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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1684020) Verfasst am: 06.09.2011, 11:41 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Ich versteh nur deinen Einwand zur Moral nicht. |
Meinst Du Nr. 4 oben?
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1684047) Verfasst am: 06.09.2011, 12:53 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: |
Diese Unterscheidung vernebelt jedoch mE nur das Wesen des Willens als auch das der Moral. |
Da geh ich mit. Ich versteh nur deinen Einwand zur Moral nicht. |
Ich versteh nicht, was du mit dem fett gedruckten meinst.
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1684060) Verfasst am: 06.09.2011, 13:28 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Diejenigen, die den Freierwillen unter Hinweis auf die Quantenphysik retten wollen, argumentieren meist so:
Aufgrund der Heisenbergschen Unschärferelation (oder wahlweise der Wahrscheinlichkeitsverteilung quantenmechanischer Erwartungswerte) gebe es mikrospkopische Ereignis-Alternativen. Das Gehirn könne dadurch mithilfe eines unbekannten Mechanismus makroskopische Entscheidungsalternativen generieren, und so könne der Mensch moralisch entscheiden.
Einwände dagegen (jeder einzelne wäre aus meiner Sicht eine Widerlegung):
1. deterministischer Einwand: es gibt gar keine mikroskopischen Verzweigungen, diese sind ein Artefakt der Kopenhagener Deutung. Genaugenommen gibt es nur keine Möglichkeit im makroskopischen Meßsystem, den Erwartungswert vorher zu bestimmen. Die Schrödingergleichung selbst dagegen ist unitär, die Gesamtwellenfunktion deterministisch. |
Allerdings nur mithilfe der Mehr-Welt-Theorie. In jeder einzelnen Teilwelt dagegen gilt das nicht.
step hat folgendes geschrieben: | 2. quantenphysikalischer Einwand: Selbst wenn es echten mikroskopischen Zufall gibt, so wäre dieser doch eben Zufall. Die Quantenmechanik wäre sogar verletzt (falsch), wenn man diesen verursachend nützen könnte. |
Auch ein zufälliges Ereignis hat eine Ursache (nämlich die Vorzustände) und ist selber wiederum verursachend (für die nachfolgenden Zustände). Also zufällig heisst nicht akausal.
step hat folgendes geschrieben: | 3. thermodynamischer Einwand: Um für eine neuronal-makroskopische Entscheidung echte Quanteneffekte zu nutzen, müssten im Gehirn Kohärenzzeiten und -längen der Größenordnung des synaptischen Spalts und der Aktionspotenzials gelten. Bei den Temperaturen und der Ionenlösung im Gehirn sind die aber mal eben um diverse Zehnerpotenzen zu klein. |
Das kann sein. Aber es geht ja nicht nur um das Gehirn, sondern um zufällig verfügbare Informationen, die dem Gehirn unvorhersehbarer Weise zur Verfügung stehen (oder auch nicht).
Erkenntnisgewinne entstehen womöglich unvorhersehbar.
step hat folgendes geschrieben: | 4. ethischer Einwand: Selbst wenn unser Gehirn wie ein Quantencomputer und zwischen mehreren Zukünften entscheiden könnte, so würden wir doch gerade bei moralisch wichtigen Entscheidungen von unseren Mitmenschen eher determiniertes Verhalten (Regelkonformität) erwarten. Freiheit wäre demnach im wesentlichen auf Situationen beschränkt, in denen die Gesellschaft keine moralische Präferenz hat (z.B. Lotto, Geschmackliches, unlösbare Dilemmata). |
Angenommen, es gibt eine Evolution und z.T. sprunghafte Höherentwicklung der Erkenntnis. Damit verbreitern sich die Möglichkeiten der Menschheit. Ihre (zunächst potenzielle) Freiheit wächst.
Ergo: Zufällige Evolution der Erkenntnis erhöht menschliche Freiheit.
_________________ °
K.I.Z - Frieden
Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video
Informationsstelle Militarisierung e.V.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1684070) Verfasst am: 06.09.2011, 13:51 Titel: |
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Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Damit steht fest, wie Schopenhauer sagte, daß die Menschen zwar vielleicht tun können, was sie wollen, aber sicher nicht wollen können, was sie wollen. |
Zum Tunkönnen, was man will, gehört aber auch auf längere Sicht - zum Zeitpunkt t + x - ein Wollenkönnen, was man zum Zeitpunkt t will.
Beispiel: Wenn jemand süchtig ist und dadurch gehindert, etwas zu tun, dann muss er daran arbeiten, zukünftig keinen Wunsch mehr nach Drogenkonsum zu verspüren.
Das ist jetzt ein Extrembeispiel, aber es gilt im Prinzip auch grundsätzlich. Wenn man bestimmte Ziele erreichen will, dann braucht man Einfluss auf seinen Willen.
Schophenhauers Fehler ist sene statische Betrachtung. Er ist ein dummer Wortklauber.
Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Die Entwicklung der Lebewesen auf diesem Planeten kann beschrieben werden als eine hin zu immer mehr Autonomie im Verhalten, mit dem Ziel der immer besseren Anpassung an sich ändernde Verhältnisse. ... Diese Entwicklung hin zu größerer Autonomie zwingt die Lebewesen nicht mehr, spontan und in immer gleicher Weise auf Reize aus ihrer Umgebung zu reagieren, sondern sie können Erfahrungen sammeln und daraus Handlungsstrategien entwickeln, die sich an ihren längerfristigen Interessen orientieren. Unser Bewußtsein ist der bisher letzte Schritt auf diesem Weg. Es läßt uns uns selbst wahrnehmen in einem historischen Prozeß aus der Vergangenheit über die Gegenwart in die Zukunft. Es läßt uns planen, über mehrere Stufen denken, wie man das in einfacher Form schon bei manchen intelligenten Vögeln findet. |
Die Fähigkeiten erweitern sich, aber Bewusstsein bedeutet doch auch, sich des Willens bewusst zu werden. Trotzdem ist auch beim Menschen der Wille zu 99% unbewusst, bei niederen Tierarten zu 99,9999%.
Oder anders gesagt: Eigentlich wollen auch Menschen in erster Linie gedeihen und sich dabei momentan und auch (oder wenigstens) perspektivisch wohlfühlen. Das will schon der Karpfen, wobei er eher an das hier und jetzt denkt. Aber sein Unterbewusstsein denkt auch schon perspektivisch. Wofür sammelt denn das Eichhörnchen seine Nussvorräte?
Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Nun wollen uns einige einreden, unser Bewußtsein sei nur eine Selbsttäuschung. Die meisten unserer Entscheidungen träfen wir unbewußt. Das ist richtig und falsch zugleich und viele von uns haben das auch schon praktisch ausprobiert, beim Autofahrenlernen. Am Anfang reflektiert man noch jeden Handgriff und ist schon nach ein paar Kilometern völlig fertig. Erst im Laufe der Zeit gehen einem die Handgriffe, wie heißt es so schön, in Fleisch und Blut über. ES entscheidet, aber auf Grund der Erfahrungen und Überlegungen, die das ICH über Jahre immer wieder angestellt hat. |
Das sind erweiterte Reflexe. Das Freud'sche ES dagegen hat damit nichts zu tun, sondern eben mit dem menschlichen Willen, der ihm zum großen Teil nicht bewusst ist.
Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Wenn wir Willensfreiheit so verstehen, dann jagen wir nicht mehr einem philosophischen Phantom hinterher, sondern haben beobachtbare soziale Phänomene. Viele von uns haben schon Menschen erlebt, die zum Beispiel in einer Familie von Zeugen Jehovas aufgewachsen sind, und die sehr große Schwierigkeiten haben, eine eigenen Willen zu bilden, der ihren Interessen entspricht, selbst wenn sie die Notwendigkeit dazu einsehen, und den Handlungsspielraum auch hätten. |
Der entfremdete Wille ist der eigene Wille (geworden). Das ist ja das Dilemma der Entfremdung. Hierbei wird das Fremde zum eigenen, die fremde Hülle verwächst mit der eigenen Haut.
Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Ich denke, es läßt sich zeigen, daß eine so verstandenen Willensfreiheit beobachtbar, vielleicht sogar messbar ist, und sicher unabhängig davon, ob diese Welt deterministisch ist oder nicht. |
Das wäre dann die Überwindung der Entfremdung.
Wenn man aber die Einflüsse betrachtet, die auf das (Un)Bewusste wirken, dann ist das eine knifflige Aufgabe ...-
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K.I.Z - Frieden
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1684120) Verfasst am: 06.09.2011, 17:09 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Diese Unterscheidung vernebelt jedoch mE nur das Wesen des Willens als auch das der Moral. | Ich versteh nicht, was du mit dem fett gedruckten meinst. |
Moralisches Handeln bedeutet ja, so zu handeln, wie es den lokal/temporär gültigen moralischen Normen entspricht. Moralisches Handeln funktioniert besser, wenn man das, was man soll, auch will. Handlungsfreiheit ist damit gut vereinbar - wohl sogar notwendig dafür.
Wenn man aber jetzt eine weitere Freiheit jenseits der Handlungsfreiheit postuliert, etwa in der Richtung, daß man auch wollen/beeinflussen könne, was man wolle, und deswegen für seine Präferenzen letztverantwortlich sei, so gerät dabei leicht in Vergessenheit, daß der Gesellschaft ja gar nicht daran gelegen ist, daß Individuen in moralischen Fragen ihre Präferenzen allzu individuell entwickeln. Im Gegenteil unternehmen wir einiges an Aufwand, um z.B. unsere Kinder moralisch zu determinieren.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1684122) Verfasst am: 06.09.2011, 17:20 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | 1. deterministischer Einwand: es gibt gar keine mikroskopischen Verzweigungen, diese sind ein Artefakt der Kopenhagener Deutung. Genaugenommen gibt es nur keine Möglichkeit im makroskopischen Meßsystem, den Erwartungswert vorher zu bestimmen. Die Schrödingergleichung selbst dagegen ist unitär, die Gesamtwellenfunktion deterministisch. | Allerdings nur mithilfe der Mehr-Welt-Theorie. In jeder einzelnen Teilwelt dagegen gilt das nicht. |
Ich würde sagen, das ist falsch. Die Schrödingergleichung ist in jedem Fall unitär, und auch in der Kopenhagener Deutung gibt es keine Verzweigungen, sondern nur eine - magische / unerklärte - Zustandsreduktion.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | 2. quantenphysikalischer Einwand: Selbst wenn es echten mikroskopischen Zufall gibt, so wäre dieser doch eben Zufall. Die Quantenmechanik wäre sogar verletzt (falsch), wenn man diesen verursachend nützen könnte. | Auch ein zufälliges Ereignis hat eine Ursache (nämlich die Vorzustände) und ist selber wiederum verursachend (für die nachfolgenden Zustände). Also zufällig heisst nicht akausal. |
Thema verfehlt.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | 3. thermodynamischer Einwand: Um für eine neuronal-makroskopische Entscheidung echte Quanteneffekte zu nutzen, müssten im Gehirn Kohärenzzeiten und -längen der Größenordnung des synaptischen Spalts und der Aktionspotenzials gelten. Bei den Temperaturen und der Ionenlösung im Gehirn sind die aber mal eben um diverse Zehnerpotenzen zu klein. | Das kann sein. Aber es geht ja nicht nur um das Gehirn, sondern um zufällig verfügbare Informationen, die dem Gehirn unvorhersehbarer Weise zur Verfügung stehen (oder auch nicht). |
Nö. Für eine Begründung des FW mit der Quantenphysik wäre es völlig unerheblich, wie Informationen zustandekommen, die von außen kommen. Außer Du verortest den FW außerhalb des Gehirns.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Erkenntnisgewinne entstehen womöglich unvorhersehbar. |
Das ist irrelevant für die in diesem thread gestellte Frage.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | 4. ethischer Einwand: Selbst wenn unser Gehirn wie ein Quantencomputer und zwischen mehreren Zukünften entscheiden könnte, so würden wir doch gerade bei moralisch wichtigen Entscheidungen von unseren Mitmenschen eher determiniertes Verhalten (Regelkonformität) erwarten. Freiheit wäre demnach im wesentlichen auf Situationen beschränkt, in denen die Gesellschaft keine moralische Präferenz hat (z.B. Lotto, Geschmackliches, unlösbare Dilemmata). | Angenommen, es gibt eine Evolution und z.T. sprunghafte Höherentwicklung der Erkenntnis. Damit verbreitern sich die Möglichkeiten der Menschheit. Ihre (zunächst potenzielle) Freiheit wächst. Ergo: Zufällige Evolution der Erkenntnis erhöht menschliche Freiheit. |
- Erstens hat das nichts mit Quantenphysik zu tun - jedenfalls wüßte ich nicht inwiefern.
- Zweitens wäre die von Dir genannte Freiheit eine reine Handlungsfreiheit (man kann mglw. auch Sachen tun, die man früher nur gewollt hat)
- Drittens hast Du nicht dargelegt, wieso mehr Erkenntnis auch mehr moralische Freiheit bedeuten würde - und nicht mglw. mehr moralische Determination.
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Steffen Rehm registrierter User
Anmeldungsdatum: 10.07.2011 Beiträge: 160
Wohnort: bei Berlin
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(#1684155) Verfasst am: 06.09.2011, 19:07 Titel: |
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Einfach und klar ist die Ansicht von Aristoteles: Eine freie Handlung ist, die ohne Zwang und mit Wissen ausgeführt wird.
Zum Beispiel machen Schachspieler jeden Zug innerhalb von feststehenden Regeln ohne Zwang und mit ihrem natürlich begrenzten Wissen. Das fängt beim ersten Zug an, er wird unter 20 möglichen Zügen ausgewählt. Als günstig hat sich der Zug des Königsbauern erwiesen (sizilianische Eröffnung), aber ebenso gut ist das Damengambit oder ein Zug mit einem Pferd, stets bleibt dem Spieler die freie Entscheidung. Im Verlauf des Spiels kann es zu Situationen kommen, in denen nur noch einen Zug gemacht werden kann, dann steht man unter Zwang und ist schon beinahe bezwungen.
Wer Zweifel an der Willensfreiheit hat, sollte einmal bei vollem Kühlschrank ein paar Tage (und Nächte!) lang Fasten, keine Nahrung außer Wasser, dann erlebt er die Freiheit seines Willens eindrucksvoll.
