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Kann Wissenschaft moralische Fragen beantworten?
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smallie
resistent!?



Anmeldungsdatum: 02.04.2010
Beiträge: 3726

Beitrag(#1703633) Verfasst am: 10.11.2011, 21:34    Titel: Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Aber gleichzeitig machte ich den nächsten Schritt, stabilere Gesellschaften als "besser" anzusehen. Diesen Schritt kann ich vorerst nicht ohne Einbeziehung meiner Moralvorstellungen begründen.

Kurze Zwischenbemerkung: Stabilität ist zweischneidig.

Wenn ich dich recht verstehe, argumentierst du etwa so: eine Gesellschaft, die allwöchentlich Montagsrevolutionen ausruft, wäre sicher sehr anstrengend. Soweit kann ich folgen.

Aber ich würde einwenden: Stabilität ist das Gegenteil von Wandel; Fortschritt bringt Wandel mit sich. Stellt euch mal vor, die BRD wäre stabil im Zustand der 50er Jahre verharrt. Nicht gerade erstrebenswert, oder?

Von daher bin ich über den Begriff "Stabilität" nicht besonders glücklich. Stabilität ist nur dann gut, wenn man bereits ein Optimum erreicht hat. Sonst hat sie eher einen Beigeschmack von Stillstand.
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1703644) Verfasst am: 10.11.2011, 22:00    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Aber ein 'Erwarten' ergibt noch kein 'Sollen'. "Ich erwarte von Dir, dass Du mir sofort 10.000 € überweist." Du wirst dann sicher fragen, wieso, ob meine Forderung berechtigt ist. Ist sie es nicht, wirst Du dem (berechtigterweise) nicht nachkommen.

Ein gesellschaftliches Erwarten wäre präziser. Ob ich dem nachkomme oder nicht, ist übrigens irrelvant für die Frage. Es ist mE sogar (für die Frage, ob es ein Sollen ist) irrelevant, ob die Erwartung berechtigt ist. Zum Beispiel wenn das Kind beim Bäcker sagt: "Ich soll Semmeln holen", dann ist das ein Auftrag (eine Erwartung), und das Kind tut es weitgehend unabhängig von der Legitimität. Man könnte auch sagen, die Legitimität besteht in der Beauftragung, in der Erwartung.

Hm, was hat Dein Beispiel (Kind) mit einem gesellschaftlichen Erwarten zu tun? Es wäre besser, denke ich, wenn wir keine Kinder-Beispiele nehmen würden. Bei Kindern ist Legitimität vielleicht nicht so wichtig, sie denken nicht darüber nach oder sie nehmen eine Legitimität einfach als gegeben.

Unseren Dissens sehe ich nun in der Frage, ob eine Erwartung (gesellschaftlich oder nicht) gerechtfertigt (berechtigt, legitim) sein muss oder nicht. Ich meine nicht, dass eine nicht gerechtfertigte Erwartung, von wem auch immer, ein Sollen begründen kann. Höchstens ein Müssen, durch Androhung von Gewalt. Aber dieses Müssen wäre dann kein moralisches, es wäre schlicht nur die gewaltsame Durchsetzung des Willens eines (oder mehrerer) Mächtigeren. Man muss dann vielleicht der Gewalt weichen, aber legitim wird das dadurch noch lange nicht.

step hat folgendes geschrieben:
Wenn wir jedoch mal auf die "absolute Entität" verzichten, ist dann ein Sollen nicht dennoch immer Folge des Wollens Dritter (der Gemeinschaft), also ein Auftrag? Wo soll der Auftrag sonst herkommen?

Von einem selber, durch vernünftige Einsicht in vernünftige Regeln, auch wenn das in einer konkreten Situation keinen Vorteil, sondern eher einen Nachteil für sich bringt. Ich verstehe nicht, dass Du diese Möglichkeit nicht berücksichtigen kannst, dass Du 'Sollen' immer nur mit 'Zwang durch Dritte ' gleich setzt. Das würde ich aber nicht als 'Sollen', sondern als 'Müssen' bezeichnen.
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1703648) Verfasst am: 10.11.2011, 22:14    Titel: Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Ich denke, dass es möglich ist einen nicht normativen außerethischen Standpunkt einzunehmen. Dass es weiterhin möglich ist, verschiedene Ethiken miteinander zu vegleichen und bezogen auf bestimmte Eigenschaften als geeigneter (bezogen auf bestimmte Kriterien) zu beurteilen.

Ich denke nicht, und ja, das ist dann wohl unser Dissens hier.

Wie tut man das zum Beispiel? Wie kommt man von deskriptiven Aussagen auf Normen? Also: vom Sein aufs Sollen? Wie und nach welchen - rein deskriptiven - Maßstäben bewertet man eine Ethik als besser (oder geeigneter) als eine andere?

Ich meine ja, dass eben das nicht möglich ist. Du brauchst erst diese Kriterien und Bewertungsmaßstäbe und dann kannst Du bewerten. Vorher aber nicht.

- Ist eine Gesellschaft, die 100 Jahre hält, besser (oder geeigneter) als eine Gesellschaft, die 120 Jahre hält?
- Ist eine Gesellschaft, die 10 Mio. Einwohner hat, besser (oder geeigneter) als eine, die 12 Mio. Einwohner hat?
- Ist eine Gesellschaft, die 10 Städte mit mehr als 500.000 Einwohnern hat, besser (oder geeigneter) als eine Gesellschaft, die lediglich 8 solche Städte hat?

-> diese Fragen sind mE so völlig sinnlos, können daher nicht beantwortet werden - solange nicht dazu gesagt wird, inwiefern besser, in Bezug auf was, auf welche Ziele, inwiefern geeigneter. D.h. man muss hier irgendwie Normen festlegen, an denen gemessen werden kann.
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1703650) Verfasst am: 10.11.2011, 22:20    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Stabilität ist nur dann gut, wenn man bereits ein Optimum erreicht hat. Sonst hat sie eher einen Beigeschmack von Stillstand.

Aber 'Bewahren des Optimums' hat noch viel mehr den Beigeschmack von Stillstand, impliziert letztlich Stillstand, viel mehr als 'Stabilität'.

Oder meinst Du, dass Stillstand gut ist, wenn das Optimum erreicht ist und schlecht, wenn es noch nicht erreicht ist?
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#1703661) Verfasst am: 10.11.2011, 22:36    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Unseren Dissens sehe ich nun in der Frage, ob eine Erwartung (gesellschaftlich oder nicht) gerechtfertigt (berechtigt, legitim) sein muss oder nicht. Ich meine nicht, dass eine nicht gerechtfertigte Erwartung, von wem auch immer, ein Sollen begründen kann.

Mir scheint, dieser Dissenz kommt zum einen dadurch zustande, daß ich meist von einem Sollen als solchem (also eher deskriptiv) spreche, während Du ein Sollen definierst, wie Du es Dir wünschst. Falls das so ist, könnte ich durchaus mitgehen, insofern auch ich mir natürlich eine Moral wünsche, ...
- die ich für gut begründet halte,
- die mit meinen Präferenzen übereinstimmt.

Ein weiterer Unterschied scheint mir zu sein, daß "moralisches Handlen" für mich "mit einem gesellsch. Wertesystem konformes Handeln" bedeutet, für Dich dagegen eher so etwas wie "nach eigenem Ermessen zum Wohle Aller handeln".

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Wenn wir jedoch mal auf die "absolute Entität" verzichten, ist dann ein Sollen nicht dennoch immer Folge des Wollens Dritter (der Gemeinschaft), also ein Auftrag? Wo soll der Auftrag sonst herkommen?
Von einem selber, durch vernünftige Einsicht in vernünftige Regeln, auch wenn das in einer konkreten Situation keinen Vorteil, sondern eher einen Nachteil für sich bringt. Ich verstehe nicht, dass Du diese Möglichkeit nicht berücksichtigen kannst, ...

Ich habe nichts gegen vernünftige Einsicht, im Gegenteil glaube ich, daß diese hilfreich sein kann, wenn aufgeklärte Menschen sich moralisch konform verhalten sollen. Die wollen das nämlich verstehen und nachvollziehen können.

