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Erziehung und Moral
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fwo
Caterpillar D9



Anmeldungsdatum: 05.02.2008
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Beitrag(#1702242) Verfasst am: 05.11.2011, 14:57    Titel: Antworten mit Zitat

Ich hatte ja schon das hier geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
....
Was allerdings auf den Prüfstand gehört, sind die Regelwerke kultureller Strafgebote. Nur machen die halt nur einen kleinen Teil der echten Strafen aus.....

Das meint schon das, was ihr dann ausgeführt habt. Wir sind uns auch einig, dass ein großer Teil dessen, was bei uns so standardmäßig gesetzt wird, diese Prüfung nicht besteht.

Auf der anderen Seite glaube ich nicht, dass Überlegungen für ein Kleinkind auch für eines im Pickelalter gelten.
Während ein Kleinkind den Unterschied zwischen Konsequenzen und gesetzten Strafen noch nicht begreift, halte ich es durchaus für passend, einen Pubertierenden zu bestrafen, weil er sich nicht an die Regeln gehalten hat und die Regeln diese Strafe vorsehen. Es ist allerdings schwierig, die Strafen so zu wählen, dass sie nicht unterlaufen werden.

fwo
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Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.

Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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vrolijke
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Moderator



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Beiträge: 46732
Wohnort: Stuttgart

Beitrag(#1702245) Verfasst am: 05.11.2011, 14:59    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Wichtig ist die menschliche Beziehung zu den Kindern.

Alles andere ergibt sich.


Wir sind zwar äußerst selten einer Meinung, aber dies kann ich nur untertreichen.
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Glück ist kein Geschenk der Götter; es ist die Frucht der inneren Einstellung.
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Sich stets als unschuldiges Opfer äußerer Umstände oder anderer Menschen anzusehen ist die perfekte Strategie für lebenslanges Unglücklichsein.

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step
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Beitrag(#1702247) Verfasst am: 05.11.2011, 15:04    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
... halte ich es durchaus für passend, einen Pubertierenden zu bestrafen, weil er sich nicht an die Regeln gehalten hat und die Regeln diese Strafe vorsehen.

Das sehe ich eben ganz anders. Ich würde erst gar keine Regeln setzen, die bei Mißachtung Bestrafung beinhalten. Pickel oder nicht. Und ich glaube - auch aus Erfahrung - nicht, daß das mittelfristig irgendetwas bringt.

Wir hatten ja ähnliches mal bei der Strafrechtsdiskussion: Der Nutzen einer Strafe müßte klar auf der Hand liegen. Ein schwammiges Abschreckungspotenzial bzw. der Verweis auf die Notwendigkeit, die Machtstruktur zu unterstreichen, ist mE keine ausreichende Begründung.
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caballito
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Beitrag(#1702496) Verfasst am: 06.11.2011, 13:00    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:

Auf der anderen Seite glaube ich nicht, dass Überlegungen für ein Kleinkind auch für eines im Pickelalter gelten.

Eben.

Und ich denke es ist klar, dass nach dem von mir gesagten z.B. gesetzte Strafen bei Kleinkindern gänzlich ausgeschlossen sein dürften. Vielleicht nicht ganz so klar könnte sein, dass auch Strafe als Mittel der Erziehung im engeren Sinn keinesfalls legitimiert sind, sondern immer nur zur Durchsetzung eines Gebots, das letztlich der Gefahrenabwehr dient.

fwo hat folgendes geschrieben:
halte ich es durchaus für passend, einen Pubertierenden zu bestrafen, weil er sich nicht an die Regeln gehalten hat und die Regeln diese Strafe vorsehen.

Was für Regeln? Wenn es einfach nur um Regelgehorsam geht, dann entscheiden nein. Die Regel muss schon gut begründet sein. Und die allermeisten Regeln, die in unserer Gesellschaft für Kinder und Jugendliche als selbstverständlich angenommen werden, sind das nicht.

Und ich kann auch steps mE übertrieben rigorose Argumentation durchaus nachvollziehen, da es ja nun leider so ist, dass in der Realität oft pseudofortschrittliche Pädagogen durch die Landschaft hüpfen, die im Grunde genau die selben Worte benutzen wie z.B. die Antipädagogen, damit aber dann wieder nur die klassische Konditionierungserziehung legitimieren, in dem z.B. von Konsequenzen gesprochen wird, aber gesetzte Strafen gemeint sind, die lediglich dem Lebenssachverhalt des Vergehens angepasst werden sollen, Oder indem sie von notwendigen Grenzen sprechen, damit aber meinen, dass man solche künstlich setzen müsse - oder aber in dem sie von notwendigen Starfen reden, aber damit eben doch die Durchsetzung willkürlicher Regeln meinen. Wenn jemand, wie step, hier meint, einen grundsätzlichen Riegel vorschieben zu müssen, um diesen slippery slope zu meiden, dann ist das nachvollziehbar.
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caballito
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Beitrag(#1702499) Verfasst am: 06.11.2011, 13:05    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
[
Wir hatten ja ähnliches mal bei der Strafrechtsdiskussion: Der Nutzen einer Strafe müßte klar auf der Hand liegen. Ein schwammiges Abschreckungspotenzial bzw. der Verweis auf die Notwendigkeit, die Machtstruktur zu unterstreichen, ist mE keine ausreichende Begründung.

