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Telliamed registrierter User
Anmeldungsdatum: 05.03.2007 Beiträge: 5125
Wohnort: Wanderer zwischen den Welten
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(#1760803) Verfasst am: 18.06.2012, 19:40 Titel: |
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Unabhängig vom konkreten Fall kann ich mir das alles nicht so recht vorstellen, und ich weiß nicht, worauf das hinausläuft, außer der Gewinnung von stillem Beifall für schlau ausgeübte Selbstjustiz.
Betrug ist eine strafbare Handlung ("§ 263 Betrug" des Strafgesetzbuches) und ist mit Hilfe der Justiz zu verfolgen. "Betrügerei" steht freilich umgangssprachlich für Delikte eher geringfügigeren Ausmaßes.
Dann müsste ich die Gelegenheit erhalten, dem gleichen Typ wieder zu begegnen und mich, - wiederum durch einen unsauberen Geschäftsabschluß? - zu "rächen".
@beachbernies Rasenmäher-Rückholaktion scheint mir doch eine arge Wildwest-Story zu sein, in unseren dichter besiedelten Gegenden holt man für gewöhnlich bei Diebstahl die Polizei.
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Navigator2 unbefristet gesperrt
Anmeldungsdatum: 12.06.2008 Beiträge: 2546
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(#1760806) Verfasst am: 18.06.2012, 20:06 Titel: |
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Sargnagel hat folgendes geschrieben: | Navigator2 hat folgendes geschrieben: | Sargnagel hat folgendes geschrieben: | Auch wenn es der Eitelkeit schmeichelt und Genugtuung verschafft sollte man sich doch im Klaren darüber sein, dass man sich mit dem Betrüger auf die gleiche Stufe stellt wenn man ihn übers Ohr haut. |
Nö, sehe ich anders. Wenn der Betrüger damit angefangen hat zu betrügen, ist es nicht mehr als recht und billig, wenn man mit gleicher Münze zurück zahlt. |
Ja, aber die Praxis zeigt, dass meistens noch ein Zins fällig wird. Und schon ist Vendetta bis der Klügere nachgibt oder ausgestorben ist.
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...so ist wohl die Welt... ... nicht dass ich das gut fände.
Zitat: |
Das kann man drehn und wenden wie man will, wenn das Recht auf den Anfang gefehlt hat kann man Gerechtigkeit eben nur aus dem Unrecht ableiten. Oder aus dem Verzicht auf Recht.
Navigator2 hat folgendes geschrieben: | Sargnagel hat folgendes geschrieben: |
Ich meine, man kann sich nicht über etwas aufregen und dann genau das Gleiche machen, das widerspricht sich. |
Nö - jemandem etwas mit gleicher Münze heimzahlen halte ich für legitim, denn der, der heimzahlt ist ja nicht jemand, der aus Prinzip betrügt, sonder nur jemand der sich berechtigterweise "rächt". |
Schön, das widerspricht sich trotzdem, dann halt im Prinzip.
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Ich würde es als eine Form der Notwehr ansehen, und zwar Notwehr gegen eine Form der Kränkung und Demütigung, und damit als ein Akt zur Wiederherstellung der inneren Integrität.
Zitat: |
Navigator2 hat folgendes geschrieben: | Sargnagel hat folgendes geschrieben: |
Außerdem: Wenn Betrug dazu dient Betrügen zu legitimieren, dann ist die Legitimierung des Betrügens Betrug und somit wohl hinfällig. |
Und mal ganz davon jetzt abgesehen - wir sind ein "Volk" voller Betrüger, und viele von uns betrügen nur darum nicht, weil sie das Risiko des Nachteils erwischt zu werden höher einschätzen als den Gewinn, der ihnen bei dem Betrug zufällt - also bleibt man ehrlich.
Die letzten prominenten Betrüger [...]
Handwerker betrügen, wenn sie mehr Stunden aufreiben, als tatsächlich benötigen, oder in dem sie Teile ersetzen, die gar nicht defekt waren.
Betrug ist in unserer Gesellschaft immer und überall... |
Ja, das glaub ich schon. Aber nicht weil sie so derbe verkommen sind, sondern weil sie zu blöd sind um zu checken, dass sie sich am Ende nur selbst betrügen.
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Auch das sehe ich wieder anders.
