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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#1812389) Verfasst am: 30.01.2013, 20:49 Titel: Re: Kritische Fragen zum evolutionstheoretischen Fundament |
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Tso Wang hat folgendes geschrieben: | Dazu gibt es einen witzigen Cartoon:
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Grundsätzlich gebe ich Dir Recht, aber Du müsstest hier schon klarer darlegen, wie sich "irreduzibel komplexe Systeme" in dieses Schema einordnen. Das ist nicht ganz so einfach wie es scheint...
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#1812392) Verfasst am: 30.01.2013, 20:56 Titel: Re: Kritische Fragen zum evolutionstheoretischen Fundament |
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Isabella hat folgendes geschrieben: | Alle Individuen, die direkt oder indirekt miteinander kreuzbar sind, |
Im historischen Regress ist dann allerdings jede Spezies mit jeder kreuzbar - d.h. es gibt nur einen Grundtyp.
Wenn schon nicht Australophithecus (angenommen, es gäbe ihn heute noch) direkt mit Homo sapiens kreuzbar sein sollte, dann sicher Homo sapiens mit Homo erectus, Homo erectus wiederum mit den Habilinen, diese wiederum mit Homo rudolfensis, dieser dann mit dem Afar-Menschen...
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1812429) Verfasst am: 30.01.2013, 22:58 Titel: Re: Kritische Fragen zum evolutionstheoretischen Fundament |
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Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Tso Wang hat folgendes geschrieben: | Dazu gibt es einen witzigen Cartoon:
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Grundsätzlich gebe ich Dir Recht, aber Du müsstest hier schon klarer darlegen, wie sich "irreduzibel komplexe Systeme" in dieses Schema einordnen. Das ist nicht ganz so einfach wie es scheint... |
Gar nicht. Es gibt keine irreduzibel komplexen Systeme.
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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smallie resistent!?
Anmeldungsdatum: 02.04.2010 Beiträge: 3726
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(#1812439) Verfasst am: 30.01.2013, 23:09 Titel: Re: Kritische Fragen zum evolutionstheoretischen Fundament |
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Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Tso Wang hat folgendes geschrieben: | Dazu gibt es einen witzigen Cartoon:
<schnipp>
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Grundsätzlich gebe ich Dir Recht, aber Du müsstest hier schon klarer darlegen, wie sich "irreduzibel komplexe Systeme" in dieses Schema einordnen. Das ist nicht ganz so einfach wie es scheint... |
Jetzt fängst du auch noch an mit dem Zeug.
Und versteckst dein Argument in Pünktchen ...
Dann versteck' ich mich mal hinter einem Authoritätsargument. (Ja, sehr schäbig, ich weiß. ) Ein zentrales Thema in Stephen Goulds 1300-seitigem Spätwerk The Structure Of Evolutionary Theory ist Makroevolution. Der Begriff fällt, geschätzt, in dreistelliger Zahl. Vorkommen von "irreduzibel komplexe Systeme": null. zero. zip. nada.
Hat Gould etwas Wesentliches übersehen?
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#1812509) Verfasst am: 31.01.2013, 01:27 Titel: Re: Kritische Fragen zum evolutionstheoretischen Fundament |
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smallie hat folgendes geschrieben: | Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Tso Wang hat folgendes geschrieben: | Dazu gibt es einen witzigen Cartoon:
<schnipp>
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Grundsätzlich gebe ich Dir Recht, aber Du müsstest hier schon klarer darlegen, wie sich "irreduzibel komplexe Systeme" in dieses Schema einordnen. Das ist nicht ganz so einfach wie es scheint... |
Jetzt fängst du auch noch an mit dem Zeug. |
Mit welchem Zeug? Dass es irreduzibel komplexe Systeme gibt, ist selbst unter vielen Evolutionsbiologen unstrittig. Behe hatte diese Systeme ja klar definiert.
Dass solche Systeme durchaus schrittweise entstehen können, habe ich gar nicht bestritten. Nur steht das eben auf einem anderen Blatt, und es ist nicht ganz trivial, das zu zeigen.
smallie hat folgendes geschrieben: | Und versteckst dein Argument in Pünktchen ... |
Weil das Argument eben nicht ganz einfach zu entfalten ist. Man müsste mit "Doppelfunktionen", Funktionswechsel, Wegfall von redundanten Teilen, "side-effect hypothesis" etc. argumentieren. Das ist aber etwas anderes als jene "lineare Optimierung", welche die Pfeile in der netten Grafik andeuten.
smallie hat folgendes geschrieben: |
Dann versteck' ich mich mal hinter einem Authoritätsargument. (Ja, sehr schäbig, ich weiß. ) Ein zentrales Thema in Stephen Goulds 1300-seitigem Spätwerk The Structure Of Evolutionary Theory ist Makroevolution. Der Begriff fällt, geschätzt, in dreistelliger Zahl. Vorkommen von "irreduzibel komplexe Systeme": null. zero. zip. nada.
Hat Gould etwas Wesentliches übersehen? |
Hilf mir mal über die Straße, was ist ein argumentum ex silentio?
Frag doch El Schwalmo, ob sich Gould über Behe äußerte und wenn nicht, warum nicht.
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
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(#1812521) Verfasst am: 31.01.2013, 02:43 Titel: Re: Kritische Fragen zum evolutionstheoretischen Fundament |
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Hi Darwin Upheaval!
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Tso Wang hat folgendes geschrieben: |
Dazu gibt es einen witzigen Cartoon:
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Grundsätzlich gebe ich Dir Recht, aber Du müsstest hier schon klarer darlegen, wie sich "irreduzibel komplexe Systeme" in dieses Schema einordnen. Das ist nicht ganz so einfach wie es scheint... |
Die Rede von einem "irreduzibel komplexen System" tangiert doch nur einen geradezu klassischen Kategorienfehler.
IC ist bsw. eine Reise. Dabei lässt sich aber Reise nur insoweit 'reduzieren', als hierbei der Charakter 'Reise' nicht verloren geht. Wenn aber eine bestimmte [sic!] Reise aus 1000 Schritten besteht, lässt sich die Qualität 'Reise' in die Quantitäten 'Schritte' stufenlos auflösen ... .
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
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(#1812525) Verfasst am: 31.01.2013, 02:58 Titel: Re: Kritische Fragen zum evolutionstheoretischen Fundament |
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Hi Isabella!
Isabella hat folgendes geschrieben: |
Dazu fällt mir spontan die farbliche und geometrisch präzise Ausgestaltung und Musterbildung der Gehäuse von Mollusken (Schnecken, Muscheln) der Tiefsee (tiefer als 800m unter dem Meeresspiegel) ein. Die Tiefsee ist zweifellos eine aphotische Zone, in der sexuelle Selektionsfaktoren nicht von Relevanz gewesen sein können. Aus welchem Grunde und wie diese komplizierten Merkmale entstanden sein sollen, ist demnach die Frage. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass eine derartige Farbenpracht und Musterbildung ohne Selektion möglich sind.
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Das ist eine Argumentationsweise à la "Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht ... " (Der Stil hier kommt mir auch bekannt vor ). Das Betreffende nennt sich Musterbildung durch lokale Selbstverstärkung und langreichweitige Inhibition. Literaturhinweis:
Cheers,
Lamarck
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#1812526) Verfasst am: 31.01.2013, 03:25 Titel: Re: Kritische Fragen zum evolutionstheoretischen Fundament |
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Hi Isabella!
Isabella hat folgendes geschrieben: |
Fakt ist, es existieren wesensverwandte bzw. gleiche Strukturen und Funktionen bei verschiedenen Organismen. Diese bezeichnet man entweder als analoge oder als homologe Merkmale, wobei der Homologie-Begriff eben eine gemeinsame Abstammung unterstellt.
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Der Homologie-Begriff unterstellt nichts, der unterliegt einer Schlussfolgerung.
Isabella hat folgendes geschrieben: |
Vielleicht sind aber alle über den mikroevolutiven Bereich hinausgehenden "homologen Organe" in Wahrheit nur analoge Organe, die eben keinen gemeinsamen stammesgeschichtlichen Hintergrund haben? Es ist erneut eine Interpretationsfrage, denke ich...