Wer dann noch an seiner Freiheit zweifelt, dem kann sicher eine kleine Freiheitsstrafe ( eine Woche Knast) hilfreich sein. Danach wird er wissen, daß Freiheit das höchste Gut ist. Deshalb ist sie auch grundgesetzlich geschützt.
Diese Freiheit basiert meines Erachtens nicht auf Quantenereignissen im Gehirn sondern auf nichtlinearen Algorithmen in der Hirntätigkeit. Solche Algorithmen sind zwar deterministisch, aber ihre Ergebnisse sind nicht festgelegt, unvorhersehbar. Sie sorgen m.E. bei Säugetieren für eine Fraktale Geometrie der neuronalen Ensembles in der Großhirnrinde, mit der das Gedächtnis=Wissen organisiert ist.
Im Spiel junger Hunde, Katzen und anderer Säugetiere kann man die Anfänge von Freiheit sehen. Insekten, Spinnen und niedere Fische wirken dagegen wie Automaten, deterministisch festgelegt.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1684165) Verfasst am: 06.09.2011, 19:28 Titel: |
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Steffen Rehm hat folgendes geschrieben: | Einfach und klar ist die Ansicht von Aristoteles: Eine freie Handlung ist, die ohne Zwang und mit Wissen ausgeführt wird. |
Genau. Das nenne ich Handlungsfreiheit: Nicht gehindert zu werden, gemäß seiner Präferenz zu handeln.
Steffen Rehm hat folgendes geschrieben: | Zum Beispiel machen Schachspieler jeden Zug innerhalb von feststehenden Regeln ohne Zwang und mit ihrem natürlich begrenzten Wissen. Das fängt beim ersten Zug an, er wird unter 20 möglichen Zügen ausgewählt. ... |
Ja, auch das ist Handlungsfreiheit, der Schachspieler zieht so, wie erziehen möchte, i.a. also wie er es für am besten hält.
Steffen Rehm hat folgendes geschrieben: | Wer Zweifel an der Willensfreiheit hat, sollte einmal bei vollem Kühlschrank ein paar Tage (und Nächte!) lang Fasten, keine Nahrung außer Wasser, dann erlebt er die Freiheit seines Willens eindrucksvoll. |
So etwas tut man aber nur, wenn man es unbedingt will. Man handelt dann wiederum nach seiner Präferenz. Das man aber wollen könne, was man wolle, ist eine Illusion.
Steffen Rehm hat folgendes geschrieben: | Wer dann noch an seiner Freiheit zweifelt, dem kann sicher eine kleine Freiheitsstrafe (eine Woche Knast) hilfreich sein. |
Hier würde seine Handlungsfreiheit eingeschränkt, derjenige könnte nicht mehr gemäß seiner Präferenz handeln.
Steffen Rehm hat folgendes geschrieben: | Diese Freiheit basiert meines Erachtens nicht auf Quantenereignissen im Gehirn sondern auf nichtlinearen Algorithmen in der Hirntätigkeit. Solche Algorithmen sind zwar deterministisch, aber ihre Ergebnisse sind nicht festgelegt, unvorhersehbar. Sie sorgen m.E. bei Säugetieren für eine Fraktale Geometrie der neuronalen Ensembles in der Großhirnrinde, mit der das Gedächtnis=Wissen organisiert ist. |
Da würde ich zustimmen, zumindest für Entscheidungen, die nah an der Zufallsgrenze liegen, etwa wenn das Ausprobieren oder das antizyklische Verhalten einen evolutionären Sinn hat oder zumindest nicht schadet. Solche Klassen von Entscheidungen erscheinen tatsächlich deterministisch-chaotisch.
Im Bereich der Moral hingegen ist es offensichtlich wichtig, daß Menschen möglichst berechenbar entscheiden, nämlich im Sinne der jeweils gültigen Norm - auch wenn das nicht immer funktioniert. Größere Handlungsfreiheit heißt hier also im wesentlichen das Zulassen normverletzender ("böser") Präferenzen und Handlungen.
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Steffen Rehm registrierter User
Anmeldungsdatum: 10.07.2011 Beiträge: 160
Wohnort: bei Berlin
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(#1684187) Verfasst am: 06.09.2011, 20:47 Titel: |
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Bei Step denke ich an „Schritt für Schritt für Schritt“ ....versteht man sich, aber was ich noch nicht verstehe, ist Dein Gebrauch des Wortes „Präferenz“, den Du als Kern Deiner Analyse anbietest. Der Duden bietet als Übersetzung den Vorzug, Vorrang, die Vorliebe an.
Eigensinnig und eigenwillig, wie ich nun mal bin, benutze ich Fremdwörter nicht, wenn ich ein deutsches Wort dafür habe, das kürzer und klarer im allgemeinen Sprachgebrauch ist. Deshalb frage ich, ob das Wort „Sinn“an Stelle von „Präferenz“ in unserem Dialog möglich ist?
„Das macht Sinn“ ist eine gängige Floskel, wenn es um Vorzug, Vorrang, Vorliebe geht, und wenn es das gleiche meint wie „das macht Präferenz“, dann ziehe ich „Sinn“ vor, das Wort versteht jeder, der bei Besinnung ist.
Es kann natürlich sein, daß „ Präferenz“ etwas anderes ausdrücken soll, dann bitte ich um eine Abgrenzung.
Wenn ich Deine Fußnote über den Sinn richtig verstehe, ist mein Vorschlag in Deinem Sinn.
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1684189) Verfasst am: 06.09.2011, 20:56 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Diese Unterscheidung vernebelt jedoch mE nur das Wesen des Willens als auch das der Moral. | Ich versteh nicht, was du mit dem fett gedruckten meinst. |
Moralisches Handeln bedeutet ja, so zu handeln, wie es den lokal/temporär gültigen moralischen Normen entspricht. Moralisches Handeln funktioniert besser, wenn man das, was man soll, auch will. Handlungsfreiheit ist damit gut vereinbar - wohl sogar notwendig dafür.
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Da bin ich dabei.
step hat folgendes geschrieben: | Wenn man aber jetzt eine weitere Freiheit jenseits der Handlungsfreiheit postuliert, etwa in der Richtung, daß man auch wollen/beeinflussen könne, was man wolle, und deswegen für seine Präferenzen letztverantwortlich sei, so gerät dabei leicht in Vergessenheit, daß der Gesellschaft ja gar nicht daran gelegen ist, daß Individuen in moralischen Fragen ihre Präferenzen allzu individuell entwickeln. Im Gegenteil unternehmen wir einiges an Aufwand, um z.B. unsere Kinder moralisch zu determinieren. |
Hier liegt der Hase im Pfeffer. Ich denke mal laut: Es ist möglich, selbst zu beeinflussen, was man will. Allerdings im Sinne von den Selbstbetrugsprogrammen. Das bedeutet aber, dass die Beeinflussung nicht frei geschieht. Insofern ist gerade die Anwendung der Selbstbetrugprogramme, die ja, soweit ich dass überblicken kann, zur Rechtfertigung von "Willensschwächen" (das Nachgeben des Bedürfnisses auf eine Zigarette, in dem Sinne Drogensucht, Rechtfertigung des Seitensprungs vor sich selbst etc) eingesetzt werden, ein Ausdruck für die Unfreiheit des Willens. Andererseits kann die Überwindung dieser "niederen Beweggründe" durch einen "starken Willen" passieren. Woher dieser "starke Wille" kommt, ob durch Moral oder vernünftigen Überlegungen ist dafür nicht weiter von Belang.