_Dieses_ System ist zu Teil geradezu darauf angelegt, dass betrogen wird. Denn wenn alle betrügen, dann ist am Ende derjenige, der ehrlich bleibt, der Dumme und der Geprellte.
Und der Einzelne, der kann das System nicht ändern, der findet das System, in dem er lebt schon so vor.
Und der Einzelne, der steht also nun letztendlich vor der Wahl, ob er ehrlich bleibt, und dafür dann aber ein ziemlich zurückgesetztes benachteiligtes Leben lebt, oder ob er sich wie alle anderen auch an dem großen Beschiss beteiligt, und dafür ein größeres Stück von dem Wohlstand abbekommt, um den Preis dafür, dass er immer wieder Angst haben muss, dass man ihm auf die Schliche kommt.
Zitat: |
Und es fehlt das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten es auf ehrlichem Wege zu schaffen.
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Nun ja, wenn der Beschiss quasi schon in dem System "eingepreist" ist, dann haben viele Leute auf ehrlichem Wege nun mal keine Chance, "es zu schaffen".
Bestes Beispiel ist Doping beim Sport. Wenn alle dopen, dann hat der Ehrlich keine Chance, sich durchzusetzen.
Und dieses Beispiel ließe sich auf viele Bereiche erweitern.
Anderes Beispiel - Ärztehonorare. Ein Arzt, der nur das aufschreibt, was er getan hat, der kommt auf keinen grünen Zweig.
Deshalb gibt es ja sogar Seminare für Ärzte, in denen Ärzten beigebracht wird, wie sie mit dem komplizierten Abrechnungssystem "kreativ" umgehen, dass es sich für sie lohnt - wobei "kreativ umgehen" nix anderes bedeutet als Anleiten zum bescheißen.
Und weil beispielsweise die Versorgung einer Wunde nur 12,80 Euro bringt wird da halt beispielsweise einfach noch das obligatorische "Guten Tag Herr Maier, wie geht es ihnen" als psychologische Beratung mit aufgeschrieben, und das macht dann 18,80 Euro zusätzlich, und damit lohnt sich der Patient wieder für den Arzt, der dem Arzt jetzt 31,80 Euro bringt, statt der 12,80 Euro, die der Patient aufgrund der Schnittwunde nach dem System bringen dürfte.
Zitat: |
Wenn man die anderen bescheißt wo man kann und gleichzeitig auf seinen Rechten beharrt als wären sie das Wort Gottes, ohne jemals einen Finger breit davon abzurücken, dann bleibt als Ausweg halt nur das unausgegorene Gefasel vom 'Heimzahlen' und Rachegelüste die hin und wieder mal gefährlich umschlagen.
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Ja Sicher - Doppelmoral ist nie gut, und trotzdem findet man sie immer und überall.
Scheinbar geht es nicht ganz ohne...
Zitat: |
Das hört auch nicht auf, das steigert sich und geht weiter bis allesamt pleite und tot sind und zwar beides auf einmal.
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Mir scheint, als ob du gerade unsere Staatsverschuldung beschreibst - die geht auch ständig nach oben, bis wir allesamt pleite und tot oder beides sind.
Nur versuche doch mal eine ehrliche sozialistische Politik zu verkaufen, die den Reichen so hohe Steuern auferlegt werden, dass wir ohne uns zu verschulden, all unsere Staatsausgaben tätigen können, da hat plötzlich jeder Angst, er könne als "Reicher" gelten.... und sowieso Sozialismus, das ist ja Teufelszeug...
Zitat: |
Es sei denn, es spricht sich rum, dass man bei sich anfangen kann und Nachgeben sich über kurz oder lang auch auszahlt. |
Ich denke mal, das ist eine Frage der Gesellschaft und der persönlichen Machtposition... wer klein und schwach ist, der muss häufig nachgeben, wer aber am langen Hebel sitz, der hat das nicht nötig...
nv.
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vrolijke Bekennender Pantheist

Anmeldungsdatum: 15.03.2007 Beiträge: 46732
Wohnort: Stuttgart
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(#1760809) Verfasst am: 18.06.2012, 20:08 Titel: |
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Manche suchen sich nur einen Grund, bescheissen zu dürfen. Arg durchsichtig.
