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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44683
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(#1784342) Verfasst am: 24.09.2012, 21:59 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Obwohl also das Sollen wie auch das Wollen aus dem Sein "folgt" [...] |
Du hast aber nicht gezeigt, dass das Sollen aus dem Sein folgt, sondern du hast nur dargelegt, wie ein Sein aus einem anderen folgen könnte. Ob das tatsächlich so abläuft, ist eine empirische Frage.
Wie ein Sollen aus einem Sein folgt, ist hingegen keine empirische Frage, weil das schon wieder eine petitio principii wäre.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1784350) Verfasst am: 24.09.2012, 22:05 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Obwohl also das Sollen wie auch das Wollen aus dem Sein "folgt" [...] | Du hast aber nicht gezeigt, dass das Sollen aus dem Sein folgt, sondern du hast nur dargelegt, wie ein Sein aus einem anderen folgen könnte. Ob das tatsächlich so abläuft, ist eine empirische Frage.
Wie ein Sollen aus einem Sein folgt, ist hingegen keine empirische Frage, weil das schon wieder eine petitio principii wäre. |
Hmm ... doch, das ist eine empirische Frage, ohne petito principii. Ich mache aber tatsächlich eine stillschweigende Voraussetzung bzw. Definition: "Sollen" bedeutet bei mir das, was der Mensch als gut/böse empfindet.
Wenn ich im Gegenteil unter "Sollen" etwas Höheres verstehen würde, wäre DAS eine petitio pincipii.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44683
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(#1784354) Verfasst am: 24.09.2012, 22:08 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Ich mache aber tatsächlich eine stillschweigende Voraussetzung bzw. Definition: "Sollen" bedeutet bei mir das, was der Mensch als gut/böse empfindet. |
Nein, "sollen" ist das, was der Mensch als gut/böse empfinden soll. Du beweist eine Verbindung vom Sein zum Sollen nicht dadurch, dass du sie voraussetzt.
step hat folgendes geschrieben: | Wenn ich im Gegenteil unter "Sollen" etwas Höheres verstehen würde, wäre DAS eine petitio pincipii. |
Nichts Höheres. Etwas Anderes. Die Ableitung des Sollens aus einem höheren Sein wäre ja genau der selbe Fehlschluss.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Catholikx auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 17.08.2012 Beiträge: 656
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(#1784365) Verfasst am: 24.09.2012, 22:22 Titel: |
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Vobro hat folgendes geschrieben: |
...
Alles, was als "gut" oder "böse" betrachtet wird, unterliegt zeitlichen und kulturellen Bedingtheiten, ist also prinzipiell jederzeit in der (moralischen) Bewertung veränderbar.
.... |
Ist es gut oder schlecht, einen unschuldigen Menschen direkt (also wissent- und willentlich) zu töten.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
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(#1784370) Verfasst am: 24.09.2012, 22:26 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ich mache aber tatsächlich eine stillschweigende Voraussetzung bzw. Definition: "Sollen" bedeutet bei mir das, was der Mensch als gut/böse empfindet. | Nein, "sollen" ist das, was der Mensch als gut/böse empfinden soll. |
Meines Erachtens setzt Du da schon zu viel voraus: Etwas, das der Mensch als gut/böse empfinden soll, setzt doch voraus, daß dies von jemand intendiert wird. Wenn Du "Sollen" so definierst, muß ich, wenn ich die intentionslose Natur für die Ursache der Gut/Böse Urteile halte, iene Existenz eines "Sollens" ganz verneinen. Letzteres finde ich aber irreführend, da in Einzelfällen ein solches Sollen ja offensichtlich gegeben ist, z.B. bei Gesetzen, die ja tatsächlich Intentionen widerspiegeln.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
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(#1784372) Verfasst am: 24.09.2012, 22:29 Titel: |
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Catholikx hat folgendes geschrieben: | Ist es gut oder schlecht, einen unschuldigen Menschen direkt (also wissent- und willentlich) zu töten. |
Sogar das kommt auf die Kultur an. Eine Kannibalengesellschaft etwa kann hochmoralisch sein.
