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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1694041) Verfasst am: 05.10.2011, 17:52 Titel: |
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@Rohrspatz: Ich stimme im wesentlichen zu, und Deine Darstellung erinnert stark an die Position von T.Metzinger.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1694052) Verfasst am: 05.10.2011, 18:29 Titel: |
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Rohrspatz hat folgendes geschrieben: | Ich meine aus diesem Thread heraus lesen zu können, dass ein Wille von den/einigen Kompatibilisten dann als frei empfunden wird, wenn dessen Konsequenzen auch gewünscht werden. |
Der Kompatibilist versteht unter dem freien Willen die Fahigkeit zur rationalen Entscheidung, Selbstkontrolle, die Fähigkeit, Regeln zu folgen. Daraus folgt die Fähigkeit, seine Handlungen auf einem hohen Level kontrollieren zu können.
Rohrspatz hat folgendes geschrieben: | Ich kann darin jedoch keine klar definierte Freiheit erkennen, denn wovon diese Art des Wollens frei sein soll, erschließt sich daraus einfach nicht. |
Gewisse Freiheit / Unabhängigkeit von äußeren und inneren Zwängen, die Freiheit dazu, sein (auch langfristiges) reflektiertes Eigen-Interesse durchsetzen zu können, nach Gründen handeln zu können.
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Ich verstehe nun nicht, wieso Du von einem "unbewusst gebildeten, aber bewusst wahrgenommenen Willen" redest, wie Du darauf kommst. Was meinst Du damit genau, sagen wir mal, jemand möchte etwas begründen, z.B. eine wissenschaftliche Theorie? Und auch nicht, wie Du darauf kommst, das Bewusstsein als irgendwie eigenständigen Akteur anzusehen. Es gibt nun mE gar keine rein bewussten Vorgänge, jede bewusste Wahrnehmung / Überlegung läuft immer auch mit unbewussten Vorgängen einher. Man kann da ein 'Bewusstsein an sich' nicht heraustrennen.
Rohrspatz hat folgendes geschrieben: | Streicht man das Ich, also das Bewusstsein mit seiner mehr oder weniger freien Interpretation der Person, der es innewohnt, bleibt eine Person, die mit ihrem Willen immer konsistent ist. Hier irgendwie Freiheit zu definieren, ist daher unnötig. |
Nein, das stimmt nicht, (oder ich habe das falsch verstanden - wie kann man das Bewusstsein aus einer Person herausstreichen?).
Gemeinhin es doch wohl eher so, dass z.B. eine unbeherrschte Handlung (Affekt) als weniger frei angesehen wird. Auch wenn die auf einem Willen nach Deinem Verständnis beruhen mag.
Rohrspatz hat folgendes geschrieben: | Natürlich gewinnt der Organismus, also die gesamte Person, dadurch eine größere Flexibilität, aber ich würde diese nicht mit dem Begriff der Willensfreiheit titulieren wollen. Genau genommen sehe ich in dieser gefühlten Freiheit vielmehr die "Selbstüberschätzung" des Ichs, das sich blind für seine eigenen Grenzen für die gesamte Person hält und dann meint, von innen heraus fremdgesteuert zu sein. Zum Beispiel durch die Hilfsvorstellung eines inneren Schweinehundes oder eines "schwachen Willens" |
Das ist nun wieder der Homunkulus-Gedanke. Ich bezweifele, dass dieser allgemein vorherrscht.
Allerdings kann man sehr wohl von innen fremdgesteuert sein, wenn man seine Triebe nicht unter Kontrolle bekommt, wenn man seine Wünsche erster Ordnung nicht mit denen zweiter Ordnung abgleichen kann. Willensschwäche ist meiner Ansicht nach durchaus ein Beispiel für einen inneren Zwang, d.h. behindert die Willensfreiheit: man kann nicht das wollen, was man eigentlich will.
Nochmal in kürzer: ich kann mit Deiner Vorstellung eines für sich existierenden Bewusstseins nichts anfangen. Nicht das Bewusstsein entscheidet, sondern die ganze Person. Und dabei spielen auch immer unbewusste Vorgänge, Gefühle und Intuitionen eine Rolle. Nur: das alles bedeutet doch nicht, dass man nicht rationale, intelligente, abgewogene Entscheidungen treffen könne, man nicht etwas begründen könne. Oder?
Und was würdest Du denn übrigens mit dem Begriff 'Willensfreiheit' titulieren wollen und wieso?
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1694069) Verfasst am: 05.10.2011, 19:58 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ich verstehe nun nicht, wieso Du von einem "unbewusst gebildeten, aber bewusst wahrgenommenen Willen" redest, wie Du darauf kommst. |
Ich glaube, Rohrspatz meint, daß selbst bei einer "bewußten", "rationalen" Entscheidung die eigentlichen Bewertungsfunktionen unbewußt ablaufen. Daß, wenn Du z.B. Vor- und Nachteile abwägst, auch nur einzelne Schritte oder Zwischenergebnisse auf Deinen Bewußtseinsschirm reflektiert werden.
Die interessante Frage scheint mir, warum das so ist. Ein Erklärungsansatz wäre, daß Entscheidungen, deren "Letztverursachung" (klassische Freiwilligkeit) durch die Person dieser vorgegaukelt wird, als stimmiger empfunden werden und daher stabilere Handlungen zur Folge haben.
Tendenziell dafür sprechen Experimente, in denen die Entscheidung nachweislich extern fällt und den Personen aber das Gefühl gegeben wird, selbst entscheiden zu haben.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Marcellinus Outsider
Anmeldungsdatum: 27.05.2009 Beiträge: 7429
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(#1694077) Verfasst am: 05.10.2011, 20:26 Titel: |
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Ich denke, das erste Problem ist, sich eine genauere Vorstellung von der menschlichen Person zu machen. Wir haben ein Gehirn, aber das besteht offenbar aus ganz unterschiedlichen Teilen und es ist auch wesentlich flexibler, als wir uns oft eingestehen wollen. Als Freud die Idee von Ich, Es und Über-Ich formulierte, entsprach das einer damals weit verbreiteten Selbstwahrnehmung. Heute kämen wir vermutlich kaum noch auf diese Idee, was seinen einfachen Grund darin hat, daß wir eine über uns angesiedelte "Stimme des Gewissens" nicht mehr wahrnehmen.
Unsere Informationen über das Funktionieren unseres Gehirns, in dem sich ein großer Teil unserer Wahrnehmungen und geistigen Tätigkeiten abspielen, sind noch ziemlich rudimentär, und zumindest für meine Person gilt, daß sie noch ein Stückchen rudimentärer sind, aber soviel ist doch bei mir angekommen, daß es ganz unterschiedliche Bereiche in unserem Gehirn gibt, die unterschiedlich alt sind und durchaus miteinander konkurrieren.
Unser Bewußtsein (ICH) ist sicher das jüngste, zuständig für Planung und strukturiertes, analytisches Denken, aber auch für Empathie, Kommunikation. ICH arbeitet gewissermaßen auf hohem Niveau, aber langsam und kann nur wenige Daten zur Zeit bearbeiten. Unser Unterbewußtsein (ES) ist sicher weit differenzierter, als es dieser einfache Begriff erscheinen läßt, und arbeitet assoziativ, fallorientiert, ist schnell und kommt mit sehr viel mehr Daten zurecht, hält aber wenig von Logik und Analyse.
Unsere Sprachen sind ein schönes Beispiel. Soweit sie sich natürlich entwickelt haben, sind sie ziemlich frei von Logik. Die meisten Regelhaftigkeiten wurden in der Neuzeit mutwillig eingefügt, weil man es "vernünftig" fand. Man muß sie einfach lernen, und ES hat auch kein Problem damit. Sobald wir aber älter werden, und Lernen nur noch über unser ICH funktioniert, tun wir uns schwer damit und meistern die Feinheiten nie.
Ein zweites Beispiel ist das Autofahren. Am Anfang muß jeder Handgriff bewußt ausgeführt werden, und wir tun uns ziemlich schwer damit, sind viel zu langsam und nach einer Viertelstunde völlig fertig. Mit zunehmender Übung gehen uns die Handgriffe in "Fleisch und Blut" über, auf deutsch: Sie wandern als Handlungsabläufe vom ICH ins ES. ES versteht sie nicht, aber das wahnsinnig schnell. Viele von uns haben schon erlebt, daß der Fuß auf der Bremse stand, bevor ICH überhaupt registriert hatte, daß ein Problem existiert.
Das sind übrigens die Fälle, in denen wir handeln, bevor wir uns bewußt dazu entschieden haben. Unser ES ist einfach sehr viel schneller als das ICH, und das macht biologisch ja auch Sinn. Ein Raubtier wartete nicht, bis sich unsere Vorfahren eine Strategie zurechtgelegt hatten. Daher müssen wir Menschen (und auch viele Tiere) unser Jagdverhalten mühsam und bewußt lernen (die Übungsszenarien finden wir heute noch an den Wänden steinzeitlicher Höhlen), bis wir schnell genug sind für die Praxis, bis wir jeden Handgriff unbewußt beherrschen.
Aber genauso oft reagiert ES über, besonders in den ersten Jahren, wenn es noch an genügend Übung, auf deutsch: Beispielfällen mangelt, oder es reagiert falsch. Wie oft ertappt man sich dabei, daß man an einer Kreuzung falsch abgebogen ist, nur weil man das sonst auch tut, nur heute eben eigentlich nicht wollte.
Damit kommen wir zu unseren Handlungen, und den Abläufen, die dazu führen. Ich denke, es ist leicht zu sehen, daß da nicht eine monolithische Person handelt, sondern ganz unterschiedliche Motivationen miteinander ringen, bewußte Ziele und Gedanken aus dem ICH, schlechte Erfahrungen mit ähnlichen Situationen, die ES beisteuert, und die sich zB durch Magendrücken bemerkbar machen (wir sagen ja auch: die Sache liegt uns im Magen), vielleicht auch noch ein leichtes Zupfen, daß uns daran erinnert, was wir eigentlich tun sollten (rudimentäre Überreste unseres Gewissens). Nun, und unser ES ist auch nicht ein Block, sondern steuert auch noch ganz unterschiedliche Motive, Bedürfnisse und Erinnerungen bei.
Je mehr diese unterschiedlichen Motive und Bedürfnisse im Konflikt miteinander liegen, umso unfreier fühlen wir uns, und wenn das dazu führt, daß wir aufgrund einzelner kurzfristiger Bedürfnisse ganz offenkundig gegen unsere eigenen Interessen handeln, zB im Falle einer Sucht, umso unfreier empfinden wir uns, und wenn das auch nach außen sichtbar wird, spricht uns unsere Umgebung mit einem gewissen Recht die Selbstverantwortlichkeit ab. Wir können also gewissermaßen nicht mehr tun was wir wollen.