Das ist aber aus meiner Sicht eben nicht der Aspekt des Sollens. Denn wenn ich sagen wir mal genau die geforderten Steuern zahle (nicht hinterziehe), nur weil ich das Solidaritätsprinzip gerecht / begründet / legitim finde, nicht aber weil sie geschuldet sind (nicht weil ich zahlen soll), dann it das aus meiner Sicht zwar gemeinnütziges Handeln, aber kein Sollen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... dass Du 'Sollen' immer nur mit 'Zwang durch Dritte ' gleich setzt. Das würde ich aber nicht als 'Sollen', sondern als 'Müssen' bezeichnen.

"Müssen" ist mir zu stark. Die Gemeinschaft übt moralischen Druck aus durch Gesetze, aber auch durch Erziehung, Kooperation usw., mal mehr, mal weniger. Gerade Du bist doch der Ansicht, man könne - jedenfalls manchmal - freiwillig gegen die Moral verstoßen, etwa weil man mit den gesellschaftlichen Werten nicht hinreichend übereinstimmt. Jemand könnte zum Beispiel seine Steuern hinterziehen und stattdessen das Geld an Flüchtlinge spenden, weil er das für gemeinnütziger hält oder weil er aus sonst einem Grund ein besseres Gefühl dabei hat.

Oder sagen wir, ein Zeuge Jehovas läßt einen Verletzten liegen, weil seine Religion ihm Wiederbelebung verbietet. Er hat in bezug auf die Moral unserer Gesellschaft mglw. unmoralisch gehandelt, er selbst findet seine Entscheidung aber ethisch begründet. Er verstößt gegen ein Sollen (ein Müssen/Zwang ist es offensichtlich nicht), gegen eine gesellschaftliche Erwartung. Vielleicht spürt er ein anderes Sollen, eine andere Erwartung, z.B. von seiner (evtl. zum Über-Ich internalisierten) religiösen Autorität.
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tom der Dino
registrierter User



Anmeldungsdatum: 20.07.2011
Beiträge: 3949

Beitrag(#1703787) Verfasst am: 11.11.2011, 17:44    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Aber gleichzeitig machte ich den nächsten Schritt, stabilere Gesellschaften als "besser" anzusehen. Diesen Schritt kann ich vorerst nicht ohne Einbeziehung meiner Moralvorstellungen begründen.

Kurze Zwischenbemerkung: Stabilität ist zweischneidig.

Wenn ich dich recht verstehe, argumentierst du etwa so: eine Gesellschaft, die allwöchentlich Montagsrevolutionen ausruft, wäre sicher sehr anstrengend. Soweit kann ich folgen.

Aber ich würde einwenden: Stabilität ist das Gegenteil von Wandel; Fortschritt bringt Wandel mit sich. Stellt euch mal vor, die BRD wäre stabil im Zustand der 50er Jahre verharrt. Nicht gerade erstrebenswert, oder?

Von daher bin ich über den Begriff "Stabilität" nicht besonders glücklich. Stabilität ist nur dann gut, wenn man bereits ein Optimum erreicht hat. Sonst hat sie eher einen Beigeschmack von Stillstand.


AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Stabilität ist nur dann gut, wenn man bereits ein Optimum erreicht hat. Sonst hat sie eher einen Beigeschmack von Stillstand.

Aber 'Bewahren des Optimums' hat noch viel mehr den Beigeschmack von Stillstand, impliziert letztlich Stillstand, viel mehr als 'Stabilität'.

Oder meinst Du, dass Stillstand gut ist, wenn das Optimum erreicht ist und schlecht, wenn es noch nicht erreicht ist?


Ich rede ja davon, dass Stabilität eine Eigenschaft einer optimalen Gesellschaft ist. Diese Gesellschaft(en) ist(sind) stabil, weil sie entweder für alle Ideen Raum lassen, ohne dass die Ideen zu einer Vernichtung der Gesellschaft oder der Ethik führen, oder weil sie alle anderen Ideen effektiv und für alle Zeit unterdrücken. (Oder noch weitere Gründe die mir aber im Moment nicht klar sind)

Zur Erklärung: In einer Diktatur herrscht vor allem die Vorstellung (Ethik/Moral) des Herrschenden Apparates. Wenn die Menschen genug haben um zu überleben und nicht unzufrieden werden (durch die Vorstellung einer besseren Welt z.B. Demokratie), wird diese Gesellschaft halten und stabil sein. In dem Moment, wo es im herrschenden Apparat zu Umwälzungen und Veränderungen (der oberste Diktator stirbt, oder wird verrückt und findet alle müssen jetzt Wackelpudding anziehen etc.) kommt, ändert sich die Ethik. In dem Moment ist die vorherige Ethik weg. Die Änderung mag sich leise und schleichend vollziehen, aber vorher ist es eine andere als nachher. Die vorherige war also nicht stabil.
Genauso verstehe ich unter Vernichtung einer Gesellschaft, allein schon die Teilung dieser oder die Fusion mehrerer. Wenn sich eine Partei mit einer weiteren zusammentut, wird eine neue Gesellschaft erschaffen, während zwei andere vernichtet werden. Teilt sich eine Partei, werden damit zwei neue erschaffen, während die ursprüngliche Partei vernichtet wird. Ein Teil der Ethik/Gesellschaft mag in der Tochterpartei weitergeführt werden, aber dadurch, dass eine Ethik im Endeffekt durch die Gesamtzahl der Individuen vorgegeben wird, muss sie sich zwangsläufig ändern.
In einer Diktatur kann die Ethik nur dadurch vorgegeben werden, dass effektive Meinungslenkende Maschinerien greifen (siehe Orwells 1984).

Eine optimale Gesellschaft sollte also so ausgeglichen sein, dass sie jegliche extremen Strömungen abfedern kann, dem Individuum so viel Raum wie möglich lässt und gleichzeitig eine sehr breite Informationsfreiheit gewährt bzw. all dieses gnadenlos und effektiv unterdrückt.
In dem "Freie Wahl" Thread sprach ich von Präferenzen die gegeneinander abgewogen werden, zur Entscheidungsfindung in steps Sinne. Eine Entscheidung ist demzufolge extrem davon abhängig, was das Individuum weiß. Je breiter das Informationsspektrum in einer Gesellschaft um so zahlreicher sind die vertretenen Moralvorstellungen. Aus diesem riesigem Pool muss die Gesellschaft schöpfen und die Vorstellungen bedienen oder diese durch andere Maßnahmen relativieren, da es anderenfalls zu einer Revolution kommen würde. Nach der Revolution würden dann die vernachlässigten Moralvorstellungen verstärkt zu Tage treten. Am Ende einer Kette von Revolutionen und daraus resultierenden Gesellschaftsformen werden eine oder mehrere mögliche Gesellschaften stehen, die keine Revolutionen mehr hervorbringen. In diesen Gesellschaften werden die Menschen entweder "frei" und glücklich sein oder es nicht besser wissen (was, wenn man es genau betrachtet, von dem freien und glücklichen Leben dann nicht zu unterscheiden ist).
Das funtioniert aber nur wenn alle Menschen in "optimalen" Gesellschaftsformen leben. Ansonsten wird es in den nichtoptimalen Gesellschaften zu Revolutionen kommen, die zu Fusionen mit den bereits bestehenden Optima führen können. Außerdem sind "nichtoptimale" Gesellschaften, in denen den Menschen das nötigste zum Leben fehlt, eine Gefahr für die Optima, ähnlich wie es die Gothen für Rom waren.
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Am Anfang war ......das Experiment.
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Marcellinus
Outsider



Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#1703793) Verfasst am: 11.11.2011, 18:23    Titel: Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:

Ich rede ja davon, dass Stabilität eine Eigenschaft einer optimalen Gesellschaft ist. Diese Gesellschaft(en) ist(sind) stabil, weil sie entweder für alle Ideen Raum lassen, ohne dass die Ideen zu einer Vernichtung der Gesellschaft oder der Ethik führen, oder weil sie alle anderen Ideen effektiv und für alle Zeit unterdrücken. (Oder noch weitere Gründe die mir aber im Moment nicht klar sind)

Dann gibt es kein "optimalen Gesellschaften", wenn man mal von einigen Eingeborenen-Stämmen am Amazonas absieht. Wenn es eine Eigenschaft gibt, die eigentlich alle menschlichen Gesellschaften haben, dann ist es die, sich in Entwicklung zu befinden, und der Generationenwechsel ist nicht der einzige Grund dafür. (Kleiner Einwurf am Rande). zwinkern
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"Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."