Da muss ich nicht dabeigewesen sein, aber ich stimme dir zu, dass die Unterstreichung der Machtstruktur keine Legitimation hergibt. Wenn du allerdings von einem "schwammigen" Abschreckungspotential sprichst, dann wittere ich dahinter das "Abschreckung funktioniert nicht"-Argument, und das ist (in der Form) Quatsch. Wer dieser Meinung ist, der möge mal für eine Woche das Strafrecht aussetzen, und schauen, was passiert ...
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step
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Beitrag(#1702504) Verfasst am: 06.11.2011, 13:22    Titel: Antworten mit Zitat

caballito hat folgendes geschrieben:
Wenn du allerdings von einem "schwammigen" Abschreckungspotential sprichst, dann wittere ich dahinter das "Abschreckung funktioniert nicht"-Argument, und das ist (in der Form) Quatsch. ...

Ich würde sagen:
- Abschreckung funktioniert nicht immer
- selbst wenn sie funktioniert, führt sie üblicherweise nicht zu ethisch reflektierterem, sondern zu angepaßterem Verhalten
- Abschreckung hat oft unerwünschte Nebenwirkungen
- es muß begründet werden, ob Nutzen und Maßnahme in einem für das Individuum vertretbaren Verhältnis stehen - insbesondere bei Abschreckung Dritter (Generalprävention, Exempel statuieren usw.) ist das mE meist nicht gegeben
- in der Erziehung von Kindern sind andere Methoden als abschreckende Strafen möglich und erfolgversprechend, da Kinder noch viel offener / formbarer sind.

Ich würde also Abschreckung im Strafrecht nicht gänzlich ausschließen, aber doch - zumindest in der Erziehung - mit sehr sehr spitzen Fingern anfassen.
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caballito
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Beitrag(#1702517) Verfasst am: 06.11.2011, 14:04    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
caballito hat folgendes geschrieben:
Wenn du allerdings von einem "schwammigen" Abschreckungspotential sprichst, dann wittere ich dahinter das "Abschreckung funktioniert nicht"-Argument, und das ist (in der Form) Quatsch. ...

Ich würde sagen:
- Abschreckung funktioniert nicht immer

Richtig.

step hat folgendes geschrieben:

- selbst wenn sie funktioniert, führt sie üblicherweise nicht zu ethisch reflektierterem, sondern zu angepaßterem Verhalten

Auch richtig. Aber sie ist nict dazu da, den Abgeschreckten zu erziehen, sondern dazu, sein potentielles Opfer vor der Tat zu schützen, von der er abgeschreckt wird. Genau wie Notwehr. Es geht einzig darum, dass er es zu lassen hat. Ob er es einsieht, ist egal. Und es versteht sich von selbst, dass ein Verbot schon einer gewissen essentiellen Wichtigkeit sein muss, dass dieser Satz anwendbar wird.

Bei der Erziehung kommt noch der Schutz vor Selbstgefährdung hinzu, aber dass hier die Frage, wann das "Ob er es einsieht, ist egal" zu greifen beginnt, ganz besonders kritisch zu prüfen ist, versteht sich ebenfalls von selbst.

step hat folgendes geschrieben:

- Abschreckung hat oft unerwünschte Nebenwirkungen
- es muß begründet werden, ob Nutzen und Maßnahme in einem für das Individuum vertretbaren Verhältnis stehen - insbesondere bei Abschreckung Dritter (Generalprävention, Exempel statuieren usw.) ist das mE meist nicht gegeben

Abschreckung und Strafvollzug haben ihren Preis, ganz klar. Die Strafe selbst ist Teil dieses Preises (und schlägt keinesfalls positiv zu Buche) Gleichwohl ist sie gerechtfertigt, wenn und soweit der durch die Abschreckung verhinderte Schaden den durch Abschreckung und Strafe angerichteten Schaden (einschließlich den vollzogenen Starfen selsbt) überwiegt. Letzlich geht es ume ien Minimierung des Gesamtschadens (und ja, dass sich mit einer solchen Begründung weder die Todesstrafe noch eine Lebenslange, und wohl kaum eine zehnjährige Gefängnisstrafe legitimieren lassen, liegt ebenfalls auf der Hand)

step hat folgendes geschrieben:

- in der Erziehung von Kindern sind andere Methoden als abschreckende Strafen möglich und erfolgversprechend, da Kinder noch viel offener / formbarer sind.

Ich schrieb bereits, dass Abschreckung und Strafe als regelmäßiges Erziehungsmittel im engeren Sinne keinesfalls legitimiert sind. Und gerade bei der Vokabel "formbar" klingeln bei mir Alarmglocken.

step hat folgendes geschrieben:
Ich würde also Abschreckung im Strafrecht nicht gänzlich ausschließen, aber doch - zumindest in der Erziehung - mit sehr sehr spitzen Fingern anfassen.