_________________ Glück ist kein Geschenk der Götter; es ist die Frucht der inneren Einstellung.
Erich Fromm
Sich stets als unschuldiges Opfer äußerer Umstände oder anderer Menschen anzusehen ist die perfekte Strategie für lebenslanges Unglücklichsein.
Grenzen geben einem die Illusion, das Böse kommt von draußen
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Vektral Proximus Dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 09.05.2009 Beiträge: 1339
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(#1760810) Verfasst am: 18.06.2012, 20:10 Titel: |
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Navigator2 hat folgendes geschrieben: | Ich würde es als eine Form der Notwehr ansehen, und zwar Notwehr gegen eine Form der Kränkung und Demütigung, und damit als ein Akt zur Wiederherstellung der inneren Integrität. |
Notwehr ist nur möglich bei einem gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff.
Der Angriff in Form von Verletzung der Vermögensinteressen mag vorliegen, aber in der Natur des Betruges liegt, dass das Opfer getäuscht wird; d.h. bei ihm wird ein Irrtum erweckt, es kann also während der Betrugshandlung; der Irrtumserweckung garnicht in Wissen um einen Angriff handeln und sich daher auch nicht auf die Notwehr als Rechtfertigungsgrund berufen.
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Navigator2 unbefristet gesperrt
Anmeldungsdatum: 12.06.2008 Beiträge: 2546
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(#1760858) Verfasst am: 18.06.2012, 23:55 Titel: |
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Vektral Proximus hat folgendes geschrieben: | Navigator2 hat folgendes geschrieben: | Ich würde es als eine Form der Notwehr ansehen, und zwar Notwehr gegen eine Form der Kränkung und Demütigung, und damit als ein Akt zur Wiederherstellung der inneren Integrität. |
Notwehr ist nur möglich bei einem gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff.
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So ist die juristische Definition von Notwehr. Deshalb schrieb ich ja auch als eine "Form" der Notwehr. Damit meinte ich jetzt nicht die juristisch erlaubte Form der Notwehr, sondern eine andere Form, eine Form, die möglicherweise sogar illegal ist.
Das ändert aber nix daran, das dass Wort auch eine illegale Form der Notwehr bedeuten könnte, nämlich dann, wenn dieser Begriff in einem übertragenen Sinn verwendet wird.
Zitat: |
Der Angriff in Form von Verletzung der Vermögensinteressen mag vorliegen, aber in der Natur des Betruges liegt, dass das Opfer getäuscht wird; d.h. bei ihm wird ein Irrtum erweckt, es kann also während der Betrugshandlung; der Irrtumserweckung garnicht in Wissen um einen Angriff handeln und sich daher auch nicht auf die Notwehr als Rechtfertigungsgrund berufen. |
Ja, das ist juristisch sicherlich perfekt erklärt.
Und dennoch gibt es Handlungsweisen, die zwar nicht der juristische Definition der Notwehr entsprechen, bei denen jedoch Menschen sehr wohl eine inner Not empfinden, und sich dann aus dieser inneren Not heraus wehren.
Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Menschen extrem gedemütigt und herabgewürdigt werden und ihnen große Ungerechtigkeit wiederfährt.
Dieses führt zu einem innerpsychischen Notstand, der nach Vergeltung schreit, und die Vergeltung ist dann die Art, wie sich jemand auf eine solche Behandlung wehrt.
Das hat mit Notwehr im juristischen Sinn nicht mehr das Geringste zu tun - das ist richtig, und dennoch kann ich darin eine Art "Notwehrhandlung" erkennen.
Vielleicht sollte man einen anderen Begriff dafür (er)finden, weil der Begfiff Notwehr bereit für die juristische Notwehr belegt ist...mir fällt aber nix treffendes ein.
nv.
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beachbernie male Person of Age and without Color
Anmeldungsdatum: 16.04.2006 Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii
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(#1760872) Verfasst am: 19.06.2012, 02:20 Titel: |
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Navigator2 hat folgendes geschrieben: | beachbernie hat folgendes geschrieben: | @ navigator.
Im Gegensatz zu Dir sehe einen "Gegenbetrug" nur dann als moralisch legitimiert an, wenn er sich streng darauf beschraenkt das eigene Eigentum zurueckzuholen. Keinesfalls sollte er zur Befriedigung irgendwelcher Rachegelueste dienen. Es geht nicht darum "heimzuzahlen", sondern ausschliesslich darum "heimzuholen".
