Freigeisterhaus Foren-Übersicht
 FAQFAQ   SuchenSuchen   MitgliederlisteMitgliederliste   NutzungsbedingungenNutzungsbedingungen   BenutzergruppenBenutzergruppen   LinksLinks   RegistrierenRegistrieren 
 ProfilProfil   Einloggen, um private Nachrichten zu lesenEinloggen, um private Nachrichten zu lesen   LoginLogin 

Kann Wissenschaft moralische Fragen beantworten?
Gehe zu Seite Zurück  1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8  Weiter
 
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen   Drucker freundliche Ansicht    Freigeisterhaus Foren-Übersicht -> Weltanschauungen und Religionen
Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  
Autor Nachricht
step
registriert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#1699810) Verfasst am: 28.10.2011, 09:01    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Es wäre nämlich denkbar, und darauf läuft die Diskussion meines Erachtens hinaus, daß die Wirklichkeit, also das Sein, einer Zielvorstellung angepasst wird, die eine Ethik implementiert, über die dann nicht mehr entschieden werden kann - da das Sein sie objektiv benötigt.

Es könnte aber auch sein, daß das Sein die Diskussion über Ethik benötigt.

Vereinfacht gesagt sehe ich schon irgendwie nur folgende beiden logischen Möglichkeiten - oder eine Kombination aus ihnen:
- Es ist möglich, eine optimale Ethik aus unserem Sein abzuleiten. Ethik wäre dann eine Theorie.
- Es ist möglich, ein optimales Sein aus unserer Ethik abzuleiten. Wir wären dann optimierbar.

zelig hat folgendes geschrieben:
Daraus kann man nach meiner Auffassung bestimmte Metakriterien ableiten, die unverzichtbar sind. Dazu gehört der Konsens zum prozessualen Charakter der Ethik (und möglicherweise die gerade daraus folgende Einsicht, daß es eine universell gültige nicht Ethik geben kann), und die prinzipielle Berechtigung aller Beteiligten an diesem Prozess teilzuhaben. Wenn wir in diesen Punkten Einigkeit haben, dann müsste man alles, was die aktive Teilhabe der Beteiligten behindert oder ausschließt, ablehnen.

Ja, das klingt aus meiner Sicht plausibel.
_________________
Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
zelig
Kultürlich



Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25405

Beitrag(#1699811) Verfasst am: 28.10.2011, 09:17    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Es wäre nämlich denkbar, und darauf läuft die Diskussion meines Erachtens hinaus, daß die Wirklichkeit, also das Sein, einer Zielvorstellung angepasst wird, die eine Ethik implementiert, über die dann nicht mehr entschieden werden kann - da das Sein sie objektiv benötigt.

Es könnte aber auch sein, daß das Sein die Diskussion über Ethik benötigt.

Vereinfacht gesagt sehe ich schon irgendwie nur folgende beiden logischen Möglichkeiten - oder eine Kombination aus ihnen:
- Es ist möglich, eine optimale Ethik aus unserem Sein abzuleiten. Ethik wäre dann eine Theorie.
- Es ist möglich, ein optimales Sein aus unserer Ethik abzuleiten. Wir wären dann optimierbar.

zelig hat folgendes geschrieben:
Daraus kann man nach meiner Auffassung bestimmte Metakriterien ableiten, die unverzichtbar sind. Dazu gehört der Konsens zum prozessualen Charakter der Ethik (und möglicherweise die gerade daraus folgende Einsicht, daß es eine universell gültige nicht Ethik geben kann), und die prinzipielle Berechtigung aller Beteiligten an diesem Prozess teilzuhaben. Wenn wir in diesen Punkten Einigkeit haben, dann müsste man alles, was die aktive Teilhabe der Beteiligten behindert oder ausschließt, ablehnen.

Ja, das klingt aus meiner Sicht plausibel.


Wenn "Optimum" einen statischen (End)Zustand bedeutet, und das tut es nach meiner Auffassung, dann ist es mit der Prozessualität der Ethik nicht vereinbar.
_________________
Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Tom der Dino
registrierter User



Anmeldungsdatum: 20.07.2011
Beiträge: 3949

Beitrag(#1699876) Verfasst am: 28.10.2011, 16:09    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Es wäre nämlich denkbar, und darauf läuft die Diskussion meines Erachtens hinaus, daß die Wirklichkeit, also das Sein, einer Zielvorstellung angepasst wird, die eine Ethik implementiert, über die dann nicht mehr entschieden werden kann - da das Sein sie objektiv benötigt.

Es könnte aber auch sein, daß das Sein die Diskussion über Ethik benötigt.

Vereinfacht gesagt sehe ich schon irgendwie nur folgende beiden logischen Möglichkeiten - oder eine Kombination aus ihnen:
A- Es ist möglich, eine optimale Ethik aus unserem Sein abzuleiten. Ethik wäre dann eine Theorie.
B- Es ist möglich, ein optimales Sein aus unserer Ethik abzuleiten. Wir wären dann optimierbar.

Hervorgehobene Buchstaben von mir.
Zu B: Ich denke, das ist trivial. Es gibt soviele Gesellschaftssysteme die zumindestens temporär funktionieren, dass man davon ausgehen kann, dass die Individuen sich optimiert haben um der jeweils geltenden Ethik zu entsprechen. Solange Mindestanforderungen wie Nahrung etc. vorhanden sind, fügen sich die Menschen in fast jedes ethische System.