Ich würde ein Strafrecht zu irgendetwas anderem als zu Abschreckungszwecken gänzlich ausschließen. Es gibt keine andere Legitimation für eine Strafe als den Vollzug einer präventiven Drohung. (Damit schließe ich weder strafrechtlliche Spezialprävention aus, soweit sie sich in einer spezialisierten Strafdrohung äußert, noch eine weitergehende Spezialprävention, die dann aber im Strafrecht nichts verloren hat)

Ich stimme zu, dass derartige Maßnahmen in der Erziehung mit äußerst spitzen Fingen anzupacken sind. Wie gesagt: Die Strafdrohung ist der Notwehr vergleichbar, und wie diese selbst ein Akt der Gewalt, und Gewalt kann immer nur letztes Mittel sein.
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fwo
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Beitrag(#1702518) Verfasst am: 06.11.2011, 14:07    Titel: Antworten mit Zitat

caballito hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:

Auf der anderen Seite glaube ich nicht, dass Überlegungen für ein Kleinkind auch für eines im Pickelalter gelten.

Eben.

Und ich denke es ist klar, dass nach dem von mir gesagten z.B. gesetzte Strafen bei Kleinkindern gänzlich ausgeschlossen sein dürften***. Vielleicht nicht ganz so klar könnte sein, dass auch Strafe als Mittel der Erziehung im engeren Sinn keinesfalls legitimiert sind, sondern immer nur zur Durchsetzung eines Gebots, das letztlich der Gefahrenabwehr dient.

fwo hat folgendes geschrieben:
halte ich es durchaus für passend, einen Pubertierenden zu bestrafen, weil er sich nicht an die Regeln gehalten hat und die Regeln diese Strafe vorsehen.

Was für Regeln? Wenn es einfach nur um Regelgehorsam geht, dann entscheiden nein. Die Regel muss schon gut begründet sein. Und die allermeisten Regeln, die in unserer Gesellschaft für Kinder und Jugendliche als selbstverständlich angenommen werden, sind das nicht.....
*** von mir

Natürlich sollte eine Regel begründet sein. Aber ich möchte auch auf eine andere Seite der Regel aufmerksam machen: Die Regel ist ein Emanzipationshindernis, das überwunden werden kann, und an dessen Überwindung man wächst. D.h. zum Duchsetzen der Regel gehört für mich auch das Warten auf den Zeitpunkt, an dem ich sehe, dass der Sinn dieser Regel soweit kapiert ist, dass ich auf eine Einhaltung nicht mehr dringen muss.

Ich "arbeite" mit Regeln und setze sie manchmal auch "autoritär repressiv faschistoid" durch (das war mal ein beliebtes Schlagwort in meiner Generation). Dass das meine Kinder zu besonders angepassten macht, kann ich aber nicht sagen. (Wobei ich mich allerdings als Vater auch nicht als zum Vorbild tauglich sehe. Dafür habe ich immer noch zu viele Probleme aus meiner eigenen Kindheit und bin zu wirklich spontanem Verhalten und Gefühlen unfähig. Ein Ausgleich für meine Kinder exitiert durch meine Frau und in gewissem Maße dadurch, dass ich mir selbst gegenüber mindestens so distanziert bin wie ihnen gegenüber.)

*** Kleiner Scherz, mit dem ich die regelmäßigen Kontrollanrufe meiner Mutter nach der Geburt des 1. Kindes "abgestellt" habe:
Mutter: Weint es denn viel?
Antwort: Och, das haben dir im Griff. Wenn er brüllt, kriegt er eine rein, und das Wimmern danach ist nicht mehr so laut.
Mutter (empört): Aber Du darfst doch so ein kleines Kind noch nicht schlagen!

Das wurde dann zum running Gag: Nu ist er so und so alt. Dürfen wir ihn jetzt endlich schlagen?

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caballito
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Beitrag(#1702523) Verfasst am: 06.11.2011, 14:18    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Aber ich möchte auch auf eine andere Seite der Regel aufmerksam machen: Die Regel ist ein Emanzipationshindernis, das überwunden werden kann, und an dessen Überwindung man wächst.

Womit wir dann wieder am Anfang wären: Solche Hindernisse gibt es ohnehin, man muss solche nicht künstlich aufbauen. Allein die Tatsache, dass du durch die Lebensäußerungen deines Nachwuchses nicht allzusehr belästigt werden willst, ist doch etwas, woran sie sich trefflich arbeiten können. Ganz zu schweigen von dem Kampf gegen die Belästigungen, die sie durch deine Lebensäußerungen erfahren ...

fwo hat folgendes geschrieben:
D.h. zum Duchsetzen der Regel gehört für mich auch das Warten auf den Zeitpunkt, an dem ich sehe, dass der Sinn dieser Regel soweit kapiert ist, dass ich auf eine Einhaltung nicht mehr dringen muss.