Denn, und das scheint mir der entscheidende Punkt, unsere inneren Entscheidungsmechanismen dienen dazu, daß wir uns in unserer Umgebung (und damit sich vor allem auch andere Menschen gemeint) angemessen und erfolgreich bewegen können, und das meint vor allem ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Bedürfnissen und Interessen, zwischen ES und ICH, die in unserer Person zusammenkommen. Die Beeinträchtigungen, die aus mangelnden Handlungsspielräumen resultieren, habe ich hier noch völlig ignoriert.
Willensfreiheit, wenn man diesen Begriff überhaupt benutzen will, kann also nicht meinen, sich das was man will, unabhängig von äußeren und vor allem inneren Bedürfnissen zur bilden, sondern sich nach den Maßstäben der jeweiligen Gesellschaft vernünftig zu entscheiden. Es ist also eigentlich eine Auskunft über den geistigen Zustand eines Menschen, über den Zustand seiner inneren "Informationsverarbeitung" und Meinungsfindung. So empfinden wir Nachsicht mit einem Menschen, der seine unterschiedlichen Interessen und Bedürfnisse nicht unter einen Hut bekommt, während wir das bei Menschen, die sich aus Bedürfnis und Interesse asozial verhalten, nicht so sehen.
_________________ "Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."
Friedrich Nietzsche
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1694085) Verfasst am: 05.10.2011, 20:44 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ich verstehe nun nicht, wieso Du von einem "unbewusst gebildeten, aber bewusst wahrgenommenen Willen" redest, wie Du darauf kommst. |
Ich glaube, Rohrspatz meint, daß selbst bei einer "bewußten", "rationalen" Entscheidung die eigentlichen Bewertungsfunktionen unbewußt ablaufen. Daß, wenn Du z.B. Vor- und Nachteile abwägst, auch nur einzelne Schritte oder Zwischenergebnisse auf Deinen Bewußtseinsschirm reflektiert werden.
Die interessante Frage scheint mir, warum das so ist. |
Mir scheint die interessantere Frage aber die zu sein, wieso das in irgend einer Weise als Nachteil angesehen wird. Spielt doch gar gar keine Rolle für meine Fähigkeit, rationale, begründete Entscheidungen zu treffen, welcher Anteil dabei bewusst und welcher Anteil unbewusst ablief. Ist dennoch meine Entscheidung, falls ich mich mit der letztlich identifiziere.
Was nun ist überhaupt der Punkt, was hat das mit dem freien Willen zu tun? Wer legt fest, dass der, dass Entscheidungen zum größten Teil bewusst ablaufen müssen? Und wieso eigentlich, was ist der Grund dafür?
Ich kann mir bei einer wichtigen Entscheidung unsicher sein, das erst mal sacken lassen, ein paar Nächte darüber schlafen und dann nochmal von Neuem überlegen und dann erst die Entscheidung treffen. Wieso sollte das aber irgendwie unfrei sein? Ich als Person treffe doch die Entscheidung, nicht ich als Bewusstsein, als von meinem Körper getrennter Homunkulus.
step hat folgendes geschrieben: | Ein Erklärungsansatz wäre, daß Entscheidungen, deren "Letztverursachung" (klassische Freiwilligkeit) durch die Person dieser vorgegaukelt wird, als stimmiger empfunden werden und daher stabilere Handlungen zur Folge haben. |
"Letztverursachung" ist ein inkohärentes Konzept, ganz unabhängig von Determinismus oder sonstigem. Niemand kann sich selber ex nihilo wie Phönix aus der Asche erschaffen.
Aber das ist hier irrelevant, denn sowas glaubt und behauptet ja auch niemand, ist nur ein red herring. Die Sache ist nun die, dass wir aufgrund unserer Fähigkeit zur Reflexion unsere Handlungen hinreichend verursachen können, uns deswegen selber zurechnen können - und nicht etwas anderem zurechnen müssen. Was könnte das auch sein? Bzw. wer würde dann überhaupt zurechnen, wer wäre überhaupt der Akteur?
step hat folgendes geschrieben: | Tendenziell dafür sprechen Experimente, in denen die Entscheidung nachweislich extern fällt und den Personen aber das Gefühl gegeben wird, selbst entscheiden zu haben. |
Wir können uns irren, aber daraus folgt nicht, dass wir uns immer irren. Auch nicht tendenziell.
Wäre das aber wahr, würden wir uns immer irren, könnten wir nichts begründen, könnten nicht rational argumentieren und danach unsere Handlungen ausrichten, dann wäre logischerweise auch dieser Disput hier (und jeder andere auch) per se sinnlos.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1694086) Verfasst am: 05.10.2011, 20:47 Titel: |
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Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Unsere Informationen über das Funktionieren unseres Gehirns, in dem sich ein großer Teil unserer Wahrnehmungen und geistigen Tätigkeiten abspielen, sind noch ziemlich rudimentär, und zumindest für meine Person gilt, daß sie noch ein Stückchen rudimentärer sind ... |
Genau. Da muß man weitermachen ... das Gehirn verstehen. Reduzieren. Mit Philosophie kommt man da nicht weiter. Und ich fürchte, mit Psychoanalyse letztlich auch nicht genügend.
Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Willensfreiheit, wenn man diesen Begriff überhaupt benutzen will, kann also nicht meinen, sich das was man will, unabhängig von äußeren und vor allem inneren Bedürfnissen zur bilden, sondern sich nach den Maßstäben der jeweiligen Gesellschaft vernünftig zu entscheiden. |
Also sollte man es "rational-konform" oder so nennen.
Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Es ist also eigentlich eine Auskunft über den geistigen Zustand eines Menschen, über den Zustand seiner inneren "Informationsverarbeitung" und Meinungsfindung. So empfinden wir Nachsicht mit einem Menschen, der seine unterschiedlichen Interessen und Bedürfnisse nicht unter einen Hut bekommt, während wir das bei Menschen, die sich aus Bedürfnis und Interesse asozial verhalten, nicht so sehen. |
Genau, wir wollen selbst frei sein, aber die Anderen sollen sich vernünftig, moralisch, vorhersagbar verhalten.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Marcellinus Outsider
Anmeldungsdatum: 27.05.2009 Beiträge: 7429
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(#1694112) Verfasst am: 05.10.2011, 21:42 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Unsere Informationen über das Funktionieren unseres Gehirns, in dem sich ein großer Teil unserer Wahrnehmungen und geistigen Tätigkeiten abspielen, sind noch ziemlich rudimentär, und zumindest für meine Person gilt, daß sie noch ein Stückchen rudimentärer sind ... |
Genau. Da muß man weitermachen ... das Gehirn verstehen. Reduzieren. Mit Philosophie kommt man da nicht weiter. Und ich fürchte, mit Psychoanalyse letztlich auch nicht genügend. |
Ja, Philosophie hilft da gar nicht, aber das ist auf anderen Gebieten ja auch nicht anders. Sagt übrigens nichts gegen Leute, die auch Philosophen sind.
step hat folgendes geschrieben: |
Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Willensfreiheit, wenn man diesen Begriff überhaupt benutzen will, kann also nicht meinen, sich das was man will, unabhängig von äußeren und vor allem inneren Bedürfnissen zur bilden, sondern sich nach den Maßstäben der jeweiligen Gesellschaft vernünftig zu entscheiden. |
Also sollte man es "rational-konform" oder so nennen.
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Der Begriff "Willensfreiheit" ist derartig "verbrannt", daß er kaum noch zur Diskussion taugt.
step hat folgendes geschrieben: | Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Es ist also eigentlich eine Auskunft über den geistigen Zustand eines Menschen, über den Zustand seiner inneren "Informationsverarbeitung" und Meinungsfindung. So empfinden wir Nachsicht mit einem Menschen, der seine unterschiedlichen Interessen und Bedürfnisse nicht unter einen Hut bekommt, während wir das bei Menschen, die sich aus Bedürfnis und Interesse asozial verhalten, nicht so sehen. |
Genau, wir wollen selbst frei sein, aber die Anderen sollen sich vernünftig, moralisch, vorhersagbar verhalten. |
Ja, aber da ist meisten Handlungsfreiheit gemeint, und menschliche Gesellschaften funktionieren nicht, wenn die Menschen sich unvernünftig, unmoralisch und über ein gewisses Maß hinaus unvorhersehbar verhalten.
_________________ "Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."
Friedrich Nietzsche
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1694130) Verfasst am: 05.10.2011, 22:11 Titel: |
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Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Ja, Philosophie hilft da gar nicht, aber das ist auf anderen Gebieten ja auch nicht anders. [...] Der Begriff "Willensfreiheit" ist derartig "verbrannt", daß er kaum noch zur Diskussion taugt. |
Reine Lehnstuhl-Philosophie hilft nicht viel, aber experimentelle Philosophie sehr wohl. Denn die kann eruieren, was Leute gemeinhin unter dem Konzept "freier Wille" verstehen:
Free will - what people believe hat folgendes geschrieben: | Roy Baumeister and colleagues reviewed literature on the psychological effects of a belief (or disbelief) in free will. The first part of their analysis (which is all that we are concerned with here) was not meant to discover which types of free will actually exist. The researchers instead sought to identify what other people believe, how many people believed it, and the effects of those beliefs. Baumeister found that most people tend to believe in a sort of "naive compatibilistic free will". |
Nähme man das zur Kenntnis, dann könnte man sich die Lehnstuhl-Philosophie entweder sparen oder aber erst mal gute Argumente dafür entwickeln, warum die Leute mit ihrer kompatibilistischen Ansicht falsch liegen, warum eine inkompatibilistische Ansicht die einzig Richtige sei. Völlig sinnlos aber ist es, von Vorneherein eine allgemeine Ansicht zu behaupten, die es gar nicht gibt und die dann zu widerlegen.
Außerdem könnte man auch erst mal eruieren, was Leute so meinen, wenn sie "ich" sagen, wie sie sich selber sehen. Dann könnte man sich auch Lehnstuhl-Behauptungen derart sparen, Leute würden sich als reines Bewusstsein ansehen, seien Dualisten oder dergleichen.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1694229) Verfasst am: 06.10.2011, 08:57 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Reine Lehnstuhl-Philosophie hilft nicht viel, aber experimentelle Philosophie sehr wohl. Denn die kann eruieren, was Leute gemeinhin unter dem Konzept "freier Wille" verstehen. |
Nichts gegen experimentelle Philosophie. Sie sagt zwar nichts darüber aus, wie Entscheidungen zustandekommen, aber durchaus, was die Leute naiverweise darüber denken.
Wenn ich mich recht erinnere, habe ich vor vielen Jahren hier erstmals ein Ergebnis einer solchen Untersuchung gepostet. Da ging es darum, wann die Leute trotz identischer Ursachenkette jemandem persönlich die Schuld geben und wann sie ihn als Opfer der Umstände sehen. Irgendjemand, mglw. sogar Du, schrieb darauf, daß man alles Mögliche in die Aussagen von Leuten reininterpretieren könne, je nachdem wie man die Frage stellt.
