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Der Determinismus hebt sich selbst auf?
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Orkidy
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Anmeldungsdatum: 21.08.2004
Beiträge: 6

Beitrag(#171733) Verfasst am: 29.08.2004, 22:20    Titel: Der Determinismus hebt sich selbst auf? Antworten mit Zitat

In "Jugend im Zwiespalt" von Henning Köhler habe ich folgenden
Versuch gefunden, den Determinismus zu widerlegen:

Zitat:
Schopenhauer:
Zitat:

" Die Frage nach der Willensfreiheit ist wirklich ein Probierstein, an welchem man die tief denkenden Geister von den oberflächlichen unterscheiden kann, oder ein Grenzstein, wo beide auseinandergehen, indem die ersteren sämtlich das notwendige ERfolgen der Handlung, bei gegebenem Charakter und Motiv, behaupten, die letzteren hingegen der Willensfreiheit anhängen."

Wenn die Bildung dieser Ansicht im Kopf des Philosophen ein Akt notwendigen Erfolgens bei gegebenem Charakter und Motiv war, steht sie wertneutral neben jeder anderen notwendig erfolgten Ansicht anders ymotivierter Charaktere. Wer recht hat, spielt keine Rolle, ja es wäre geradezu absurd, darüber zu streiten (was Schopenhauer aber tut). Beim einen erfolgt eben zwangsläufig diese, beim anderen jene Weltanschauung, so wie der eine dick ist und der andere dünn. Selbst einem Denker vom Rang Schopenhauers ist nicht aufgefallen, daß der Determinismus geradewegs in den Relativismus führt und damit sich selbst wieder aufhebt.


Kann man so den Determinismus widerlegen? Mir kommt die Argumentation ziemlich fishy vor, etwas daran stört mich.


Zuletzt bearbeitet von Orkidy am 29.08.2004, 22:59, insgesamt einmal bearbeitet
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#171740) Verfasst am: 29.08.2004, 22:47    Titel: Antworten mit Zitat

Was genau meint Schopenhauer damit, dass sich die Aussagen wertneutral gegenüberstehen? Wohl kaum, dass sie beiden den gleichen Wahrheitswert haben. Genau darum dreht sich aber ein Streit zwischen beiden Fraktionen.
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Orkidy
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Anmeldungsdatum: 21.08.2004
Beiträge: 6

Beitrag(#171745) Verfasst am: 29.08.2004, 23:01    Titel: Antworten mit Zitat

Nein, es ist nicht Schopenhauer, der von wertneutral spricht,
sondern Köhler.

*irreführende Zitatenschachtelung im Beitrag editier*
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Orkidy
registrierter User



Anmeldungsdatum: 21.08.2004
Beiträge: 6

Beitrag(#171748) Verfasst am: 29.08.2004, 23:09    Titel: Antworten mit Zitat

Wygotsky, du hast recht. Bloß weil man sich durch Äußern einer
selbstbezüglichen These in Widersprüche verwickelt, muß die
These noch nicht falsch sein, das ist der Argumentationsfehler bei
Köhler. Was mir übrigzubleiben scheint als logische Folgerung aus seinem
Argument ist, daß es völlig unsinnig ist, über die Frage des Determinismus
zu diskutieren. Doch offensichtlich gibt es viele fruchtbare Streits über
genau diese Frage, wie paßt das zusammen?
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#171749) Verfasst am: 29.08.2004, 23:13    Titel: Antworten mit Zitat

OK. Ich begreife trotzdem nicht, was Köhler damit beweisen will. Mir scheint, er möchte den Determinismus annehmen und zeigen, dass er zu einem Widerspruch führt. Nur sehe ich keinen Widerspruch.

Wenn ich als Determinist mit einem Anhänger der Willensfreiheit diskutiere, dann ist mir natürlich klar, dass er zwangsläufig zum Anhänger der Willensfreiheit geworden ist. Genau so wie ich zwangsläufig zum Deterministen wurde.
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#171752) Verfasst am: 29.08.2004, 23:23    Titel: Antworten mit Zitat

Orkidy hat folgendes geschrieben:
Wygotsky, du hast recht. Bloß weil man sich durch Äußern einer
selbstbezüglichen These in Widersprüche verwickelt, muß die
These noch nicht falsch sein, das ist der Argumentationsfehler bei
Köhler. Was mir übrigzubleiben scheint als logische Folgerung aus seinem
Argument ist, daß es völlig unsinnig ist, über die Frage des Determinismus
zu diskutieren. Doch offensichtlich gibt es viele fruchtbare Streits über
genau diese Frage, wie paßt das zusammen?