Und was unschuldig ist, ist darüberhinaus extrem kulturabhängig.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44683
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(#1784376) Verfasst am: 24.09.2012, 22:45 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Meines Erachtens setzt Du da schon zu viel voraus: Etwas, das der Mensch als gut/böse empfinden soll, setzt doch voraus, daß dies von jemand intendiert wird. |
Nein, eben nicht. Daraus, dass jemand (und sei es auch Gott selbst) es intendiert, dass der Mensch etwas Bestimmtes als gut oder böse empfinden soll, folgt nicht, dass er es soll.
step hat folgendes geschrieben: | Letzteres finde ich aber irreführend, da in Einzelfällen ein solches Sollen ja offensichtlich gegeben ist, z.B. bei Gesetzen, die ja tatsächlich Intentionen widerspiegeln. |
Was für Gesetze meinst du denn? Strafgesetze z.B. legen fest, wie bestimmte Taten im Falle einer Verurteilung bestraft werden.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1784384) Verfasst am: 24.09.2012, 23:13 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Daraus, dass jemand (und sei es auch Gott selbst) es intendiert, dass der Mensch etwas Bestimmtes als gut oder böse empfinden soll, folgt eben nicht, dass er es soll. |
So umgedreht gilt es natürlich nicht, denn ...
- es könnte mehere sich widersprechende Auftraggeber geben
- die Intention könnte nicht kommuniziert worden sein
Der Punkt war vielmehr, daß Du das Sollen nicht wie ich an der Empfindung des Sollens (dem moralischen Empfinden) festmachst, sondern am "Sollen der moralischen Empfindung" (siehe Deine Definition oben). Daraus würde ein Auftraggeber folgen, wenn es nicht sogar zirkulär ist.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | ... da in Einzelfällen ein solches Sollen ja offensichtlich gegeben ist, z.B. bei Gesetzen, die ja tatsächlich Intentionen widerspiegeln. | Was für Gesetze meinst du denn? Strafgesetze z.B. legen fest, wie bestimmte Taten im Falle einer Verurteilung bestraft werden. |
Gesetze sagen nicht nur etwas über Strafen, sondern über erwünschtes und unerwünschtes Verhalten. Und selbst Strafgesetze haben ja nicht nur einen vergeltenden, sondern auch einen abschreckend-intentionalen Aspekt.
Aber gut, sagen wir allgemeiner "Regeln". Zum Beispiel ein Parkverbotsschild oder Umgangsregeln, die im Klassenzimmer aushängen. Oder wenn Eltern Kindern moralisch lehrreiche Bücher vorlesen.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1784385) Verfasst am: 24.09.2012, 23:16 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Meines Erachtens setzt Du da schon zu viel voraus: Etwas, das der Mensch als gut/böse empfinden soll, setzt doch voraus, daß dies von jemand intendiert wird. |
Nein, eben nicht. Daraus, dass jemand (und sei es auch Gott selbst) es intendiert, dass der Mensch etwas Bestimmtes als gut oder böse empfinden soll, folgt nicht, dass er es soll. |
Na doch, nur dass dieser jemand eben keine (oder nur selten eine) Einzelperson sondern die dominante Gruppe in der jeweiligen Gesellschaft ist. Diese bestimmt die Moral. Das fängt im kleinen, in den Cliquen der Kinder und Jugendlichen an und reicht bis in die Staatengemeinschaften hinein.
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1784386) Verfasst am: 24.09.2012, 23:20 Titel: |
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Nachtrag zur bedeutung von "sollen":
Zitat: | Das Modalverb sollen drückt einen Auftrag an das Subjekt aus:
Ich soll den Müll noch rausbringen. = Ich habe den Auftrag, den Müll rauszubringen.