Mir ist auch nicht ganz klar, welche Relevanz es hat, ob die Leute nun mehrheitlich naive Kompatibilisten oder naive Inkompatibilisten sind. Nehmen wir dazu mal an, die Leute wären wirklich naive Kompatibilisten. Bedeutet das nicht nur, daß sie naiverweise keinen Widerspruch zwischen Determinismus und Letztverursachung sehen - weil sie mindestens eins davon nicht verstanden haben? Zum Beispiel könnten sie doch an "starke Emergenz" oder so etwas glauben und meinen, diese erlaube eben doch wieder eine Letztverursachung. Es gibt sehr viele mögliche naive Fehlschlüsse.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1694276) Verfasst am: 06.10.2011, 12:41 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Der Fadenwurm hat das Potential der Fortpflanzung und der Entwicklung. |
Dieses "Potenzial" ist aber eine reine Folge von Strukturen und ihrem Kontext, z.B. DNA, Zellstruktur und Umgebung des Organismus. |
Diese Struktur ist aber bereits Ergebnis eines ehemals vorhandenen und nun verwirklichten Potenzials. Die Struktur, die gibt es im hier und jetzt, klar. Aber was hier bei der Diskussion hinten runter fällt, ist der Aspekt der Entwicklung.
Genau genommen: Höherentwicklung.
Das gibt es nicht bei einem Computer oder bei einem Atom. Diese Strukturen drehen sich quasi um sich selbst wie ein Brummkreisel.
step hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Die Analogien zwischen Gehirn und Computer passen nicht. |
Themawechsel oder was? Hier ging es nicht um Computer und auch nicht um Gehirne. |
Themenergänzung, nicht Themawechsel. Das Thema der Willensfreiheit im Zusammenhang mit der Quantenphysik ist nicht zu diskutieren ohne den Aspekt der Entwicklung, konkret der biologischen Evolutionsprpozesse, die nicht einfach nur in einer Evolution von Gehirnen bestehen.
Aber ich komme später noch darauf, wenn mehr Zeit.
step hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Wasser als reines Wasser entfaltet seine Eigenschaften erst durch die Zahl seiner Moleküle. |
Ja natürlich, das ist ja trivial, daß emergente Phänomene eben nicht bei den Bestandteilen auftreten. Die Frage ist aber, ob man sie trotzdem voraussagen kann. Und bei Wasser kann man das. |
Das ist nicht trivial. denn ab wieviel Molekülen ist denn Wasser flüssig? Ab 2? Ab 3? Und wie ist es mit anderen Flüssigkeiten?
Was Du hier Voraussage nennst, trifft bei Wasser im Prinzip nachträglich zu. Du weisst aus der Empirie, dass Wasser unter gewissen Bedingungen flüssig sein kann. Aber ist das eine Voraussage?
Selbst ein Laplace'scher Dämon, so behaupte ich mal, ist nicht in der Lage, eine neue Eigenschaft immer voraus zu sagen. Lamarck auf seine und ich auf meine Weise haben das auch versucht, zu begründen. Da ist zum einen der Effekt des Zufalls, der bei der Evolution sicherlich vorhanden ist. Da ist zum anderen der Aspekt kritischer Zeitpunkte/kritischer Bedingungen beim Zustandekommen bestimmter Entwicklungsstufen.
Und das ist das Thema: Wie schafft es der Laplace'sche Dämon, die Welt als ein Kontinuum hinudrehen, wenn sie in Wirklichkeit ständig spingt?
step hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Die Eigenschaft "flüssig" lässt sich auf vielerlei Arten herstellen. ... |
Was soll das jetzt werden? Natürlich können verschiedene Dinge dieselbe Eigenschaft haben. Es können auch mehrere Rechnungen zu demselben Ergebnis führen oder sogar mehrere Aufgaben dieselbe Lösung haben. Keine Ahnung was das hier beitragen soll. |
Das soll heissen, dass bestimmte Eigenschaften von Unterstrukturen nicht immer notwendig sind, um emergente Eigenschaften zu erzeugen. Und das wiederum bedeutet, dass ich von einer bestimmten emergenten Eigenschaft eben nicht immer rückschließen kann auf bestimmte Unterstrukturen.
Oder noch anders formuliert: Während Du meinst, dass eine Eigenschaft x sich aus ihren Bestandteilen a, b, ... erklärt, sage ich, dass dies eine Möglichkeit ist und dass sich jene Eigenschaft x auch noch aus anderen Bestandteilen n, m, ... herleiten könnte.
Die Frage ist nun, wie ersetzbar die Komponenten a, b, ... durch n, m, ... sind und zwar nicht nur in Bezug auf die Vergangenheit, sondern auch im Hinblick auf den Fortgang der Weltentwicklung.
step hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | ... Deshalb ist es nicht ohne weiteres möglich, von einer emergenten Eigenschaft auf deren Bausteine rückzuschließen, weil eben verschiedene Wege nach Rom führen. |
Und wer hat behauptet, daß man das - ohne weiteres und eindeutig - kann? Der Punkt ist ja gerade, daß man die Eigenschaft "flüssig" von Wasser erst dann besser versteht, wenn man sie reduziert (erklärt). Natürlich kann man das nicht, indem man über Wasser meditiert, sondern indem man seine Bestandteile und deren Eigenschaften untersucht und versucht zu zeigen, daß aus diesen eindeutig folgt, daß Wasser die Eigenschaft "flüssig" haben muß.
Du drehst hier irgendwie die Behauptung um. Der Reduktionist behauptet nicht, daß es nur einen Weg nach Rom gibt, sondern daß er mit Kenntnis der Wege und des Ausgangspunktes voraussagen kann, daß man so nach Rom kommt. |
Nicht ganz so. Zwar schaffen die Bestandteile einer Sache diese Sache im Groben, innerhalb eines Intervalls von Eigenschaften, aber nicht zu 100%. Und zwar deshalb, weil jede Sache auf dem Weg zu ihrer Entstehung in Wechselbeziehung tritt zu verschiedenen Bedingungen, die unvorhersehbar sind.
"Die Welt ist aber, was der Fall ist." wie Wittgenstein sagt. Mathematik und Physik können Möglichkeiten der Seinsmanifestation bestimmen. Das Sein selber trägt aber auch ein Element der Unbestimmtheit in sich, welches dann allerdings im Sein erstarrt.
step hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Da ist dann die Frage, ob eine spezifische Struktur, die vielleicht so einzigartig ist, durch verschiedene Unterstrukturen zu bilden ist. |
Willst Du damit sagen, daß z.B. Wasser manchmal auch aus etwas ganz anderem als H2O-Molekülen bestehen könnte, obwohl alle emergenten Eigenschaften gleich sind? Falls das der Fall wäre, würde man vermutlich zwar länger brauchen, bis man das merkt, aber gegen die
Reduzierbarkeit würde es keineswegs sprechen. |
Rein theoretisch. Wasser ist nun ein Beispiel für eine ziemlich einzigartige Struktur, mit ihren Wasserstoffbrückenbindungen z.B. oder ihrer Ausdehnung bei festem Aggregatzustand.
Nur sind die Bestandteile des Wassers (Wasserstoff und Sauerstoff) nicht hinreichend, um zu erklären, welches Wasser konkret wo und wann "der Fall ist" (Wittgenstein). Die Entstehungs- und Erhaltungsbedingungen von Wasser als Flüssigkeit sind ebenfalls Bestandteile des Wassers.
Die Aussage der Reduktionisten ist nun:
(Bestandteile 1,2,3) + (Bedingungen a,b,c) -----> neue Eigenschaft y + neue Gesetzmäßigkeit z
Aber diese Aussage wird bei genauerer Untersuchung stets empirisch gewonnen und zwar noch genauer betrachtet in der Regel in statischer Weise. Wirklich vorhersagbar sind konkrete Entwicklungen von links nach rechts nicht, auch nicht für Herrn Dämon.
Dein Beispiel mit dem H²O ist scheinbar ein Beispiel, wo der Entwicklungsaaspekt keine Rolle zu spielen scheint. Doch auch hier entwickeln sich eben die Bedingungen für Wasser als Bestandteile von Wasser.
step hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Wenn also aus dem Vorhandensein niederer/einfacher Elemente auch für einen Laplace'schen Dämon nicht vorraus berrechenbar wäre, was sich daraus entwickelt, dann ... |
Moment mal, jetzt drehst Du die Behauptung plötzlich wieder zurück! Du hast zuvor über die n->1 Möglichkeit geschrieben, und jetzt tust Du so, also ob Du 1->n gezeigt hättest. Damit ist Dein ganzer darauf folgender Abschnitt non sequitur. |
Ich habe geschrieben, dass, wenn der Determinismus vorwärts nicht funktioniert, dann geht auch der Determinismus rückwärts nur als Illusion, indem man die Empirie für einen Ausdruck von Notwendigkeit hält (und Schlüsselereignisse negiert).
Es geht um den Aspekt der Notwendigkeit einer Entwicklung zu einem Zustand y und damit um den Begriff der Freiheit als solcher.
step hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Es entstehen tatsächlich aus den einfachen Gesetzen der Physik neue Gesetzmäßigkeiten, neue Bewegungsgesetze, die - das füge ich hinzu! - nicht vorhersehbar sind und gewissermaßen von ihren physischen Bestandteilen abstrahieren, ohne sich von diesen zu lösen ...- |
Du mußt schon genauer sagen, wie diese aus der Physik "entstehen", ohne "vorhersehbar" zu sein. Sonst ist das einfach Transzendentalphilosophie. |
Jaques Monod schrieb mal ein Buch mit dem Titel "Zufall und Notwendigkeit". Darum geht es. Physikalische Bedingungen sind immer notwendige Bedingungen, aber nicht unbedingt hinreichend für etwas.
Das ist zwar Philosophie, aber ich möchte darauf hinweisen, dass das was Du hier vorlegst, auch *nur* Philosophie ist oder eben Interpretation von Wissenschaft.
Die Erkenntnisse der Wissenschaft stehen tatsächlich nicht für sich selbst, sondern man muss sich immer fragen:
"Was folgt denn nun daraus?"
_________________ °
K.I.Z - Frieden
Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video
Informationsstelle Militarisierung e.V.
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1694282) Verfasst am: 06.10.2011, 13:23 Titel: |
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@Skeptiker
Sorry, aber ich versteh bei dir nur Bahnhof.
Einerseits sprichst du von der Entwicklung, deren Stufen naturgemäß aufeinander aufbauen und andererseits erzählst du von nichtkontinuierlichen Sprüngen und benutzt das ganze als Argument gegen die Reduzierbarkeit. Wenn etwas irreduzibel ist, dann kommt es aus dem Nichts, dann ist es plötzlich da. Irreduzible Dinge sind naturgemäß nicht entwickelt.