1. Die beiden Parteien haben keine andere Wahl als zu streiten.

2. Ich denke nicht, dass es möglich ist, den Determinismus argumentativ oder wissenschaftlich zu beweisen. Die Diskussion dreht sich meines Erachtens um etwas anderes. Der Anhänger der Willensfreiheit macht eine sehr merkwürdige und unnötige Annahme. Er akzeptiert ja im allgemeinen, dass die Bewegung von Materieteilchen den Naturgesetzen folgt. Nur in seinem Gehirn soll das auf einmal nicht mehr gelten. Wer eine ungewöhnliche Behauptung aufstellt, muss sie beweisen oder zumindest gut begründen, sonst glaube ich sie nicht.
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Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#171792) Verfasst am: 30.08.2004, 00:31    Titel: Antworten mit Zitat

Wygotsky hat folgendes geschrieben:

2. Ich denke nicht, dass es möglich ist, den Determinismus argumentativ oder wissenschaftlich zu beweisen.

Um genau zu sein ist sie nicht falsifizierbar. Um zu testen, ob das sichtbare Universum deterministisch ist, müssten wir es simulieren und die Zukunft vorhersagen können. Der Simulator müsste sich aber außerhalb des sichtbaren Universums befinden, da er sich sonst selbst simulieren müsste. Da er sich aber außerhalb des sichtbaren Universums befinden muss, können wir unmöglich seine Ergebnisse ablesen.

Was die Willensfreiheit angeht, kommt es drauf an, wie man sie definiert. Es gibt Varianten, die mit dem Determinismus kompatibel sind und solche die ihm widersprechen.

Den Determinismus als Begründung für bestimmte Handlungen kann man leicht aushebeln, was alleine schon deshalb möglich sein muss, weil er nicht falsifizierbar ist.

Wenn ein Mörder sich verteidigen will indem er sagt, dass der Mord schon fest stand noch bevor er auf die Welt kam, so kann der Richter ebenso kontern. Richter und Gefängniswärter können argumentieren, dass das Einsperren des Mörders zwar eine Freiheitsberaubung ist, diese aber schon fix war, noch bevor sie auf die Welt kamen.
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Wygotsky
registrierter User



Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#171795) Verfasst am: 30.08.2004, 00:36    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Um genau zu sein ist sie nicht falsifizierbar. Um zu testen, ob das sichtbare Universum deterministisch ist, müssten wir es simulieren und die Zukunft vorhersagen können. Der Simulator müsste sich aber außerhalb des sichtbaren Universums befinden, da er sich sonst selbst simulieren müsste. Da er sich aber außerhalb des sichtbaren Universums befinden muss, können wir unmöglich seine Ergebnisse ablesen.


Ich hatte schon gehofft, dass du dich meldest.

Sokrater hat folgendes geschrieben:
Was die Willensfreiheit angeht, kommt es drauf an, wie man sie definiert. Es gibt Varianten, die mit dem Determinismus kompatibel sind und solche die ihm widersprechen.


Wie könnte die Willensfreiheit denn mit dem Determinismus kompatibel sein? Es wäre ja durchaus ganz nett, sie zu retten.

Sokrater hat folgendes geschrieben:
Den Determinismus als Begründung für bestimmte Handlungen kann man leicht aushebeln, was alleine schon deshalb möglich sein muss, weil er nicht falsifizierbar ist.

Wenn ein Mörder sich verteidigen will indem er sagt, dass der Mord schon fest stand noch bevor er auf die Welt kam, so kann der Richter ebenso kontern. Richter und Gefängniswärter können argumentieren, dass das Einsperren des Mörders zwar eine Freiheitsberaubung ist, diese aber schon fix war, noch bevor sie auf die Welt kamen.


Zustimmung. Und doch bleibt die Frage, ob dieses Vorgehen sinnvoll ist.
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Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#171805) Verfasst am: 30.08.2004, 00:56    Titel: Antworten mit Zitat

Wygotsky hat folgendes geschrieben:

Sokrater hat folgendes geschrieben:
Was die Willensfreiheit angeht, kommt es drauf an, wie man sie definiert. Es gibt Varianten, die mit dem Determinismus kompatibel sind und solche die ihm widersprechen.


Wie könnte die Willensfreiheit denn mit dem Determinismus kompatibel sein? Es wäre ja durchaus ganz nett, sie zu retten.

Nennt sich Kompatibilismus vs. Inkompatibilismus. Aus dem Stegreif kann ich das nicht genau schildern. Im wesentlichen definieren beide den freien Willen etwas anders. Beide Strömungen haben Recht was ihre Definitinon angeht.

Manche Formen des Kompatibilismus sind eher pragmatischer und praktikabler. Wenn mir jemand eine Pistole an den Kopf hält und mich zwingt etwas zu tun, dann würde ich sagen, dass ich in diesem Moment keinen freien Willen habe, obwohl ich mich natürlich auch für meinen Tod entscheiden könnte. Das mein Verhalten theoretisch vorausberechenbar ist, stört mich wenig und wirkt sich auch nicht auf mich aus, solange das nicht praktische durchführbar ist.

Wygotsky hat folgendes geschrieben:

Sokrater hat folgendes geschrieben:
Den Determinismus als Begründung für bestimmte Handlungen kann man leicht aushebeln, was alleine schon deshalb möglich sein muss, weil er nicht falsifizierbar ist.

Wenn ein Mörder sich verteidigen will indem er sagt, dass der Mord schon fest stand noch bevor er auf die Welt kam, so kann der Richter ebenso kontern. Richter und Gefängniswärter können argumentieren, dass das Einsperren des Mörders zwar eine Freiheitsberaubung ist, diese aber schon fix war, noch bevor sie auf die Welt kamen.


