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Sokrateer souverän
Anmeldungsdatum: 05.09.2003 Beiträge: 11649
Wohnort: Wien
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(#177382) Verfasst am: 10.09.2004, 15:22 Titel: Was wissen wir über die heilige Elisabeth von Thüringen? |
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Kurz gefasst wird über sie von Katholiken gerne erzählt, dass sie sich nach dem Tod ihres Mannes, als sie 21 war, sich so sehr für die Armen einsetzte, dass das sogar ihre Familie aufregte und man ihr ihre Kinder wegnehmen musste. Sie starb vor lauter Aufopferung mit 24.
Was wissen wir aber wirklich über sie und wie plausibel ist das ganze?
Nachdem ihr Mann starb, bekam Konrad von Marburg die Vormundschaft über sie. Dieser Mann war ein Großinquisitor, der durch päpstlicher Erlaubnis Ketzer im Eilverfahren verbrennen lies und von diesem Recht großzügig gebrauch machte. Er setzte sie psychischer und physischer Folter aus:
Zitat: |
Ihr "Seelenführer" in ihren letzten Jahren ist ein strenger, asketischer Priester, der seinen Ehrgeiz darin sieht, "die Heilige zu einer Heiligen zu machen". Er verfolgt sie regelrecht mit seinen Bußübungen und geißelt sie schon für kleine "Vergehen" "bis auf's Blut". |
Quelle: http://www.helmut-zenz.de/hzelisab.htm
Das hält manche Chrsiten aber nicht davon ab sie als selbstständige Frau darzustellen:
Zitat: |
Ihr Verhältnis zu Konrad von Marburg:
Sie war eine kluge Frau, stets Herrin ihrer selbst, mit festen Grundsätzen:
Konrad von Marburg nannt sie eine 'zweifellose sehr kluge Frau' (s.u.). Elisabeth aber sah Konrad lediglich als Hilfe auf ihrem Weg:
"Auch der Magister Konrad wird auf das Maß reduziert, mit dem Elisabeth ihn gemessen hat: 'Ich hätte allerdings irgendeinem reichen Bischof oder Abt Gehorsam geloben können; ich glaubte aber, besser zu handeln, wenn ich dem Magister Konrad dieses Gelübde ablegte, weil dieser bettelarm ist. So hatte ich in diesem Leben keine äußere Hilfe zu erwarten.'
Mit diesem Wort Elisabeths wird der zugegebenermaßen unheilvoll erscheinende Magister Konrad entdämonisiert. Er wird zum Werkzeug einer Heiligen. So sei es nochmal erwähnt: Elisabeth hatte Konrad von Marburg ausgewählt. Bei aller Demut und Unterwerfung blieb sie die Herrin, die das Werkzeug ihrer Demütigungen bestimmte. Das Kriterium, nach dem sie verfuhr, war franziskanisch, 'die allerheiligste Armut', so dass sie in diesem Leben keine äußere Hilfe zu erwarten hatte."
Auch ist den Berichten zu entnehmen, dass sie sich Konrad widersetzte, wenn er ihre sittlichen Grundsätze verletzte, und trotz harter, körperlicher Züchtigung wegen Ungehorsams pflegte sie weiterhin unbeirrt Krätze- und Leprakranke. |
Quelle: http://www.puramaryam.de/reinkelisa.html
Die Prügel funktionierten sogar für Konrad zu gut. Als Elisabeth ihr ganzes Geld den Armen vermachen wollte, verhinderte er das, selbstlos wie er war. So konnte sie das Geld seinen Machenschaften zu Gute kommen lassen:
Zitat: | Als aber andererseits Elisabeth aus Überzeugung ganz arm sein will, von Tür zu Tür betteln gehen will, als sie öffentlich auf all ihren - ihr juristisch nach dem Tod ihres Mannes ja noch zustehenden Reichtum - verzichten will, muß er sie vom Altar wegziehen, um ihr (?) oder der Kirche(?) ihr Vermögen zu retten. |
Quelle: http://www.helmut-zenz.de/hzelisab.htm
Bei dem Leben, das sie führen musste war es kein Wunder, dass sie mit 24 starb. Die Kinder wurden ihr auch von Konrad weggenommen.
Gleich nach ihrem Tod wollte Konrad ihre Heiligsprechung:
Zitat: |
Angeblich schon am ersten Tag nach ihrer Bestattung begannen bei ihrem Grab in der Hospitalkirche die ersten Wunder gewirkt zu werden, vor allem Heilungswunder. Meister/Magister Konrad von Marburg verfolgte das Ziel, den Kanonisierungsprozeß voranzutreiben und ihre Verehrung intensiv zu fördern. |
http://www.helmut-zenz.de/hzelisab.htm
Pilgerfahrten nach Marburg hätten schließlich mehr Macht für ihn bedeutet.
Hier ist der erste Brief, den er über sie an den Papst schrieb (Englisch):
http://www.catholic-forum.com/saints/sainte01.htm
Zitat: |
Against my will she followed me to Marburg. Here in the town she built a hospice where she gathered together the weak and the feeble. |
Warum erkärt er extra, dass sie gegen seinen Willen nach Marburg kam? Klingt verdächtig. Auf diversen Webseiten steht, sie wurde gezwungen.
z.b.. hier:http://www.uni-marburg.de/stadt/bilder/e-kirche.html
Der Brief geht weiter:
http://www.catholic-forum.com/saints/sainte01.htm
Zitat: | Before her death I heard her confession. When I asked what should be done about her goods and possessions, she replied that anything which seemed to be hers belonged to the poor .... Then, she devoutly commended to God all who were sitting near her, and as if falling into a gentle sleep, she died. |
Konrad war also der letzte, der sie vor ihrem Tod sah. Wer weiß, was da abgelaufen ist. Der Mann hatte immerhin keine Skrupel über Leichen zu gehen.
Der Kanonisierungsprozess lief aber nicht so wie geplant. Der Papst roch offenbar Lunte und forderte immer wieder nach genaueren Zeugnisberichte, wobei Konrad aber öfter säumig war.
Was wissen wir eigentlich aus gesicherter Quelle über sie in der fraglichen Zeit, außerhalb von den Überlieferungen Konrads und von Zeugen, die sich wegen seiner Gewaltherrschaft wohl kaum getraut hätten ihm zu widersprechen?
Hier ein paar Links:
http://heiligenlexikon.de/index.htm?BiographienE/Elisabeth_von_Thueringen.htm
http://www.newadvent.org/cathen/05389a.htm
http://www.catholic-forum.com/saints/sainte01.htm
Interessant wäre folgendes Buch:
Huyskens, Albert: Quellenstudien zur Geschichte der hl. Elisabeth, Landgräfin von Thüringen. Marburg, 1908
Könnt ihr, die ihr ja alle eine gut sortierte Deschner-Bibliothek zu Hause habt, mal nachsehen, was sich über Konrad so finden lässt?
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fingalo registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.09.2004 Beiträge: 337
Wohnort: Wiesbaden
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(#177464) Verfasst am: 10.09.2004, 18:51 Titel: Re: Was wissen wir über die heilige Elisabeth von Thüringen? |
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Zitat: | Kurz gefasst wird über sie von Katholiken gerne erzählt, dass sie sich nach dem Tod ihres Mannes, als sie 21 war, sich so sehr für die Armen einsetzte, dass das sogar ihre Familie aufregte und man ihr ihre Kinder wegnehmen musste. Sie starb vor lauter Aufopferung mit 24.
Was wissen wir aber wirklich über sie und wie plausibel ist das ganze? |
Aha. Plausibilität, geprüft durch St. Rezentius ist der Maßstab. Und ganz fürchterlich verdächtig: Da wird was von Katholiken erzählt!
Da brauchts natürlich keine Untersuchung mehr, ob's auch noch andere erzählen!
Zitat: | Nachdem ihr Mann starb, bekam Konrad von Marburg die Vormundschaft über sie. |
Und, was ergab sich daraus? Sie gründete in Marburg ein Spital.
Ist ja fürchterlich!
Zitat: | Dieser Mann war ein Großinquisitor, der durch päpstlicher Erlaubnis Ketzer im Eilverfahren verbrennen lies und von diesem Recht großzügig gebrauch machte. Er setzte sie psychischer und physischer Folter aus:
Zitat: |
Ihr "Seelenführer" in ihren letzten Jahren ist ein strenger, asketischer Priester, der seinen Ehrgeiz darin sieht, "die Heilige zu einer Heiligen zu machen". Er verfolgt sie regelrecht mit seinen Bußübungen und geißelt sie schon für kleine "Vergehen" "bis auf's Blut". |
Quelle: http://www.helmut-zenz.de/hzelisab.htm |
Dass Elisabeth (wie übrigens auch Maria v. Oignies, Clara v. Assisi) etwa von den Armutsbewegungen ihrer Zeit selbst fasziniert sein könnte, darf ja nicht sein. Dass Konrad erst 1231, dem Todesjahr Elisabeths zum Ketzerverfolger wurde, wird natürlich unterschlagen. Vielmehr wird suggeriert, Elisabeth habe sich einem "Großinquisitor" (?) unterworfen. Er war ganz normaler päpstlich beauftragter Inquisitor - nichts weiter. Allerdings so fanatisch, dass er Juli 1233 ermordet wurde.
Zitat: | Das hält manche Chrsiten aber nicht davon ab sie als selbstständige Frau darzustellen: |
Nicht nur Christen, sondern auch Historiker, z.B. Demandt, Schrifttum zur Geschichte und Geschichtlichen Landeskunde von Hessen, 2, 1965 S. 170 ff. Die Mentalität einer Adligen aus dem 13. Jh. braucht man ja gar nicht zu kennen.
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Zitat: | Die Prügel funktionierten sogar für Konrad zu gut. Als Elisabeth ihr ganzes Geld den Armen vermachen wollte, verhinderte er das, selbstlos wie er war. So konnte sie das Geld seinen Machenschaften zu Gute kommen lassen: |
Aber klar doch. Das waren Machenschaften.
Zitat: | Zitat: | Als aber andererseits Elisabeth aus Überzeugung ganz arm sein will, von Tür zu Tür betteln gehen will, als sie öffentlich auf all ihren - ihr juristisch nach dem Tod ihres Mannes ja noch zustehenden Reichtum - verzichten will, muß er sie vom Altar wegziehen, um ihr (?) oder der Kirche(?) ihr Vermögen zu retten. |
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Klar doch. Dezent den Verdacht anbringen, dass sich die Kirche ihr Vermögen unter den Nagel reißen wollte. Da braucht's keinen Beleg. Um Himmels willen nicht das rechtliche Umfeld aufklären, ob die Kirche da überhaupt hätte drankommen können!
Zitat: | Gleich nach ihrem Tod wollte Konrad ihre Heiligsprechung:
Zitat: |
Angeblich schon am ersten Tag nach ihrer Bestattung begannen bei ihrem Grab in der Hospitalkirche die ersten Wunder gewirkt zu werden, vor allem Heilungswunder. Meister/Magister Konrad von Marburg verfolgte das Ziel, den Kanonisierungsprozeß voranzutreiben und ihre Verehrung intensiv zu fördern. |
Pilgerfahrten nach Marburg hätten schließlich mehr Macht für ihn bedeutet. |
So, so. Und inwiefern?
Warum erkärt er extra, dass sie gegen seinen Willen nach Marburg kam? Klingt verdächtig. Auf diversen Webseiten steht, sie wurde gezwungen.
z.b.. hier:http://www.uni-marburg.de/stadt/bilder/e-kirche.html
Wenn man nichts hat, genügt der Verdacht.
Zitat: | Konrad war also der letzte, der sie vor ihrem Tod sah. Wer weiß, was da abgelaufen ist. Der Mann hatte immerhin keine Skrupel über Leichen zu gehen. |
Klar, Verdächtigungen sind immer wohlfeil.
Dass es in der Psyche eines Religionsfundamentalisten (mal salopp ausgedrückt) einen Unterschied macht, ob man einen Ketzer töten lässt oder selbst seinen eigenen Schützling umbringt, was soll's. Immer kräftig mutmaßen. aliquid häret.
Zitat: | Der Kanonisierungsprozess lief aber nicht so wie geplant. Der Papst roch offenbar Lunte und forderte immer wieder nach genaueren Zeugnisberichte, wobei Konrad aber öfter säumig war. |
Quatsch. Kanonisierungsprozesse daern immer lange und sind schon seit jeher von akribischen Untersuchungen begleitet. Und Konrad war nicht säumig, sondern tot. Er hat 1232 nur einen kurzen Lebensabriss geliefert. 1235 wurden die Protokolle von 4 Frauen aus ihrem Umfeld in den Prozess eingeführt (Libellus de dictis quatuor ancillarum s. Elisabeth confectus). Die Heiligsprechung erfolgte am 27.05.1235 (Pfingsten), also relativ flott.
