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Aretny Als Doppelnick gesperrt
Anmeldungsdatum: 18.12.2011 Beiträge: 119
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(#1720542) Verfasst am: 20.01.2012, 02:14 Titel: Simulation von Gewalt |
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Ein japanisches Unternehmen hat ja vor einiger Zeit einen Vergewaltigungssimulator (Rapelay) auf den markt gebracht, im UK hat man das Ding verboten, persönlich war ich auch sehr empört, aber ist so etwas schlicht abscheulich oder nur ein blödes Spiel ohne Gewaltpotential?
Ich persönlich höre mir ja auch immer von irgendwelchen Politikern an dass ich wegen Egoshootern ganz nah dran bin Amok zu laufen, obwohl das doch offensichtlich unsinn ist.
Wie liegt hier der Fall, ist eine simulierte Vergewaltigung etwas anderes als wenn man Horden bewaffneter Gegner abschiesst? Wie wichtig ist hierbei dass der Spieler nicht zum Betrachter sondern zum Handelnden wird?
_________________ Celebrate diversity, and promote discord.
Celebrate equality, and promote unity.
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ultraviolett registrierter User
Anmeldungsdatum: 27.12.2011 Beiträge: 32
Wohnort: Gießen
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(#1720650) Verfasst am: 20.01.2012, 15:18 Titel: |
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Einen Menschen, dem es Spaß mach andere tötenauch wenn es nur simuliert ist - mit dem stimmt etwas nicht.
Genauso sieht es mit einer simulierten Vergewaltigung aus.
Ich habe nie verstanden ,wie man stundenlang vor dem PC sitzen kann und sich gedanken darüber macht ,wie man möglichtst schnell und effektiv soviele Gegner wie nur möglich töten kann.
Die Simulation einer Vergewaltigung pervertiert dies alles nur noch.
Wozu dient sie?- Um Macht aus zu üben.
In beiden Fällen ist es natürlich das oberste Gebot ,dass es nicht mit in die Realität genommen wird.
Was einen moralisch korrekt eingestellten Verstand bedeutet und welcher vernunft begabte Mensch hat schon freude an einer Vergewaltigung?
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Critic oberflächlich
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 16338
Wohnort: Arena of Air
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(#1720697) Verfasst am: 20.01.2012, 19:34 Titel: |
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Ich habe das gerade erst gesehen und insofern noch nicht unbedingt eine Position dazu - wohl aber schonmal zu Egoshootern. Manche werden vielleicht perplex sein, ich mache auch schonmal ein paar Orks platt (halt Rollenspiele) oder treibe Wallensteins Leute mit dem Katzbalger vor mir her (Strategiespiele), würde aber wohl nicht einmal eine virtuelle Frau vergewaltigen - und bin bei allen drei Dingen nicht darauf erpicht, das in der Realität zu tun. Ich präsentiere einfach mal eine Gegenposition, die vielleicht in Teilen genauso extrem - und in anderen vielleicht plausibler ist, und ggf. Arbeitsfragen:
1. Erstmal kann man nicht behaupten, daß 90% der Jugendlichen im Alter von 18 Jahren "krank" oder "nicht normal" sind. Und dann müßte man sich wohl auch fragen, was denn mit Schach oder Risiko ist. Da ist nur der Symbolisierungsgrad anders, und trotzdem kritisiert - zumindest beim Schach - niemand, daß man da mit dem Leid schlecht ausgebildeter Hilfstruppen ("Bauern") und schneidiger Kürassiere ("Springer") Spaß oder Denksport betreibe.
2. Die Bestimmung dessen, was moralisch - oder auch: ethisch - ist, ist indessen manchmal schwierig: Die Soldaten in Afghanistan durften die Taliban -- zumindest der einen Auffassung, die das Urinieren auf die Toten betraf - zwar umbringen, aber nicht auf ihre Körper urinieren. Da finde ich den Begriff der Würde da irgendwie auf den Kopf gestellt.
