nutzen und die wertlosen Reste, die zuletzt zitiert wurden, wegzuwerfen. |
Das ist zwar eigentlich eine legitime Strategie, aber wie gesagt: sich nur den Einzel-Punkt 'äquivalenten Tausch von gleichem' herauszugreifen und den dann auch noch so zu interpretieren, wie es Dir in den Kram passt: das hat dann nichts mehr mit Kant zu tun. Dann hast Du Dir das herausgenommen, was Du sehen wolltest, aber nicht das, was da ist. |
Klar, ich gebe zu, ein bisschen biege ich mir den Kant auch zurecht. Aber das ist auch bei solchen Denkern, die ein bisschen selbstblind sind, manchmal nötig. Es ist ein rationaler Kern in einigen seiner Aussagen. Man darf Kant nur nicht zu ernst nehmen.
Für mich scheint aber klar, dass viele Feministinnen ihn zu ernst nehmen und selber Kantianerinnen sind.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Abgesehen davon ist mir noch nicht klar geworden, wie Du das eigentlich mit dem 'äquivalenten Tausch von gleichem' genau meinst. Was ist das und wer bestimmt das? |
Das ist der Tausch von Lebendigem mit Lebendigem. Dieser Tausch ist konkret. Das ist so wie, wenn man Interesse gegen Interesse tauscht oder Wut gegen Wut. Es ist gleichwertig und es ist gleich.
Dagegen ist der äquivalente Tausch von Ungleichem z.B. der Kauf einer Ware. Hier werden zwar auch gleichwertige Dinge getauscht, aber nicht gleiche Dinge.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Ja, Kant ist nun mal ein Idealist, er geht nicht vom realen Menschen und seinen indivuellen sowie allgemeinen Bedürfnissen aus, sondern von einem Idealbild, dem der Mensch sich sittlich anzunähern habe. Darin zeigt er allerdings starke Berührungspunkte mit bürgerlichen Feministinnen, die sehr ähnliche Idealbilder von Frauen und Männern propagieren. (Motto: "Ein wohlerzogener Mann tut so etwas nicht.") |
Meinst Du Nussbaum? Wo sollte sie dergleichen gesagt haben? Nussbaum vertritt übrigens einen liberalen Feminismus. |
Nein, ich meine hier Rebecca Watson. Sexualität funktioniert aber nicht nach Schema F.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ich sehe da viel eher Berührungspunkte zu Radikalen Feministinnen wie Dworkin und auch zu gewissen Sozialisten. "Ich habe hier die richtige Analyse und ich habe das richtige Bewusstsein und wenn Du die nicht anerkennst, dann hast du ein falsches Bewusstsein und bist ein Sklave des Systems." |
So ein Seitenhieb musste ja kommen.
Wir haben keine Berührungspunkte zu den angeblich "radikalen" Feministinnen. Das Schwein verschlingt das Verlustschwein heisst es bei Marx. Falsches Bewusstsein leitet sich aus materiellen Verhältnissen ab, es ist erklärlich und liegt eben nicht allein im Menschen selber begründet. Falsches Bewusstsein ist kein Ergebnis einer schlechten Kinderstube, es wird auch nicht dadurch behoben, indem ihm das richtige Bewusstsein entgegen gesetzt wird.
Richtiges Bewusstsein im Falschen ist sowieso so eine Sache. Es kann sich im Prinzip nur um Negationen des Falschen handeln, aber hierbei fängt man mit dem Bewusstsein nicht unbedingt an.
Im übrigen würde Marx richtiges Bewusstsein relativ sehen. Denn was für den Kapitalisten aus seiner Sicht richtig ist, ist aus der Sicht des Proletariers sicherlich nicht unbedingt richtig. Falls aber dieser der Sichtweise des Kapitalisten doch anhängt, so gibt es auch dafür materielle Gründe.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Feministinnen wie Frau Dr. Watson merken, dass sie nirgends ankommen außer bei ihrem Zirkel. Deswegen versuchen sie es mit ihren theoretischen Ladenhütern bei der Atheisten- und Skeptiker-Bewegung und meinen nun ein Anrecht darauf zu haben, dort akzeptiert zu werden. Aber Pustekuchen! Ohne theoretische Substanz geht sowas gerade unter dieser Bewegung nicht. |
Wenn jemand sagt: 'mir ist das und das passiert und das störte mich, bitte macht sowas nicht', dann muss derjenige das nicht theoretisch / philosophisch untermauern können. Und ich denke nicht, dass jemand, der sich 'Feminist' nennt, unbedingt philosophische Vorträge halten können muss. Jemand, der sich über eigene Diskriminierung wegen seiner Homosexualität oder wegen seiner Hautfarbe beschwert, braucht das auch nicht. |
Ich habe schon viel zu dem Auftritt von Watson auf diesem Kongress gesagt. Ich habe den Eindruck, dass sie es mit dem Anliegen der dortigen Teilnehmerschaft nicht wirklich ernst meint. Das wäre ja auch ok. Dann muss sie das aber auch sagen.
Wenn sie sich belästigt fühlt, dann muss sie das auch sagen. Nur ist die Verbindung, die sie herstellt, etwas weit hergeholt. Und da gebraucht sie eben doch eine Theorie, ohne die ihre Gesamtaussagen keinen Sinn ergeben würden. Also kann/muss man ihr auch theoretisch antworten.
Deswegen ja dieser von Dir dankenswerter Weise erstellte thread!
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Und ich halte es übrigens für ziemlich billig, demjenigen dann vorzuwerfen, er betreibe damit 'nur' (implizit gemeint: unzulässige) Klientelpolitik, er solle sich doch gefälligst für alle gleichermaßen einsetzen, ansonsten habe er gar nichts zu sagen, sei kein echter Humanist.
Übrigens:
Radical feminism and Marxism hat folgendes geschrieben: | [...] during the 1960s in the U.S., many women became feminists because they perceived women as being excluded from, and discriminated against by, leftist political groups. |
|
Ach, ich kenne solche Debatten doch aus eigener Beteiligung. Wer ausgerechnet deshalb Feminist(in) wird, weil er/sie sich in linken Gruppen herumtreibt, dem/der ist auch nicht mehr zu helfen.
Ich behaupte mal, dass gerade solche Gruppen, wie auch die um Dawkins alles andere als ein Hort von Sexismus sind. Wenn überhaupt irgendwo der Sexismus schlecht gedeiht, dann in solchen Gruppen. Das hat Dawkins übrigens mit seiner Entgegnung implizit auch gesagt und er hat 1000-mal Recht damit.
Selbstkritik linker Gruppen ist dennoch in jeder Hinsicht nötig. Es ist nötig, für Gleichberechtigung auf allen Ebenen einzutreten. Es ist nötig, Diskriminierung in jeder Hinsicht das Wasser abzugraben, wo immer das geht.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Aber das ist die eine Sache. Die andere ist die mit der Objektifizierung, also die Verwandlung einer Person als Selbstzweck zu einer Sache als Zweck für andere Personen und andere Sachen.
Wenn also der Mensch nicht Selbstzweck ist, sondern Mittel für andere Zwecke, dann gehört er sich nicht (mehr) selber und ist ein verächtliches Wesen. |
Das ist aber ein Punkt, der hier strittig ist. |
Weil Objektifizierung manchmal auch lustig sein kann, gelle?
Aber vielleicht meine ich ja etwas anderes?
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ich sehe das nicht so, genau genommen ist es meiner Ansicht nach so, dass der Mensch im sozialen Umgang miteinander meist nicht Selbstzweck ist und die meisten Menschen das auch nicht wollen. |
Plötzlich wollen das die meisten Menschen nicht mehr? Das klang vor kurzem noch etwas anders.
Na ja, was ich meine, ist folgendes:
Ich hebe hier nicht einfach auf den "Umgang" ab, sondern auf die Umgebungsvariablen des menschlichen Umgangs miteinander. Diese entscheiden, ob ein Mensch sich selbst gehört oder ob er den Besitz an sich selbst abgibt.
Es gibt z.B. sicherlich nette Sklavenhalter, die nach dem Motto verfahren: Ich behandle meine Sklaven gut!
