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Gibt es eine objektive Moral
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Marcellinus
Outsider



Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#1785227) Verfasst am: 28.09.2012, 21:29    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Kurz aus den Machtgewichten der jeweiligen Zeit.

Da bin ich ja eher der Meinung, daß die Machtverhältnisse nur einen Teil des Einflusses ausmachen. Kontingente Traditionen (Mist, jetzt hab ich auch ein Fremdwort verwendet) spielen auch eine Rolle. Sie dienen nicht unbedingt intentional dem Machterhalt einer herrschenden Klasse, sondern oft herrscht einfach auch die Tradition.

Oh, Traditionen können durchaus eine starke Macht sein. zwinkern Deswegen habe ich auch "Machtgewichte" geschrieben. Dieses Wort soll andeuten, daß Macht nicht eine Eigenschaft ist, die der eine hat und der andere nicht, sondern daß Gesellschaften aus Beziehungsgeflechten zwischen Menschen bestehen, in denen wechselseitige, in der Regel ungleichgewichtige Abhängigkeiten bestehen, aus denen sich die unterschiedlichen Machtchancen ergeben.

Traditionen, in denen die herrschende Schicht einer Gesellschaft aufwächst, können durchaus in der Praxis ihre Machtchancen gegenüber den abhängigen Schichten begrenzen, zB weil ihr Ich- und Wir-Bild, das sie sich von sich und ihrer Klasse machen, mit gewissen Handlungen nicht verträgt.

Wenn zB in einer Revolution eine neue Klasse die Macht übernimmt, erlöschen solche Traditionen, oder verschwinden langsam, wenn eine neue Schicht, die in diesen Verhaltensnormen nicht aufgewachsen ist, in die herrschende Klasse aufsteigt. Ersteres kann man in der französischen Revolution beobachten, in ähnlicher Weise auch in der russischen, letzteres beim Aufstieg bürgerlicher Schichten in den Upper Class in England.
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"Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."

Friedrich Nietzsche
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44681

Beitrag(#1785228) Verfasst am: 28.09.2012, 21:33    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Absolute Legitimität folgt aus nichts und ist ein nutzloses Konzept, relative Legitimität folgt aus kulturellen Praktiken.

Auch die Ableitung "relativer" Legitimität aus kulturellen Praktiken setzt voraus, was sie beweisen will. zwinkern

Sich mit den kontingenten kulturellen Praktiken zufrieden geben zu wollen, die einem aufgeprägt sind, wäre selbst dann eine Grobheit gegen das Denken, wenn es tatsächlich nichts anderes gibt. Es ist aber nicht nur eine Grobheit gegen das Denken, sondern auch gegen alle, die unter diesen Praktiken leiden müssen. Über die Ableitung "relativer" Legitimität aus den kontingenten Regeln wird viel zu leicht vergessen, die Kontingenz der Regeln als solche zu denken. Es wird also versäumt, die bestehende Regel durch Abzug des Sollens als deaktiviert zu denken. Dass es in der ganzen Debatte die ganze Zeit schon vorrangig um das geht, was hier "relative Legitimität" genannt wird, wird schon hier sehr deutlich klar. Genau insofern ist es also nicht erst der Begriff der "absoluten Legitimität", der völlig nutzlos ist, sondern bereits diese Unterscheidung und ihre Einführung in die Debatte. Die Unterscheidung, wenn sie eingeführt wird, um lediglich die absolute Legitimität zurückzuweisen, ist schon deshalb ein Witz, weil im Zweifelsfall, d.h. im gesellschaftlichen Krisenfall, erwartungsgemäß auf einmal doch wieder sehr absolut auf den doch angeblich relativen gesellschaftlichen Regeln bestanden wird. Meine Bewegung hier im Thread ist die genau umgekehrte: Ich deaktiviere die relativen Sollensansprüche und Legitimierungsstragegien, und wenn die Frage nach absoluter Legitimität tatsächlich nutzlos ist, wird sie sich in diesem Prozess, und nur in diesem, in der Praxis ohnehin von selbst erledigen.
- Um mal den hier üblichen Modus der Metaphysikkritik vom Kopf auf die Füße zu stellen. Auf den Arm nehmen
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"Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#1785231) Verfasst am: 28.09.2012, 21:45    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Absolute Legitimität folgt aus nichts und ist ein nutzloses Konzept, relative Legitimität folgt aus kulturellen Praktiken.
Auch die Ableitung "relativer" Legitimität aus kulturellen Praktiken setzt voraus, was sie beweisen will. zwinkern

