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brf registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.05.2010 Beiträge: 366
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Flat ich war's nicht
Anmeldungsdatum: 17.06.2008 Beiträge: 614
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(#1769268) Verfasst am: 25.07.2012, 08:30 Titel: |
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Moin,
konfessioneller Religionsunterricht schon mit 6 Jahren in der Grundschule?
Fängt da ja früh an.
Ansonsten steht hier Elternwille gegen Elternwille. Die Entscheidung des Gerichtes ist wohl nicht gerade überraschend im ländlich-katholischen Raum.
Tschüss
Jörg
_________________ Flat: for fun just add water
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Landei Gesinnungspolizist
Anmeldungsdatum: 27.02.2011 Beiträge: 1180
Wohnort: Sandersdorf-Brehna
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(#1769276) Verfasst am: 25.07.2012, 08:51 Titel: |
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Wäre dann der Richter nicht befangen?
_________________ Der Islam gehört auf den Müllhaufen der Geschichte. Diese Gotteslehre eines unmoralischen Beduinen ist ein verwesender Kadaver, der unser Leben vergiftet. (Kemal Atatürk)
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Leony gottlos
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus
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(#1770233) Verfasst am: 29.07.2012, 19:08 Titel: |
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Na, hoffentlich sehen die Richter der nächsten Instanz mal ins Grundgesetz.
Nach Artikel 136 der Weimarer Verfassung,
der nach Artikel 140 GG Bestandteil des Grundgesetzes ist,
gilt:
Artikel 136 WRV Abs. 4 hat folgendes geschrieben: | Niemand darf zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit oder zur Teilnahme an religiösen Übungen oder zur Benutzung einer religiösen Eidesform gezwungen werden. |
Das gilt zweifellos auch für Schulgottesdienste und m. E auch für jeden Religionsunterricht.
Und in dem Artikel 136 steht nichts davon, dass er nur für Menschen von einem bestimmten Alter an gelten würde.
Die Kinder wollen offensichtlich nicht. Ist ein Grundschulkind ein Niemand?
Außerdem ist die Frage, ob es dem Kindeswohl dient,
wenn sie den Vater als jemanden erleben,
der dazwischenfunkt
und das Einvernehmen zwischen den Kindern und der Mutter, bei der sie leben, aushebelt.
_________________ Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren )
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moritura pan narrans
Anmeldungsdatum: 01.12.2003 Beiträge: 1358
Wohnort: Berlin
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(#1770238) Verfasst am: 29.07.2012, 19:42 Titel: |
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Leony hat folgendes geschrieben: |
Und in dem Artikel 136 steht nichts davon, dass er nur für Menschen von einem bestimmten Alter an gelten würde.
Die Kinder wollen offensichtlich nicht. Ist ein Grundschulkind ein Niemand? |
Nein, aber noch nicht religionsmündigkeit. Das ist es erst ab 14.
Versteht mich nicht falsch, aber ich habe das Bedürfnis hier mal den Advocatus Diaboli zu spielen.
Der Vater argumentierte anscheinend in 1. Linie nicht mit dem Glauben als solchem, sondern mit der Gefahr der Ausgrenzung. Diese ist in einem kleinen Nest eventuell sogar reel gegeben. D.h. gegenüber dem Gericht kommt er eher als alleinig am Kindeswohl orientierter Mensch rüber, als die Mutter, die auf der weltanschaulichen Ebene argumentiert und dabei augenscheinlich die direkten Probleme, die für die Kinder bestehen könnten, beiseite schiebt. (so erscheint jedenfalls die Darstellung der Geschichte in der taz)
Das Gericht sieht die Gefährdung der Ausgrenzung scheinbar eher gegeben, als Probleme durch die Beteiligung am Religionsunterricht. Anscheinend sieht es die Kinder nicht in der Lage die Auswirkung einer Entscheidung bzgl. der Nichtteilnahme am Religionsunterricht zu beurteilen.
Das bei diesem Streit, einem der Eltern das Recht auf Bestimmung der Religionszugehörigkeit der Kinder abgesprochen werden muss, ist zwangsläufig. Sie sind nun mal unterschiedlicher Meinung.
Soweit, so der Blick, wie er aus Seiten des Gerichts vermutlich aussieht.
Für die Mutter sehe ich es als Strategie günstiger zu zeigen, dass die Kinder durch die Nichtteilnahme nicht ausgegrenzt werden, z.Bsp. durch einen Freundeskreis der Kinder, für den die Religionszugehörigkeit keine Rolle spielt. Die Karte Religionsfreiheit zieht nicht, da diese letztlich von beiden Seiten verwendet werden kann.
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Leony gottlos
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus
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(#1770253) Verfasst am: 29.07.2012, 22:18 Titel: |
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moritura hat folgendes geschrieben: | Leony hat folgendes geschrieben: |
Und in dem Artikel 136 steht nichts davon, dass er nur für Menschen von einem bestimmten Alter an gelten würde.
Die Kinder wollen offensichtlich nicht. Ist ein Grundschulkind ein Niemand? |
Nein, aber noch nicht religionsmündigkeit. Das ist es erst ab 14. |
Die Bestimmungen über die Religionsmündigkeit stehen im Gesetz über die religiöse Kindererziehung (KErzG).
Das ist ein einfaches Gesetz, Artikel 136 WRV hingegen ist eine Verfassungsnorm.