Aber besser ist doch, Sklaverei die ökonomische Basis zu entziehen.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Das Kriterium, ob das moralisch zulässig ist oder nicht, liegt in der Zustimmung / Einvernehmlichkeit. Das komplett zu leugnen, zu behaupten, dies dürfe keine Rolle spielen: das ist für mich unzulässige Objektifizierung. Den anderen nicht als entscheidungs- und handlungsfähiges Wesen zu akzeptieren. Punkt 2 von Nussbaums Kriterien. |
Auf den ersten Blick kann man Dir Recht geben. Aber wenn man bedenkt, dass es entfremdetes Bewusstsein gibt, welches unter Zwangsbedingungen entscheidet, dann ist es nicht mehr so einfach. Sicherlich ist z.B. Lohnarbeit ein "freiwilliges" Verhältnis. Auch die Ehe, wenn man so will. Doch sieht man genauer hin, so erkennt man den übergeordneten Zwang der untergordneten Freiwilligkeit.
Unter freien Lebensverhältnisse, wo Mann und Frau sich frei begegnen, bekommt Dein Kriterium erst volle Geltung. Vorher ist im Grunde alles vom Rauschen der übergeordneten Verhältnisse überlagert.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Aber man sollte auch nicht den Fehler machen, natürliche Bestandteile der Sexualität mit gesellschaftlich bedingten Verhaltensweisen zu vermischen. Eine Analyse hat die Aufgabe, das scheinbar Untrennbare wieder zu entmischen und genau zu benennen, was das eine und das andere ist. |
Niemand hindert Dich daran, eine gute Analyse zu leisten oder eine solche zu verlinken. |
Ja, ich habe ja schon auf Frau Dr. Gimenez hingewiesen. Die macht das für mich:
Das ist eine gebürtige Argentinierin, die jetzt in den USA lebt und sie sich hat mit Hilfe ihres marxistischen Hintergrundes der Fauenrechte angenommen:
http://www.colorado.edu/Sociology/gimenez/noframes.html
_________________ °
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Telliamed registrierter User
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Wohnort: Wanderer zwischen den Welten
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(#1678903) Verfasst am: 24.08.2011, 13:54 Titel: |
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Was mich bei der bisherigen Diskussion etwas verwundert, ist der Umstand, dass Immanuel Kant völlig selbstverständlich als Referenzautor in Anspruch genommen wird, wie Autoren des ausgehenden 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts, ohne dass seine Auffassungen historisch in die Auseinandersetzungen seiner Zeit eingeordnet würden.
Lieber Himmel, das ist 18. Jahrhundert! Die heutzutage schwer zu verstehende Formulierung von der "Verbindung zweier Personen verschiedenen Geschlechts zum lebenswierigen und wechselseitigen Besitz ihrer Geschlechtseigenschaften" wurde von späteren Interpreten vom Horizont ihrer eigenen Zeit aus, des 20. Jahrhunderts, darauf abgeklopft, was sie wohl über Kants verborgenes Leben aussagen möge, der bekanntlich nie verheiratet war.
Das ist aus der "Metaphysik der Sitten", der Rechtslehre, Eherecht, § 24, es ist das Jahr 1797, in dem der neue König Friedrich Wilhelm III. zur Macht gelangte und das rigide Wöllnersche Zensuredikt von 1788, durch das Kant selbst 1793/94 belangt wurde (worauf er seine Religionsphilosophie gegenüber der Zensur zu verharmlosen suchte), an Geltungskraft verlor.
Und nun kann er relativ unbehindert die Ehe als eine Sexualgemeinschaft (commercium sexuale) betrachten, ohne das göttliche Gebot heranzuziehen und ohne den Zweck der Zeugung von Kindern anzuführen. Das wäre 1794 nicht möglich gewesen! Das ist doch für seine Zeit das Neue, diese Abkopplung des Eherechts vom Geltungsbereich kirchlicher Gebote. Das ist auch nicht mehr die "Vertragslehre", die die Ehe als eine Vertragsform ansieht. Immerhin ist sie bei Kant noch "lebenswierig", also im Regelfall lebenslänglich.
Zu seiner Zeit gab es keine andere Sexuallehre als die offizielle der Kirche. Als wenige Jahre später, noch zu Lebzeiten Kants, der Romantiker Friedrich Schlegel seinen Roman "Lucinde" (1799) auf den Markt warf, in der auf der Grundlage eigener Lebenserfahrungen eine nichteheliche freizügige Partnerschaft geschildert wurde, löste das einen ersten ungeheueren Skandal in Deutschland aus.
http://de.wikipedia.org/wiki/Lucinde
Also, mich verwundert etwas die Unbekümmertheit, mit der ein Name wie der Kants in die Debatte geworfen wird, ohne dass die 200 Jahre berücksichtigt werden, die dazwischen liegen. Dann wundert man sich, manches bei Kant nicht zu finden, wonach man ausgehend von heutigen Fragestellungen sucht. Im Internet psychologisiert man um 1920 herum und sucht bei ihm "verdeckte" Tiefenschichten, um den Lustmolch zu finden. Das wird z. B. gezeigt in:
http://www.uni-siegen.de/phil/philosophie/mitarbeiter/kuster/kant_kuster.pdf
Das geschieht aber in der Zeit nach Freud und dem Aufkommen der Sexualwissenschaften.
edit.
Man bringe mir bitte mal einen Autoren des 18. Jahrhunderts, der die Masturbation begrüßt oder für unbedenklich gehalten hätte!
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AgentProvocateur registrierter User
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(#1679047) Verfasst am: 24.08.2011, 18:34 Titel: |
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Hallo Telliamed, erst mal viele Dank für Deinen (den zweiten) Link, der ist hier sehr hilfreich.
Zu Deinem Einwand, wir würden die geschichtlichen Umstände nicht berücksichtigen: ich meine, das ist hier nicht unbedingt nötig, weil wir nicht hauptsächlich über die Ehe geredet haben, sondern über Kants Ansichten zur Objektifizierung und zur Sexualität. Die Ehe ist dabei deswegen ein Nebenaspekt, weil sie aus diesen Ansichten Kants erst folgt. Sie muss daher hier nicht unbedingt näher betrachtet werden. Und Kants Ansichten zur Objektifizierung und zur Sexualität (die daraus folgen) können meiner Ansicht nach außerhalb des historischen Kontextes betrachtet werden.
So wie ich Kant verstehe, ist seine Argumentation, mal ganz grob gesagt, so aufgebaut, (siehe dazu auch nochmal Deinen Link):
seine Ansichten zur Menschheit / Würde -> daraus folgt: „Mache dich anderen nicht zum bloßen Mittel, sondern sei für sie zugleich Zweck“ -> daraus wiederum folgt die Ansicht, Sexualität sei ein grundsätzliches Problem, (da diese eine unzulässige Verdinglichung darstelle) -> die (einzige) Lösung für dieses Problem sei die Ehe
Dass Kant nun die Masturbation ablehnte, wäre für mich überhaupt kein Problem, wenn er das grundlos oder aus Geschmacksgründen getan hätte.
Leider aber folgt das aus seiner Argumentation und leider auch halte ich Kant für einen großartigen Philosophen, der außergewöhnlich kohärent argumentiert und leider teile ich Kants Prämissen hier und leider halte ich Masturbation und außerehelichen Geschlechtsverkehr für kein grundlegendes moralisches Problem.
Also gibt es ein grundsätzliches Problem, (für mich!, nicht für Kant). Und das kann meiner Ansicht nach nun nicht so gelöst werden, dass man sich einfach das einem Genehme herausgreift, aber die daraus folgenden Schlüsse nicht ziehen will. Das wäre inkohärent, man hinge philosophisch dann einfach in der Luft.
Dieses Problem habe aber natürlich nicht nur ich. Ein großer Teil unseres Rechtssystems (Menschenwürde, Objektformel, etc. pp.) und auch viele Auffassungen jenseits des geregelten Rechtssystemes gehen auf Kant zurück, jedoch andere Teile widersprechen ihm auch, z.B. wird außerehelicher Geschlechtsverkehr nicht mehr als unmoralisch angesehen.
Die Frage wäre dann halt, inwiefern das noch kohärent ist. Oder vielleicht auch, inwiefern man Kohärenz für wichtig hält, inwieweit man bereit ist, Inkohärenz zu akzeptieren. Oder, wenn man Kohärenz für wichtig hält, wie man hier Kant ersetzen könnte.
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step registriert
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(#1679055) Verfasst am: 24.08.2011, 18:56 Titel: |
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Kann mal einer von Euch kurz zusammenfassen, ob und wieso Kant Sex (mit dem Ziel, Spaß zu haben) als Verdinglichung ansieht? Also etwa im Vergleich mit anderen "physiologisch hingebungsvollen" Handlungen, etwa dem Genuß beim Essen, dem Ausruhen nach einem langen Tag, dem Lachen über die Witze Anderer usw.