Hä? Wenn die Regel so wichtig ist, dass sie eingehalten werden muss, dann sind wir doch genau in dem Gefahrenabwehrbereich, und wenn nicht, ist sie eben nicht gerechtfertigt.

fwo hat folgendes geschrieben:

*** Kleiner Scherz, mit dem ich die regelmäßigen Kontrollanrufe meiner Mutter nach der Geburt des 1. Kindes "abgestellt" habe:
Mutter: Weint es denn viel?
Antwort: Och, das haben dir im Griff. Wenn er brüllt, kriegt er eine rein, und das Wimmern danach ist nicht mehr so laut.
Mutter (empört): Aber Du darfst doch so ein kleines Kind noch nicht schlagen!

Aber sowas fällt doch unter Notwehr ... *duckundweg*
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step
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Beitrag(#1702529) Verfasst am: 06.11.2011, 14:44    Titel: Antworten mit Zitat

caballito hat folgendes geschrieben:
Aber [Abschreckung] ist nicht dazu da, den Abgeschreckten zu erziehen, sondern dazu, sein potentielles Opfer vor der Tat zu schützen, von der er abgeschreckt wird. Genau wie Notwehr. ... Ich schrieb bereits, dass Abschreckung und Strafe als regelmäßiges Erziehungsmittel im engeren Sinne keinesfalls legitimiert sind.

OK.

caballito hat folgendes geschrieben:
Und gerade bei der Vokabel "formbar" klingeln bei mir Alarmglocken.

Ja, der Ausdruck ist zugegeben etwas vorbelastet. Bei mir besteht da aber keine Gefahr, wie man an meinen Kindern nachprüfen kann (wenn man es kann). Ich meinte mit "formbar", daß Kinder noch sehr viel sensibler für andere verhaltensbildende Reize sind (Nachahmung, Lernen, Neugier, Ausprobieren, Einfühlung ...) und daher einer weniger invasiven Erziehungsmethode als (geplante) Abschreckung und Strafen zugänglich, die auch vom Kind als weniger unangenehm und im Rückblick auch als weniger demütigend empfunden werden.

caballito hat folgendes geschrieben:
Es gibt keine andere Legitimation für eine Strafe als den Vollzug einer präventiven Drohung. (Damit schließe ich weder strafrechtlliche Spezialprävention aus, soweit sie sich in einer spezialisierten Strafdrohung äußert, noch eine weitergehende Spezialprävention, die dann aber im Strafrecht nichts verloren hat)

Zustimmung. Wobei ich eine Drohung auch eher als (primitive) präventive Maßnahme ansehe und ungern mit der vergeltenden Intention des Strafrechts vermischen würde. Aber das ist vielleicht nur eine Definitionsfrage und außerdem hier etwas OT.
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fwo
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Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#1702537) Verfasst am: 06.11.2011, 15:43    Titel: Antworten mit Zitat

caballito hat folgendes geschrieben:
....
fwo hat folgendes geschrieben:
D.h. zum Duchsetzen der Regel gehört für mich auch das Warten auf den Zeitpunkt, an dem ich sehe, dass der Sinn dieser Regel soweit kapiert ist, dass ich auf eine Einhaltung nicht mehr dringen muss.

Hä? Wenn die Regel so wichtig ist, dass sie eingehalten werden muss, dann sind wir doch genau in dem Gefahrenabwehrbereich, und wenn nicht, ist sie eben nicht gerechtfertigt.
....

Nein - Regeln müssen handhabbar sein, anwendbar. Deshalb sind sie immer viel einfacher als die Realität.

Als Beispiel: Wir haben einen Teich af dem Grundstück, und die Regel für die Kleinkinder lautete "hier liegt ein Stock quer zum Weg und der darf nur mit einem Erwachsenen überschritten werden, weil ihr nicht allein ans Wasser dürft. " (Der Teich ist zwar bereits ca 70 Jahre alt, aber künstlich und mit sehr steilen Ufern). Diese Regel wurde mit den Jahren nie explizit, aber durch die Praxis stillschweigend aufgeweicht. Sie wissen heute, dass Wasserspiele bei kaltem Wetter allein tabu sind, auch wenn beide schwimmen können. Das waren Zusicherungen, die sie von sich aus gegeben haben, ansonsten gehen sie inzwischen schon lange allein an den Teich - alter heute 10 und 13.

Heute geht es um andere Dinge, bei dem kleineren, wann er ein Messer mitnehmen darf, oder wann sie mit dem BMX losdürfen (wenn sichergestellt ist, dass sie im Hellen zurücksind - die Dinger haben keinen Beleuchtung usw..

Was hier manchmal auch unter den Tisch fällt: Es muss auch jeder mit seinem Erziehungsstil selbst leben können - die Voraussetzungen sind da bei uns allen unterschiedlich. Auch meine Einsicht, dass einiges an mir Macke ist, hilft mir nicht, das einfach abzustellen, wir funktionieren leider nicht so. Es muss also bei den vorhandenen Schäden ein Weg gefunden werden, das Setzen weiterer zu minimieren, das ist immer ein Kompromiss.