Zitat: | Was wissen wir eigentlich aus gesicherter Quelle über sie in der fraglichen Zeit, außerhalb von den Überlieferungen Konrads und von Zeugen, die sich wegen seiner Gewaltherrschaft wohl kaum getraut hätten ihm zu widersprechen? |
Da Konrad schon am 12.07.1233 ermordet wurde, brauchte niemand Angst vor ihm zu haben. Die Verschwörungs- und Unterdrückungstheorie geht ins Leere (Och wie schaade; hätte doch soo gut in den Kram gepasst )
Es gibt die Elisabeth-Viten des Caesarius v. Heisterbach (1237) und zwei vor 1240 entstandene Viten, die im Umkreis von Friedrich II. und der Kurie entstanden sind. Die umfassendste Vita schrieb Dietrich v. Apolda vor 1300. Er verwertete alles, was es zum Thema in seiner Zeit gab, einschließlich der Prozessakten.
Mir ist die Frau ja ziemlich egal. Aber mir ist nicht egal, wenn man irgendwelchen Leuten, die längst tot sind, auf dillettantische Weise ans Bein pinkelt.
Wie wär's, wenn Du Dich ein wenig mit Methodik in der Geschichte befassen würdest, bevor Du so herumschwurbelst?
Merke: Ein guter Mensch ist ein egoistisches und bösartiges Individuum, dessen Egoismus und Bosheit nur noch nicht entlarvt worden ist.
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Sokrateer souverän
Anmeldungsdatum: 05.09.2003 Beiträge: 11649
Wohnort: Wien
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(#177508) Verfasst am: 10.09.2004, 21:19 Titel: |
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1.) Du kannst mich gerne auch direkt ansprechen, dort wo du mich meinst, anstatt nebulös im Passiv und der dritten Person zu schreiben ("vielmehr wird suggeriert... ", etc.). Ich bevorzuge die Majestätsform.
2.) Offenbar ist es dir nicht aufgefallen. Der Titel des Threads endet mit einem Fragezeichen. Ich lade also zum Informationsaustausch ein. Aber alleine schon die Infragestellung bringt Zeloten wie dich gleich total aus dem Häuschen.
3.) Ich greife hier nicht die historische Elisabeth von Thüringen an. Im Gegenteil zu dir erkenne ich das, was gesichert zu sein scheint, wenigstens an, nämlich dass sie das bedauerliche Opfer eines realsadistischen Massenmörders war. Ich greife aber sehr wohl ihren Peiniger an und frage mich welche gesicherten Informationen wir über sie haben, die nicht von ihrem dubiosen Peiniger in die Welt gesetzt wurden.
4.) Ja, ich zweifle die populären Erzählungen von Katholiken über ihre Heiligen an. Das liegt ganz einfach an meiner persönlichen Erfahrung, dass diese Geschichten sehr oft entweder komplette Mythologie sind, oder gar das absolute Gegenteil von dem was wirklich geschah. Der weise Missionar, der den Heiden die frohe Botschaft verkündete, entpuppt sich nicht selten als religiöser Eiferer, der das Christentum mit Feuer und Schwert verbreitete und Heidentempel in Schutt und Asche legte.
fingalo hat folgendes geschrieben: |
Zitat: | Zitat: | Als aber andererseits Elisabeth aus Überzeugung ganz arm sein will, von Tür zu Tür betteln gehen will, als sie öffentlich auf all ihren - ihr juristisch nach dem Tod ihres Mannes ja noch zustehenden Reichtum - verzichten will, muß er sie vom Altar wegziehen, um ihr (?) oder der Kirche(?) ihr Vermögen zu retten. |
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Klar doch. Dezent den Verdacht anbringen, dass sich die Kirche ihr Vermögen unter den Nagel reißen wollte. Da braucht's keinen Beleg. Um Himmels willen nicht das rechtliche Umfeld aufklären, ob die Kirche da überhaupt hätte drankommen können! |
Sie unterlag seiner Kontrolle, diejenigen, die sonst geerbt hätten, nämlich ihre Verwandten, nicht.
fingalo hat folgendes geschrieben: |
Zitat: | Das hält manche Chrsiten aber nicht davon ab sie als selbstständige Frau darzustellen: |
Nicht nur Christen, sondern auch Historiker, z.B. Demandt, Schrifttum zur Geschichte und Geschichtlichen Landeskunde von Hessen, 2, 1965 S. 170 ff. Die Mentalität einer Adligen aus dem 13. Jh. braucht man ja gar nicht zu kennen. |
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte hat folgendes geschrieben: |
....
verkündet die Generalversammlung die vorliegende Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
als das von allen Völkern und Nationen zu erreichende gemeinsame Ideal, damit jeder einzelne und alle Organe der Gesellschaft sich diese Erklärung stets gegenwärtig halten und sich bemühen, durch Unterricht und Erziehung die Achtung dieser Rechte und Freiheiten zu fördern
...
Artikel 1 (Menschenwürde)
Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.
...
Artikel 5 (Verbot der Folter)
Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden. |
Im Gegensatz zu dir bin ich kein moralischer Relativist. Die Menschenrechte sind Rechte, die sich aus der Vernunft und den menschlichen Bedürfnissen ableiten und allgemein gültig sind.
Wenn es deiner Meinung nach bei Adeligen des 13. Jhdts. möglich war, dass jemand trotz Geißeln bis aufs Blut kein Oper ist und ihm das auch noch gut tut, was ist dann heute anders? Mir ist nicht bekannt, dass sich unsere Gehirne in dem Zeitraum veränderten. Es scheint sich also um eine rein kulturelle Angelegenheit zu handeln. Dann kannst du aber auch schwer dagegen sein, wenn in Saudiarabien eine Frau mit 300 Peitschenhieben für Ehebruch bestraft wird (wenn die tolerantere Auslegung genutzt wird), oder kennst du etwa die Pysche der arabischen Frau? Vielleichts haben die es ja nötig, so wie dieser Prediger es erklärt?
Die menschliche Psyche war damals im Prinzip die gleiche. Es ist üblich, dass Opfer von anhaltender Folter, und psychischer Gewalt das als Normalität ansehen und sogar verteidigen. Viele verprügelte Frauen sind heute davon überzeugt, dass die Prügel nötig wären, genauso wie Elisabeth von Thüringen das glaubte. Menschen, die als Kinder verprügelt wurden, erzählen auch oft, dass ihnen das gut getan hätte und diese Aussagen werden dann in den USA, wo dieses Thema leider immer noch heftig debattiert wird, dazu verwendet Prügelstrafe zu legitimieren.
fingalo hat folgendes geschrieben: |
Zitat: | Konrad war also der letzte, der sie vor ihrem Tod sah. Wer weiß, was da abgelaufen ist. Der Mann hatte immerhin keine Skrupel über Leichen zu gehen. |
Klar, Verdächtigungen sind immer wohlfeil.
Dass es in der Psyche eines Religionsfundamentalisten (mal salopp ausgedrückt) einen Unterschied macht, ob man einen Ketzer töten lässt oder selbst seinen eigenen Schützling umbringt, was soll's. Immer kräftig mutmaßen. aliquid häret. |
Eigentlich wollte ich damit nicht unterstellen, dass er sie ermordete, sondern dass seine Aussagen nicht glaubhaft sind. Würden wir heute einem Realsadisten abkaufen, was sein langjähriges Opfer angeblich noch vor seinem Tod gesagt hat, ganz speziell wenn es ihm nutzen würde? Würde so ein mündliches Testament heute gültig sein?
Dass eine Frau, die jahrelang blutig gepeitscht wird, zu einer Zeit, als es kaum nennenswerte Medizin gab, nicht lange leben wird, wegen Wundbrand und so, ist wahrlich kein Wunder.
Andererseits ist die Hypothese, die du da aufstellst bei genauer Betrachtung auch nicht so unplausibel. Er wollte sie schließlich zur Heiligen machen, wie er selbst gesagt hat. Nun, Lebendige werden nicht heilig gesprochen und ihren natürlichen Tod hätte er nicht mehr erlebt....
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fingalo registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.09.2004 Beiträge: 337
Wohnort: Wiesbaden
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(#177548) Verfasst am: 10.09.2004, 22:24 Titel: |
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Zitat: | 2.) Offenbar ist es dir nicht aufgefallen. Der Titel des Threads endet mit einem Fragezeichen. Ich lade also zum Informationsaustausch ein. Aber alleine schon die Infragestellung bringt Zeloten wie dich gleich total aus dem Häuschen. |
Das ist kein Informationsaustausch. Im ganzen Text sah ich keine auszutauschende Information.
Es gilt der Satz, dass man von einer Materie schon etwas verstehen muss, um eine vernünftige Frage stellen zu können.
Und bei solchen Schwurbeleien bin ich für eine klare, dezidierte und unmissverständliche Sprache. Wenn Du das schon für Zelotentum hälst, dann solltest Du dir einen anderen Nicknamen aussuchen.
Däniken oder so.
Zitat: | 3.) Ich greife hier nicht die historische Elisabeth von Thüringen an. Im Gegenteil zu dir erkenne ich das, was gesichert zu sein scheint, wenigstens an, nämlich dass sie das bedauerliche Opfer eines realsadistischen Massenmörders war. |
So so, das ist also gesichert. Wieviel Leute hat er denn zu ihren Lebzeiten umgebracht, wenn sie Opfer eines Massenmörders war?
Zitat: | Ich greife aber sehr wohl ihren Peiniger an und frage mich welche gesicherten Informationen wir über sie haben, die nicht von ihrem dubiosen Peiniger in die Welt gesetzt wurden. |
Habe ich glaube ich, beantwortet.
Zitat: |
4.) Ja, ich zweifle die populären Erzählungen von Katholiken über ihre Heiligen an. Das liegt ganz einfach an meiner persönlichen Erfahrung, |
Persönliche Erfahrung? Wie sieht die denn aus? Hast Du dich mal mit der quellenkritischen Auswertung von Heiligenviten beschäftigt?
Zitat: | dass diese Geschichten sehr oft entweder komplette Mythologie sind, oder gar das absolute Gegenteil von dem was wirklich geschah. |
Und mit welchen Methoden hast du das herausgefunden?
Zitat: | Der weise Missionar, der den Heiden die frohe Botschaft verkündete, entpuppt sich nicht selten als religiöser Eiferer, der das Christentum mit Feuer und Schwert verbreitete und Heidentempel in Schutt und Asche legte. |
Der "entpuppte" sich gar nicht. Sondern seriöse Forscher haben bestimmte Überlieferungen geprüft und das entsprechende Bild des Mannes korrigiert. Das ist deren Job. Und was denkst Du wohl, womit die das gemacht haben? Mit eben diesen Quellen, die du bei Seite wischst., jedenfalls wenn man weiter in die Geschichte zurückgeht, wo unabhängige Gegeninformationen fehlen.
Zitat: | Zitat: | Klar doch. Dezent den Verdacht anbringen, dass sich die Kirche ihr Vermögen unter den Nagel reißen wollte. Da braucht's keinen Beleg. Um Himmels willen nicht das rechtliche Umfeld aufklären, ob die Kirche da überhaupt hätte drankommen können! |
Sie unterlag seiner Kontrolle, diejenigen, die sonst geerbt hätten, nämlich ihre Verwandten, nicht. |
Und das reicht, um ihr Vermögen zu bekommen? Und die Verwandten bemerken das nicht?
[ Zitat: | quote="fingalo"]
Zitat: | Das hält manche Chrsiten aber nicht davon ab sie als selbstständige Frau darzustellen: |
Nicht nur Christen, sondern auch Historiker, z.B. Demandt, Schrifttum zur Geschichte und Geschichtlichen Landeskunde von Hessen, 2, 1965 S. 170 ff. Die Mentalität einer Adligen aus dem 13. Jh. braucht man ja gar nicht zu kennen. |
[quote="Allgemeine Erklärung der Menschenrechte"][/quote
...
Ach Du liebe Zeit! Die allgemeine Erklärung der Menschenrechte auf das 13. Jh angewandt.
Da erübrigt sich jeglicher Kommentar.