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AgentProvocateur registrierter User
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(#1679060) Verfasst am: 24.08.2011, 19:30 Titel: Re: Sexual objectification |
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Hallo Skeptiker, erst mal eine Bitte: wenn Du meine übersetzten englischen Zitate wiederum zitierst, dann wäre es gut, wenn Du dann nicht den englischen Teil, sondern den übersetzten Teil zitierst. Das wäre hilfreich für die, die des Englischen nicht so mächtig sind wie Du.
Ich werde jetzt mal Deinen Beitrag extrem zusammenfassen, nur die mir hier wesentlichen Punkte behandeln; wenn ich was für Dich Wesentliches ausgelassen habe, dann das bitte einfach nochmal aufs Tapet bringen.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Seine [Kants] Aussage war, dass die Ojektifizierung dann zulässig ist, wenn sie sozusagen auf Gegenseitigkeit beruht. Dies erblickt er in der Ehe. Man kann das aber auch auf jede sexuelle Beziehung, die eine sexuelle und nicht etwa eine Geld-Sex-Beziehung ist, übertragen. [...] Das sieht Kant ja ebenso [Sexualität sei immer eine Herabwürdigung / Objektifizierung]. Nur sieht er, dass Sexualität (auch homosexuelle) immer auch eine Objektifizierung des Mannes ist. Dadurch, dass es wechselseitig ist, ist es aber nicht mehr herabwürdigend seiner Ansicht nach. Ich finde seinen Punkt nach wie vor sehr smart. [...] Für Kant gibt es keine legitime sexuelle Beziehung außerhalb der Ehe. An sich meint er aber allgemeiner die sexuelle Beziehung. So macht er auch heute Sinn.
[...]
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Abgesehen davon ist mir noch nicht klar geworden, wie Du das eigentlich mit dem 'äquivalenten Tausch von gleichem' genau meinst. Was ist das und wer bestimmt das? |
Das ist der Tausch von Lebendigem mit Lebendigem. Dieser Tausch ist konkret. Das ist so wie, wenn man Interesse gegen Interesse tauscht oder Wut gegen Wut. Es ist gleichwertig und es ist gleich.
Dagegen ist der äquivalente Tausch von Ungleichem z.B. der Kauf einer Ware. Hier werden zwar auch gleichwertige Dinge getauscht, aber nicht gleiche Dinge. |
Ich habe noch ein paar Verständnisschwierigkeiten, einige Punkte sind mir noch nicht klar geworden, daher möchte ich Dir erst mal einige Verständnis-Fragen dazu stellen:
- ist ein 'äquivalenter Tausch von Ungleichem' für Dich per se moralisch bedenklich / falsch / unzulässig? Wenn ja: warum?
- hältst Du Objektifizierung für grundsätzlich für moralisch falsch, wenn sie nicht auf einem 'äquivalenten Tausch von Gleichem' beruht? Wenn ja: warum?
- oder spielt hierbei Sexualität eine wesentliche Rolle, (z.B.: Objektifizierung ist nicht grundsätzlich ein moralisches Problem, wird es aber im Bereich Sexuaität)? Wenn ja: warum?
- was meinst Du eigentlich genau mit "Für Kant gibt es keine legitime sexuelle Beziehung außerhalb der Ehe. An sich meint er aber allgemeiner die sexuelle Beziehung."? (Sorry, aber das verstehe ich tatsächlich nicht.)
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Selbstkritik linker Gruppen ist dennoch in jeder Hinsicht nötig. Es ist nötig, für Gleichberechtigung auf allen Ebenen einzutreten. Es ist nötig, Diskriminierung in jeder Hinsicht das Wasser abzugraben, wo immer das geht. |
Ja, so ist es.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Aber das ist die eine Sache. Die andere ist die mit der Objektifizierung, also die Verwandlung einer Person als Selbstzweck zu einer Sache als Zweck für andere Personen und andere Sachen.
Wenn also der Mensch nicht Selbstzweck ist, sondern Mittel für andere Zwecke, dann gehört er sich nicht (mehr) selber und ist ein verächtliches Wesen. |
[...]
Na ja, was ich meine, ist folgendes:
Ich hebe hier nicht einfach auf den "Umgang" ab, sondern auf die Umgebungsvariablen des menschlichen Umgangs miteinander. Diese entscheiden, ob ein Mensch sich selbst gehört oder ob er den Besitz an sich selbst abgibt. |
Na gut, das hört sich plötzlich ganz anders an als Vorherige.
Klar, so allgemein gesagt kann ich dem nicht widersprechen.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Das Kriterium, ob das moralisch zulässig ist oder nicht, liegt in der Zustimmung / Einvernehmlichkeit. Das komplett zu leugnen, zu behaupten, dies dürfe keine Rolle spielen: das ist für mich unzulässige Objektifizierung. Den anderen nicht als entscheidungs- und handlungsfähiges Wesen zu akzeptieren. Punkt 2 von Nussbaums Kriterien. |
Auf den ersten Blick kann man Dir Recht geben. Aber wenn man bedenkt, dass es entfremdetes Bewusstsein gibt, welches unter Zwangsbedingungen entscheidet, dann ist es nicht mehr so einfach. Sicherlich ist z.B. Lohnarbeit ein "freiwilliges" Verhältnis. Auch die Ehe, wenn man so will. Doch sieht man genauer hin, so erkennt man den übergeordneten Zwang der untergordneten Freiwilligkeit.
Unter freien Lebensverhältnisse, wo Mann und Frau sich frei begegnen, bekommt Dein Kriterium erst volle Geltung. Vorher ist im Grunde alles vom Rauschen der übergeordneten Verhältnisse überlagert. |
Na gut, einfach ist es nicht. Und so zu tun, als ob wir keinerlei Zwängen unterlägen, wir völlig autonome Subjekte seien, die ihr Leben vollständig in die Hand nehmen könnten, wäre natürlich auch meiner Ansicht nach falsch, da schlicht nicht mit der Realität vereinbar.
Nur: man muss meiner Ansicht nach hier einen Mittelweg finden, d.h. sowohl die Zwänge benennen / erkennen als auch dem einzelnen Subjekt eine eigene Meinung zuzugestehen, auch wenn die anders ist, als die eigene und dem Ergebnis der eigenen Analyse widerspricht.
Ich sehe das erstens nicht so, dass hier und heute in unserer Gesellschaft 'alles vom Rauschen der übergeordneten Verhältnisse überlagert' sei. Und zweitens glaube ich, dass 'freie Lebensverhältnisse, wo Mann und Frau sich frei begegnen', (oder allgemeiner gesagt: 'freie Lebensverhältnisse, wo alle Individuen sich frei begegnen'), ein nicht erreichbares Ideal ist, eines, das prinzipiell nicht möglich ist. Es wird so oder so immer Unterschiede zwischen Individuen geben, auch solche, die ein unterschiedliches Machtgefälle zur Folge haben werden.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Niemand hindert Dich daran, eine gute Analyse zu leisten oder eine solche zu verlinken. |
Ja, ich habe ja schon auf Frau Dr. Gimenez hingewiesen. Die macht das für mich:
Das ist eine gebürtige Argentinierin, die jetzt in den USA lebt und sie sich hat mit Hilfe ihres marxistischen Hintergrundes der Fauenrechte angenommen:
http://www.colorado.edu/Sociology/gimenez/noframes.html |
Der Link führt auf ihre Homepage. Ich habe nun aber keine Lust, alle ihre Texte durchzulesen, da müsstest Du schon konkreter werden.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1679065) Verfasst am: 24.08.2011, 19:39 Titel: |
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Hallo step, in Telliameds Link wird es gut erklärt, warum Kant nach seinen Prämissen Sexualität als unzulässige Verdinglichung ansieht. Vielleicht magst Du das ja noch mehr zusammenfassen, ich mag gerade nicht.
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step registriert
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Wohnort: Germering
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(#1679129) Verfasst am: 24.08.2011, 21:54 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Hallo step, in Telliameds Link wird es gut erklärt, warum Kant nach seinen Prämissen Sexualität als unzulässige Verdinglichung ansieht. Vielleicht magst Du das ja noch mehr zusammenfassen, ich mag gerade nicht. |
Alles klar, hab gerade wenig Zeit, aber vielleicht nächste Woche ...