Zustimmung. Und doch bleibt die Frage, ob dieses Vorgehen sinnvoll ist.

Eine ethische Begründung für das Strafrecht ist ein anderes Thema.

Der Kumpel des Mörders könnte allerdings den Gefängniswärter töten und die gleiche Verteidigung verwenden. Letztendlich gewinnt die Partei, die das Gewaltmonopol inne hat, also der Staat.
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caballito
zänkisches Monsterpony



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 12112
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Beitrag(#171812) Verfasst am: 30.08.2004, 01:21    Titel: Antworten mit Zitat

Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Wie könnte die Willensfreiheit denn mit dem Determinismus kompatibel sein?


Auf die selbe Weise, wie der Zufall das kann: Der Zufall existiert auf einer höheren Abstraktionsebene und entsteht durch Reduktion auf das fassbare. Der Fall des Würfels ist streng deterministisch, aber um ihn zu berechnen, benötigt man genaue Kenntnis der Ausgangsparameter. Genau die hat man aber nicht, und deswegen ist die Berechnung praktisch nicht möglich. Wenn man aber von diesen nicht fassbaren Parametern absieht und sich nur auf die beobachtbaren Ergebnisse konzentriert, kann man zwar nicht mehr den einzelnen Wurf voraussagen, aber immer noch statistische Vorhersagen treffen. Zufall ist nichts anderes als eine abstrahierende Sammelbezeichnung für die Effekte, die auf der Varianz dieser vernachlässigten Parameter beruhen.

Ganz genauso kann man auch den freien Willen als Abstraktionsbegriff definieren für die nicht fassbaren Parameter des Gehirns.
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Die Gedanken sind frei.

Aber nicht alle Gedanken wissen das.
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Darwin Upheaval
Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator



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Beitrag(#171872) Verfasst am: 30.08.2004, 09:59    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Sokrateer,

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Wygotsky hat folgendes geschrieben:

2. Ich denke nicht, dass es möglich ist, den Determinismus argumentativ oder wissenschaftlich zu beweisen.

Um genau zu sein ist sie nicht falsifizierbar. Um zu testen, ob das sichtbare Universum deterministisch ist, müssten wir es simulieren und die Zukunft vorhersagen können. Der Simulator müsste sich aber außerhalb des sichtbaren Universums befinden, da er sich sonst selbst simulieren müsste. Da er sich aber außerhalb des sichtbaren Universums befinden muss, können wir unmöglich seine Ergebnisse ablesen.


Dasselbe Problem könnte man natürlich auch für die "Überwelt" postulieren: Wenn sie mit dem "System Universum" in irgendeiner Weise in Wechselwirkung tritt, müßte der Simulator die Interaktion ebenfalls berücksichtigen, das heißt auch die Überwelt simulieren usf.


Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Was die Willensfreiheit angeht, kommt es drauf an, wie man sie definiert. Es gibt Varianten, die mit dem Determinismus kompatibel sind und solche die ihm widersprechen.


Streng genommen ist eine Willensfreiheit auch dann nicht gegeben, wenn das Quantengeschehen indeterministisch wäre. Denn letztlich sind unsere Gedanken das Resultat neuronaler Rückkopplungen, die sich selbst Systemzustände schaffen. Welcher Gedanke (bzw. Systemzustand) "realisiert" wird, hängt aber nicht nur von der Struktur des Gehirns ab, sondern wird auch von externen Einflüssen wie Quantenereignissen mitbestimmt. Unser Wille ist dann zwar nicht mehr objektiv vorherbestimmt, nichtsdestotrotz aber immer noch (in einem schwächeren Sinne) determiniert... zwinkern

Grüße

Martin
_________________
"Science is a candle in the dark." - Carl Sagan

www.ag-evolutionsbiologie.de
www.facebook.com/AGEvolutionsbiologie
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Marvin
deterministischer deprimierter Automat



Anmeldungsdatum: 17.04.2004
Beiträge: 234

Beitrag(#171954) Verfasst am: 30.08.2004, 13:12    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Martin,

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Streng genommen ist eine Willensfreiheit auch dann nicht gegeben, wenn das Quantengeschehen indeterministisch wäre.

Noch strenger genommen (m.E. Cool ) ist sie sogar im indeterministischen vollkommen unmöglich, da Willenfreiheit doch bedeutet, dass da "etwas/der freie Wille" gezielte Einflussnahme auf die Welt nimmt. Dieses "etwas" muss sich ja nicht nur bedingungslos entscheiden können, sondern die entscheidende Handlung muss auch irgendwie zielführend sein (im Sinne der Entscheidung), und dies ginge nur, wenn die Welt ab der (ominösen) Einflußnahme dieses "etwas" kalkulierbar weiterlaufen würde - also deterministisch.
Wegen der Forderung der bedingungslosen Entscheidung kann die Welt also nicht determiniert sein und wegen der Forderung nach Kontrollierbarkeit nicht indeterministisch.
Normalerweise wird der freie Wille nun in eine transzendente Welt verlagert, wo er aber auf die selben Probleme stößt:
Auch ohne genaue Kenntnisse über die Beschaffenheit dieser postulierten Welt kann man sagen, diese muß entweder deterministisch sein oder nicht.
Der einzig verbleibene Lebensraum des Postulats "freier Wille" liegt daher m.E. in etwas, was weder das eine noch das andere ist, wenn es also sozusagen "ein Drittes" gibt.
Die Frage, ob das Konstrukt "freier Wille" prinzipiell möglich ist, wäre damit die Klärung, ob es dieses Dritte logisch geben kann oder nicht.
Oder Frage

Gruß Marvin
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#171991) Verfasst am: 30.08.2004, 14:05    Titel: Antworten mit Zitat

caballito hat folgendes geschrieben:
Ganz genauso kann man auch den freien Willen als Abstraktionsbegriff definieren für die nicht fassbaren Parameter des Gehirns.