Die Kinder sollten im Haus bleiben. = Die Kinder hatten den Auftrag, im Haus zu bleiben.
Der Mensch soll seinen Nächsten lieben wie sich selbst. = Der Mensch hat den Auftrag, seinen Nächsten zu lieben wie sich selbst.
Der „Auftraggeber“ ist meist eine Person oder eine Instanz. Die Instanz kann zum Beispiel auch ein Gesetz oder eine göttliche Macht sein. |
http://www.canoo.net/services/OnlineGrammar/Wort/Verb/VollHilfModal/sollen.html
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44683
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(#1784388) Verfasst am: 24.09.2012, 23:22 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Der Punkt war vielmehr, daß Du das Sollen nicht wie ich an der Empfindung des Sollens (dem moralischen Empfinden) festmachst, sondern am "Sollen der moralischen Empfindung" (siehe Deine Definition oben). Daraus würde ein Auftraggeber folgen, wenn es nicht sogar zirkulär ist. |
Ich habe das Sollen nicht an einem Sollen festgemacht, sondern ich habe (übrigens als Antwort auf eine Äußerung von dir) geschrieben, dass das Sollen ein Sollen ist. Und das ist nicht zirkulär, sondern "bloß" tautologisch.
step hat folgendes geschrieben: | Gesetze sagen nicht nur etwas über Strafen, sondern über erwünschtes und unerwünschtes Verhalten. |
Von mir aus. Aber auch daraus, dass jemand ein Verhalten wünscht, folgt auch noch nicht, dass man seinem Wunsch Folge leisten soll.
step hat folgendes geschrieben: | Oder wenn Eltern Kindern moralisch lehrreiche Bücher vorlesen. |
Die Frage ist doch, was ein Buch zu einem moralisch lehrreichen Buch macht.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1784389) Verfasst am: 24.09.2012, 23:29 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Aber auch daraus, dass jemand ein Verhalten wünscht, folgt auch nicht, dass man seinem Wunsch Folge leisten soll. |
Doch, nach meinem Verständnis schon.
"Meine Mutter wünscht, daß ich den Müll rausbringe" = "ich habe den Auftrag / ich soll den Müll rausbringen", aber nicht unbedingt "ich möchte / werde den Müll rausbringen".
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Oder wenn Eltern Kindern moralisch lehrreiche Bücher vorlesen. | Die Frage ist doch, was ein Buch zu einem moralisch lehrreichen Buch macht. |
Na eben die Intention des Verfassers und der direkte oder indirekte Apell, sich ihr gemäß zu verhalten.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Vobro Privatnachdenker
Anmeldungsdatum: 10.11.2011 Beiträge: 1024
Wohnort: Wuppertal
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(#1784391) Verfasst am: 24.09.2012, 23:36 Titel: |
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Catholikx hat folgendes geschrieben: | Vobro hat folgendes geschrieben: |
...
Alles, was als "gut" oder "böse" betrachtet wird, unterliegt zeitlichen und kulturellen Bedingtheiten, ist also prinzipiell jederzeit in der (moralischen) Bewertung veränderbar.
.... |
Ist es gut oder schlecht, einen unschuldigen Menschen direkt (also wissent- und willentlich) zu töten. |
Diese Frage erstaunt mich etwas, man braucht doch lediglich in die Geschichte schauen. Während der Nazizeit etwa war vieles, was uns heute als moralisch verwerflich erscheint, geradezu der Ausdruck befohlener und kollektiv in großem Stile gepflegter Moral, von der Denunziation bis zur Vernichtung von Menschen.
Oder man denke an die in vielen Ländern noch ausgeübte Todesstrafe, da gibt es doch ganz offensichtlich bis heute kulturell sehr unterschiedliche Vorstellungen vom dem, was als moralisch richtig oder wenigstens vertretbar betrachtet wird.