Zitat: | Wenn es deiner Meinung nach bei Adeligen des 13. Jhdts. möglich war, dass jemand trotz Geißeln bis aufs Blut kein Oper ist und ihm das auch noch gut tut, was ist dann heute anders? Mir ist nicht bekannt, dass sich unsere Gehirne in dem Zeitraum veränderten. |
Sag mal, was ist Dir eigentlich überhaupt bekannt?
Die Gehirne ändern sich zwar nicht, aber die Einstellung zum Dasein sehr wohl! Sie unterscheiden sich sogar heute beträchtlich!
Mir ist z.B. völlig unbegreiflich, wieso sich jeamand über 42 km für ein kleines rundes Goldblech die Lunge aus dem Leib rennt
Zitat: | Es scheint sich also um eine rein kulturelle Angelegenheit zu handeln. Dann kannst du aber auch schwer dagegen sein, wenn in Saudiarabien eine Frau mit 300 Peitschenhieben für Ehebruch bestraft wird (wenn die tolerantere Auslegung genutzt wird), oder kennst du etwa die Pysche der arabischen Frau? |
Was hat das mit einer historischen Erörterung zu tun?
Zitat: | Die menschliche Psyche war damals im Prinzip die gleiche. Es ist üblich, dass Opfer von anhaltender Folter, und psychischer Gewalt das als Normalität ansehen und sogar verteidigen. |
Kennst Du die Vorgeschichte? Weißt Du, warum sie sich dem unterzog?
Zitat: | Viele verprügelte Frauen sind heute davon überzeugt, dass die Prügel nötig wären, genauso wie Elisabeth von Thüringen das glaubte. |
Genauso? Meinst Du, Deine Ansichten seien Maßstab für das Verhalten Elisabeths im 13. Jh.? Wie sieht's denn mit den Geißlerumzügen während der Pest aus? Wer hat den die Leute malträitiert?
Und wenn heute ein Fakir sich Nadeln durch die Backe treibt?
Zitat: | Menschen, die als Kinder verprügelt wurden, erzählen auch oft, dass ihnen das gut getan hätte und diese Aussagen werden dann in den USA, wo dieses Thema leider immer noch heftig debattiert wird, dazu verwendet Prügelstrafe zu legitimieren. |
Willst Du mir jetzt weis machen, Elisabeth sei als Kind geprügelt worden, oder was soll das? Kannst Du nicht beim Thema bleiben?
[quote="fingalo"]
Zitat: | Konrad war also der letzte, der sie vor ihrem Tod sah. Wer weiß, was da abgelaufen ist. Der Mann hatte immerhin keine Skrupel über Leichen zu gehen. |
Zitat: | Eigentlich wollte ich damit nicht unterstellen, dass er sie ermordete, sondern dass seine Aussagen nicht glaubhaft sind. Würden wir heute einem Realsadisten abkaufen, was sein langjähriges Opfer angeblich noch vor seinem Tod gesagt hat, ganz speziell wenn es ihm nutzen würde? Würde so ein mündliches Testament heute gültig sein? |
Was interessieren für die Beurteilung des 13. Jh. heutige Rechtsvorschriften über die Gültigkeit von Testamenten?
Ich würde mich gern drüber unterhalten.
Aber das ist bei so Sprüngen hin und her und dauernder Überlagerung des Mittelalters mit gegenwärtigen Maßstäben außerordentlich mühsam.
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Sokrateer souverän
Anmeldungsdatum: 05.09.2003 Beiträge: 11649
Wohnort: Wien
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(#177566) Verfasst am: 10.09.2004, 23:31 Titel: |
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fingalo hat folgendes geschrieben: |
So so, das ist also gesichert. Wieviel Leute hat er denn zu ihren Lebzeiten umgebracht, wenn sie Opfer eines Massenmörders war? |
Meinst du nicht, dass er das zeug zum Massenmörder schon vorher in sich hatte, selbst wenn er bis dahin noch niemanden abmurkste und nur realsadistisch agierte?
fingalo hat folgendes geschrieben: |
Der "entpuppte" sich gar nicht. Sondern seriöse Forscher haben bestimmte Überlieferungen geprüft und das entsprechende Bild des Mannes korrigiert. Das ist deren Job. Und was denkst Du wohl, womit die das gemacht haben? Mit eben diesen Quellen, die du bei Seite wischst., jedenfalls wenn man weiter in die Geschichte zurückgeht, wo unabhängige Gegeninformationen fehlen. |
Ich habe nicht behauptet, dass ich ein Historiker bin, oder das selbst ermittelt habe.
Nehmen wir Moses als Beispiel. Der durchschnittliche Laie wird per Religionsunterricht und alljährlich ausgestrahlten Bibelverfilmungen im Glauben gehalten, Moses hätte die fünf Bücher Mose geschrieben. Aber schon wenn man die Einleitung zu den fünf Büchern Mose in der Bibel liest, die im Religionsunterricht ausgeteilt wird, steht dort, dass diese nicht von einem Autor, sondern von vielen Autorengruppen stammen, was man an unterschiedlicher Theologie und Schreibstil erkennen kann.
Damit hat sich Moses für mich als Märchenfigur entpuppt und ich habe damit etwas herausgefunden, was dem Großteil meines Umfeldes nicht bekannt ist.
Und genauso verhält es sich mit vielen der Heiligen. Sie werden vom Laienvolk verehrt und nette Geschichten werden über sie erzhählt. Wenn man sich ein bißchen informiert (bei Historikern), erkennt man, dass die Geschichten wenig mit der Wahrheit zu tun haben.
fingalo hat folgendes geschrieben: |
Und das reicht, um ihr Vermögen zu bekommen? Und die Verwandten bemerken das nicht?  |
Er musste nicht offiziell an ihr Vermögen kommen. Bei der Art, wie er sie behandelt hat, war sie ihm ohnehin hörig. Ob ihre Unterschrift/Siegel oder seine unter einer Überweisung steht ist da völlig gleich. Kein heutiger Richter würde eine Unterschrift in so einem Fall anerkennen und das ist auch gut so!
fingalo hat folgendes geschrieben: |
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte hat folgendes geschrieben: | |
...
Ach Du liebe Zeit! Die allgemeine Erklärung der Menschenrechte auf das 13. Jh angewandt.
Da erübrigt sich jeglicher Kommentar. |
Du erwartest von mir anzuerkennen, dass Elisabeth nicht unter dem realsadistischen Joch von Konrad leiden musste. Das sei nicht zu verurteilen und damals normal gewesen. Da erübrigt sich eigentlich schon jeder Kommentar!
Du zeigst dich empört, weil ich deine Entschuldigungen für Konrad nicht akzeptiere. Du erwartest also, dass ich deinen Ausführungen glaube. Dann musst du mir aber auch erkären, warum ich das tun soll. Warum sollte es damals in Ordnung gewesen sein, wenn ein Mann eine Frau regelmäßig bei Ungehorsam blutig peitscht? Wie kann es sein, dass sie trotzdem selbstständig war? Welche Bedingungen sind es, die so etwas zulassen? Und gelten die Bedingungen auch heute in Saudiarabien, oder den katholischen Schulen der USA, in denen auch heute noch Kinder verprügelt werden? Warum verhielt es sich in Elisabeths Fall anders als es die Wissenschaft uns über Opfer gewalttätiger Beziehungen oder gar Folter sagt, nämlich dass die Opfer ihre Täter entschuldigen und ihre Qualen als gerechte Strafe ansehen?
Ausflüchte wie "das war halt vor 800 Jahren noch so" kann ich aber nicht annehmen. Ich sehe bisher keinen Grund an der Allgemeingültigkeit der Menschenrechte zu zweifeln.
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#177567) Verfasst am: 10.09.2004, 23:39 Titel: |
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Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Ausflüchte wie "das war halt vor 800 Jahren noch so" kann ich aber nicht annehmen. Ich sehe bisher keinen Grund an der Allgemeingültigkeit der Menschenrechte zu zweifeln. | Wobei es ja in den 10 Geboten schon gewisse Regeln gab.
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Raphael auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 01.02.2004 Beiträge: 8362
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(#177586) Verfasst am: 11.09.2004, 00:48 Titel: |
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Ich möchte mich nur zu einem einzigen Aspekt dieser Diskussion äußern. Da wundert sich jemand heftig, wenn die Menschenrechte auf das 13. Jh. angewandt werden. Oh doch, damit hat Sokrateer völlig recht, denn sie sind nicht von Ort und Zeit abhängig, sondern ewig (was Zeloten ja gern von ihrem jeweiligen göttlichen Wesen glauben und deshalb auch dann verstehen sollten, wenn es um höhere Prinzipien geht als ego sum qui sum). Menschen, die im 13. Jh. von Konrad von Marburg oder um 1500 von Torquemada umgebracht oder zu Neros Zeit als Sklaven gehalten wurden, hatten das selbe Recht auf Leben und Freiheit wie wir hier und heute. Wer das bestreitet, heißt die Inquisition und die Sklaverei gut. Und ob man das zeitlich oder örtlich begrenzt oder allgemein tut, macht keinen Unterschied - es ist verwerflich. Ich kann ja auch sagen, was sollen denn die Menschenrechte? 1933-45 galten sie halt in Deutschland nicht, also kann man doch gegen die Nazis nicht mit der Menschenrechtserklärung argumentieren! Und unter Pol Pot galten sie halt auch nicht! Ob ich Menschen im 13. Jh. oder im 20. Jh. das Lebensrecht abspreche, gerade wie es mir passt, um einen Mörder oder eine Mörderbande außerhalb moralischer Beurteilung zu stellen, ist egal. Gestehe ich Konrad von Marburg oder Pol Pot zu, das Recht ihrer Opfer auf Leben, Freiheit und körperliche Unversehrtheit jederzeit zur Disposition stellen zu dürfen, dann halte ich mir den Weg offen, überhaupt jedes Menscheitsverbrechen -auch jedes gegenwärtige und zukünftige- zu verteidigen. Eine -deutlich gesagt- widerwärtige Einstellung.
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fingalo registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.09.2004 Beiträge: 337
Wohnort: Wiesbaden
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(#177649) Verfasst am: 11.09.2004, 10:11 Titel: |
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[quote="Sokrateer"] fingalo hat folgendes geschrieben: |
So so, das ist also gesichert. Wieviel Leute hat er denn zu ihren Lebzeiten umgebracht, wenn sie Opfer eines Massenmörders war? |
Zitat: | Meinst du nicht, dass er das zeug zum Massenmörder schon vorher in sich hatte, selbst wenn er bis dahin noch niemanden abmurkste und nur realsadistisch agierte?  |
Aha. Immer lernt man etwas neues: Ein Massenmörder ist also ein Mensch, der bereits das Zeug zu einem Massenmörder in sich hat.
Zitat: | Ich habe nicht behauptet, dass ich ein Historiker bin, oder das selbst ermittelt habe. |
Das habe ich schon so bemerkt. Aber Du hast eine historische Frage gestellt. Und dann musst Du dich auf die historische Ebene begeben.
Wenn Du allerdings nur über alle möglichen Toten rummoralisieren willst, wobei Du Deine Rechtschaffenheit durch die Energie demonstrierst, mit der Du die Hände über dem Kopf zusammenschlägst, habe ich Deine Frage nach Elisabeth (die jetzt plötzlich eine Frage nach Konrad geworden ist) gründlich mißverstanden.
Zitat: | Damit hat sich Moses für mich als Märchenfigur entpuppt und ich habe damit etwas herausgefunden, was dem Großteil meines Umfeldes nicht bekannt ist. |
Wohnst Du in einem niederbayrischen 100-Seelendorf mit Zwergschule?
Zitat: | Und genauso verhält es sich mit vielen der Heiligen. Sie werden vom Laienvolk verehrt und nette Geschichten werden über sie erzhählt. Wenn man sich ein bißchen informiert (bei Historikern), erkennt man, dass die Geschichten wenig mit der Wahrheit zu tun haben. |
Das ist ein alter Hut. Aber sie sind trotzdem wertvolle Quellen.
Es gibt nicht nur bei Deinem Umfeld, sondern bei Dir selbst das unausrottbare Vorurteil, es handele sich bei den früheren Geschichtserzählungen (vom AT bis zu den Heiligenviten des Spätmittelaöters und der frühen Neuzeit) um historische Berichte. Der Unterschied zwischen Euch besteht nur darin, dass Dein Umfeld (wenn's das wirklich noch irgendwo im Hinterwald gibt) die Texte für bare Münze nimmt, während Du feststellst, dass die Geschichten ja alle falsch sind - was ja als Verdikt voraussetzt, dass sie als historische Erzählungen die Absicht gehabt hätten, den wahren Hergang zu erzählen.
