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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1718973) Verfasst am: 14.01.2012, 21:58 Titel: |
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Diese Thematik haben wir hier bereits ausführlich diskutiert. Ich persönlich bin hier einer ähnlichen Ansicht wie Pereboom, daß Verantwortung, Prävention, Sozialität usw. sehrwohl möglich sind, auch wenn man Determinist ist und nicht an mehr als Handlungsfreiheit glaubt. Ich halte die kompatibilistische Position für ein spätes Überbleibsel der früheren Letzturheberschaftsposition, hauptsächlich gespeist aus dem (mglw. unbewußten) Wunsch, integer und mächtig zu sein, sowie aus dem intuitiven Bedürfnis nach Beschuldigung und Vergeltung (Rache).
Andere hier (z.B. Steffen, AP ...) sehen das natürlich ganz anders.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1718974) Verfasst am: 14.01.2012, 22:00 Titel: |
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Chattox hat folgendes geschrieben: | [...] meine Frage ist nur, WENN die Inkompatibilistische Sicht wahr wäre, wären dann nicht auch unsere Gedanken unfrei, sprich wir denken nicht selber sondern "werden gedacht" also können nur denken wie wir es gerade tun? |
Wärest Du mal so freundlich, mal nachvollziehbar darzulegen, was ich mir konkret unter "nicht denken, was wir gerade denken" vorstellen könnte?
Selbstverständlich können wir nur denken, was wir gerade denken. Weil, wie oben schon gesagt, jede Situation immer mit sich selber identisch ist. Es ergibt einfach überhaupt keinen Sinn, zu fragen, ob eine betrachtete Situation, angenommen die sei genauso, anders sein könne, als sie angenommener Weise sein soll.
Wenn das aber doch einen Sinn ergeben sollte: dann das bitte mal darlegen.
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Steffen Rehm registrierter User
Anmeldungsdatum: 10.07.2011 Beiträge: 160
Wohnort: bei Berlin
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(#1718982) Verfasst am: 14.01.2012, 23:25 Titel: |
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Step, Du bist doch Schachspieler, wie ist es da mit der Verantwortung? Sollte man nicht jeden Zug erklären können, zeigen, daß er sinnvoll ist, das nennen wir Verantwortung.
Gibt es Handeln auf dem Schachbrett ohne intensive Gedankenarbeit, die Vergangenheit und Zukunft einschließt und damit verantwortet werden kann?
Wenn ich aber einen ganz blöden Fehler mache, etwas übersehen habe und sagen kann: „Wenn ich das geahnt hätte, hätte ich das nicht getan“, kann ich wohl nicht volle Verantwortung tragen. Beispiel: „Wenn ich von der undichten Gasleitung gewusst hätte, hätte ich nicht den Lichtschalter betätigt“.
Komisch ist, daß wir eher für unsere Fehler, für die wir nicht die volle Verantwortung tragen, bestraft werden, während die von uns bei der Arbeit fehlerfrei verantworlich erledigten Sachen als selbstverständlich hingenommen werden.
_________________ Die Erkenntnis der Grenze ist die Grenze der Erkenntnis
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1718988) Verfasst am: 14.01.2012, 23:42 Titel: |
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Steffen Rehm hat folgendes geschrieben: | Step, Du bist doch Schachspieler, wie ist es da mit der Verantwortung? Sollte man nicht jeden Zug erklären können, zeigen, daß er sinnvoll ist, das nennen wir Verantwortung. |
Hmm ... ich wüßte nicht, wofür ich als Schachspieler Verantwortung übernehme ... vielleicht für meinen Verein, der mich aufstellt und von mir erwartet, daß ich eine bestimmte Leistung bringe?
Steffen Rehm hat folgendes geschrieben: | Gibt es Handeln auf dem Schachbrett ohne intensive Gedankenarbeit, die Vergangenheit und Zukunft einschließt ... |
Naja, beim Blitzschach z.B. denkt man weniger nach, weil man weniger Zeit hat.