Und da die Frage von einem Katholiken kommt, man schaue einfach in die Bibel, wo einerseits im Dekalog geschrieben steht, man solle nicht töten, dann aber im Mosaischen Gesetz auf gleich mehrere Handlungen ausdrücklich die Todesstrafe angeordnet wird. Selbst also in der vermeintlich "heiligen" Schrift, die ja Gottes Wort darstellen soll, gibt es keinerlei einheitlichen Moralkodex.
Ich denke auch, daß man mit dem Begriff der Moral nicht weit kommt, weshalb jeder sich aus meiner Sicht selber die Aufgabe stellen sollte, eigene ethische Vorstellungen zu entwickeln, nach denen man leben möchte. Gewiß bewegn wir uns in enem gewissen vorgegebnen Rahmen moralischer und ethischer Normen, aber eine persönliche Ethik zu entwickeln, z.B. in der Frage, ob man Tiere tötet oder töten läßt, um sich von ihnen zu ernähren, geht weit darüber hinaus.
Und da gibt es durchaus objektive Merkmale, da ein Schwein oder ein Rind, ein Kaninchen oder ein Huhn, unbezweifelbar zu Schmerzempfindungen fähig sind und es sicher im Sinne Albert Schweitzers Leben ist, das leben will - genauso wie wir Menschen auch.
_________________ "Es gibt so stumpfsinnige Menschen, dass jeder Gedanke, der auf der Oberfläche ihres Gehirns aufginge, sogleich aus Einsamkeit Selbstmord begehen würde." - Emile Cioran
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1784397) Verfasst am: 24.09.2012, 23:50 Titel: |
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Vobro hat folgendes geschrieben: | Und da gibt es durchaus objektive Merkmale, da ein Schwein oder ein Rind, ein Kaninchen oder ein Huhn, unbezweifelbar zu Schmerzempfindungen fähig sind und es sicher im Sinne Albert Schweitzers Leben ist, das leben will - genauso wie wir Menschen auch. |
Genau so ist es.
Objektive Moral hat nichts mit Gesetzen zu tun, wie sie eine Gesellschaft setzt.
Vielmehr muss Moral, wenn sie objektive Eigenschaften haben soll, Wahrheit über Subjektivität enthalten und kann dann wie alle Wahrheiten Objektivitätsanspruch erheben, sofern besagte Wahrheit beweisbar plus bewiesen ist.
Im übrigen haben wir ja hier im FGH bereits über den amerikanischen Philosophen und Neurowissenschaftler Sam Harris diskutiert:
_________________ °
K.I.Z - Frieden
Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video
Informationsstelle Militarisierung e.V.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44683
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(#1784420) Verfasst am: 25.09.2012, 05:09 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Doch, nach meinem Verständnis schon. |
Daraus, dass jemand sich wünscht, dass du ein paar Frauen und kleine Kinder umbringst, folgt, dass du das tun sollst?
Wenn mir jemand einen Befehl gibt, kann man das natürlich auch ein "Sollen" nennen, aber daraus, dass mir ein Befehl gegeben wird, folgt nicht, dass es richtig ist, ihn zu befolgen.
step hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Die Frage ist doch, was ein Buch zu einem moralisch lehrreichen Buch macht. |
Na eben die Intention des Verfassers und der direkte oder indirekte Apell, sich ihr gemäß zu verhalten. |
Nach der Definition wäre auch Hitlers "Mein Kampf" ein moralisch lehrreiches Buch. Ist es aber nicht, jedenfalls nicht in dem Sinne, der hier zur Debatte steht.