Die Absicht der Verfasser, den wahren Hergang zu erzählen, unterstellt ihr beide.
Aber diese Absicht des historischen Berichts ist ein Produkt der Neuzeit. Die Menschen früher hatten diese Absicht nicht. Sie hatten in aller Regel eine politische Absicht, der sie die Darstellung unterordneten. Niemand außer den trockenen Annalisten kam auf die Idee, Ereignisse ausführlich zu erzählen, bloß um sie der Nachwelt zu erhalten. Es gab daher auch keine Museen im heutigen Sinn. Erinnerungskultur war eine politische Kultur. Herrscher führten ihr Geschlecht auf Götter zurück. Deshalb ist die erste Aufgabe bei der Auswertung früherer Texte, die causa scribendi, den Anlass für die Niederschrift des Textes zu erfahren.
Zitat: | fingalo hat folgendes geschrieben: |
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte hat folgendes geschrieben: | |
...
Ach Du liebe Zeit! Die allgemeine Erklärung der Menschenrechte auf das 13. Jh angewandt.
Da erübrigt sich jeglicher Kommentar. |
Du erwartest von mir anzuerkennen, dass Elisabeth nicht unter dem realsadistischen Joch von Konrad leiden musste. Das sei nicht zu verurteilen und damals normal gewesen. Da erübrigt sich eigentlich schon jeder Kommentar! |
Willst Du nun historische Information oder willst Du einen Ansatz zum Moralisieren?
Zitat: | Du zeigst dich empört, weil ich deine Entschuldigungen für Konrad nicht akzeptiere. Du erwartest also, dass ich deinen Ausführungen glaube. Dann musst du mir aber auch erkären, warum ich das tun soll. Warum sollte es damals in Ordnung gewesen sein, wenn ein Mann eine Frau regelmäßig bei Ungehorsam blutig peitscht? Wie kann es sein, dass sie trotzdem selbstständig war? Welche Bedingungen sind es, die so etwas zulassen? |
1. Ich bin nicht empört, ich klassifiziere Deine Vorgehensweise als unsachgemäß. Das ist alles.
2. Deine Frage nach den Bedingungen ist zwar berechtigt. Aber dazu muss man sich in die Geistesgeschichte dieser Zeit hineinlesen. Dazu gibt es gute Bücher, die ich Dir zwar nennen kann, aber ich gehe davon aus, dass du sie eh nicht lesen wirst. Denn Du willst dich ja nur empören, aber nichts wissen.
Zitat: | Und gelten die Bedingungen auch heute in Saudiarabien, oder den katholischen Schulen der USA, in denen auch heute noch Kinder verprügelt werden? Warum verhielt es sich in Elisabeths Fall anders als es die Wissenschaft uns über Opfer gewalttätiger Beziehungen oder gar Folter sagt, nämlich dass die Opfer ihre Täter entschuldigen und ihre Qualen als gerechte Strafe ansehen? |
Das sogenannte Stockholm-Syndrom hat ganz spezifische Voraussetzungen, für die es bei Elisabeth keine Anhaltspunkte gibt.
Zitat: | Ausflüchte wie "das war halt vor 800 Jahren noch so" kann ich aber nicht annehmen. Ich sehe bisher keinen Grund an der Allgemeingültigkeit der Menschenrechte zu zweifeln. |
Wenn Du nur moralisieren willst, hast Du recht.
Aber dann solltest Du nicht so tun, als ob du eine historische Aufklärung suchtest.
Fürs Moralisieren in Bezug auf frühere Zeiten bin ich der falsche Partner.
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fingalo registrierter User
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(#177652) Verfasst am: 11.09.2004, 10:23 Titel: |
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Raphael hat folgendes geschrieben: | Ich möchte mich nur zu einem einzigen Aspekt dieser Diskussion äußern. Da wundert sich jemand heftig, wenn die Menschenrechte auf das 13. Jh. angewandt werden. Oh doch, damit hat Sokrateer völlig recht, denn sie sind nicht von Ort und Zeit abhängig, sondern ewig (was Zeloten ja gern von ihrem jeweiligen göttlichen Wesen glauben und deshalb auch dann verstehen sollten, wenn es um höhere Prinzipien geht als ego sum qui sum). Menschen, die im 13. Jh. von Konrad von Marburg oder um 1500 von Torquemada umgebracht oder zu Neros Zeit als Sklaven gehalten wurden, hatten das selbe Recht auf Leben und Freiheit wie wir hier und heute. Wer das bestreitet, heißt die Inquisition und die Sklaverei gut. Und ob man das zeitlich oder örtlich begrenzt oder allgemein tut, macht keinen Unterschied - es ist verwerflich. Ich kann ja auch sagen, was sollen denn die Menschenrechte? 1933-45 galten sie halt in Deutschland nicht, also kann man doch gegen die Nazis nicht mit der Menschenrechtserklärung argumentieren! Und unter Pol Pot galten sie halt auch nicht! Ob ich Menschen im 13. Jh. oder im 20. Jh. das Lebensrecht abspreche, gerade wie es mir passt, um einen Mörder oder eine Mörderbande außerhalb moralischer Beurteilung zu stellen, ist egal. Gestehe ich Konrad von Marburg oder Pol Pot zu, das Recht ihrer Opfer auf Leben, Freiheit und körperliche Unversehrtheit jederzeit zur Disposition stellen zu dürfen, dann halte ich mir den Weg offen, überhaupt jedes Menscheitsverbrechen -auch jedes gegenwärtige und zukünftige- zu verteidigen. Eine -deutlich gesagt- widerwärtige Einstellung. |
Ich habe gegen diese Einstellung nichts einzuwenden. Aber sie hat mit Geschichte nichts zu tun.
Und ich kann den Sinn einer Verurteilung von Nero oder sonst irgendwelchen geschichtlichen Figuren nicht erkennen, außer, dass ich allen zeigen kann, wie gut ich selber bin, indem ich die Hände über dem Kopf zusammenschlage. Das ist alles.
Bei der Be- und Verurteilung von Zuständen der Gegenwart ist das was anders, weil ich mit der Be- und Verurteilung das Ziel verfolgen kann, die Zustände zu ändern - oder bei der jüngsten Vergangenheit die Strukturen zu verhindern, die ihre Wiederholung ermöglichen.
Das fällt aber bei Altertum, Mittelalter und früher Neuzeit weg. Denn deren gesellschaftliche Strukturen sind so verschieden von heute, dass ich außer demonstrativem Moralisieren nichts gewinne.
Deshalb ist die moralische Verurteilung Konrads absolut öde und unfruchtbar.
Wenn heute ein Guru seine Anhänger ausbeutet, während er selbst 10 Cadillacs und einen Privatjet hat, dann benötige ich nicht die moralische Verurteilung Konrads, um dies zu brandmarken. Da die moralische Verurteilung Konrads so unfruchtbar ist, frage ich mich, warum sie überhaupt betrieben wird.
Wenn ich dann lese, dass Vergleiche zu Frauen im Islam und katholischen Schulen in Amerika gezogen werden (und die Selbstanklagen in den Schauprozessen Stalins nicht ins Blickfeld geraten), dann habe ich schon eine Ahnung, warum ausgerechnet Konrad zur Zielscheibe wird.
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Raphael auf Wunsch deaktiviert
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(#177693) Verfasst am: 11.09.2004, 14:56 Titel: |
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fingalo hat folgendes geschrieben: |
Wenn ich dann lese, dass Vergleiche zu Frauen im Islam und katholischen Schulen in Amerika gezogen werden (und die Selbstanklagen in den Schauprozessen Stalins nicht ins Blickfeld geraten), dann habe ich schon eine Ahnung, warum ausgerechnet Konrad zur Zielscheibe wird. |
Vielleicht deshalb, weil er eine Kirche repräsentiert, die von sich behauptet, seit 2 000 Jahren die Nächstenliebe für sich gepachtet zu haben, und dabei seit 2 000 den Nächstenhass praktiziert? Vielleicht ist die moralische Bewertung Konrads als eines Mörders ja auf den selben Grund zurückzuführen? Die Kirche hat kein Problem damit, ihre Wahrheit für ewig zu halten. Aber diese ewige Wahrheit der angeblichen Liebe zu den Menschen an historischen Beispielen nachzuprüfen, das soll nicht gehen?
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fingalo registrierter User
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(#177803) Verfasst am: 11.09.2004, 21:43 Titel: |
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Zitat: | Vielleicht deshalb, weil er eine Kirche repräsentiert, die von sich behauptet, seit 2 000 Jahren die Nächstenliebe für sich gepachtet zu haben, und dabei seit 2 000 den Nächstenhass praktiziert? |
Konrad repräsentiert die Kirche?
<proust>
Wir leben in einem Rechtsstaat. Ein Mitglied dieses Rechtsstaats hat kürzlich in meiner Nähe eine Kassiererin für 100 € erschossen.
Repräsentiert er diesen Rechtsstaat? Leben wir in einem Mörderstaat?
Mitglieder einer (nichtkirchlichen) NGO-Hilfsorganisation haben in großem Stil Spendengelder veruntreut, indem sie Lebensmittelkäufe überhöht abgerechnet haben. Der Strang der Vertuschung ging fast bis in die Spitze (der konnte man selbst nichts nachweisen). Was schließen wir daraus? a) Hilfsorganisationen sind Scheiße. b) Die Leute sind zu feuern und die Kontrollen zu verbessern.
Zitat: | Vielleicht ist die moralische Bewertung Konrads als eines Mörders ja auf den selben Grund zurückzuführen? Die Kirche hat kein Problem damit, ihre Wahrheit für ewig zu halten. Aber diese ewige Wahrheit der angeblichen Liebe zu den Menschen an historischen Beispielen nachzuprüfen, das soll nicht gehen? |
Aber selbstverständlich ist das möglich. Aber das mit dem Konrad ist die falsche Methode. Dieser Kirchenkritik liegt ein magisches Verständnis zu Grunde: Da bekommt einer eine Hand voll Wasser über den Kopf (=Taufe), und schon ist er ein Ritter ohne Fehl und Tadel. Und wenn das falsifiziert wird (siehe Konrad), dann ist die Kirche widerlegt.
Wenn das magische Verständnis zuträfe, dann wäre das ja ein soziologisch-experimenteller Gottesbeweis. Denn mit rechten Dingen könnte das ja nicht zugehen!
Kein Mensch wird besser dadurch, dass er Christ wird. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Ein Mensch, der im christlichen Sinne besser werden will, wird Christ. So war das am Anfang jedenfalls. Als alle Christen wurden, da wurde man Christ nicht um besser zu werden, sondern weil man Vorteile davon hatte, z.B. mit Christen Handel treiben durfte. Die Skandinavier, die sich im 10. - 12. Jh. taufen ließen, haben selbstverständlich weiter geplündert und gemordet. Dafür brauche ich den Konrad nicht.
Damit kann man die Ideologie des Christentums nicht aushebeln, wenn's auch immer wieder versucht wird (Deschner und Konsorten).
Wenn man eine Ideologie beurteilen will, dann muß man ihr Gesellschaftsbild untersuchen. Das ist allerdings etwas mühsamer, als sich irgendein Mitglied herauszupicken und dessen böse Taten aufzuzählen.
Und der christliche Gesellschaftsentwurf ist bislang die genialste kulturelle Leistung, die menschliche Gehirne in langer Entwicklung bislang hervorgebracht haben. Der Prozess beginnt - soweit uns historische Nachrichten zugänglich sind - in Mesopotamien mit der Stele des Hamurapi (und anderen auch älteren Gesetzestafeln aus der gleichen Gegend), fand dann Eingang inden Gesellschaftsentwurf der Juden im AT, wurde von Jesus pointiert und dann im Laufe der Kirchengeschichte ausgefeilt. Da haben viele hervorragende Geister dran mitgebaut.
Dass der Entwurf nicht umgesetzt wurde, sondern man bei den Kreuzzügen im Blute watete, die Ketzer verfolgte und verbrannte, die Inka verstümmelte und ausplünderte ist unbestritten. Aber die Ideologei war so beschaffen, dass sie gegen diese Pest immer wieder Selbstheilungskräfte zu mobilisieren in der Lage war, die die Verbrechen beim Namen nannten und für ihre Beendigung eintraten.