Friedrich Nietzsche
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Tom der Dino
registrierter User



Anmeldungsdatum: 20.07.2011
Beiträge: 3949

Beitrag(#1703797) Verfasst am: 11.11.2011, 19:04    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:

Ich rede ja davon, dass Stabilität eine Eigenschaft einer optimalen Gesellschaft ist. Diese Gesellschaft(en) ist(sind) stabil, weil sie entweder für alle Ideen Raum lassen, ohne dass die Ideen zu einer Vernichtung der Gesellschaft oder der Ethik führen, oder weil sie alle anderen Ideen effektiv und für alle Zeit unterdrücken. (Oder noch weitere Gründe die mir aber im Moment nicht klar sind)

Dann gibt es kein "optimalen Gesellschaften", wenn man mal von einigen Eingeborenen-Stämmen am Amazonas absieht. Wenn es eine Eigenschaft gibt, die eigentlich alle menschlichen Gesellschaften haben, dann ist es die, sich in Entwicklung zu befinden, und der Generationenwechsel ist nicht der einzige Grund dafür. (Kleiner Einwurf am Rande). zwinkern


Ja, das denke ich auch, die Frage ist nur, ob es sie theoretisch geben könnte.
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zelig
Kultürlich



Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25405

Beitrag(#1703803) Verfasst am: 11.11.2011, 19:39    Titel: Antworten mit Zitat

Die Stabilität einer befriedeten Gesellschaft, in der konfligierende Interessen mit geregelten Verfahren, an denen sich möglichst alle Mitglieder beteiligen können, kanalisiert werden, stellt tatsächlich einen enormen Wert dar. Offene, gewalttätige Konflikte, Unruhen oder Bürgerkriege haben schlimme Folgen für die Bevölkerung. Stabilität müsste man daher nicht statisch verstehen, sondern, zumindest wenn man Demokrat ist, als die geregelte Entwicklungsfähigkeit einer Gesellschaft ohne Gewalt und mit Beteiligung der Bevölkerung. Und sie ist auch nicht als Zweck, sondern als Folge einer gesellschaftlichen Entwicklung zu betrachten.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#1703862) Verfasst am: 11.11.2011, 22:54    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Die Stabilität einer befriedeten Gesellschaft, in der konfligierende Interessen mit geregelten Verfahren, an denen sich möglichst alle Mitglieder beteiligen können, kanalisiert werden, stellt tatsächlich einen enormen Wert dar. Offene, gewalttätige Konflikte, Unruhen oder Bürgerkriege haben schlimme Folgen für die Bevölkerung. Stabilität müsste man daher nicht statisch verstehen, sondern, zumindest wenn man Demokrat ist, als die geregelte Entwicklungsfähigkeit einer Gesellschaft ohne Gewalt und mit Beteiligung der Bevölkerung. Und sie ist auch nicht als Zweck, sondern als Folge einer gesellschaftlichen Entwicklung zu betrachten.

Zweck nicht, aber Ziel und Folge. Ansonsten stimme ich Dir aber völlig zu, Stabilität funktioniert in Gesellschaften nicht statisch.
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Tom der Dino
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Anmeldungsdatum: 20.07.2011
Beiträge: 3949

Beitrag(#1703868) Verfasst am: 11.11.2011, 23:30    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Die Stabilität einer befriedeten Gesellschaft, in der konfligierende Interessen mit geregelten Verfahren, an denen sich möglichst alle Mitglieder beteiligen können, kanalisiert werden, stellt tatsächlich einen enormen Wert dar. Offene, gewalttätige Konflikte, Unruhen oder Bürgerkriege haben schlimme Folgen für die Bevölkerung. Stabilität müsste man daher nicht statisch verstehen, sondern, zumindest wenn man Demokrat ist, als die geregelte Entwicklungsfähigkeit einer Gesellschaft ohne Gewalt und mit Beteiligung der Bevölkerung. Und sie ist auch nicht als Zweck, sondern als Folge einer gesellschaftlichen Entwicklung zu betrachten.

Zweck nicht, aber Ziel und Folge. Ansonsten stimme ich Dir aber völlig zu, Stabilität funktioniert in Gesellschaften nicht statisch.


Genau. So habe ich Stabilität verstanden haben wollen. Ich denke, dass es also prinzipiell möglich ist, eine optimale Gesellschaft zu definieren, dadurch dass man alle Gesellschaften oder deren Eigenschaften an ihrem Einfluss auf die Stabilität misst.
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göttertod
Atheist und Zweifelsäer



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Beiträge: 1565
Wohnort: Freiburg

Beitrag(#1703886) Verfasst am: 12.11.2011, 00:28    Titel: Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Die Stabilität einer befriedeten Gesellschaft, in der konfligierende Interessen mit geregelten Verfahren, an denen sich möglichst alle Mitglieder beteiligen können, kanalisiert werden, stellt tatsächlich einen enormen Wert dar. Offene, gewalttätige Konflikte, Unruhen oder Bürgerkriege haben schlimme Folgen für die Bevölkerung. Stabilität müsste man daher nicht statisch verstehen, sondern, zumindest wenn man Demokrat ist, als die geregelte Entwicklungsfähigkeit einer Gesellschaft ohne Gewalt und mit Beteiligung der Bevölkerung. Und sie ist auch nicht als Zweck, sondern als Folge einer gesellschaftlichen Entwicklung zu betrachten.

Zweck nicht, aber Ziel und Folge. Ansonsten stimme ich Dir aber völlig zu, Stabilität funktioniert in Gesellschaften nicht statisch.


Genau. So habe ich Stabilität verstanden haben wollen. Ich denke, dass es also prinzipiell möglich ist, eine optimale Gesellschaft zu definieren, dadurch dass man alle Gesellschaften oder deren Eigenschaften an ihrem Einfluss auf die Stabilität misst.


Seit der 'gesellschaftlichen Entwicklung' (kulturellen Evolution) des Konsequentialismus, darf (so finde ich) der Zweck auch als Stabilitätsmechanismus oder Entwicklungsfähigkeit einer Gesellschaft verstanden werden.


Was mir die letzten Tage auch ständig im Kopf rumschwirrt ist:

Metaethik - Kritischer Rationalismus

- ohne Empirie ist vielleicht manches systemimmanent konsistent, aber immer ein moralischer/ethischer Relativismus

- mit Empirie kommt es für mich auf die Festsetzung des Zweckes der Ethik an.

(glaub ich jetzt zumindest spontan - ohne viel Zeit zu haben)
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The Jimmy Dore Show
jede Tradition ist es wert sich an sie zu erinnern, aber nicht jede Tradition ist es wert gelebt zu werden
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
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Beitrag(#1703919) Verfasst am: 12.11.2011, 11:19    Titel: Antworten mit Zitat

göttertod hat folgendes geschrieben:
Metaethik - Kritischer Rationalismus

Da heißt es über Poppers Sichtweise:

Zitat:
Moralische Normen könnten sich nur bewähren oder nicht bewähren. Um das zu entscheiden, seien Kriterien erforderlich. Diese müssten letztlich „erfunden und festgesetzt werden, wie dies auch für die Kriterien des wissenschaftlichen Denkens gilt“

Ich neige dazu, dem nicht zuzustimmen. Denn zwar ist richtig, daß wissenschaftliche (und moralische) Kriterien und Methoden - also die jeweilige Meta-Ebene - meist initial gefunden / gesetzt werden, aber das bedeutet keineswegs, daß sie nicht - mit entsprechendem Wissen - auch herleitbar wären.

Am Beispiel der wissenschaftlichen Methode etwa vermute ich, daß die wissenschaftlichen Methoden, die von Aliens entwickelt würden, systematische Änlihkiten mit unserer hätten. Diese Ähnlichkeiten würden auf Eigenschaften hinweisen, die nicht aus Setzungen oder Findungen folgen, sondern aus Eigenschaften des Universums.

Noch konkreter: Ich denke, man kann (heutzutage) die wissenschaftlichen Meta-Kriterien der Kritisierbarkeit, der Rationalität und der Falsifikation herleiten aus der Annahme, daß die Welt uns hinreichend naturgesetzlich erscheint.

göttertod hat folgendes geschrieben:
- mit Empirie kommt es für mich auf die Festsetzung des Zweckes der Ethik an.