Zitat: | denn ab wieviel Molekülen ist denn Wasser flüssig? Ab 2? Ab 3? Und wie ist es mit anderen Flüssigkeiten? | Das übrigens hängt komplett von der Definition ab, die im übrigen eine menschliche Erfindung zur Orientierung und Kommunikation ist. Wenn du mit flüssig einen Abstandsbereich zwischen Molekülen definierst, dann können auch schon 2 Moleküle flüssig sein. Das Haufen-Paradoxon geht auf das gleiche Problem zurück.
Zitat: | Was Du hier Voraussage nennst, trifft bei Wasser im Prinzip nachträglich zu. Du weisst aus der Empirie, dass Wasser unter gewissen Bedingungen flüssig sein kann. Aber ist das eine Voraussage? | Nein es trifft prinzipiell zu. Die Empirie ist nötig damit wir Menschen das erkennen! Es ist von keinster Bedeutung für die tatsächliche Flüssigheit von Wasser.
Zitat: | Nicht ganz so. Zwar schaffen die Bestandteile einer Sache diese Sache im Groben, innerhalb eines Intervalls von Eigenschaften, aber nicht zu 100%. Und zwar deshalb, weil jede Sache auf dem Weg zu ihrer Entstehung in Wechselbeziehung tritt zu verschiedenen Bedingungen, die unvorhersehbar sind. | Hier tust du es wieder. Es ist wurscht, ob wir in der Lage sind irgendwelche Einflüsse vorherzusehen. Wenn die Bestandteile bekannt sind und alle Bedingungen ebenfalls ist es prinzipiell möglich die "emergente" Eigenschaft vorherzusagen.
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26486
Wohnort: im Speckgürtel
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(#1694289) Verfasst am: 06.10.2011, 13:48 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Der Fadenwurm hat das Potential der Fortpflanzung und der Entwicklung. |
Dieses "Potenzial" ist aber eine reine Folge von Strukturen und ihrem Kontext, z.B. DNA, Zellstruktur und Umgebung des Organismus. |
Diese Struktur ist aber bereits Ergebnis eines ehemals vorhandenen und nun verwirklichten Potenzials. Die Struktur, die gibt es im hier und jetzt, klar. Aber was hier bei der Diskussion hinten runter fällt, ist der Aspekt der Entwicklung.
Genau genommen: Höherentwicklung.
Das gibt es nicht bei einem Computer oder bei einem Atom. .... |
Nein, das sind auch keine Strukturen, die dazu neigen, sich zu reduplizieren. Die Selbstvervielfältigung ist ein besonderer Aspekt gewisser höherer Strukturen, in der Betrachtung von außen sind sie ein Teilaspekt dessen, was hier schon als Historie angesprochen wurde.
fwo
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1694293) Verfasst am: 06.10.2011, 14:28 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Der Fadenwurm hat das Potential der Fortpflanzung und der Entwicklung. |
Dieses "Potenzial" ist aber eine reine Folge von Strukturen und ihrem Kontext, z.B. DNA, Zellstruktur und Umgebung des Organismus. |
Diese Struktur ist aber bereits Ergebnis eines ehemals vorhandenen und nun verwirklichten Potenzials. Die Struktur, die gibt es im hier und jetzt, klar. Aber was hier bei der Diskussion hinten runter fällt, ist der Aspekt der Entwicklung.
Genau genommen: Höherentwicklung.
Das gibt es nicht bei einem Computer oder bei einem Atom. .... |
Nein, das sind auch keine Strukturen, die dazu neigen, sich zu reduplizieren. Die Selbstvervielfältigung ist ein besonderer Aspekt gewisser höherer Strukturen, in der Betrachtung von außen sind sie ein Teilaspekt dessen, was hier schon als Historie angesprochen wurde. |
Replikation ist gar nicht allein das Wesentliche biologischer Lebewesen und auch nicht einfach Veränderung, sondern wie gesagt Entwicklung.
Und dabei spielen auch zufällige Mutationen ein Rolle.
Replizieren können sich auch technische Strukturen. Bei Daten ist das sofort klar, aber die NASA hat auch selbstreparierende Roboter entwickelt. Die können sich also auch selber herstellen, wenn man das programmiert.
Das verlässt im Prinzip die Ebene des Brummkreisels nicht.
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K.I.Z - Frieden
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fwo Caterpillar D9
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(#1694301) Verfasst am: 06.10.2011, 15:01 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | ....
Replizieren können sich auch technische Strukturen. Bei Daten ist das sofort klar, aber die NASA hat auch selbstreparierende Roboter entwickelt. Die können sich also auch selber herstellen, wenn man das programmiert.
Das verlässt im Prinzip die Ebene des Brummkreisels nicht. |
Das nur unter der Bedingung, dass ein Fehler in der Replikation diese beendet.
Sobald der erste Fehler in der Replikation diese nicht unterbricht, weil er die Funktion höchstens ändert, aber nicht stört, hast Du zwei unterschiedliche Reihen von Nachkommen, eventuell mit unterschiedlicher Erzeugungsrate. Evolution ist eine unausweichliche Folge einer fehlertoleranten Selbsterzeugung, wobei fehlertolerant hier nicht bedeutet, dass Fehlker korrigiert werden, sondern nur, dass sie die Funktion der Selbsterzeugung nicht wesentlich stören.
fwo
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
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(#1694306) Verfasst am: 06.10.2011, 15:08 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | @Skeptiker
Sorry, aber ich versteh bei dir nur Bahnhof. |
Dann muss das geändert werden!
Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Einerseits sprichst du von der Entwicklung, deren Stufen naturgemäß aufeinander aufbauen und andererseits erzählst du von nichtkontinuierlichen Sprüngen und benutzt das ganze als Argument gegen die Reduzierbarkeit. Wenn etwas irreduzibel ist, dann kommt es aus dem Nichts, dann ist es plötzlich da. Irreduzible Dinge sind naturgemäß nicht entwickelt. |
Beides findet statt. Sowohl kontinuierliche Entwicklung als auch sprunghafte Richtungsänderungen. Deswegen ja Zufall und Notwendigkeit.
Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Zitat: | denn ab wieviel Molekülen ist denn Wasser flüssig? Ab 2? Ab 3? Und wie ist es mit anderen Flüssigkeiten? | Das übrigens hängt komplett von der Definition ab, die im übrigen eine menschliche Erfindung zur Orientierung und Kommunikation ist. Wenn du mit flüssig einen Abstandsbereich zwischen Molekülen definierst, dann können auch schon 2 Moleküle flüssig sein. Das Haufen-Paradoxon geht auf das gleiche Problem zurück. |
Mir ging es darum, dass Emergenz keineswegs immer zur Bedingung hat, dass eine bestimmte Zahl von Teilchen vorliegt.
Zum Beispiel kann ein mutierter Virus plötzlich zu etwas ganz anderem werden, also eine emergente Eigenschaft entwickeln ohne dass sich das quantitativ fassen ließe.
Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Was Du hier Voraussage nennst, trifft bei Wasser im Prinzip nachträglich zu. Du weisst aus der Empirie, dass Wasser unter gewissen Bedingungen flüssig sein kann. Aber ist das eine Voraussage? | Nein es trifft prinzipiell zu. Die Empirie ist nötig damit wir Menschen das erkennen! Es ist von keinster Bedeutung für die tatsächliche Flüssigheit von Wasser. |
Man kann allein aus einem Wassermolekül vielleicht die Wasserstoffbrückenbindung vorhersagen.
Man kann dann aber schwerlich vorhersagen, was sich daraus an neuen (!) Entwicklungsmöglichkeiten ergibt. Darauf kommt es mir an.
Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Nicht ganz so. Zwar schaffen die Bestandteile einer Sache diese Sache im Groben, innerhalb eines Intervalls von Eigenschaften, aber nicht zu 100%. Und zwar deshalb, weil jede Sache auf dem Weg zu ihrer Entstehung in Wechselbeziehung tritt zu verschiedenen Bedingungen, die unvorhersehbar sind. | Hier tust du es wieder. Es ist wurscht, ob wir in der Lage sind irgendwelche Einflüsse vorherzusehen. Wenn die Bestandteile bekannt sind und alle Bedingungen ebenfalls ist es prinzipiell möglich die "emergente" Eigenschaft vorherzusagen. |
Nein.
edit: Beispiel: Der Quanten-Hall-Effekt
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1694310) Verfasst am: 06.10.2011, 15:46 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Beides findet statt. Sowohl kontinuierliche Entwicklung als auch sprunghafte Richtungsänderungen. Deswegen ja Zufall und Notwendigkeit. | Wenn ich dich richtig verstehe, setzt du Zufall mit Irreduzibilität gleich?
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Zum Beispiel kann ein mutierter Virus plötzlich zu etwas ganz anderem werden, also eine emergente Eigenschaft entwickeln ohne dass sich das quantitativ fassen ließe. | Aber wenn er mutiert hast du die Ursache für die emergente Eigenschaft. Das lässt sich ganz gut fassen zumindest qualitativ. Was du mit quantitativ meinst, versteh ich nicht.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Man kann allein aus einem Wassermolekül vielleicht die Wasserstoffbrückenbindung vorhersagen.
Man kann dann aber schwerlich vorhersagen, was sich daraus an neuen (!) Entwicklungsmöglichkeiten ergibt. Darauf kommt es mir an. | Das kann man durchaus, nur gehören zu "neuen" entwicklungsmöglichkeiten auch andere Bedingungen die erstmal bekannt sein müssen.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Nicht ganz so. Zwar schaffen die Bestandteile einer Sache diese Sache im Groben, innerhalb eines Intervalls von Eigenschaften, aber nicht zu 100%. Und zwar deshalb, weil jede Sache auf dem Weg zu ihrer Entstehung in Wechselbeziehung tritt zu verschiedenen Bedingungen, die unvorhersehbar sind. | Hier tust du es wieder. Es ist wurscht, ob wir in der Lage sind irgendwelche Einflüsse vorherzusehen. Wenn die Bestandteile bekannt sind und alle Bedingungen ebenfalls ist es prinzipiell möglich die "emergente" Eigenschaft vorherzusagen. |
Nein. |
Das Nein find ich lustig . Du begründest das Auftreten der Emergenz mit dem Satz den ich fett gemacht habe. Damit begründest du die "Emergenz" mit der menschlichen Unfähigkeit alles vorrauszuberechnen. Die Wechselwirkung, sobald sie eintritt, selbst wenn sie nicht vorhersehbar ist, greift aber messbar in den Werdungsprozess ein und wird damit zu einer Bedingung. Wenn diese und alle anderen Bestandteile bekannt sind, "ist es prinzipiell möglich die "emergente" Eigenschaft vorherzusagen". Wenn du das jetzt wieder mit einem Nein abkanzelst müsstest du aber auch vernünftig begründen warum.
Die Erwähnung des Quanten-Hall-Effektes reicht nicht, welchen meinst du und inwiefern hilft er deiner Argumentation?