Die Ideologie der Kirche an den tatsächlichen gesellschaftlichen Fehlentwicklungen zu messen und zu beurteilen ist etwa so sinnvoll und sachgerecht, wie das Kunstwerk des Kölner Domes danach zu beurteilen, wieviel Bauarbeiter bei der Errichtung ums Leben kamen. Die Zahl der toten Bauarbeiter ändert am künstlerischen Rang der Architektur nichts.
Um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen: Kein Geistlicher würde mich als Christen bezeichnen; denn ich glaube nicht, dass einen Gott gibt (allerdings aus anderen Gründen, als die üblichen Stammtischparolen über das Leid der Welt). Aber ich habe was dagegen, dass ein von Menschen entwickeltes einmaliges Kunstwerk, wie es das Christentum ist, mit dämlichen Argumenten angepinkelt wird, und werde es der Fairness halber gegen unsachlichen Unsinn verteidigen,
allerdings nicht immer. Es gibt Anwürfe, wie im www.bare-jesus.net, die sitzen so tief in der Kloake, dass ich mich nicht gemüßigt fühle, mir dauernd die Scheiße vom Bildschirm zu wischen. Aber es gibt doch - wie aus dem Eingangsposting von "War Jesus verrückt oder ein Verbrecher" zu ersehen ist - Leute, die sich nicht entblöden, das für eine geistige Leistung zu halten.
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Raphael auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 01.02.2004 Beiträge: 8362
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(#177828) Verfasst am: 11.09.2004, 23:33 Titel: |
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fingalo hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Vielleicht deshalb, weil er eine Kirche repräsentiert, die von sich behauptet, seit 2 000 Jahren die Nächstenliebe für sich gepachtet zu haben, und dabei seit 2 000 den Nächstenhass praktiziert? |
Konrad repräsentiert die Kirche?
<proust> |
Ja, stell Dir vor: Ich messe den himmelhohen moralischen Anspruch der Kirche am Verhalten ihrer Amtsträger. Das gilt in der Vergangenheit z.B. für Konrad und heute z.B. für Krenn.
Zitat: | Wir leben in einem Rechtsstaat. Ein Mitglied dieses Rechtsstaats hat kürzlich in meiner Nähe eine Kassiererin für 100 € erschossen.
Repräsentiert er diesen Rechtsstaat? Leben wir in einem Mörderstaat? |
Der Vergleich zwischen einem auf den moralischen Anspruch seiner Kirche verpflichteten Amtsträger und irgendeinem Verbrecher, der zufällig irgendeine Staatsangehörigkeit besitzt, ist lächerlich.
Zitat: | Mitglieder einer (nichtkirchlichen) NGO-Hilfsorganisation haben in großem Stil Spendengelder veruntreut, indem sie Lebensmittelkäufe überhöht abgerechnet haben. Der Strang der Vertuschung ging fast bis in die Spitze (der konnte man selbst nichts nachweisen). Was schließen wir daraus? a) Hilfsorganisationen sind Scheiße. b) Die Leute sind zu feuern und die Kontrollen zu verbessern. |
So wenig wie man von der kath. Kirche unbedingt auf alle anderen Religionsgemeinschaften schließen kann, kann man von einer Hilfsorganisation, in der sich Mitarbeiter bereichern, auf alle anderen schließen. Aber dass andere Organisationen sauber sind, wäscht die schmutzige nicht rein.
Zitat: | Zitat: | Vielleicht ist die moralische Bewertung Konrads als eines Mörders ja auf den selben Grund zurückzuführen? Die Kirche hat kein Problem damit, ihre Wahrheit für ewig zu halten. Aber diese ewige Wahrheit der angeblichen Liebe zu den Menschen an historischen Beispielen nachzuprüfen, das soll nicht gehen? |
Aber selbstverständlich ist das möglich. Aber das mit dem Konrad ist die falsche Methode. Dieser Kirchenkritik liegt ein magisches Verständnis zu Grunde: Da bekommt einer eine Hand voll Wasser über den Kopf (=Taufe), und schon ist er ein Ritter ohne Fehl und Tadel. Und wenn das falsifiziert wird (siehe Konrad), dann ist die Kirche widerlegt.
Wenn das magische Verständnis zuträfe, dann wäre das ja ein soziologisch-experimenteller Gottesbeweis. Denn mit rechten Dingen könnte das ja nicht zugehen! |
Dieses magische Verständnis ist nicht meines, sondern es wird von der Kirche kultiviert. Und wenn es nicht funktioniert, gerade angesichts der kirchlichen Verbrechen der Geschichte, wird gerne von der Unzulänglichkeit der Menschen gejammert. Ja bringt das Christentum denn gar keine Verbesserung? Wozu soll es denn dann gut sein?
Zitat: | Kein Mensch wird besser dadurch, dass er Christ wird. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Ein Mensch, der im christlichen Sinne besser werden will, wird Christ. So war das am Anfang jedenfalls. Als alle Christen wurden, da wurde man Christ nicht um besser zu werden, sondern weil man Vorteile davon hatte, z.B. mit Christen Handel treiben durfte. Die Skandinavier, die sich im 10. - 12. Jh. taufen ließen, haben selbstverständlich weiter geplündert und gemordet. Dafür brauche ich den Konrad nicht.
Damit kann man die Ideologie des Christentums nicht aushebeln, wenn's auch immer wieder versucht wird (Deschner und Konsorten).
Wenn man eine Ideologie beurteilen will, dann muß man ihr Gesellschaftsbild untersuchen. Das ist allerdings etwas mühsamer, als sich irgendein Mitglied herauszupicken und dessen böse Taten aufzuzählen.
Und der christliche Gesellschaftsentwurf ist bislang die genialste kulturelle Leistung, die menschliche Gehirne in langer Entwicklung bislang hervorgebracht haben. Der Prozess beginnt - soweit uns historische Nachrichten zugänglich sind - in Mesopotamien mit der Stele des Hamurapi (und anderen auch älteren Gesetzestafeln aus der gleichen Gegend), fand dann Eingang inden Gesellschaftsentwurf der Juden im AT, wurde von Jesus pointiert und dann im Laufe der Kirchengeschichte ausgefeilt. Da haben viele hervorragende Geister dran mitgebaut.
Dass der Entwurf nicht umgesetzt wurde, sondern man bei den Kreuzzügen im Blute watete, die Ketzer verfolgte und verbrannte, die Inka verstümmelte und ausplünderte ist unbestritten. Aber die Ideologei war so beschaffen, dass sie gegen diese Pest immer wieder Selbstheilungskräfte zu mobilisieren in der Lage war, die die Verbrechen beim Namen nannten und für ihre Beendigung eintraten.
Die Ideologie der Kirche an den tatsächlichen gesellschaftlichen Fehlentwicklungen zu messen und zu beurteilen ist etwa so sinnvoll und sachgerecht, wie das Kunstwerk des Kölner Domes danach zu beurteilen, wieviel Bauarbeiter bei der Errichtung ums Leben kamen. Die Zahl der toten Bauarbeiter ändert am künstlerischen Rang der Architektur nichts. |
So leid es mir tut, aber die Genialität dieses Gesellschaftsentwurfs, der im Wesentlichen von geistiger Entmündigung und von Intoleranz geprägt ist, erschließt sich mir auch nach Lektüre Deiner Apologetik nicht.
Zitat: | Um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen: Kein Geistlicher würde mich als Christen bezeichnen; denn ich glaube nicht, dass einen Gott gibt (allerdings aus anderen Gründen, als die üblichen Stammtischparolen über das Leid der Welt). Aber ich habe was dagegen, dass ein von Menschen entwickeltes einmaliges Kunstwerk, wie es das Christentum ist, mit dämlichen Argumenten angepinkelt wird, und werde es der Fairness halber gegen unsachlichen Unsinn verteidigen,
allerdings nicht immer. Es gibt Anwürfe, wie im www.bare-jesus.net, die sitzen so tief in der Kloake, dass ich mich nicht gemüßigt fühle, mir dauernd die Scheiße vom Bildschirm zu wischen. Aber es gibt doch - wie aus dem Eingangsposting von "War Jesus verrückt oder ein Verbrecher" zu ersehen ist - Leute, die sich nicht entblöden, das für eine geistige Leistung zu halten. |
Na ja, die Fragestellung gefällt mir auch nicht, aber Du kannst sie wenn Du willst mit "weder - noch" beantworten. Wie überall gibt's auch hier Leute, die aus welchen Gründen auch immer übers Ziel hinausschießen.
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loki registrierter User
Anmeldungsdatum: 12.08.2004 Beiträge: 64
Wohnort: Midgard
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(#177836) Verfasst am: 11.09.2004, 23:56 Titel: |
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fingalo hat folgendes geschrieben: | Und der christliche Gesellschaftsentwurf ist bislang die genialste kulturelle Leistung, die menschliche Gehirne in langer Entwicklung bislang hervorgebracht haben. |
Welchen Teil des christlichen Gesellschaftsentwurfes meinst Du denn genau damit - den von Gott abgeleiteten Herrschaftsanspruch Adeliger, die Underdrückung von Frauen, die Verfolgung von jedem, der anders ist ... ?
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#177838) Verfasst am: 12.09.2004, 00:01 Titel: |
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loki hat folgendes geschrieben: | fingalo hat folgendes geschrieben: | Und der christliche Gesellschaftsentwurf ist bislang die genialste kulturelle Leistung, die menschliche Gehirne in langer Entwicklung bislang hervorgebracht haben. |
Welchen Teil des christlichen Gesellschaftsentwurfes meinst Du denn genau damit - den von Gott abgeleiteten Herrschaftsanspruch Adeliger, die Underdrückung von Frauen, die Verfolgung von jedem, der anders ist ... ? |
Na alles zusammen natürlich und einiges mehr. Die Einzelteile waren zuvor schon bekannt, aber so gut ud konsequent zusammengesetzt und erfolgreich betrieben in Europa haben das bisher nur das Christentum, ein Schüler des orthodoxen Seminars zu Tiflis und ein Katholik, der nach eigenen (und zutreffenden) Worten nix anderes machte als das Christentum seit 1500 Jahren, nur erfolgreicher.
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fingalo registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.09.2004 Beiträge: 337
Wohnort: Wiesbaden
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(#177888) Verfasst am: 12.09.2004, 09:26 Titel: |
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Zitat: | Ja, stell Dir vor: Ich messe den himmelhohen moralischen Anspruch der Kirche am Verhalten ihrer Amtsträger. Das gilt in der Vergangenheit z.B. für Konrad und heute z.B. für Krenn. |
Und das ist eben grundfalsch.
Zitat: | Zitat: | Wir leben in einem Rechtsstaat. Ein Mitglied dieses Rechtsstaats hat kürzlich in meiner Nähe eine Kassiererin für 100 € erschossen.
Repräsentiert er diesen Rechtsstaat? Leben wir in einem Mörderstaat? |
Der Vergleich zwischen einem auf den moralischen Anspruch seiner Kirche verpflichteten Amtsträger und irgendeinem Verbrecher, der zufällig irgendeine Staatsangehörigkeit besitzt, ist lächerlich. |
So lächerlich ist er nicht. Denn auch der Amtsträger ist zufällig in diese Gemeinschaft hineingeraten und hat dort Kariere gemacht - genauso, wie in der Politik!
Zitat: | Zitat: | Mitglieder einer (nichtkirchlichen) NGO-Hilfsorganisation haben in großem Stil Spendengelder veruntreut, indem sie Lebensmittelkäufe überhöht abgerechnet haben. Der Strang der Vertuschung ging fast bis in die Spitze (der konnte man selbst nichts nachweisen). Was schließen wir daraus? a) Hilfsorganisationen sind Scheiße. b) Die Leute sind zu feuern und die Kontrollen zu verbessern. |
So wenig wie man von der kath. Kirche unbedingt auf alle anderen Religionsgemeinschaften schließen kann, kann man von einer Hilfsorganisation, in der sich Mitarbeiter bereichern, auf alle anderen schließen. Aber dass andere Organisationen sauber sind, wäscht die schmutzige nicht rein. |
Das war nicht die Frage. Es geht darum, ob Fehlverhalten von Mitgliedern (und Amtsträgern) eine Leitidee diskreditiert.