Es ist einfach nicht mehr, als wir sagen können.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Sich mit den kontingenten kulturellen Praktiken zufrieden geben zu wollen, die einem aufgeprägt sind, wäre selbst dann eine Grobheit gegen das Denken, wenn es tatsächlich nichts anderes gibt.

Schön gesagt. Aber trotzdem ein STrohmann, ich gebe mich nicht zufrieden, sondern halte den Menschen zunehmend für ein Projekt seiner selbst.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Es ist aber nicht nur eine Grobheit gegen das Denken, sondern auch gegen alle, die unter diesen Praktiken leiden müssen. Über die Ableitung "relativer" Legitimität aus den kontingenten Regeln wird viel zu leicht vergessen, die Kontingenz der Regeln als solche zu denken. Es wird also versäumt, die bestehende Regel durch Abzug des Sollens als deaktiviert zu denken.

Keine Sorge, das versäume ich nicht.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Dass es in der ganzen Debatte die ganze Zeit schon vorrangig um das geht, was hier "relative Legitimität" genannt wird, wird schon hier sehr deutlich klar.

Naja, leider haben wir nichts anderes. Eine absolute Legitimität gibt es nicht nur, weil es evtl. angenehmer wäre.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
... Die Bewegung muss die genau umgekehrte sein: Die relativen Ansprüche sind als allererste theoretisch und praktisch zu deaktivieren, und wenn die Frage nach absoluter Legitimität tatsächlich nutzlos ist, wird sie sich in diesem Prozess, und nur in diesem, in der Praxis ohnehin von selbst erledigen. - Um mal den hier üblichen Modus der Metaphysikkritik vom Kopf auf die Füße zu stellen. zwinkern

Da stimme ich schon zu, gerade die Erkenntnis der Legitimationn als relative führt schon zu einer gewissen Deaktivierung, jedenfalls bei mir.
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tarvoc
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Beiträge: 44681

Beitrag(#1785234) Verfasst am: 28.09.2012, 21:57    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Es ist einfach nicht mehr, als wir sagen können.

Weil wir uns im "Sagen" bereits auf Konventionen beziehen (bzw. sie praktisch anwenden). Ich kenne das Argument, und das ist ja nicht falsch. Nur was dabei noch ungedacht bleibt, sind die möglichen Modi dieses Bezuges selbst und deren Bedingungen.

step hat folgendes geschrieben:
Aber trotzdem ein STrohmann, ich gebe mich nicht zufrieden, sondern halte den Menschen zunehmend für ein Projekt seiner selbst.

Wobei noch genauer zu schauen wäre, wer da eigentlich für wen zu einem Projekt wird...

step hat folgendes geschrieben:
Naja, leider haben wir nichts anderes.

Das ist zwar nicht etwas "anderes" in dem Sinne, der dir vielleicht vorschwebt, aber was wir haben, ist die Kritik. zwinkern

Wenn es tatsächlich nur die kontingenten Diskurse gäbe und sonst nichts, könnten wir die Kontingenz unseres eigenen Diskurses gar nicht erkennen. Was es noch gibt, ist der leere Raum, der sich im Widerstreit von Diskursen zeigt.
Die Äußerung, dass wir nichts anderes als unsere Diskurse "haben", ist übrigens insofern dennoch richtig, als dieser Raum in der Tat nichts ist, das man haben (sich aneignen) kann. Haben kann man tatsächlich nur etwas in einem Diskurs.
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Tom der Dino
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Anmeldungsdatum: 20.07.2011
Beiträge: 3949

Beitrag(#1785243) Verfasst am: 28.09.2012, 22:54    Titel: Antworten mit Zitat

Das war jetzt zu schwierig für mich. Woraus folgt jetzt Legitimität?
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Tarvoc
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Beiträge: 44681

Beitrag(#1785253) Verfasst am: 28.09.2012, 23:58    Titel: Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Woraus folgt jetzt Legitimität?