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1679282) Verfasst am: 25.08.2011, 11:24 Titel: |
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Telliamed hat folgendes geschrieben: | Was mich bei der bisherigen Diskussion etwas verwundert, ist der Umstand, dass Immanuel Kant völlig selbstverständlich als Referenzautor in Anspruch genommen wird, wie Autoren des ausgehenden 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts, ohne dass seine Auffassungen historisch in die Auseinandersetzungen seiner Zeit eingeordnet würden. |
Kant wird heute insbesondere vom bürgerlichen Feminismus als eine wichtige Referenz benutzt.
Sein idealistischer Moralismus bietet sich dafür an.
Telliamed hat folgendes geschrieben: | Lieber Himmel, das ist 18. Jahrhundert! Die heutzutage schwer zu verstehende Formulierung von der "Verbindung zweier Personen verschiedenen Geschlechts zum lebenswierigen und wechselseitigen Besitz ihrer Geschlechtseigenschaften" wurde von späteren Interpreten vom Horizont ihrer eigenen Zeit aus, des 20. Jahrhunderts, darauf abgeklopft, was sie wohl über Kants verborgenes Leben aussagen möge, der bekanntlich nie verheiratet war. |
"wechselseitiger Gebrauch" schreibt Kant. Er führt also die Ehe auf das eigentliche zurück, während in seiner Zeit die Ehe weniger als sexuelle Institution, sondern eher als eine Aufzuchtanstalt galt.
Nicht umsonst kamen solche Schriften teilweise auf den Zensur-Index.
Telliamed hat folgendes geschrieben: | Das ist aus der "Metaphysik der Sitten", der Rechtslehre, Eherecht, § 24, es ist das Jahr 1797, in dem der neue König Friedrich Wilhelm III. zur Macht gelangte und das rigide Wöllnersche Zensuredikt von 1788, durch das Kant selbst 1793/94 belangt wurde (worauf er seine Religionsphilosophie gegenüber der Zensur zu verharmlosen suchte), an Geltungskraft verlor. |
Die Zeit von Kant war der Beginn der bürgerlichen Gesellschaft und auch andere Autoren zeigten das widersprüchliche und Spannungsverhältnis zwischen bürgerlicher Ökonomie und bürgerlicher Familienordnung auf. Kant ist sich dieser Widersprüche schon irgendwie bewusst, auch zur Religion, aber versucht, sie zu glätten und bewegt sich hauptsächlich auf einem neutralen, unverdächtigen Terrain.
Telliamed hat folgendes geschrieben: | Und nun kann er relativ unbehindert die Ehe als eine Sexualgemeinschaft (commercium sexuale) betrachten, ohne das göttliche Gebot heranzuziehen und ohne den Zweck der Zeugung von Kindern anzuführen. Das wäre 1794 nicht möglich gewesen! Das ist doch für seine Zeit das Neue, diese Abkopplung des Eherechts vom Geltungsbereich kirchlicher Gebote. Das ist auch nicht mehr die "Vertragslehre", die die Ehe als eine Vertragsform ansieht. Immerhin ist sie bei Kant noch "lebenswierig", also im Regelfall lebenslänglich. |
So ist es.
Telliamed hat folgendes geschrieben: | Zu seiner Zeit gab es keine andere Sexuallehre als die offizielle der Kirche. Als wenige Jahre später, noch zu Lebzeiten Kants, der Romantiker Friedrich Schlegel seinen Roman "Lucinde" (1799) auf den Markt warf, in der auf der Grundlage eigener Lebenserfahrungen eine nichteheliche freizügige Partnerschaft geschildert wurde, löste das einen ersten ungeheueren Skandal in Deutschland aus.
http://de.wikipedia.org/wiki/Lucinde
Also, mich verwundert etwas die Unbekümmertheit, mit der ein Name wie der Kants in die Debatte geworfen wird, ohne dass die 200 Jahre berücksichtigt werden, die dazwischen liegen. Dann wundert man sich, manches bei Kant nicht zu finden, wonach man ausgehend von heutigen Fragestellungen sucht. Im Internet psychologisiert man um 1920 herum und sucht bei ihm "verdeckte" Tiefenschichten, um den Lustmolch zu finden. Das wird z. B. gezeigt in:
http://www.uni-siegen.de/phil/philosophie/mitarbeiter/kuster/kant_kuster.pdf
Das geschieht aber in der Zeit nach Freud und dem Aufkommen der Sexualwissenschaften. |
Interessant sind immer solche Autoren, die teilweise im Widerspruch zu ihrer rückständigen Zeit standen und sehr selbständig zu denken versuchten und das mit höchstem Anspruch. Dass das in so einer Zeit nur sehr diplomatisch geschehen kann, ist ja klar. Und mehr war bei Kant auch nicht drin.
Telliamed hat folgendes geschrieben: | Man bringe mir bitte mal einen Autoren des 18. Jahrhunderts, der die Masturbation begrüßt oder für unbedenklich gehalten hätte! |
Wenige. Dass sie heute begrüßt wird, ist aber auch nicht das Gelbe von Ei. Ist es doch ein Symptom der misslingenden sexuellen Beziehungen, denen vielfach die ökonomische und arbeitsweltliche Grundlage fehlt. Individualisierung ist ja teilweise positiv. Die Kehrseite ist Vereinzelung, wie gesagt, oft durch die "moderne" Arbeitsorganisation.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
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(#1679702) Verfasst am: 26.08.2011, 17:06 Titel: Re: Sexual objectification |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Hallo Skeptiker, erst mal eine Bitte: wenn Du meine übersetzten englischen Zitate wiederum zitierst, dann wäre es gut, wenn Du dann nicht den englischen Teil, sondern den übersetzten Teil zitierst. Das wäre hilfreich für die, die des Englischen nicht so mächtig sind wie Du. |
Das ist in Ordnung. Wenn Du Dir schon die Mühe machst.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ich werde jetzt mal Deinen Beitrag extrem zusammenfassen, nur die mir hier wesentlichen Punkte behandeln; wenn ich was für Dich Wesentliches ausgelassen habe, dann das bitte einfach nochmal aufs Tapet bringen. |
Yupp.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Seine [Kants] Aussage war, dass die Ojektifizierung dann zulässig ist, wenn sie sozusagen auf Gegenseitigkeit beruht. Dies erblickt er in der Ehe. Man kann das aber auch auf jede sexuelle Beziehung, die eine sexuelle und nicht etwa eine Geld-Sex-Beziehung ist, übertragen. [...] Das sieht Kant ja ebenso [Sexualität sei immer eine Herabwürdigung / Objektifizierung]. Nur sieht er, dass Sexualität (auch homosexuelle) immer auch eine Objektifizierung des Mannes ist. Dadurch, dass es wechselseitig ist, ist es aber nicht mehr herabwürdigend seiner Ansicht nach. Ich finde seinen Punkt nach wie vor sehr smart. [...] Für Kant gibt es keine legitime sexuelle Beziehung außerhalb der Ehe. An sich meint er aber allgemeiner die sexuelle Beziehung. So macht er auch heute Sinn.
[...]
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Abgesehen davon ist mir noch nicht klar geworden, wie Du das eigentlich mit dem 'äquivalenten Tausch von gleichem' genau meinst. Was ist das und wer bestimmt das? |
Das ist der Tausch von Lebendigem mit Lebendigem. Dieser Tausch ist konkret. Das ist so wie, wenn man Interesse gegen Interesse tauscht oder Wut gegen Wut. Es ist gleichwertig und es ist gleich.
Dagegen ist der äquivalente Tausch von Ungleichem z.B. der Kauf einer Ware. Hier werden zwar auch gleichwertige Dinge getauscht, aber nicht gleiche Dinge. |
Ich habe noch ein paar Verständnisschwierigkeiten, einige Punkte sind mir noch nicht klar geworden, daher möchte ich Dir erst mal einige Verständnis-Fragen dazu stellen:
- ist ein 'äquivalenter Tausch von Ungleichem' für Dich per se moralisch bedenklich / falsch / unzulässig? Wenn ja: warum? |
Also Geld-Ware, Geld-Menschliches, Geld-Sexuelles oder Menschliches-Sexuelles?
Hier kommt der Wertgedanke ins Spiel. Wenn ungleiche Dinge mit gleichem Wert getauscht werden, ist es ein äquivalenter Tausch. Daran habe ich gar nichts auszusetzen.
Das einzige, was ich zum Tausch ungleicher Dinge anmerken möchte ist, dass sie kein menschliches oder auch sexuelles Verhältnis als solches begründen können. (Sie können es höchstens vermitteln, oder sogar einleiten, aber nicht ersetzen.)