Das "Heimzahlen" ist mir persoenlich zu biblisch und zu irrational. |
Gefühle sind häufig irrational, obwohl - so irrational nun auch wieder nicht. Zum einen hat es durch aus etwas befriedigendes, wenn man sich an jemandem, der einem böswillig Unrecht zugefügt hat, mit gleicher Münze heimzahlen kann - es baut das Selbstbewußtsein wieder auf und ist gut für das eigene Ego und zum anderen erteilt man demjenigen, der sich anfänglich sozial inadäquat verhalten hat die Lehre, dass ein solches Verhalten nicht in Ordnung ist und sanktioniert wird, auf dass er in Zukunft auf solche Schweinereien verzichtet.
nv. |
Das mag ja alles sein, "moralisch legitim" ist es allerdings nicht und genau danach wurde gefragt.
_________________ Defund the gender police!!
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beachbernie male Person of Age and without Color
Anmeldungsdatum: 16.04.2006 Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii
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(#1760873) Verfasst am: 19.06.2012, 02:38 Titel: |
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Telliamed hat folgendes geschrieben: | Unabhängig vom konkreten Fall kann ich mir das alles nicht so recht vorstellen, und ich weiß nicht, worauf das hinausläuft, außer der Gewinnung von stillem Beifall für schlau ausgeübte Selbstjustiz.
Betrug ist eine strafbare Handlung ("§ 263 Betrug" des Strafgesetzbuches) und ist mit Hilfe der Justiz zu verfolgen. "Betrügerei" steht freilich umgangssprachlich für Delikte eher geringfügigeren Ausmaßes.
Dann müsste ich die Gelegenheit erhalten, dem gleichen Typ wieder zu begegnen und mich, - wiederum durch einen unsauberen Geschäftsabschluß? - zu "rächen".
@beachbernies Rasenmäher-Rückholaktion scheint mir doch eine arge Wildwest-Story zu sein, in unseren dichter besiedelten Gegenden holt man für gewöhnlich bei Diebstahl die Polizei. |
Mein Beispiel ist konstruiert und soll ausschliesslich dazu dienen den einen Punkt herauszuarbeiten: Die Aneignung fremden Eigentums und die Wiederaneignung des eigenen Eigentums sind aus moralischer Sicht absolut nicht gleich zu bewerten, auch wenn rein oberflaechlich betrachtet in beiden Faellen die gleiche Handlung dabei ausgefuehrt wird.
Damit habe ich natuerlich rein gar nichts ueber die rechtliche Wertung gesagt und auch nicht, dass es in einem solchen Fall nicht vielleicht doch besser waere die Polizei einzuschalten oder andere rechtliche Schritte zu unternehmen. Es geht mir ausschliesslich um die moralische Bewertung, nach der auch im Threadtitel gefragt wurde.
Mit "Selbstjustiz" hat meine Haltung auch nur sehr bedingt zu tun. Es geht mir ausschliesslich darum, dass ich es fuer moralich legitim halte einen erlittenen Schaden (in bestimmten Grenzen, versteht sich) in Eigeninitiative zu beheben. Selbst die Bestrafung des Betruegers zu uebernehmen habe ich dabei ausdruecklich ausgeschlossen als ich die Befriedigung von "Rachegeluesten" dabei strikt ablehnte. Das waere in der Tat dann moralisch verurteilenswerte Selbstjustiz.
Vielleicht noch ein weiteres Beispiel, bei dem wohl der "rechtlich einwandfreie" Weg versperrt waere, weil die Polizei sich sicherlich nicht um jeden Kleinkram kuemmert:
Ein Bekannter klaut Dir eine Schachtel Zigaretten aus Deiner Tasche und rueckt die auch nach Aufforderung nicht wieder raus.
Was tust Du?