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Nein, ist keine Interpretationsfrage. Zum theoretischen Hintergrund der Klassiker:
Remane, Adolf (1952): Die Grundlagen des natürlichen Systems, der vergleichenden Anatomie und der Phylogenetik.
Homologie läßt sich heute auch genetisch belegen (Hox-Gene).
Isabella hat folgendes geschrieben: |
PS: Wir wissen heute, dass der genetische Code nichts Universelles ist, da inzwischen ein paar Ausnahmen bekannt wurden, wozu beispielsweise auch die Mitochondrien gehören.
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Dies klingt so, als wäre Dir die Biologie der Mittelstufe nicht gerade vertraut. Zum Einstieg:
http://de.wikipedia.org/wiki/Endosymbiontentheorie
http://de.wikipedia.org/wiki/Mitochondriale_DNA
Isabella hat folgendes geschrieben: |
Wieso kann man jene Spezialität nicht als Design-Signal interpretieren?
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Kein Problem: Es ist selbstverständlich die Natur, die 'designt'. Traditionell findet hierzu allerdings der Begriff der Adaption Verwendung.
Cheers,
Lamarck
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kereng Privateer
Anmeldungsdatum: 12.12.2006 Beiträge: 3052
Wohnort: Hamburg
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(#1812542) Verfasst am: 31.01.2013, 09:04 Titel: Re: Kritische Fragen zum evolutionstheoretischen Fundament |
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Lamarck hat folgendes geschrieben: | Isabella hat folgendes geschrieben: | PS: Wir wissen heute, dass der genetische Code nichts Universelles ist, da inzwischen ein paar Ausnahmen bekannt wurden, wozu beispielsweise auch die Mitochondrien gehören. Wieso kann man jene Spezialität nicht als Design-Signal interpretieren? |
Dies klingt so, als wäre Dir die Biologie der Mittelstufe nicht gerade vertraut. |
Die Universalität des genetische Codes wird manchmal als Beleg für die gemeinsame Abstammung aller Lebewesen angeführt. Ich nehme an, dass Isabella infolgedessen die Ausnahmen von der Universalität als Design-Signal anführen möchte. Vielleicht habe ich ihr Argument aber auch falsch interpretiert.
Andererseits wird die Universalität des genetische Codes von Kreationisten so gedeutet, dass der Designer den optimalen Code immer wieder verwendete. Dann kann man Ausnahmen nicht als Design-Signal interpretieren.
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#1812598) Verfasst am: 31.01.2013, 14:23 Titel: Re: Kritische Fragen zum evolutionstheoretischen Fundament |
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Lamarck hat folgendes geschrieben: | Hi Darwin Upheaval!
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Tso Wang hat folgendes geschrieben: |
Dazu gibt es einen witzigen Cartoon:
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Grundsätzlich gebe ich Dir Recht, aber Du müsstest hier schon klarer darlegen, wie sich "irreduzibel komplexe Systeme" in dieses Schema einordnen. Das ist nicht ganz so einfach wie es scheint... |
Die Rede von einem "irreduzibel komplexen System" tangiert doch nur einen geradezu klassischen Kategorienfehler.
IC ist bsw. eine Reise. Dabei lässt sich aber Reise nur insoweit 'reduzieren', als hierbei der Charakter 'Reise' nicht verloren geht. Wenn aber eine bestimmte [sic!] Reise aus 1000 Schritten besteht, lässt sich die Qualität 'Reise' in die Quantitäten 'Schritte' stufenlos auflösen ... .
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Wenn die Reise nun aber über den Himalaya führte, würdest Du Dich schwer tun, am Zielort anzukommen. Selbiges gilt für eine Reise zum Mond. Du kannst eine Leiter erklimmen, den Baum hochklettern und freudig bemerken, dass Deine Reise bereits begonnen habe und Du dem Mond 3 Schritte näher gekommen seist. Die Frage ist, ob Du auf diese Weise tatsächlich zum Mond gelangst
Selbstverständlich muss hier die Modellbildung tragfähige Erklärungen liefern. Du kannst aber nie sicher sein, ob ein postulierter Evolutionsweg (gradualistisch) "realisierbar" ist. Es ist die Frage, wer hier letztlich die Beweislast trägt: Der Evolutionsbiologe, der (oft nur vage) Modelle präsentiert oder der Kreazzi, der skeptisch bleibt und "die Karten sehen" möchte.
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#1812603) Verfasst am: 31.01.2013, 14:37 Titel: Re: Kritische Fragen zum evolutionstheoretischen Fundament |
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Isabella hat folgendes geschrieben: | PS: Wir wissen heute, dass der genetische Code nichts Universelles ist, da inzwischen ein paar Ausnahmen bekannt wurden, wozu beispielsweise auch die Mitochondrien gehören. Wieso kann man jene Spezialität nicht als Design-Signal interpretieren? |
Interpretieren kann man viel; die Frage ist, ob die Interpretation einem die Fakten nahe bringt oder ob sie derart viele unbegründeten Zusatzannahmen enthält, dass sie niemand akzeptieren würde, der nicht ohnehin schon (a priori) an sie glaubt.
Zum genetischen Code (ich zitiere mich mal selbst): Man fand tatsächlich vor etlichen Jahren Abweichungen im Code, die vor allem die Mitochondrien der Säugetiere betreffen. So codiert in den Mitochondrien das Basentriplett UGA für die Aminosäure Tryptophan, während es im "universellen Code" die Aufgabe des Stopcodons übernimmt. Andererseits sind die Tripletts AGA und AGG in den Mitochondrien Stop-Signale, während sie im universellen Code für die Aminosäure Arginin stehen. Besonders auffällig ist hier, dass der mittleren Base G (Guanin) in der Frühzeit der Entstehung des genetischen Codes offenbar eine variable Bedeutung zukam.
Es erheben sich in diesem Zusammenhang vornehmlich drei Fragen: Warum codiert ein bestimmtes Basen-Triplett für eine bestimmte Aminosäure? Wie entwickelte sich der genetische Code, und lassen sich schließlich die Abweichungen im Code mit dem gängigen Entstehungsmodell erklären?
M.E. lassen sich die Ausnahmen vom kanonischen Code sehr gut mit dem derzeit favorisierten Entstehungsmodell erklären: Die rezenten Organismen haben einen nichtüberlappenden, kommafreien Triplettcode, das heißt, jeweils 3 Nucleotidbasen auf der RNA/DNA kodieren für eine Aminosäure, die mit anderen zu einem Protein aneinandergereiht werden. Der Code ist heute eindeutig, das bedeutet, jedes Basentriplett codiert nur für eine einzige Aminosäure. Gleichzeitig ist er stark degeneriert, für die meisten Aminosäuren stehen mehrere Triplettcodes zur Verfügung. Schließlich fällt auf, dass die dritte Base stark variieren kann, ohne dass das Codon seine Bedeutung verliert; "informationsrelevant" sind also vorwiegend die ersten beiden Basen. Entsprechend der 4 Basen existieren 4³ = 64 Kombinationsmöglichkeiten. Wenn nun durchschnittlich jeweils drei Codons für die 21 natürlich vorkommenden Aminosäuren codieren, bleiben drei Tripletts übrig, die als Stop-Codons beim Ablesen des genetischen Codes fungieren.
Versucht man aus dem heutigen Zustand die Entstehungsgeschichte des genetischen Codes nachzuvollziehen, so ergibt sich folgendes Bild: Die Variabilität der dritten Base im Codon legt nahe, dass sie zunächst in allen Fällen entbehrlich war. Es existierte also wahrscheinlich ein Dublett-Code, der für 4² = 16 Aminosäuren codieren konnte. Der Code wäre für die 13 in Simulationsexperimenten in bedeutenden Mengen gewonnenen Aminosäuren ausreichend gewesen, wobei bei 64 unterschiedlichen Tripletts jeder Aminosäure vier Codons zugeordnet gewesen wären. Interessanterweise besitzen heute noch sechs der just in Simulationsversuchen erhaltenen Aminosäuren 4 Codons; die Beobachtung kann mit dem Modell also ganz gut erklärt werden.