Ich enthalte mich dabei jeder Bewertung eines Tauschverhältnisses, sondern beschreibe nur.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | - hältst Du Objektifizierung für grundsätzlich für moralisch falsch, wenn sie nicht auf einem 'äquivalenten Tausch von Gleichem' beruht? Wenn ja: warum? |
Wir haben hier einmal den Tausch von Quantitäten (Tauschwerten) und Qualitäten. Der Tausch gleicher Qualitäten ist hier das entscheidende. Dieser (Aus)Tausch ist moralisch, wenn er auf (gegenseitiger) Leidenschaft beruht (und nicht - wie Kant schreibt - auf einem Vertrag).
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | - oder spielt hierbei Sexualität eine wesentliche Rolle, (z.B.: Objektifizierung ist nicht grundsätzlich ein moralisches Problem, wird es aber im Bereich Sexuaität)? Wenn ja: warum? |
Objektifizierung wird nach Kant bei wechselseitiger Parität des Konsums der Organleistungen "behoben". Das klingt schräg. Aber das müsste auch bei nichtsexuellen gemeinsamen Aktivitäten und Verhältnissen zwischen Menschen Gültigkeit besitzen, damit Objektifizierung kein Problem ist.
Also, ich induziere daraus schon den allgemeinen Fall nicht vorhandener Ausbeutung. Dies ist die gelöste Problematik wechselseitige Objektifizierung oder aber deren Abwesenheit.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | - was meinst Du eigentlich genau mit "Für Kant gibt es keine legitime sexuelle Beziehung außerhalb der Ehe. An sich meint er aber allgemeiner die sexuelle Beziehung."? (Sorry, aber das verstehe ich tatsächlich nicht.) |
Damit meine ich, dass Kants Ausführungen nur Sinn machen, wenn man statt 'Ehe' die 'leidenschaftliche sexuelle Beziehung' einsetzt. Ich glaube aber, dies war Kant nicht klar, zumal er noch irgendwo seinen Ehevertrag unterbringen musste, was im Grunde den richtigen Kern seiner halbwachen Erkenntnis konterkariert.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Selbstkritik linker Gruppen ist dennoch in jeder Hinsicht nötig. Es ist nötig, für Gleichberechtigung auf allen Ebenen einzutreten. Es ist nötig, Diskriminierung in jeder Hinsicht das Wasser abzugraben, wo immer das geht. |
Ja, so ist es. |
Und ich möchte noch mal betonen, dass dies auch ein ernstes Anliegen linker und/oder atheistischer Gruppen ist, ohne dass dies dort noch von außen hinein getragen werden müsste.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Aber das ist die eine Sache. Die andere ist die mit der Objektifizierung, also die Verwandlung einer Person als Selbstzweck zu einer Sache als Zweck für andere Personen und andere Sachen.
Wenn also der Mensch nicht Selbstzweck ist, sondern Mittel für andere Zwecke, dann gehört er sich nicht (mehr) selber und ist ein verächtliches Wesen.
[...]
Na ja, was ich meine, ist folgendes:
Ich hebe hier nicht einfach auf den "Umgang" ab, sondern auf die Umgebungsvariablen des menschlichen Umgangs miteinander. Diese entscheiden, ob ein Mensch sich selbst gehört oder ob er den Besitz an sich selbst abgibt. |
Na gut, das hört sich plötzlich ganz anders an als Vorherige.
Klar, so allgemein gesagt kann ich dem nicht widersprechen. |
Natürlich nicht, wenn es doch stimmt!
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Das Kriterium, ob das moralisch zulässig ist oder nicht, liegt in der Zustimmung / Einvernehmlichkeit. Das komplett zu leugnen, zu behaupten, dies dürfe keine Rolle spielen: das ist für mich unzulässige Objektifizierung. Den anderen nicht als entscheidungs- und handlungsfähiges Wesen zu akzeptieren. Punkt 2 von Nussbaums Kriterien. |
Auf den ersten Blick kann man Dir Recht geben. Aber wenn man bedenkt, dass es entfremdetes Bewusstsein gibt, welches unter Zwangsbedingungen entscheidet, dann ist es nicht mehr so einfach. Sicherlich ist z.B. Lohnarbeit ein "freiwilliges" Verhältnis. Auch die Ehe, wenn man so will. Doch sieht man genauer hin, so erkennt man den übergeordneten Zwang der untergordneten Freiwilligkeit.
Unter freien Lebensverhältnisse, wo Mann und Frau sich frei begegnen, bekommt Dein Kriterium erst volle Geltung. Vorher ist im Grunde alles vom Rauschen der übergeordneten Verhältnisse überlagert. |
Na gut, einfach ist es nicht. Und so zu tun, als ob wir keinerlei Zwängen unterlägen, wir völlig autonome Subjekte seien, die ihr Leben vollständig in die Hand nehmen könnten, wäre natürlich auch meiner Ansicht nach falsch, da schlicht nicht mit der Realität vereinbar.
Nur: man muss meiner Ansicht nach hier einen Mittelweg finden, d.h. sowohl die Zwänge benennen / erkennen als auch dem einzelnen Subjekt eine eigene Meinung zuzugestehen, auch wenn die anders ist, als die eigene und dem Ergebnis der eigenen Analyse widerspricht. |
Wenn man heute Werte aufstellt, so kann man das nur im Rahmen der bestehenden Herrschaftsverhältnisse. Das ging Kant ja nicht anders.
Freiheit unter herrschaftlichen Bedingungen wird immer schief und krumm. Sicher kann man das leugnen, sicher kann sich jeder so seine Illusionen machen. Aber die menschliche Entfremdung heute nicht zu benennen, wäre verkehrt.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ich sehe das erstens nicht so, dass hier und heute in unserer Gesellschaft 'alles vom Rauschen der übergeordneten Verhältnisse überlagert' sei. Und zweitens glaube ich, dass 'freie Lebensverhältnisse, wo Mann und Frau sich frei begegnen', (oder allgemeiner gesagt: 'freie Lebensverhältnisse, wo alle Individuen sich frei begegnen'), ein nicht erreichbares Ideal ist, eines, das prinzipiell nicht möglich ist. Es wird so oder so immer Unterschiede zwischen Individuen geben, auch solche, die ein unterschiedliches Machtgefälle zur Folge haben werden. |
Ich meine, dass die Aufhebung der Entfremdung möglich ist und dass ein Tausch des qualitativ Gleichen das Licht der Welt erblicken kann. Das ist aber eine sehr weit führende Diskussion. Die kann man hier nur schwer führen, denke ich. Muss ja auch hier nicht sein.
Das ist im Grunde ein Thema für mehrere Semester für ein Uni-Seminar oder eine Doktor-Arbeit.
Aber theoretische Vorarbeiten hierzu sollte man auch nicht ignorieren, ob das Marx, Engels (der einiges zur Familie schrieb!), Freud oder die Frankfurter Schule ist.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Niemand hindert Dich daran, eine gute Analyse zu leisten oder eine solche zu verlinken. |
Ja, ich habe ja schon auf Frau Dr. Gimenez hingewiesen. Die macht das für mich:
Das ist eine gebürtige Argentinierin, die jetzt in den USA lebt und sie sich hat mit Hilfe ihres marxistischen Hintergrundes der Fauenrechte angenommen:
http://www.colorado.edu/Sociology/gimenez/noframes.html |
Der Link führt auf ihre Homepage. Ich habe nun aber keine Lust, alle ihre Texte durchzulesen, da müsstest Du schon konkreter werden. |
Hier sind ihre Papers:
http://www.colorado.edu/Sociology/gimenez/work/
Ich las vor kurzem mal einen Text von ihr, den ich irgendwie noch mal suchen müsste, wo es um die Beziehung zwischen Geschlecht und Kapital ging. Die Stichwortsuche hat keinen Erfolg gebracht.
Die Quintessenz war eben, dass das Kapital weder Geschlecht noch Ethnie noch sonstige natürliche Unterschiede zwischen den Menschen kennt und insofern "neutral" ist.
Und trotzdem - das war die Pointe - braucht das Kapital Spaltungen zwischen den Menschen, um Solidarität zu verhindern.
Des weiteren beschäftigt sie sich mit dem ökonomischen Nutzen der Familie für das Kapital. In der Familie findet die Produktion von Arbeitskraft, aber auch von gesellschaftskonformer Ideologie statt.
Damit ist die Familie die kongeniale Ergänzung zur maschinellen Produktionsanstalt.
