Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen |
Autor |
Nachricht |
Xamanoth auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 07.04.2006 Beiträge: 7962
|
(#1688010) Verfasst am: 16.09.2011, 11:30 Titel: Friedrich der Große |
|
|
Eine der faszinierendsten Personen der Deutschen Geschichte (neben Luther und Bißmarck) scheint mir Friedrich II. von Preußen zu sein.
Gerade die extremen Widersprüche in seiner Person machen mich neugierig. Jedoch ist es mir immer noch nicht möglich, ein klares Bild seiner Person zu gewinnen.
Ein feinsinniger intellektueller und schöngeist?
Ein primitiver und grober Millitarist?
Ein grausamer Kriegstreiber und Anhänger der Prügelstrafe?
Ein Aufklärer und Philosoph?
Ein Despot und Tyrann?
Ein großzügiger Freigeist oder ein egozentrischer und eitler Despot?
Bisher laß ich ein Buch, das außer Friedrichs Namen "ein Königtum der Widersprüche" im Titelhatte, ein anderes mit "Der König und seine Zeit". Als "Geheimtipps" erscheinen mir Heinrich Manns "Traurige Geschichte von Friedrich dem Großen" und Thomas Manns "Friedrich und die große Koalition".
Kann mir jemand weitere Bücher empfehlen und mir helfen, eine klare Einschätzung zu gewinnen? Interessieren würde mich auch, ob jemand das einschlägige Buch von Gerhard Ritter kennt und allgemein eine Einschätzung Ritters Werke geben könnte.
|
|
Nach oben |
|
 |
vrolijke Bekennender Pantheist

Anmeldungsdatum: 15.03.2007 Beiträge: 46732
Wohnort: Stuttgart
|
(#1688021) Verfasst am: 16.09.2011, 11:59 Titel: |
|
|
Vielleicht irgendwas von Voltaire. Die beiden waren mal sowas wie Freunde.
Später nicht mehr so. Was Voltaire veranlasste, Friedrich hin und wieder durch den Kakao zu ziehen. Z.B. in "Candide".
_________________ Glück ist kein Geschenk der Götter; es ist die Frucht der inneren Einstellung.
Erich Fromm
Sich stets als unschuldiges Opfer äußerer Umstände oder anderer Menschen anzusehen ist die perfekte Strategie für lebenslanges Unglücklichsein.
Grenzen geben einem die Illusion, das Böse kommt von draußen
|
|
Nach oben |
|
 |
Xamanoth auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 07.04.2006 Beiträge: 7962
|
(#1688027) Verfasst am: 16.09.2011, 12:14 Titel: |
|
|
vrolijke hat folgendes geschrieben: | Vielleicht irgendwas von Voltaire. Die beiden waren mal sowas wie Freunde.
Später nicht mehr so. Was Voltaire veranlasste, Friedrich hin und wieder durch den Kakao zu ziehen. Z.B. in "Candide". |
voltaire kenne ich. Also die Romane. Natürlich wäre der Briefwechsel mit Friedrich lesenswert.
Hat jemand hier die Memoiren von Willhelmine von Preußen gelesen?
|
|
Nach oben |
|
 |
jagy Herb Derpington III.
Anmeldungsdatum: 26.11.2006 Beiträge: 7275
|
(#1688074) Verfasst am: 16.09.2011, 14:47 Titel: |
|
|
Gibt es in einer der Kriminalgeschichten einen Abschnitt über den alten Fritz? Wenn ja, könntest Du Dir da vielleicht mal anschauen, was Deschner für Quellen zitiert.
(Falls Dich Julian Apostata interessiert könnte ich dir ein/zwei Quellen nennen )
_________________ INGLIP HAS BEEN SUMMONED - IT HAS BEGUN!
|
|
Nach oben |
|
 |
Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
|
(#1688083) Verfasst am: 16.09.2011, 15:05 Titel: |
|
|
lol, ist jetzt ot, aber ich kann nicht anders.
Jagy empfiehlt Xamanoth, der derzeit das Avi des teuflischen Barbiers hat, Quellen zum Verfasser des "Barthasser". Das weckt diverse schräge Tagträume
|
|
Nach oben |
|
 |
Arashi registrierter User
Anmeldungsdatum: 18.05.2011 Beiträge: 185
Wohnort: Mainz
|
(#1688172) Verfasst am: 16.09.2011, 21:00 Titel: Re: Friedrich der Große |
|
|
Xamanoth hat folgendes geschrieben: |
Gerade die extremen Widersprüche in seiner Person machen mich neugierig. Jedoch ist es mir immer noch nicht möglich, ein klares Bild seiner Person zu gewinnen.