Das Gesetz über die religiöse Kindererziehung gibt Eltern zweifellos bis zu einem gewissen Alter der Kinder
das Recht zu entscheiden,
welche religiösen Behauptungen mit dem Anspruch, wahr zu sein,
an ihre Kinder herangetragen werden.
Aber beim Schulgottesdienst, und vermutlich auch im Religionsunterricht,
geht es nicht nur um religiöse Behauptungen,
sondern auch um Religionsausübung.
Und dazu nicht gezwungen zu werden,
dies Recht steht m. E. jedem Menschen zu,
nach Artikel 136 WRV sowie aus der grundsätzlichen Überlegung,
dass es entwürdigend ist, von einem Menschen die Verehrung eines Gottes zu verlangen,
den er für nicht existent oder für alles andere als verehrungswürdig hält.
moritura hat folgendes geschrieben: | Versteht mich nicht falsch, aber ich habe das Bedürfnis hier mal den Advocatus Diaboli zu spielen. |
Ich versteh Dich nicht falsch.
moritura hat folgendes geschrieben: | Das bei diesem Streit, einem der Eltern das Recht auf Bestimmung der Religionszugehörigkeit der Kinder abgesprochen werden muss, ist zwangsläufig. Sie sind nun mal unterschiedlicher Meinung.
Soweit, so der Blick, wie er aus Seiten des Gerichts vermutlich aussieht. |
Vorher waren die Eltern sich anscheinend einig, die Kinder religionsfrei zu erziehen.
Aus dem Buchstaben des Gesetzes über die religiöse Kindererziehung lässt sich für den Fall nichts Eindeutiges herleiten,
aber es wäre möglich, dass man für den Fall des gemeinsamen Sorgerechts
etwas Ähnliches für rechtens hält wie für den Fall einer bestehenden Ehe:
Gesetz über die religiöse Kindererziehung § 2 Abs. 2 hat folgendes geschrieben: | Es kann jedoch während bestehender Ehe von keinem Elternteil ohne die Zustimmung des anderen bestimmt werden, daß das Kind in einem anderen als dem zur Zeit der Eheschließung gemeinsamen Bekenntnis oder in einem anderen Bekenntnis als bisher erzogen, oder daß ein Kind vom Religionsunterricht abgemeldet werden soll. |
moritura hat folgendes geschrieben: | Für die Mutter sehe ich es als Strategie günstiger ... |
Über die günstigste Strategie wird sich die Mutter sicherlich mit ihrem Anwalt beraten.
Ich habe nur beschrieben, was ich für rechtens halte -
ob das vor Gericht durchsetzbar wäre, das eine andere Frage,
und ich gebe zu, dass mein Optimismus sich in Grenzen hält.
_________________ Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren )
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tillich (epigonal) hat Spaß
Anmeldungsdatum: 12.04.2006 Beiträge: 22285
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(#1770264) Verfasst am: 29.07.2012, 23:15 Titel: |
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M.E. sollte für die Entscheidung allein eine Rolle spielen, welcher Elternteil das Recht hat, im Rahmen des Sorgerechts über die "religiöse Kindererziehung" (oder eben die nichtreligiöse) zu entscheiden (solange die Kinder nicht religionsmündig sind). Bei geteiltem Sorgerecht wohl beide, also hat man ein Problem, wenn sich wie hier die Eltern nicht einig sind.
Allerdings sieht das oben zitierte Gesetz ja vor, dass schon bei bestehender Ehe nichts am konfessionellen Status der Kinder geändert werden darf, ohne dass sich die Eltern einig sind. Bei geteiltem Sorgerecht nach der Trennung sollte wohl das gleiche gelten. Der Status Quo ist ja aber, dass die Kinder - wie die Eltern ja auch - konfessionslos sind, also erst einmal üblicherweise nicht am RU teilnehmen würden. Eigentlich klare Sache also, denke ich.
Das Familienrecht sieht zwar wohl vor, dass, wenn sich die Eltern bei wichtigen Angelegenheiten nicht einigen können, das Familiengericht einem Elternteil das Sorgerecht für diese Angelegenheiten zusprechen kann. Dabei wäre es aber m.E. schon ungewöhnlich, es dem Elternteil zuzusprechen, bei dem die Kinder nicht regelmäßig leben. Dafür müssten schon wesentliche Gründe des Kindeswohls sprechen.
Dagegen spricht aber a) die o.g. ausdrückliche gesetzliche Regelung über die religiöse Kindererziehung und b) die Tatsache, dass es um ein selbstverständliches, verfassungsmäßig garantiertes Grundrecht geht (nicht am Religionsunterricht teilzunehmen), das wohl kaum einfach so zur Gefährdung des Kindeswohls erklärt werden kann, bloß weil man damit in der entsprechenden Gegend in der Minderheit ist.
M.E. ein eindeutiges Fehlurteil, das sicher in der nächsten Instanz aufgehoben werden wird.
EDIT Gut, das Gesetz über die religiöse Kindererziehung sieht auch vor, dass bei Uneinigkeit das Familiengericht angerufen werden kann. Trotzdem: Die Entscheidung gegen den Status Quo und gegen das Elternteil, bei dem die Kinder leben, kann mE nicht bloß damit begründet werden, dass die Kinder damit einer Minderheit angehören.
_________________ "YOU HAVE TO START OUT LEARNING TO BELIEVE THE LITTLE LIES." -- "So we can believe the big ones?" -- "YES."
(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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