Wer dagegen nur Kultur und Moral berücksichtigt oder gar in vulgäre Benimmregeln abgleitet, der/die kommt nicht weit ...-
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K.I.Z - Frieden
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1680214) Verfasst am: 28.08.2011, 02:32 Titel: Re: Sexual objectification |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Hier kommt der Wertgedanke ins Spiel. Wenn ungleiche Dinge mit gleichem Wert getauscht werden, ist es ein äquivalenter Tausch. [...] Der Tausch gleicher Qualitäten ist hier das entscheidende. Dieser (Aus)Tausch ist moralisch, wenn er auf (gegenseitiger) Leidenschaft beruht (und nicht - wie Kant schreibt - auf einem Vertrag). [...] Also, ich induziere daraus schon den allgemeinen Fall nicht vorhandener Ausbeutung. Dies ist die gelöste Problematik wechselseitige Objektifizierung oder aber deren Abwesenheit. |
Ich verstehe das nun so:
Du meinst, Objektifizierung in Beziehungen zwischen Menschen findet genau dann nicht statt, wenn diese Beziehung und die darin enthaltene Gewährung von / Zustimmung zu Tausch / (evtl. einseitigen) Gefälligkeiten oder dergleichen auf einer (zumindest annähernd) gleichen Ebene (= gleiche Augenhöhe in jeder, vor allem aber der materiellen / ökonomischen Ebene) stattfindet.
Das gilt unabhängig davon, ob diese zwischenmenschliche Beziehung eine sexuelle oder eine nicht-sexuelle ist oder auch eine unpersönliche, eine strukturelle.
Ungleiche Ebene (ungleiche Augenhöhe) würde entweder Ausbeutung bedeuten oder aber zumindest die Gefahr von Ausbeutung beinhalten.
Ist das soweit korrekt?
Anders gefragt: würdest Du eine Beziehung auf ungleicher Augenhöhe (bzw. ungleicher Ebene, ungleicher Machtverhältnisse) automatisch als unzulässige Objektifizierung ansehen? Und daraus dann folgern, dass es eine moralische Verpflichtung für alle Menschen gibt, eine derart gleiche Ebene / Augenhöhe / Machtverhältnis herzustellen, (sofern möglich / zumutbar / (oder dergleichen) ist)? Oder hättest Du da noch noch zusätzliche Kriterien, die dabei eine Rolle spielen?
Oder anders gesagt: ich habe zwar nun (falls das soweit richtig ist - und Du noch die letzte Frage beantwortest) verstanden, was es Deiner Ansicht nach bedeutet, dass Menschen nicht objektifiziert werden, aber ich habe noch nicht so recht verstanden, wann eine Deiner Ansicht nach unzulässige Objektifizierung vorliegt, (d.h. eine [unzulässig] ungleiche Augenhöhe / Ebene / Machtverteilung).
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Wenn man heute Werte aufstellt, so kann man das nur im Rahmen der bestehenden Herrschaftsverhältnisse. Das ging Kant ja nicht anders. |
Und uns geht es auch nicht anders.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Freiheit unter herrschaftlichen Bedingungen wird immer schief und krumm. Sicher kann man das leugnen, sicher kann sich jeder so seine Illusionen machen. Aber die menschliche Entfremdung heute nicht zu benennen, wäre verkehrt. |
Das ist wieder so allgemein dahin gesagt. Natürlich wäre es verkehrt, Probleme in einer Gesellschaft / im Umgang mit anderen / miteinander nicht zu benennen und Probleme gibt es immer.
Aber Du hast recht: diese Diskussion können, müssen und sollten wir hier nicht führen. Nur teilweise, nur insofern, als es das Thema betrifft.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Ich las vor kurzem mal einen Text von ihr, den ich irgendwie noch mal suchen müsste, wo es um die Beziehung zwischen Geschlecht und Kapital ging. |
Ja, tu das.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Die Quintessenz war eben, dass das Kapital weder Geschlecht noch Ethnie noch sonstige natürliche Unterschiede zwischen den Menschen kennt und insofern "neutral" ist.
Und trotzdem - das war die Pointe - braucht das Kapital Spaltungen zwischen den Menschen, um Solidarität zu verhindern.
Des weiteren beschäftigt sie sich mit dem ökonomischen Nutzen der Familie für das Kapital. In der Familie findet die Produktion von Arbeitskraft, aber auch von gesellschaftskonformer Ideologie statt.
Damit ist die Familie die kongeniale Ergänzung zur maschinellen Produktionsanstalt.
Wer dagegen nur Kultur und Moral berücksichtigt oder gar in vulgäre Benimmregeln abgleitet, der/die kommt nicht weit ...- |
Du scheint zu meinen, es könne ein Paradies auf Erden, eine perfekte Gesellschaft geben und! das Einzige, was moralisch zulässig sei, wäre, diese (nicht näher spezifizierte) perfekte Gesellschaft anzustreben, d.h. alles andere, was nicht direkt darauf ausgerichtet sei, sei (moralisch) unzulässig. Und dann noch dies: was der Feind (= der Kapitalist) gut findet, muss deswegen schlecht sein.
Aber das halte ich beides für falsch. Erstens glaube ich nicht an eine perfekte Gesellschaft, (= eine ohne Machtgefälle), zweitens halte ichschrittweise Verbesserungen für sinnvoll, drittens halte ich das Argument "was mein Feind gut findet / ihm nutzt, ist falsch" für falsch und viertens glaube ich, dass jemand, der nur das Große und Ganze im Blick hat, unweigerlich dabei scheitern muss, die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern, denn dann verliert er unweigerlich die Menschen aus dem Blick.
Aber das nur nebenbei, das führt wohl etwas vom Thema weg und ist auch zu abstrakt.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1680280) Verfasst am: 28.08.2011, 13:18 Titel: Re: Sexual objectification |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Hier kommt der Wertgedanke ins Spiel. Wenn ungleiche Dinge mit gleichem Wert getauscht werden, ist es ein äquivalenter Tausch. [...] Der Tausch gleicher Qualitäten ist hier das entscheidende. Dieser (Aus)Tausch ist moralisch, wenn er auf (gegenseitiger) Leidenschaft beruht (und nicht - wie Kant schreibt - auf einem Vertrag). [...] Also, ich induziere daraus schon den allgemeinen Fall nicht vorhandener Ausbeutung. Dies ist die gelöste Problematik wechselseitige Objektifizierung oder aber deren Abwesenheit. |
Ich verstehe das nun so:
Du meinst, Objektifizierung in Beziehungen zwischen Menschen findet genau dann nicht statt, wenn diese Beziehung und die darin enthaltene Gewährung von / Zustimmung zu Tausch / (evtl. einseitigen) Gefälligkeiten oder dergleichen auf einer (zumindest annähernd) gleichen Ebene (= gleiche Augenhöhe in jeder, vor allem aber der materiellen / ökonomischen Ebene) stattfindet.
Das gilt unabhängig davon, ob diese zwischenmenschliche Beziehung eine sexuelle oder eine nicht-sexuelle ist oder auch eine unpersönliche, eine strukturelle.
Ungleiche Ebene (ungleiche Augenhöhe) würde entweder Ausbeutung bedeuten oder aber zumindest die Gefahr von Ausbeutung beinhalten.
Ist das soweit korrekt? |
Zunächst habe ich unterschieden zwischen leidenschaftsloser (vertraglicher) und leidenschaftlicher Zustimmung und habe daran das moralische geknüpft, also die moralische Beziehung. Diese kann als Beziehung nur sein, indem sie eine Austauschbeziehung ist. In dieser Austauschbeziehung wird Menschliches getauscht, also gleiche Gefühle, um es mal zu konkretisieren.
Ist dieser gleiche Tausch nicht mehr möglich, so ist in diesem Moment entweder die Beziehung zu Ende oder wird noch künstlich durch einen Vertrag oder Zwang aufrecht erhalten.
Dieser Zwang kann auch in Machtungleichheit begründet sein, es kann aber auch äußerlicher (staatlicher oder religiöser) Zwang sein.