A ist die interessante Hypothese um die es meines Verständnisses nach hier geht. Ich kann keinen Grund erkennen der gegen A spricht. Unser Sein gründet sich auf bestimmte Voraussetzungen. Diese sind gleichzeitig die Voraussetzungen für die optimale Ethik. Zumindest kann es nicht sein, dass wir eine andere optimale Ethik finden, die den Voraussetzungen unseres Seins widerspricht. Weiterhin sieht es so aus, als ob die Menschheit demokratische Strukturen evolutionär entwickelt. Wenn es eine Evolution der Gesellschaftssysteme gibt, gibt es auch mindestens ein "fittest" Gesellschaftssystem. Man kann zwar andere wählen und ist dadurch nicht festgelegt, aber die Abwesenheit eines optimalen Systems leuchtet mir nicht ein.

@AP Step hat in seinen Posts meine Ansicht bereits formuliert, daher werde ich auf die angekündigte Antwort verzichten.
_________________
Am Anfang war ......das Experiment.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
AgentProvocateur
registrierter User



Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1699889) Verfasst am: 28.10.2011, 18:01    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Der moralische Relativismus hat drei Hauptaspekte:

"Descriptive Moral Relativism (DMR). As a matter of empirical fact, there are deep and widespread moral disagreements across different societies, and these disagreements are much more significant than whatever agreements there may be.

Metaethical Moral Relativism (MMR). The truth or falsity of moral judgments, or their justification, is not absolute or universal, but is relative to the traditions, convictions, or practices of a group of persons.

[Normative Moral Relativism (NMR).] Finally, the term ‘moral relativism’ is sometimes associated with a normative position concerning how we ought to think about, or behave towards, persons with whom we morally disagree. Usually the position is formulated in terms of tolerance. In particular, it is said that we should not interfere with the actions of persons that are based on moral judgments we reject, when the disagreement is not or cannot be rationally resolved. This is thought to apply especially to relationships between our society and those societies with which we have significant moral disagreements. Since tolerance so-understood is a normative thesis about what we morally ought to do, it is best regarded, not as a form of moral relativism per se, but as a thesis that has often been thought to be implied by relativist positions such as DMR and MMR. Despite the popularity of this thought, most philosophers believe it is mistaken. The question is what philosophical relationship, if any, obtains between moral relativism and tolerance."


(http://plato.stanford.edu/entries/moral-relativism)

Ja, (bzw. siehe meine Anmerkungen zu NMR unten), und eigentlich unterschreibe ich alle drei Aspekte mehr oder weniger.

Allerdings beruht mein moralischer Realismus nicht auf dem Glauben, dass es grundsätzliche unvereinbare kulturelle moralische Unterschiede gibt, ich glaube eher, die Unterschiede zwischen Individuen innerhalb einer Gesellschaft sind größer als die zwischen Gesellschaften und dass diese moralischen Meinungsverschiedenheiten nicht auf eine am Ende einzig richtige moralische Wahrheit zurückgeführt werden können, z.B.:

- Trolley-Problem
- Abtreibung
- Sterbehilfe/Euthanasie

Meiner Ansicht nach ist das Killer-Argument gegen moralischen Realismus übrigens dieses (aus dem Artikel): "[...] moral objectivists disagree among themselves about which objectivist theory is correct [...]" (moralische Objektivisten sind sich untereinander selber uneinig darüber, welche objektivistische Theorie korrekt ist [...])

Welchen praktischen Nutzen hat es, zu behaupten, es gäbe die einzig wahre richtige Ethik, man könne bloß nicht sagen, welche das sei? Überhaupt keinen.

Was NMR angeht, (was aber kein Hauptaspekt des moralischen Relativismus ist, wie Du behauptet hast, Hauptaspekte sind lediglich DMR und MMR): da möchte ich mich dem anschließen:

SEP - moral relativism hat folgendes geschrieben:
In his more recent defense of pluralistic relativism (2006), Wong has argued that, since some serious moral disagreements are inevitable, any adequate morality will include the value of what he calls accommodation. This involves a commitment to peaceful and non-coercive relationships with persons with whom we disagree. Accommodation appears to be related to tolerance, but Wong argues for more than this: we should also try to learn from others, compromise with them, preserve relationships with them, etc.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
DerBernd
auf Wunsch deaktiviert



Anmeldungsdatum: 16.10.2010
Beiträge: 1043

Beitrag(#1699892) Verfasst am: 28.10.2011, 18:27    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Meiner Ansicht nach ist das Killer-Argument gegen moralischen Realismus übrigens dieses (aus dem Artikel): "[...] moral objectivists disagree among themselves about which objectivist theory is correct [...]" (moralische Objektivisten sind sich untereinander selber uneinig darüber, welche objektivistische Theorie korrekt ist [...])

Welchen praktischen Nutzen hat es, zu behaupten, es gäbe die einzig wahre richtige Ethik, man könne bloß nicht sagen, welche das sei? Überhaupt keinen.


Überhaupt keinen? Ich protestiere!
Dann bestünde die Hoffnung, dass man sich irgendwann noch einigt, genauso wie man irgendwann vielleicht noch den Beweis für ein bestimmtes mathematisches Problem findet, über das man sich momentan noch uneins ist. Das würde dann die Existenz der akademischen Philosophie und das hohe Gehalt von den vielen Mitarbeitern rechtfertigen Lachen
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
step
registriert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#1699897) Verfasst am: 28.10.2011, 18:55    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... ich glaube eher, die Unterschiede zwischen Individuen innerhalb einer Gesellschaft sind größer als die zwischen Gesellschaften ...