In einem noch früheren Stadium könnte evenutell nur die mittlere Codonbase über die zugehörige Aminosäure entschieden haben, die Aminosäuren also gruppenweise einer einzigen Base zugeordnet gewesen sein. Dieser primitive Zustand war mehrdeutig, jedes Triplett codierte also für mehrere Aminosäuren gleichzeitig. Tatsächlich codiert im heutigen Code U als mittlere Base für die hydrophoben Aminosäuren, C für die intermediären und G sowie A für die polaren und amidischen Aminosäuren (wie Arginin, Tryptophan usw.) sowie für den Stop-Befehl. Es scheint also, als ob der rezente Code aus einem mehrdeutigen protobiontischen Zustand hervorgegangen ist, in dem alle mittleren Basen gruppenweise für Aminosäuren codierten, wobei A und G für Stop-Codons und polare sowie amidische Basen gleichzeitig codierten.
Das Entstehungsmodell erklärt demnach, weshalb AGA, AGG sowie UGA einmal als Stop-Codons fungieren und einmal für Arginin und Tryptophan (als Stellvertreter der Gruppe der amidischen Aminosäuren) codieren. Die Ausnahmen im genetischen Code sind somit kein "Problemfall", sondern entsprechen den Erwartungen des Entstehungsmodells: Es ist davon auszugehen, dass die Abweichungen vom Universalcode bereits zu einer Zeit auftraten, in der der Code noch mehrdeutig war, ein Umstand, der mit der Endosymbiontenhypothese der Zellbiologie konform geht. Ihr zufolge sind urtümliche Eubakterien mit Urprokaryonten-Zellen verschmolzen, während erstere zu Mitochondrien, den "Kraftwerken" der modernen Eucyte, wurden.
Interessant ist, dass nicht irgendwelche mittleren Basen (wie etwa Uracil oder Cytosin) für den Stopbefehl codieren, sondern sowohl im universellen wie auch im mitochondrischen Code die Basen Guanin oder Adenin. Ebenso interessant ist der Umstand, dass im Mitochondrialcode die zweite Guaninbase nicht für irgendeine Aminosäure codiert, sondern just für eine amidische, nämlich für das Tryptophan, genauso, wie es das Modell erwarten lässt. Die Beobachtungen verhalten sich mit anderen Worten konsistent zum Evolutionsmodell, wenn man annimmt, dass sich in bestimmten Eubakterien und den Urkaryonten die Gencodes beim sukzessiven Übergang vom mehrdeutigen Einbasencode zum rezenten Triplettcode im Sinne des favorisierten Modells unterschiedlich spezialisierten, bevor sie eine Endosymbiose eingingen.
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#1812608) Verfasst am: 31.01.2013, 14:51 Titel: Re: Kritische Fragen zum evolutionstheoretischen Fundament |
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Hi Darwin Upheaval!
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Wenn die Reise nun aber über den Himalaya führte, würdest Du Dich schwer tun, am Zielort anzukommen. Selbiges gilt für eine Reise zum Mond. Du kannst eine Leiter erklimmen, den Baum hochklettern und freudig bemerken, dass Deine Reise bereits begonnen habe und Du dem Mond 3 Schritte näher gekommen seist. Die Frage ist, ob Du auf diese Weise tatsächlich zum Mond gelangst
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Ich sagte doch: IC beinhaltet einen klassischen Kategorienfehler ... .
Eine Reise zum Mond besteht eben nicht aus 1000 Schritten, oder?
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Selbstverständlich muss hier die Modellbildung tragfähige Erklärungen liefern. Du kannst aber nie sicher sein, ob ein postulierter Evolutionsweg (gradualistisch) "realisierbar" ist. Es ist die Frage, wer hier letztlich die Beweislast trägt: Der Evolutionsbiologe, der (oft nur vage) Modelle präsentiert oder der Kreazzi, der skeptisch bleibt und "die Karten sehen" möchte.
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Deshalb sagte ich auch: Wenn aber eine bestimmte [sic!] Reise aus 1000 Schritten besteht ... .
IC lebt davon, eine diskrete Forderung aufzustellen (Wenn etwas als Reise bezeichnet wird, wenn dieses Etwas aus 1000 Schritten besteht, ist es auch dann eine Reise, wenn nur 999 Schritte dafür benötigt werden? Wie ist es mit 20 Schritten oder weniger?).
IC-Vertreter tätigen eine Allaussage, es ist nicht nötig, unmögliche oder schwierige Wege zu widerlegen. - Warum sollte sich denn ausgerechnet der Evoluzzer genötigt sehen, sich auf Unbekanntes bzw. Unmögliches zu stützen?! Es genügt, zu zeigen, dass IC nicht mal mit simplen Fällen zurechtkommt. Wie Du siehst, lässt sich die IC-Behauptung formal recht einfach per klassischem indirekten Beweis (reductio ad absurdum) erledigen ... .
Cheers,
Lamarck
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Zuletzt bearbeitet von Lamarck am 31.01.2013, 15:17, insgesamt 2-mal bearbeitet |
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#1812613) Verfasst am: 31.01.2013, 15:14 Titel: Re: Kritische Fragen zum evolutionstheoretischen Fundament |
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Hi kereng!
kereng hat folgendes geschrieben: |
Lamarck hat folgendes geschrieben: |
Isabella hat folgendes geschrieben: |
PS: Wir wissen heute, dass der genetische Code nichts Universelles ist, da inzwischen ein paar Ausnahmen bekannt wurden, wozu beispielsweise auch die Mitochondrien gehören. Wieso kann man jene Spezialität nicht als Design-Signal interpretieren?
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Dies klingt so, als wäre Dir die Biologie der Mittelstufe nicht gerade vertraut.
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Die Universalität des genetische Codes wird manchmal als Beleg für die gemeinsame Abstammung aller Lebewesen angeführt. Ich nehme an, dass Isabella infolgedessen die Ausnahmen von der Universalität als Design-Signal anführen möchte. Vielleicht habe ich ihr Argument aber auch falsch interpretiert.
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Nun, Du siehst das hier schon richtig. Genau so läuft der Gedanke bei den ultra-naiven Kreazzis.
kereng hat folgendes geschrieben: |
Andererseits wird die Universalität des genetische Codes von Kreationisten so gedeutet, dass der Designer den optimalen Code immer wieder verwendete. Dann kann man Ausnahmen nicht als Design-Signal interpretieren.
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Auf diese Ausflüchte kommen dann diejenigen, die mit obigen hereingefallen sind. Natürlich unterscheidet sich die mtDNA strukturell von der DNA der Eukaryoten; sie sind eben hierin den Prokaryoten ähnlich. Das menschliche nukleäre Genom enthält übrigens mtDNA-ähnliche Sequenz-Abschnitte. Du kannst auf diesem Wege ähnliches postulieren, wie mit Deinen geliebten ERVs ... .
Cheers,
Lamarck
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Wolf359 registrierter User
Anmeldungsdatum: 31.01.2013 Beiträge: 1482
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#1812643) Verfasst am: 31.01.2013, 16:37 Titel: Re: Kritische Fragen zum evolutionstheoretischen Fundament |
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Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Mit welchem Zeug? Dass es irreduzibel komplexe Systeme gibt, ist selbst unter vielen Evolutionsbiologen unstrittig. Behe hatte diese Systeme ja klar definiert. |
das Problem besteht IMAO darin, dass 'irreduzibel komplex' in (mindestens) zwei Bedeutungen verwendet wird, und zwar von beiden Seiten:
1. System, dessen Funktion vollkommen verschwindet, wenn man ein beliebiges Teil entfernt
2. System, das ohne Design nicht entstehen kann.
Dass es Systeme im ersten Sinn gibt, scheint mir sicher zu sein, obwohl selbst Junker einräumt, dass bisher noch von keinem System experimentell gezeigt werden konnte, dass es in diesem Sinn irreduzibel komplex ist.
Wenn man
folgt, können derartige Systeme tatsächlich nicht so entstehen, wie Dawkins sich das vorstellt. Aber Du hast vollkommen Recht:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Dass solche Systeme durchaus schrittweise entstehen können, habe ich gar nicht bestritten. Nur steht das eben auf einem anderen Blatt, und es ist nicht ganz trivial, das zu zeigen. |
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Frag doch El Schwalmo, ob sich Gould über Behe äußerte und wenn nicht, warum nicht. |
Gute Frage. Ich habe natürlich nicht alles gelesen, was Gould geschrieben hat, aber ich kann mich nicht erinnern, von ihm etwas zu Irreduzibler Komplexität gelesen zu haben. Vermutlich auf der einen Seite, weil er sich hinsichtlich Intelligent Design vor allem mit Johnson und meist über Fossilbefund gekabbelt hat, vermutlich hat er sich auch weniger mit Biochemie befasst.