Warum hat nun aber niemand dort das Töten kritisiert, sind Körperfunktionen in der Beurteilung schlimmer als Töten? Man hätte zwar auch kritisiert oder ggf. bestraft, hätten die Soldaten auf Gefangene uriniert oder sie gar vergewaltigt. Aber das erscheint erstmal weniger schlimm zu sein als das Töten.
3. Muß man das moralisch beurteilen, ist es Obliegenheit der Gesellschaft, darüber zu bestimmen, woran sich jemand - naja, ergötzt - solange kein reales Leid entsteht? Offenbar sollte man beide Dinge - Töten und Vergewaltigen - im realen Leben nicht tun, weil man damit reales Leid verursacht. Aber wir haben es immer noch mit einer virtuellen Welt zu tun, und es gibt auch keinen irgendwie statistisch signifikanten Beleg dafür, daß die Konsumenten tatsächlich häufiger losgehen und Andere töten würden.
_________________ "Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"
Dann bin ich halt bekloppt.
"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
Zuletzt bearbeitet von Critic am 21.01.2012, 00:48, insgesamt einmal bearbeitet |
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1720710) Verfasst am: 20.01.2012, 21:39 Titel: |
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Ich werde mich auch nur zum Thema Ego-Shooter äußern. Ich spiele selbst ab und zu mal gerne 2-3 Karten mit Freunden. Während des Spielens herrscht vor allem das Gefühl des Wettkampfes vor. Ich persönlich weiß einfach, dass ich im oder durch das Spiel keine Menschen töte.
Jeder der schonmal Paintball oder Räuber und Gendarm gespielt hat, der müsste das Gefühl kennen.
Ich würde sogar soweit gehen und behaupten, dass Shooter in denen die Gewalt im Vordergrund steht, vielleicht für ne Schlagzeile gut sind, lange überdauern werden aber die, die mehr rüberbringen, eben den Wettkampf zum Beispiel.
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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Aretny Als Doppelnick gesperrt
Anmeldungsdatum: 18.12.2011 Beiträge: 119
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(#1720733) Verfasst am: 20.01.2012, 23:22 Titel: |
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Zitat: | Katzbalger vor mir her (Strategiespiele), würde aber wohl virtuelle Frau vergewaltigen |
Echt, oder hast Du das "nicht" vergessen?
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Critic oberflächlich
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 16338
Wohnort: Arena of Air
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(#1720757) Verfasst am: 21.01.2012, 00:52 Titel: |
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Aretny hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Katzbalger vor mir her (Strategiespiele), würde aber wohl virtuelle Frau vergewaltigen |
Echt, oder hast Du das "nicht" vergessen? |
Ja, ich sagte schon, daß Tippfehler irgendwie sinnändernd sind . (Ich hab's auf der Glasplatte geschrieben.)
(Ich hab's oben korrigiert, bevor ich diesen Beitrag gelesen hatte.)
_________________ "Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"
Dann bin ich halt bekloppt.
"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
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Aretny Als Doppelnick gesperrt
Anmeldungsdatum: 18.12.2011 Beiträge: 119
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(#1720762) Verfasst am: 21.01.2012, 01:05 Titel: |
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Aber wie weit darf man nun gehen?
Mal angenommen es würde so etwas wie Holodecks geben, dürfte man dann Folterer, Vergewaltiger und Kinderschänder sich dort austoben lassen?
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Critic oberflächlich
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 16338
Wohnort: Arena of Air
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(#1720775) Verfasst am: 21.01.2012, 03:10 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Ich werde mich auch nur zum Thema Ego-Shooter äußern. Ich spiele selbst ab und zu mal gerne 2-3 Karten mit Freunden. Während des Spielens herrscht vor allem das Gefühl des Wettkampfes vor. Ich persönlich weiß einfach, dass ich im oder durch das Spiel keine Menschen töte.