Du meinst hier sicher "zwischen Gesellschaften unserer Spezies, (die sich austauschen?) "?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... und dass diese moralischen Meinungsverschiedenheiten nicht auf eine am Ende einzig richtige moralische Wahrheit zurückgeführt werden können, z.B.:

- Trolley-Problem
- Abtreibung
- Sterbehilfe/Euthanasie

Beim Trolley-Problem muß man jedoch mE bedenken, daß es (in der bei uns verbreiteten Moral) ein echtes Dilemma darstellt. Die allermeisten Menschen fänden - denke ich jedenfalls - keine der beiden Alternativen wirklich moralisch überlegen, genau darin besteht ja das Dilemma. In einem ersten Ansatz würde eine "optimale" Ethik daher mE für Handlungen / Unterlassungen in solchen Fällen eine neutrale Bewertung vorsehen, egal also was man wählt, man gälte weder als Held noch als Schurke. Im Grunde ist es ja heute schon annähernd so, oder? In zweiter Näherung könnte man z.B. überlegen, ob es eher förderlich ist oder nicht, wenn man trotzdem - egal wie man sich entscheidet - Schuldgefühle ausbildet.

Ansonsten stimme ich Dir insofern zu, daß die Findung einer "optimalen Moral" in diesen Fällen voraussetzen würde, daß man sich einigt (oder aber mitoptimiert), was die Subjekte fundamental unter "Person" und "Subjekt" verstehen.
_________________
Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Tom der Dino
registrierter User



Anmeldungsdatum: 20.07.2011
Beiträge: 3949

Beitrag(#1699899) Verfasst am: 28.10.2011, 19:04    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
- Trolley-Problem


Zumindestens hier ist es relativ einfach. Die Ethik kann beide Möglichkeiten zulassen. Der Mensch der sich an der Weiche befindet, entscheidet selbst und seine Entscheidung ist die, in dem Moment, moralisch richtige.

Genau das gleiche gilt für Abtreibung.

Bei der Euthanasie ist das in meinen Augen so eine Sache, weil da die Missbrauchsmöglichkeiten im Moment noch zu groß sind.
_________________
Am Anfang war ......das Experiment.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
AgentProvocateur
registrierter User



Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1699903) Verfasst am: 28.10.2011, 19:44    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... ich glaube eher, die Unterschiede zwischen Individuen innerhalb einer Gesellschaft sind größer als die zwischen Gesellschaften ...

Du meinst hier sicher "zwischen Gesellschaften unserer Spezies, (die sich austauschen?) "?

Nein, ich meine, dass Menschen (in einem gewissen Rahmen) kulturell übergreifend gemeinsame moralische Werte (und Grundlagen haben), haben, auch wenn Gesellschaften sich nicht austauschen. (Wenn diese Menschen hinreichendes Wissen haben.)

Aber das ist nur eine Vermutung, nichts, was ich belegen kann. Das ist letztlich eine empirische Frage, (allerdings natürlich nur auf die Gegenwart bezogen).

Na gut, dass Trolley-Problem mag ein Moral-Dilemma sein, das keine echte Lösung hat und daher könnte man beide Handlungen zulassen - allerdings: aus Sicht eines moralischen Realisten kann ein solcher Fall ja nicht vorkommen, daher ist es mE durchaus ein Gegenbeispiel zum moralischen Realismus. Und: um diese Frage geht es - zumindest mir - auch in diesem Thread.

Andererseits ist das Trolley-Problem wohl tatsächlich nicht besonders interessant bei der Frage nach einer Optimierung einer Ethik.

Die interessante Frage bei einer Ethik ist mE die nach dem optimalen Verhältnis zwischen Individualismus und Kollektivismus. Wie man das bestimmen kann. (Auf der einen Seite Ayn Rand, [die Gesellschaft ist nichts, der Einzelne ist alles], auf der anderen Seite eine extreme Gleichheitsauffassung / ein extremer Kollektivismus [=der Einzelne ist nichts, die Gesellschaft ist alles]). Oder so.

Und auch die Frage, ob, wenn moralischer Realismus richtig ist, wie man dann die richtige Ethik bestimmen kann, oder, wenn moralischer Relativismus (pragmatische Gründe reichen da mE schon aus, was nutzt eine evtl. wahre Wahrheit, die man nicht kennt?) die einzige uns zugängliche Möglichkeit ist, wie man dann genau verfährt.

step hat folgendes geschrieben:
Ansonsten stimme ich Dir insofern zu, daß die Findung einer "optimalen Moral" in diesen Fällen voraussetzen würde, daß man sich einigt (oder aber mitoptimiert), was die Subjekte fundamental unter "Person" und "Subjekt" verstehen.

Nein, das ist für eine Ethik erst mal irrelevant; erst, wenn eine Ethik diese Begriffe als für sich wesentlich ansieht, erst dann muss man das näher bestimmen. Aber das muss ebenfalls dann wieder begründet werden, denn auch das ist ja wieder strittig.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Tom der Dino
registrierter User



Anmeldungsdatum: 20.07.2011
Beiträge: 3949

Beitrag(#1699913) Verfasst am: 28.10.2011, 20:24    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... ich glaube eher, die Unterschiede zwischen Individuen innerhalb einer Gesellschaft sind größer als die zwischen Gesellschaften ...