Möglicherweise aus gar nichts. Warum trotzdem die Frage nicht einfach sinnlos ist, habe ich gerade auszuarbeiten versucht.
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Tom der Dino
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Anmeldungsdatum: 20.07.2011
Beiträge: 3949

Beitrag(#1785271) Verfasst am: 29.09.2012, 10:17    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Woraus folgt jetzt Legitimität?

Möglicherweise aus gar nichts. Warum trotzdem die Frage nicht einfach sinnlos ist, habe ich gerade auszuarbeiten versucht.


Wenn die Legitimität aus nichts folgt, ist sie entweder absolut, dann folgt aber aus dem Sein zwingend das Sollen oder sie ist nicht existent, was offensichtlich nicht der Wahrheit entspricht. Folgt die Legitimität aus etwas, muss es dieses etwas geben. Was könnte das bitte anderes sein als Kultur? Oder Natur? Folgt sie aus der Natur haben wir keinen weiten Weg mehr zur absoluten Legitimität.
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Marcellinus
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Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#1785277) Verfasst am: 29.09.2012, 10:52    Titel: Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Woraus folgt jetzt Legitimität?

Möglicherweise aus gar nichts. Warum trotzdem die Frage nicht einfach sinnlos ist, habe ich gerade auszuarbeiten versucht.


Wenn die Legitimität aus nichts folgt, ist sie entweder absolut, dann folgt aber aus dem Sein zwingend das Sollen oder sie ist nicht existent, was offensichtlich nicht der Wahrheit entspricht. Folgt die Legitimität aus etwas, muss es dieses etwas geben. Was könnte das bitte anderes sein als Kultur? Oder Natur? Folgt sie aus der Natur haben wir keinen weiten Weg mehr zur absoluten Legitimität.

Könnte ihr mir sagen, was ihr hier treibt? Eine besondere Art von Wortspiel? Lachen
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Tom der Dino
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Anmeldungsdatum: 20.07.2011
Beiträge: 3949

Beitrag(#1785286) Verfasst am: 29.09.2012, 11:54    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Woraus folgt jetzt Legitimität?

Möglicherweise aus gar nichts. Warum trotzdem die Frage nicht einfach sinnlos ist, habe ich gerade auszuarbeiten versucht.


Wenn die Legitimität aus nichts folgt, ist sie entweder absolut, dann folgt aber aus dem Sein zwingend das Sollen oder sie ist nicht existent, was offensichtlich nicht der Wahrheit entspricht. Folgt die Legitimität aus etwas, muss es dieses etwas geben. Was könnte das bitte anderes sein als Kultur? Oder Natur? Folgt sie aus der Natur haben wir keinen weiten Weg mehr zur absoluten Legitimität.

Könnte ihr mir sagen, was ihr hier treibt? Eine besondere Art von Wortspiel? Lachen


Wenn wir Menschen sagen, dieses oder jenes Verhalten ist legitim, dann müssen wir eine Grundlage für diese Bewertung haben. Letztendlich ist es wieder die Frage woher die Bewertung als richtig stammt. Damit sind wir eigentlich wieder bei der Moral. Tarvoc meint, die Grundlage zu bewerten, dass etwas legitim ist entspringt nicht der Kultur. Das halte ich für falsch.
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Marcellinus
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Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#1785290) Verfasst am: 29.09.2012, 12:16    Titel: Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:

Wenn wir Menschen sagen, dieses oder jenes Verhalten ist legitim, dann müssen wir eine Grundlage für diese Bewertung haben. Letztendlich ist es wieder die Frage woher die Bewertung als richtig stammt.

Nein, müssen wir nicht! Es reicht, zu sagen, ich halte dies oder das für richtig! Erst wenn ich versuche, dich von dem zu überzeugen, was ich für richtig halte, brauche ich Gründe, aber das müssen nicht meine sein, sondern welche, die dich überzeugen. In aller Regel wird Moral aber nicht diskutiert, und wenn, führen diese Diskussionen kaum zu Ergebnissen.

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:

Damit sind wir eigentlich wieder bei der Moral. Tarvoc meint, die Grundlage zu bewerten, dass etwas legitim ist entspringt nicht der Kultur. Das halte ich für falsch.