Selbst Dawkins lehnte ja eine Diskussion im Fernsehen mit Behe ab, weil er davon ausging, dass seine Kenntnisse in Biochemie nicht für eine derartige Diskussion reichten. Aber Dawkins hat schon Jahre bevor Behe den Begriff Irreduzible Komplexität prägte, exakt dasselbe Phänomen mit den Begriff 'brittle' bezeichnet. Behe hat auch eingeräumt, dass Dawkins das Konzept der Irreduziblen Komplexität verstanden hat. Leider haben viele Kritiker das Konzept nicht verstanden und daher oft an Behe vorbei argumentiert.
_________________ Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)
Der Christengott ist immens schwach!
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#1812658) Verfasst am: 31.01.2013, 17:36 Titel: Re: Kritische Fragen zum evolutionstheoretischen Fundament |
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Lamarck hat folgendes geschrieben: | Hi Darwin Upheaval!
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Wenn die Reise nun aber über den Himalaya führte, würdest Du Dich schwer tun, am Zielort anzukommen. Selbiges gilt für eine Reise zum Mond. Du kannst eine Leiter erklimmen, den Baum hochklettern und freudig bemerken, dass Deine Reise bereits begonnen habe und Du dem Mond 3 Schritte näher gekommen seist. Die Frage ist, ob Du auf diese Weise tatsächlich zum Mond gelangst
|
Ich sagte doch: IC beinhaltet einen klassischen Kategorienfehler ... .
Eine Reise zum Mond besteht eben nicht aus 1000 Schritten, oder?
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Selbstverständlich muss hier die Modellbildung tragfähige Erklärungen liefern. Du kannst aber nie sicher sein, ob ein postulierter Evolutionsweg (gradualistisch) "realisierbar" ist. Es ist die Frage, wer hier letztlich die Beweislast trägt: Der Evolutionsbiologe, der (oft nur vage) Modelle präsentiert oder der Kreazzi, der skeptisch bleibt und "die Karten sehen" möchte.
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Deshalb sagte ich auch: Wenn aber eine bestimmte [sic!] Reise aus 1000 Schritten besteht ... . |
Der Witz ist doch, dass man üblicherweise nur das Ziel [z.B. Flagelle] kennt und (bestenfalls) den Ausgangspunkt [z.B. T3SS]. Ob die "Reise" aus evolutionärer Sicht möglich war, ob 100 kleine, durch die Selektion positiv bewertete Schritte genügten oder ob ein "Gebirge" im Weg stand, das nicht gradualistisch passiert werden konnte ("mount improbable"), ist doch gerade die Frage.
Wir können nur Vermutungen darüber anstellen, dass es durch Mutation/Selektion wahrscheinlich funktionierte, aus einem T3SS eine Flagelle evoluieren "zu lassen". Wir können Modelle darüber aufstellen, die mehr oder weniger vage bzw. mehr oder weniger konkret sind. Optimistisch sind wir hauptsächlich deshalb, weil der allgemeine Rahmen (Evolutionstheorie, Deszendenztheorie) wohlbestätigt ist, aber nicht deshalb, weil wir die mechanismische Route von einem T3SS zu einer Flagelle genau kennen würden.
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
IC lebt davon, eine diskrete Forderung aufzustellen (Wenn etwas als Reise bezeichnet wird, wenn dieses Etwas aus 1000 Schritten besteht, ist es auch dann eine Reise, wenn nur 999 Schritte dafür benötigt werden? Wie ist es mit 20 Schritten oder weniger?). |
Wie gesagt, es geht im Zusammenhang mit IC-Systenen nicht darum, ob eine Reise mit 20 oder 200 Schritten p.d. eine "Reise" ist, sondern darum, ob das Ziel (gradualistisch) überhaupt erreichbar ist. Genauer: ob zwei verschiedene "Basisfunktionszustände" mutativ "überbrückbar" und in selektionspositive Zwischenschritte unterteilbar sind.
Diese nette Grafik hier
setzt das, was es zu zeigen gälte, eigentlich schon voraus, nämlich dass auch die komplexesten Systeme gradualistisch "aufgebaut" werden können, in diesem Fall noch dazu linear (wobei gradualistisch ungleich linear...)
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#1812661) Verfasst am: 31.01.2013, 17:49 Titel: Re: Kritische Fragen zum evolutionstheoretischen Fundament |
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Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | setzt das, was es zu zeigen gälte, eigentlich schon voraus, nämlich dass auch die komplexesten Systeme gradualistisch "aufgebaut" werden können, in diesem Fall noch dazu linear (wobei gradualistisch ungleich linear...) |
yepp.
Noch deutlicher kann man es an Dawkins Mount Improbable machen. Dawkins schildert sehr überzeugend, dass man einen Berg, der auf der einen Seite eine beeindruckende Steilwand aufweist, problemlos mit kleinen Schritten besteigen kann, wenn auf der Rückseite eine Rampe vorhanden ist.
Wenn man aber Berge wie im Death Valley hat, die ringsum von einer Steilwand umgeben sind, klappt das Verfahren (wende Dich zufällig in eine Richtung, wenn der Schritt möglich ist und nach oben führt, gehe in diese Richtung, ansonsten ändere die Richtung usw.) prinzipiell nicht.
_________________ Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)
Der Christengott ist immens schwach!
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Tso Wang Vergiß es
Anmeldungsdatum: 21.09.2003 Beiträge: 1433
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(#1812698) Verfasst am: 31.01.2013, 19:06 Titel: Re: Kritische Fragen zum evolutionstheoretischen Fundament |
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Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Tso Wang hat folgendes geschrieben: | Dazu gibt es einen witzigen Cartoon:
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Grundsätzlich gebe ich Dir Recht, aber Du müsstest hier schon klarer darlegen, wie sich "irreduzibel komplexe Systeme" in dieses Schema einordnen. Das ist nicht ganz so einfach wie es scheint... |
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Ich hab mir mal ein paar Gedanken dazu gemacht, da ich mich mit diesem Thema vorher noch nicht beschäftigt habe. Bei Wortneuschöpfungen könnte genauso die Gegenfrage stellen, ob denn komplexe Irreduzibilität "perduzibel illegitim" sei ?
Wenn ich eine Zeitung benutze, um mir Wind zuzufächern, hat das Ganze keiner komplexen Entwicklungsgeschichte von Fächern bedurft (dabei können sogar eine Vielzahl von Seiten oder gar die Heftklammern fehlen). Sind "Funktionswechsel" gemäß Behe in der Natur denn verboten ?
Irreduzible Komplexität ist m.E. sogar ein Kuckucksei, das sich Kreationisten ins eigene Nest gesetzt haben, da diese These sehr schön beschreibt, daß auf kein hin Ziel zugesteuert wird, sondern sich der Sinn einer Sache/Funktion erst durch die Interpretation seiner Anwendung im Nachhinein ergibt.
Zustände bzw. Mechanismen, die latent vorhanden oder vielleicht schon wieder "nutzlos" geworden sind, können doch bspw. in einer anderen Umgebung plötzlich eine völlig neue Spielwiese finden, sodaß es hinterher so aussieht, als sei die neue Funktion aus einer gezielten und komplizierten Entwicklung hervorgegangen. Wenn ich einem Eisenbahnwagon die Räder entferne, ist er kein funktionierender Eisenbahnwagon mehr, aber ich kann ihn als Wohnraum nutzen und da wir uns zu intelligenten Designern entwickelt haben, können wir manche Wege auch umkehren.
Ein gesunkenes Schiff kann hervorragend als Behausung für Fische dienen, eine gezielt irreduzible komplexe Entwicklung für dieses neue Eigeheim würde ich nicht daraus ableiten wollen. Genausowenig wie H2O eine gezielt komplexe Entwicklung genommen hat. Es ist in der "Umgebung Jupitermond Europa" recht "unflexibel". In der "Umgebung Erde" ist es ein Medium unzähliger chemischer Reaktionen. Es sei denn, man will die Funktion von H2O noch weiter herunterbrechen und beispielweise den Sauerstoff entfernen. Das Spiel kann man natürlich bis zu den Elementarteilchen weitertreiben, um zu zeigen, daß die Dinge in ihrer Entstehung voneinander abhängig sind ("dependent Origination"). Diese Seite der komplexen Irreduzibilität kann man ja kaum in Abrede stellen, aber was soll das denn beweisen ?