So würde ich dem zustimmen. Verfechter des freien Willens wollen aber nach meiner Erfahrung auf etwas anderes hinaus.
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caballito
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Beitrag(#172208) Verfasst am: 30.08.2004, 20:45    Titel: Antworten mit Zitat

Wygotsky hat folgendes geschrieben:
caballito hat folgendes geschrieben:
Ganz genauso kann man auch den freien Willen als Abstraktionsbegriff definieren für die nicht fassbaren Parameter des Gehirns.


So würde ich dem zustimmen. Verfechter des freien Willens wollen aber nach meiner Erfahrung auf etwas anderes hinaus.


Das ist schon klar.

Das Problem ist, dass der Begriff des freien Willens sich hervorragend eignet, mit ein bisschen Begriffsverwirrung und einem wohlkonstruierten Pseudodilemma die Notwendigkeit metaphysischer Größen zu "beweisen":

Einem determiniert handelnden Individuum kann keine Verantwortung zugeschrieben werden, man steht also vor dem (echten) Dilemma, entweder die Determiniertheit oder die ethische Verantwortung zu eliminieren. Die ethische Verantwortung will man (aus gutem Grund) nicht eliminieren, und die Elimination der Determiniertheit erfordert einen freien Willen - wenn man jetzt den freien Willern metaphysisch belegt, hat man ein Pseudodilemma aus metaphysischem freien Willen und Verantwortungsverzicht. Ich denke, dass man dem Argument, der freie Wille sei notwendig, um ethische Verantwortung begründen zu können, besser dadurch entgegentritt, dass man dieses akzeptiert und gleichzeitig darlegt, dass dies aber auch ohne Metaphysik geht, als dass man darauf beharrt, dass die ganze Metaphysik doch Unsinn sei ...
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#172271) Verfasst am: 30.08.2004, 23:11    Titel: Antworten mit Zitat

Ich begreife nicht, warum man die ethische Verantwortung unbedingt retten will. Ich halte Verantwortung für eine zugewiesene Eigenschaft. Verantwortlich ist man nicht, verantwortlich wird man gemacht. Dieser Gedanke scheint eine Mehrheit der Leute derart zu beunruhigen, dass sie lieber einen freien Willen postulieren.
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caballito
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 12112
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Beitrag(#172290) Verfasst am: 31.08.2004, 02:04    Titel: Antworten mit Zitat

Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Ich begreife nicht, warum man die ethische Verantwortung unbedingt retten will. Ich halte Verantwortung für eine zugewiesene Eigenschaft. Verantwortlich ist man nicht, verantwortlich wird man gemacht.


Kann man so nicht sagen. Es stimmt zwar in geweisser Weise, aber ebnso stimmt auch, dass nichts gut oder schlecht ist, sondern nur für gut oder schlecht erklärt wird - beides ist eine ethische Entscheidung, und als solche zunächst mal willkürlich. So gesehen könnte man auch die Frage stellen, wozu man überhaupt unbedingt eine Ethik haben muss...

Ethik braucht verantwotung, wenn sie ihren Normen auch Geltung verschaffen will: Wenn ethische Normen nur ein guter Rat sein sollen, an dem man sich orientieren kann oder auch nicht, dann braucht man auch keine Verantwortung. Wenn ethische normen aber normativ wirken sollen, dann müssen sie auch durchgesetzt werden, dann müssen Normverletzungen sanktioniert werden. Und dann stellt sich eben die Frage nach den Bedinguingen, unter denen Sanktionen verhängt werden - grundsätzlich geht das zwar ohne Verantwortungsbegriff, aber nur, wenn man Sanktionen an die rein mechanische Tat hängt. Dann steht ein dreijähriges Kind, das mit einer gefundenen Pistole spielt und dabei das Nachbarskind erschießt, einem Mörder gleich, der das Kind vorsätzlich erschießt. Denn es ist nichts anderes als die Verantwortung, durch die sich beide unterscheiden.
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#172309) Verfasst am: 31.08.2004, 07:54    Titel: Antworten mit Zitat

caballito hat folgendes geschrieben:
Ethik braucht verantwotung, wenn sie ihren Normen auch Geltung verschaffen will: Wenn ethische Normen nur ein guter Rat sein sollen, an dem man sich orientieren kann oder auch nicht, dann braucht man auch keine Verantwortung. Wenn ethische normen aber normativ wirken sollen, dann müssen sie auch durchgesetzt werden, dann müssen Normverletzungen sanktioniert werden. Und dann stellt sich eben die Frage nach den Bedinguingen, unter denen Sanktionen verhängt werden - grundsätzlich geht das zwar ohne Verantwortungsbegriff, aber nur, wenn man Sanktionen an die rein mechanische Tat hängt. Dann steht ein dreijähriges Kind, das mit einer gefundenen Pistole spielt und dabei das Nachbarskind erschießt, einem Mörder gleich, der das Kind vorsätzlich erschießt. Denn es ist nichts anderes als die Verantwortung, durch die sich beide unterscheiden.