Du meinst hier sicher "zwischen Gesellschaften unserer Spezies, (die sich austauschen?) "?

Nein, ich meine, dass Menschen (in einem gewissen Rahmen) kulturell übergreifend gemeinsame moralische Werte (und Grundlagen haben), haben, auch wenn Gesellschaften sich nicht austauschen. (Wenn diese Menschen hinreichendes Wissen haben.)

Aber das ist nur eine Vermutung, nichts, was ich belegen kann. Das ist letztlich eine empirische Frage, (allerdings natürlich nur auf die Gegenwart bezogen).


Das ist ebenfalls trivial. Die grundlegenden Gesellschaftssturkturen sind im Rahmen der Evolution entwickelt worden. Andere soziale Tiere weichen in ihren Gesellschaftsstrukturen von unserer ab. Wieder andere Tiere sind ausschließlich Einzelgänger. Grundlegende Gesellschaftsstrukturen sind Speziesspezifisch.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Die interessante Frage bei einer Ethik ist mE die nach dem optimalen Verhältnis zwischen Individualismus und Kollektivismus. Wie man das bestimmen kann. (Auf der einen Seite Ayn Rand, [die Gesellschaft ist nichts, der Einzelne ist alles], auf der anderen Seite eine extreme Gleichheitsauffassung / ein extremer Kollektivismus [=der Einzelne ist nichts, die Gesellschaft ist alles]). Oder so.
Genau, das ist auch für mich die interessanteste Frage.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und auch die Frage, ob, wenn moralischer Realismus richtig ist, wie man dann die richtige Ethik bestimmen kann, oder, wenn moralischer Realismus (pragmatische Gründe reichen da mE schon aus, was nutzt eine evtl. wahre Wahrheit, die man nicht kennt?) die einzige uns zugängliche Möglichkeit ist, wie man dann genau verfährt.
Man kann ja erstmal versuchen die falschen auszusortieren. Dazu braucht man Kriterien die man überprüfen kann. Eines dieser Kriterien ist die Stabilität. Dieses Kriterium ergibt sich in meinen Augen auch zwangsläufig.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ansonsten stimme ich Dir insofern zu, daß die Findung einer "optimalen Moral" in diesen Fällen voraussetzen würde, daß man sich einigt (oder aber mitoptimiert), was die Subjekte fundamental unter "Person" und "Subjekt" verstehen.

Nein, das ist für eine Ethik erst mal irrelevant; erst, wenn eine Ethik diese Begriffe als für sich wesentlich ansieht, erst dann muss man das näher bestimmen. Aber das muss ebenfalls dann wieder begründet werden, denn auch das ist ja wieder strittig.
Zustimmung. Ich denke aber die Begriffe werden sich ebenfalls ergeben.
_________________
Am Anfang war ......das Experiment.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
step
registriert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#1699915) Verfasst am: 28.10.2011, 20:31    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... ich glaube eher, die Unterschiede zwischen Individuen innerhalb einer Gesellschaft sind größer als die zwischen Gesellschaften ...
Du meinst hier sicher "zwischen Gesellschaften unserer Spezies, (die sich austauschen?) "?
Nein, ich meine, dass Menschen (in einem gewissen Rahmen) kulturell übergreifend gemeinsame moralische Werte (und Grundlagen haben), haben, auch wenn Gesellschaften sich nicht austauschen. (Wenn diese Menschen hinreichendes Wissen haben.)

Also zumindest die Einschränkung "Spezies" scheinst Du implizit zu bestätigen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Die interessante Frage bei einer Ethik ist mE die nach dem optimalen Verhältnis zwischen Individualismus und Kollektivismus. Wie man das bestimmen kann.

Ja, das halte auch ich auch für eine der interessantesten Fragen der Ethik. Und ich denke, daß man sie tendenziell beantworten kann, wenn man das menschliche Sein und Umfeld als gegeben betrachtet. Läßt man dagegen das menschliche Sein als Variable zu, also läßt man zu, daß die Menschheit sich - auch aktiv - veränden kann, dann traue ich mir keine eindeutige Einschätzung der Optimierbarkeit in bezug auf diese Frage zu.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ansonsten stimme ich Dir insofern zu, daß die Findung einer "optimalen Moral" in diesen Fällen voraussetzen würde, daß man sich einigt (oder aber mitoptimiert), was die Subjekte fundamental unter "Person" und "Subjekt" verstehen.
Nein, das ist für eine Ethik erst mal irrelevant; erst, wenn eine Ethik diese Begriffe als für sich wesentlich ansieht, erst dann muss man das näher bestimmen.

Aber z.B. für das Problem der Abtreibung ist das offensichtlich relevant: Eine Gesellschaft, die dem Embryo Personenstatus zuschreibt, wird Abtreibung eher verbieten, und umgekehrt.
_________________
Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Myron
Pansomatist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3625

Beitrag(#1699948) Verfasst am: 28.10.2011, 22:24    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Was NMR angeht, (was aber kein Hauptaspekt des moralischen Relativismus ist, wie Du behauptet hast, Hauptaspekte sind lediglich DMR und MMR): da möchte ich mich dem anschließen:

SEP - moral relativism hat folgendes geschrieben:
In his more recent defense of pluralistic relativism (2006), Wong has argued that, since some serious moral disagreements are inevitable, any adequate morality will include the value of what he calls accommodation. This involves a commitment to peaceful and non-coercive relationships with persons with whom we disagree. Accommodation appears to be related to tolerance, but Wong argues for more than this: we should also try to learn from others, compromise with them, preserve relationships with them, etc.