Ach ja, das Bild würde im unteren Bereich (kleine Pfeile) dann in etwa so aussehen (die Zahlen sind hier nicht relevant):
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_________________ Geh' weiter
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#1812704) Verfasst am: 31.01.2013, 19:10 Titel: Re: Kritische Fragen zum evolutionstheoretischen Fundament |
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Hi Darwin Upheaval!
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Der Witz ist doch, dass man üblicherweise nur das Ziel [z.B. Flagelle] kennt und (bestenfalls) den Ausgangspunkt [z.B. T3SS]. Ob die "Reise" aus evolutionärer Sicht möglich war, ob 100 kleine, durch die Selektion positiv bewertete Schritte genügten oder ob ein "Gebirge" im Weg stand, das nicht gradualistisch passiert werden konnte ("mount improbable"), ist doch gerade die Frage.
Wir können nur Vermutungen darüber anstellen, dass es durch Mutation/Selektion wahrscheinlich funktionierte, aus einem T3SS eine Flagelle evoluieren "zu lassen". Wir können Modelle darüber aufstellen, die mehr oder weniger vage bzw. mehr oder weniger konkret sind.
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Sei nicht so im Detail gefangen, schaue lieber noch einmal genauer hin, was ich gemacht habe!
Selbstverständlich wäre es interessant zu wissen, ob und wie bsw. ein Flagellum aus dem T3SS hervorgegangen ist. Dies ist allerdings nicht nötig, um das IC-Konzept zu widerlegen.
Möge also Behe behaupten, ein x sei IC. Damit verknüpft er ein Ding mit einer Eigenschaft, er charakterisiert also. Die Behauptung kann er allerdings nicht belegen; es ist ein argumentum ad ignorantiam in Reinform. Als Anschauung:
Mit x soll ein Auto bezeichnet werden, welches sich auf einen Parkplatz befindet (Fahrzeug zusammen mit Parkplatz sind also ein IC-System, Fahrzeug und Parkplatz jeweils für sich ebenfalls). Behe mag nun behaupten, dieses Auto mit Parkplatz wäre IC, während Du Dir den Kopf zerbrichst, wie das Fahrzeug hierhergekommen sein mag: Mit dem einäugigen Rentner, der nach dem Banküberfall dieses nach einer Fluchtfahrt über die Hauptstraße schließlich dort abgestellt hat, mittels Autotransporter, ... . Behe behauptet nun, da nicht ersichtlich ist, auf welchen Wege es dazu nun gekommen ist, Fahrzeug mit Parkplatz zu verbinden, nun einfach, es ist nirgendwo hergekommen; vielmehr sei Fahrzeug samt Parkplatz vom Himmel erschienen. Natürlich ist sein Nicht-Weg, der aus dem Nichtvorhandensein von Wegen resultiert, ebenfalls ein Weg ... .
Behe behauptet letztlich: Ich habe keine Erklärung, also ist die Nichterklärung meine Erklärung.
Wohlgemerkt: Das geschilderte Szenario schließt nicht aus, dass das Fahrzeug mit seinem Parkplatz tatsächlich durch Wunder bedingt wurde. Aber Behe kann mit seinem IC-Konzept nichts anfangen, weil dieses aus nichts weiter besteht, als aus Nichtwissen. Meine ständige Rede: Aus Nichtwissen folgt kein Wissen, sondern vielmehr nichts weiter.
Näher besehen unterscheidet sich das IC-Konzept in nichts von der Uhrmacher-Analogie von Paley.
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Optimistisch sind wir hauptsächlich deshalb, weil der allgemeine Rahmen (Evolutionstheorie, Deszendenztheorie) wohlbestätigt ist, aber nicht deshalb, weil wir die mechanismische Route von einem T3SS zu einer Flagelle genau kennen würden.
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Ist es nötig, zu zeigen, dass eine Gravitationstheorie nur dann gilt, wenn Gravitation in jedem Winkel des Universums auftritt?
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Wie gesagt, es geht im Zusammenhang mit IC-Systenen nicht darum, ob eine Reise mit 20 oder 200 Schritten p.d. eine "Reise" ist, sondern darum, ob das Ziel (gradualistisch) überhaupt erreichbar ist. Genauer: ob zwei verschiedene "Basisfunktionszustände" mutativ "überbrückbar" und in selektionspositive Zwischenschritte unterteilbar sind.
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IC stellt im Eigentlichen nur die grundlos geführte Behauptung dar, den genauen Ablauf zu kennen, weil der Ablauf nicht bekannt ist. Diese Verschleierung durch Widersinn ist typisch für das Ignoranzargument.
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Diese nette Grafik hier setzt das, was es zu zeigen gälte, eigentlich schon voraus, nämlich dass auch die komplexesten Systeme gradualistisch "aufgebaut" werden können, in diesem Fall noch dazu linear (wobei gradualistisch ungleich linear...)
|
Was ist denn ein System, was ein gradualistischer Aufbau? Wenn Du genau hinschaust, handelt sich bei dem Aufbau von Systemen nur um ein statistisches Sortierproblem ... .
Noch einmal zum Abschluss: Es reicht aus, zu zeigen, dass IC ein Ignoranzargument ist. IC spielt auf dem wisenschaftstheoretischen Feld und wird durch Wissenschaftstheorie erledigt ... .
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
Zuletzt bearbeitet von Lamarck am 31.01.2013, 19:46, insgesamt einmal bearbeitet |
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Tso Wang Vergiß es
Anmeldungsdatum: 21.09.2003 Beiträge: 1433
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(#1812713) Verfasst am: 31.01.2013, 19:18 Titel: Re: Kritische Fragen zum evolutionstheoretischen Fundament |
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | setzt das, was es zu zeigen gälte, eigentlich schon voraus, nämlich dass auch die komplexesten Systeme gradualistisch "aufgebaut" werden können, in diesem Fall noch dazu linear (wobei gradualistisch ungleich linear...) |
yepp.
Noch deutlicher kann man es an Dawkins Mount Improbable machen. Dawkins schildert sehr überzeugend, dass man einen Berg, der auf der einen Seite eine beeindruckende Steilwand aufweist, problemlos mit kleinen Schritten besteigen kann, wenn auf der Rückseite eine Rampe vorhanden ist.
Wenn man aber Berge wie im Death Valley hat, die ringsum von einer Steilwand umgeben sind, klappt das Verfahren (wende Dich zufällig in eine Richtung, wenn der Schritt möglich ist und nach oben führt, gehe in diese Richtung, ansonsten ändere die Richtung usw.) prinzipiell nicht. |
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Muss denn komplexe Entwicklung prinzipiell im Sinne von "nach oben" betrachtet werden ? Kann denn Entwicklung nicht auch aus dem Blickwinkel in Richtung "nach unten" betrachtet werden, wie beispielsweise ein Gebirgsfluss, der aus einem engen Flussbett plötzlich auf ein großes breites Tal trifft und sich dort "entfalten" kann (Delta) ?
Ist nur mal so ein Gedanke.
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_________________ Geh' weiter
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#1812727) Verfasst am: 31.01.2013, 19:35 Titel: Re: Kritische Fragen zum evolutionstheoretischen Fundament |
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Hi El Schwalmo!
El Schwalmo hat folgendes geschrieben: |
das Problem besteht IMAO darin, dass 'irreduzibel komplex' in (mindestens) zwei Bedeutungen verwendet wird, und zwar von beiden Seiten:
1. System, dessen Funktion vollkommen verschwindet, wenn man ein beliebiges Teil entfernt
2. System, das ohne Design nicht entstehen kann.
Dass es Systeme im ersten Sinn gibt, scheint mir sicher zu sein, obwohl selbst Junker einräumt, dass bisher noch von keinem System experimentell gezeigt werden konnte, dass es in diesem Sinn irreduzibel komplex ist.