Zwek der Ethik ist es aus meiner Sicht, plausibel zu begründen, was wir als Gemeinschaft vom Einzelnen erwarten.
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AgentProvocateur
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Wohnort: Berlin

Beitrag(#1703963) Verfasst am: 12.11.2011, 14:59    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Unseren Dissens sehe ich nun in der Frage, ob eine Erwartung (gesellschaftlich oder nicht) gerechtfertigt (berechtigt, legitim) sein muss oder nicht. Ich meine nicht, dass eine nicht gerechtfertigte Erwartung, von wem auch immer, ein Sollen begründen kann.

Mir scheint, dieser Dissenz kommt zum einen dadurch zustande, daß ich meist von einem Sollen als solchem (also eher deskriptiv) spreche, während Du ein Sollen definierst, wie Du es Dir wünschst. Falls das so ist, könnte ich durchaus mitgehen, insofern auch ich mir natürlich eine Moral wünsche, ...
- die ich für gut begründet halte,
- die mit meinen Präferenzen übereinstimmt.

Ja, ich rede nicht von einem deskriptivem Sollen (in der Gesellschaft X ist es zurzeit üblich, in der Situation Y Z zu tun) sondern von einem normativen Sollen (ist es richtig / gut, in der Situation Y Z zu tun?).

Wir reden also über etwas Unterschiedliches, Du über das (deskriptive) Sein (moralische Regeln / Auffassungen / Werte / Ziele etc. sind so und so) ich über das (normative) Sollen.

step hat folgendes geschrieben:
Ich habe nichts gegen vernünftige Einsicht, im Gegenteil glaube ich, daß diese hilfreich sein kann, wenn aufgeklärte Menschen sich moralisch konform verhalten sollen. Die wollen das nämlich verstehen und nachvollziehen können.

Das ist aber aus meiner Sicht eben nicht der Aspekt des Sollens. Denn wenn ich sagen wir mal genau die geforderten Steuern zahle (nicht hinterziehe), nur weil ich das Solidaritätsprinzip gerecht / begründet / legitim finde, nicht aber weil sie geschuldet sind (nicht weil ich zahlen soll), dann it das aus meiner Sicht zwar gemeinnütziges Handeln, aber kein Sollen.

Ja, das sehe ich genau umgekehrt. Wenn jemand nicht einsieht, dass er Steuern bezahlen soll (dieses 'soll' bezieht sich erst mal nur auf ein faktisches Sollen) und die nur aus Angst vor Strafe dennoch abführt, dann ist das kein moralisches Handeln, (er tut es nur, weil er es tun muss). Wenn er das aber wegen moralischer Prinzipen (Solidaritätsprinzip) für richtig hält und es deswegen tut, dann ist es moralisches Handeln, (er tut es, weil er es für richtig hält).

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... dass Du 'Sollen' immer nur mit 'Zwang durch Dritte ' gleich setzt. Das würde ich aber nicht als 'Sollen', sondern als 'Müssen' bezeichnen.

"Müssen" ist mir zu stark. Die Gemeinschaft übt moralischen Druck aus durch Gesetze, aber auch durch Erziehung, Kooperation usw., mal mehr, mal weniger. Gerade Du bist doch der Ansicht, man könne - jedenfalls manchmal - freiwillig gegen die Moral verstoßen, etwa weil man mit den gesellschaftlichen Werten nicht hinreichend übereinstimmt.

Ja, bzw. (falls das eine Situation ist, die man nicht als unmittelbar unmoralisch ansieht): er könnte sich dafür einsetzen, dass bestehende Regeln geändert werden sollen.

Das Problem, was ich mit Deiner Ansicht auch noch habe, ist dies: Du scheinst irgendwie "Moral einer Gesellschaft" als etwas Monolithisches, Einheitliches, Unveränderliches anzusehen. Da ist der Einzelne und ihm gegenüber steht der Block der Gesellschaft mit einheitlicher Moral. Aber dieses Bild ist falsch, erstens ist der Einzelne Teil der Gesellschaft und zweitens hat die Gesellschaft gar nicht so eine einheitliche Moral, wie Du immer anzunehmen scheinst.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
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Wohnort: Germering

Beitrag(#1703975) Verfasst am: 12.11.2011, 16:35    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ja, ich rede nicht von einem deskriptivem Sollen (in der Gesellschaft X ist es zurzeit üblich, in der Situation Y Z zu tun) ...

"Üblich" ist zu schwach, auch Moden etwa sind üblich. Ein Sollen entsteht erst, wenn damit ein Auftrag, eine Erwartung an Andere verbunden ist, z.B. "Du sollst nicht stehlen".

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... sondern von einem normativen Sollen (ist es richtig / gut, in der Situation Y Z zu tun?). Wir reden also über etwas Unterschiedliches, Du über das (deskriptive) Sein (moralische Regeln / Auffassungen / Werte / Ziele etc. sind so und so) ich über das (normative) Sollen.

Das normative Sollen gibt es aber gar nicht, so wenig wie es Gott gibt. Was Du meinst, ist letztlich überhaupt kein normatives Sollen, sondern ein individuelles Wollen zum Nutzen der Allgemeinheit.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn jemand nicht einsieht, dass er Steuern bezahlen soll (dieses 'soll' bezieht sich erst mal nur auf ein faktisches Sollen) und die nur aus Angst vor Strafe dennoch abführt, dann ist das kein moralisches Handeln, (er tut es nur, weil er es tun muss). Wenn er das aber wegen moralischer Prinzipen (Solidaritätsprinzip) für richtig hält und es deswegen tut, dann ist es moralisches Handeln, (er tut es, weil er es für richtig hält).

Dann tut er es aber nicht, weil er es soll, sondern weil er es will. Einziges Add-on zum normalen Wollen scheint mir zu sein, daß es mit dem Nutzen Anderer zu tun hat.

Es geht übrigens nicht primär um Angst vor Strafe. Das "Sollen", also der Agent der Anderen in uns, könnte auch darin bestehen, daß er einen Mitleidsdruck spürt, oder eine Erwartung / Hoffnung der Anderen. Wie etwa bei einem Bettler. Auch ganz ohne Strafe. Der Mensch internalisiert ja die Gemeinschaft sogar in Form sienes Gewissens, das sich aufgrund natürlicher Determinanten, aber auch durch Erziehung formt. Die "Strafe" besteht darin, daß er sich danach unangenehm fühlt.

Übrigens: warum zahlt er (Du) dann gerade soviel Steuern, wie er schuldet, und nicht mehr oder weniger?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Das Problem, was ich mit Deiner Ansicht auch noch habe, ist dies: Du scheinst irgendwie "Moral einer Gesellschaft" als etwas Monolithisches, Einheitliches, Unveränderliches anzusehen. Da ist der Einzelne und ihm gegenüber steht der Block der Gesellschaft mit einheitlicher Moral. Aber dieses Bild ist falsch, erstens ist der Einzelne Teil der Gesellschaft und zweitens hat die Gesellschaft gar nicht so eine einheitliche Moral, wie Du immer anzunehmen scheinst.

Da muß ich Deinem Eindruck widersprechen. Ich habe schon mehrfach geschrieben, daß ich Moral weder für etwas Statisches, noch für etwas Einheitliches halte. Selbst auf die weiter oben angesprochene Halbordnungseigenschaft würde ich nichts verwetten.
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Skeptiker
"I can't breathe!"



Anmeldungsdatum: 14.01.2005
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Wohnort: 129 Goosebumpsville

Beitrag(#1703977) Verfasst am: 12.11.2011, 16:43    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Es gibt ja auch in dem Sinne gar kein Sollen. Sondern nur ein Wollen, ein Erwarten, ein Zielen, ein Zwingen, ein Fühlen, ein Schämen, ein Bestrafen usw. - eine Moral eben. Ein echtes Sollen würde ja voraussetzen, daß eine absolute Entität uns moralisch unter Durck setzt. Oder?
Da eierst Du aber ein bisschen rum. Denn a.a.O. sprichst Du davon, dass es in einer Gesellschaft normal, ja nötig sei, den Individuen Erwartungen zuzuweisen.

Ja, richtig.


Und Erwartungen zuweisen heisst ein Sollen zuzuweisen. Mittlerweile hast Du hier eingeräumt, dass auch "die Gesellschaft" so ein Sollen für die Individuen erzeugen kann und dafür kein "Gott" nötig ist.

Genau genommen war das "göttliche" Sollen an die Adresse der Untertanen schon immer das Wollen der herrschenden Klassen. "Gott" hatte hier immer schon die Funktion einer Bauchrednerpuppe der Herrschenden.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Und was ist das anderes als ein Sollen aufzustellen, also eine Moral, die aus der Sicht derjenigen an welche die Erwartungen gestellt werden, in der Regel gerade kein Wollen ist?