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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Rohrspatz grobsinnig und feinschlächtig
Anmeldungsdatum: 25.12.2007 Beiträge: 3877
Wohnort: NRW
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(#1694315) Verfasst am: 06.10.2011, 16:05 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: |
Gewisse Freiheit / Unabhängigkeit von äußeren und inneren Zwängen, die Freiheit dazu, sein (auch langfristiges) reflektiertes Eigen-Interesse durchsetzen zu können, nach Gründen handeln zu können. |
Dass äußere Zwänge erst einmal nur mit der Handlungsfreiheit kollidieren, wurde in dem Thread ja bereits angesprochen. Was innere Zwänge betrifft finde ich einfach, dass genau dort erst der Homunculus konstruiert wird: Diese "Zwänge" sind Teil der Person! Tituliert man sie als Zwänge, trennt man sie zwangsläufig ab, konstruiert einen Dualismus, wobei das rationale, abwägende Bewusstsein auf der einen Seite Tauziehen mit dem inneren Schweinehund auf der anderen Seite spielt.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: |
Ich verstehe nun nicht, wieso Du von einem "unbewusst gebildeten, aber bewusst wahrgenommenen Willen" redest, wie Du darauf kommst. |
Das meinte ich so, wie es step anscheinend auch verstanden hat.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Und auch nicht, wie Du darauf kommst, das Bewusstsein als irgendwie eigenständigen Akteur anzusehen. Es gibt nun mE gar keine rein bewussten Vorgänge, jede bewusste Wahrnehmung / Überlegung läuft immer auch mit unbewussten Vorgängen einher. |
Richtig. Und ich halte ihn auch nicht für einen eigenständigen Akteur.
Es werden aber eben längst nicht alle unbewussten Prozesse auch bewusst. Das ist ein Problem für das bewusste Selbstbild: Es ist fehlerbehaftet. Wir sind uns unserer selbst aber nur über dieses fehlerhafte Selbstbild bewusst. Deswegen "wollen" wir bewusst oft etwas anderes als das, was wir tatsächlich wollen. Das hat dann aber eben nichts mit der Schwäche des bewussten Willens im Gegensatz zum Willen des bösen inneren Schweinehundes zu tun, sondern ist m.E. nichts weiter als eine Fehlannahme über sich selbst. Vielleicht sogar eine notwendige, denn wenn das ICH sich nicht von der gesamten Person unterscheidet, kann es auch keine gedanklichen Alternativen durchspielen. Aber dazu später mehr.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: |
Rohrspatz hat folgendes geschrieben: | Streicht man das Ich, also das Bewusstsein mit seiner mehr oder weniger freien Interpretation der Person, der es innewohnt, bleibt eine Person, die mit ihrem Willen immer konsistent ist. Hier irgendwie Freiheit zu definieren, ist daher unnötig. |
Nein, das stimmt nicht, (oder ich habe das falsch verstanden - wie kann man das Bewusstsein aus einer Person herausstreichen?). |
Entschuldige, das war missverständlich ausgedrückt. Man kann es praktisch natürlich nicht. Es war eher als Gedankenexperiment gedacht. Nehme einer Person seine Selbstreflexion und er wird kein Selbstbild mehr haben, das in Konflikt zur Person als ganzes stehen kann.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: |
Gemeinhin es doch wohl eher so, dass z.B. eine unbeherrschte Handlung (Affekt) als weniger frei angesehen wird. Auch wenn die auf einem Willen nach Deinem Verständnis beruhen mag. |
Jap, und ich sehe darin gemeinhin einen Trugschluss des ICHs: Was ist denn weniger frei im Affekt? Die Person als Ganzes ist da vollkommen eins mit sich und der Situation.
Reflektiert wäre man evtl. zu einem anderen Schluss gekommen, aber was bedeutet das schon? Zumal: Was für eine Freiheit ist das, über die ich eigentlich gar nicht verfügen kann, denn auch das Reflektieren muss ja angestoßen werden und das kann zwangsläufig nicht über Reflexion geschehen.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: |
Nicht das Bewusstsein entscheidet, sondern die ganze Person. Und dabei spielen auch immer unbewusste Vorgänge, Gefühle und Intuitionen eine Rolle. |
Das ist eigentlich sogar mein Punkt, nur, dass ich noch einen Schritt weiter gehe und sage: Das Bewusstsein und dieses Selbstbild, das dadurch konstruiert wird, haben direkt erst einmal erschreckend wenig mit der ganzen Person zu tun. Es gibt ja deutliche Hinweise darauf, dass unsere Handlungen bewusst rationalisiert werden, nachdem sie bereits initiiert wurden.
Ich denke, das Selbstbild dient dem Zweck, langfristige Verhaltensänderungen zu bewirken: Anstatt Erfahrungen machen zu müssen, um umzulernen, schafft man sich ein "Abbild", das durch fiktive Szenarien Assoziationen beeinflussen kann.
Beispiel: Früh aufstehen. Hätte ich kein Selbst-Bewusstsein würde ich so oft verschlafen, bis ich genügend Angst vor dem "Chef" bekommen habe, dass die "verschlafen = böse"-Assoziation mein Verhalten ändert. Kann ich mir vorstellen, wie ich verschlafe, kann ich diese Erfahrungen umgehen und in einem Gedankenspiel umlernen.
Aber an dem einen Tag, an dem ich dennoch liegen bleibe, hat die Person als Ganzes nicht weniger mit sich selbst konsistent entschieden als an Tagen, an denen ich mich pünktlich zum Zug begebe. Und dass mein ICH dabei zu anderen Schlüssen kommen kann, liegt zum einen an seinem begrenzten Wissen über die sonstigen Vorgänge im Gehirn, zum anderen daran, dass es eben andauernd eine Art Gedankenexperiment ist, das die besseren Alternativen auskundschaftet.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: |
Nur: das alles bedeutet doch nicht, dass man nicht rationale, intelligente, abgewogene Entscheidungen treffen könne, man nicht etwas begründen könne. Oder? |
Natürlich kann man das. Aber ich behaupte: Das macht man nicht, weil man im Hier und Jetzt sein Verhalten rational beeinflussen könnte, sondern weil man es bereits im Vorfeld rational beeinflusst hat.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: |
Und was würdest Du denn übrigens mit dem Begriff 'Willensfreiheit' titulieren wollen und wieso? |
Gute Frage. Ich fürchte, ich kann aus diesem Wort keinen Sinn ziehen, den ich auf die Realität anwenden könnte.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
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(#1694329) Verfasst am: 06.10.2011, 16:40 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Mir ist auch nicht ganz klar, welche Relevanz es hat, ob die Leute nun mehrheitlich naive Kompatibilisten oder naive Inkompatibilisten sind. Nehmen wir dazu mal an, die Leute wären wirklich naive Kompatibilisten. |
Meine Übersetzung:
Experimental Philosophy on Free Will: An Error Theory for Incompatibilist Intuitions hat folgendes geschrieben: | Konklusion
Inkompatibilisten behaupten, dass freier Wille und moralische Verantwortung Bedingungen erfordern, die inkompatibel mit Determinismus sind - Bedingungen, die generell fordernder sind als die, die von Kompatibilisten für erforderlich gehalten werden. Ein Weg, um die Behauptung, diese Bedingungen seien in der Tat notwendig, zu motivieren, ist, zu argumentieren, Inkompatibilismus sei intuitiv und dass Kompatibilismus daher ein "Morast der Ausflüchte" sei, eine Revision dessen, was normale Menschen über diese Themen denken - zu behaupten, "normale Leute müssen aus diesem natürlichen Inkompatibilismus durch clevere Argumente von Philosophen herausgeredet werden" (Kane, 1992, 217). Unsere Ergebnisse hier zeigen an, dass Leute statt dessen durch clevere Argumente von Philosophen zum Inkompatibilismus überredet werden müssen. Wir zeigen, dass Inkompatibilismus nur intuitiv erscheint, zum größten Teil deswegen, weil Determinismus falsch interpretiert wird. In der Tat wird er insofern missinterpretiert, als dass er die notwendigen Bedingungen der Kompatibilisten für freie und verantwortliche Handlungen ausschließt. Es ist möglich, dass Inkompatibilismus intuitiv erscheint auch wenn dieser Fehler korrigiert wurde - dass Leute Determinismus bedrohlich finden, selbst wenn sie verstehen, dass dieser nicht Umgehung [ihrer Wünsche, Überlegungen, Abwägungen etc.] impliziert (z.B. Fatalismus oder Epiphänomenalismus). Wir warten auf die Ergebnisse. Und offensichtlich gibt es einige Leute - z.B. einige Philosophen - die grundlegende inkompatbilistische Intuitionen haben. Aber wenn die meisten Leute denken, dass es einen freien Willen und moralische Verantwortung geben kann, auch wenn Determinismus (richtig verstanden) wahr ist, dann verschiebt sich die Begründungslast zu den inkompatibilistischen Philosophen, die erklären müssen, warum die Intuitionen der Leute revidiert werden müssen insofern, als dass sie eine anspruchsvollere Theorie akzeptieren sollten. Wir warten auf das Argument. |
Die Studie, die Du meinst, ist diese: Moral Responsibility and Determinism: The Cognitive Science of Folk Intuitions
Die wird in der obigen Studie auch behandelt. Die erhalten etwas andere Ergebnisse und versuchen, die plausibel zu erklären.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
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(#1694335) Verfasst am: 06.10.2011, 16:54 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Du begründest das Auftreten der Emergenz mit dem Satz den ich fett gemacht habe. Damit begründest du die "Emergenz" mit der menschlichen Unfähigkeit alles vorrauszuberechnen. |
Sorry, Dino Tom, bevor ich ausführlich antworte: Das ist nicht meine Auffassung. Nicht die menschliche Unzulänglichkeit ist hier die Barriere, sondern die prinzipielle Nicht-Ableitbarkeit neuer Gesetzmäßigkeiten aus der Physik. (Weil neue Strukturen eigene, spezifische Gesetze bilden und weil der Zufall eine Rolle dabei spielt, welche das sind).
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K.I.Z - Frieden
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
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(#1694338) Verfasst am: 06.10.2011, 17:23 Titel: |
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Rohrspatz hat folgendes geschrieben: | Was innere Zwänge betrifft finde ich einfach, dass genau dort erst der Homunculus konstruiert wird: Diese "Zwänge" sind Teil der Person! Tituliert man sie als Zwänge, trennt man sie zwangsläufig ab, konstruiert einen Dualismus, wobei das rationale, abwägende Bewusstsein auf der einen Seite Tauziehen mit dem inneren Schweinehund auf der anderen Seite spielt. |
Das finde ich nun ziemlich überraschend und kann ich nicht richtig nachvollziehen. Jemand hat eine Phobie, einen Waschzwang oder eine Sucht und möchte das loswerden. Wieso sollte er das als Teil seiner Person akzeptieren, wenn ihn das daran hindert, seine eigenlichen Wünsche und Bedürfnisse zu realisieren, sich zu entfalten, wie er eigentlich möchte, er sich nicht damit identifiziert?