Nimm das Beispiel der Sexualmoral. Die hat sich in den letzten 50 Jahren vermutlich mehr geändert als in Jahrhunderten vorher. Wo war da eine neue Bewertungsgrundlage? Es war die Entscheidung der vielen einzelnen Menschen, sich anders zu verhalten, es war die Emanzipation der Frauen, die ihnen auf einmal die ökonomischen Möglichkeiten gab, neues Verhalten auszuprobieren und, nicht zu vergessen, die Möglichkeiten der Empfängnisverhütung, die ihnen eine höhere Autonomie gegenüber traditionellen Lebensvorstellungen gab.

Nirgendwo hast du da eine geänderte theoretische Bewertung, nur die Entscheidung einer immer größeren Zahl von Menschen, bestimmte Moralvorstellungen nicht mehr zu teilen. Nicht daß es die traditionellen Vorstellungen nicht mehr gäbe, nur sind sie in eine Minderheitenposition geraten. Während es in meiner Jugendzeit noch klar war, daß junge Menschen erst zusammenziehen sollten, wenn sie verheiratet waren, und man unverheiratet auch kaum eine Chance hatte, eine Wohnung zu mieten, wir also geheiratet haben, um von zuhause ausziehen zu können, raten selbst gutbürgerliche Eltern ihren Kindern heute, doch erst einmal zusammenzuziehen, und auszuprobieren, ob man zueinander paßt, bevor man heiratet.

Und woher stammt diese neue Bewertung? Einfach eine Abstimmung mit den Füßen! Am Anfang waren es wenige, die sich einen neuen Lebensstil getraut haben, dann stellte man fest, daß der Himmel nicht einstürzte, dann wurden es immer mehr, und heute ist es Standard. Und sage nicht, es habe nicht harsche Diskussionen darum gegeben (Verfall der Moral!), und niemand ist in diesen Diskussionen überzeugt worden. Es hat einfach eine immer größere Zahl von Menschen eine Entscheidung gegen die alte Moral getroffen und daraus hat sich eine neue gebildet. Nicht durch theoretische Diskussionen, nicht durch neue Begründungen, sondern durch geänderte soziale Verhältnisse, die einer immer größeren Zahl von Menschen neue Entscheidungen ermöglichte.
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Tarvoc
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Beiträge: 44681

Beitrag(#1785296) Verfasst am: 29.09.2012, 12:49    Titel: Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Wenn wir Menschen sagen, dieses oder jenes Verhalten ist legitim, dann müssen wir eine Grundlage für diese Bewertung haben.

Das heißt aber noch lange nicht, dass die Bewertung tatsächlich aus dieser Grundlage folgt. zwinkern
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Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 29.09.2012, 12:51, insgesamt 2-mal bearbeitet
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Marcellinus
Outsider



Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#1785297) Verfasst am: 29.09.2012, 12:50    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Wenn wir Menschen sagen, dieses oder jenes Verhalten ist legitim, dann müssen wir eine Grundlage für diese Bewertung haben.

Das heißt aber noch lange nicht, dass die Bewertung tatsächlich aus dieser Grundlage folgt. zwinkern

Ja.
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fwo
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Beitrag(#1785298) Verfasst am: 29.09.2012, 13:13    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Wenn wir Menschen sagen, dieses oder jenes Verhalten ist legitim, dann müssen wir eine Grundlage für diese Bewertung haben.

Das heißt aber noch lange nicht, dass die Bewertung tatsächlich aus dieser Grundlage folgt. zwinkern

Ja.

Was ist los mit euch? Jetzt stimmt euch schon gegenseitig zu - werdet ihr müde? Dem letzten Teil der Diskussion konnte ich folgen und ich kann dem sogar auch noch zustimmen: Wie tief seif ihr gesunken!

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Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

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Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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Tom der Dino
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Beitrag(#1785301) Verfasst am: 29.09.2012, 13:21    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:

Wenn wir Menschen sagen, dieses oder jenes Verhalten ist legitim, dann müssen wir eine Grundlage für diese Bewertung haben. Letztendlich ist es wieder die Frage woher die Bewertung als richtig stammt.