1. Du versuchst die Polizei zu rufen und wirst wahrscheinlich ausgelacht.
2. Du nimmst das Dir zugefuegte Unrecht einfach hin.
3. Bei naechster Gelegenheit klaust Du Deinem Bekannten auch eine Schachtel Zigaretten aus seiner Tasche.
Frage: Ist 3. wirklich aus moralischer Sicht zu verurteilen? Musst Du Dich wirklich mit 2. zufriedengeben, nachdem 1. nicht funktioniert und Du unmoralische Handlungen ablehnst? Oder ist 3. nicht aus moralischer Sicht doch ganz anders zu werten als der urspruengliche Diebstahl, der an Dir begangen wurde?
_________________ Defund the gender police!!
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Navigator2 unbefristet gesperrt
Anmeldungsdatum: 12.06.2008 Beiträge: 2546
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(#1760881) Verfasst am: 19.06.2012, 05:35 Titel: |
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beachbernie hat folgendes geschrieben: | Navigator2 hat folgendes geschrieben: | beachbernie hat folgendes geschrieben: | @ navigator.
Im Gegensatz zu Dir sehe einen "Gegenbetrug" nur dann als moralisch legitimiert an, wenn er sich streng darauf beschraenkt das eigene Eigentum zurueckzuholen. Keinesfalls sollte er zur Befriedigung irgendwelcher Rachegelueste dienen. Es geht nicht darum "heimzuzahlen", sondern ausschliesslich darum "heimzuholen".
Das "Heimzahlen" ist mir persoenlich zu biblisch und zu irrational. |
Gefühle sind häufig irrational, obwohl - so irrational nun auch wieder nicht. Zum einen hat es durch aus etwas befriedigendes, wenn man sich an jemandem, der einem böswillig Unrecht zugefügt hat, mit gleicher Münze heimzahlen kann - es baut das Selbstbewußtsein wieder auf und ist gut für das eigene Ego und zum anderen erteilt man demjenigen, der sich anfänglich sozial inadäquat verhalten hat die Lehre, dass ein solches Verhalten nicht in Ordnung ist und sanktioniert wird, auf dass er in Zukunft auf solche Schweinereien verzichtet.
nv. |
Das mag ja alles sein, "moralisch legitim" ist es allerdings nicht und genau danach wurde gefragt. |
Hm .... Ansichtssache... wie definiert sich "moralisch legitim"?
Wenn jemand ein Verbrechen begeht, und er wird dafür von dem Staat dafür bestraft, dann hältst du das sicherlich für moralisch legitim - ja?
Gut.
Nun gibt es aber auch Verbrechen, die werden vom Staat nicht sanktioniert - sei es weil sie vor Gericht nicht beweisbar sind, oder sei es, dass es für das betreffende Verbrechen keine anwendbare Strafnorm gibt.
Nicht desto trotz hat es hier ein Verbrechen gegeben, und der Geschädigte hat das Bedürfnis nach Vergeltung, also nach Bestrafung des Übeltäters.
Und jetzt kommt die Gretchenfrage: Wenn das Opfer eines Verechens den Übeltäter durch was auch immer bestraft (was zwar als Selbstjustiz verboten ist), ist das dann moralisch illegitim, nur weil die Bestrafung durch das Opfer vorgenommen wird?
Also der Staat darf ein Straftäter strafen, und man hält das dann auch für moralisch legitim, während aber das Opfer den Straftäter bestraft, dann soll das moralisch illegitim sein????
Das erschließt sich mir nicht, dass das gleiche Verhalten, welches sich der Staat anmaßt plötzlich moralisch verwerflich sein soll, wenn dieses durch eine private Instanz vorgenommen wird. Also wenn der Staat straft soll das moralisch legitim sein, wenn aber ein Privatmensch die Bestrafung in die Hand nimmt, dann soll das plötzlich illegitim sein?
Das ist unlogisch.
Das Selbstjustiz verboten ist, weil der Staat das Gewaltmonopol hat, ist zwar richtig, aber nur weil eine Handlung verboten ist, ist sie nicht auch automatisch moralisch illegitim.
Aber gut - der Moralbegriff ist nirgends fest definiert, so dass jeder seine eigenen Moralvorstellungen hat. Ein Streit darüber, wer jetzt die richtigen und wer die falschen Moralbegriffe hat, der führt wohl zu nix - ich kann dir nicht schlüssig beweisen, weshalb meine Moralvorstellungen richtig sein sollen, wie du umgekehrt auch mir nicht beweisen kannst, weshalb deine Moralvorstellungen richtiger seien als meine. Ich kann es lediglich versuchen, meine Gedanken zu erklären.