Naja, i.a. funktioniert Moral ja besser, wenn man auch das Wollen erreicht, zumindest in gewissem Maße. Aber ich meinte genaugenommen gar nicht das Wollen des Individuums, dessen Handlung auf dem moralischen Prüfstand steht, sondern das Wollen derjenigen, die die Moral festlegen - im besten Fall die Gesamtheit ethischer Subjekte. Dann passt es wieder.


Warum steht denn nur das Wollen der Festgelegten auf dem Prüfstand und nicht das Wollen der Moral-Festleger? Letzteres ist doch gerade das, worum es geht.

Wer eine Moral "festlegt" (- ich hatte oben gesagt, dass das mit einer wissenschaftliche Moral gar nicht vereinbar ist, einfach etwas festzulegen, nur aufgrund einer Machtposition! -), dessen Methode des Festlegens muss doch in ganz zentraler Weise auf dem Prüfstand stehen.

So wie man in der Wissenschaft Aussagen-Sätze nachvollziehbar und qualitativ hochwertig begründen muss, so auch eine Moral.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
... Dann kann man nämlich auf diesen Begriff verzichten und von vorn herein von Wille und Macht sprechen ...-

Wobei es ja nicht um einzelne mächtige Despoten geht, sondern um die Macht des Kollektivs über das Individuum, das durch die Moral eines Teils seiner "Freiheit" beraubt wird. Daß ich Dir das erklären muß ... Böse


Demokratie heisst mindestens auch Kontrolle der Macht. Und die Menschenrechte sind Rechte des Individuums gegenüber der Gesellschaft und nicht umgekehrt.

-------

Davon mal abgesehen, möchte ich sowieso die Kategorien des "Sollen" und "Wollens" erst mal bei Seite lassen. Denn wenn es um eine wissenschaftliche Begründung von Moral geht - durchaus eben im Sinne von Mister Harris! - dann handelt es weniger um ein "Sollen", auch nicht um Beraubung von Freiheit, sondern um ein Wissen.

Das heisst: Wissenschaft kann erforschen, was gut ist ---> also den Bedürfnissen aller bewussten Lebewesen zugute kommt, so wie Wissenschaft erforschen kann, welches Material für Halbleiter optimal ist.

Was nun die Handelnden aus dem jeweiligen Wissen machen, ist davon getrennt. Techniker können suboptimal konstruieren, bewusste Wesen können ungut handeln und ungute Verhältnisse bauen.

Jedoch könnten sie eben auch das jeweils gute & optimale schaffen. Die Wissenschaft sagt immerhin wie. Nicht mehr - aber auch nicht weniger ...-! freakteach
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Beitrag(#1703985) Verfasst am: 12.11.2011, 17:08    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Mittlerweile hast Du hier eingeräumt, dass auch "die Gesellschaft" so ein Sollen für die Individuen erzeugen kann und dafür kein "Gott" nötig ist.

Häh? Das habe ich doch nie anders gesagt. Ein Sollen ist für mich ein Auftrag, und der muss von irgendwem kommen. Im speziellen Fall des moralischen Sollens kommt der Auftrag nicht von irgendwem, sondern (explizit oder implizit) von der Gesellschaft. Er könnte auch von einer moralischen Autorität kommen, aber Götter gips numa nich.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Und was ist das anderes als ein Sollen aufzustellen, also eine Moral, die aus der Sicht derjenigen an welche die Erwartungen gestellt werden, in der Regel gerade kein Wollen ist?
Naja, i.a. funktioniert Moral ja besser, wenn man auch das Wollen erreicht, zumindest in gewissem Maße. Aber ich meinte genaugenommen gar nicht das Wollen des Individuums, dessen Handlung auf dem moralischen Prüfstand steht, sondern das Wollen derjenigen, die die Moral festlegen - im besten Fall die Gesamtheit ethischer Subjekte. Dann passt es wieder.
Warum steht denn nur das Wollen der Festgelegten auf dem Prüfstand und nicht das Wollen der Moral-Festleger? Letzteres ist doch gerade das, worum es geht.

Skeptiker, ich kann Dir nicht folgen. Ich schrieb doch bereits mehrmals, daß die "Festleger" in einer aufgeklärten Gesellschaft alle ethischen Subjekte sind.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
... Dann kann man nämlich auf diesen Begriff verzichten und von vorn herein von Wille und Macht sprechen ...-
Wobei es ja nicht um einzelne mächtige Despoten geht, sondern um die Macht des Kollektivs über das Individuum, das durch die Moral eines Teils seiner "Freiheit" beraubt wird. Daß ich Dir das erklären muß ... Böse
Demokratie heisst mindestens auch Kontrolle der Macht. Und die Menschenrechte sind Rechte des Individuums gegenüber der Gesellschaft und nicht umgekehrt.

Richtig, deshalb sind Angehörige offener, aufgeklärter Gesellschaften auch meist deutlich schwächeren moralischen Ge-/Verboten unterworfen, als die Menschen in ideologisch geschlossenen Systemen. Letztlich läuft es wieder auf die Frage hinaus, welches Gleichgewicht zwischen individuellen und kollektiven Interessen wir einstellen wollen.
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Beitrag(#1704035) Verfasst am: 12.11.2011, 21:04    Titel: Antworten mit Zitat

Ich will ja nicht stören, aber ihr benutzt so fleißig Begriffe wie "Kollektiv", "Gesellschaft" und "Individuum", und stellt "das" Individuum den anderen beiden begrifflich gegenüber, daß man den Eindruck hat, "Kollektiv" und/oder "Gesellschaft" seien etwas grundsätzlich anderes. Soweit ich weiß, bestehen Gesellschaften aber ausschließlich aus Menschen, Individuen also.

Jedes einzelne Individuum steht also vielen anderen Individuen gegenüber, oder genauer gesagt: viele einzelne Menschen bilden miteinander Gesellschaften. Dann sieht man auf einmal, daß sie sich ja kaum selbst gegenüber stehen können, der Satz "Menschenrechte sind Rechte des Individuums gegenüber der Gesellschaft" also Quatsch ist.

Auf einmal stellt man fest, daß es sich also nur um wechselseitige Rechte zwischen den einzelnen Menschen oder einseitige Rechte gegenüber anderen Menschen sein können. Dann fängt man auf einmal an, über konkrete gesellschaftliche Beziehungen zu reden, statt über substanzlose begriffliche Schreckgespenster wie "Kollektiv". Menschen hören auf einmal auf willenlose Opfer von "Macht", "Wille" und "Moral" zu sein, von Systemen, die einem ähnlich geheimnisvoll erscheinen wie Götter früherer Zeiten, unpersönliche Mächte gewissermaßen.

Man stellt statt dessen fest, daß Machtverteilung eine Eigenschaft von Beziehungen zwischen Menschen ist, und daß in einer solchen Beziehung niemand auf Dauer alle Macht hat und der andere gar keine. Es sind immer Balancen, immer ein mehr oder weniger und es sind viele Menschen beteiligt sind.

"Den" Menschen gibt es nicht. Menschen kommen immer nur im Plural vor. So schlage ich als einfach gedankliche Übung vor, für sich im Stillen jedes "der Mensch", ob man es nun hört oder liest, durch ein "die Menschen" zu ersetzen, und sich zu fragen, ob der Satz dann noch Sinn macht. Das mag sich kleinlich anhören, aber Betrachtungen über menschliche Gesellschaften bestehen aus Worten ebenso wie aus Zahlen, und wir erlauben uns mit Worten eine Schlamperei, die wir bei Zahlen nie durchgehen lassen würden. Ich kann jedem, der das zu seiner Gewohnheit macht, ein paar interessante Einsichten versprechen. zwinkern
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Beitrag(#1704040) Verfasst am: 12.11.2011, 21:16    Titel: Antworten mit Zitat

@Marcellinus: Viele Entscheidungen und Ziele können aber nicht individuell verfolgt werden, sondern erfordern Kooperation. Etwa der Bau einer Autobahn oder einer gesetzlichen Krankenkasse. Daher kommen bestimmte Erwartungen beim Individuum in anonymer Form an, z.B. der Steuerbescheid, der Polizieeinsatz oder die Hartz-IV-Rate. Anonym im Sinne der Institutionalisierung, also der Lehrer wird nicht privat von Dir bezahlt, sondern vom Staat, und auch der Finanzbeamte hat keine persönliche Rechnung mit Dir offen.
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Beitrag(#1704052) Verfasst am: 12.11.2011, 22:03    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Mittlerweile hast Du hier eingeräumt, dass auch "die Gesellschaft" so ein Sollen für die Individuen erzeugen kann und dafür kein "Gott" nötig ist.