Zitat: | Zitat: | Vielleicht ist die moralische Bewertung Konrads als eines Mörders ja auf den selben Grund zurückzuführen? Die Kirche hat kein Problem damit, ihre Wahrheit für ewig zu halten. Aber diese ewige Wahrheit der angeblichen Liebe zu den Menschen an historischen Beispielen nachzuprüfen, das soll nicht gehen? |
Zitat: | Wenn das magische Verständnis zuträfe, dann wäre das ja ein soziologisch-experimenteller Gottesbeweis. Denn mit rechten Dingen könnte das ja nicht zugehen! |
Zitat: | Dieses magische Verständnis ist nicht meines, sondern es wird von der Kirche kultiviert. |
Wo behauptet die Kirche, dass ein Mensch allein durch seine Taufe besser wird?
Zitat: | Und wenn es nicht funktioniert, gerade angesichts der kirchlichen Verbrechen der Geschichte, wird gerne von der Unzulänglichkeit der Menschen gejammert. Ja bringt das Christentum denn gar keine Verbesserung? Wozu soll es denn dann gut sein? |
Na, da schmeißt Du Christentum und Kirche schon mal in einen Topf.
Die Verbesserung des Christentums besteht in der Verbesserung des Gesellschaftsentwurfs und nicht in der Verbesserung konkreter Menschen.
Die Erfindung der Elektrizität hat die Menschen auch nicht besser oder glücklicher gemacht. Die Selbstmordrate hat sich seitdem nicht vermindert. Wofür soll sie dann gut sein?
Was eine blöde Fragestellung.
Zitat: | So leid es mir tut, aber die Genialität dieses Gesellschaftsentwurfs, der im Wesentlichen von geistiger Entmündigung und von Intoleranz geprägt ist, erschließt sich mir auch nach Lektüre Deiner Apologetik nicht. |
Ich habe bislang von einer geistigen Entmündigung nichts verspürt.
Als ich mit kundiger Begleitung durch eine Beuys-Ausstellung gegangen war, habe ich auch gesagt: "Tut mir leid, angesichts von Fettecken, Filz und Heftpflastern auf Badewannen erschließt sich mir trotz kundiger Apologetik die Kunsteigenschaft nicht".
Wie sagte schon Karl Kraus? "Wenn ein Buch und ein Kopf zusammenprallen, und es klingt hohl, so muss es nicht das Buch gewesen sein."
Es gibt halt Dinge, die sich erst erschließen, wenn man sich damit intensiver beschäftigt. Sagte damals auch meine Begleitung. |
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fingalo registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.09.2004 Beiträge: 337
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(#177891) Verfasst am: 12.09.2004, 09:32 Titel: |
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Zitat: | loki hat folgendes geschrieben: | fingalo hat folgendes geschrieben: | Und der christliche Gesellschaftsentwurf ist bislang die genialste kulturelle Leistung, die menschliche Gehirne in langer Entwicklung bislang hervorgebracht haben. |
Welchen Teil des christlichen Gesellschaftsentwurfes meinst Du denn genau damit - den von Gott abgeleiteten Herrschaftsanspruch Adeliger, die Underdrückung von Frauen, die Verfolgung von jedem, der anders ist ... ? |
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Kennst Du eine von der Kirche unterdrückte Frau und in welcher Weise wurde sie unterdrückt?
Welcher Adelige leitet seinen Herrschaftsanspruch von Gott ab?
Welcher Mensch, der anders ist, wird verfolgt?
Mach mal Butter bei die Fisch, und komm mal von deinem Stammtisch rüber!
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fingalo registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.09.2004 Beiträge: 337
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(#177892) Verfasst am: 12.09.2004, 09:36 Titel: |
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Zitat: | Na alles zusammen natürlich und einiges mehr. Die Einzelteile waren zuvor schon bekannt, aber so gut ud konsequent zusammengesetzt und erfolgreich betrieben in Europa haben das bisher nur das Christentum, ein Schüler des orthodoxen Seminars zu Tiflis und ein Katholik, der nach eigenen (und zutreffenden) Worten nix anderes machte als das Christentum seit 1500 Jahren, nur erfolgreicher.  |
Na, und ausgerechnet der hat das Christentum verstanden, weil er von sich behauptet, es genauso zu machen!
Du glaubst offenbar selbst jedem Schurken jeden Mist, wenn's nur in Dein Bild passt.
Alberner kann man kaum argumentieren.
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#177901) Verfasst am: 12.09.2004, 10:46 Titel: |
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fingalo hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Na alles zusammen natürlich und einiges mehr. Die Einzelteile waren zuvor schon bekannt, aber so gut ud konsequent zusammengesetzt und erfolgreich betrieben in Europa haben das bisher nur das Christentum, ein Schüler des orthodoxen Seminars zu Tiflis und ein Katholik, der nach eigenen (und zutreffenden) Worten nix anderes machte als das Christentum seit 1500 Jahren, nur erfolgreicher.  |
Na, und ausgerechnet der hat das Christentum verstanden, weil er von sich behauptet, es genauso zu machen!
Du glaubst offenbar selbst jedem Schurken jeden Mist, wenn's nur in Dein Bild passt.
Alberner kann man kaum argumentieren. |
Hitler hat meines Erachtens in der Tat die für ihn wesentlichen Elemente des real existierenden Christentums, nämlich die Herrschaftstechniken, erkannt. Daran ist überhaupt nichts albern, im Gegenteil.
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fingalo registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.09.2004 Beiträge: 337
Wohnort: Wiesbaden
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(#177905) Verfasst am: 12.09.2004, 11:11 Titel: |
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Zitat: |
Hitler hat meines Erachtens in der Tat die für ihn wesentlichen Elemente des real existierenden Christentums, nämlich die Herrschaftstechniken, erkannt. Daran ist überhaupt nichts albern, im Gegenteil. |
Um das zu beurteilen, müsstest Du sie selbst erkannt haben.
Aber es ist offensichtlich, dass Du außer Stammtischparolen nix drauf hast.
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#177910) Verfasst am: 12.09.2004, 11:26 Titel: |
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fingalo hat folgendes geschrieben: | Zitat: |
Hitler hat meines Erachtens in der Tat die für ihn wesentlichen Elemente des real existierenden Christentums, nämlich die Herrschaftstechniken, erkannt. Daran ist überhaupt nichts albern, im Gegenteil. |
Um das zu beurteilen, müsstest Du sie selbst erkannt haben.
Aber es ist offensichtlich, dass Du außer Stammtischparolen nix drauf hast. |
Dann scheinst Du mich ja erkannt zu haben.
Hast Du eigentlich noch was anderes drauf ausser adhominems ?
Die Herrschaftstechniken Hitlers habe ich tatsächlich nicht "erkannt". Sie wurden mir gelehrt. Meines Erachtens gut genug, um obiige Aussage treffen zu können. Wenn Du die Aussage argumentativ anzweifeltest, dann wäre das ok, wenn Du aber meinst, von fern ab mich charakterisieren zu können, dann wirft das ein bezeichnendes Licht darauf, worum es Dir offenbar geht. Nicht um Diskussion, sondern um recht behalten.
Das tust Du mit Mitteln, die übrigens genau dem "Bild", welches mir so gut "passt" entsprechen. So ein Zufall aber auch.
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Raphael auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 01.02.2004 Beiträge: 8362
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(#177912) Verfasst am: 12.09.2004, 11:35 Titel: |
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@ fingalo
Wenn es grundfalsch ist, den moralischen Anspruch einer Institution am Handeln der von ihr eingesetzten Amtsträger zu mesen, dann erübrigt sich jede weitere Diskussion, denn dann sind wir auf dem Niveau von "wenn das der Führer wüsste".
Ich glaube nicht, dass irgendein Bischof "zufällig" in die Kirche hineingeraten ist und dort "zufällig" Karriere gemacht hat.
Ja, das Fehlverhalten der Amtsträger und die Leitidee... Da sind wir schon wieder bei "wenn das der Führer wüsste". Das muss schon eine außergewöhnlich schwache Leitidee sein, wenn sie sich 2 000 Jahre lang ums Verrecken nicht gegen das Fehlverhalten der Amtsträgr durchsetzen kann.
Auf die Trennung von Christentum und Kirche habe ich nur noch gewartet. Alles Gute ist auf die christliche Lehre zurückzuführen, alles Böse auf die Kirche und ihre irrenden Diener. So einfach kann man sich's machen - darf man aber nicht. Wenn die Scheiterhaufen brannten, Andersgläubige verfolgt wurden, der Staat von der Kirche beherrscht wurde, die Kirche die Menschheit in Kriege hetzte - dann waren das alles nur Exzesse fehlbarer Kirchenführer - und wenn Gott auch nur ds geringste davon geahnt hätte, dann hätte er sofort eingegriffen und das alles abgestellt.
Ob Karl Krauss nun gerade auf die Bibel anspielen wollte? Ich jedenfalls habe in meiner Jugend die Bibel intensiv gelesen, und der Schock über dieses barbarische Buch und seine barbarische Religion wirkt bis heute nach. An dem Satz, man beginne die Bibel als Christ zu lesen und höre als Atheist damit auf, ist was Wahres.
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fingalo registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.09.2004 Beiträge: 337
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(#177915) Verfasst am: 12.09.2004, 11:49 Titel: |
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Zitat: | Zitat: | Um das zu beurteilen, müsstest Du sie selbst erkannt haben.
Aber es ist offensichtlich, dass Du außer Stammtischparolen nix drauf hast. |
Dann scheinst Du mich ja erkannt zu haben.
Hast Du eigentlich noch was anderes drauf ausser adhominems ?
Die Herrschaftstechniken Hitlers habe ich tatsächlich nicht "erkannt". |
Und die christlichen "Herrschaftstechniken"?
Die müsstest Du zum Vergleich ja auch erkannt haben.
Es gibt ein Argumentationsniveau, das so wenig von Sachkenntnis getrübt ist, dass man anders als ad hominem gar nicht erwidern kann.
Bislang hast Du ja außer pauschalen Werturteilen nichts gebracht.[/quote]
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fingalo registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.09.2004 Beiträge: 337
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(#177917) Verfasst am: 12.09.2004, 12:01 Titel: |
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Zitat: | [quote="Raphael"]@ fingalo
Wenn es grundfalsch ist, den moralischen Anspruch einer Institution am Handeln der von ihr eingesetzten Amtsträger zu mesen, dann erübrigt sich jede weitere Diskussion, denn dann sind wir auf dem Niveau von "wenn das der Führer wüsste". |
Keineswegs. Sondern man beurteilt die Ansprüche selbst, die eine Ideologie stellt.
Allerdings muss man sich dann in sie etwas einlesen. Da ist das Rauspicken von Versagern allerdings einfacher.
Zitat: | Ich glaube nicht, dass irgendein Bischof "zufällig" in die Kirche hineingeraten ist und dort "zufällig" Karriere gemacht hat. |
Es gibt da verschiedene Begriffe vom Zufall. Einmal: Ohne irgendeinen Grund oder Anlass (Lotterie), zum anderen aus der Sicht der Ideologie: Ohne Rechtfertigung aus deren Voraussetzungen.
Wenn man also sagt: König soll der Beste im Volke sein, dann ist die Einsetzung eines Königs auf Grund der Erbfolge "zufällig" nach dem Maßstab dieses Ideals. So wird dann trotz der Anforderung u.U. ein Schwachsinniger König. Das diskreditiert zwar die Erbmonarchie, aber nicht die Monarchie selbst.
Wenn also aus politischen Gründen ein Adeliger Bischof wird, ist dies aus der Sicht der Anforderungen an einen Bischof nicht begründbar und daher zufällig.
(Übrgens wird dieser Zufallsbegriff auch in der Evolutionstheorie verwendet)
Zitat: | Ja, das Fehlverhalten der Amtsträger und die Leitidee... Da sind wir schon wieder bei "wenn das der Führer wüsste". Das muss schon eine außergewöhnlich schwache Leitidee sein, wenn sie sich 2 000 Jahre lang ums Verrecken nicht gegen das Fehlverhalten der Amtsträgr durchsetzen kann. |
So so. Kann sie nicht? Wurde Krenn nicht kaltgestellt?
Zitat: | Auf die Trennung von Christentum und Kirche habe ich nur noch gewartet. Alles Gute ist auf die christliche Lehre zurückzuführen, alles Böse auf die Kirche und ihre irrenden Diener. So einfach kann man sich's machen - darf man aber nicht. |
Tja, die Kunst der Unterscheidung ist eben nicht jedem gegeben. Dann schwurbelt er eben frei herum.
Zitat: | Wenn die Scheiterhaufen brannten, Andersgläubige verfolgt wurden, der Staat von der Kirche beherrscht wurde, die Kirche die Menschheit in Kriege hetzte - dann waren das alles nur Exzesse fehlbarer Kirchenführer - und wenn Gott auch nur ds geringste davon geahnt hätte, dann hätte er sofort eingegriffen und das alles abgestellt. |
Woher weißt Du das? Hast Du ihn mal gefragt?