Es hat etwas mit dem Begriff der Verwerflichkeit zu tun.
So sind wir uns wohl einig darin, dass es verwerflich ist, jemanden grundlos zu schädigen.
Uneins sind wir wohl in der Beurteilung bezüglich Personen, die uns schon einmal böswillig geschädigt haben, ob es verwerflich ist, diese zurück zu schädigen.
nv.
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Ahriman Tattergreis
Anmeldungsdatum: 31.03.2006 Beiträge: 17976
Wohnort: 89250 Senden
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(#1761091) Verfasst am: 19.06.2012, 17:24 Titel: |
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Schon mal darüber nachgedacht, warum die Mehrheit der Bevölkerung nicht die geringsten Skrupel hat, eine Versicherung zu bescheißen? Da habt ihr den typischen Fall vom betrogenen Betrüger.
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vrolijke Bekennender Pantheist

Anmeldungsdatum: 15.03.2007 Beiträge: 46732
Wohnort: Stuttgart
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(#1761092) Verfasst am: 19.06.2012, 17:29 Titel: |
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Ahriman hat folgendes geschrieben: | Schon mal darüber nachgedacht, warum die Mehrheit der Bevölkerung nicht die geringsten Skrupel hat, eine Versicherung zu bescheißen? Da habt ihr den typischen Fall vom betrogenen Betrüger. |
Ich bin noch nie auf die Idee gekommen.
Man soll nie von sich auf andere schließen.
Gilt auch für mich!
_________________ Glück ist kein Geschenk der Götter; es ist die Frucht der inneren Einstellung.
Erich Fromm
Sich stets als unschuldiges Opfer äußerer Umstände oder anderer Menschen anzusehen ist die perfekte Strategie für lebenslanges Unglücklichsein.
Grenzen geben einem die Illusion, das Böse kommt von draußen
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beachbernie male Person of Age and without Color
Anmeldungsdatum: 16.04.2006 Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii
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(#1761127) Verfasst am: 19.06.2012, 19:17 Titel: |
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Ahriman hat folgendes geschrieben: | Schon mal darüber nachgedacht, warum die Mehrheit der Bevölkerung nicht die geringsten Skrupel hat, eine Versicherung zu bescheißen? Da habt ihr den typischen Fall vom betrogenen Betrüger. |
Inwiefern sind Versicherungen per se Betrueger?
Und wer zahlt letzten Endes den Versicherungsbetrug? Die Versicherungsgesellschaft erhoeht naemlich einfach die Versicherungsbeitraege und legt damit den Schaden auf alle Versicherten um.
Betrogen werden somit unterm Strich keine Betrueger, sondern im Gegenteil alle diejenigen Versicherungsnehmer, die nicht betruegen, von denen, die betruegen.
Fuer allzu moralisch halte ich das nicht.
_________________ Defund the gender police!!
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feuerbachmarsch Wesen aus einer höheren Sphäre
Anmeldungsdatum: 12.09.2010 Beiträge: 41
Wohnort: weiz
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(#1761922) Verfasst am: 22.06.2012, 17:09 Titel: |
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Ich halte es nicht für legitim andere zu betrügen. Da ich aus meinem Gerechigkeitsempfinden davon ausgehen müsste, dass mich auch die anderen betrügen dürften. In dieser Hinsicht stehe ich in Ähnlichkeit zu Kant. Wer andere betrügt, sollte sich nicht wundern, wenn er irgendwann selber betrogen. Aber an soetwas wie eine göttliche Gerechtigkeit glaube ich nicht.
_________________ Die Aufgabe der Philosophie ist die Annäherung des Individuums an die objektive Realität. Die Anti-Philosophie ist die Rückführung dessen in Dummheit und Barbarei.
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Murphy auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 29.04.2011 Beiträge: 5000
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(#1762104) Verfasst am: 23.06.2012, 13:40 Titel: |
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Navigator2 hat folgendes geschrieben: |
Ich würde es als eine Form der Notwehr ansehen, und zwar Notwehr gegen eine Form der Kränkung und Demütigung, und damit als ein Akt zur Wiederherstellung der inneren Integrität. |
Sowas wie innere Integrität wird bereits durch Aufdeckung des Betrugs wiederhergestellt. Du trägst zwar vielleicht den Verlust, bist aber durch die Ent-täuschung klüger geworden.