In einer solchen Entscheidungssituation gibt es also 2 gegensätzliche Dinge, die man will. Die "niederen Beweggründe" und der "Starke Wille". Wenn die freie Entscheidung zwischen diesen beiden möglich ist, ist dies ein Beispiel für "Man kann wollen, was man will". Ob ich da letztendliche eine Ebene des Wollen übersehe, weiß ich nicht, halte es aber für möglich. In solchen Situationen wäre der Wille frei.
Du hast allerdings recht, dass Moral dazu dient Stabilität durch Berechenbarkeit in einer Gesellschaft zu schaffen, und dass diese Moral Entscheidungen der Individuen beeinflusst. Dazu ist sie ja da und deswegen ist sie auch wichtig. Trotzdem bleibt die Entscheidung eines Individuums, ob es sich nach der Moral der Gesellschaft richtet oder ob es gegen die Moral handelt, bei ihm selbst.
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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Steffen Rehm registrierter User
Anmeldungsdatum: 10.07.2011 Beiträge: 160
Wohnort: bei Berlin
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(#1684229) Verfasst am: 06.09.2011, 22:35 Titel: |
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Apropos Sinn: Sätze sollten sinnvoll sein, nicht sinnlos und auch nicht unsinnig.
Wenn ich den Satz von A. Schopenhauer bedenke, erscheint er mir von der Struktur her sinnlos, sinnzerstörend. „Man kann nicht wollen, was man will“ ergibt nicht mehr Sinn als „Man kann nicht tun, was man tut“, aber das heißt dann: Man tut etwas, was man nicht tun kann. So ein Quatsch von einem geistreichen Philosophen. Man kann nicht glauben, was man glaubt.
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Surata auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 29.03.2005 Beiträge: 17383
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(#1684262) Verfasst am: 06.09.2011, 23:50 Titel: |
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Steffen Rehm hat folgendes geschrieben: | Apropos Sinn: Sätze sollten sinnvoll sein, nicht sinnlos und auch nicht unsinnig.
Wenn ich den Satz von A. Schopenhauer bedenke, erscheint er mir von der Struktur her sinnlos, sinnzerstörend. „Man kann nicht wollen, was man will“ ergibt nicht mehr Sinn als „Man kann nicht tun, was man tut“, aber das heißt dann: Man tut etwas, was man nicht tun kann. So ein Quatsch von einem geistreichen Philosophen. Man kann nicht glauben, was man glaubt. |
Doch sicher. Man kann sich nicht aussuchen, was man will, ist gemeint.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1684317) Verfasst am: 07.09.2011, 10:45 Titel: |
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Surata hat folgendes geschrieben: | Steffen Rehm hat folgendes geschrieben: | Apropos Sinn: Sätze sollten sinnvoll sein, nicht sinnlos und auch nicht unsinnig.
Wenn ich den Satz von A. Schopenhauer bedenke, erscheint er mir von der Struktur her sinnlos, sinnzerstörend. „Man kann nicht wollen, was man will“ ergibt nicht mehr Sinn als „Man kann nicht tun, was man tut“, aber das heißt dann: Man tut etwas, was man nicht tun kann. So ein Quatsch von einem geistreichen Philosophen. Man kann nicht glauben, was man glaubt. | Doch sicher. Man kann sich nicht aussuchen, was man will, ist gemeint. |
Genau, es ist ein Sprachspiel, das darauf anspielt, daß Wille keine Letztverursachung ist - Schopi war sich ganz sicher der Widersprüchlichkeit dieses Satzes bewußt.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1684318) Verfasst am: 07.09.2011, 10:52 Titel: |
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Steffen Rehm hat folgendes geschrieben: | aber was ich noch nicht verstehe, ist Dein Gebrauch des Wortes „Präferenz“, den Du als Kern Deiner Analyse anbietest. Der Duden bietet als Übersetzung den Vorzug, Vorrang, die Vorliebe an. |
Ja, so meine ich es. Ich benutze "Präferenz", weil dei meisten Veröffentlichungen zum Utilitarismus dieses Wort verwenden und es global verständlich ist (z.B. "preference").
Steffen Rehm hat folgendes geschrieben: | Deshalb frage ich, ob das Wort „Sinn“an Stelle von „Präferenz“ in unserem Dialog möglich ist? „Das macht Sinn“ ist eine gängige Floskel, wenn es um Vorzug, Vorrang, Vorliebe geht, und wenn es das gleiche meint wie „das macht Präferenz“, dann ziehe ich „Sinn“ vor, das Wort versteht jeder, der bei Besinnung ist. |
Das Wort "Sinn" vermeide ich in diesem Zusammenhang, weil jeder etwas anderes darunter versteht (Zweck, Befriedigung, Rationalität, Bedeutung, Nutzen, Bewußtheit, etwas Metaphysisches, ...).
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1684320) Verfasst am: 07.09.2011, 11:09 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | ... Nachgeben des Bedürfnisses auf eine Zigarette ... In einer solchen Entscheidungssituation gibt es also 2 gegensätzliche Dinge, die man will. |
Ja.
Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Die "niederen Beweggründe" und der "Starke Wille". |
Hier würde mich erstmal interessieren, ob Du auch folgende Situation dazuzählst: Du möchtest einerseits im Bett liegen bleiben, andererseits mußt (willst?) Du aufstehen und zur Arbeit gehen.
Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Wenn die freie Entscheidung zwischen diesen beiden möglich ist, ist dies ein Beispiel für "Man kann wollen, was man will". Ob ich da letztendliche eine Ebene des Wollen übersehe, weiß ich nicht, halte es aber für möglich. |
Bleiben wir mal bei der Zigarette: Du hast ja irgendwie konkurrierende Präferenzen, einen kurzfristigen Wunsch nach Befriedigung und einen langfristigen nach Gesundheit. Die wägst Du gegeneinander ab und ermittelst (bewußt oder auch nicht) die stärkere Präferenz. Und die bestimmt dann Dein Handeln. Der Vorgang des Abwägens jedoch, also auch welches Ergebnis herauskommt, spiegelt letztlich nur wieder, welche der Präferenzen stärker ist (z.B. wie stark die Sucht ist, Dein Wissen über Lungenkrebs, und vieles andere).
Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | In solchen Situationen wäre der Wille frei. |
Was wäre denn jetzt das entscheidende Kriterium für die von Dir so definierte Willensfreiheit, in Abgrenzung zur Handlungsfreiheit? Abwägung? kurz- vs. langfristig? niedere vs. höhere Wünsche? ...?
Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Trotzdem bleibt die Entscheidung eines Individuums, ob es sich nach der Moral der Gesellschaft richtet oder ob es gegen die Moral handelt, bei ihm selbst. |
Aber da lügt man sich doch in die Tasche: Wenn unsere Erzieung / Prägung erfolgreich ist, ist es letztlich zwar unsere Abwägung / Entscheidung, aber sie ist nicht frei, da sie offensichtlich einem Zwang unterliegt - auch wenn der nicht 100-prozentig ist.