Wie kann ein metaethischer Relativist, der Teil einer intoleranten Gesellschaft ist, Toleranz gegenüber den Sitten einer anderen Gesellschaft fordern, ohne in Widerspruch mit dem metaethischen Relativismus (MR) zu geraten? Antwort: Er kann es nicht! Denn wenn seine Gesellschaft Intoleranz gegenüber den Sitten anderer Gesellschaften mehrheitlich gutheißt, dann ist diese Intoleranz dem MR zufolge etwas moralisch Gutes.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
AgentProvocateur
registrierter User



Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1699954) Verfasst am: 28.10.2011, 22:47    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Wie kann ein metaethischer Relativist, der Teil einer intoleranten Gesellschaft ist, Toleranz gegenüber den Sitten einer anderen Gesellschaft fordern, ohne in Widerspruch mit dem metaethischen Relativismus (MR) zu geraten? Antwort: Er kann es nicht! Denn wenn seine Gesellschaft Intoleranz gegenüber den Sitten anderer Gesellschaften mehrheitlich gutheißt, dann ist diese Intoleranz dem MR zufolge etwas moralisch Gutes.

Unsinn, Du legst jetzt einfach die Prämisse rein, dass ein moralischer Relativist unhinterfragt diejenige Ethik als gut / richtig ansehen müsse, die seine Gesellschaft mehrheitlich vertritt.

Aber diese Prämisse teile ich nicht und ich meine, ich habe das oben hinreichend klar gemacht. Woraus auch sollte sie folgen?

Moralischer Relativismus bedeutet nur, dass es letztlich unentscheidbare moralische Fragen geben kann, aber daraus folgt keineswegs, dass man die mehrheitlich in seiner Gesellschaft vertretenen moralischen Ansichten vertreten müsse.

Außerdem ist NMR nicht Teil meiner metaethischen Position, ist nicht notwendiger Bestandteil von moralischem Relativismus, sondern ist unabhängig davon zu behandeln. Selbst wenn NMR falsch sein sollte, man NMR nicht anerkennt, kann man dennoch moralischer Relativist sein.

Aber auch das habe ich bereits gesagt.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Myron
Pansomatist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3625

Beitrag(#1699984) Verfasst am: 29.10.2011, 00:32    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Unsinn, Du legst jetzt einfach die Prämisse rein, dass ein moralischer Relativist unhinterfragt diejenige Ethik als gut / richtig ansehen müsse, die seine Gesellschaft mehrheitlich vertritt.
Aber diese Prämisse teile ich nicht und ich meine, ich habe das oben hinreichend klar gemacht. Woraus auch sollte sie folgen?
Moralischer Relativismus bedeutet nur, dass es letztlich unentscheidbare moralische Fragen geben kann, aber daraus folgt keineswegs, dass man die mehrheitlich in seiner Gesellschaft vertretenen moralischen Ansichten vertreten müsse.


"Cultural Relativism (CR):

'Good' means 'socially approved.'

Pick your moral principles by following what your society approves of.

Cultural Relativism (CR) says that good and bad are relative to culture. What is 'good' is what is 'socially approved' in a given culture. Our moral principles describe social conventions and must be based on the norms of our society."

———
"Kulturrelativismus (KR):

'Gut' bedeutet 'gesellschaftlich gutgeheißen/gebilligt'.

Gehe bei der Auswahl deiner moralischen Grundsätze mit dem von deiner Gesellschaft Gutgeheißenen/Gebilligten konform!

Der Kulturrelativismus (KR) besagt, dass 'gut und 'böse' kulturrelative Kategorien sind. Gut ist, was in einer gegebenen Kultur gutgeheißen/gebilligt wird. Unsere moralischen Grundsätze beschreiben soziale Konventionen und müssen auf den Normen unserer Gesellschaft basieren."

[© meine Übers.]

(Gensler, Harry J. Ethics: A Contemporary Introduction. 2nd ed. New York: Routledge, 2011. p. 8 )
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
AgentProvocateur
registrierter User



Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1699989) Verfasst am: 29.10.2011, 00:59    Titel: Antworten mit Zitat

Das vertrete ich nicht, siehe oben.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Myron
Pansomatist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3625

Beitrag(#1699998) Verfasst am: 29.10.2011, 01:51    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Moralischer Relativismus bedeutet nur, dass es letztlich unentscheidbare moralische Fragen geben kann, …


Ist das nicht eher eine Art von moralischem Skeptizismus?

http://plato.stanford.edu/entries/skepticism-moral
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
AgentProvocateur
registrierter User



Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1699999) Verfasst am: 29.10.2011, 02:17    Titel: Antworten mit Zitat

Ohne jetzt den Artikel gelesen zu haben: ich denke nicht, dass moralischer Skeptizismus und moralischer Relativismus sich ausschließende Standpunkte sind. Meine Position könnte man auch als eine gemäßigte Form eines moralischen Skeptizismus bezeichnen.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
step
registriert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#1700030) Verfasst am: 29.10.2011, 12:24    Titel: Antworten mit Zitat

@Myron: Bei der von Dir zitierten Definition von moralischem Kulturrelativismus habe ich folgendes Problem:

- Einerseits stimme ich zu, daß "gut" in einer bestimmten Gesellschaft "moralisch konform" bedeutet. Was bei den einen "gut" ist, ist bei den anderen "böse", abhängig von biologischen Gegebenheiten und kultureller Tradition.