Die Intention eines Autors alleine macht ein Buch genausowenig zu einer moralisch lehrreichen Schrift wie z.B. zu einer wissenschaftlichen Arbeit.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1784437) Verfasst am: 25.09.2012, 09:23 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Wenn mir jemand einen Befehl gibt, kann man das natürlich auch ein "Sollen" nennen, aber daraus, dass mir ein Befehl gegeben wird, folgt nicht, dass es richtig ist, ihn zu befolgen. |
Es kann sein, daß ich mich in einer widersprüchlichen Auftragslage befinde, z.B. soll ich den Müll rausbringen (Mutters Auftrag) und ich soll aber auch meiner Tochter bei Mathe helfen (Tochters Auftrag). Oder ein Soldat soll jemand erschießen (Befehl des Vorgesetzten), gleichzeitig hat er aber einen Auftrag seines Religionsgründers und seiner Erzieher, niemanden zu töten. Letztlich hast Du immer nur solche - evtl. widersprüchlichen - Aufträge. Wenn Du von einem wahren"richtig" schreibst, setzt Du damit quasi einen Joker-Auftrag voraus.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Die Frage ist doch, was ein Buch zu einem moralisch lehrreichen Buch macht. | Na eben die Intention des Verfassers und der direkte oder indirekte Apell, sich ihr gemäß zu verhalten. | Nach der Definition wäre auch Hitlers "Mein Kampf" ein moralisch lehrreiches Buch. |
Langsam häufen sich Deine Kindstötungen und Nazikeulen, geht's auch ne Nummer kleiner?
"Mein Kampf" ist in der Tat ein Buch, das in Teilen moralisch belehrend daherkommt. Auch eine islamistische Haßpredigt, die die westliche Lebensweise verdammt und zu ihrer Bekämpfung aufruft, ist aus funktionaler Sicht moralisch belehrend. Es geht wohlgemerkt nicht darum, ob Du diese Moral gut findest oder ob sie hier und heute populär ist. Und ob z.B. ein Kinderbuch die Botschaft transportiert, daß Bescheidenheit gut ist, oder die, daß man sich durchsetzen soll, spielt keine Rolle für die Frage, ob es moralisch belehrend ist.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44683
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(#1784440) Verfasst am: 25.09.2012, 09:42 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Letztlich hast Du immer nur solche - evtl. widersprüchlichen - Aufträge. Wenn Du von einem wahren "richtig" schreibst, setzt Du damit quasi einen Joker-Auftrag voraus. |
Daraus, dass dir jemand einen Auftrag gibt, folgt aber eben nicht, dass es auch richtig ist, ihn zu befolgen. Nicht nur bei manchen Aufträgen nicht, sondern überhaupt nicht. Ein Joker-Auftrag ist eben gerade eine Voraussetzung, die ich zurückweise.
step hat folgendes geschrieben: | "Mein Kampf" ist in der Tat ein Buch, das in Teilen moralisch belehrend daherkommt. |
Ich weiss. Ein belehrender Ton ist aber eben nicht das selbe wie ein tatsächlich moralisch lehrreicher Inhalt. Die beiden können sogar miteinander in Konflikt geraten, auch dafür gibt es Beispiele.
step hat folgendes geschrieben: | Und ob z.B. ein Kinderbuch die Botschaft transportiert, daß Bescheidenheit gut ist, oder die, daß man sich durchsetzen soll, spielt keine Rolle für die Frage, ob es moralisch belehrend ist. |
Nein, aber der Punkt war hier der, dass ein belehrender Ton keine Rolle für die Frage spielt, ob das Buch tatsächlich lehrreich ist oder nicht.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1784454) Verfasst am: 25.09.2012, 10:49 Titel: |
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Und woher kommt nun dein Wissen um Gut und Böse bzw. Richtig und Falsch? Wenn es nicht durch einen Joker-Auftrag kommt, dann sicher von etwas anderem. Was ist dieses andere?
Edit: @Tarvoc
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
Zuletzt bearbeitet von Tom der Dino am 25.09.2012, 10:51, insgesamt einmal bearbeitet |
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1784457) Verfasst am: 25.09.2012, 10:53 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Und woher kommt nun dein Wissen um Gut und Böse bzw. Richtig und Falsch? Wenn es nicht durch einen Joker-Auftrag kommt, dann sicher von etwas anderem. Was ist dieses andere? |
Na, dann guck doch mal bei Sam Harris! |
Wenn mich nicht alles täuscht argumentiere ich im Sinne steps und Harrris.