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Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1684327) Verfasst am: 07.09.2011, 11:25 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Steffen Rehm hat folgendes geschrieben: | Einfach und klar ist die Ansicht von Aristoteles: Eine freie Handlung ist, die ohne Zwang und mit Wissen ausgeführt wird. |
Genau. Das nenne ich Handlungsfreiheit: Nicht gehindert zu werden, gemäß seiner Präferenz zu handeln. |
Wenn Du das so siehst, dann verstehe ich nicht, wieso Du den evolutionären Erkenntniszuwachs als irrelevant für die Fragestellung ansiehst. Ich wies darauf hin, dass ein Mehr an Erkenntnis größere Möglickeiten der Verwirklichung dessen bedeutet, was Du "Präferenzen" nennst.
Anders gesagt: Ein Mehr an Möglichkeiten (durch ein Mehr an Erkenntnis) bedeutet ein Weniger an Gehindert-Werden, "gemäß seiner Präferenz zu handeln".
step hat folgendes geschrieben: | Steffen Rehm hat folgendes geschrieben: | Diese Freiheit basiert meines Erachtens nicht auf Quantenereignissen im Gehirn sondern auf nichtlinearen Algorithmen in der Hirntätigkeit. Solche Algorithmen sind zwar deterministisch, aber ihre Ergebnisse sind nicht festgelegt, unvorhersehbar. Sie sorgen m.E. bei Säugetieren für eine Fraktale Geometrie der neuronalen Ensembles in der Großhirnrinde, mit der das Gedächtnis=Wissen organisiert ist. |
Da würde ich zustimmen, zumindest für Entscheidungen, die nah an der Zufallsgrenze liegen, etwa wenn das Ausprobieren oder das antizyklische Verhalten einen evolutionären Sinn hat oder zumindest nicht schadet. Solche Klassen von Entscheidungen erscheinen tatsächlich deterministisch-chaotisch.
Im Bereich der Moral hingegen ist es offensichtlich wichtig, daß Menschen möglichst berechenbar entscheiden, nämlich im Sinne der jeweils gültigen Norm - auch wenn das nicht immer funktioniert. Größere Handlungsfreiheit heißt hier also im wesentlichen das Zulassen normverletzender ("böser") Präferenzen und Handlungen. |
Das ist Kulturpessimismus und politischer Konservatismus.
Damit sagst Du außerdem, dass Normen und Gesetze unhinterfragbar seien.
Was ist, wenn Normen in Konflikt mit legitimen Präferenzen kommen?
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Deine Antworten oben habe ich auf meinem Zettel und beantworte sie irgendwann.
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1684341) Verfasst am: 07.09.2011, 12:03 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Die "niederen Beweggründe" und der "Starke Wille". |
Hier würde mich erstmal interessieren, ob Du auch folgende Situation dazuzählst: Du möchtest einerseits im Bett liegen bleiben, andererseits mußt (willst?) Du aufstehen und zur Arbeit gehen. | Ja, im Prinzip schon.
step hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Wenn die freie Entscheidung zwischen diesen beiden möglich ist, ist dies ein Beispiel für "Man kann wollen, was man will". Ob ich da letztendliche eine Ebene des Wollen übersehe, weiß ich nicht, halte es aber für möglich. |
Bleiben wir mal bei der Zigarette: Du hast ja irgendwie konkurrierende Präferenzen, einen kurzfristigen Wunsch nach Befriedigung und einen langfristigen nach Gesundheit. Die wägst Du gegeneinander ab und ermittelst (bewußt oder auch nicht) die stärkere Präferenz. Und die bestimmt dann Dein Handeln. Der Vorgang des Abwägens jedoch, also auch welches Ergebnis herauskommt, spiegelt letztlich nur wieder, welche der Präferenzen stärker ist (z.B. wie stark die Sucht ist, Dein Wissen über Lungenkrebs, und vieles andere). | An dieser Stelle sehe ich ein grundsätzliches Problem. Dieses Abwägen als willensfrei zu sehen oder die letztendliche Entscheidung als Ergebnis der stärkeren Präferenzen für diese Entscheidung zu sehen, ist ununterscheidbar. Selbst wenn das Abwägen willensfrei ist, man sich entscheidet, begründet man die Entscheidung grundsätzlich mit irgendwelchen Gründen/Präferenzen. Genauso führst Du die Präferenzen und deren Gewichtung als ursächlich an.
Man könnte die Wahl der Gewichtung der einzelnen Präferenzen nun als ursächlich annehmen. Dann folgt aber wieder die Frage: Warum gewichtet man die eine Präferenz nun stärker als die andere. Dieses Spiel kann man unendlich weitertreiben. Nun frage ich mich, ob man damit weiterkommt.
step hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | In solchen Situationen wäre der Wille frei. |
Was wäre denn jetzt das entscheidende Kriterium für die von Dir so definierte Willensfreiheit, in Abgrenzung zur Handlungsfreiheit? Abwägung? kurz- vs. langfristig? niedere vs. höhere Wünsche? ...? |
Ich denke, dass Kriterium wäre die tatsächliche Präferenzengleichheit der konkurrierenden Entscheidungsmöglichkeiten solch eines inneren Konfliktes. Wie man diese nachweisen oder messen kann ist mir absolut unklar, allerdings ist mir ebenso unklar, wie man dann das Gegenteil feststellen kann.
step hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Trotzdem bleibt die Entscheidung eines Individuums, ob es sich nach der Moral der Gesellschaft richtet oder ob es gegen die Moral handelt, bei ihm selbst. |
Aber da lügt man sich doch in die Tasche: Wenn unsere Erzieung / Prägung erfolgreich ist, ist es letztlich zwar unsere Abwägung / Entscheidung, aber sie ist nicht frei, da sie offensichtlich einem Zwang unterliegt - auch wenn der nicht 100-prozentig ist. |
So gesehen kann man die Erziehung und die Vermittlung von Moral als Schaffung von inneren Konflikten verstehen.
So langsam beschleicht mich das Gefühl, dass die Frage ob es einen freien Wille gibt, der Frage ähnlich ist, ob es Gott gibt. Also letztendlich nicht zu beantworten und damit obsolet bzw. eine Frage der individuellen Ansicht.
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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Steffen Rehm registrierter User
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(#1684364) Verfasst am: 07.09.2011, 12:47 Titel: |
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Surata hat folgendes geschrieben: | Steffen Rehm hat folgendes geschrieben: | Apropos Sinn: Sätze sollten sinnvoll sein, nicht sinnlos und auch nicht unsinnig.
Wenn ich den Satz von A. Schopenhauer bedenke, erscheint er mir von der Struktur her sinnlos, sinnzerstörend. „Man kann nicht wollen, was man will“ ergibt nicht mehr Sinn als „Man kann nicht tun, was man tut“, aber das heißt dann: Man tut etwas, was man nicht tun kann. So ein Quatsch von einem geistreichen Philosophen. Man kann nicht glauben, was man glaubt. |
Doch sicher. Man kann sich nicht aussuchen, was man will, ist gemeint. |
Wenn ich im Supermarkt bin, suche ich immer aus, was ich will. Wenn ich hier schreibe, suche ich aus den Wörtern aus, was ich sagen will. Ich bin so frei.