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esme
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Beitrag(#1702618) Verfasst am: 07.11.2011, 00:29    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:

Was hier manchmal auch unter den Tisch fällt: Es muss auch jeder mit seinem Erziehungsstil selbst leben können - die Voraussetzungen sind da bei uns allen unterschiedlich. Auch meine Einsicht, dass einiges an mir Macke ist, hilft mir nicht, das einfach abzustellen, wir funktionieren leider nicht so. Es muss also bei den vorhandenen Schäden ein Weg gefunden werden, das Setzen weiterer zu minimieren, das ist immer ein Kompromiss.


So ist es, und das gilt nicht nur individuell, sondern auch in allgemeinen Überlegungen. Es kann nicht nur einfließen, was das Beste für das Kind ist, wenn nicht einfließt, wie menschliche Eltern von ihrer Natur her sind. Viele der wirklich wichtigen Dinge kann man gar nicht bewußt richtig machen, aber durch das Halten an Erziehungsratschläge beeinträchtigen.
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Da hat sich die Kirche beim Rückzugsgefecht noch einmal grandios verstolpert und jetzt wollen sie auch noch Haltungsnoten für die argumentative Brez'n, die sie da gerissen haben.
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muadib
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Beitrag(#1702619) Verfasst am: 07.11.2011, 00:39    Titel: Antworten mit Zitat

Patentrezepte gibt es nicht.
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step
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Beitrag(#1702654) Verfasst am: 07.11.2011, 09:53    Titel: Antworten mit Zitat

muadib hat folgendes geschrieben:
Patentrezepte gibt es nicht.

Patentsprüche dagegen sind schnell zur Hand.
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caballito
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Beitrag(#1702680) Verfasst am: 07.11.2011, 13:14    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:

caballito hat folgendes geschrieben:
Und gerade bei der Vokabel "formbar" klingeln bei mir Alarmglocken.

Ja, der Ausdruck ist zugegeben etwas vorbelastet. Bei mir besteht da aber keine Gefahr, wie man an meinen Kindern nachprüfen kann (wenn man es kann). Ich meinte mit "formbar", daß Kinder noch sehr viel sensibler für andere verhaltensbildende Reize sind (Nachahmung, Lernen, Neugier, Ausprobieren, Einfühlung ...) und daher einer weniger invasiven Erziehungsmethode als (geplante) Abschreckung und Strafen zugänglich, die auch vom Kind als weniger unangenehm und im Rückblick auch als weniger demütigend empfunden werden.

So klingst schon anders. Ansonsten: Ich schrub ja bereits, dass geplante Anschreckung kien Mittel der Erziehung sei ... Was du hier schreibst, bedeutet ja nichts anderes, als dass Kinder von sich aus lernen, was zu tun ist, und dass sie es im Prinzip richtig machen wollen, aber womöglich noch nicht können. Abschreckung wird aber erst dann zur Option, wenn umgekehrt es jemand richtig machen kann, aber nicht will.

step hat folgendes geschrieben:
Wobei ich eine Drohung auch eher als (primitive) präventive Maßnahme ansehe

Ja, natürlcih, genau das schrieb ich doch.

step hat folgendes geschrieben:
und ungern mit der vergeltenden Intention des Strafrechts vermischen würde. Aber das ist vielleicht nur eine Definitionsfrage und außerdem hier etwas OT.

Stimt ist OT, deshalb ganz kurz: Ich halte gerade den Vergeltungsansatz für illegitim. Vergeltung ist Rache. Und Rache macht kein Recht, sondern vermehrt das Unrecht. Strafe ist Unrecht, das nur gerechtfertigt sein kann durch seien Eignung, schlimmeres Unrecht zu verhindern, und durch sonst nichts. Von daher ist die präventive Wirkung der Drohung der einzige Legitmationsgrund für ein Starfrecht.
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caballito
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Beitrag(#1702683) Verfasst am: 07.11.2011, 13:23    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
caballito hat folgendes geschrieben:
....
fwo hat folgendes geschrieben:
D.h. zum Duchsetzen der Regel gehört für mich auch das Warten auf den Zeitpunkt, an dem ich sehe, dass der Sinn dieser Regel soweit kapiert ist, dass ich auf eine Einhaltung nicht mehr dringen muss.

Hä? Wenn die Regel so wichtig ist, dass sie eingehalten werden muss, dann sind wir doch genau in dem Gefahrenabwehrbereich, und wenn nicht, ist sie eben nicht gerechtfertigt.
....

Nein - Regeln müssen handhabbar sein, anwendbar. Deshalb sind sie immer viel einfacher als die Realität.

Als Beispiel: Wir haben einen Teich af dem Grundstück, und die Regel für die Kleinkinder lautete "hier liegt ein Stock quer zum Weg und der darf nur mit einem Erwachsenen überschritten werden, weil ihr nicht allein ans Wasser dürft. " (Der Teich ist zwar bereits ca 70 Jahre alt, aber künstlich und mit sehr steilen Ufern). Diese Regel wurde mit den Jahren nie explizit, aber durch die Praxis stillschweigend aufgeweicht. Sie wissen heute, dass Wasserspiele bei kaltem Wetter allein tabu sind, auch wenn beide schwimmen können. Das waren Zusicherungen, die sie von sich aus gegeben haben, ansonsten gehen sie inzwischen schon lange allein an den Teich - alter heute 10 und 13.