Häh? Das habe ich doch nie anders gesagt.


Doch, Du hast das anders gesagt und Dich dann korrigiert, indem Du die "absolute Entität" für den Begriff des "Sollens" nicht mehr für erforderlich hältst:

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Du sagtest oben, "Ein echtes Sollen würde ja voraussetzen, daß eine absolute Entität uns moralisch unter Druck setzt". So etwas ist für meinen Begriff eines 'Sollens' nicht erforderlich.

OK. Wenn wir jedoch mal auf die "absolute Entität" verzichten, ist dann ein Sollen nicht dennoch immer Folge des Wollens Dritter (der Gemeinschaft), also ein Auftrag? Wo soll der Auftrag sonst herkommen?


Allerdings sprichst Du nun vom "Wollen Dritter" - welches immer noch über dem einzelnen Individuum schwebt und ein Wollen Fremder und nicht des eigenen Bedürfnisses ist.

step hat folgendes geschrieben:
Ein Sollen ist für mich ein Auftrag, und der muss von irgendwem kommen.


"Ein Sollen ist ein Auftrag" schreibst Du. Da gibt es also einen Auftraggeber und einen (unfreiwilligen) Auftragnehmer. Das ist schon mal schlecht.

step hat folgendes geschrieben:
Im speziellen Fall des moralischen Sollens kommt der Auftrag nicht von irgendwem, sondern (explizit oder implizit) von der Gesellschaft. Er könnte auch von einer moralischen Autorität kommen, aber Götter gips numa nich.


Und weil es keine "Götter" (mehr) gibt, müssen nun "vergöttlichte" Vergeber von "Aufträgen" an die Stelle treten? Wäre es nicht denkbar, dass die Aufträge selber überflüssig sind?

Nur zur Erklärung meines eigenen Verständnisses des Moralbegriffes: Für mich ist Moral kein Auftrag, weil das Vorhandensein eines solchen Auftrages bereits schon Herrschaft bedeutet.

Deshalb binde ich den Moralbegriff an die Bedürfnisse bewusster Lebewesen.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Und was ist das anderes als ein Sollen aufzustellen, also eine Moral, die aus der Sicht derjenigen an welche die Erwartungen gestellt werden, in der Regel gerade kein Wollen ist?
Naja, i.a. funktioniert Moral ja besser, wenn man auch das Wollen erreicht, zumindest in gewissem Maße. Aber ich meinte genaugenommen gar nicht das Wollen des Individuums, dessen Handlung auf dem moralischen Prüfstand steht, sondern das Wollen derjenigen, die die Moral festlegen - im besten Fall die Gesamtheit ethischer Subjekte. Dann passt es wieder.
Warum steht denn nur das Wollen der Festgelegten auf dem Prüfstand und nicht das Wollen der Moral-Festleger? Letzteres ist doch gerade das, worum es geht.

Skeptiker, ich kann Dir nicht folgen. Ich schrieb doch bereits mehrmals, daß die "Festleger" in einer aufgeklärten Gesellschaft alle ethischen Subjekte sind.


Es geht ja darum, dass Subjekte und Objekte auseinander fallen und dass die "ethischen Subjekte" Moral festlegen, so dass durch diese Moralfestlegung bewusste Wesen zu Objekten, zu ausführenden Organen dieser Festlegung werden. Ich weise auf die Spaltung hin, die damit einher geht: eine Art von "moralischer Elite" legt nach ihrem Gusto etwas fest und das soll dann Moral sein.

Harris und ich sagen dagegen, dass 1. Bedürfnisse gar nicht festgelegt zu werden brauchen, da sowieso vorhanden und lediglich feststellbar und dass 2. die dem entsprechenden Verhaltensweisen und Verhältnisse erforschbar sind, was wiederum ein *Festlegen* überflüssig macht.

Am Ende meines letzten Beitrags benenne ich noch mal Moral als ein Wissen, dessen sich die bewussten Lebewesen bedienen können. Ganz *bewusst* steht dort nichts von "Festlegen" oder "Auftrag" oder "Zuweisen".

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
... Dann kann man nämlich auf diesen Begriff verzichten und von vorn herein von Wille und Macht sprechen ...-
Wobei es ja nicht um einzelne mächtige Despoten geht, sondern um die Macht des Kollektivs über das Individuum, das durch die Moral eines Teils seiner "Freiheit" beraubt wird. Daß ich Dir das erklären muß ... Böse
Demokratie heisst mindestens auch Kontrolle der Macht. Und die Menschenrechte sind Rechte des Individuums gegenüber der Gesellschaft und nicht umgekehrt.

Richtig, deshalb sind Angehörige offener, aufgeklärter Gesellschaften auch meist deutlich schwächeren moralischen Ge-/Verboten unterworfen, als die Menschen in ideologisch geschlossenen Systemen. Letztlich läuft es wieder auf die Frage hinaus, welches Gleichgewicht zwischen individuellen und kollektiven Interessen wir einstellen wollen.


Ich habe die propagandistischen Begriffe gefettet und will an dieser Stelle nur kurz darauf eingehen:

Sicherlich müssen individuelle *Interessen* (- ich rede ja von "Lebensbedürfnissen" -) und gesellschaftliche Interessen nicht im Widerspruch zueinander stehen. Das setzt aber voraus, dass die Gesellschaft moralische Verhältnisse in Form ihrer eigenen Gestaltung schafft. Moralische Verhältnisse sind also vor allem Anforderungen an die Gestaltung der Gesellschaft.

Alles andere würde ja auf die Verformung des Individuums zugunsten des "Kollektivs" hinaus laufen.

--------

Moralisches Verhalten in bezug auf Ernährung oder Erziehung ist heute auf wissenschaftlicher Grundlage möglich geworden. Die Ernährungs- und die pädagogischen Forschungen sind heute auf einem solchen Stand, dass man ziemlich klar sagen kann, was richtig (=gut) und was falsch (=schädlich) ist, wie gesagt in Form von Wissen, nicht in Form von Anweisungen.

Ebenso weiß man heute so präzise wie noch nie, welche Lebensverhältnisse gut sind und welche nicht.

Daraus folgt, dass die Organisation der Gesellschaft dann eine moralische ist, wenn sie aus diesem Wissen organisatorische Konsequenzen zieht.

Moral (- als Verhaltens- und Verhältnisoption -) kann also auf einer wissenschaftlichen Grundlage begründet werden, ohne eine Präferenzfunktion erst zusätzlich setzen zu müssen (was wohl auch eher kontraproduktiv wäre).
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Beitrag(#1704053) Verfasst am: 12.11.2011, 22:03    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
@Marcellinus: Viele Entscheidungen und Ziele können aber nicht individuell verfolgt werden, sondern erfordern Kooperation. Etwa der Bau einer Autobahn oder einer gesetzlichen Krankenkasse. Daher kommen bestimmte Erwartungen beim Individuum in anonymer Form an, z.B. der Steuerbescheid, der Polizieeinsatz oder die Hartz-IV-Rate. Anonym im Sinne der Institutionalisierung, also der Lehrer wird nicht privat von Dir bezahlt, sondern vom Staat, und auch der Finanzbeamte hat keine persönliche Rechnung mit Dir offen.

Aber alles das besteht ausschließlich aus Menschen, und ihren wechselseitigen Beziehungen untereinander, wie lang und indirekt diese Interdependenzketten, diese Ketten wechselseitiger Abhängigkeiten auch sein mögen. Daß diese Ereignisse sich dir gegenüber anonym äußern, ist gerade Ausdruck unserer heutigen gesellschaftlichen Verflechtungen. Aber was immer du an gesellschaftlichen Ereignissen nimmst, verfolge es zuende, und du landest bei Menschen, bei nichts sonst, auch und gerade wenn diese Menschen die Folgen ihrer Handlungen nicht beabsichtigt haben, nicht einmal voraussehen konnten.
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Beitrag(#1704058) Verfasst am: 12.11.2011, 22:18    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ich will ja nicht stören, aber ihr benutzt so fleißig Begriffe wie "Kollektiv", "Gesellschaft" und "Individuum", und stellt "das" Individuum den anderen beiden begrifflich gegenüber, daß man den Eindruck hat, "Kollektiv" und/oder "Gesellschaft" seien etwas grundsätzlich anderes. Soweit ich weiß, bestehen Gesellschaften aber ausschließlich aus Menschen, Individuen also.