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Eine Funktion findet sich nur bei Subsystemen, die damit einem System untergeordnet ist. Dein Fahrrad hat die Funktion, Dich mit diesem Subsystem zum System Fahrradfahrer machen zu können. Ein El Schwalmo ist also analog dann ein Subsystem mit einer gewissen Funktion, wenn sich ein Gott findet, der einen Heilsplan mit ihm vorhat.
Wenn Dir bei Deinem Fahrrad das Hinterrad geklaut wird, ist Fall (1) erfüllt; ohne Hinterrad gibt es kein System Fahrradfahrer - es sei denn, Du findest ein Ersatzhinterrad und baust es ein. Bis dahin handelt es sich um ein potentielles System 'Fahrradfahrer' (Solche Propensitäten sind allerdings wissenschaftstheoretisch erst recht interessant ...).
Zu Fall (2): Systeme entstehen nicht 'ohne Design'. Der Überbegriff hier ist Kausalität. Damit ist es die Natur, die in der Lage ist, zu designen. Was im Falle der Natur nur fehlt, ist einzig eine Absicht. Mit dem Fehlen einer Absicht gibt es jedoch keinerlei Funktion (Wie sich allerdings das Potential 'Absicht' emergent in einer nicht-teleologischen Umgebung heraus entwickeln kann, habe ich an anderer Stelle ausgeführt).
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#1812758) Verfasst am: 31.01.2013, 20:23 Titel: Re: Kritische Fragen zum evolutionstheoretischen Fundament |
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Lamarck hat folgendes geschrieben: | Hi Darwin Upheaval!
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Der Witz ist doch, dass man üblicherweise nur das Ziel [z.B. Flagelle] kennt und (bestenfalls) den Ausgangspunkt [z.B. T3SS]. Ob die "Reise" aus evolutionärer Sicht möglich war, ob 100 kleine, durch die Selektion positiv bewertete Schritte genügten oder ob ein "Gebirge" im Weg stand, das nicht gradualistisch passiert werden konnte ("mount improbable"), ist doch gerade die Frage.
Wir können nur Vermutungen darüber anstellen, dass es durch Mutation/Selektion wahrscheinlich funktionierte, aus einem T3SS eine Flagelle evoluieren "zu lassen". Wir können Modelle darüber aufstellen, die mehr oder weniger vage bzw. mehr oder weniger konkret sind.
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Sei nicht so im Detail gefangen, schaue lieber noch einmal genauer hin, was ich gemacht habe!
Selbstverständlich wäre es interessant zu wissen, ob und wie bsw. ein Flagellum aus dem T3SS hervorgegangen ist. Dies ist allerdings nicht nötig, um das IC-Konzept zu widerlegen.
Möge also Behe behaupten, ein x sei IC. Damit verknüpft er ein Ding mit einer Eigenschaft, er charakterisiert also. Die Behauptung kann er allerdings nicht belegen; es ist ein argumentum ad ignorantiam in Reinform. Als Anschauung:
Mit x soll ein Auto bezeichnet werden, welches sich auf einen Parkplatz befindet (Fahrzeug zusammen mit Parkplatz sind also ein IC-System, Fahrzeug und Parkplatz jeweils für sich ebenfalls). Behe mag nun behaupten, dieses Auto mit Parkplatz wäre IC, während Du Dir den Kopf zerbrichst, wie das Fahrzeug hierhergekommen sein mag: Mit dem einäugigen Rentner, der nach dem Banküberfall dieses nach einer Fluchtfahrt über die Hauptstraße schließlich dort abgestellt hat, mittels Autotransporter, ... . Behe behauptet nun, da nicht ersichtlich ist, auf welchen Wege es dazu nun gekommen ist, Fahrzeug mit Parkplatz zu verbinden, behauptet er nun, es ist nirgendwo hergekommen; vielmehr sei Fahrzeug samt Parkplatz vom Himmel erschienen. Natürlich ist sein Nicht-Weg, der aus dem Nichtvorhandensein von Wegen resultiert, ebenfalls ein Weg ... .
Behe behauptet letztlich: Ich habe keine Erklärung, also ist die Nichterklärung meine Erklärung. |
Freilich glaubt Behe, wie alle übrigen IC-Vertreter, ans "herzallerliebste Jesulein", und es ist wissenschaftstheoretisch einfach zu zeigen, dass von der Empirie kein logisch kraftschlüssiger Weg von der Empirie zu einem übernatürlichen Agens hinführt. Formal ist aber zwischen der IC-Definition ("Systeme sind irreduzibel komplex, wenn..."), dem IC-Argument hinsichtlich der Unmöglichkeit einer schrittweisen (kumulativen) Evolution und dem Schluss auf Design zu unterscheiden. Soll heißen: Auch wenn Du dem Schluss auf ID wissenschaftstheoretisch das Wasser abgräbst, tangiert dies das IC-Argument zunächst einmal gar nicht.
Dein Automobil-Beispiel ist deshalb nicht überzeugend, weil das "korrekte" IC-Argument anders lauten müsste: Behe behauptet zunächst nicht, das Auto sei "nirgendwo hergekommen" bzw. "samt Parkplatz vom Himmel erschienen". Vielmehr behauptet er, um im Bilde zu bleiben, dass das Auto nicht "von selbst" den Brennerpass hinauf gerollt sein und dort zum Stehen gekommen sein könne, vielmehr müsse das Auto gezielt dort hin gesteuert worden sein.
Die Problemstellung ist also eine andere: Es geht nicht darum, aus ID die Luft heraus zu lassen (das ist einfach), sondern aus dem IC-Argument. Das ist natürlich ohne weiteres möglich - etwa, indem man darauf abhebt, dass die Kritik am "direkten Darwinschen Weg" eher ein Strohmann-Argument ist, da sich (unter Berücksichtigung von Funktionswechsel u.dgl.) das IC-Argument von selbst wieder aus der Beheschen Argumentation heraus kürzt - übrig bleibt, wie Du selbst festgestellt hat, das argumentum ad ignorantiam. Aber, und darauf kam es mir an, es gibt keinen Weg zu belegen, dass alle irreduzibel komplexen Biosysteme (vermutlich nicht mal die meisten) durch die bekannten Mechanismen der Evolution zustande kommen können. Auch wenn es Modelle gibt - gewisse Zweifel bleiben. Ich vermute, wenn Dir Pegasus erscheinen würde oder beispielsweise eines der folgenden Wesen, würden sich auch bei Dir Zweifel an der Evoluierbarkeit einstellen, oder nicht?
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Lamarck hat folgendes geschrieben: | Wohlgemerkt: Das geschilderte Szenario schließt nicht aus, dass das Fahrzeug mit seinem Parkplatz tatsächlich durch Wunder bedingt wurde. Aber Behe kann mit seinem IC-Konzept nichts anfangen, weil dieses aus nichts weiter besteht, als aus Nichtwissen. Meine ständige Rede: Aus Nichtwissen folgt kein Wissen, sondern vielmehr nichts weiter. |
Selbstverständlich, aber es ging ja um etwas ganz anderes: um die Frage, ob sich "Makroevolution" (was immer das auch bedeuten mag), am konkreten Beispiel eines IC-Systems erörtert, kumulativ und graduell, über viele einzelne kleine Schritte verlaufen kann. Das gälte es zu zeigen.
Lamarck hat folgendes geschrieben: |
Näher besehen unterscheidet sich das IC-Konzept in nichts von der Uhrmacher-Analogie von Paley. |
Auch das ist richtig, aber wie gesagt, falsche Baustelle.
Lamarck hat folgendes geschrieben: |
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Optimistisch sind wir hauptsächlich deshalb, weil der allgemeine Rahmen (Evolutionstheorie, Deszendenztheorie) wohlbestätigt ist, aber nicht deshalb, weil wir die mechanismische Route von einem T3SS zu einer Flagelle genau kennen würden.
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Ist es nötig, zu zeigen, dass eine Gravitationstheorie nur dann gilt, wenn Gravitation in jedem Winkel des Universums auftritt? |
Nein, aber wenn begründete Zweifel bestehen würden, dass die Gravitation in allen Systemklassen gleichermaßen auftritt bzw. gleichermaßen wirkt, wäre der Physiker begründungspflichtig.