Ein feinsinniger intellektueller und schöngeist?
Ein primitiver und grober Millitarist?
Ein grausamer Kriegstreiber und Anhänger der Prügelstrafe?
Ein Aufklärer und Philosoph?
Ein Despot und Tyrann?
Ein großzügiger Freigeist oder ein egozentrischer und eitler Despot?
|
Ohne explizit viel über Friedrich II zu wissen, kann ich mir gut vorstellen, dass das alles zu trifft ... damals waren viele Dinge noch keine Gegensätze, die wir heute als unvereinbar ansehen wie zB. Despot vs. Freigeist. Das "frei" im Geist bezog sich damals eben noch nicht auf die un-Adligen.
|
|
Nach oben |
|
 |
Marcellinus Outsider
Anmeldungsdatum: 27.05.2009 Beiträge: 7429
|
(#1688292) Verfasst am: 17.09.2011, 11:23 Titel: Re: Friedrich der Große |
|
|
Xamanoth hat folgendes geschrieben: | Eine der faszinierendsten Personen der Deutschen Geschichte (neben Luther und Bißmarck) scheint mir Friedrich II. von Preußen zu sein.
|
Wenn man versuchen will, ihn zu verstehen, muß man sich seine Herkunft, seine Familie und die historische Situation ansehen, in der er lebte.
Es beginnt mit einem tyrannischen und militaristischen Vater, der aber interessanterweise selbst keinen Krieg geführt hat, mit einem feingeistigen Sohn, der vor seinem Vater flieht, gefangen wird, und vor dessen Augen der Vater den besten Freund erschießen läßt. Dann ein junger König, der einen Krieg beginnt, um, wie er selbst sagt, "seinen Namen in der Geschichte zu sehen", sein Reich mit drei Kriegen an den Rand des Unterganges führt, nur mit Glück gewinnt und danach mit viel Arbeit dieses Land wieder aufbaut.
Ein König, der der Aufklärung anhängt, auch den Vorstellungen vom Gesellschaftsvertrag, der zwar alles für das Volk tun, aber nichts durch das Volk bestimmen lassen will, der in religiösen Dingen tolerant ist, weil er die Glaubensfreiheit für ein Recht der Menschen hält, und für seinen Staat für einen Vorteil, aber Widerspruch gegen seine Herrschaft nicht duldet. Ein König, der Preußen als Macht zwischen Österreich, Rußland und Frankreich etabliert, auf dem Weg zur Vorherrschaft in Deutschland (obwohl Friedrich selbst hauptsächlich Französisch sprach, und Deutsch für eine Bauernsprache hielt), die Preußen und Deutschland jene Mittelstellung zwischen England, Frankreich und Rußland bescheren sollte, die im Guten wie im Bösen noch heute unsere Geschichte und Politik bestimmt.
Unter dem Alten Fritz entstand endgültig jener autoritäre, fast säkulare Rechtsstaat, mit einer starken Armee und effizienten Verwaltung, beide vom Adel dominiert, der anders als in Frankreich nicht parasitär wurde, sondern Teil der Herrschaftsstruktur blieb, am Anfang sehr effektiv, gegen Ende sehr lästig.
Friedrich war zwar eine außergewöhnliche Persönlichkeit, aber keineswegs eine Ausnahme, ein Vertreter des aufgeklärten Absolutismus, wie Katharina II. von Rußland oder Josef II. von Österreich. Nur war er persönlich vermutlich noch etwas exzentrischer, risikobereiter (zumindest in seiner Jugend). Sein Erfolg sagt aber mindestens so viel aus über seine Situation und die seines Landes wie über ihn selbst. Das gilt für die anderen beiden oben genannten Herrscher übrigens auch.
