zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1716436) Verfasst am: 05.01.2012, 16:47 Titel: Hoffnung, größer als Angst - Über den Arabischen Frühling |
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Ein lesenswerter Beitrag von Jürgen Todenhöfer über den Arabischen Frühling.
Zitat: | Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit und die Einführung der Demokratie in der arabischen Welt waren nie Ziel des Westens. Freiheit hieß dort nie Freiheit von uns. Als der Westen Arabien nicht mehr kolonisieren konnte, unterstützte er dort Monarchien und autoritäre Herrscher, die bereit waren, sich gegen Waffen und Geld außenpolitisch anzupassen. Und die jede demokratische Bewegung im Keim erstickten. Bis Anfang 2011 hat der Westen den arabischen Diktatoren in beschämender Weise bei der Unterdrückung ihrer Völker geholfen.
Ihre Sicherheitsapparate benutzte er als Folterfilialen. Terrorverdächtige – oft Unschuldige – wurden heimlich nach Nordafrika transportiert, weil die dortigen Diktatoren besser folterten. Eine besonders beliebte Folterzweigstelle waren bis zuletzt die Kerker Muammar al-Gaddafis. Für seinen Folterservice wurde Gaddafi manch extravaganter Wunsch erfüllt. Sarkozy versorgte ihn mit dem Traumgefährt aller Mafiabosse, einem gepanzerten Tarnkappen-Mercedes, Tony Blair lieferte ihm einen libyschen Regimegegner ans Messer, und Deutschland versorgte ihn mit modernsten Waffen.
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Keine Rolle spielten bei den Aufständen jene extremistisch-terroristischen Splittergruppen, die uns jahrelang als gefährlichste Gegner der autoritären Herrscher Arabiens – und als legitimer Grund für deren Unterstützung – präsentiert wurden: Terror-Organisationen wie al-Qaida. Ein junger libyscher Rebell lachte mich aus, als ich sagte, er sehe wie ein Al-Qaida-Kämpfer aus. Er trage zwar einen Bart, weil er kaum noch zum Schlafen, geschweige denn zum Rasieren komme. Aber mit den Verbrechern von al-Qaida wolle keiner der Rebellen etwas zu tun haben.
Die Revolution schob die Terroristen einfach zur Seite, soweit diese sich überhaupt aus ihren Verstecken wagten. Sie ist nicht nur ein Aufstand gegen Diktatoren, sondern auch gegen Terroristen, die sich anmaßen, im Namen der Muslime zu sprechen. Und gegen die Zerrbilder des Westens und dessen sorgsam gepflegtes Feindbild Islam.
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Von den Ereignissen in Tunesien und Ägypten weitgehend überrascht, haben vor allem die USA den Arabischen Frühling als einmalige Chance erkannt, den Mittleren Osten nach ihren Vorstellungen umzugestalten. Ihr vorrangiges Ziel ist dabei nicht Demokratie, sondern die Durchsetzung und Absicherung eigener Interessen – in einem proamerikanischen »Greater Middle East«. Verbündete wie Saudi-Arabien oder Bahrain haben daher vom Westen nichts zu befürchten. Demokratiebewegungen gegen diese Diktaturen dürfen weiter niedergeknüppelt werden.
Ganz anders verhält sich der Westen, wenn es sich um Revolutionen gegen erklärte Feinde handelt und er dabei – wie bei Gaddafi und Assad – seine »Schurkenliste« abarbeiten kann. Dann wird er wieder zum Herold der Menschenrechte. Er bildet »Heilige Allianzen« zur Verteidigung der Demokratie, so wie die europäischen Großmächte im 19. Jahrhundert »Heilige Allianzen« zur Verteidigung der Monarchie gründeten. Mit derselben gespielten Inbrunst. Revolution und Intervention vermischen sich zu einem schmutzigen Geschäft. Und über allem schwebt die Lüge.
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http://szmstat.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/36803/1/1
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Aretny Als Doppelnick gesperrt
Anmeldungsdatum: 18.12.2011 Beiträge: 119
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(#1716487) Verfasst am: 05.01.2012, 20:31 Titel: |
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Ich denke nicht das dabei etwas annähernd demokratisches herauskommt.
Die Leute werden sich den Fundamentalisten zuwenden und diese werden die "Restdemokratie" ganz unbürokratisch zu Grabe tragen, + einiger der Leute die heute wirklich für Demokratie kämpfen.
_________________ Celebrate diversity, and promote discord.
Celebrate equality, and promote unity.
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