Nein, müssen wir nicht! Es reicht, zu sagen, ich halte dies oder das für richtig! Erst wenn ich versuche, dich von dem zu überzeugen, was ich für richtig halte, brauche ich Gründe, aber das müssen nicht meine sein, sondern welche, die dich überzeugen. In aller Regel wird Moral aber nicht diskutiert, und wenn, führen diese Diskussionen kaum zu Ergebnissen.

Jede Entscheidung eines Menschen etwas richtig oder falsch zu finden, folgt auf einen inneren Dialog. Dieser erfolgt entweder bewusst wenn man pros und Contras gegenüberstellt, oder er erfolgt intuitiv aufgrund von vorher gemachten Erfahrungen. Natürlich können auch emotionale Einflüsse gelten. Zu sagen ich halte es für richtig benötigt eine Grundlage, ansonsten ist es eine leere Phrase. Letztere zu diskutieren erscheint mir müßig.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:

Damit sind wir eigentlich wieder bei der Moral. Tarvoc meint, die Grundlage zu bewerten, dass etwas legitim ist entspringt nicht der Kultur. Das halte ich für falsch.

Nimm das Beispiel der Sexualmoral. Die hat sich in den letzten 50 Jahren vermutlich mehr geändert als in Jahrhunderten vorher. Wo war da eine neue Bewertungsgrundlage? Es war die Entscheidung der vielen einzelnen Menschen, sich anders zu verhalten, es war die Emanzipation der Frauen, die ihnen auf einmal die ökonomischen Möglichkeiten gab, neues Verhalten auszuprobieren und, nicht zu vergessen, die Möglichkeiten der Empfängnisverhütung, die ihnen eine höhere Autonomie gegenüber traditionellen Lebensvorstellungen gab.

Nirgendwo hast du da eine geänderte theoretische Bewertung, nur die Entscheidung einer immer größeren Zahl von Menschen, bestimmte Moralvorstellungen nicht mehr zu teilen.
Worauf fußen diese Entscheidungen? Sind die einfach so da? Ich denke nicht.

Ansonsten geb ich dir recht und sag es gern noch einmal. Aus dem Sein folgt das Wollen. Das Sollen folgt aus dem Wollen der Dominanten Gruppe in einer Gesellschaft.
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Tarvoc
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Beitrag(#1785303) Verfasst am: 29.09.2012, 13:51    Titel: Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Das Sollen folgt aus dem Wollen der Dominanten Gruppe in einer Gesellschaft.

Nein, tut es nicht. Mit den Augen rollen
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Tom der Dino
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Beitrag(#1785305) Verfasst am: 29.09.2012, 14:02    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Das Sollen folgt aus dem Wollen der Dominanten Gruppe in einer Gesellschaft.

Nein, tut es nicht. Mit den Augen rollen

Bevor du mit den Augen rollst kannst du das sicher auch begründen.
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Tarvoc
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Beitrag(#1785308) Verfasst am: 29.09.2012, 14:21    Titel: Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Bevor du mit den Augen rollst kannst du das sicher auch begründen.

Die Begründungspflicht liegt bei dem, der eine Behauptung aufstellt. Sag du mir doch mal, wie du das folgerst.
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Tom der Dino
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Beitrag(#1785310) Verfasst am: 29.09.2012, 14:25    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Bevor du mit den Augen rollst kannst du das sicher auch begründen.

Die Begründungspflicht liegt bei dem, der eine Behauptung aufstellt. Sag du mir doch mal, wie du das folgerst.


Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Und woher stammt diese neue Bewertung? Einfach eine Abstimmung mit den Füßen! Am Anfang waren es wenige, die sich einen neuen Lebensstil getraut haben, dann stellte man fest, daß der Himmel nicht einstürzte, dann wurden es immer mehr, und heute ist es Standard. Und sage nicht, es habe nicht harsche Diskussionen darum gegeben (Verfall der Moral!), und niemand ist in diesen Diskussionen überzeugt worden. Es hat einfach eine immer größere Zahl von Menschen eine Entscheidung gegen die alte Moral getroffen und daraus hat sich eine neue gebildet. Nicht durch theoretische Diskussionen, nicht durch neue Begründungen, sondern durch geänderte soziale Verhältnisse, die einer immer größeren Zahl von Menschen neue Entscheidungen ermöglichte.