Navigator2 hat folgendes geschrieben: |
_Dieses_ System ist zu Teil geradezu darauf angelegt, dass betrogen wird. Denn wenn alle betrügen, dann ist am Ende derjenige, der ehrlich bleibt, der Dumme und der Geprellte. |
Hier sehe ich persönliche Integrität eher am Platz: Trotz des Undanks und der Widrigkeiten nicht zu betrügen, auch als Einziger aufrecht und ehrlich bleiben, unabhängig davon was das System oder die Masse vorgibt, das nenne ich integer, unbescholten.
Navigator2 hat folgendes geschrieben: |
Nur versuche doch mal eine ehrliche sozialistische Politik zu verkaufen, die den Reichen so hohe Steuern auferlegt werden, dass wir ohne uns zu verschulden, all unsere Staatsausgaben tätigen können, da hat plötzlich jeder Angst, er könne als "Reicher" gelten.... und sowieso Sozialismus, das ist ja Teufelszeug... |
Wenn die Leute nicht an sich selbst arbeiten und solange sie sich primär um das Unrecht kümmern, das ihnen widerfährt, nicht um das, das sie anrichten, dann ist es eigentlich ziemlich egal in welchem System sie leben, weil es früher oder später sowieso korrumpiert, egal ob Sozialismus, Kommunismus oder Anarchie. Betrug und Klüngel wirksam entgegenzutreten funktioniert am besten, wenn kapiert wird, warum das schadet, nicht durch Vorgaben, die versuchen diesen Schaden wie auch immer zu regulieren.
Navigator2 hat folgendes geschrieben: |
Ich denke mal, das ist eine Frage der Gesellschaft und der persönlichen Machtposition... wer klein und schwach ist, der muss häufig nachgeben, wer aber am langen Hebel sitz, der hat das nicht nötig...
nv. |
Hat er denn überhaupt die Möglichkeit dazu?
Gutes Stichwort, es gehören schließlich immer zwei dazu. Statt nun Genugtuung in einem unsicheren Konter zu suchen und den Betrüger betrügen wäre es langfristig vielleicht effektiver Gründe für das Fürwahrhalten eines vermittelten Irrtums zu suchen und daran zu arbeiten. Oder gleich nach Altvätersitte den eigenen Kopf gegen die Wand schlagen weil man sich hat täuschen und ausnehmen lassen.
Als Vorschlag zur Güte könnte man ja mal versuchen den Urbetrüger, so man ihn denn ausfindig gemacht hat, zwar in einen Irrtum zu versetzen, sich aber nicht daran zu bereichern oder ihm Schaden zuzufügen.
Ihn etwa den eigenen Verlust nicht spüren lassen, sich nichts anmerken lassen, das würde ich ganz im Ernst sowieso als erstes empfehlen wenn man noch vorhat den Aufs-Kreuz-Leger zu linken. Und die Meisterschaft könnte dann darin bestehen, die anderen Nichtsnutze gleich soweit im Irrtum über die eigenen Angelegenheiten zu lassen, dass ihnen ein Betrug erst gar nicht gelingt. Aber hier spricht ja kein Experte...
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Religionskritik-Wiesbaden homo est creator Dei
Anmeldungsdatum: 04.11.2008 Beiträge: 10333
Wohnort: Wiesbaden
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(#1762362) Verfasst am: 24.06.2012, 12:22 Titel: Altes Testament ist keine Lösung |
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einen Betrüger betrügen,
einen Dieb bestehlen,
einen Mörder morden,
darin steckt doch Auge um Auge - Zahn um Zahn -
Gleiches mit Gleichem zu vergelten,
ist nicht gerade das, was unsere Gesellschaft anstreben sollte
(auch wenn ich Deinen Gedanken an Rache menschlich durchaus nachvollziehen kann - vielleicht würde ich ihn ja dann aus Rache auch versuchen zu betrügen)
Der, Dich betrogen hat - wird durch den ihm von Dir dann erlittenen Schaden gegebenenfalls schlauer, und weiter betrügen - es wäre vielleicht daher interessanter - ihn anzuprangern - möglichst viele Menschen von seinem Fehlverhalten zu informieren, so dass er eben nicht mehr so 'leicht' betrügen kann.