- Andererseits folgt daraus für mich nicht, daß ich in meiner eigenen Auffassung nicht manchmal davon abweichen könnte. Als Ethiker sind wir ja nicht völlig gleichgeschaltet, wir können auch mal nichtkonform handeln (böse sein) oder auch einen ethischen Wandlungsprozeß zu initiieren versuchen.

Bin ich jetzt moralischer Kulturrelativist oder nicht?
_________________
Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Myron
Pansomatist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3625

Beitrag(#1700124) Verfasst am: 29.10.2011, 18:49    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:

- Andererseits folgt daraus für mich nicht, daß ich in meiner eigenen Auffassung nicht manchmal davon abweichen könnte. Als Ethiker sind wir ja nicht völlig gleichgeschaltet, wir können auch mal nichtkonform handeln (böse sein) oder auch einen ethischen Wandlungsprozeß zu initiieren versuchen.


Der Punkt ist, wie gesagt, dass wenn "gut" "in meiner Gesellschaft (mehrheitlich) gebilligt" bedeutet, die kritische Aussage "Nicht alles, was in meiner Gesellschaft (mehrheitlich) gebilligt wird, ist gut" selbstwidersprüchlich ist, da sie bedeutet: "Nicht alles, was in meiner Gesellschaft (mehrheitlich) gebilligt wird, wird in meiner Gesellschaft (mehrheitlich) gebilligt."

Ein entscheidender Schwachpunkt des (meta-)ethischen Relativismus ist allerdings die Vagheit der Phrase "meine Gesellschaft". Um welche Bezugsgruppe handelt es sich dabei genau? Sind das in meinem Fall alle Westeuropäer, alle in Deutschland lebenden Personen, alle deutschen Staatsangehörigen?
Hinzu kommt, dass die Leute ja nicht nur einer einzigen Gruppe angehören, sondern mehreren: Sie leben in einem bestimmten Bundesland, einer bestimmten Stadt, einer bestimmten Nachbarschaft; sie sind Mitglieder von Vereinen, Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften o.Ä.
Und diese Gruppen sprechen ethisch ja nicht alle mit einer Stimme, sodass der Relativist vor dem Problem steht, mit welchen Leuten und welchen Auffassungen er eigentlich ethisch konform gehen soll.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
step
registriert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#1700131) Verfasst am: 29.10.2011, 19:03    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
- Andererseits folgt daraus für mich nicht, daß ich in meiner eigenen Auffassung nicht manchmal davon abweichen könnte. Als Ethiker sind wir ja nicht völlig gleichgeschaltet, wir können auch mal nichtkonform handeln (böse sein) oder auch einen ethischen Wandlungsprozeß zu initiieren versuchen.

Der Punkt ist, wie gesagt, dass wenn "gut" "in meiner Gesellschaft (mehrheitlich) gebilligt" bedeutet, die kritische Aussage "Nicht alles, was in meiner Gesellschaft (mehrheitlich) gebilligt wird, ist gut" selbstwidersprüchlich ist, da sie bedeutet: "Nicht alles, was in meiner Gesellschaft (mehrheitlich) gebilligt wird, wird in meiner Gesellschaft (mehrheitlich) gebilligt."

Ich sage ja eben nicht, daß es "gut" sei, wenn ich nichtkonform handele. Ich handele dann zwar nach meinen Überzeugungen, aber nicht moralisch (nicht "gut").

Myron hat folgendes geschrieben:
Ein entscheidender Schwachpunkt des (meta-)ethischen Relativismus ist allerdings die Vagheit der Phrase "meine Gesellschaft". Um welche Bezugsgruppe handelt es sich dabei genau? Sind das in meinem Fall alle Westeuropäer, alle in Deutschland lebenden Personen, alle deutschen Staatsangehörigen? Hinzu kommt, dass die Leute ja nicht nur einer einzigen Gruppe angehören, sondern mehreren: Sie leben in einem bestimmten Bundesland, einer bestimmten Stadt, einer bestimmten Nachbarschaft; sie sind Mitglieder von Vereinen, Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften o.Ä.
Und diese Gruppen sprechen ethisch ja nicht alle mit einer Stimme, sodass der Relativist vor dem Problem steht, mit welchen Leuten und welchen Auffassungen er eigentlich ethisch konform gehen soll.

Dieses Problem hat der moralische Realist allerdings in viel stärkerem Maße, jedenfalls solange seine Mitmenschen nicht exakt an dieselbe absolute Moral glauben. Der Relativist kann immerhin eine Definition versuchen: "Meine (ethische) Gesellschaft sind die Subjekte, mit denen ich einen ethischen Vertrag habe." Oder er kann der Ansicht sein, daß er tatsächlich mehreren Gruppen angehört, und daß es möglicherweise in bezug auf die Berwertung von Handlungen nicht einmal eine widerspruchsfreie Halbordnung dazwischen gebe.
_________________
Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
AgentProvocateur
registrierter User



Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1700142) Verfasst am: 29.10.2011, 19:29    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Ein entscheidender Schwachpunkt des (meta-)ethischen Relativismus ist allerdings die Vagheit der Phrase "meine Gesellschaft".