Lamarck hat folgendes geschrieben: |
IC stellt im Eigentlichen nur die grundlos geführte Behauptung dar, den genauen Ablauf zu kennen, weil der Ablauf nicht bekannt ist. Diese Verschleierung durch Widersinn ist typisch für das Ignoranzargument. |
Auch das ist nicht ganz richtig, weil ID-Vertreter üblicherweise auch "positive Evidenzen" für ID (beispielsweise Analogien mit der Technik) anführen. Die halten zwar das Wasser nicht, aber ein reines Ignoranz-Argument sieht anders aus.
Lamarck hat folgendes geschrieben: |
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Diese nette Grafik hier setzt das, was es zu zeigen gälte, eigentlich schon voraus, nämlich dass auch die komplexesten Systeme gradualistisch "aufgebaut" werden können, in diesem Fall noch dazu linear (wobei gradualistisch ungleich linear...)
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Was ist denn ein System, was ein gradualistischer Aufbau? Wenn Du genau hinschaust, handelt sich bei dem Aufbau von Systemen nur um ein statistisches Sortierproblem ... . |
Nenn es wie Du willst, aber die These "Makroevolution ist die graduelle Aufsummung vieler kleiner Mikroevolutionsschritte" sollte zumindest überprüfbar, oder eingeschränkter: falsifizierbar, sein.
Je nach Definition von "Mikroevolution" und "Makroevolution" kann die Behauptung sogar logisch falsifiziert werden. Wenn Mikroevolution z.B. als rein quantitative Veränderung (z.B. Allelverschiebung oder das Längerwerden eines Hornschnabels) definitiert wird, kannst Du unendlich viele solcher Schritte summieren, ohne dass daraus jemand eine qualitative Neuerung auftreten wird. Dies gilt in besonderem Maß für IC-Systeme.
Also: Wie rechtfertigst Du Deine These?
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
www.ag-evolutionsbiologie.de
www.facebook.com/AGEvolutionsbiologie
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#1812769) Verfasst am: 31.01.2013, 20:38 Titel: |
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@ Larmarck:
Übrigens, welche gradualistische Morphenreihe gemäß
fällt Dir eigentlich hierzu ein:
; ; ;
Wäre Dir dankbar, wenn Du zeigen könntest, wie das graduell vonstatten ging! Oder weshalb beißt man sich diesbezüglich so hartnäckig die Zähne aus? (In der Fachliteratur ist hierzu so gut wie nichts zu finden, wie das Löwenmäulchen sehr wohl weiß.)
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
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Chinasky dirty ol' man
Anmeldungsdatum: 27.03.2006 Beiträge: 1264
Wohnort: Hoher Norden
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(#1812813) Verfasst am: 31.01.2013, 22:08 Titel: |
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Wenn ich Euch hier jetzt richtig verstanden habe, dann ist das IC-Argument zwar kein Beleg für ID, aber sehr wohl ein Argument wider die These "Makroevolution ist Mikroevolution in vielen Schritten", und damit wider die ET, ja?
_________________ Still confused - but on a higher level.
Mein Zeugs auf deviantart
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#1812815) Verfasst am: 31.01.2013, 22:11 Titel: Re: Kritische Fragen zum evolutionstheoretischen Fundament |
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Hi Darwin Upheaval!
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Freilich glaubt Behe, wie alle übrigen IC-Vertreter, ans "herzallerliebste Jesulein", und es ist wissenschaftstheoretisch einfach zu zeigen, dass von der Empirie kein logisch kraftschlüssiger Weg von der Empirie zu einem übernatürlichen Agens hinführt. Formal ist aber zwischen der IC-Definition ("Systeme sind irreduzibel komplex, wenn..."), dem IC-Argument hinsichtlich der Unmöglichkeit einer schrittweisen (kumulativen) Evolution und dem Schluss auf Design zu unterscheiden. Soll heißen: Auch wenn Du dem Schluss auf ID wissenschaftstheoretisch das Wasser abgräbst, tangiert dies das IC-Argument zunächst einmal gar nicht.
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Vermutlich ist dies eine Form von 'Vendor-Lock-In': Du möchtest die ganze Zeit über den Zaun klettern und hast Deine Probleme damit. Ich weise darauf hin, dass doch die Tür offensteht und Du reagierst darauf mit einem "Schön und gut, aber wie komme ich jetzt an dem Stacheldraht vorbei!" ... .
Das IC-'Argument' scheitert grandios an der Logik - was kannst Du mehr wollen? Dabei benötigst Du weder die Beschäftigung mit dem "herzallerliebsten Jesulein", Schluss auf ID, der Empirie oder sonstwas; das IC-'Argument' scheitert ganz klassisch an einem performativen Selbstwiderspruch.
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Dein Automobil-Beispiel ist deshalb nicht überzeugend, weil das "korrekte" IC-Argument anders lauten müsste: Behe behauptet zunächst nicht, das Auto sei "nirgendwo hergekommen" bzw. "samt Parkplatz vom Himmel erschienen". Vielmehr behauptet er, um im Bilde zu bleiben, dass das Auto nicht "von selbst" den Brennerpass hinauf gerollt sein und dort zum Stehen gekommen sein könne, vielmehr müsse das Auto gezielt dort hin gesteuert worden sein.
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Genauer: Behe behauptet ein IST und stellt an die Evoluzzer die Frage, wie es dazu gekommen ist. Selbstverständlich hat er damit die Ursprungsfrage berührt. Das IST ist nicht strittig, sondern das WIE. Dies versucht Behe für seinen Teil zu verbergen. Dabei muss er nicht betonen, dass das Teil vom Himmel erschienen ist. Er steht aber mit Dir vor dem auf den Parkplatz parkenden Auto und fragt Dich, wie Du Dir das erklärst. Du stotterst herum und sagst, im allgemeinen lässt sich empirisch belegen, das Fahrzeuge auf Parkplätzen abgestellt werden und Behe antwortet Dir - bitte genau und wortwörtlich verstehen: Es gibt keinen graduellen Übergang zwischen einem parkenden und einem fahrenden Fahrzeug, folglich muss das Auto hier schon immer geparkt haben. Wie es dazu gekommen sein mag, fragst Du? Keine Ahnung, antwortet Behe, er möchte sich nur mit naturwissenschaftlich faßbaren Dingen beschäftigen. Aber wenn Du meinst, sagt dann Behe zu Dir, dann steht es Dir frei, einen graduellen Übergang zwischen einem parkenden und einem fahrenden Fahrzeug herzustellen. Was also ist ein stufenloser Übergang zwischen 'Halt' und 'Fahrt'? - Ein doppelter 'Halt' ergibt doch systemisch-funktional doch keine halbe 'Fahrt'?!
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Die Problemstellung ist also eine andere: Es geht nicht darum, aus ID die Luft heraus zu lassen (das ist einfach), sondern aus dem IC-Argument.
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Noch einmal: Ich habe mich hier nur mit dem IC-'Argument' beschäftigt; es ist ein echtes Pseudo-Argument. Mehr als diese Erkenntnis braucht's dann nicht.
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Das ist natürlich ohne weiteres möglich - etwa, indem man darauf abhebt, dass die Kritik am "direkten Darwinschen Weg" eher ein Strohmann-Argument ist, da sich (unter Berücksichtigung von Funktionswechsel u.dgl.) das IC-Argument von selbst wieder aus der Beheschen Argumentation heraus kürzt - übrig bleibt, wie Du selbst festgestellt hat, das argumentum ad ignorantiam.
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Da hast Du es doch! Du siehst also, dass sich IC auf das Ignoranzargument zurückführen lässt. Ab diesem Punkt ist es nicht mehr erforderlich, sich mit IC zu beschäftigen! Und auch hier wieder: Das Eingehen auf den "direkten Darwinschen Weg", Funktionswechsel etc. ist nicht nötig - es genügt, dass IC hinter Unwissen Deckung sucht.
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Aber, und darauf kam es mir an, es gibt keinen Weg zu belegen, dass alle irreduzibel komplexen Biosysteme (vermutlich nicht mal die meisten) durch die bekannten Mechanismen der Evolution zustande kommen können.
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Wenn Du das Obige vergegenwärtigt hast, ist es nicht mehr sinnvoll, von IC zu reden. Es gibt einfach nichts, was IC ist. Es gibt allein eine unbekannte Historie (Und wohlgemerkt: Es ist ohne Belang, dass die unbekannte Historie einem Wunder zugrunde liegt. Du darfst sogar sagen: Vielleicht gibt es Wunder, aber es gibt trotzdem nichts, was IC ist ...).