Zitat: | Ob Karl Krauss nun gerade auf die Bibel anspielen wollte? Ich jedenfalls habe in meiner Jugend die Bibel intensiv gelesen, und der Schock über dieses barbarische Buch und seine barbarische Religion wirkt bis heute nach. An dem Satz, man beginne die Bibel als Christ zu lesen und höre als Atheist damit auf, ist was Wahres. |
Klar, wenn man sie so liest, wie einen Störtebecker-Roman, dann kommt so was vor.
_________________ Ein Freigeist ist ein Mensch, dessen Geist frei von störenden Sachkenntnissen kreativ ein Weltbild erzeugt, welches er seinen Mitmenschen als Darstellung der Wirklichkeit vorstellt, die nur von bösen Mächten unterdrückt wird.
Ein guter Mensch ist ein Mensch, dessen niedere Motive noch nicht entlarvt sind.
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loki registrierter User
Anmeldungsdatum: 12.08.2004 Beiträge: 64
Wohnort: Midgard
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(#177941) Verfasst am: 12.09.2004, 13:44 Titel: |
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fingalo hat folgendes geschrieben: |
Kennst Du eine von der Kirche unterdrückte Frau und in welcher Weise wurde sie unterdrückt? |
Der christliche Gesellschaftsentwurf sieht die folgende Stellung von Frauen vor:
Bibel (Eph. 5;22-24) hat folgendes geschrieben: |
Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter wie dem Herrn; denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch Christus das Haupt der Kirche ist; er hat sie gerettet, denn sie ist sein Leib. Wie aber die Kirche sich Christus unterordnet, sollen sich die Frauen den Männern unterordnen. |
Um das zu widerlegen, könntest Du mir z.B. den Namen einer katholischen Bischöfin nennen
fingalo hat folgendes geschrieben: |
Welcher Adelige leitet seinen Herrschaftsanspruch von Gott ab? |
Wie war das gleich mit den deutschen Kaisern? Aber früher hat sich eigentlich jeder darauf berufen, der Macht hatte. In abgewandelter Weise wird diese Praxis auch heute noch von demokratisch gewählten Politikern fortgesetzt. Wirf doch mal einen Blick auf "Gods own Country".
fingalo hat folgendes geschrieben: |
Welcher Mensch, der anders ist, wird verfolgt? |
Hier sind mal ein paar christliche Leitlinien zum Umgang mit Andersdenkenden.
Bibel (Ps. 79;6) hat folgendes geschrieben: |
Gieß deinen Zorn aus über die Heiden, die dich nicht kennen, über jedes Reich, das deinen Namen nicht anruft. |
Bibel (Ps. 10;16) hat folgendes geschrieben: |
Der Herr ist König für immer und ewig, in seinem Land gehen die Heiden zugrunde. |
Bibel (Mk. 16;16) hat folgendes geschrieben: |
Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden. |
Andersartigen soll es aber auch nicht besser ergehen.
Bibel (Lev. 20;13) hat folgendes geschrieben: | Schläft einer mit einem Mann, wie man mit einer Frau schläft, dann haben sie eine Greueltat begangen; beide werden mit dem Tode bestraft; ihr Blut soll auf sie kommen. |
Ich denke, diese Zitate sprechen für sich. Sehr nette Lektüre ist auch die Offenbarung des Johannes.
fingalo hat folgendes geschrieben: |
Mach mal Butter bei die Fisch, und komm mal von deinem Stammtisch rüber! |
Sei froh, dass Du nicht an einem Stammtisch bist. Das könnte schmerzhaft werden.
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fingalo registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.09.2004 Beiträge: 337
Wohnort: Wiesbaden
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(#177954) Verfasst am: 12.09.2004, 14:21 Titel: |
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Zitat: | Zitat: | Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter wie dem Herrn; denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch Christus das Haupt der Kirche ist; er hat sie gerettet, denn sie ist sein Leib. Wie aber die Kirche sich Christus unterordnet, sollen sich die Frauen den Männern unterordnen. |
Um das zu widerlegen, könntest Du mir z.B. den Namen einer katholischen Bischöfin nennen  |
Das Zitat ist kein Teil eines Gesellschaftsentwurfs, sondern eine Mahnung an eine Gemeinde.
"Sauft nicht so viel!" ist auch kein Gesellschaftsentwurf.
Sind evangelische Bischöfinnen keine Christinnen, oder sind evangelen keine Christen?
Was hat die Voraussetzung für ein innerkirchliches Amt mit einem Gesellschaftsentwurf zu tun?
Zitat: | fingalo hat folgendes geschrieben: |
Welcher Adelige leitet seinen Herrschaftsanspruch von Gott ab? |
Wie war das gleich mit den deutschen Kaisern? |
Tja, Deutsch müßte man können. "leitet" ist Präsens.
Und zum Christlichen Gesellschaftsentwurf hatte ich bereits ausgeführt, dass an ihm über 2000 Jahre gebaut worden ist. Da gab's natürlich korrekturbedürftige Anbauten, die aber nicht den Kern betrafen. Darüber hat man sich z.B. schon im Investiturstreit auseinandergesetzt.
Zitat: | In abgewandelter Weise wird diese Praxis auch heute noch von demokratisch gewählten Politikern fortgesetzt. Wirf doch mal einen Blick auf "Gods own Country". |
Und das hat die Kirche auf ihre eigenen Fahnen geschrieben?
fingalo hat folgendes geschrieben: |
Welcher Mensch, der anders ist, wird verfolgt? |
Hier sind mal ein paar christliche Leitlinien zum Umgang mit Andersdenkenden.
Alttestamentarische Gebetsformeln gesnipt. Sie sind kein Gesellschaftsentwurf des Christentums.
Zitat: | Bibel (Mk. 16;16) hat folgendes geschrieben: |
Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden. |
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So was haben wir auch in der wehrthaften Demokratie.
Im übrigen: Wer nicht glaubt, dem kann doch die Drohung egal sein, oder?
Zitat: | Andersartigen soll es aber auch nicht besser ergehen.
Bibel (Lev. 20;13) hat folgendes geschrieben: | Schläft einer mit einem Mann, wie man mit einer Frau schläft, dann haben sie eine Greueltat begangen; beide werden mit dem Tode bestraft; ihr Blut soll auf sie kommen. |
Ich denke, diese Zitate sprechen für sich. |
Was Du da zitierst, betrifft die Gesellschaft Israels.
Zitat: | fingalo hat folgendes geschrieben: |
Mach mal Butter bei die Fisch, und komm mal von deinem Stammtisch rüber! |
Sei froh, dass Du nicht an einem Stammtisch bist. Das könnte schmerzhaft werden.  | [/quote]
Allerdings: Mir würde wahrscheinlich schlecht werden
_________________ Ein Freigeist ist ein Mensch, dessen Geist frei von störenden Sachkenntnissen kreativ ein Weltbild erzeugt, welches er seinen Mitmenschen als Darstellung der Wirklichkeit vorstellt, die nur von bösen Mächten unterdrückt wird.
Ein guter Mensch ist ein Mensch, dessen niedere Motive noch nicht entlarvt sind.
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Raphael auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 01.02.2004 Beiträge: 8362
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(#177960) Verfasst am: 12.09.2004, 14:41 Titel: |
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[quote="fingalo"] Zitat: | Raphael hat folgendes geschrieben: | @ fingalo
Wenn es grundfalsch ist, den moralischen Anspruch einer Institution am Handeln der von ihr eingesetzten Amtsträger zu mesen, dann erübrigt sich jede weitere Diskussion, denn dann sind wir auf dem Niveau von "wenn das der Führer wüsste". |
Keineswegs. Sondern man beurteilt die Ansprüche selbst, die eine Ideologie stellt.
Allerdings muss man sich dann in sie etwas einlesen. Da ist das Rauspicken von Versagern allerdings einfacher. |
Oh nein, das Rauspicken von Versagern ist weshalb so einfach, weil es ja kaum welche gibt, die nicht versagen. Welchen Bischofs Nächstenliebe ging so weit, weiter Schwangerschaftskonfliktberatung anzubieten? Welchen Bischofs Nächstenliebe ging so weit, sich in der Kristallnacht schützend vor eine Synagoge zu stellen? Welchen Bischofs Nächstenliebe ging so weit, der Eroberung und Ausplünderung Lateinamerikas Einhalt zu gebieten? - Wir können solche Fragen gerne noch und nöcher stellen...
Zitat: | Zitat: | Ich glaube nicht, dass irgendein Bischof "zufällig" in die Kirche hineingeraten ist und dort "zufällig" Karriere gemacht hat. |
Es gibt da verschiedene Begriffe vom Zufall. Einmal: Ohne irgendeinen Grund oder Anlass (Lotterie), zum anderen aus der Sicht der Ideologie: Ohne Rechtfertigung aus deren Voraussetzungen.
Wenn man also sagt: König soll der Beste im Volke sein, dann ist die Einsetzung eines Königs auf Grund der Erbfolge "zufällig" nach dem Maßstab dieses Ideals. So wird dann trotz der Anforderung u.U. ein Schwachsinniger König. Das diskreditiert zwar die Erbmonarchie, aber nicht die Monarchie selbst.
Wenn also aus politischen Gründen ein Adeliger Bischof wird, ist dies aus der Sicht der Anforderungen an einen Bischof nicht begründbar und daher zufällig.
(Übrgens wird dieser Zufallsbegriff auch in der Evolutionstheorie verwendet) |
Wenn man natürlich so daherschwurbelt... Ich dachte immer, Bischof wird man, weil man sich im Laufe seiner innerkirchlichen Karriere so stromlinienförmig ins System eingegliedert hat, dass der Vatikan einen als zuverlässigen Vasallen annimmt.
Zitat: | Zitat: | Ja, das Fehlverhalten der Amtsträger und die Leitidee... Da sind wir schon wieder bei "wenn das der Führer wüsste". Das muss schon eine außergewöhnlich schwache Leitidee sein, wenn sie sich 2 000 Jahre lang ums Verrecken nicht gegen das Fehlverhalten der Amtsträgr durchsetzen kann. |
So so. Kann sie nicht? Wurde Krenn nicht kaltgestellt? |
Wurden die Nazi-Bischöfe kaltgestellt? Wurden die Inquisitoren kaltgestellt? Wurden die lateinamerikanischen Militärdikatorenbischöfe kaltgestellt? Auch diese Fragen können wir beliebig ergänzen. Krenn ist nun wirklich das dümmste Beispiel, denn seine Verfehlung besteht nicht etwa in schweren Verbrechen, sondern darin, eine Sexseilschaft geduldet zu haben - wahrlich, das ist im Gegensatz zu Mord und Raub eine Sünde, die die Kirche nicht toleriert.
Zitat: | Zitat: | Auf die Trennung von Christentum und Kirche habe ich nur noch gewartet. Alles Gute ist auf die christliche Lehre zurückzuführen, alles Böse auf die Kirche und ihre irrenden Diener. So einfach kann man sich's machen - darf man aber nicht. |
Tja, die Kunst der Unterscheidung ist eben nicht jedem gegeben. Dann schwurbelt er eben frei herum. |
Klar, man muss immer unterscheiden. Der Kommunismus ist ja auch eine Supersache, nur die Kommunisten sind Schurken.
Zitat: | Zitat: | Wenn die Scheiterhaufen brannten, Andersgläubige verfolgt wurden, der Staat von der Kirche beherrscht wurde, die Kirche die Menschheit in Kriege hetzte - dann waren das alles nur Exzesse fehlbarer Kirchenführer - und wenn Gott auch nur ds geringste davon geahnt hätte, dann hätte er sofort eingegriffen und das alles abgestellt. |
Woher weißt Du das? Hast Du ihn mal gefragt? |
Jetzt kann ich auf zwei Arten antworten: Entweder ich kann sagen, eine Romanfigur kann man nichts fragen. Oder ich kann sagen, wenn auch nur die Möglichkeit besteht, dass Gott, wenn er denn je von den Verbrechen seiner Kirche erfahren, diese nicht gestoppt hätte, dann wäre er selbst ein Massenmörder durch Nichtstun.