Jedes einzelne Individuum steht also vielen anderen Individuen gegenüber, oder genauer gesagt: viele einzelne Menschen bilden miteinander Gesellschaften. Dann sieht man auf einmal, daß sie sich ja kaum selbst gegenüber stehen können, der Satz "Menschenrechte sind Rechte des Individuums gegenüber der Gesellschaft" also Quatsch ist.


Erstens geht es bei Harris nicht bloß um Menschen, sondern allgemein um bewusste Lebewesen.

Zweitens sind die Interessen so mancher Gesellschaft den Interessen so mancher Individuen mehr oder weniger entgegen gesetzt. Ich möchte hier auch mal den Begriff "institutionelles Interesse" (- etwa des Staates, des Unternehmens, etc. -) ins Spiel bringen.

Drittens war mein Satz mit den Rechten des Individuums gegenüber der Gesellschaft eine Klarstellung des Begriffes der Menschenrechte. Oft geht es ja bei Moraldebatten darum, welche Erwartungen "die Gesellschaft" an das Individuum stellen kann. Dies hat allerdings mit der Idee von Menschenrechten nichts zu tun.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Auf einmal stellt man fest, daß es sich also nur um wechselseitige Rechte zwischen den einzelnen Menschen oder einseitige Rechte gegenüber anderen Menschen sein können. Dann fängt man auf einmal an, über konkrete gesellschaftliche Beziehungen zu reden, statt über substanzlose begriffliche Schreckgespenster wie "Kollektiv". Menschen hören auf einmal auf willenlose Opfer von "Macht", "Wille" und "Moral" zu sein, von Systemen, die einem ähnlich geheimnisvoll erscheinen wie Götter früherer Zeiten, unpersönliche Mächte gewissermaßen.

Man stellt statt dessen fest, daß Machtverteilung eine Eigenschaft von Beziehungen zwischen Menschen ist, ...


Bei Dir verschwindet im Grunde genommen die Kategorie der Gesellschaft.

Für Dich gibt es scheinbar nur Beziehungen zwischen Menschen.

Es ist aber nun mal so, dass die Gesellschaft für diese Beziehungen die Rahmenbedingungen setzt.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
... und daß in einer solchen Beziehung niemand auf Dauer alle Macht hat und der andere gar keine. Es sind immer Balancen, immer ein mehr oder weniger und es sind viele Menschen beteiligt sind.


Es gibt sicherlich Machtballancen zwischen verschiedenen Klassen. Aber diese Ballancen finden ihre Bedingungen ebenfalls im Rahmen der bestehenden Gesellschaftsordnung.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
"Den" Menschen gibt es nicht. Menschen kommen immer nur im Plural vor. So schlage ich als einfach gedankliche Übung vor, für sich im Stillen jedes "der Mensch", ob man es nun hört oder liest, durch ein "die Menschen" zu ersetzen, und sich zu fragen, ob der Satz dann noch Sinn macht. Das mag sich kleinlich anhören, aber Betrachtungen über menschliche Gesellschaften bestehen aus Worten ebenso wie aus Zahlen, und wir erlauben uns mit Worten eine Schlamperei, die wir bei Zahlen nie durchgehen lassen würden. Ich kann jedem, der das zu seiner Gewohnheit macht, ein paar interessante Einsichten versprechen. zwinkern


Während Du oben den Begriff des Kollektivs - berechtigter Weise - ablehnst, führst Du ihn hier wieder ein ...- Lachen
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Beitrag(#1704064) Verfasst am: 12.11.2011, 22:37    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Bei Dir verschwindet im Grunde genommen die Kategorie der Gesellschaft.

Nein, sie führen nur keine Eigenleben unabhängig von den Menschen. Wobei wir nicht vergessen wollen, daß diese "Kategorien" vor allem menschengemachte Modelle sind.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Für Dich gibt es scheinbar nur Beziehungen zwischen Menschen.

Nur Menschen und ihre wechselseitigen Beziehungen, Abhängigkeiten, Machtgewichte, ja. Aber das hat nichts mit mir zu tun. Es ist das, was sich beobachten läßt.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Es ist aber nun mal so, dass die Gesellschaft für diese Beziehungen die Rahmenbedingungen setzt.

Nimm mal alle Menschen weg, was bleibt dann von deiner "Gesellschaft" noch übrig? Lachen
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Beitrag(#1704092) Verfasst am: 13.11.2011, 00:54    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Mittlerweile hast Du hier eingeräumt, dass auch "die Gesellschaft" so ein Sollen für die Individuen erzeugen kann und dafür kein "Gott" nötig ist.
Häh? Das habe ich doch nie anders gesagt.
Doch, Du hast das anders gesagt und Dich dann korrigiert, indem Du die "absolute Entität" für den Begriff des "Sollens" nicht mehr für erforderlich hältst:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Du sagtest oben, "Ein echtes Sollen würde ja voraussetzen, daß eine absolute Entität uns moralisch unter Druck setzt". So etwas ist für meinen Begriff eines 'Sollens' nicht erforderlich.
OK. Wenn wir jedoch mal auf die "absolute Entität" verzichten, ist dann ein Sollen nicht dennoch immer Folge des Wollens Dritter (der Gemeinschaft), also ein Auftrag? Wo soll der Auftrag sonst herkommen?

Wo ist das Problem? Ein "echtes" Sollen, also ein Sollen, daß nicht ein Wollen Dritter ist, könnte nur von einer höheren Autorität kommen, die es aber nicht gibt. Was wir üblicherweise als "Sollen" empfinden, ist dagegen eiegntlich ein Wollen Dritter - oder internalisierter Dritter.

Ich glaube, Du hast Schwierigkeiten zu erkennen, wenn jemand eine Darstellung nicht appellativ formuliert. Für Dich ist das untrennbar.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ein Sollen ist für mich ein Auftrag, und der muss von irgendwem kommen.
"Ein Sollen ist ein Auftrag" schreibst Du.

Das ist die Definition von "Sollen". ob Dir das nun gefällt oder nicht.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Da gibt es also einen Auftraggeber und einen (unfreiwilligen) Auftragnehmer. Das ist schon mal schlecht.

Schlecht oder nicht, es ist so. So einiges ist übrigens unfreiwillig. Du bist zum Beispiel ins Leben geworfen, völlig unfreiwillig. Und der Auftragnehmer kann ja aus der Gesellschaft aussteigen oder sie zu verändern versuchen.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Für mich ist Moral kein Auftrag, weil das Vorhandensein eines solchen Auftrages bereits schon Herrschaft bedeutet.Deshalb binde ich den Moralbegriff an die Bedürfnisse bewusster Lebewesen.

Der Auftrag (des Sollens) kann doch in einer offenen Gesellschaft an die Bedürfnisse der Lebewesen gebunden sein. Aber wer legt fest, was die Bedürfnisse sind?
a) Skeptiker?
b) die bewußten Interessen aller ethischen Subjekte?
c) die Naturgesetze?
d) ...?

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Harris und ich sagen dagegen, dass 1. Bedürfnisse gar nicht festgelegt zu werden brauchen, da sowieso vorhanden und lediglich feststellbar und dass 2. die dem entsprechenden Verhaltensweisen und Verhältnisse erforschbar sind, was wiederum ein *Festlegen* überflüssig macht.

Also c).

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
deshalb sind Angehörige offener, aufgeklärter Gesellschaften auch meist deutlich schwächeren moralischen Ge-/Verboten unterworfen, als die Menschen in ideologisch geschlossenen Systemen. Letztlich läuft es wieder auf die Frage hinaus, welches Gleichgewicht zwischen individuellen und kollektiven Interessen wir einstellen wollen.
Ich habe die propagandistischen Begriffe gefettet ...

Drollig.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ebenso weiß man heute so präzise wie noch nie, welche Lebensverhältnisse gut sind und welche nicht.