Im Endeffekt geht es lediglich darum, unter welchen Bedingungen wir Sanktionen für Normverletzungen durchsetzen wollen. Dazu müssen wir keinen freien Willen annehmen.

Sanktionen oder deren Androhung sollen das Verhalten beeinflussen. In Fällen, in denen das unmöglich ist, macht es keinen Sinn, Sanktionen zu verhängen. Jedermann leuchtet ein, dass es sinnlos ist, einen Hund, der ein Kind gebissen hat, ins Gefängnis zu stecken. Jede noch so gründliche Unterrichtung über das StGB hätte den Biss nicht verhindern können.

Man könnte Sanktionen dann verhängen, wenn Wissen über Normen und Regeln zur Verfügung stand, und das Wissen, wie eine Normverletzung zu vermieden gewesen wäre, und die nötige Zeit, um dieses Wissen in die Handlung einfließen zu lassen. Diese Rahmenbedingungen könnte man dann Verantwortung nennen. Die Einschätzung der Rahmenbedingungen ginge über eine rein mechanische Bestrafung bei gegebener Tat hinaus.

Auf diesem Wege könnte man vielleicht auch endlich den Schuldbegriff loswerden. Stattdessen könnte man darüber nachdenken, welche Normen gelten sollen, und wie man ihre Einhaltung erreichen kann. Also wie z.B. der Täter geltende Normen lernen und anwenden kann. Nach meiner Erfahrung verhalten sich übrigens viele jugendliche Gewalttäter sehr wohl normengerecht. Sie handeln entsprechend der Normen, deren Geltung sie täglich erfahren haben. Und sind dann überrascht, dass auf einmal andere Normen gelten sollen, die sogar sanktioniert werden. Sich damit einmal eingehender zu beschäftigen, wäre sinnvoller, als sie nach der x-ten Straftat wegzusperren, oder über ihren "freien Willen" zu philosophieren.
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nickchanger
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Anmeldungsdatum: 07.06.2004
Beiträge: 1753

Beitrag(#172349) Verfasst am: 31.08.2004, 10:38    Titel: Antworten mit Zitat

worin liegt eigentlich noch der unterschied zur prädestinationslehre? Geschockt


meinen freien willen kann man vielleicht nicht beweisen, aber ich hab ihn gern. halte es da gerne mit thomas nagel und seiner meinung zum skeptizismus. der hat zwar auch recht, aber er ist nicht lebbar und so fern jeder menschlichen erfahrung, dass man nicht als skeptiker leben kann, egal wie recht der skeptizismus hat. und als determinist, der nur wartet seine nächste entscheidung selber zu beobachten will ich auch net leben zwinkern
_________________
RKK, Mafiosi, Kinderschänder, Hetzer, Massenmörder
-
den Zusammenhang kennt jeder hier, drum bleibt er unausgesprochen!
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caballito
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 12112
Wohnort: Pet Sematary

Beitrag(#172401) Verfasst am: 31.08.2004, 12:16    Titel: Antworten mit Zitat

Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Man könnte Sanktionen dann verhängen, wenn Wissen über Normen und Regeln zur Verfügung stand, und das Wissen, wie eine Normverletzung zu vermieden gewesen wäre, und die nötige Zeit, um dieses Wissen in die Handlung einfließen zu lassen. Diese Rahmenbedingungen könnte man dann Verantwortung nennen.


Stimmt auffallend. Hab ich was anderes gesagt? Auch hier gilt: es ist besser, den vertrauten und liebgewonnenen Begriff zu entmystifizieren, als ihn krampfhaft vermeiden zu wollen und sich darob in sinnlose Fundamentaldiskussionen verwickeln zu lassen. Die Debatte, was man unter Verantwortung zu verstehen habe, ist einfacher zu führen, als den Verantwortungsbegriff selbst in Frage zu stellen.

Zitat:
Auf diesem Wege könnte man vielleicht auch endlich den Schuldbegriff loswerden.


Auch dieser Begriff muss nicht losgeworden, sondern seiner metaphysischen Verklärung entkleidet werden.

Zitat:
Nach meiner Erfahrung verhalten sich übrigens viele jugendliche Gewalttäter sehr wohl normengerecht. Sie handeln entsprechend der Normen, deren Geltung sie täglich erfahren haben.


Wem sagst du das? Du kennst den Begriff "heimlicher Lehrplan"?

Ich frage nur: Wie will man einem Kind Respekt beibringen, indem man ihm keinen erweist?
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Rene Hartmann
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
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Beitrag(#172421) Verfasst am: 31.08.2004, 13:24    Titel: Antworten mit Zitat

caballito hat folgendes geschrieben:
Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Auf diesem Wege könnte man vielleicht auch endlich den Schuldbegriff loswerden.