Heute geht es um andere Dinge, bei dem kleineren, wann er ein Messer mitnehmen darf, oder wann sie mit dem BMX losdürfen (wenn sichergestellt ist, dass sie im Hellen zurücksind - die Dinger haben keinen Beleuchtung usw..

Und inwiefen widerspricht das dem, was ich geschrieben habe? All deine Ausführungen ändern doch nichts daran, dass die genannten Regeln der Gefahrenabwehr dienen ... Und dass so eine Regel nicht mehr angewendet wird, wenn die Gefahr nicht mehr besteht, weil die Kinder inzwischen hinreichend einsichtsfähig sind, sollte sich eigentlich auch von selbst verstehen, uch wenne s das leider nicht ist. Die Legitimität einer Regel kann eben auch von der Einsichtsfähigkeit des Kindes abhängen, und mit der Zeit schwinden ...

fwo hat folgendes geschrieben:
Was hier manchmal auch unter den Tisch fällt: Es muss auch jeder mit seinem Erziehungsstil selbst leben können - die Voraussetzungen sind da bei uns allen unterschiedlich. Auch meine Einsicht, dass einiges an mir Macke ist, hilft mir nicht, das einfach abzustellen, wir funktionieren leider nicht so. Es muss also bei den vorhandenen Schäden ein Weg gefunden werden, das Setzen weiterer zu minimieren, das ist immer ein Kompromiss.

Ich bin ja nun gewiss keiner, der sagt, dass die elterlichen Interessen nicht zählen. Trotzdem muss vor allem das Kind mit dem Erziehungsstil leben, und vor allem wachsen können. Und es sind, bei einem derart ungleichen Verhältnis, numal die Erwachsenen in der Pflicht, und nicht das Kind.
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Beitrag(#1702694) Verfasst am: 07.11.2011, 13:49    Titel: Antworten mit Zitat

caballito hat folgendes geschrieben:
Stimt ist OT, deshalb ganz kurz: Ich halte gerade den Vergeltungsansatz für illegitim. Vergeltung ist Rache. Und Rache macht kein Recht, sondern vermehrt das Unrecht.

Sehe ich ganz genauso. Jetzt aber wirklich genug mit dem OT ...
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Beitrag(#1702700) Verfasst am: 07.11.2011, 14:10    Titel: Antworten mit Zitat

caballito hat folgendes geschrieben:
....
Und inwiefen widerspricht das dem, was ich geschrieben habe? .....

Das war auch nicht als Widerspruch gedacht, sondern als Konkretisierung dessen, was ich vorhergeschrieben hatte, um zu zeigen, dass da keine große Meinungsverschiedenheit zwischen uns besteht. zwinkern
Ansonsten: Natürlich sind wir Eltern in der Pflicht. Aber unsere Ressourcen sind unterschiedlich, unsere Sensibilität genauso wie unsere Handlungsschranken. Das zu übersehen führt zu einem ähnlichen K(r)ampf wie ein Verneinen dieser Pflicht.

Das ist der Punkt, wo die Anthros es gut haben. Die können ganz klar sagen, dass ihr Kind gewusst hat, worauf es sich einlässt. Das hat sich seine Eltern schließlich ganz bewusst ausgesucht. noc

fwo
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Beitrag(#1702735) Verfasst am: 07.11.2011, 18:39    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:

Das war auch nicht als Widerspruch gedacht, sondern als Konkretisierung dessen, was ich vorhergeschrieben hatte, um zu zeigen, dass da keine große Meinungsverschiedenheit zwischen uns besteht. zwinkern

na dann istst ja gut zwinkern

fwo hat folgendes geschrieben:

Ansonsten: Natürlich sind wir Eltern in der Pflicht. Aber unsere Ressourcen sind unterschiedlich, unsere Sensibilität genauso wie unsere Handlungsschranken. Das zu übersehen führt zu einem ähnlichen K(r)ampf wie ein Verneinen dieser Pflicht.

Ja. Aber damit wären wir eigentlich wieder bei der antiautoritären Erziehung einerseits und den ganzen Erziehungsratgebern andererseits. Wir reden hier nicht über einen Job, sondern über individuelle Beziehungen zwischen individuellen Menschen (auf beiden Seiten)

Vielleicht das Grundübel der ganzen Thematik, dass genau das vergessen wird, und man Eltern als eine Art Erziehungsingenieure (und Kinder als deren "Baumaterial") betrachtet.
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Die Gedanken sind frei.

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fwo
Caterpillar D9



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Beitrag(#1702744) Verfasst am: 07.11.2011, 18:51    Titel: Antworten mit Zitat

caballito hat folgendes geschrieben:
....Wir reden hier nicht über einen Job, sondern über individuelle Beziehungen zwischen individuellen Menschen (auf beiden Seiten)....