Ich setzte allerdings voraus, dass schon die Menschen sich auf Augenhöhe begegnen. Dass Du jetzt noch mal die Machtungleichheit ins Spiel bringst, ist nicht nötig, denn ich wollte nur darauf hinaus, dass das, was ausgetauscht wird, von gleicher menschlicher Qualität sein sollte. Diese Gleichheit bezog sich nicht auf den gesellschaftlichen Status.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Anders gefragt: würdest Du eine Beziehung auf ungleicher Augenhöhe (bzw. ungleicher Ebene, ungleicher Machtverhältnisse) automatisch als unzulässige Objektifizierung ansehen? Und daraus dann folgern, dass es eine moralische Verpflichtung für alle Menschen gibt, eine derart gleiche Ebene / Augenhöhe / Machtverhältnis herzustellen, (sofern möglich / zumutbar / (oder dergleichen) ist)? Oder hättest Du da noch noch zusätzliche Kriterien, die dabei eine Rolle spielen? |
Ein weiser Mann sagt mal: Ob es morgen was zu essen gibt, wird nicht in der Küche entschieden. So ist es auch mit der Gleichheit zwischen den Menschen. Ich plädiere ja für eine Gleichverteilung der Macht, das heisst für mich eine gleiche Verfügung über die Dinge. Alle Menschen müssen einen gleichberechtigten Zugang zu den Mitteln haben - und zwar direkt und nicht vermittelt über den Partner oder sonstiges.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Oder anders gesagt: ich habe zwar nun (falls das soweit richtig ist - und Du noch die letzte Frage beantwortest) verstanden, was es Deiner Ansicht nach bedeutet, dass Menschen nicht objektifiziert werden, aber ich habe noch nicht so recht verstanden, wann eine Deiner Ansicht nach unzulässige Objektifizierung vorliegt, (d.h. eine [unzulässig] ungleiche Augenhöhe / Ebene / Machtverteilung). |
Diese liegt vor, wenn Menschliches gegen Nichtmenschliches/Sachliches getauscht wird oder wenn eine Beziehung besteht, die durch Sachzwang besteht, etwa ein Vertrag, religiöse/gesellschaftliche Regeln oder fehlende ökonomische Unabhängigkeit.
Das bezieht sich auf alle Bindungen, nicht nur sexuelle. Hierbei ist der Mensch immer Mittel für Zwecke, die er selber nicht zu seinen eigenen Zwecken macht oder nur deshalb zu seinen scheinbar eigenen Zwecken macht, weil er dazu gezwungen ist. Der Mensch ist dagegen nicht Objekt, wenn sein Austausch mit seiner Umwelt von Leidenschaft bestimmt ist. (Das ist nicht unbedingt identisch mit Lust. Manchmal kann es auch die Leidenschaft eines Menschen sein, sich für ein Ziel zu quälen, etwa beim Sport.)
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Die Quintessenz war eben, dass das Kapital weder Geschlecht noch Ethnie noch sonstige natürliche Unterschiede zwischen den Menschen kennt und insofern "neutral" ist.
Und trotzdem - das war die Pointe - braucht das Kapital Spaltungen zwischen den Menschen, um Solidarität zu verhindern.
Des weiteren beschäftigt sie sich mit dem ökonomischen Nutzen der Familie für das Kapital. In der Familie findet die Produktion von Arbeitskraft, aber auch von gesellschaftskonformer Ideologie statt.
Damit ist die Familie die kongeniale Ergänzung zur maschinellen Produktionsanstalt.
Wer dagegen nur Kultur und Moral berücksichtigt oder gar in vulgäre Benimmregeln abgleitet, der/die kommt nicht weit ...- |
Du scheint zu meinen, es könne ein Paradies auf Erden, eine perfekte Gesellschaft geben und! das Einzige, was moralisch zulässig sei, wäre, diese (nicht näher spezifizierte) perfekte Gesellschaft anzustreben, d.h. alles andere, was nicht direkt darauf ausgerichtet sei, sei (moralisch) unzulässig. Und dann noch dies: was der Feind (= der Kapitalist) gut findet, muss deswegen schlecht sein. |
Nicht ganz.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Aber das halte ich beides für falsch. Erstens glaube ich nicht an eine perfekte Gesellschaft, (= eine ohne Machtgefälle), zweitens halte ichschrittweise Verbesserungen für sinnvoll, drittens halte ich das Argument "was mein Feind gut findet / ihm nutzt, ist falsch" für falsch und viertens glaube ich, dass jemand, der nur das Große und Ganze im Blick hat, unweigerlich dabei scheitern muss, die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern, denn dann verliert er unweigerlich die Menschen aus dem Blick. |
Die Möglicheiten der Menschheit sind enorm gewachsen. Es ist sicher rational, die Umsetzung der Menschheitspotenziale voran zu treiben und nicht nur im kleinen Rahmen. Ich unterscheide zwischen Klassen (Besitz der großen Produktionsmittel ja/nein) und einer natürlichen Hierarchie. Letztere gibt es natürlich immer. Aber Hierarchien sind keine Klassen.
Die Schritte dorthin führen aber - das sehe ich dann wieder so ähnlich wie Du - über Reformen. Was uns aber unterscheidet ist, dass ich Reformen on the long run für nicht ausreichend halte.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Aber das nur nebenbei, das führt wohl etwas vom Thema weg und ist auch zu abstrakt. |
Genau, das ist ein neues Buch, was noch zu schreiben ist ...-!
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K.I.Z - Frieden
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1680829) Verfasst am: 29.08.2011, 19:12 Titel: Re: Sexual objectification |
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Ich weiß nicht recht, wo ich das folgende hinstellen soll, also packe ich es kurzerhand mal hier rein:
Charlott Roooach streitet sich mit Feminismus-Dinosaurierin A. Schwarzer:
Zitat: | Alice Schwarzer hat Ihr Buch eine «verruchte Heimatschnulze» genannt. Verstehen Sie, was sie damit meint?
Roche: «Leider nicht. Ich lese die Kritiken nicht, wie auch beim letzten Buch. Weder die guten noch die schlechten. Ich versuche, so freigeistig wie möglich zu bleiben. Wenn ich Kritiken mitdenke, kann ich nicht gut schreiben. Ich lese auch keine offenen Briefe von Alice Schwarzer. Das mit der "Heimatschnulze" ist mir unverständlich. (...)
Ist eine Versöhnung mit Schwarzer möglich?
Roche: «Das ist auch so ein Punkt. Das muss man weit von sich weisen, dass sie sagt, wir wären mal befreundet gewesen. Das finde ich unmöglich, mit solchen Begriffen um sich zu werfen, um sich so jovial heranzuwanzen. Wir haben uns zweimal professionell getroffen. Das ist über zehn Jahre her! (...)
Sie kämpfen gegen Zwänge und die Unterdrückung von Frauen. Ist es nicht auch Druck, wenn Sie sagen "Liebe Singles, habt so viel Sex wie möglich"?
Roche: «Das ist eher nett und freiheitlich gemeint. Man sollte sich nicht verrückt machen. Frauen neigen oft dazu, auf den Märchenprinzen zu warten oder nur Sex zu haben, wenn alles perfekt ist. Vielleicht kann man da von den Männern viel lernen. Man ist keine Schlampe, wenn man in der Übung bleibt und Sex ausprobiert, wenn es nicht die große Liebe ist.»
http://www.noz.de/deutschland-und-welt/vermischtes/56656952/charlotte-roche-geht-mit-alice-schwarzer-ins-gericht
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Und die Psycho-annelittikerin kommt auch vor.
Da freut man sich schon wieder, wenn Charlotte Roooach bei Fernseh-Papst Harald Schmidt Audienz hält ...-
_________________ °
K.I.Z - Frieden
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satsche registrierter User
Anmeldungsdatum: 30.07.2006 Beiträge: 2091
Wohnort: Südhessen
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(#1681372) Verfasst am: 30.08.2011, 23:32 Titel: |
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Denis Scheck hat Charlotte Roches Schoßgebete (Platz 1) mit einem richtigen Seitenhieb auf die Literaturkritik in den Abfallkorb geworfen:
„Ich weiß nicht, vor wem ich mich mehr grausen soll: vor einer Autorin, die solche Sätze schreibt, die aus kommerziellem Kalkül die literarische Nabelschau eine Etage tiefer legt und die unter dem Deckmantel des Exorzismus ein Familientrauma vermarktet – oder vor einer Literaturkritik, die bloß noch bejubelt, was marktgängig ist und diesen erbärmlichen Text keines Blickes würdigte, wäre seine Autorin eine 84-jährige Altenheimbewohnerin.“
http://www.daserste.de/druckfrisch/thema_dyn~id,414~cm.asp
_________________ Keiner hat das Recht zu gehorchen. Hannah A.
Das, was lebt, ist etwas anderes als das, was denkt. G. Benn
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satsche registrierter User
Anmeldungsdatum: 30.07.2006 Beiträge: 2091
Wohnort: Südhessen
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(#1681379) Verfasst am: 30.08.2011, 23:39 Titel: |
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Sind wir nicht alle, ob wir wollen oder nicht, durch die Werbung auf Sexual objectivication konditioniert?
