Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen |
Autor |
Nachricht |
Nitrino registrierter User
Anmeldungsdatum: 04.09.2007 Beiträge: 31
Wohnort: Bayern
|
(#1733696) Verfasst am: 02.03.2012, 11:20 Titel: Interaktion und Gesellschaft |
|
|
Hallo allerseits,
Wie kommt Gesellschaft zu Stande ? Führt die Interaktion ihrer Mitglieder automatisch zu der Bildung einer Gesellschaft ? Welche gesellschaftlichen Regeln führen zu was für einer Art von Gesellschaft ?
Ich habe versucht, mich dieser Frage über Computersimulationen zu nähern : http://www.kanitrino.de/registerDE/maennchen.html
Was haltet ihr davon ?
|
|
Nach oben |
|
 |
Vobro Privatnachdenker
Anmeldungsdatum: 10.11.2011 Beiträge: 1024
Wohnort: Wuppertal
|
(#1733702) Verfasst am: 02.03.2012, 11:41 Titel: Re: Interaktion und Gesellschaft |
|
|
Nitrino hat folgendes geschrieben: | Hallo allerseits,
Wie kommt Gesellschaft zu Stande ? Führt die Interaktion ihrer Mitglieder automatisch zu der Bildung einer Gesellschaft ? Welche gesellschaftlichen Regeln führen zu was für einer Art von Gesellschaft ?
Ich habe versucht, mich dieser Frage über Computersimulationen zu nähern : http://www.kanitrino.de/registerDE/maennchen.html
Was haltet ihr davon ? |
Wie definiert ein Soziologe, oder ein Kulturwissenschaftler, den Begriff Gesellschaft?
Gehört z.B. jemand, der als Einsiedler am Rand lebt, sozial kaum integriert ist, zur Gesellschaft oder nur zur Bevölkerung?
Was wäre mit jemanden, der sein Leben lang sozial und kulturell aktiv war, jatzt aber seit zwei Jahren mit schwerer Demenz isoliert von allen anderen vor sich hin dämmert, wäre ein solcher Mensch noch Teil der Gesellschaft? Oder nur noch insofern, als daß die Gesellschaft sich um ihn kümmert, ihn vielleicht nur noch aufbewahrt?
|
|
Nach oben |
|
 |
Nitrino registrierter User
Anmeldungsdatum: 04.09.2007 Beiträge: 31
Wohnort: Bayern
|
(#1737408) Verfasst am: 16.03.2012, 01:35 Titel: |
|
|
Ein Beispiel für die mathematische Eigengesetzlichkeit einer solchen Interaktion ist die Simulation "Grippe" im Kapitel "Interaktionen" ( http://www.kanitrino.de/PageDE/Grippe.html ).
Die Muster, die man dort erhält, bekommt man auch in ganz anderen Zusammenhängen zu sehen, nämlich z. B. bei chemischen Reaktionen (-> Belousov-Zhabotinsky-Reaktion), bei der Signalübermittlung des Schleimpilzes (Dictyostelium discoideum) oder eben bei einer Grippeepidemie. Also unabhängig vom betrachteten Subjekt ! Warum ? Es hat nichts mit dem Schleimpilz zu tun, sondern mit der Mathematik, also den Regeln des Spiels.
Man nennt dies ein "Erregbares System" Es besteht aus Elementen, die die Verhaltenssequenz "gesund - erregt - immun" einhalten und dann aufeinander losgelassen werden, wohlgemerkt, egal, was das für Elemente sind.
Ich bin also der Meinung, dass sich gesellschaftliche Phänomene aus "menschlichen" und "mathmatischen" Komponenten zusmmensetzen.
|
|
Nach oben |
|
 |
Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
|
(#1737417) Verfasst am: 16.03.2012, 05:30 Titel: Re: Interaktion und Gesellschaft |
|
|
Eine Menge von Menschen, die zur selben Zeit auf einem öffentlichen Platz herumlaufen, ist noch keine Gesellschaft.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
|
|
Nach oben |
|
 |
fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26444
Wohnort: im Speckgürtel
|
(#1737430) Verfasst am: 16.03.2012, 09:10 Titel: |
|
|
Nitrino hat folgendes geschrieben: | .....
Es hat nichts mit dem Schleimpilz zu tun, sondern mit der Mathematik, also den Regeln des Spiels.
....
Ich bin also der Meinung, dass sich gesellschaftliche Phänomene aus "menschlichen" und "mathmatischen" Komponenten zusmmensetzen. |
Über die Sache kann man sich ja unterhalten, aber diese Formulierungen halte ich sprachlich für Unsinn: Es verhält sich andersherum, als diese Formulierungen suggerieren..
Es gibt Bereiche, wie z.B. das Laufen über einen Platz, in denen denen das menschliche Verhalten derart einfach zu emulieren ist, dass es schon mit relativ einfachen Mitteln mathematisch beschreibbar ist. Das heißt aber eben, dass es beschreibbar ist, nicht dass es diesen Regeln folgt.
fwo
EDIT:RS
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
Zuletzt bearbeitet von fwo am 16.03.2012, 10:41, insgesamt einmal bearbeitet |
|
Nach oben |
|
 |
Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
|
(#1737439) Verfasst am: 16.03.2012, 09:56 Titel: Re: Interaktion und Gesellschaft |
|
|
Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
Eine Menge von Menschen, die zur selben Zeit auf einem öffentlichen Platz herumlaufen, ist noch keine Gesellschaft. | Sicher? Immerhin ist schon da eine gewisse soziale Interaktion nötig, um nicht ständig gegeneinander zu laufen und sich gegenseitig im Weg zu stehen.