_________________ Die Erkenntnis der Grenze ist die Grenze der Erkenntnis
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Surata auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 29.03.2005 Beiträge: 17383
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(#1684367) Verfasst am: 07.09.2011, 12:50 Titel: |
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Steffen Rehm hat folgendes geschrieben: | Surata hat folgendes geschrieben: | Steffen Rehm hat folgendes geschrieben: | Apropos Sinn: Sätze sollten sinnvoll sein, nicht sinnlos und auch nicht unsinnig.
Wenn ich den Satz von A. Schopenhauer bedenke, erscheint er mir von der Struktur her sinnlos, sinnzerstörend. „Man kann nicht wollen, was man will“ ergibt nicht mehr Sinn als „Man kann nicht tun, was man tut“, aber das heißt dann: Man tut etwas, was man nicht tun kann. So ein Quatsch von einem geistreichen Philosophen. Man kann nicht glauben, was man glaubt. |
Doch sicher. Man kann sich nicht aussuchen, was man will, ist gemeint. |
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Blumento-Pferde
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Steffen Rehm registrierter User
Anmeldungsdatum: 10.07.2011 Beiträge: 160
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(#1684394) Verfasst am: 07.09.2011, 13:26 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | So langsam beschleicht mich das Gefühl, dass die Frage ob es einen freien Wille gibt, der Frage ähnlich ist, ob es Gott gibt. Also letztendlich nicht zu beantworten und damit obsolet bzw. eine Frage der individuellen Ansicht. |
Die Fragen nach Gott und Freiheit erscheinen mir genau entgegengesetzt.
Während ich von Gott keinerlei Spuren in der Welt entdecken kann, wird mir von vielen Seiten eingeredet, daß es dieses Monstrum doch gibt und ich daran glauben soll.
Meine Freiheit erlebe ich dagegen täglich, z.B. wenn ich als Musiker einen Chorus improvisiere. Trotzdem wird mir von vielen Seiten eingeredet, daß es keine Freiheit gibt, oder die Freiheit wird völlig verdreht dargestellt, z.B. von der Religion her: Freiheit besteht darin, Gottes Willen zu folgen. Das ist eine Sklavenmoral, die seit Abraham alle Gläubigen zu willenlosen Werkzeugen der Herrschenden macht.
Die Wissenschaft stößt mit ihrem deterministischen Weltbild seit ewigen Zeiten in das gleiche Horn, im vorigen Jahrhundert war es der Behaviorismus (Skinner: Jenseits von Freiheit und Würde), heute ist es die Hirnforschung (Singer, Roth usw.), die mit windigen Argumenten Freiheit verleugnet.
Den heimlichen SINN dieser Freiheitsverleugnung sehe ich darin, daß diese falsche Ideologie den idealen Boden für Diktaturen aller Art bildet. Wo es keine Freiheit gibt, kann es auch keine Unterdrückung der Freiheit geben, Tyrannen können sich mit dem Segen der „Wissenschaft“ austoben
_________________ Die Erkenntnis der Grenze ist die Grenze der Erkenntnis
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zelig Kultürlich
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(#1684398) Verfasst am: 07.09.2011, 13:47 Titel: |
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Steffen Rehm hat folgendes geschrieben: |
Den heimlichen SINN dieser Freiheitsverleugnung sehe ich darin, daß diese falsche Ideologie den idealen Boden für Diktaturen aller Art bildet. Wo es keine Freiheit gibt, kann es auch keine Unterdrückung der Freiheit geben, Tyrannen können sich mit dem Segen der „Wissenschaft“ austoben |
Das glaube ich weniger. Allerdings sehe ich die Gefahr der schleichenden und möglicherweise ungewollten Erodierung von Menschenrechten aus einer naturalistischen Position heraus, die den Wert des Freiheitsbegriffs in sozialen Zusammenhängen verwirft. Beispielsweise, wenn es um die Infragestellung des rechststaatlichen Prinzips geht, daß eine Tat begangen sein muss, bevor sie sanktioniert werden kann.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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step registriert
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(#1684399) Verfasst am: 07.09.2011, 13:52 Titel: |
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@Steffen: Weder ich, noch die Hirnforschung behaupten, es gebe nichts, was man sinnvoll "Freiheit" nennen könne. Meine Erachtens macht es durchaus Sinn, von Freiheit zu sprechen, wenn man klar dazusagt, wovon etwas frei ist. Also etwa frei von Fesseln, frei von moralischer Erziehung oder frei von existenzieller Not.
Diese Freiheit ist eine Handlungsfreiheit, sie wird größer, wenn die Präferenzen individueller, die Zwänge geringer und die Mittel, die Präferenzen auszuleben, ausgefeilter werden.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step registriert
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(#1684402) Verfasst am: 07.09.2011, 14:03 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Das nenne ich Handlungsfreiheit: Nicht gehindert zu werden, gemäß seiner Präferenz zu handeln. | Wenn Du das so siehst, dann verstehe ich nicht, wieso Du den evolutionären Erkenntniszuwachs als irrelevant für die Fragestellung ansiehst. |
Die Fragestellung war, ob man mit dem Hinweis auf die Quantenphysik die Willensfreiheit retten könne. Ich sehe da keinen Zusammenhang.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Ich wies darauf hin, dass ein Mehr an Erkenntnis größere Möglickeiten der Verwirklichung dessen bedeutet, was Du "Präferenzen" nennst. |
Da stimme ich zu, allerdings bedeutet ein Mehr an Erkenntnis auch größere Möglichkeiten, die Präferenzen Anderer zu determinieren.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Im Bereich der Moral hingegen ist es offensichtlich wichtig, daß Menschen möglichst berechenbar entscheiden, nämlich im Sinne der jeweils gültigen Norm - auch wenn das nicht immer funktioniert. Größere Handlungsfreiheit heißt hier also im wesentlichen das Zulassen normverletzender ("böser") Präferenzen und Handlungen. | Das ist Kulturpessimismus und politischer Konservatismus. |
Es ist eine Beschreibung des Ist-Zustands, insofern weder optimistisch noch pessimistisch. Als Utopiker und Revolutionär hast Du damit naturgemäß Schwierigkeiten
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Damit sagst Du außerdem, dass Normen und Gesetze unhinterfragbar seien. |
Wie bitte? Nein, das sage ich damit keineswegs! Normen und Gesetze kritisch zu hinterfragen und ggf. auch zu ändern, ist Hauptaufgabe der Ethik und sehr wichtig!
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Was ist, wenn Normen in Konflikt mit legitimen Präferenzen kommen? |
Präferenzen sind - individuell betrachtet - immer legitim. Ihre Umsetzung in Handlungen jedoch ist nur dann legitim, wenn diese Handlungen moralisch konform sind. Wenn man die Moral ändert, kann man Präferenzen legitim ausleben, die man zuvor nicht ausleben konnte, oder auch umgekehrt.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Steffen Rehm registrierter User
Anmeldungsdatum: 10.07.2011 Beiträge: 160
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(#1684403) Verfasst am: 07.09.2011, 14:08 Titel: |
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Die Verpönung der Freiheit zeigt die katholische Ideologie ganz klar in der Figur des Teufels. Der war ursprünglich ein Engel, ein reines Geistwesen, das nach katholischer Lehre auch Freiheit hat, diese aber nur zum Lob Gottes (Halleluja-Singen, Palmenwedeln) und zur Vollendung von Gottes Willen einsetzen darf, eine Sklavenexistenz mit pervertierter Freiheit also.