Jeder der schonmal Paintball oder Räuber und Gendarm gespielt hat, der müsste das Gefühl kennen.
Ich würde sogar soweit gehen und behaupten, dass Shooter in denen die Gewalt im Vordergrund steht, vielleicht für ne Schlagzeile gut sind, lange überdauern werden aber die, die mehr rüberbringen, eben den Wettkampf zum Beispiel. |
(1) Das ist zumindest so eines der Beurteilungskriterien, wie heute vorgegangen wird: Welche Relevanz hat die Gewalt eigentlich innerhalb des Spiels, oder steht nicht ein ganz anderer Gedanke, etwa der Wettbewerbsgedanke, im Vordergrund. Einige wenige Spiele gibt es wohl, in denen man wohl auch Sonderpunkte für "grausame Handlungen" erhalten mag, etwa "Der Pate". Allerdings sind diese meiner Erinnerung nach auch bei den Spielern nicht gut angekommen.
Ein anderer Aspekt wäre vielleicht, in wieweit Gewalt den üblichen Sujets eines Genres entspricht. Bei einem Western würde man ja zum Beispiel erwarten, daß sich die Cowboys gegenseitig beschießen, im Krimi ist eine Leiche ziemlich üblich, während das bei Rosamunde Pilcher eher ungewöhnlich wäre - Gewaltdarstellung würde dort dann auch unterschiedlich beurteilt. Es gibt es auch Organisationen, die gegen das Spiel protestiert haben, etwa die britische Equality Now, die darin eine Diskriminierung von Frauen sehen, während es in Japan eher wenig Probleme gab, die Handlung von Rapelay eigentlich für den Bereich EroGe (erotic games) gar nicht ungewöhnlich sei.
Schon auf dem Cover ist eigentlich die Aufmachung so, daß ich persönlich eher Mitleid mit den Frauen empfinde, die in die Situation geraten. Ein solcher Zuschnitt ist hier wohl nicht gegeben - es sei denn möglicherweise, der Spieler, der nicht drauf steht, würde doch mal gerne erfahren, wie jemand denkt, der so eigentlich nicht handeln will, aber krankhaft dazu getrieben ist; manche Serienverbrecher sollen angeblich Spuren auslegen, weil sie gefaßt werden wollen oder ähnliches, würden sich, wenn das stimmte, also als krank empfinden -. Aber es gibt eben durchaus auch Spiele, in denen Spieler mit durchaus als unmoralisch zu beurteilenden Handlungsmöglichkeiten konfrontiert werden - ich denke da an Spiele, in denen Spieler erfahren, daß die Vorräte auf einem Schiff nicht ausreichen, damit alle Passagiere überleben, oder die erfahren, was die Figuren eigentlich darstellen, die sie da mit dem Zug verfrachten (Link). Daß das Spiel da eine brutale Logik hat und eigentlich kein Ausbrechen aus der Spielregel erlaubt - im Falle von Rapelay außer dem Tod des vom Spieler übernommenen Charakters - kann dann auch eine andere ethische Dimension annehmen.
(2) Aretny hat folgendes geschrieben: | Aber wie weit darf man nun gehen?
Mal angenommen es würde so etwas wie Holodecks geben, dürfte man dann Folterer, Vergewaltiger und Kinderschänder sich dort austoben lassen? |
Soweit Ethik nicht neurobiologisch (und damit erwartbar bei allen Menschen ähnlich) ausgebildet ist, gibt es wohl eine ganze Reihe unterschiedlicher Betrachtungen.
Das erste beispielhafte Papier, auf das man stößt (Link), und das ethische Aspekte von Spielen wie RapeLay, aber auch von virtuellen Umgebungen wie Second Life thematisiert, reflektiert nach eher allgemeineren Betrachtungen etwa darüber, ob es nach den Regeln des Islam zulässig sei.