Zitat: | Zitat: | Ob Karl Krauss nun gerade auf die Bibel anspielen wollte? Ich jedenfalls habe in meiner Jugend die Bibel intensiv gelesen, und der Schock über dieses barbarische Buch und seine barbarische Religion wirkt bis heute nach. An dem Satz, man beginne die Bibel als Christ zu lesen und höre als Atheist damit auf, ist was Wahres. |
Klar, wenn man sie so liest, wie einen Störtebecker-Roman, dann kommt so was vor. |
Ich weiß nicht, wie Du Bücher liest. Ich lese, was da steht. Und was in der Bibel steht, ist eine Aneinanderreihung aller Verbrechen, die man sich vorstellen kann, und zwar als Handlungsanleitung für die Gläubigen. Wer ihr folgt, landet schnell lebenslang im Gefängnis.
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Nergal dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 11433
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(#177962) Verfasst am: 12.09.2004, 14:47 Titel: |
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Diese Elisabeth erinnert mich ein wenig an den Typen der mal, ich denke es war in "Oben ohne" von Deschner angeführt wird.
Ein Möch der mit 22 starb, vor dem Schlafengehen verschiedene Abschnitte seines Bettes unter den Schutz von Heiligen stellte und sich ziemlich oft geiselte, arme Schweine.
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Raphael auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 01.02.2004 Beiträge: 8362
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(#177963) Verfasst am: 12.09.2004, 14:47 Titel: |
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fingalo hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Zitat: | Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter wie dem Herrn; denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch Christus das Haupt der Kirche ist; er hat sie gerettet, denn sie ist sein Leib. Wie aber die Kirche sich Christus unterordnet, sollen sich die Frauen den Männern unterordnen. |
Um das zu widerlegen, könntest Du mir z.B. den Namen einer katholischen Bischöfin nennen  |
Das Zitat ist kein Teil eines Gesellschaftsentwurfs, sondern eine Mahnung an eine Gemeinde.
"Sauft nicht so viel!" ist auch kein Gesellschaftsentwurf.
Sind evangelische Bischöfinnen keine Christinnen, oder sind evangelen keine Christen?
Was hat die Voraussetzung für ein innerkirchliches Amt mit einem Gesellschaftsentwurf zu tun?
Zitat: | fingalo hat folgendes geschrieben: |
Welcher Adelige leitet seinen Herrschaftsanspruch von Gott ab? |
Wie war das gleich mit den deutschen Kaisern? |
Tja, Deutsch müßte man können. "leitet" ist Präsens.
Und zum Christlichen Gesellschaftsentwurf hatte ich bereits ausgeführt, dass an ihm über 2000 Jahre gebaut worden ist. Da gab's natürlich korrekturbedürftige Anbauten, die aber nicht den Kern betrafen. Darüber hat man sich z.B. schon im Investiturstreit auseinandergesetzt.
Zitat: | In abgewandelter Weise wird diese Praxis auch heute noch von demokratisch gewählten Politikern fortgesetzt. Wirf doch mal einen Blick auf "Gods own Country". |
Und das hat die Kirche auf ihre eigenen Fahnen geschrieben?
fingalo hat folgendes geschrieben: |
Welcher Mensch, der anders ist, wird verfolgt? |
Hier sind mal ein paar christliche Leitlinien zum Umgang mit Andersdenkenden.
Alttestamentarische Gebetsformeln gesnipt. Sie sind kein Gesellschaftsentwurf des Christentums.
Zitat: | Bibel (Mk. 16;16) hat folgendes geschrieben: |
Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden. |
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So was haben wir auch in der wehrthaften Demokratie.
Im übrigen: Wer nicht glaubt, dem kann doch die Drohung egal sein, oder?
Zitat: | Andersartigen soll es aber auch nicht besser ergehen.
Bibel (Lev. 20;13) hat folgendes geschrieben: | Schläft einer mit einem Mann, wie man mit einer Frau schläft, dann haben sie eine Greueltat begangen; beide werden mit dem Tode bestraft; ihr Blut soll auf sie kommen. |
Ich denke, diese Zitate sprechen für sich. |
Was Du da zitierst, betrifft die Gesellschaft Israels.
Zitat: | fingalo hat folgendes geschrieben: |
Mach mal Butter bei die Fisch, und komm mal von deinem Stammtisch rüber! |
Sei froh, dass Du nicht an einem Stammtisch bist. Das könnte schmerzhaft werden.  |
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Allerdings: Mir würde wahrscheinlich schlecht werden [/quote]
Ja wenn Du jedes Bibelzitat ausklammerst oder gegen den Wortlaut deutest, woher leitet (Präsens!) sich denn dann Dein christlicher Gesellschaftsentwurf konkret ab, und was sind seine Inhalte?
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Sokrateer souverän
Anmeldungsdatum: 05.09.2003 Beiträge: 11649
Wohnort: Wien
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(#177967) Verfasst am: 12.09.2004, 14:56 Titel: |
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@fingalo:
Du verwechselst da zwei unterschiedliche Fragestellungen. Es geht nicht um die Frage, ob Konrad für seine Zeit ein guter, oder ein grausamer Mensch war. Obwohl, diese Frage können wir ja leicht beantworten, schließlich wurde er ja wegen seiner Grausamkeit erschlagen. Diese Frage verlangt es in der Tat ihn mit seiner Epoche zu vergleichen und nicht mit der unsrigen. Das ist mir schon klar. Wenn du dich der Suchfunktion befleißigtest, könntest du sogar sehen, dass ich hier schon mehrmals darauf hingewiesen habe.
Darum geht es aber nicht. Es geht um die Frage, ob Elisabeth ein Opfer war, ob sie selbsttändig war, ob er ein Realsadist war und ob man seinen Zeugenaussagen glauben schenken kann.
Um diese Frage zu beantworten, müssen wir nun mal die besten Maßstäbe anlegen, die wir haben, also die heutigen. Heutzutage würde ein Gericht ihm und auch ihr keinen Glauben schenken, er würde verurteilt und sie käme wohl in Behandlung. Das hat nichts mit Willkür unserer Zeit zu tun, sondern damit, dass sie nun mal ein höriges Opfer war und seine Aussagen unglaubwürdig sind und zwar heute wie damals.
Wenn man auf das Material eines alten Historikers zurückgreift, dann wird die Glaubwürdigkeit des Materials ja auch nicht daran gemessen, ob der Historiker in seiner Zeit für einen guten Historiker gehalten wurde, sondern man beurteilt seine Methodik anhand der heutigen Vorgehensweise. Die Aussagen von Tacitus über Nero werden heutzutage ja auch nicht mehr richtig ernst genommen, weil Tacitus ein Gegner Neros war. Die Tatsache, dass er damals und lange Zeit danach für guten einen Historiker gehalten wurde, bedeutet nicht, dass wir seine Aussagen über Nero ernst nehmen müssen.
fingalo hat folgendes geschrieben: |
Das sogenannte Stockholm-Syndrom hat ganz spezifische Voraussetzungen, für die es bei Elisabeth keine Anhaltspunkte gibt. |
Wie wär's mit dem Battered-Wife-Syndrome? Die gleichen Mechanismen werden schon dahinter stehen. Nur weil du nichts anderes als das Stockholm-Syndrom kennst, heißt das nicht, das es das nicht gibt. Wie würdest du intuitiv in so einer Situation heute Urteilen? Was, wenn die beiden keine frommen Katholiken, sondern Moslems gewesen wären? Ein Moslems peitscht eine Schutzbefohlene Frau regelmäßig blutig. Würdest du sie für selbstständig, ihn für einen glaubwürdigen Zeugen und sie nicht für ein Opfer halten?
In den USA gab es in den 70ern einen Fall in dem ein Ehepaar eine Frau versklavte. Zuerst kidnappten sie die Frau. Nach einiger Zeit willigte sie aber ihrer eigenen Versklavung ein und unterschrieb das sogar einen Vertrag. Als sie nach sieben Jahren freigelassen wurde, ging sie zu ihren Eltern, die sie die ganze Zeit vermissten, und erzählte erst einmal gar nichts. Als sie nach zwei Jahren mit der Sprache rauskam wollte sie keine Anzeige erstellen. Die Eltern zeigten die Täter an. Das Opfer aber verteidigte ihre ehemaligen Sklavenhalter! Wie würdest du urteilen? Freispruch für die Sklavenhalter. Ist das Opfer selbsständig? Angenommen die Sklavenhalter wären die letzten gewesen, die sie vor ihrem Tod sahen, wären ihre Aussagen über die letzten Worte des Opfers glaubwürdig? Sind Dokumente, die das Opfer während dieser Zeit unterschrieben hat gültig?
Und bevor du mir jetzt damit kommst, dass Elisabeth nicht gekidnappt wurde, dann kann ich dir gleich entgegnen, dass das gar nicht nötig ist. Es reicht die Bestrafungen langsam zu erhöhen. Anfangen kann das mit einem einfachen Rosenkranzbeten. Er war ja ihr Beichtvater, oder nicht? In einer gewaltätigen Beziehung sieht das auch so aus. Es ist nicht so, dass ein netter Mann urplötzlich anfängt seine Frau zu prügeln, sondern das hat eine lange Vorgeschichte angefangen mit verbaler Demütigung, festhalten, stoßen, usw. Verprügeln kommt dann erst ganz m Ende. Durch eine Schrittweise Intensitätserhöhung gewöhnt sich das Opfer daran. So läuft das jedenfalls üblicherweise ab.
fingalo hat folgendes geschrieben: |
Das ist ein alter Hut. Aber sie sind trotzdem wertvolle Quellen.
Es gibt nicht nur bei Deinem Umfeld, sondern bei Dir selbst das unausrottbare Vorurteil, es handele sich bei den früheren Geschichtserzählungen (vom AT bis zu den Heiligenviten des Spätmittelaöters und der frühen Neuzeit) um historische Berichte. |
Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Ich habe nicht geschrieben, dass hier in Wien und Österreich die Torah für einen historischen Bericht gehalten wird, sondern vielmehr, dass geglaubt wird, dass ein gewisser Moses sie geschrieben hat. Von den Aussagen der Bibel selbst hält Österreich wenig. Nur 25% glaubt zum Beispiel an den Hokuspokus mit der Auferstehung.
Aber Moses und Jesus werden für historische Persönlichkeiten gehalten. Sie werden halt mit den heutigen Religionsgründern und Sektenführern verglichen. Stichwort: "Heute würde man Jesus in die geschlossene einweisen."
Dieser Glaube ist problemlos auszurotten, wenn das nur im Religionsunterricht erklärt, oder im Geschichteunterricht nicht ausgeklammert würde. Aber für Geschichte ist alles, was mit Religion zu tun hat, tabu. Da wird den Kindern allerhand über Ägypten oder Babylonien erklärt, aber die Gegend um Israel bleibt ausgeklammert.
Ein bis zwei Fernsehdokumentationen würden diesem Irrglauben auch den Gar ausmachen. Aber stattdessen kommt jedes Jahr der gleiche Film über Moses mit Charlton Heston, indem Moses als weiser Staatengründer dargestellt wird, anstatt wenigstens als blutrünstiger Völkermörder, so wie ihn das AT beschreibt.
Ich könnte mich nur an eine Fernsehdokumentation von Arte über den historischen Jesus in mehreren Teilen erinnern. Da kam wenigstens ein Atheist zu Wort, nähmlich John Allegro glaube ich. Der hat festgestellt, dass sich diese Geschichte ganz einfach nicht zugetragen haben kann.
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#177969) Verfasst am: 12.09.2004, 14:59 Titel: |
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fingalo hat folgendes geschrieben: |
Und die christlichen "Herrschaftstechniken"?
Die müsstest Du zum Vergleich ja auch erkannt haben. |
Natürlich. Hab ich. Sogar ohne Hilfe von Dozenten. Für so was augenscheinliches reicht sogar mein begrenzter Intellekt.
Zitat: | Es gibt ein Argumentationsniveau, das so wenig von Sachkenntnis getrübt ist, dass man anders als ad hominem gar nicht erwidern kann.
Bislang hast Du ja außer pauschalen Werturteilen nichts gebracht. |
Wenn Du Dein pauschales Werturteil, die christliche Gesellschaftsordnung sei die genialste wo gibt nach x-maligem Nachfragen etwas ausfüllen würdest, dann würde ich es vielleicht auch fortsetzen, was über christliche Herrschaftstechniken zu sagen. Solange Du Antworten schuldig bleibst, werde ich die Auseiandersetzung nicht auffächern.
Denn dass ich die Techniken, den Gegner in seiner Person niederzumachen/ argumentativ geführte Konfliktlösungen zu vermeiden dazuzähle, erwähnte ich ja bereits.
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