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44683
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(#1784460) Verfasst am: 25.09.2012, 11:19 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Und woher kommt nun dein Wissen um Gut und Böse bzw. Richtig und Falsch? |
Welches Wissen meinst du? Daraus, dass ich etwas für richtig halte, folgt auch nicht, dass es richtig ist.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 25.09.2012, 11:29, insgesamt 3-mal bearbeitet |
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44683
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(#1784461) Verfasst am: 25.09.2012, 11:21 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Bei Harris ging es um das well-being, welches ojektiv festzustellen ist. |
Jo, Sam Harris stellt objektiv das well-being der Person fest, deren Folterung er gerade mal wieder legitimiert. Auf diese Weise muss er sich nicht mit ihrem subjektiven Erleben auseinandersetzen.
Dazu passt dann auch, dass er die Entwicklung von Foltermethoden empfielt, von denen der Folterer möglichst wenig mitbekommt.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
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(#1784465) Verfasst am: 25.09.2012, 11:41 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Letztlich hast Du immer nur solche - evtl. widersprüchlichen - Aufträge. Wenn Du von einem wahren "richtig" schreibst, setzt Du damit quasi einen Joker-Auftrag voraus. | Daraus, dass dir jemand einen Auftrag gibt, folgt aber eben nicht, dass es auch richtig ist, ihn zu befolgen. |
Das habe ich auch gar nicht behauptet, es wäre ein Umkehrschluß, außerdem ist dieses "richtig", so wie Du es benutzt, metaphysisch bzw. undefiniert. Umgekehrt stimmt es: Wenn Du etwas sollst, folgt daraus, daß es einen Auftrag gibt.
EDIT: Ja selbst wenn es etwas objektiv Richtiges gäbe, würdest Du das deswegen nicht unbedingt "sollen", u.a. weil Du evtl. nichts davon weißt.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Ein Joker-Auftrag ist eben gerade eine Voraussetzung, die ich zurückweise. |
Dann müßtest Du mE konsequenterweise die Rede vom "Sollen" ganz aufgeben und entweder eine objektive moralische Qualität vertreten, oder eine amoralistische Position.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Und ob z.B. ein Kinderbuch die Botschaft transportiert, daß Bescheidenheit gut ist, oder die, daß man sich durchsetzen soll, spielt keine Rolle für die Frage, ob es moralisch belehrend ist. | Nein, aber der Punkt war hier der, dass ein belehrender Ton keine Rolle für die Frage spielt, ob das Buch tatsächlich lehrreich ist oder nicht. |
Vielleicht ist "belehrend" wirklich exakter, weil "lehrreich" ja schon wieder eine Qualitätsurteil nach Tarvoc' Art impliziert. Wenn Du also in meiner Argumentation oben "lehrreich" durch "belehrend" ersetzt, dann kommt meine Argumentation noch stringenter zum Ausdruck
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44683
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(#1784470) Verfasst am: 25.09.2012, 11:59 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Umgekehrt stimmt es: Wenn Du etwas sollst, folgt daraus, daß es einen Auftrag gibt. |
Das läuft letztlich auf die Tautologie hinaus, dass ein Satz seine eigene Äußerung impliziert. Schon richtig, aber auch damit gelingt kein Schluss vom Sein auf das Sollen.
step hat folgendes geschrieben: | Dann müßtest Du mE konsequenterweise die Rede vom "Sollen" ganz aufgeben und entweder eine objektive moralische Qualität vertreten, oder eine amoralistische Position. |
Wie kommst du denn darauf, dass ich das müsste (d.h. soll)? Was genau ist denn an dem, was ich bisher geschrieben habe, inkonsequent?