Steffen Rehm hat folgendes geschrieben: | Wenn ich aber einen ganz blöden Fehler mache, etwas übersehen habe und sagen kann: „Wenn ich das geahnt hätte, hätte ich das nicht getan“, kann ich wohl nicht volle Verantwortung tragen. Beispiel: „Wenn ich von der undichten Gasleitung gewusst hätte, hätte ich nicht den Lichtschalter betätigt“. |
Meines Erachtens bedeutet Verantwortung, daß die Anderen von mir erwarten (im Sinne einer Wahrscheinlichkeit und auch eines Appells), daß ich mich in einer bestimmten Situation ihren Erwartungen gemäß verhalte, also insbesondere auch daß ich dazu in der Lage bin und es weiß. Die Verantwortung, von einer undichten Gasleitung im Voraus zu wissen und daher den Lichtschalter nicht zu drücken, werden mir die Anderen i.a. nicht sinnvoll zuweisen können, weil sie nicht damit rechnen können.
Steffen Rehm hat folgendes geschrieben: | Komisch ist, daß wir eher für unsere Fehler, für die wir nicht die volle Verantwortung tragen, bestraft werden, ... |
Mir mußt Du mit komischen Strafen nicht kommen, ich bin dagegen, Leute für Fehler zu bestrafen.
Steffen Rehm hat folgendes geschrieben: | ... während die von uns bei der Arbeit fehlerfrei verantworlich erledigten Sachen als selbstverständlich hingenommen werden. |
Wieso als selbstverständlich? Ich würde eher sagen, eine bestimmte Fehlerfreiheit wird als Gegenleistung zum Gehalt erwartet. Welche das ist, ergibt sich i.a. empirisch. Wenn sich Fehler häufen, muß der Chef sich was überlegen, um die Ursache dafür zu beheben (z.B. Überlastung, schlechte Ausbildung oder Alkohol), das wird i.a. von ihm erwartet.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Landei Gesinnungspolizist
Anmeldungsdatum: 27.02.2011 Beiträge: 1180
Wohnort: Sandersdorf-Brehna
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(#1718989) Verfasst am: 14.01.2012, 23:43 Titel: |
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Steffen Rehm hat folgendes geschrieben: | Step, Du bist doch Schachspieler, wie ist es da mit der Verantwortung? Sollte man nicht jeden Zug erklären können, zeigen, daß er sinnvoll ist, das nennen wir Verantwortung.
Gibt es Handeln auf dem Schachbrett ohne intensive Gedankenarbeit, die Vergangenheit und Zukunft einschließt und damit verantwortet werden kann?
Wenn ich aber einen ganz blöden Fehler mache, etwas übersehen habe und sagen kann: „Wenn ich das geahnt hätte, hätte ich das nicht getan“, kann ich wohl nicht volle Verantwortung tragen. Beispiel: „Wenn ich von der undichten Gasleitung gewusst hätte, hätte ich nicht den Lichtschalter betätigt“.
Komisch ist, daß wir eher für unsere Fehler, für die wir nicht die volle Verantwortung tragen, bestraft werden, während die von uns bei der Arbeit fehlerfrei verantworlich erledigten Sachen als selbstverständlich hingenommen werden. |
Das ist eine seltsame Auffassung von Verantwortung. Wenn ich einen Zug mache, bin ich (und in geringerem Umfang meine Schachtrainer, Mitspieler u.s.w.) dafür "verantwortlich", ich muss ihn nicht erklären können, sonder nur mit den Folgen leben.
_________________ Der Islam gehört auf den Müllhaufen der Geschichte. Diese Gotteslehre eines unmoralischen Beduinen ist ein verwesender Kadaver, der unser Leben vergiftet. (Kemal Atatürk)
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Chattox registrierter User
Anmeldungsdatum: 14.01.2012 Beiträge: 8
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(#1719342) Verfasst am: 16.01.2012, 12:20 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: |
Selbstverständlich können wir nur denken, was wir gerade denken. Weil, wie oben schon gesagt, jede Situation immer mit sich selber identisch ist. Es ergibt einfach überhaupt keinen Sinn, zu fragen, ob eine betrachtete Situation, angenommen die sei genauso, anders sein könne, als sie angenommener Weise sein soll. |
Ja und da frage ich mich jetzt eben, in wiefern unsere einzige Rolle es nicht einfach ist, das wir das was wir wollen (unsere Neigungen können wir uns nicht aussuchen) sowie unser Wissen und Können zusammenfügen:
Mein Körper gibt mir das Signal, ich habe jetzt Hunger auf Schokolade, also ist meine Aufgabe jetzt zu gucken, ob Schokolade im Essenschrank liegt und wenn nicht ist es meine Aufgabe welche einkaufen zu gehen. Da ist doch einfach nichts "Eigenes" wirklich selbst gesteuertes mehr dabei?