Und einen Dualismus oder einen Homunkulus kann ich auch nicht sehen. Ist doch kein Problem, sich selber damit zu vergleichen, wie man sein möchte, eigene Handlungen und Verhaltensweisen zu analysieren, und dabei kann man auch Persönlichkeitsmerkmale, die nicht wie die oben pathologisch sind, als weniger gut ansehen und versuchen, die zu ändern, also sich zu ändern.
Ich muss ja auch nicht z.B. ein Geschwür oder einen Pickel als Teil von mir ansehen.
Rohrspatz hat folgendes geschrieben: | Es werden aber eben längst nicht alle unbewussten Prozesse auch bewusst. Das ist ein Problem für das bewusste Selbstbild: Es ist fehlerbehaftet. Wir sind uns unserer selbst aber nur über dieses fehlerhafte Selbstbild bewusst. |
Die meisten unbewussten Prozesse werden nicht bewusst. Ist aber kein Problem für mein Selbstbild, wieso sollte es auch? Ich meine und mir scheint ja gar nicht, dass alle unbewussten Prozesse bewusst werden. Wenn ich hier was schreibe, dann laufen sehr viel mehr unbewusste als bewusste Prozesse ab. Aber das heißt doch nicht, dass ich hier nicht bewusst schreiben würde.
Rohrspatz hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Gemeinhin es doch wohl eher so, dass z.B. eine unbeherrschte Handlung (Affekt) als weniger frei angesehen wird. Auch wenn die auf einem Willen nach Deinem Verständnis beruhen mag. |
Jap, und ich sehe darin gemeinhin einen Trugschluss des ICHs: Was ist denn weniger frei im Affekt? Die Person als Ganzes ist da vollkommen eins mit sich und der Situation.
Reflektiert wäre man evtl. zu einem anderen Schluss gekommen, aber was bedeutet das schon? |
Es bedeutet, dass man weniger fähig wäre, langfristige Ziele zu verfolgen, wenn man derart seinen Trieben nachgibt, laufend die Kontrolle verliert. Die Person ist, nachträglich reflektiert gesehen, doch wohl nicht mit sich eins gewesen, wenn sie den Affekt bedauert, wenn sie wünscht, sie hätte sich nicht hineißen lassen.
Rohrspatz hat folgendes geschrieben: | Zumal: Was für eine Freiheit ist das, über die ich eigentlich gar nicht verfügen kann, denn auch das Reflektieren muss ja angestoßen werden und das kann zwangsläufig nicht über Reflexion geschehen. |
Das ist wieder die Idee des Bewusstseins als Akteur, mit der ich nicht viel anfangen kann.
Rohrspatz hat folgendes geschrieben: | Aber an dem einen Tag, an dem ich dennoch liegen bleibe, hat die Person als Ganzes nicht weniger mit sich selbst konsistent entschieden als an Tagen, an denen ich mich pünktlich zum Zug begebe. |
Du behauptest also, eine Person sei immer zu sich konsistent? Aber das sehe ich nicht so, siehe oben das mit den inneren Zwängen, siehe den Affekt.
Rohrspatz hat folgendes geschrieben: | Und dass mein ICH dabei zu anderen Schlüssen kommen kann, liegt zum einen an seinem begrenzten Wissen über die sonstigen Vorgänge im Gehirn, zum anderen daran, dass es eben andauernd eine Art Gedankenexperiment ist, das die besseren Alternativen auskundschaftet. |
Und nun willst Du sagen, dass die bewusste Wahrnehmung (und Selbstwahrnehmung) einen sozusagen daran hindern kann, mit sich selber konsistent zu sein. Oder wie jetzt?
Ich bekomme das noch nicht richtig zusammen.
Rohrspatz hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Nur: das alles bedeutet doch nicht, dass man nicht rationale, intelligente, abgewogene Entscheidungen treffen könne, man nicht etwas begründen könne. Oder? |
Natürlich kann man das. Aber ich behaupte: Das macht man nicht, weil man im Hier und Jetzt sein Verhalten rational beeinflussen könnte, sondern weil man es bereits im Vorfeld rational beeinflusst hat. |
Ja, mag sein, das Hier und Jetzt ist ein ziemlich kurzer Zeitraum. Bloß sehe ich Deinen Punkt noch nicht so richtig. Ich als Person kann rational handeln, kann kurzfristige Wünsche zurückstellen, kann mein Schicksal in die Hand nehmen, meine Handlungen nach Gründen ausrichten, kann auch mich selber ändern etc. Ich als hier-und-jetzt-Bewusstsein (Selbstmodell, Arbeitsgedächtnis oder dergleichen) kann aber selbstverständlich überhaupt nicht handeln. Aber so sehe ich mich nicht, nicht als solchen Homunkulus.
Rohrspatz hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Und was würdest Du denn übrigens mit dem Begriff 'Willensfreiheit' titulieren wollen und wieso? |
Gute Frage. Ich fürchte, ich kann aus diesem Wort keinen Sinn ziehen, den ich auf die Realität anwenden könnte. |
Siehe oben meine Antwort an step. Gemeinhin wird unter freiem Willen wohl das kompatibilistische Konzept verstanden, wie sich in mehreren Studien von experimentellen Philosophen gezeigt hat.
Interessant wäre halt, inwiefern Du dem widersprechen wollen würdest. Das habe ich noch nicht richtig verstanden.
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Marcellinus Outsider
Anmeldungsdatum: 27.05.2009 Beiträge: 7429
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(#1694343) Verfasst am: 06.10.2011, 18:07 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Rohrspatz hat folgendes geschrieben: | Was innere Zwänge betrifft finde ich einfach, dass genau dort erst der Homunculus konstruiert wird: Diese "Zwänge" sind Teil der Person! Tituliert man sie als Zwänge, trennt man sie zwangsläufig ab, konstruiert einen Dualismus, wobei das rationale, abwägende Bewusstsein auf der einen Seite Tauziehen mit dem inneren Schweinehund auf der anderen Seite spielt. |
Das finde ich nun ziemlich überraschend und kann ich nicht richtig nachvollziehen. Jemand hat eine Phobie, einen Waschzwang oder eine Sucht und möchte das loswerden. Wieso sollte er das als Teil seiner Person akzeptieren, wenn ihn das daran hindert, seine eigenlichen Wünsche und Bedürfnisse zu realisieren, sich zu entfalten, wie er eigentlich möchte, er sich nicht damit identifiziert?
Und einen Dualismus oder einen Homunkulus kann ich auch nicht sehen. Ist doch kein Problem, sich selber damit zu vergleichen, wie man sein möchte, eigene Handlungen und Verhaltensweisen zu analysieren, und dabei kann man auch Persönlichkeitsmerkmale, die nicht wie die oben pathologisch sind, als weniger gut ansehen und versuchen, die zu ändern, also sich zu ändern.
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Ja, auch Zwänge sind ohne Zweifel Teil der eigenen Person, was denn sonst. Daß man sie nicht so empfindet, ist dabei kein Einwand. Ich-Perspektive und Er-Perspektive einer Person müssen nicht übereinstimmen. Nur das ändert natürlich nichts daran, daß eine Person kein monolithischer Block ist, daß das von Rohrspatz erwähnte Tauziehen durchaus stattfindet. Jede Person, nicht nur solche mit Zwangshandlungen oder multiplen Persönlichkeiten, bestehen aus widerstreitenden Motiven, die vom jeweiligen Bewußtsein als innere Konflikte wahrgenommen werden, ohne daß man deswegen einen Dualismus oder mehr postuliert.
_________________ "Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1694345) Verfasst am: 06.10.2011, 18:28 Titel: |
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Im Gegenteil könnte man die Anzahl unterschiedlicher Instanzen des Bewusstseins sogar als eine Voraussetzung für Freiheit auffassen.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1694366) Verfasst am: 06.10.2011, 19:18 Titel: |
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Ich fasse noch mal meine Einwände zusammen:
1. Es spielt wenig Rolle, was die Leute naiverweise glauben.
2. Das Papier definiert "free will" so schwach, daß er existiert, aber keine nichttrivialen Konsequenzen hat, die über die einer Handlungsfreiheit hinausgehen.
3. Die Einwände gegen das Papier von N&K sind mE ungültig.
Zu (2.) und (3.) im Einzelnen:
(2.) Es ist verdächtig, daß schon zu Beginn lange darum geht, wie man vielleicht Determinismus falsch verstehen kann - obwohl fast jeder der gegebenen Difinition zustimmen würde, während "free will" einfach so benutzt wird. Es drängt sich der Verdacht auf, daß Kompatibilismus mglw. dann intuitiv erscheint, WENN man unter "free will" etwas hinreichend Triviales versteht (z.B. Rationalität oder Handlungsfreiheit oder die Vorstellung hypoth. alternativer Naturgesetze).
Letzteres zum Beispiel hier:
Zitat: | For instance, incompatibilists claim that it is widely accepted that free will requires the ability to do otherwise. Compatibilists respond that it is not obvious that this ability must be “unconditional” ...; rather, free action requires a “conditional” ability to do otherwise if relevant earlier conditions had been different, an ability that is consistent with determinism. | (Hervorhebung von mir)
Das entspricht in etwa der Frage:
"Hat jemand einen freien Willen, wenn er nicht anders handeln konnte, aber - unter anderen Umständen - anders gehandelt hätte?"
(3.) Was mir überhaupt nicht gefällt, sind die Einwände der Autoren gegen das Papier von N&K. Zum Beispiel ihr Haupteinwand:
Zitat: | We are more concerned with N&K’s description of determinism. For instance, they write that in Universe A, “given the past, each decision has to happen the way that it does.” This wording leaves the scope of the modal operator ambiguous. It may be interpreted as: “Given past events, it is necessary (or inevitable) that latter events (e.g., decisions) happen the way they do” rather than: “It is necessary that, given past events, later events (e.g., decisions) occur.” The latter, correct reading allows that later events (effects) could be otherwise as long as earlier events (causes) were otherwise. The former reading, however, mistakenly conflates determinism with fatalism (that all actual events are necessary or inevitable), and it negates a compatibilist understanding of the ability to do otherwise (see above), because one’s actions have to happen even if the past (e.g., one’s reasons) had been different |
Das halte ich für spitzfindigen Quatsch, denn "given past events" ist dieselbe Bedingung wie das kompatibilistische "if earlier conditions had been different" oben.
Daher poste ich hier nochmal das Ergebnis von N&K, daß mir wesentlich mehr einleuchtet, inklusive ihrer Interpretation, daß die Leute ihren intuitiven Inkompatibilismus fallenlassen (oder sogar die deterministische Voraussetzung verdrängen?), wenn ein intuitiv höherer Wert (Schuldzuweisung) auf dem Spiel steht.