Der Teufel ist der einzige Engel, der seine Freiheit tatsächlich in Anspruch nahm, indem er kein Sklave Gottes sein wollte. Dafür wurde er in die Hölle verbannt und zum Ursprung allen Übels diffamiert, als Abschreckung für alle freiheitsliebenden Menschen.
Als Vorbild für frommen Gehorsam wird dagegen Abraham heilig gesprochen, der die genitale Verstümmelung als „göttlichen Wunsch“ einführte und sogar seinen Sohn dafür geschlachtet hätte. Das nennt man Kadavergehorsam, der den drei Offenbarungsreligionen seit Jahrtausenden eingeimpft wird.
Wenn Zeugen Jehovas an der Tür klingeln, sage ich immer: „Ich bin des Teufels“, dann nehmen sie schnell Reissaus.
_________________ Die Erkenntnis der Grenze ist die Grenze der Erkenntnis
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
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(#1684410) Verfasst am: 07.09.2011, 14:16 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Du möchtest einerseits im Bett liegen bleiben, andererseits mußt (willst?) Du aufstehen und zur Arbeit gehen. | Ja, im Prinzip schon. |
Nehmen wir mal an, Du entscheidest Dich für das Aufstehen. Was bringt Dich dazu?
Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Dieses Abwägen als willensfrei zu sehen oder die letztendliche Entscheidung als Ergebnis der stärkeren Präferenzen für diese Entscheidung zu sehen, ist ununterscheidbar. Selbst wenn das Abwägen willensfrei ist, man sich entscheidet, begründet man die Entscheidung grundsätzlich mit irgendwelchen Gründen/Präferenzen. Genauso führst Du die Präferenzen und deren Gewichtung als ursächlich an. |
Richtig, aber ich finde das nicht ununterscheidbar. Selbst wenn wir die genauen Mechanismen komplexer Abwägungen bisher nicht verstehen, so können wir doch mit einiger Sicherheit sagen, daß, wenn wir etwa einen verhaßten Menschen dennoch nicht umbringen, wir dies deshalb nicht tun, weil wir die inneren und äußeren Konsequenzen eines Mordes vermeiden möchten und dieser WUnsch stärker ist als der Mordwunsch.
Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Warum gewichtet man die eine Präferenz nun stärker als die andere. Dieses Spiel kann man unendlich weitertreiben. |
Wieso unendlich?
Ich habe übrigens idZ auch schonmal den Einwand gelesen, daß Entscheidungen im Gehirn gar nicht in Form einer "Berechnung" (Extrapolation der Zukünfte und Vergleich ihrer Bewertung) stattfänden, sondern "ganz anders".
Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Nun frage ich mich, ob man damit weiterkommt. |
Weiterkommen wohin? Das Ziel ist ja nicht, um jeden Preis neben der Handlungsfreiheit noch eine mysteriöse "Willensfreiheit" zu definieren, wenn die nicht klar abgegrenzt und realitätsbezogen ist.
Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Ich denke, dass Kriterium wäre die tatsächliche Präferenzengleichheit der konkurrierenden Entscheidungsmöglichkeiten solch eines inneren Konfliktes. |
Das verstehe ich nicht. Meinst Du, eine solche Entscheidung sei genau dann etwas Besonderes, wenn die konkurrierenden Präferenzen genau gleich stark sind, so daß man sich in einem echten Dilemma fühlt? Also zum Beispiel wenn Du Erdbeer- und Aprikosenkonfitüre hast und Dich nicht entscheiden kannst, wellche Du auf's Brot schmierst?
Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | So gesehen kann man die Erziehung und die Vermittlung von Moral als Schaffung von inneren Konflikten verstehen. |
Ja, das kann man so sehen.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1684421) Verfasst am: 07.09.2011, 15:12 Titel: |
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Steffen Rehm hat folgendes geschrieben: | Die Verpönung der Freiheit zeigt die katholische Ideologie ganz klar in der Figur des Teufels. Der war ursprünglich ein Engel, ein reines Geistwesen, das nach katholischer Lehre auch Freiheit hat, diese aber nur zum Lob Gottes (Halleluja-Singen, Palmenwedeln) und zur Vollendung von Gottes Willen einsetzen darf, eine Sklavenexistenz mit pervertierter Freiheit also.
Der Teufel ist der einzige Engel, der seine Freiheit tatsächlich in Anspruch nahm, indem er kein Sklave Gottes sein wollte. Dafür wurde er in die Hölle verbannt und zum Ursprung allen Übels diffamiert, als Abschreckung für alle freiheitsliebenden Menschen. |
Das ist allerdings eine widersprüchliche Deutung. Immerhin existiert der Teufel, wenn man an ihn glaubt. Und wenn ein religiöser Mensch ihn als Antagonisten zu Gott versteht, und dieses Verhältnis wiederum als Analogon zur Wahlfreiheit, dann hätte dieser Mensch eine religiöse Begründung für die Grundlage seiner Freiheit. In der es natürlich auch die Freiheit zu einer falschen Entscheidung gibt.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1684498) Verfasst am: 07.09.2011, 19:58 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Du möchtest einerseits im Bett liegen bleiben, andererseits mußt (willst?) Du aufstehen und zur Arbeit gehen. | Ja, im Prinzip schon. |
Nehmen wir mal an, Du entscheidest Dich für das Aufstehen. Was bringt Dich dazu? | Kann ich dir jetzt nicht genau sagen. Ich nehme an, dass ich der Präferenz meiner Existenzsicherung das größte Gewicht zuteilen würde. Genauso könnte ich aber dem Bedürfnis nach Zähneputzen nachgeben etc.
step hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Dieses Abwägen als willensfrei zu sehen oder die letztendliche Entscheidung als Ergebnis der stärkeren Präferenzen für diese Entscheidung zu sehen, ist ununterscheidbar. Selbst wenn das Abwägen willensfrei ist, man sich entscheidet, begründet man die Entscheidung grundsätzlich mit irgendwelchen Gründen/Präferenzen. Genauso führst Du die Präferenzen und deren Gewichtung als ursächlich an. |
Richtig, aber ich finde das nicht ununterscheidbar. Selbst wenn wir die genauen Mechanismen komplexer Abwägungen bisher nicht verstehen, so können wir doch mit einiger Sicherheit sagen, daß, wenn wir etwa einen verhaßten Menschen dennoch nicht umbringen, wir dies deshalb nicht tun, weil wir die inneren und äußeren Konsequenzen eines Mordes vermeiden möchten und dieser WUnsch stärker ist als der Mordwunsch. | Ja, sicher wir gewichten die Alternativen und suchen uns die beste raus. Es gibt aber Menschen, Mörder, die treffen andere Entscheidungen, für diese Menschen sind die Alternativen nicht so unterschiedlich, bzw. zwar unterschiedlich nur genau umgekehrt.
step hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Warum gewichtet man die eine Präferenz nun stärker als die andere. Dieses Spiel kann man unendlich weitertreiben. |
Wieso unendlich? | Die Frage stellt sich warum man die eine Präferenz stärker gewichtet als die andere. Hat man die Antwort gefunden, stellt diese Antwort die stärkste Präferenz zur Entscheidung der Wichtung dar. Jetzt kann man sich wieder fragen, was einen dazu brachte dieser Präferenz nachzugeben. Und so weiter und so fort.