Warum wir die Frage(n) danach, wie wir leben sollen, überhaupt stellen, kann eine empirische Frage sein. Ob wir die Fragen danach, wie wir leben sollen (also die ethischen Fragen), stellen soll(t)en, ist selbst bereits eine Frage der Ethik.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
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(#1784488) Verfasst am: 25.09.2012, 13:01 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Umgekehrt stimmt es: Wenn Du etwas sollst, folgt daraus, daß es einen Auftrag gibt. |
Das läuft letztlich auf die Tautologie hinaus, dass ein Satz seine eigene Äußerung impliziert. Schon richtig, aber auch damit gelingt kein Schluss vom Sein auf das Sollen. |
Naja, das Sollen ist dann nur noch ein spezielles Sein, ein "Auftragsbewußt-Sein" sozusagen.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Dann müßtest Du mE konsequenterweise die Rede vom "Sollen" ganz aufgeben und entweder eine objektive moralische Qualität vertreten, oder eine amoralistische Position. | Wie kommst du denn darauf, dass ich das müsste (d.h. soll)? |
Hmm ... der Standard des logischen Diskurses verlangt es von Dir ... na gut, Du könntest andere, stärkere Auftraggeber haben
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Was genau ist denn an dem, was ich bisher geschrieben habe, inkonsequent? |
Du hast "richtig" in einem metaphysischen Sinne verwendet, also operierst grob gesagt mit Wahrheitswerten ohne Kalkül (du sagst ja selbst, daß man das nicht beurteilen könne). Außerdem ist Deine Definition von "Sollen" zirkulär, jedenfalls so wie ich es verstanden habe.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Warum wir die Frage(n) danach, wie wir leben sollen, überhaupt stellen, kann eine empirische Frage sein. Ob wir die Fragen danach, wie wir leben sollen (also die ethischen Fragen), stellen soll(t)en, ist selbst bereits eine Frage der Ethik. |
Da stimme ich zu. Die Frage hier ist aber, ob man ethische Maßstäbe aus dem Sein ableiten kann, oder es auf andere Weise objektive ethische Maßstäbe gebe.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44683
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(#1784491) Verfasst am: 25.09.2012, 13:06 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Hast du dir das jetzt ausgedacht oder gibt's da eine Quelle? |
In "The End of Faith" gibt es entsprechende Abschnitte. Dass Sam Harris Folter befürwortet, sollte aber eigentlich bekannt sein.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44683
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(#1784492) Verfasst am: 25.09.2012, 13:12 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Naja, das Sollen ist dann nur noch ein spezielles Sein, ein "Auftragsbewußt-Sein" sozusagen. |
Jetzt drehst du die Sache wieder um. Daraus, dass ein Auftrag besteht, folgt eben nicht, dass ich nach ihm handeln soll.
step hat folgendes geschrieben: | Du hast "richtig" in einem metaphysischen Sinne verwendet, also operierst grob gesagt mit Wahrheitswerten ohne Kalkül. |
Ich weiss nicht, was ein "metaphysischer Sinn" sein soll, aber ich habe das Gefühl, dass sich dieser Vorwurf auf die Feststellung reduziert, dass ich den Schluss vom Sein aufs Sollen zurückweise.
step hat folgendes geschrieben: | Du sagst ja selbst, daß man das nicht beurteilen könne. |
Nein, ich sagte, aus meiner Beurteilung folge nicht, dass ich mit ihr Recht habe.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 25.09.2012, 13:15, insgesamt einmal bearbeitet |
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Naastika RL rulez<->auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 23.11.2003 Beiträge: 6100
Wohnort: an der Fütterungsstelle der Eichhörnchen
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(#1784494) Verfasst am: 25.09.2012, 13:14 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Hast du dir das jetzt ausgedacht oder gibt's da eine Quelle? |
In "The End of Faith" gibt es entsprechende Abschnitte. Dass Sam Harris Folter befürwortet, sollte aber eigentlich bekannt sein. |
Ist aber nicht. Und: Warum sollte es eigentlich?
"The End of Faith" habe ich zu Hause. Wo soll ich nachschlagen? (Das Buch habe ich noch nicht gelesen).
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