[...] des (meta-)ethischen Kulturrelativismus nach der Definition von Gensler, Harry J. [...]

Soviel Zeit muss sein.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Tom der Dino
registrierter User



Anmeldungsdatum: 20.07.2011
Beiträge: 3949

Beitrag(#1700143) Verfasst am: 29.10.2011, 19:35    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Dieses Problem hat der moralische Realist allerdings in viel stärkerem Maße, jedenfalls solange seine Mitmenschen nicht exakt an dieselbe absolute Moral glauben.


Wieso ist das ein Problem? Ist es denn nötig, dass eine bestimmte Anzahl an Menschen an eine Ethik glaubt? Oder verdreh ich da schon wieder etwas? Im Übrigen hat doch selbst der Relativist seine eigene, in dem Moment "absolute" Moral. Seine Bewertung für die Moral des anderen ist doch nur eine andere, oder?
Ich denke, dass sich moralische Zugehörigkeit je nach Situation bzw. der jeweiligen Entscheidung in einer Situation ergibt. So hat jede Situation seine eigenen moralischen alternativen Entscheidungsmöglichkeiten, und damit die Kategorien, in denen sich die Menschen in übergeordneten Ethiken zusammenfinden können.

Ich werde ab jetzt Moral für Individuen verwenden und Ethik als Synonym für Gesellschaftsmoral. Keine Ahnung wie das sonst gehandhabt wird, bisher war es eigentlich das gleiche für mich.
_________________
Am Anfang war ......das Experiment.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Myron
Pansomatist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3625

Beitrag(#1700178) Verfasst am: 29.10.2011, 21:16    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Ein entscheidender Schwachpunkt des (meta-)ethischen Relativismus ist allerdings die Vagheit der Phrase "meine Gesellschaft".

[...] des (meta-)ethischen Kulturrelativismus nach der Definition von Gensler, Harry J. [...]
Soviel Zeit muss sein.


Das ist nicht Genslers Privatdefinition!
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Skeptiker
"I can't breathe!"



Anmeldungsdatum: 14.01.2005
Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville

Beitrag(#1700182) Verfasst am: 29.10.2011, 21:26    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Ein entscheidender Schwachpunkt des (meta-)ethischen Relativismus ist allerdings die Vagheit der Phrase "meine Gesellschaft".

[...] des (meta-)ethischen Kulturrelativismus nach der Definition von Gensler, Harry J. [...]
Soviel Zeit muss sein.


Das ist nicht Genslers Privatdefinition!


Nun hört doch mal mit dem ständigen Definieren auf! Das geht hier schon seitenlang. Mit den Augen rollen
_________________
°
K.I.Z - Frieden

Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video

Informationsstelle Militarisierung e.V.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
AgentProvocateur
registrierter User



Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1700184) Verfasst am: 29.10.2011, 21:26    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Ein entscheidender Schwachpunkt des (meta-)ethischen Relativismus ist allerdings die Vagheit der Phrase "meine Gesellschaft".

[...] des (meta-)ethischen Kulturrelativismus nach der Definition von Gensler, Harry J. [...]
Soviel Zeit muss sein.

Das ist nicht Genslers Privatdefinition!

Habe ich auch nicht behauptet. Nur: Genslers Definition trifft nicht auf metaethischen Relativismus zu. Ein metaethischer Relativist muss nicht ein Kulturrelativist nach der Definition von Gensler sein.

Aber eben dieses hast Du implizit behauptet. Da das aber nicht richtig ist, ist das kein Schwachpunkt eines (meta-)ethischen Relativismus, sondern ein Schwachpunkt eines (meta-)ethischen Kulturrelativismus nach der Definition von Gensler.

Nichts anderes habe ich gesagt.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Myron
Pansomatist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3625

Beitrag(#1700225) Verfasst am: 29.10.2011, 22:06    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Genslers Definition trifft nicht auf metaethischen Relativismus zu. Ein metaethischer Relativist muss nicht ein Kulturrelativist nach der Definition von Gensler sein.


Wie lautet denn deiner Meinung nach die im metaethischen Sinn relativistische Definition von "gut"?

Die klassische Formulierung findet sich bei Ruth Benedict, und diese entspricht derjenigen von Gensler:

"We do not any longer make the mistake of deriving the morality of our own locality and decade directly from the inevitable constitution of human nature. We do not elevate it to the dignity of a first principle. We recognize that morality differs in every society, and is a convenient term for socially approved habits. Mankind has always preferred to say, 'It is a morally good,' rather than 'It is habitual,' and the fact of this preference is matter enough for a critical science of ethics. But historically the two phrases are synonymous.
The concept of the normal is properly a variant of the concept of the good. It is that which society has approved."


(Benedict, Ruth. "Anthropology and the Abnormal." 1934. In An Anthropologist at Work: Ruth Benedict, edited by Margaret Mead, 262-283. 1959. Reprint, New Brunswick: Transaction, 2011. p. 276)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
AgentProvocateur
registrierter User



Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1700234) Verfasst am: 29.10.2011, 22:17    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Genslers Definition trifft nicht auf metaethischen Relativismus zu. Ein metaethischer Relativist muss nicht ein Kulturrelativist nach der Definition von Gensler sein.