step hat folgendes geschrieben: | Ich habe übrigens idZ auch schonmal den Einwand gelesen, daß Entscheidungen im Gehirn gar nicht in Form einer "Berechnung" (Extrapolation der Zukünfte und Vergleich ihrer Bewertung) stattfänden, sondern "ganz anders". | Aha ...ähm... Worauf willst du hinaus?
step hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Nun frage ich mich, ob man damit weiterkommt. |
Weiterkommen wohin? Das Ziel ist ja nicht, um jeden Preis neben der Handlungsfreiheit noch eine mysteriöse "Willensfreiheit" zu definieren, wenn die nicht klar abgegrenzt und realitätsbezogen ist. | Du hast recht, das ist nicht mein Ziel. Das Ziel ist zu verstehen ob es überhaupt einen Unterschied gibt zwischen Handlungsfreiheit, Entscheidungsfreiheit und Willensfreiheit. Und wenn worin dieser besteht.
step hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Ich denke, dass Kriterium wäre die tatsächliche Präferenzengleichheit der konkurrierenden Entscheidungsmöglichkeiten solch eines inneren Konfliktes. |
Das verstehe ich nicht. Meinst Du, eine solche Entscheidung sei genau dann etwas Besonderes, wenn die konkurrierenden Präferenzen genau gleich stark sind, so daß man sich in einem echten Dilemma fühlt? Also zum Beispiel wenn Du Erdbeer- und Aprikosenkonfitüre hast und Dich nicht entscheiden kannst, wellche Du auf's Brot schmierst? | Ob diese Entscheidung nun etwas besonderes ist, wage ich zu bezweifeln. Ich denke, es kann auch schwerwiegendere Entscheidungen geben, zum Beispiel wenn ein Arzt an einer Unfallstelle entscheiden muss, welchem Menschen er hilft, wenn er davon ausgehen muss, dass der andere stirbt, wenn er ihm nicht hilft. Ob freier Wille nun etwas besonders wertvolles ist, kann ich nicht sagen. Ich gehe eher davon aus, dass die meisten Entscheidungen im Leben so klar sind, dass sie berechenbar sind und eines freien Willens gar nicht wirklich bedürfen. Trotz allem ist eine Situation, in der eine Entscheidung auf tatsächlich freiem Willen beruht, ein Gegenbeweis für die Hypothese, dass freier Wille nicht existiert.
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
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(#1684503) Verfasst am: 07.09.2011, 20:10 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Ich denke, dass Kriterium wäre die tatsächliche Präferenzengleichheit der konkurrierenden Entscheidungsmöglichkeiten solch eines inneren Konfliktes. | Das verstehe ich nicht. Meinst Du, eine solche Entscheidung sei genau dann etwas Besonderes, wenn die konkurrierenden Präferenzen genau gleich stark sind, so daß man sich in einem echten Dilemma fühlt? Also zum Beispiel wenn Du Erdbeer- und Aprikosenkonfitüre hast und Dich nicht entscheiden kannst, wellche Du auf's Brot schmierst? | Ob diese Entscheidung nun etwas besonderes ist, wage ich zu bezweifeln. |
Eben. Hier wäre eine zufällige Entscheidung ebensogut, und die Gesellschaft hat kein Interesse, Dir hier eine Präferenz anzuerziehen.
Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Ich denke, es kann auch schwerwiegendere Entscheidungen geben, zum Beispiel wenn ein Arzt an einer Unfallstelle entscheiden muss, welchem Menschen er hilft, wenn er davon ausgehen muss, dass der andere stirbt, wenn er ihm nicht hilft. Ob freier Wille nun etwas besonders wertvolles ist, kann ich nicht sagen. Ich gehe eher davon aus, dass die meisten Entscheidungen im Leben so klar sind, dass sie berechenbar sind und eines freien Willens gar nicht wirklich bedürfen. |
Ja, oder aber es ist egal, wie man entscheidet.
Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Trotz allem ist eine Situation, in der eine Entscheidung auf tatsächlich freiem Willen beruht, ein Gegenbeweis für die Hypothese, dass freier Wille nicht existiert. |
Moment mal, noch haben wir ja nicht genau gesagt, was der "freie Wille" nun im Gegensatz zur Handlungsfreiheit sein soll. Die Entscheidung des Arztes würde ich als Dilemma ansehen, aber letztlich doch wieder als entweder unfrei (etwa wenn es Triageregeln gibt) oder als Handlungsfriheit (wenn er nach seiner Präferenz entscheidet).
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1684523) Verfasst am: 07.09.2011, 21:05 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | ] Ob diese Entscheidung nun etwas besonderes ist, wage ich zu bezweifeln. |
Eben. Hier wäre eine zufällige Entscheidung ebensogut | Höchstwahrscheinlich. Der Punkt ist aber, dass die Entscheidung nicht durch Münzwurf getroffen wird, sondern tatsächlich durch einen Menschen. In dem Fall ist es nicht nur eine Entscheidung zum Handeln, sondern er entscheidet dadurch auch, was er will. Er kann also wollen, was er will. (Hier kommt dann die nachträgliche Entscheidungsrechtfertigung ins Spiel. Die Entscheidung die Aprikosenkonfitüre zu nehmen, führt dazu diese überhaupt erst zu wollen.)
step hat folgendes geschrieben: | , und die Gesellschaft hat kein Interesse, Dir hier eine Präferenz anzuerziehen. | Die Moral hat zweifellos Einfluss auf Entscheidungen, aber nicht auf jede einzelne. Es wird also Konflikte geben, deren Entscheidungsalternativen nicht ausschließlich die moralische, gesellschaftliche Präferenz ist, die der individuellen Präferenz gegenübersteht.
step hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Trotz allem ist eine Situation, in der eine Entscheidung auf tatsächlich freiem Willen beruht, ein Gegenbeweis für die Hypothese, dass freier Wille nicht existiert. |
Moment mal, noch haben wir ja nicht genau gesagt, was der "freie Wille" nun im Gegensatz zur Handlungsfreiheit sein soll. | Ich dachte wir gehen erstmal von Schopenhauers Satz aus. "Man kann nicht wollen, was man will."
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1684527) Verfasst am: 07.09.2011, 21:15 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Das Ziel ist zu verstehen ob es überhaupt einen Unterschied gibt zwischen Handlungsfreiheit, Entscheidungsfreiheit und Willensfreiheit. Und wenn worin dieser besteht. |
Ich sehe das so:
Handlungsfreiheit: man kann tun, was man will (und handelt nicht ausschließlich fremdbestimmt)
Entscheidungsfreiheit: man kann entscheiden, wie man will (und entscheidet nicht ausschließlich fremdbestimmt)
Willensfreiheit: ist mE imPrinzip dasselbe wie Entscheidungsfreiheit. Wobei ein Wille vielleicht eher etwas Längerfristiges ist, eine Entscheidung hingegen nur hier und jetzt die Handlung bestimmt. Weiß aber nicht, eigentlich ist eine 'Entscheidung für' für mich nichts Wesentlich anderes als ein 'Wille zu'.
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