Zitat: | In their studies, participants were randomly assigned to one of two groups, one of which was presented with a scenario in the “abstract” condition, and the other in the “concrete” condition.
The scenario in the abstract condition read:
Imagine a universe (Universe A) in which everything that happens is completely caused by whatever happened before it. This is true from the very beginning of the universe, so what happened in the beginning of the universe caused what happened next, and so on right up until the present. For example one day John decided to have French Fries at lunch. Like everything else, this decision was completely caused by what happened before it. So, if everything in this universe was exactly the same up until John made his decision, then it had to happen that John would decide to have French Fries.
Now imagine a universe (Universe B) in which almost everything that happens is completely caused by whatever happened before it. The one exception is human decision making. For example, one day Mary decided to have French Fries at lunch. Since a person’s decision in this universe is not completely caused by what happened before it, even if everything in the universe was exactly the same up until Mary made her decision, it did not have to happen that Mary would decide to have French Fries. She could have decided to have something different.
The key difference, then, is that in Universe A every decision is completely caused by what happened before the decision – given the past, each decision has to happen the way that it does. By contrast, in Universe B, decisions are not completely caused by the past, and each human decision does not have to happen the way that it does.
In the concrete condition, this scenario was followed by another paragraph:
In Universe A, a man named Bill has become attracted to his secretary, and he decided that the only way to be with her is to kill his wife and 3 children. He knows that it is impossible to escape from his house in the event of a fire. Before he leaves on a business trip, he sets up a device in his basement that burns down the house and kills his family.
In the abstract condition, participants were asked:
In Universe A, is it possible for a person to be fully morally responsible for their actions?
Yes No
and in the concrete condition:
Is Bill fully morally responsible for killing his wife and children?
Yes No
In the concrete condition, 72% of subjects gave the compatibilist response that Bill is fully morally responsible. In the abstract condition, however, 84% gave the purportedly incompatibilist response that it is not possible for a person to be fully morally responsible in Universe A. |
Sorry für den langen cite, aber ich denke, nur so ist es verständlich - und außerdem sehr interessant.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1694368) Verfasst am: 06.10.2011, 19:18 Titel: |
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Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Ja, auch Zwänge sind ohne Zweifel Teil der eigenen Person, was denn sonst. Daß man sie nicht so empfindet, ist dabei kein Einwand. Ich-Perspektive und Er-Perspektive einer Person müssen nicht übereinstimmen. Nur das ändert natürlich nichts daran, daß eine Person kein monolithischer Block ist, daß das von Rohrspatz erwähnte Tauziehen durchaus stattfindet. Jede Person, nicht nur solche mit Zwangshandlungen oder multiplen Persönlichkeiten, bestehen aus widerstreitenden Motiven, die vom jeweiligen Bewußtsein als innere Konflikte wahrgenommen werden, ohne daß man deswegen einen Dualismus oder mehr postuliert. |
Weiß zwar nicht so recht, was Du eigentlich sagen willst, aber vielleicht bezieht sich Dein Einwand auf den Begriff 'Person'?
Vielleicht wäre es besser, den Begriff 'Selbst' zu verwenden? Obgleich ich den normalerweise vermeide, den finde ich zu missverständlich, das hört sich zu sehr nach einem eigenständigen Ding an - was das 'Selbst' aber nicht ist.
Ich möchte an der Stelle mal mich selber zitieren:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | [...] Falls es Dich interessiert, was im 'commonsense' mit dem 'Selbst' gemeint ist, dann empfehle ich dieses Papier. Extrem kurz zusammengefasst: es gibt drei unterschiedliche Konzepte vom Selbst:
1. Das Köperkonzept ("ich bin mein Körper")
2. Das psychologische Konzept ("ich bin meine Erinnerungen, Weltanschauung, Überlegungen etc.")
3. Das externe Konzept ("ich bin nicht Gedanken, ich bin nicht Handlung, ich bin nicht Gefühle, ich bin etwas, das denkt, handelt und fühlt")
Diese drei Konzepte schließen sich nun aber nicht aus, sondern werden, je nach Kontext, (die Autoren nennen es 'zoom-in' und 'zoom-out'), von ein- und derselben Person angewendet.
Soweit die These der Autoren, die sie versuchen, plausibel zu machen, was ihnen mE gelungen ist. Und das deckt sich ziemlich gut mit meinen Intuitionen, dem, wie ich mich selber sehe. [...] |
Das "Selbst" ist demnach kontextabhängig. Von außen betrachtet (Er-Perspektive) und auch vom o.g. "Körperkonzept" aus mögen innere Zwänge zur Person / dem Selbst dazu gerechnet werden, denn die verursachen bestimmtes Verhalten. Klar war ich es, der im Affekt gehandelt hat, der die Droge nahm, der zuhause geblieben ist, weil er eine Agora-Phobie hat, der sich heute 50 mal die Hände gewaschen hat, weil er unter einem Waschzang leidet etc. pp. Aber von innen betrachtet, unter Einnahme des "externen Standpunktes" ist das nicht so. Da werden die doch wohl als Fremdkörper angesehen, die man lieber heute als morgen loswerden wollen würde, wenn das nur ginge.
Und daher ergibt es meiner Ansicht nach sehr wohl Sinn, von "inneren Zwängen" zu reden. Die Person, das Selbst oder wie auch immer, ist ja kein vorgegebenes und unveränderliches Ding, es gehört gerade zu meinem Begriff von Freiheit dazu, dass man die Fähigkeit auch zur Selbstreflexion hat, sich selber ändern kann. Und dazu muss man nun mal temporär einen Teil von sich gewissermaßen aus sich herausnehmen, um den von "außen" betrachten, analysieren und bewerten zu können.
Dazu impliziert nun weder einen Dualismus, noch die Vorstellung eines Homunkulus, noch muss ich magische Fähigkeiten haben oder dergleichen, um das tun zu können.
Eine Person oder das Selbst (wie auch immer man das nun nennen will) ist nun nicht immer mit sich konsistent. Es gibt Wünsche unterschiedlicher Ordung, die sich widerstreben können, z.B. ich will Drogen nehmen und ich will drogenfrei leben. Käme ich nun nie gegen meine Sucht an, dann wäre ich diesbezüglich unfrei, die Sucht wäre ein innerer Zwang.
Und dass ich diese Fähigkeit zur Selbstreflexion habe, mich gewissermaßen einen Schritt neben mich stellen und mich (meine Handlungen) selber betrachten und bewerten kann, ist eine grundlegende Bedingung dessen, was ich unter Willensfreiheit verstehe.
Ich kann nun nicht nachvollziehen, wie man sagen kann: ist völlig egal, was Du machst, ist alles konsistent mit Dir selber, und also kann es auch keinen inneren Zwang geben - was ja letztlich hieße, es könne gar keine widerstrebenden Motive geben und was außerdem noch eine Unveränderlichkeit von mir selber (der Person / des Selbst) implizieren würde.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1694369) Verfasst am: 06.10.2011, 19:20 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Im Gegenteil könnte man die Anzahl unterschiedlicher Instanzen des Bewusstseins sogar als eine Voraussetzung für Freiheit auffassen. |
Audiatur et altera pars ...
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1694375) Verfasst am: 06.10.2011, 19:50 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Du begründest das Auftreten der Emergenz mit dem Satz den ich fett gemacht habe. Damit begründest du die "Emergenz" mit der menschlichen Unfähigkeit alles vorrauszuberechnen. |
Sorry, Dino Tom, bevor ich ausführlich antworte: Das ist nicht meine Auffassung. Nicht die menschliche Unzulänglichkeit ist hier die Barriere, sondern die prinzipielle Nicht-Ableitbarkeit neuer Gesetzmäßigkeiten aus der Physik. (Weil neue Strukturen eigene, spezifische Gesetze bilden und weil der Zufall eine Rolle dabei spielt, welche das sind). |
Oh, dann hab ich dich falsch verstanden, dann musst du aber tatsächlich mal ein Beispiel bringen in dem du die "prinzipielle Nicht-Ableitbarkeit neuer Gesetzmäßigkeiten aus der Physik" aufzeigst. Ich denke das wirst du in deinem ausführlichen Post machen. Ich bin ehrlich gespannt.
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1694392) Verfasst am: 06.10.2011, 20:31 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Ich fasse noch mal meine Einwände zusammen:
1. Es spielt wenig Rolle, was die Leute naiverweise glauben.
2. Das Papier definiert "free will" so schwach, daß er existiert, aber keine nichttrivialen Konsequenzen hat, die über die einer Handlungsfreiheit hinausgehen.
3. Die Einwände gegen das Papier von N&K sind mE ungültig. |
1. Doch, wenn man eine Theorie über X entwickeln möchte, die das allgemeine Konzept von X hinreichend abdeckt, dann muss man das allgemeine Konzept X erst mal eruieren. Wenn man aber eine Theorie über Y entwickeln möchte, die mit dem allgemeinen Konzept X nicht viel zu tun hat, dann stellt sich die Frage: wieso eigentlich?
2. Wenn ich wissen will, was die Leute unter den Konzepten "freier Wille" und "moralische Verantwortung" verstehen, dann darf ich natürlich keine Definition vorgeben. Es wäre doch absurd, zu fragen: "wenn 'freier Wille' xy und 'moralische Verantwortung' vw bedeutet, was verstehst Du dann unter einem freien Willen und unter moralischer Verantwortung?"
3. siehe 2.
step hat folgendes geschrieben: | Zu (2.) und (3.) im Einzelnen:
(2.) Es ist verdächtig, daß schon zu Beginn lange darum geht, wie man vielleicht Determinismus falsch verstehen kann - obwohl fast jeder der gegebenen Difinition zustimmen würde, während "free will" einfach so benutzt wird. Es drängt sich der Verdacht auf, daß Kompatibilismus mglw. dann intuitiv erscheint, WENN man unter "free will" etwas hinreichend Triviales versteht (z.B. Rationalität oder Handlungsfreiheit oder die Vorstellung hypoth. alternativer Naturgesetze). |
Aber, wie gesagt, es ging dabei doch darum, das zu eruieren, was Leute gemeinhin unter den Konzepten 'freier Wille' und 'moralische Verantwortung' verstehen! Ob das in irgendeiner Weise trivial ist oder nicht, (besser gesagt: ob Du das trivial findest), spielt dabei keine Rolle, es geht um die gebräuchliche Verwendung der Begriffe, der Konzepte! Und das kann man wohl kaum erfragen, wenn man eine Definition vorgibt.