Auch dieser Begriff muss nicht losgeworden, sondern seiner metaphysischen Verklärung entkleidet werden.


Ich persönlich würde ein Rechtssystem vorziehen, das ohne den Schuldbegriff auskommt. Allerdings wäre ein solches reines Maßnahmerecht wohl ein zu großer Bruch mit der Tradition. Wenn man also nicht ohne den Schuldbegriff auskommt, müsste der wenigstens konsequent entmystifiziert werden. Dazu ist ja schon im 19.Jh. gewisse Arbeit geleistet worden.

Übrigens nützt die Annahme einer Willensfreiheit im Strafrecht gar nichts. Denn wie sollen Sanktionen denn wirken, wenn das Verhalten der Menschen ihrem freien Willen entspringt?
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caballito
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
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Beitrag(#172444) Verfasst am: 31.08.2004, 13:58    Titel: Antworten mit Zitat

Rene Hartmann hat folgendes geschrieben:
Ich persönlich würde ein Rechtssystem vorziehen, das ohne den Schuldbegriff auskommt. Allerdings wäre ein solches reines Maßnahmerecht wohl ein zu großer Bruch mit der Tradition.


Auch ein reines Maßnahmenrecht muss festlegen, gegen wen Maßnahmen ergriffen werden. Und diese Festlegung muss ja an irgendetwas anknüpfen, was bei dem Kandidaten volrliegt oder auch nicht. Natürlich besteht absolut keine Notwendigkeit, dieses Etwas "Schuld" oder "Verantwortung" zu nennen, es könnte ebensogut Hurz genannt werden. Nur bringt es auch hier wenig, einen Begriff zu verdammen und gleichzeitig einen neuen einzuführen, der exakt die gleiche Funktion erfüllt, gliechzeitig aber verschleiern zu müssen, dass er das tut (damit er nicht die unerwünschte Konotation des alten Begriffs übernimmt), und dann Rückzugsgefechte gegen diejenigen zu führen, die den alten Begriff seiner Funktion wegen verteidigen.

Zitat:
Übrigens nützt die Annahme einer Willensfreiheit im Strafrecht gar nichts. Denn wie sollen Sanktionen denn wirken, wenn das Verhalten der Menschen ihrem freien Willen entspringt?


Gerade die Willensfreiheit versetzt den Menschen in die Lage, sich zu entscheiden, die Sanktion zu riskieren oder nicht. Sinn und Zweck der Sanktion kann nur sein, dass der so Bedrohte das Risiko scheut. Was aus dem Strafrecht verschwinden muss, ist nicht der Schuld- sondern der Sühnegedanke.
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Anmeldungsdatum: 10.01.2004
Beiträge: 1534

Beitrag(#172453) Verfasst am: 31.08.2004, 14:08    Titel: Antworten mit Zitat

Mir ist zu viel von Willensfreiheit und ähnlich problematischen (weil durch viele Diskussionen vorbelasteten Begriffen) die Rede. Ich würde gerne von diesen ganzen vorbelasteten Begriffen Abstand nehmen. Wenn also die Welt komplett deterministisch ist, dann:

- Hatten Hitler und seine Schergen keine Chance, den Holocaust und den 2. Weltkrieg zu vermeiden. Sie waren vom Schicksal gezwungen, so und nicht anders zu handeln.
- Ist jeder Gläubige (wie z.B. Defensor Fidei) vom Schicksal dazu verdammt, genau das zu schreiben (und zu glauben) was er hier schreibt.
- Ist auch der Atheismus nicht etwas, das man wegen Argumenten annimmt, sondern weil das Sekunden nach dem Urknall schon so festgelegt war.
- Hat Newton nicht die Gravitationslehre entdeckt (oder erfunden), sondern es war vom Schicksal festgelegt, dass Newton diese entdecken wird.
- Stand bereits 1 Sekunde nach dem Urknall fest, dass Orkidy am 29.08.2004 um 22:20 hier im FGH einen Beitrag mit dem Titel: "Der Determinismus hebt sich selbst auf?" schreiben wird (weil er das schrieben muss).
- Auch meine Antwort, inklusive Argumenten und Tipfehler standen bereits fest.

Wie Sokrateer zurecht schrieb, widerlegt das nicht den Determinismus. Er könnte nach wie vor wahr sein. Aber dann wären die absurden Konsequenzen auch wahr. Ich halte aus genau diesen Gründen den Determinismus für falsch. Mich würden ernsthaft die Gründe interessieren, warum jemand eine metaphysische Theorie, die zu derartig absurden Konsequenzen führt, für wahr hält. Der einzige Grund, den ich mir vorstellen kann, ist der (so ging mir auch früher), dass man sich die absurden Konsequenzen nicht bis zu Ende durchgedacht hatte. Ich selbst habe bis vor wenigen Monaten noch nach einem "indeterministisch aussehenden Subsystem" innerhalb eines deterministischen Universums gesucht. Aber natürlich hätte auch dieses System die selben absurden deterministischen Konsequenzen.