- Es gibt dabei (eine nicht-religiöse) Argumentation, wonach schon der Umgang eines Menschen mit einem virtuellen Wesen drücke das Ausmaß an Achtung aus, das ein Mensch für einen anderen habe, und es sei demnach unethisch, das zu tun.
- Im Christentum gibt es die ganz ähnliche Position aus der Bergpredigt, die besagt, daß wer an eine Handlung auch nur denke - um so mehr noch, sie simuliere -, schon dafür zu verurteilen sei.
- Kant argumentierte seinerzeit, daß Tierquälerei schädlich sei, weil wer Tiere quäle, mit einiger Wahrscheinlichkeit irgendwann auch anfange, Menschen zu quälen. Dieses Argument wurde auch auf virtuelle Figuren übertragen, d.h. es wurde argumentiert, daß wer gegenüber virtuellen Figuren so handle, dies auch wahrscheinlicher als jemand, der dies nicht tat, gegenüber realen Menschen tun würde. (Wie gesagt, ist allerdings die Fallzahl zu klein, als daß man da irgendwie sagen könnte, es gebe einen signifikanten Unterschied zwischen Spielern und Nichtspielern?!)
- Es gibt hinsichtlich der Risikobewertung auch die Position, daß es ausreiche, daß überhaupt eine Wahrscheinlichkeit attestiert werde, daß etwas "gefährlich" sei, also zur Übertragung führe, um etwas als "gefährlich" anzusehen.
- Eine andere (in dem Falle sogar wieder religiöse) Position sagt aber, daß zur Vollendung einer Handlung durchaus die Auswirkung auf die reale Welt relevant sei - was bei simulierten Handlungen ja nicht gegeben ist.
- Man könnte natürlich auch argumentieren, daß man ja gerade spielt, um auch Optionen zu haben, die im realen Leben nicht möglich sind. Wobei natürlich noch offen ist, welches Bedürfnis dahinterstehen kann.
- Schließlich auch ein Punkt, der uns aus der ethischen Betrachtung herausführt, bzw. zumindest zum Trost: Zu der Frage, welchen Effekt solche Darstellungen haben könnten, hatte ich ja schon das eine oder andere Mal Untersuchungen angeführt, nach denen in Japan, als sexuelle Darstellungen erst einmal präsent wurden, die relative Häufigkeit (also bezogen auf z.B. 100.000 Personen) von sexueller Gewalt deutlich zurückging - gerade auch in Altersgruppen, die landläufig besonders häufig pornographisches Material konsumieren. Aber auch bei einer Sicht auf Einzelpersonen soll die Wahrscheinlichkeit, nach dem Konsum ein Sexualverbrechen zu begehen, nicht ansteigen.
(3) Bei Holodeck-Charakteren wäre es vielleicht noch schwieriger: wenn wir nur die Serie nehmen, werden sehr unterschiedliche Situationen präsentiert oder benannt, von beispielsweise Worfs Kampfsportsimulation oder eine Nachstellung der Schlacht von Alamo, in der man tumb bis klug agierende, aber nur auf diese eine Art von "Interaktion" ausgerichtete Gesellen vermöbeln oder auch töten kann, Situationen also, in denen man nicht komplex agiert; bis hin zu Situationen, in denen Charaktere sich sogar in Holo-Figuren verlieben oder diese sogar ein Bewußtsein entwickeln und als vollwertige Persönlichkeiten erscheinen.
Sollte man nun nur von der Möglichkeit ausgehen? Das sind die Charaktere in der Serie, die zugegebenermaßen auch nur eine ethische Auffassung vertritt, auch nicht, sondern haben individuell entschieden: In dem Sinne wurde zwar der HoloDoc auf der Voyager bei seiner Entwicklung unterstützt und letztlich als vollwertig angesehen, aber nicht einmal seine Kopie auf der Enterprise, wo er kurzerhand eingespannt wurde, um die Borg für einen Moment aufzuhalten (wobei er natürlich auch nicht wirklich zu Schaden kommen kann).
_________________ "Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"
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