Ich rede über beides.

fwo
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The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.

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smallie
resistent!?



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Beitrag(#1702792) Verfasst am: 07.11.2011, 22:39    Titel: Antworten mit Zitat

Ich hab' noch ein Argument gegen Strafen:

wenn sich unsere Partner, Gatten, Freunde, Kollegen etc. daneben benehmen, kommt niemand auf die Idee, sie zu bestrafen. Es wäre geradezu albern, würde man sie zum Beispiel zu Hausarrest verdonnern. Stattdessen sind wir entweder sauer, oder ignorieren ihr Verhalten oder quatschen es aus, etc.

Bestraft man Kinder, dann behandelt man Erwachsene und Kinder mit zweierlei Maß. Diese Asymmetrie gefällt mir nicht. Nur wenn man Kinder - altersgerecht - als Erwachsenen/vollwertigen Menschen behandelt, können sie durch Vorbild lernen.


caballito hat folgendes geschrieben:
Auch gewöhnliche Konditionierung kann notwendig sein, um zu verhindern, dass sich Kind in Gefahr begibt, trotzdem kann sie nicht das Mittel der Wahl sein.

Es könnte noch einen anderen Weg geben: gegenseitiges Vertrauen. Kinder vertrauen den Eltern, daß ein "Nein" oder ein "sei vorsichtig" nicht leichtfertig ausgesprochen wird, sondern nur im Notfall. Eltern vertrauen dem Kind, daß es umsichtig handelt, soweit es seinem Entwicklungsstand entspricht.

Dazu muß man erstens den Entwicklungsstand kennen, aus Beobachtung.

Zweitens muß man dem Kind die Gelegenheit geben, auch mal auf die Nase zu fallen - ich kann manchmal gar nicht hinschauen, wenn meine Tochter auf Spielplatzgeräten freihändig 'rumturnt, ich würde am liebsten daneben stehen und sichern, aber das wäre kontraproduktiv. Wenn etwas über ihre Fähigkeiten geht, dann kommt sie schon angelaufen und fordert Hilfe an. Andere Gefahren, wie "heiß" kann man durch ein Beispiel von "sehr warm" bestens lehren.

Drittens: in wirklich gefährlichen Situationen - Treppensteigen oder das klassische "unkontrolliert auf die Straße laufen" - muß man präsent sein, bis es sitzt.

PS: es ist äußerst bedauerlich, daß es in unseren stark motorisierten Städten und in größeren Dörfern kaum mehr möglich ist, Kleinkinder einfach laufen zu lassen.

caballito hat folgendes geschrieben:
Ganz kurz zu Kohlberg: Mein Eindruck ist, dass das, was er da beschreibt, schlicht sechs Ebenen moralischer Reflexion sind, die in der Tat alle sechs vorkommen, aber keine Entwicklungsstufen sind, die einander ablösen. Natürlich müssen die komplexeren Stufen länger gelernt werden, so dass jüngere Kinder logischerweise eher niederere Stufen anwenden als Erwachsene, aber grundsätzlich argumentiert mE jeder auf jeder Stufe, je nach Situation. Es gibt niemanden, der nicht gelegentlich auf Stufe 1 handelt, und niemand, der sich nicht ab und an auf Stufe 6 versucht.

Ja, dies - und noch viel schlimmer.

Es gibt einige berühmt-berüchtigte psychologische Experimente, die nahelegen, daß viele Erwachsene nicht über die Stufe äußerlicher, gesellschaftlicher Moral hinauskommen.

So zum Beispiel das Milgram-Experiment, in dem Versuchpersonen an Dritte Stromstöße bis über den Schmerzlevel austeilten. Oder das Konformitäts-Experiment von Ash, in dem einzelne Personen unter Gruppenzwang bereit waren, Linien unterschiedlicher Länge als gleichlang einzuordnen. Eine vollständige Liste wäre sehr lang.

Obendrein denke man an tagesaktuelle Fälle von Corpsgeist. Im Fall Guttenberg gab es Unionspolitiker, die Kritik an Guttenberg als Nestbeschmutzung verurteilt haben; ein Polizist, der seine gewalttätigen Kollegen verpfeift, wäre erledigt.

"Echtes" moralisches Verhalten ist also auch bei Erwachsenen nicht selbstverständlich.