Um das mal bildlich zu machen, kommt mir das so vor, als wenn ich mit dem Auto in der Gegend herumfahre und denke, ich kann überall hinfahren. (Theoretisch ja) praktisch folge ich aber einfach brav einem ganz exakt vorgemaltem Weg. (So, jetzt rechts abbiegen, so, jetzt links abbiegen usw.)
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Marcellinus Outsider
Anmeldungsdatum: 27.05.2009 Beiträge: 7429
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(#1719383) Verfasst am: 16.01.2012, 14:38 Titel: |
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Chattox hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: |
Selbstverständlich können wir nur denken, was wir gerade denken. Weil, wie oben schon gesagt, jede Situation immer mit sich selber identisch ist. Es ergibt einfach überhaupt keinen Sinn, zu fragen, ob eine betrachtete Situation, angenommen die sei genauso, anders sein könne, als sie angenommener Weise sein soll. |
Ja und da frage ich mich jetzt eben, in wiefern unsere einzige Rolle es nicht einfach ist, das wir das was wir wollen (unsere Neigungen können wir uns nicht aussuchen) sowie unser Wissen und Können zusammenfügen:
Mein Körper gibt mir das Signal, ich habe jetzt Hunger auf Schokolade, also ist meine Aufgabe jetzt zu gucken, ob Schokolade im Essenschrank liegt und wenn nicht ist es meine Aufgabe welche einkaufen zu gehen. Da ist doch einfach nichts "Eigenes" wirklich selbst gesteuertes mehr dabei?
Um das mal bildlich zu machen, kommt mir das so vor, als wenn ich mit dem Auto in der Gegend herumfahre und denke, ich kann überall hinfahren. (Theoretisch ja) praktisch folge ich aber einfach brav einem ganz exakt vorgemaltem Weg. (So, jetzt rechts abbiegen, so, jetzt links abbiegen usw.) |
Dein "Körper" sagt dir aber nicht nur, daß du Hunger auf Schokolade hast, sondern vielleicht auch, daß der morgendliche Blick auf die Waage schon jetzt ziemlich peinlich ist. Das genau ist der Augenblick, in dem dich (also dein Bewußtsein) dein Unterbewußtsein um Rat fragt. Deine bewußte Entscheidung ist zwar nicht unabhängig von deinen unbewußten Erfahrungen und Bedürfnissen, aber ist etwas Zusätzliches, Eigenes.
_________________ "Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."
Friedrich Nietzsche
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Geobacter Normalbürger
Anmeldungsdatum: 06.03.2012 Beiträge: 117
Wohnort: Italy
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(#1734715) Verfasst am: 06.03.2012, 19:14 Titel: |
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Marcellinus hat folgendes geschrieben: |
Dein "Körper" sagt dir aber nicht nur, daß du Hunger auf Schokolade hast, sondern vielleicht auch, daß der morgendliche Blick auf die Waage schon jetzt ziemlich peinlich ist. Das genau ist der Augenblick, in dem dich (also dein Bewußtsein) dein Unterbewußtsein um Rat fragt. Deine bewußte Entscheidung ist zwar nicht unabhängig von deinen unbewußten Erfahrungen und Bedürfnissen, aber ist etwas Zusätzliches, Eigenes. |
Das "könnte" heißen,
dass der freie Wille sich letztendlich nur darauf bezieht, den Dingen in Bezug und zur Bemaßung des/der eigenen Selbstwertes/Selbstachtung, einen Wert von Bedeutung und Wichtigkeit zuzuweisen.
Das wiederum würde dann aber heißen: "wer an den freien Willen glaubt, hat gar keinen, sondern folgt nur den Zwängen seiner inneren Egozentrik - egal, wie das dafür verantwortliche Sexualhormon auch immer heißen mag"
Zitat repariert, Heizöl.
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