Die These der Autoren ist ja aber, bezogen auf Determinismus, dass dieser oft so verstanden wird, als ob er unweigerlich Fatalismus (oder Epiphänomenalismus) implizieren würde. Das ist doch der Witz der Studie, eben das soll ausgeschlossen werden, denn es soll ja ermittelt werden, ob das allgemeine Konzept von Willensfreiheit einen Gegensatz von Determinismus und Willensfreiheit beinhaltet. Dabei muss die fälschliche Assoziierung von Determinismus mit Fatalismus oder Epiphänomenalismus ausgeschlossen werden.
Ansonsten hätte man das Ergebnis, dass das allgemeine Konzept von Willensfreiheit nicht mit Fatalismus oder Epiphänomenalismus kompatibel ist, aber das sagte dann ja nichts über die Kompatibilität von Willensfreiheit und Determinismus aus - falls man denn dabei zustimmt, dass Determinismus nicht auch Fatalismus oder Epiphänomenalismus bedeuten muss, (was aber zumindest unter Philosophen unstrittig ist).
step hat folgendes geschrieben: | Das halte ich für spitzfindigen Quatsch, denn "given past events" ist dieselbe Bedingung wie das kompatibilistische "if earlier conditions had been different" oben.
Daher poste ich hier nochmal das Ergebnis von N&K, daß mir wesentlich mehr einleuchtet, inklusive ihrer Interpretation, daß die Leute ihren intuitiven Inkompatibilismus fallenlassen (oder sogar die deterministische Voraussetzung verdrängen?), wenn ein intuitiv höherer Wert (Schuldzuweisung) auf dem Spiel steht. |
Aber diese Interpretation ist offensichtlich falsch, weil sie dieser Studie widerspricht. Dort gab es in einem deterministischen Szenario 3 konkrete Fälle: 1. jemand raubt eine Bank aus (moralisch negativ), 2. rettet ein Kind (moralisch positiv) und 3. geht joggen (moralisch neutral).
Die Ergebnisse ("handelten die Akteure aus freiem Willen?") widersprechen der obigen These: 1.: 76% ja, 2. 68% ja, 3. 79% ja, die müssten sich nämlich, wäre die These richtig, sehr viel mehr unterscheiden, dürften nicht so nahe zusammenliegen.
Also muss es eine andere Erklärung geben als die von N&K.
Mag ja nun sein, dass auch die Erläuterungen von NMNT zu der Studie von N&K nicht stimmen und / oder die These von NMNT nicht stimmt, (Leute sehen in vielen Fällen nur dann einen Gegensatz von Determinismus und Willensfreiheit, wenn sie aus Determinismus fälschlich Fatalismus oder Epiphomenalismus folgern), obgleich sie sich viel Mühe gegeben haben, diese These mit ihrer Studie empirisch zu untermauern.
Nur müsste man dann ein anderes Argument vorbringen als lediglich: "leuchtet mir mehr ein". Denn wie gesagt, die Interpretation von N&K sehe ich als widerlegt an.
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Steffen Rehm registrierter User
Anmeldungsdatum: 10.07.2011 Beiträge: 160
Wohnort: bei Berlin
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(#1694400) Verfasst am: 06.10.2011, 21:13 Titel: |
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Zitat: ''Diese ersten Jahre haben unter anderem auch den Vorteil, dass man da Gewalt und Zwang brauchen kann. Die Kinder vergessen mit den Jahren alles, was ihnen in der ersten Kindheit begegnet ist. Kann man da den Kindern den Willen benehmen, so erinnern sie sich hiernach niemals mehr, dass sie einen Willen gehabt haben".
Aus: J. Sulzer Versuch von der Erziehung und Unterweisung der Kinder, 1748
Das war gebräuchliche Praxis in der Kindererziehung vor 250 Jahren und ist auch heute gar nicht selten anzutreffen.
Kein Wunder also, dass unklare Vorstellungen vom eigenen Willen existieren, wenn einem der vielleicht in den ersten Lebensjahren ausgeprügelt wurde. Unsere Gesellschaftsordnungen waren bisher ebenso kaum geeignet, Eigenwilligkeit zu fördern, eher wurde der Eigensinnige abgestraft, in den braunen und roten Diktaturen war er in ständiger Lebensgefahr.
Die drei christlichen Kardinaltugenden: Gehorsam, Demut, Keuschheit, sind auch nicht zur Entwicklung eines starken Willens geeignet.
Wenn man aus einer Bewußtlosigkeit, aus Schlaf oder Narkose aufwacht, dann erlebt man die bewußte Ebene, in der man mit Sprache und bewußten Handlungen auf die Umwelt reagieren kann. Freilich spielen dabei die Gefühle und vegetativen Vorgänge auch mit, so wie auch umgekehrt Worte und bewußte Handlungen auf die Gefühle und unbewußten, vegetativen Reaktionen (rot werden) starke Wirkung haben können.
Ziemlich frei von emotionalen Einflüssen kann man die Sprache der Mathematik betrachten, die als hervorragendes Merkmal freier menschlicher Bewußtseinstätigkeit gilt.
Umgekehrt treten in der Sprache der Musik die mathematischen Grundlagen kaum bewußt hervor, aber die Gefühle werden bewußt kräftig aktualisiert.
Es wird wohl keiner behaupten, daß sich solche Tätigkeiten des Bewußtseins auf Vorgänge in Ionenkanälen reduzieren lassen. Vielleicht kann aber ein mathematisches Modell für die bewußte Ebene der Säugetiere inclusive Menschen gefunden werden, mit dem gewisse Aspekte der Bewußtseinstätigkeit als organische Vorgänge begreifbar werden.
_________________ Die Erkenntnis der Grenze ist die Grenze der Erkenntnis
Zuletzt bearbeitet von Steffen Rehm am 06.10.2011, 21:19, insgesamt 4-mal bearbeitet |
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1694401) Verfasst am: 06.10.2011, 21:17 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Wenn ich wissen will, was die Leute unter den Konzepten "freier Wille" und "moralische Verantwortung" verstehen, dann darf ich natürlich keine Definition vorgeben. |
Wenn ich das richtig verstanden habe, gibt die Studie aber (implizit) vor, was die Probanden unter Determinismus und unter "free will" zu verstehen haben. Sie erfragen nur, ob die Probanden Kompatibilisten in bezug auf diese Definition sind. Sind sie das nicht, haben sie eine falsche Definition verwendet!
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Die These der Autoren ist ja aber, bezogen auf Determinismus, dass dieser oft so verstanden wird, als ob er unweigerlich Fatalismus (oder Epiphänomenalismus) implizieren würde. |
Ja, aber ist Dir aufgefallen, daß sie "Fatalismus" künstlich vom Determinismus absetzen? Betrachten wir mal den Unterschied:
wikipedia hat folgendes geschrieben: | Kennzeichnend für den Fatalismus ist die Annahme einer universell wirkenden Instanz als gemeinsame Ursache der einzelnen von ihr festgelegten Schicksale. Diese Instanz kann eine Gottheit sein, deren Vorsehung die Welt lenkt, oder auch eine unpersönliche oder mehr oder weniger personifizierte Macht, die im Rahmen einer kosmischen Ordnung für einen vorbestimmten Ablauf der Schicksale sorgt. Wird das Schicksal ausschließlich auf eine naturgesetzliche Kausalität zurückgeführt, ohne dass damit die Vorstellung einer verursachenden, lenkenden und zwecksetzenden Instanz (Vorsehung) verknüpft ist, so spricht man von Determinismus. |
Wenn man also behauptet, die intuitiven Inkompatibilisten hätten D. mit F. verwechselt, dann frage ich mich doch, wo der Unterschied zwischen einer kompletten Lenkung durch Naturgesetze und einer kompletten Lenkung durch Götter in bezug auf den freien Willen sein soll ...
Und am besten finde ich:
wikipedia hat folgendes geschrieben: | Fatalisten halten die Fügungen des Schicksals für unausweichlich und meinen, der Wille des Menschen könne ihnen nichts entgegensetzen. |
Und Deterministen? Meinen die etwa intuitiv, die unausweichlichen Naturgesetze seien ausweichlicher als die unausweichlichen Götter?
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | ... Also muss es eine andere Erklärung geben als die von N&K. ... Nur müsste man dann ein anderes Argument vorbringen als lediglich: "leuchtet mir mehr ein". ... |
Tja, Interpretationen gibt es viele ... aber ich denke, man kann jedenfalls nicht einfach sagen, die Mehrheit sei intuitiv kompatibilistisch. Offensichtlich sind/werden sie das nur unter bestimmten Umständen. Insgesamt scheinen mir auch die Ergebnisse widersprüchlich.
Man könnte natürlich das Schlimmste annimmt (jeder wollte das herausfinden, was er herausgefunden hat) - idZ wäre interessant, welche der jeweiligen Autoren K. und welche IK. sind.
Oder die Menschen sind intuitiv einfach so dermaßen unlogisch, daß sie inkonsistent antworten.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Marcellinus Outsider
Anmeldungsdatum: 27.05.2009 Beiträge: 7429
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(#1694403) Verfasst am: 06.10.2011, 21:20 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Ja, auch Zwänge sind ohne Zweifel Teil der eigenen Person, was denn sonst. Daß man sie nicht so empfindet, ist dabei kein Einwand. Ich-Perspektive und Er-Perspektive einer Person müssen nicht übereinstimmen. Nur das ändert natürlich nichts daran, daß eine Person kein monolithischer Block ist, daß das von Rohrspatz erwähnte Tauziehen durchaus stattfindet. Jede Person, nicht nur solche mit Zwangshandlungen oder multiplen Persönlichkeiten, bestehen aus widerstreitenden Motiven, die vom jeweiligen Bewußtsein als innere Konflikte wahrgenommen werden, ohne daß man deswegen einen Dualismus oder mehr postuliert. |
Weiß zwar nicht so recht, was Du eigentlich sagen willst, aber vielleicht bezieht sich Dein Einwand auf den Begriff 'Person'?
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Ich finde das gar nicht so schwierig. Eine Person ist das, was ein Mensch eben ist, ein Lebewesen mit Armen, Beinen, Kopf und Hirn und was andere von dieser Person sehen, ist die Er-Perspektive. Davon unterscheiden kannst du die Ich-Perspektive, aber wenn ein Mensch ein gesundes Sozialleben hat, und auch sonst keine psychischen Probleme, sind die Unterschiede nicht wesentlich, und die Persönlichkeit dieses Menschen fühlt sich im wesentlichen identisch mit der Person. Anders wird das, wenn es zu Zwängen oder psychologischen Problemen kommt. Dann empfindet das Ich auf einmal Teile seiner Person als etwas Fremdes. Das mag bis zu getrennten Persönlichkeiten in einer Person gehen.
Wir sind immer eine Person, mit unserem Körper, seinen Organen und als wichtigstem, unserem Gehirn. Dieses Gehirn ist kein einheitlicher Block, sondern ein kompliziertes Gebilde aus ganz unterschiedlichen Teilen, die miteinander interagieren. Hier übrigens eine, wie ich finde, interessante Seite dazu.
_________________ "Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."
Friedrich Nietzsche
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