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fwo
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Beitrag(#1785313) Verfasst am: 29.09.2012, 14:33    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Das Sollen folgt aus dem Wollen der Dominanten Gruppe in einer Gesellschaft.

Nein, tut es nicht. Mit den Augen rollen

Definiere Sollen.

Meine Vermutung:
Tom: Sollen = soziale Übereinkunft
Tarvoc: Sollen wird ethisch begründet.

fwo
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Tom der Dino
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Beitrag(#1785316) Verfasst am: 29.09.2012, 14:46    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Das Sollen folgt aus dem Wollen der Dominanten Gruppe in einer Gesellschaft.

Nein, tut es nicht. Mit den Augen rollen

Definiere Sollen.

Meine Vermutung:
Tom: Sollen = soziale Übereinkunft
Tarvoc: Sollen wird ethisch begründet.

fwo


Wird die ethische Begründung denn nicht nur dadurch relevant, dass sie durchgesetzt werden kann?
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step
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Beitrag(#1785317) Verfasst am: 29.09.2012, 14:53    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Das Sollen folgt aus dem Wollen der Dominanten Gruppe in einer Gesellschaft.

Nein, tut es nicht. Mit den Augen rollen

Definiere Sollen.

Meine Vermutung:
Tom: Sollen = soziale Übereinkunft
Tarvoc: Sollen wird ethisch begründet.

step: Sollen = Empfindung eines Auftrags; Ursache des Inhalts des Sollens: Biologie, Spieltheorie, soziale Verhältnisse, Kultur, individuelle Vita.

Tarvoc definiert "Sollen" klassisch-philosophisch, er nimmt nach meinem Verständnis an, daß es ein absolutes Sollen geben könnte bzw. als philosophsiches Konstrukt gibt, über das wir allerdings nichts sagen können, woran sich die Philosophen allerdings nicht halten. Weglassen bzw. durch faßbare, faktische Deifnitionen ersetzen dürfe man es aber auch nicht, sonst gibt es ja kein Gut und Böse mehr und jeder macht, was er will, anstatt nur gegen das falsche Sollen zu rebellieren.
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Tom der Dino
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Beiträge: 3949

Beitrag(#1785319) Verfasst am: 29.09.2012, 15:25    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Das Sollen folgt aus dem Wollen der Dominanten Gruppe in einer Gesellschaft.

Nein, tut es nicht. Mit den Augen rollen

Definiere Sollen.

Meine Vermutung:
Tom: Sollen = soziale Übereinkunft
Tarvoc: Sollen wird ethisch begründet.

step: Sollen = Empfindung eines Auftrags; Ursache des Inhalts des Sollens: Biologie, Spieltheorie, soziale Verhältnisse, Kultur, individuelle Vita.

Tarvoc definiert "Sollen" klassisch-philosophisch, er nimmt nach meinem Verständnis an, daß es ein absolutes Sollen geben könnte bzw. als philosophsiches Konstrukt gibt, über das wir allerdings nichts sagen können, woran sich die Philosophen allerdings nicht halten. Weglassen bzw. durch faßbare, faktische Deifnitionen ersetzen dürfe man es aber auch nicht, sonst gibt es ja kein Gut und Böse mehr und jeder macht, was er will, anstatt nur gegen das falsche Sollen zu rebellieren.


Tarvocs Sollen ist so eine Art transzendentes Sollen? Jetzt wird mir einiges klar. Ich hab mich die ganze Zeit schon gefragt warum sein Sollen so immun ist.
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Beitrag(#1785321) Verfasst am: 29.09.2012, 15:31    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
...
step: Sollen = Empfindung eines Auftrags; Ursache des Inhalts des Sollens: Biologie, Spieltheorie, soziale Verhältnisse, Kultur, individuelle Vita.
....