Würdest Du gegen die Interessen von Menschen handeln, wenn diese nicht dem entsprechen, was Du als "wünschenswerte Lebensverhältnisse" ansiehst? Zudem glaube ich, daß wir für bestimmte Aspekte "guter Lebensverhältnisse" den Menschen verändern müßten.
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Beitrag(#1704263) Verfasst am: 13.11.2011, 22:06    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Mittlerweile hast Du hier eingeräumt, dass auch "die Gesellschaft" so ein Sollen für die Individuen erzeugen kann und dafür kein "Gott" nötig ist.
Häh? Das habe ich doch nie anders gesagt.
Doch, Du hast das anders gesagt und Dich dann korrigiert, indem Du die "absolute Entität" für den Begriff des "Sollens" nicht mehr für erforderlich hältst:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Du sagtest oben, "Ein echtes Sollen würde ja voraussetzen, daß eine absolute Entität uns moralisch unter Druck setzt". So etwas ist für meinen Begriff eines 'Sollens' nicht erforderlich.
OK. Wenn wir jedoch mal auf die "absolute Entität" verzichten, ist dann ein Sollen nicht dennoch immer Folge des Wollens Dritter (der Gemeinschaft), also ein Auftrag? Wo soll der Auftrag sonst herkommen?

Wo ist das Problem? Ein "echtes" Sollen, also ein Sollen, daß nicht ein Wollen Dritter ist, könnte nur von einer höheren Autorität kommen, die es aber nicht gibt. Was wir üblicherweise als "Sollen" empfinden, ist dagegen eiegntlich ein Wollen Dritter - oder internalisierter Dritter.


Das weiß ich. Deswegen problematisiere ich das ja auch, weil das "Sollen" der einen Gruppe zwar das "Wollen" der anderen Gruppe ist, jedoch als ebendieses "Wollen" oft verschleiert wird, etwa indem jenes "Sollen" z.B. als "Sachzwang" oder ähnliches ausgegeben wird.

Für mich war wichtig, dass "ein echtes 'Sollen'" auch mit einer irdischen Autorität errichtet werden kann.

step hat folgendes geschrieben:
Ich glaube, Du hast Schwierigkeiten zu erkennen, wenn jemand eine Darstellung nicht appellativ formuliert. Für Dich ist das untrennbar.


Das "Wollen" Dritter kann nicht-appellativ formuliert werden. Aber dann gibt es da ja noch die Erwartungen, von denen Du sprichst. Was das bedeutet, ist doch klar - dass nämlich das "Wollen" direkt in ein "Sollen" übergeht.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ein Sollen ist für mich ein Auftrag, und der muss von irgendwem kommen.
"Ein Sollen ist ein Auftrag" schreibst Du.

Das ist die Definition von "Sollen". ob Dir das nun gefällt oder nicht.


Kann man so definieren.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Da gibt es also einen Auftraggeber und einen (unfreiwilligen) Auftragnehmer. Das ist schon mal schlecht.

Schlecht oder nicht, es ist so. So einiges ist übrigens unfreiwillig. Du bist zum Beispiel ins Leben geworfen, völlig unfreiwillig. Und der Auftragnehmer kann ja aus der Gesellschaft aussteigen oder sie zu verändern versuchen.


Wieso ist nicht die Gesellschaft der Auftragnehmer? Wieso wird ständig voraus gesetzt, dass die Gesellschaft quasi die moralische Instanz schlechthin wäre, anstatt die zu kritisierende, weil moral-setzende Instanz?

Das wäre ja an sich kein Kritikpunkt, wenn die gesellschaftliche Moral wissenschaftlich begründet wäre. Aber dann wäre es keine gesetzte Moral mehr.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Für mich ist Moral kein Auftrag, weil das Vorhandensein eines solchen Auftrages bereits schon Herrschaft bedeutet.Deshalb binde ich den Moralbegriff an die Bedürfnisse bewusster Lebewesen.

Der Auftrag (des Sollens) kann doch in einer offenen Gesellschaft an die Bedürfnisse der Lebewesen gebunden sein. Aber wer legt fest, was die Bedürfnisse sind?
a) Skeptiker?
b) die bewußten Interessen aller ethischen Subjekte?
c) die Naturgesetze?
d) ...?


Nichts und niemand legt Bedürfnisse fest. Diese sind da und der Erkenntnis offen.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Harris und ich sagen dagegen, dass 1. Bedürfnisse gar nicht festgelegt zu werden brauchen, da sowieso vorhanden und lediglich feststellbar und dass 2. die dem entsprechenden Verhaltensweisen und Verhältnisse erforschbar sind, was wiederum ein *Festlegen* überflüssig macht.

Also c).


Nicht c), sondern nichts und niemand, step. Es gibt kein Festlegen, es gibt höchstens Erkenntnis der Bedürfnisse, welche für das Wohlergehen bewusster Lebewesen erfüllt sein müssen.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
deshalb sind Angehörige offener, aufgeklärter Gesellschaften auch meist deutlich schwächeren moralischen Ge-/Verboten unterworfen, als die Menschen in ideologisch geschlossenen Systemen. Letztlich läuft es wieder auf die Frage hinaus, welches Gleichgewicht zwischen individuellen und kollektiven Interessen wir einstellen wollen.
Ich habe die propagandistischen Begriffe gefettet ...

Drollig.


Propaganda ist nicht drollig.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ebenso weiß man heute so präzise wie noch nie, welche Lebensverhältnisse gut sind und welche nicht.

Würdest Du gegen die Interessen von Menschen handeln, wenn diese nicht dem entsprechen, was Du als "wünschenswerte Lebensverhältnisse" ansiehst?


Wenn die Lebensverhältnisse nicht den Interessen der bewussten Lebewesen entsprechen, sollte man wohl kaum zusätzlich noch gegen die Interessen der bewussten Lebewesen handeln. Das wäre ja doppelt gemoppelt. Was zu ändern wäre, wären die Lebensverhältnisse selber. Die Menschenrechte sind Forderungen der Individuen gegen die Gesellschaft, nicht umgekehrt!

step hat folgendes geschrieben:
Zudem glaube ich, daß wir für bestimmte Aspekte "guter Lebensverhältnisse" den Menschen verändern müßten.


Umgekehrt, step, immer umgekehrt. Die Gesellschaft passt sich dem Menschen an. So herum und nicht anders.

Siehe dazu noch mal meine Aussage von oben:

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Sicherlich müssen individuelle *Interessen* (- ich rede ja von "Lebensbedürfnissen" -) und gesellschaftliche Interessen nicht im Widerspruch zueinander stehen. Das setzt aber voraus, dass die Gesellschaft moralische Verhältnisse in Form ihrer eigenen Gestaltung schafft. Moralische Verhältnisse sind also vor allem Anforderungen an die Gestaltung der Gesellschaft.

Alles andere würde ja auf die Verformung des Individuums zugunsten des "Kollektivs" hinaus laufen.


Die Gesellschaft ist hier die Variable, die Veränderliche ...-!

Zitat:
In „The Moral Landscape: How Science Can Determine Human Values“, untersucht Harris die Frage, ob es möglich ist, mit wissenschaftlichen Methoden ethische Werte zu finden und zu begründen. Kernsatz ist die Aussage: „Werte sind Fakten über das Wohlbefinden von bewusst denkenden Lebewesen“. Ein ganz wichtiger Punkt ist dabei, dass er von Lebewesen spricht und nicht speziell von Menschen. Damit gesteht er auch den höher entwickelten Tieren ein gewisses Maß an Werten zu. Dieses Maß muss sich an der Leidensfähigkeit bzw. an der Stufe des Bewusstseins des jeweiligen Lebewesens orientieren.

Wir sind weder im Besitz von absoluten Werten noch von absoluten Wahrheiten, aber wir können recht genau sagen, welche Werte besser sind und welche schlechter und dies können wir im Zweifelsfall mit objektiven, wissenschaftlichen Methoden erreichen. Entscheidend sind dabei also nicht irgendwelche transzendente oder esoterische Überlegungen, sondern die Konsequenzen solcher Werte auf der Ebene der Erfahrung im Diesseits (Konsequentialismus) und damit die Frage, welchen Einfluss Werte auf unser Wohlbefinden bzw. unser Leid haben. Diese Dinge sind weitgehend unabhängig von Kultur und Religion. Zu ethischen Fragen gibt es falsche und richtige Antworten, genauso wie es falsche und richtige Antworten zu Fragen der Physik gibt. Damit zeigt Harris, dass der so genannte Naturalistische Fehlschluss selbst ein Fehlschluss ist.


http://hpd.de/node/12134

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