_________________ "Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."
Friedrich Nietzsche
|
|
Nach oben |
|
 |
Religionskritik-Wiesbaden homo est creator Dei
Anmeldungsdatum: 04.11.2008 Beiträge: 10333
Wohnort: Wiesbaden
|
(#1738925) Verfasst am: 21.03.2012, 12:29 Titel: Bömelburg - Friedrich und Polen - Ablehnung und Verachtung |
|
|
Ich empfehle Xama diesen Artikel von Hans-Jürgen Bömelburg, Professor für Osteuropäische Geschichte an der Justus-Liebig Universität Gießen.
Sein Buch empfehle ich natürlich auch:
Friedrich II. zwischen Deutschland und Polen. Ereignis- und Erinnerungsgeschichte.
Quelle:
Veröffentlichung: 21.03.2012 00:00 Uhr
Der Tagesspiegel
Titel: Friedrich und Polen : Ablehnung und Verachtung
5 Seiten
Link:
http://www.tagesspiegel.de/kultur/friedrich-und-polen-ablehnung-und-verachtung/6352194.html
Zitat: | Friedrichs Haltung zu Polen blieb in der deutschen Forschung lange unbeachtet – dabei ist Polen ein Erbe der Überreste Preußens. |
_________________ Derzeit ohne Untertitel
|
|
Nach oben |
|
 |
Telliamed registrierter User
Anmeldungsdatum: 05.03.2007 Beiträge: 5125
Wohnort: Wanderer zwischen den Welten
|
(#1738934) Verfasst am: 21.03.2012, 12:46 Titel: Re: Bömelburg - Friedrich und Polen - Ablehnung und Verachtung |
|
|
Religionskritik-Wiesbaden hat folgendes geschrieben: | Ich empfehle Xama diesen Artikel von Hans-Jürgen Bömelburg, Professor für Osteuropäische Geschichte an der Justus-Liebig Universität Gießen.
Sein Buch empfehle ich natürlich auch:
Friedrich II. zwischen Deutschland und Polen. Ereignis- und Erinnerungsgeschichte.
Quelle:
Veröffentlichung: 21.03.2012 00:00 Uhr
Der Tagesspiegel
Titel: Friedrich und Polen : Ablehnung und Verachtung
5 Seiten
Link:
http://www.tagesspiegel.de/kultur/friedrich-und-polen-ablehnung-und-verachtung/6352194.html
Zitat: | Friedrichs Haltung zu Polen blieb in der deutschen Forschung lange unbeachtet – dabei ist Polen ein Erbe der Überreste Preußens. | |
Ich schließe mich hinsichtlich des Lobes für Bömelburg an. Er vertritt eine Sicht, die Preußen nicht nur als eine Erscheinung der deutschen, sondern auch der polnischen Geschichte begreift. Sie begründete Klaus Zernack, einer der wichtigsten Osteuropa-Historiker der Gegenwart, ein Kenner Polens wie Russlands oder Schwedens gleichermaßen.
Von der Jubiläumsliteratur empfehle ich das Buch von Jürgen Luh: Der Große. Friedrich II. von Preußen. 2011. Der jüngere, 1963 geborene Historiker schreibt recht gut.
Er schöpft aus neueren Forschungsergebnissen, die auf Potsdamer Tagungen jeweils im September vorgetragen wurden, wärmt also nicht olle Kamellen auf, wie in besonders grotesker Weise
Gerd Heinrich. Nicht zu empfehlen! Papierkorb
mit seiner Heroisierung des Preußenkönigs
Er ist nicht nur gänzlich unbelastet mit der Kenntnis der polnischen und russischen Literatur, wenn er etwa über Friedrichs Schlachten berichtet. Er beschimpft all jene Zeitzeugen und Historiker, die Friedrich des 'widernatürlichsten Lasters'zeihen, auf das Gröblichste als Ignoranten und Verleumder.
Wenn in Kürze die französischen Gedichte Friedrichs II. in der Potsdamer Ausgabe seiner Werke erscheinen werden, so geht die Herausgeberin, die aus Genf stammende Vanessa de Senarclens, in manchem über Jürgen Luh hinaus: Friedrich war durchaus fähig zur Selbstkritik - seine Lyrik gehört noch zu einer weiteren Gruppe von Ego-Dokumenten, die die Historiker bisher nicht auswerteten und die Literaturwissenschaftler eher geringschätzten. Seine Gedichte waren originell und gewannen nicht allein durch die Korrekturen Voltaires an Wert. Vanessa de Senarclens kann das als französische Muttersprachlerin einschätzen.
|
|
Nach oben |
|
 |
|