Manchmal muss man auch da aufhorchen:
Ich habe vor zwei Wochen eine Werbung für ein Deospray für Männer gehört, das vor (wortwörtlich, man glaubt sich verhört zu haben): „…vorzeitigem Schweißerguß“ schützen soll.
_________________ Keiner hat das Recht zu gehorchen. Hannah A.
Das, was lebt, ist etwas anderes als das, was denkt. G. Benn
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AdvocatusDiaboli Öffentlicher Mobber
Anmeldungsdatum: 12.08.2003 Beiträge: 26397
Wohnort: München
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(#1681383) Verfasst am: 30.08.2011, 23:40 Titel: |
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satsche hat folgendes geschrieben: | Denis Scheck hat Charlotte Roches Schoßgebete (Platz 1) mit einem richtigen Seitenhieb auf die Literaturkritik in den Abfallkorb geworfen:
„Ich weiß nicht, vor wem ich mich mehr grausen soll: vor einer Autorin, die solche Sätze schreibt, die aus kommerziellem Kalkül die literarische Nabelschau eine Etage tiefer legt und die unter dem Deckmantel des Exorzismus ein Familientrauma vermarktet – oder vor einer Literaturkritik, die bloß noch bejubelt, was marktgängig ist und diesen erbärmlichen Text keines Blickes würdigte, wäre seine Autorin eine 84-jährige Altenheimbewohnerin.“
http://www.daserste.de/druckfrisch/thema_dyn~id,414~cm.asp |
war das nicht die Literaturkritik, die einem Axolotl aufgesessen ist?
_________________ Triggerwarnung: Der toxische Addi hat gepostet. Oh, zu spät, Sie haben das schon gelesen.
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Surata auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 29.03.2005 Beiträge: 17383
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(#1681534) Verfasst am: 31.08.2011, 11:44 Titel: |
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http://www.tagesspiegel.de/kultur/maedchen-sollen-harmlose-prinzessinnen-sein/4557398.html
Zitat: | Wer Kinderfotos aus den Siebzigern mit Kinderfotos von heute vergleicht, mag auf jeden Fall kaum glauben, wie sehr sich die Zeiten geändert haben. Damals konnte man oft kaum sagen, wer da Mädchen und wer Junge ist. Alle trugen die gleichen Pullis in Orange oder Braun. Heute springen die Geschlechterunterschiede förmlich ins Auge, was auch an der sexualisierten Kleidung für die Mädchen liegt. Dreijährige hüpfen im Bikini am Strand herum, die Kleinsten tragen taillierte Shirts und Röhrenhosen, die knapp auf der Hüfte sitzen. Kitakinder identifizieren mühelos „Mädchenjeans“. Sex sells auch bei ansonsten harmlosen Prinzessinnen. An Lillifee verstören die Kürze ihrer Kleider und die Kussform ihres Mundes. [...] Es passt ins Bild, dass die „Vogue“ jüngst eine Zehnjährige als Vamp in einem tief ausgeschnittenen goldenen Kleid und auf High Heels posieren ließ. |
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pera auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 01.07.2009 Beiträge: 4256
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(#1681760) Verfasst am: 31.08.2011, 21:47 Titel: |
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Interessanter Artikel, was ist schiefgegangen in den letzten 30 Jahren?
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Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
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(#1681800) Verfasst am: 01.09.2011, 01:35 Titel: |
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pera hat folgendes geschrieben: |
Interessanter Artikel, was ist schiefgegangen in den letzten 30 Jahren? |
Ich würde vermuten, dass das vor 30 Jahren eine Ausnahmesituation im Zuge der 68er war. Ein gewisses Maß an rosa Prinzessin/Pony und He-Man/Superhelden Müll ist denke ich unvermeidbar und da kommen die meisten Kinder auch (hoffentlich) wieder von runter.
Möglicherweise hat eine gewisse Dosis dieser extremen Rollenklischees auch eine Art Impfwirkung. Man hat diese Rolle dann schon durch bevor man in der Pubertät diverse Identitäten ausprobiert um sich dann irgendwann die eigene oder die eigene Mischung zu bauen.
Wenn man die Tochter so erzieht, dass die Rosa Barbie Paris Hilton Identität in der Pubertät die sicherste Methode ist, sich von den Eltern abzusondern und zu distanzieren, tut man wohl weder sich noch der Tochter einen Gefallen.
<UnrepresentativeAnkedote>
Ich hab meine Nichten auch mit rosa Glitzer Kitsch beschenkt, weil ich wußte, dass von den Eltern eher der Naturholz Bio Bauerhof kommt. Damit war ich der Held und dass die Eltern dieses Zeug ganz scheußlich fanden, hat es eher noch aufgewertet. Nach recht kurzer Zeit landete der ganze Quatsch wie erwartet im Müll und war nicht mehr interessant. Vielleicht konnte mich einfach zu sehr auf den letztlich guten Einfluß meiner Schwester verlassen. Gerade der rosa Plastik Müll sprach aber auch eine gewisse Trash Ästhethik in mir an, die mich z.B. dazu bringt Bubblegum Joghurt mit Brausepulver zu kaufen und mich zu freuen wie eklig das schmeckt.
</UnrepresentativeAnkedote>
_________________ "If the King's English was good enough for Jesus Christ, it's good enough for the children of Texas!" - Miriam Amanda "Ma" Ferguson, Governor of Texas, als Begründung gegen Spanischunterricht
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1681822) Verfasst am: 01.09.2011, 09:05 Titel: |
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Yogosh hat folgendes geschrieben: |
<UnrepresentativeAnkedote>
Ich hab meine Nichten auch mit rosa Glitzer Kitsch beschenkt, weil ich wußte, dass von den Eltern eher der Naturholz Bio Bauerhof kommt. Damit war ich der Held und dass die Eltern dieses Zeug ganz scheußlich fanden, hat es eher noch aufgewertet. Nach recht kurzer Zeit landete der ganze Quatsch wie erwartet im Müll und war nicht mehr interessant. Vielleicht konnte mich einfach zu sehr auf den letztlich guten Einfluß meiner Schwester verlassen. Gerade der rosa Plastik Müll sprach aber auch eine gewisse Trash Ästhethik in mir an, die mich z.B. dazu bringt Bubblegum Joghurt mit Brausepulver zu kaufen und mich zu freuen wie eklig das schmeckt.
</UnrepresentativeAnkedote> |
Wie wahr.
Wo gibts denn den Joghurt?
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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Murphy auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 29.04.2011 Beiträge: 5000
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(#1681834) Verfasst am: 01.09.2011, 09:47 Titel: |
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Wenn man die Sexualität nicht mehr als ausschließlich auf Fortpflanzung gerichtet betrachtet, könnte es vielleicht sinnvoll sein, zur Klärung inwieweit Objektifizierung zulässig oder notwendig sei, sie mit anderen Beschäftigungen, die der Bedürfnisbefriedigung oder einfach dem Lustgewinn dienen, die aber nur in Gesellschaft verrichtet werden können, zu vergleichen und Schlüsse daraus zu ziehen. Ich denke dabei an Sport aber es ist durchaus möglich, dass jemand ein besseres Beispiel findet.
Es gibt eine Vielzahl sportlicher Aktivitäten, die unmöglich allein, sondern nur im Miteinander ausgeführt werden können. Gemeint ist dabei nicht der Wettkampf, sondern jede Sportart zu deren Ausführung wenigstens ein weiterer Mitspieler erforderlich ist, eben auch im freien "Spiel", wo es nicht darum geht sich zu messen, sondern die körperliche Aktivität oder die Unterhaltung im Vordergrund steht.
Inwiefern ist man nun, beispielsweise als Teil einer Mannschaft, Objekt für die anderen und wieweit sind diese es für einen selbst? Inwiefern wird diese Objektifizierung vom Einzelnen gewünscht und ist sie dadurch automatisch auch für ihn selbst zulässig? Welcher Regeln ergeben sich daraus, dass einer auf den anderen angewiesen ist und wer sorgt für deren Einhaltung? Welche Rahmenbedingungen müssen überhaupt erfüllt sein, dass es zu einer Objektifizierung kommen kann, wo endet diese und wie wird dies festgelegt?
Wenn man sich so aufgeklärt gibt wie man es heute gerne tut, sollte man sich vielleicht davon lösen die Sexualität als Spezialfall im menschlichen Miteinander zu betrachten und sie als das sehen was sie ist: Ein Ausdruck des Willens zum Leben an sich und eine Möglichkeit neben anderen zur Individualisierung.
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