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
|
|
Nach oben |
|
 |
Miach auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 25.01.2006 Beiträge: 853
|
(#1737477) Verfasst am: 16.03.2012, 12:56 Titel: Re: Interaktion und Gesellschaft |
|
|
Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
Eine Menge von Menschen, die zur selben Zeit auf einem öffentlichen Platz herumlaufen, ist noch keine Gesellschaft. |
Das wäre ein flüchtiges Aggregat.
|
|
Nach oben |
|
 |
Norm registrierter User
Anmeldungsdatum: 12.02.2007 Beiträge: 8149
|
(#1737483) Verfasst am: 16.03.2012, 13:35 Titel: Re: Interaktion und Gesellschaft |
|
|
Vobro hat folgendes geschrieben: |
Wie definiert ein Soziologe, oder ein Kulturwissenschaftler, den Begriff Gesellschaft |
Je nachdem an welcher Schule man sich orientiert ein bisschen anders.
Hier mal eine klassische Definition von Weber angelehnt an Tönnies. Der Zusatz Ver- ist so zu verstehen, dass Gesellschaft als prozesshaft betrachtet wird.
Max Weber hat folgendes geschrieben: | § 9. »Vergemeinschaftung« soll eine soziale Beziehung heißen, wenn und soweit die Einstellung des sozialen Handelns – im Einzelfall oder im Durchschnitt oder im reinen Typus – auf subjektiv gefühlter ( affektueller oder traditionaler) Zusammengehörigkeit der Beteiligten beruht.
»Vergesellschaftung« soll eine soziale Beziehung heißen, wenn und soweit die Einstellung des sozialen Handelns auf rational (wert- oder zweckrational) motiviertem Interessenausgleich oder auf ebenso motivierter Interessenverbindung beruht.
Vergesellschaftung kann typisch insbesondere (aber nicht: nur) auf rationaler Vereinbarung durch gegenseitige Zusage beruhen. Dann wird das vergesellschaftete Handeln im Rationalitätsfall orientiert: a) wertrational an dem Glauben an die eigene Verbindlichkeit, – b) zweckrational an der Erwartung der Loyalität des Partners. |
Vorraussetzung für eine Gesellschaft ist soziales Handeln. Manche Soziologen gehen sogar angesichts der internationalen Vernetzung von einer Weltgesellschaft aus.
|
|
Nach oben |
|
 |
Norm registrierter User
Anmeldungsdatum: 12.02.2007 Beiträge: 8149
|
(#1737486) Verfasst am: 16.03.2012, 13:51 Titel: Re: Interaktion und Gesellschaft |
|
|
Nitrino hat folgendes geschrieben: | Hallo allerseits,
Wie kommt Gesellschaft zu Stande ? Führt die Interaktion ihrer Mitglieder automatisch zu der Bildung einer Gesellschaft ? Welche gesellschaftlichen Regeln führen zu was für einer Art von Gesellschaft ?
Ich habe versucht, mich dieser Frage über Computersimulationen zu nähern : http://www.kanitrino.de/registerDE/maennchen.html
Was haltet ihr davon ? |
Also nach der Definition von Weber wäre das noch keine Gesellschaft. Ausweichen beim Überqueren eines Platzes, wie es da dargestellt ist, ist nach Webers Definition nicht sozials Handeln sondern Verhalten. Der Unterschied ist, dass ersteres subjektiv sinnhaft wäre, zweiteres nur reaktiv. Ich würde also davon absehen, das Gesellschaft zu nennen. Aber ja, es gibt in der Soziologie Studien zu solchen Verhaltensweisen und Mustern. Menschen laufen über einen Platz gibt es als Gegenstand bestimmt schon.
|
|
Nach oben |
|
 |
Nitrino registrierter User
Anmeldungsdatum: 04.09.2007 Beiträge: 31
Wohnort: Bayern
|
(#1737580) Verfasst am: 16.03.2012, 19:20 Titel: |
|
|
Die ersten Simulationen dienen nur der Vorbereitung. In der Simulation "Gänsemarsch" hingegen wird schon interagiert, das heißt, die Männchen reagieren aufeinander. In "Plexus" tun sie in Abhängigkeit davon, wen sie treffen, irgendetwas. In "Die Brücke" richtet sich das Verhalten des Einzelnen nach dem der anderen. Das alles sind Versuche, Interaktion irgendwie darzustellen.
Natürlch ann man es auch komplizierter machen - aber ändert sich dadurch etwaswesentliches ?
|
|
Nach oben |
|
 |
Nitrino registrierter User
Anmeldungsdatum: 04.09.2007 Beiträge: 31
Wohnort: Bayern
|
(#1737735) Verfasst am: 17.03.2012, 11:37 Titel: |
|
|
...und natürlich "Rempelei", wo zwei unterschiedliche Gruppen einander nach unterschiedlichen Regeln ausweichen. Das funktioniert innerhalb der Grupe, aber beim Aufeinandertreffen von Angehörigen verschiedener Gruppen kommt es zum Zusammenstoß
|
|
Nach oben |
|
 |
|