Das ist mir jetzt ein bisschen viel, es ist in der Konsequenz (Kultur) nämlich alles.
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
....
Jede Entscheidung eines Menschen etwas richtig oder falsch zu finden, folgt auf einen inneren Dialog. Dieser erfolgt entweder bewusst wenn man pros und Contras gegenüberstellt, oder er erfolgt intuitiv aufgrund von vorher gemachten Erfahrungen. Natürlich können auch emotionale Einflüsse gelten. Zu sagen ich halte es für richtig benötigt eine Grundlage, ansonsten ist es eine leere Phrase. Letztere zu diskutieren erscheint mir müßig....

Man kann natürlich sagen, wo gehandelt wird, gab es eine Entscheidung zu dieser Handlung. Das ist zwar informationstechnisch richtig, wenn wir von Entscheidungen reden, meinen wir aber im Allgemeinen das Bewusstsein.

Es gibt aber auch bewusste Entscheidungen, die nicht mehr Basis haben als Gefühl, wobei dieses Gefühl wohl mit der Intuition aufgrund der bisher gemachten Erfahrungen identisch ist. Es gibt aber auch die bewusste Entscheidung nach Kalkül, bei der die Ethik, also
Was ist gut?
Was ist böse?
mit einfließt, eventuell auch in erweiterter Form:
Wo ist der Nutzen für wen?
Wer bezahlt die Kosten?

Dazu muss ich allerdings das sozial bzw. kulturell definierte Sollen zwar nicht abstellen oder deaktivieren, wie Tarvoc es mehrmals genannt hat, aber es bedarf der Möglichkeit der Relativierung, es geht nämlich, statt dass eine neue grundsätzliche Entscheidung gefällt wird, häufig einfach als mehr oder weniger traditioneller Wert in die Entscheidung mit ein.

Wo ich hier außer dem Sollen noch einen nicht ausgesprochenen Dissenz vermute, ist das Thema überhaupt: Reden wir von einer übergreifenden Moral (=kulturelles Gebäude), reden wir von einer persönlichen Moral (durch persönliche Erfahrungen und Entscheidungen modifizierte Instanz der kulturellen Moral) oder reden wir von der persönlichen Entscheidung und evtl. rückblickend von einer aus einer Summe von Entscheidungen resultierenden praktischen persönlichen Moral, die aber eben viel mehr enthält als nur gut und böse (s.o.).

fwo
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Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.

Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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Tarvoc
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Beitrag(#1785326) Verfasst am: 29.09.2012, 16:13    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Er nimmt nach meinem Verständnis an, daß es ein absolutes Sollen geben könnte.

Ich wiederhole mich ungern, aber das ist gar nicht der Punkt.

Es gibt die Frage danach, wie ich handeln und wie ich leben soll, und diese Frage lässt sich nicht durch einen Verweis auf irgendwelche sozialen Gegebenheiten erledigen. Auch nicht durch einen Verweis auf meinen oder irgendeinen anderen Willen. Man kann versuchen, zu klären, warum und unter welchen Umständen sich diese Frage stellt. Ich hab' dazu hier ja auch schon was gesagt. Aber wenn man die Frage einfach verdrängt, betreibt man nicht eine naturalistische Ethik oder sowas, sondern einfach gar keine Ethik mehr.
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- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Tom der Dino
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Beitrag(#1785329) Verfasst am: 29.09.2012, 16:40    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Er nimmt nach meinem Verständnis an, daß es ein absolutes Sollen geben könnte.

Ich wiederhole mich ungern, aber das ist gar nicht der Punkt.

Es gibt die Frage danach, wie ich handeln und wie ich leben soll, und diese Frage lässt sich nicht durch einen Verweis auf irgendwelche sozialen Gegebenheiten erledigen. Auch nicht durch einen Verweis auf meinen oder irgendeinen anderen Willen. Man kann versuchen, zu klären, warum und unter welchen Umständen sich diese Frage stellt. Ich hab' dazu hier ja auch schon was gesagt. Aber wenn man die Frage einfach verdrängt, betreibt man nicht eine naturalistische Ethik oder sowas, sondern einfach gar keine Ethik mehr.


Ist denn diese Frage deiner Meinung nach allgemein zu beantworten oder hängt die Antwort von der konkreten Situation ab?