Wie lautet denn deiner Meinung nach die im metaethischen Sinn relativistische Definition von "gut"?

Meiner Meinung nach gibt es keine (und kann es auch keine) Definition von "gut" geben. Entweder weißt Du, was ich meine, wenn ich "gut" sage oder Du weißt es nicht. "Gut" ist einfach ein grundlegender Begriff, der auf nichts anderes zurückgeführt werden kann.

Und das ist mE unabhängig davon, welche metaethische Position man vertritt.

Und in Deinem Zitat kann ich auch keine Definition von "gut" erkennen, nur die Behauptung, "gut" sei dasselbe wie, sei synonym zu "gewohnt". Aber das halte ich für falsch. Ich meine, dass "gut" in der allgemeinen Bedeutung etwas anderes beinhaltet als "gewohnt".

Aber, wie gesagt: wenn Du nicht weißt, was "gut" gemeinhin bedeutet, dann sehe ich mich außerstande, Dir das zu erklären / definieren, dann haben wir wohl schlicht keine gemeinsame Gesprächsbasis und ich wüsste dann nicht, was ich tun könnte, um die herzustellen.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
pera
auf eigenen Wunsch deaktiviert



Anmeldungsdatum: 01.07.2009
Beiträge: 4256

Beitrag(#1700289) Verfasst am: 29.10.2011, 23:53    Titel: Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:

Ich werde ab jetzt Moral für Individuen verwenden und Ethik als Synonym für Gesellschaftsmoral. Keine Ahnung wie das sonst gehandhabt wird, bisher war es eigentlich das gleiche für mich.


Ich habe Moral mehr als Handlungsanweisung für den Einzelnen, die von der Gesellschaft, der dieser angehört als "richtiges" Verhalten akzeptiert ist verstanden. Ethik als den dazugehörigen theoretischen Überbau, welche die Moral reflektiert.
Kann freilich auch nicht stimmen. Am Kopf kratzen

@AgentProvocateur
Bin mir sicher, dass du 50 Synonyme für gut aus dem Ärmel schütteln könntest. Wie würdest du einem Kind erklären, was gut ist?
(Gut ist besser als schlecht und schlechter als am besten.)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
AgentProvocateur
registrierter User



Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1700303) Verfasst am: 30.10.2011, 00:22    Titel: Antworten mit Zitat

pera hat folgendes geschrieben:
@AgentProvocateur
Bin mir sicher, dass du 50 Synonyme für gut aus dem Ärmel schütteln könntest. Wie würdest du einem Kind erklären, was gut ist?
(Gut ist besser als schlecht und schlechter als am besten.)

Nein, ich kann überhaupt keine Synonyme für "gut" aus dem Ärmel schütteln, zumindest keines, das alle Bedeutungen von "gut" abdeckt, das also ein echtes Synonym (= gleichbedeutend) ist. Aber selbst, wenn ich das könnte: dann müsste ich ja wiederum die Bedeutung dieses Synonyms erklären.

Ich habe zwar Kinder, aber ich weiß nicht, wie die gelernt haben, was "gut" bedeutet; explizit erklärt habe ich es ihnen jedenfalls nicht. "Gut" ist mE ebenso ein grundlegender Begriff wie "schlecht" oder "besser" oder "am besten". Wenn man einen dieser Begriffe versteht, dann kann man anhand dessen die anderen erklären.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Myron
Pansomatist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3625

Beitrag(#1700312) Verfasst am: 30.10.2011, 00:48    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Meiner Meinung nach gibt es keine (und kann es auch keine) Definition von "gut" geben. Entweder weißt Du, was ich meine, wenn ich "gut" sage oder Du weißt es nicht. "Gut" ist einfach ein grundlegender Begriff, der auf nichts anderes zurückgeführt werden kann.


Das ist auch die Meinung von G. E. Moore und der ethischen Intuitionisten, welche allerdings an das Bestehen objektiver moralischer Wahrheiten/Tatsachen glauben. Der ethische Intuitionismus heißt so, weil seine Anhänger glauben, dass die grundlegenden moralischen Wahrheiten/Tatsachen von geistig reifen und gesunden Personen intuitiv erkannt werden können, weil sie selbstverständlich oder unmittelbar einleuchtend (selbstevident) sind.

Apropos Definition, wie wär's mit dieser:

"X ist (moralisch) gut"
=def
"X hat empfehlens-, lobens- oder wünschenswerte Eigenschaften oder Folgen"


("X" bezieht sich entweder auf handelnde Personen oder deren Handlungen.)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Myron
Pansomatist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3625

Beitrag(#1700315) Verfasst am: 30.10.2011, 00:56    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Ich habe zwar Kinder, aber ich weiß nicht, wie die gelernt haben, was "gut" bedeutet; explizit erklärt habe ich es ihnen jedenfalls nicht.


Kinder lernen, was in ihrem Elternhaus und ihrer weiteren Gesellschaft als gut bzw. böse/schlecht gilt, zunächst durch Lob und Tadel sowie durch Belohnung und Bestrafung.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen   Drucker freundliche Ansicht    Freigeisterhaus Foren-Übersicht -> Weltanschauungen und Religionen Alle Zeiten sind GMT + 1 Stunde
Gehe zu Seite Zurück  1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8  Weiter
Seite 3 von 8

 
Gehe zu:  
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht mitmachen.



Impressum & Datenschutz


Powered by phpBB © 2001, 2005 phpBB Group