Noch eins, und eigentlich das Wesentlichste, das mir zum Thema einfällt:

Wiederholungszwang

Es passiert mir immer wieder: Kind macht etwas, das ich selbst als Kind nicht durfte. Dann springt meine eigene Konditionierung an, und ich bin versucht, meine Konditionierung an das Kind weiterzugeben: "das kann man doch nicht machen". Es ist nicht einfach, in solchen Situation über meinen eigenen Schatten zu springen.
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Landei
Gesinnungspolizist



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Beitrag(#1702873) Verfasst am: 08.11.2011, 10:34    Titel: Antworten mit Zitat

In einem Indianerbuch habe ich einmal von einem eindrucksvolles Beispiel für "Strafe" gelesen: Vater, Sohn und Tochter waren unterwegs, und alle hatten einiges zu tragen. Als der Sohn quengelte, nahm ihm der Vater etwas von der Last ab und packte es bei der Tochter drauf. Der Junge hat sich in Grund und Boden geschämt, und den Rest der Reise gab es keine Beschwerden mehr. Ich denke, das war weit wirkungsvoller als jede Diskussion oder gar Drohung.
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fwo
Caterpillar D9



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Beitrag(#1702876) Verfasst am: 08.11.2011, 11:01    Titel: Antworten mit Zitat

Landei hat folgendes geschrieben:
In einem Indianerbuch habe ich einmal von einem eindrucksvolles Beispiel für "Strafe" gelesen: Vater, Sohn und Tochter ....

Ich würde diese Strafe nicht in Anführungzeichen setzen. Auf Seiten des Betroffenen war sie offensichtlich schmerzhaft. Das ist doch das was zählt: Wenn es "wirken" soll, zählt nur die Innenansicht.

fwo
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caballito
zänkisches Monsterpony



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Beitrag(#1702902) Verfasst am: 08.11.2011, 12:32    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Ich hab' noch ein Argument gegen Strafen:

wenn sich unsere Partner, Gatten, Freunde, Kollegen etc. daneben benehmen, kommt niemand auf die Idee, sie zu bestrafen. Es wäre geradezu albern, würde man sie zum Beispiel zu Hausarrest verdonnern. Stattdessen sind wir entweder sauer, oder ignorieren ihr Verhalten oder quatschen es aus, etc.

Oder wir zeigen sie an, und sie werden bestraft zwinkern

Oder wir schmeißen sie raus.

smallie hat folgendes geschrieben:
Bestraft man Kinder, dann behandelt man Erwachsene und Kinder mit zweierlei Maß. Diese Asymmetrie gefällt mir nicht. Nur wenn man Kinder - altersgerecht - als Erwachsenen/vollwertigen Menschen behandelt, können sie durch Vorbild lernen.

Asymmetrisch ist es aber auch, wenn sie nicht bestraft werden, wo Erwachsenen es werden zwinkern

Nicht zu vergessen, dass bestimmte Sanktionen, die Erwachsenen gegenüber gang und gebe sind (vom einfach stehen lassen und schauen wo sie bleiben übers Kündigend er Freundschaft bis zu totalem Kontaktabbruch) im Eltern-Kind-Verhältnis nicht möglich sind, was dazu führt, dass Kindern gegenüber Situationen gemeistert werden müssen, in die man im Verhältnis zu Erwachsenen schlicht meiden würde.

smallie hat folgendes geschrieben:
caballito hat folgendes geschrieben:
Auch gewöhnliche Konditionierung kann notwendig sein, um zu verhindern, dass sich Kind in Gefahr begibt, trotzdem kann sie nicht das Mittel der Wahl sein.

Es könnte noch einen anderen Weg geben: gegenseitiges Vertrauen. Kinder vertrauen den Eltern, daß ein "Nein" oder ein "sei vorsichtig" nicht leichtfertig ausgesprochen wird, sondern nur im Notfall. Eltern vertrauen dem Kind, daß es umsichtig handelt, soweit es seinem Entwicklungsstand entspricht.

Das setzt aber einiges voraus, was eben nicht selbstverständlich ist. Wenn das Kind diese Einsicht nicht hat, dann hat es sie nicht. Und es gibt Situationen, wo so ein "könnte" nicht ausreicht.

Dass andere Methoden vorzuziehen sind, schrieb ich bereits selber. Wenn es diese Alternativen nicht gibt, dann kann es nicht die Lösung sein, das Kind ins Unglück rennen zu lassen.

smallie hat folgendes geschrieben:

Zweitens muß man dem Kind die Gelegenheit geben, auch mal auf die Nase zu fallen

Ja. Auf die Nase. Aber nicht unter den Bus.

smallie hat folgendes geschrieben:

Drittens: in wirklich gefährlichen Situationen - Treppensteigen oder das klassische "unkontrolliert auf die Straße laufen" - muß man präsent sein, bis es sitzt.

Ein sehr schöner Anspruch. Vor allem so total. Und trotzdem muiss man immer noch Sicherstellen, dass das Kind den Präsenzbereich nicht verlässt ....
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caballito
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Beitrag(#1702903) Verfasst am: 08.11.2011, 12:35    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Landei hat folgendes geschrieben:
In einem Indianerbuch habe ich einmal von einem eindrucksvolles Beispiel für "Strafe" gelesen: Vater, Sohn und Tochter ....

Ich würde diese Strafe nicht in Anführungzeichen setzen. Auf Seiten des Betroffenen war sie offensichtlich schmerzhaft. Das ist doch das was zählt: Wenn es "wirken" soll, zählt nur die Innenansicht.

Wobei man vielleicht auch noch den Wirkmechanismus dieser Strafe hinterfragen sollte. Da siehst dann nicht mehr ganz so dolle aus.
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