_________________ Derzeit ohne Untertitel
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Uriziel Herpiderpi
Anmeldungsdatum: 22.12.2007 Beiträge: 1728
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(#1762365) Verfasst am: 24.06.2012, 12:28 Titel: Re: ist es moralisch legitim einen Betrüger zu betrügen ? |
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AXO hat folgendes geschrieben: |
ist es moralisch legitim einen Betrüger zu betrügen?
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" Kommt drauf a~nnn... ... ... " - wage ich einfach mal, zu sagen.
Betrüger sind 'auch' unterschiedlich und unterschiedliche Menschen. Wenn jemand betrügt und dabei aus nichts mehr als niederer, verwerflicher Gier, andere Menschen schädigt - dann ist es schon fast eher Gerechtigkeit als ein anderes Verbrechen, wenn diesen auch jemand betrügt.
Betrügt aber jemand nur aus Not, weil er zum Beispiel so arm ist, das er sonst nicht "über die Runden" kommen würde, oder seine Familie nicht ernähren könnte, dann ist das kaum noch verwerflich - egal, ob seine Betrügereien nun jemanden treffen, dem es nicht großartig wehtut - oder ebenfalls bei anderen Menschen Not erschafft.
Die Welt ist leider so ungerecht aufgeteilt " von Menschen "für" Menschen ", das ich es verzeihen kann, wenn Menschen am Existenz-Minimum betrügen, um einigermassen/anständig leben zu können.
Wo's eine Schweinerei wird und man denjenigen ruhig auch über's Ohr hauen könnte, ist, wenn jemand betrügt, der es nicht braucht und der damit nur unnötig anderen Menschen das Leben schwer macht.
In diesem Thema geht es mir viel eher um den Sünder, als um die Sünde selbst. Denn Menschen sind unterschiedlich.
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beachbernie male Person of Age and without Color
Anmeldungsdatum: 16.04.2006 Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii
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(#1762521) Verfasst am: 24.06.2012, 20:41 Titel: Re: Altes Testament ist keine Lösung |
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Religionskritik-Wiesbaden hat folgendes geschrieben: | einen Betrüger betrügen,
einen Dieb bestehlen,
einen Mörder morden,
darin steckt doch Auge um Auge - Zahn um Zahn -
Gleiches mit Gleichem zu vergelten,
ist nicht gerade das, was unsere Gesellschaft anstreben sollte
(auch wenn ich Deinen Gedanken an Rache menschlich durchaus nachvollziehen kann - vielleicht würde ich ihn ja dann aus Rache auch versuchen zu betrügen)
Der, Dich betrogen hat - wird durch den ihm von Dir dann erlittenen Schaden gegebenenfalls schlauer, und weiter betrügen - es wäre vielleicht daher interessanter - ihn anzuprangern - möglichst viele Menschen von seinem Fehlverhalten zu informieren, so dass er eben nicht mehr so 'leicht' betrügen kann. |
Wenn es darum geht die Bestrafung des Regelverletzers selbst in die Hand zu nehmen, dann hast Du durchaus recht.
Zumindest beim Betrug und beim Diebstahl kann es auch ganz einfach nur darum gehen sich sein Eigentum zurueckzuholen und dabei die gleichen Methoden anzuwenden wie der Dieb/Betrueger.
Sowas halte ich persoenlich fuer moralisch durchaus legitim, zumindest solange der Grundsatz der Verhaeltnismaessigkeit gewahrt bleibt und dies nicht als Freibrief verstanden wird sich mehr zu nehmen als man urspruenglich weggenommen bekommen hat.
Beim Mord geht das natuerlich nicht. Erstens kann man den Moerder nicht selbst ermorden, nachdem man ermordet wurde und zweitens macht der Mord an einem Moerder keines seiner Opfer wieder lebendig. Das "entwendete Gut" ist somit nicht mehr "rueckholbar". Somit kann es gar nicht darum gehen einen erlittenen Schaden selbst zu regulieren, sondern es bleiben als Motiv nur noch "Strafe" oder "Rache" und ersteres lehne ich als Selbstjustiz ab und Letzteres aus prinzipiellen Gruenden.
_________________ Defund the gender police!!
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