Edit: soweit ich verstanden habe betreiben wir auch keine Ethik, sondern fragen nach einer objektiven Moral. Für mich ist das ein kleiner Unterschied.
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Tarvoc
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Beitrag(#1785335) Verfasst am: 29.09.2012, 16:51    Titel: Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Ist denn diese Frage deiner Meinung nach allgemein zu beantworten oder hängt die Antwort von der konkreten Situation ab?

Bis jetzt habe ich lediglich festgestellt, dass sich die Frage stellt. Ob sie sich beantworten lässt, ist erstmal noch gar nicht klar.

Wenn die Antwort von der konkreten Situation abhängen soll, müsste man schon genau überlegen, wie sie das tut. Jedenfalls nicht im Sinne einer einfachen (logischen oder sonstigen) Ableitbarkeit.

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Edit: soweit ich verstanden habe betreiben wir auch keine Ethik, sondern fragen nach einer objektiven Moral. Für mich ist das ein kleiner Unterschied.

Naja, die Frage nach der Objektivität der Moral ist schon ein Teilgebiet der Ethik. Wobei noch geklärt werden müsste, was damit gemeint ist.
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step
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Wohnort: Germering

Beitrag(#1785337) Verfasst am: 29.09.2012, 16:55    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Es gibt die Frage danach, wie ich handeln und wie ich leben soll, und diese Frage lässt sich nicht durch einen Verweis auf irgendwelche sozialen Gegebenheiten erledigen. Auch nicht durch einen Verweis auf meinen oder irgendeinen anderen Willen.

Aber was bedeutet denn diese Frage sonst, wenn Du nicht implizierst, daß es ein absolutes Sollen gäbe?

Moral: Wie soll ich handeln = Welchen "Auftrag" habe/spüre ich? -> Gegebenheiten
Ethik: Was wäre eine bessere Auftragslage, welche Moral würde den allgemeinen Interessen besser dienen?

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Man kann versuchen, zu klären, warum und unter welchen Umständen sich diese Frage stellt. Ich hab' dazu hier ja auch schon was gesagt.

Wenn der Mechanismus geklärt ist das Phänomen erklärt. Wie beim Regenbogen.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Aber wenn man die Frage einfach verdrängt, betreibt man nicht eine naturalistische Ethik oder sowas, sondern einfach gar keine Ethik mehr.

Siehe oben, Ethik ist für mich das Nachdenken über die Frage, welche Regeln die allgemeinen Interessen besser bedienen würden.
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Tom der Dino
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Beitrag(#1785338) Verfasst am: 29.09.2012, 17:00    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Wenn die Antwort von der konkreten Situation abhängen soll, müsste man schon genau überlegen, wie sie das tut. Jedenfalls nicht im Sinne einer einfachen (logischen oder sonstigen) Ableitbarkeit.


Wieso nicht?
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Tarvoc
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Beitrag(#1785339) Verfasst am: 29.09.2012, 17:02    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Wenn der Mechanismus geklärt ist das Phänomen erklärt.

Das ist eine Tautologie. Die Erklärung des Zustandekommens der Frage ist aber trotzdem nicht das selbe wie die Beantwortung der Frage selbst. Was wie gesagt nicht heißt, dass das gar nicht weiterführt.

Stell dir vor, jemand kommt zu dir und fragt dich um Rat, was er jetzt tun soll. Das einzige, was du tust, ist, ihm seine Situation einfach nur zu beschreiben. In gewissen Fällen kann ihm damit vielleicht geholfen sein.

step hat folgendes geschrieben:
Siehe oben, Ethik ist für mich das Nachdenken über die Frage, welche Regeln die allgemeinen Interessen besser bedienen würden.

"Allgemeines Interesse" ist nun wirklich kein ethisch unproblematischer Begriff und geht der kritischen ethischen Reflexion keineswegs voraus, sondern ist in vielfacher Weise selbst einer ihrer Gegenstände.
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Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 29.09.2012, 17:06, insgesamt 2-mal bearbeitet
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Beiträge: 44681

Beitrag(#1785340) Verfasst am: 29.09.2012, 17:05    Titel: Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Wieso nicht?

Weil das auf den naturalistischen Fehlschluss hinausläuft. Dass das praktisch immer auch einen Zirkelschluss beinhaltet, habe ich ja auch schon geschrieben.
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