Deshalb glaube ich also: Die Welt ist nicht deterministisch. Was das für Konsequenzen hat, darüber kann man sich dann Gedanken machen, wenn man mir bis dahin folgt. Jedenfalls halte ich Realismus und Indeterminismus für unverzichtbare Voraussetzungen einer jeden Wissenschaft. Ohne Realismus gibt es nichts zu erforschen, da nichts da ist, ohne Indeterminismus gibt es nichts zu entdecken, da alles schon entdeckt (und vorbestimmt) ist, ich kenne es nur noch nicht. Ich bin also (hypothetischer) Realist und (hypothetischer) Indeterminist. Das "hypothetisch" kann auch weglassen, da m.E. ohnehin all unser Wissen nur hypothetisch ist. Ich bin sozusagen auch Hypotheist.

Gruss

KP


Zuletzt bearbeitet von Klaus-Peter am 31.08.2004, 15:21, insgesamt einmal bearbeitet
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Beitrag(#172463) Verfasst am: 31.08.2004, 14:21    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Caballito,

caballito hat folgendes geschrieben:
Gerade die Willensfreiheit versetzt den Menschen in die Lage, sich zu entscheiden, die Sanktion zu riskieren oder nicht. Sinn und Zweck der Sanktion kann nur sein, dass der so Bedrohte das Risiko scheut. Was aus dem Strafrecht verschwinden muss, ist nicht der Schuld- sondern der Sühnegedanke.

ICh sehe das genauso. Mein voriger Beitrag sollte auch nicht gegen Deine Argumente zum Thema Willensfreiheit und Verantwortung argumentieren. Ich habe nur dafür plädiert, die "Willensfreiheit" in der Argumentation wegzulassen, weil der Begriff selbst problematisch (im Sinne von durch zahlreiche philosophische Argumente vorbelastet und problematisiert) ist, und daher eine neue, noch schwierigere Baustelle aufmacht.

Ich halte die Idee, dass jeder Mensch für das was er tut persönlich verantwortlich ist, für unverzichtbar, egal wie man das nennen will. Allerdings ist mir aufgefallen, dass mancher Anhänger des Determinismus lieber die Idee der Verantwortung opfert, als die Idee des Determinismus. Ich perönlich halte das für unverantwortlich, aber damit kann man gegen einen Dterministen, der die Verantwortung zu opfern berit ist, natürlich nicht argumentieren. Deshalb habe ich versucht, die Absurdität der Idee des Determinismus herauszuarbeiten.

Gruss

KP
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El Schwalmo
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Beitrag(#172478) Verfasst am: 31.08.2004, 14:51    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Klaus-Peter,

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:


[ ... ]

Ich halte die Idee, dass jeder Mensch für das was er tut persönlich verantwortlich ist, für unverzichtbar, egal wie man das nennen will.


das sehe ich auch so. Und es reicht, wenn jeder daran glaubt.

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Allerdings ist mir aufgefallen, dass mancher Anhänger des Determinismus lieber die Idee der Verantwortung opfert, als die Idee des Determinismus. Ich perönlich halte das für unverantwortlich, aber damit kann man gegen einen Dterministen, der die Verantwortung zu opfern berit ist, natürlich nicht argumentieren. Deshalb habe ich versucht, die Absurdität der Idee des Determinismus herauszuarbeiten.


Das ist Dir IMAO gut gelungen. Ich muss gestehen, dass ich die ganze Diskussion über 'Willensfreiheit’ als eine Geisterdebatte empfinde. Solange ich die Hand nach meiner Kaffeetasse ausstrecken und mir dabei überlegen kann: 'soll ich nun trinken oder nicht?’ und dabei das Gefühl habe, mich entscheiden zu können, ist doch alles gesagt.

Natürlich kann ich mir stundenlang den Kopf zerbrechen, ob meine Handlung letztendlich vorbestimmt war, aber hat das irgendwelche Konsequenzen?

Grüßle

Thomas
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Wygotsky
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Beitrag(#172518) Verfasst am: 31.08.2004, 16:03    Titel: Antworten mit Zitat

nickchanger hat folgendes geschrieben:
worin liegt eigentlich noch der unterschied zur prädestinationslehre?


Das Verhalten des Menschen ist nicht von Gottes Willkür bestimmt, sondern von Ursachen und Zufällen.
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Wygotsky
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Beitrag(#172524) Verfasst am: 31.08.2004, 16:12    Titel: Antworten mit Zitat

caballito hat folgendes geschrieben:
Stimmt auffallend. Hab ich was anderes gesagt? Auch hier gilt: es ist besser, den vertrauten und liebgewonnenen Begriff zu entmystifizieren, als ihn krampfhaft vermeiden zu wollen und sich darob in sinnlose Fundamentaldiskussionen verwickeln zu lassen.


Als strategisches Argument kann ich das akzeptieren. In Diskussionen verwende ich den Verantwortungsbegriff häufig, weil nur wenige Diskussionspartner akzeptieren können, dass wir keinen freien Willen haben. Also tue ich so, als glaubte ich an die Freiheit des Willens, und modifiziere den Verantwortungsbegriff entsprechend.

caballito hat folgendes geschrieben:
Die Debatte, was man unter Verantwortung zu verstehen habe, ist einfacher zu führen, als den Verantwortungsbegriff selbst in Frage zu stellen.


Kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen.

caballito hat folgendes geschrieben:
Wem sagst du das? Du kennst den Begriff "heimlicher Lehrplan"?

Ich frage nur: Wie will man einem Kind Respekt beibringen, indem man ihm keinen erweist?


Leider entwickeln wir zunehmend eine Kultur der Ausgrenzung und Anerkennungsverweigerung, die zum Beispiel Jugendliche aber eben auch Alte, Behinderte, Ausländer, Arbeitslose und viele andere trifft. Die Ideologie dahinter ist vermutlich: Wem der Respekt verweigert wird, der muss sich umso mehr anstrengen, um ihn zu verdienen.
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Wygotsky
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Beitrag(#172528) Verfasst am: 31.08.2004, 16:21    Titel: Antworten mit Zitat

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
- Hatten Hitler und seine Schergen keine Chance, den Holocaust und den 2. Weltkrieg zu vermeiden. Sie waren vom Schicksal gezwungen, so und nicht anders zu handeln.
- Ist jeder Gläubige (wie z.B. Defensor Fidei) vom Schicksal dazu verdammt, genau das zu schreiben (und zu glauben) was er hier schreibt.
- Ist auch der Atheismus nicht etwas, das man wegen Argumenten annimmt, sondern weil das Sekunden nach dem Urknall schon so festgelegt war.
- Hat Newton nicht die Gravitationslehre entdeckt (oder erfunden), sondern es war vom Schicksal festgelegt, dass Newton diese entdecken wird.
- Stand bereits 1 Sekunde nach dem Urknall fest, dass Orkidy am 29.08.2004 um 22:20 hier im FGH einen Beitrag mit dem Titel: "Der Determinismus hebt sich selbst auf?" schreiben wird (weil er das schrieben muss).
- Auch meine Antwort, inklusive Argumenten und Tipfehler standen bereits fest.


Stimmt so nicht, da es den Zufall gibt. Abgesehen davon sind deine Illustrationen gut gewählt.

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Mich würden ernsthaft die Gründe interessieren, warum jemand eine metaphysische Theorie, die zu derartig absurden Konsequenzen führt, für wahr hält. Der einzige Grund, den ich mir vorstellen kann, ist der (so ging mir auch früher), dass man sich die absurden Konsequenzen nicht bis zu Ende durchgedacht hatte.


Doch. Ich habe selbst zahllose solcher Beispiele erdacht, wie du sie oben angeführt hast. Ich finde da nichts absurd.

Absurd finde ich die Vorstellung, dass irgendwo in meinen Gehirn etwas geschehen soll, das nicht durch Naturgesetze bestimmt ist.
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Wygotsky
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Beitrag(#172530) Verfasst am: 31.08.2004, 16:21    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Und es reicht, wenn jeder daran glaubt.


Natürlich würde das als Diskussionsgrundlage reichen. Das Problem ist, dass eben nicht jeder daran glaubt. Ich zum Beispiel nicht. Und ich bin nicht der einzige.
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caballito
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Beitrag(#172533) Verfasst am: 31.08.2004, 16:26    Titel: Antworten mit Zitat

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Ich halte die Idee, dass jeder Mensch für das was er tut persönlich verantwortlich ist, für unverzichtbar, egal wie man das nennen will.


yep

Zitat:
Allerdings ist mir aufgefallen, dass mancher Anhänger des Determinismus lieber die Idee der Verantwortung opfert, als die Idee des Determinismus.


Der Verantrwortungsbegriff ist halt stark metaphysisch vorbelastet, während der Determinismus streng rational ist - hier ist es ja der Indeterminismus, der entweder metaphysisch angehaucht ist oder als Zweckkonstruktion daherkommt (Auch du begründest ja deinen Indeterminismus damit, dass du ihn als Arbeitsgrundlage für andere Zwecke brauchst). Von daher kann ich schon verstehen, dass man geneigt ist, den metaphysischen Ballast loszuwerden - und dabei das Kind mit dem Bade auszuschütten.

Zitat:
Ich perönlich halte das für unverantwortlich, aber damit kann man gegen einen Dterministen, der die Verantwortung zu opfern berit ist, natürlich nicht argumentieren.


Eben.

Zitat:
Deshalb habe ich versucht, die Absurdität der Idee des Determinismus herauszuarbeiten.


Stehst damit aber vor dem Problem, dass du imer noch nichts gegen den in der Hand hast, der bereit ist, die absurden Konsequenzen zu ertragen.

Deshalb ziehe ich eine Lösung vor, die weder den Determinismus noch die Verantwortung verwirft.

Aber das ist wohl letztlich eine Stilfrage.
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caballito
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Beitrag(#172534) Verfasst am: 31.08.2004, 16:30    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Natürlich kann ich mir stundenlang den Kopf zerbrechen, ob meine Handlung letztendlich vorbestimmt war, aber hat das irgendwelche Konsequenzen?


Nein. Aber eben weil es keine hat, kann es doch nicht schaden, es zuzugestehen ...

Du wirst den strengen skeptischen Wissenschaftler nicht vom prinzipiellen Determinismus abbringen - ob diese Determiniertheit aber praktische Relevanz hat - darüber lässt sich streiten.
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