BTW: Ich meine, alle Mechanismen der Evolution zu kennen. Ich kenne allerdings nicht die einzelnen historischen Ereignisse. Also analog wie den Mechanismen, die zum Wetter führen vs. Wettervorhersage.
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Auch wenn es Modelle gibt - gewisse Zweifel bleiben. Ich vermute, wenn Dir Pegasus erscheinen würde oder beispielsweise eines der folgenden Wesen, würden sich auch bei Dir Zweifel an der Evoluierbarkeit einstellen, oder nicht?
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Nun, das will ich aus wissenschaftstheoretischer Redlichkeit natürlich nicht ausschließen. Und auch wenn ich nicht ausschließe, dass der Wal Jonas verschluckt hat, so wird mich dies nicht davon abhalten, auszuschließen, dass Jonas den Wal verschluckt haben kann. Letzteres ist allerdings analog mit der Rede von IC.
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Lamarck hat folgendes geschrieben: |
Wohlgemerkt: Das geschilderte Szenario schließt nicht aus, dass das Fahrzeug mit seinem Parkplatz tatsächlich durch Wunder bedingt wurde. Aber Behe kann mit seinem IC-Konzept nichts anfangen, weil dieses aus nichts weiter besteht, als aus Nichtwissen. Meine ständige Rede: Aus Nichtwissen folgt kein Wissen, sondern vielmehr nichts weiter.
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Selbstverständlich, aber es ging ja um etwas ganz anderes: um die Frage, ob sich "Makroevolution" (was immer das auch bedeuten mag), am konkreten Beispiel eines IC-Systems erörtert, kumulativ und graduell, über viele einzelne kleine Schritte verlaufen kann. Das gälte es zu zeigen.
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Wenn klar ist, dass die Erde keine Scheibe darstellt, ist es nicht mehr vonnöten, nach der Methode zu fragen, wie sich wohl ein Erdscheiben-Durchmesser am besten messen ließe. Gehe doch einfach durch die Tür!
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Lamarck hat folgendes geschrieben: |
Näher besehen unterscheidet sich das IC-Konzept in nichts von der Uhrmacher-Analogie von Paley. |
Auch das ist richtig, aber wie gesagt, falsche Baustelle.
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Nein, es handelt sich um absolut die gleiche Baustelle. Allerdings: Paley versteckt sich weniger ... .
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Lamarck hat folgendes geschrieben: |
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Optimistisch sind wir hauptsächlich deshalb, weil der allgemeine Rahmen (Evolutionstheorie, Deszendenztheorie) wohlbestätigt ist, aber nicht deshalb, weil wir die mechanismische Route von einem T3SS zu einer Flagelle genau kennen würden.
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Ist es nötig, zu zeigen, dass eine Gravitationstheorie nur dann gilt, wenn Gravitation in jedem Winkel des Universums auftritt?
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Nein, aber wenn begründete Zweifel bestehen würden, dass die Gravitation in allen Systemklassen gleichermaßen auftritt bzw. gleichermaßen wirkt, wäre der Physiker begründungspflichtig.
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Und da nichts dergleichen vorliegt: Gehe einfach durch die Tür ... .
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Lamarck hat folgendes geschrieben: |
IC stellt im Eigentlichen nur die grundlos geführte Behauptung dar, den genauen Ablauf zu kennen, weil der Ablauf nicht bekannt ist. Diese Verschleierung durch Widersinn ist typisch für das Ignoranzargument.
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Auch das ist nicht ganz richtig, weil ID-Vertreter üblicherweise auch "positive Evidenzen" für ID (beispielsweise Analogien mit der Technik) anführen. Die halten zwar das Wasser nicht, aber ein reines Ignoranz-Argument sieht anders aus.
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Nenne mir nur ein Beispiel und ich zeige Dir dann, dass diese "positive Evidenzen" genau das Ignoranzargument abbilden ... .
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Lamarck hat folgendes geschrieben: |
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Diese nette Grafik hier setzt das, was es zu zeigen gälte, eigentlich schon voraus, nämlich dass auch die komplexesten Systeme gradualistisch "aufgebaut" werden können, in diesem Fall noch dazu linear (wobei gradualistisch ungleich linear...)
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Was ist denn ein System, was ein gradualistischer Aufbau? Wenn Du genau hinschaust, handelt sich bei dem Aufbau von Systemen nur um ein statistisches Sortierproblem ... .
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Nenn es wie Du willst, aber die These "Makroevolution ist die graduelle Aufsummung vieler kleiner Mikroevolutionsschritte" sollte zumindest überprüfbar, oder eingeschränkter: falsifizierbar, sein.
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Nicht, das hier eine Ignoranzargumentation vorliegt: Kennst Du denn ein Sortierproblem, dass nicht prinzipiell falsifizierbar ist?
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Je nach Definition von "Mikroevolution" und "Makroevolution" kann die Behauptung sogar logisch falsifiziert werden. Wenn Mikroevolution z.B. als rein quantitative Veränderung (z.B. Allelverschiebung oder das Längerwerden eines Hornschnabels) definitiert wird, kannst Du unendlich viele solcher Schritte summieren, ohne dass daraus jemand eine qualitative Neuerung auftreten wird. Dies gilt in besonderem Maß für IC-Systeme.
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Kannst Du Deine Behauptung - "unendlich viele solcher Schritte" sind nur unendlich viele solcher Schritte, aber niemals eine Reise - belegen? Wie lang muss ein Hornschnabel werden, dass er kein Hornschnabel mehr ist? Wieviele Allelverschiebung braucht's, um als Makroevolution durchzugehen?
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Also: Wie rechtfertigst Du Deine These?
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Ich zeige Dir den untrennbaren Zusammenhang von Qualität & Quantität auf - Dies wird ein wahrer Quantensprung sein ... . Gehe also endlich durch die Tür ... .
Cheers,
Lamarck
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smallie resistent!?
Anmeldungsdatum: 02.04.2010 Beiträge: 3726
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(#1812835) Verfasst am: 31.01.2013, 22:45 Titel: Re: Kritische Fragen zum evolutionstheoretischen Fundament |
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Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | smallie hat folgendes geschrieben: | Jetzt fängst du auch noch an mit dem Zeug. |
Mit welchem Zeug? Dass es irreduzibel komplexe Systeme gibt, ist selbst unter vielen Evolutionsbiologen unstrittig. Behe hatte diese Systeme ja klar definiert. |
Viele Evolutionsbiologen? El Schwalmo postet seit Jahren den selben Link zu Thornhill und Ussery, wenn das Thema angesprochen. Welch erdrückende Evidenz für die Sinnhaftigkeit des Begriffs!
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | smallie hat folgendes geschrieben: | Und versteckst dein Argument in Pünktchen ... |
Weil das Argument eben nicht ganz einfach zu entfalten ist. Man müsste mit "Doppelfunktionen", Funktionswechsel, Wegfall von redundanten Teilen, "side-effect hypothesis" etc. argumentieren. Das ist aber etwas anderes als jene "lineare Optimierung", welche die Pfeile in der netten Grafik andeuten. |
Nicht ganz einfach zu entfalten? Das hat doch bereits Darwin treffend dargelegt.
Zitat: | Darwin - Entstehung der Arten
Wir sollten äußerst vorsichtig sein mit der Behauptung, ein Organ habe nicht durch stufenweise Veränderungen irgend einer Art gebildet werden können. Man könnte zahlreiche Fälle anführen, wie bei den niederen Tieren ein und dasselbe Organ zu derselben Zeit ganz verschiedene Verrichtungen besorgt; athmet doch und verdaut und excerniert der Nahrungskanal in der Larve der Libellen wie in dem Fische Cobitis. Wendet man die Hydra wie einen Handschuh um, das Innere nach außen, so verdaut die äußere Oberfläche und die innere atmet. In solchen Fällen könnte die natürliche Zuchtwahl das ganze Organ oder einen Teil desselben, welches bisher zweierlei Verrichtungen gehabt hat, ausschließlich nur für einen der beiden Zwecke spezialisieren und so in unmerklichen Schritten die ganze Natur des Organes allmählich umändern, wenn damit irgend ein Vorteil erreicht würde.
[...]
Zweitens dürften wir mitunter darin irren, dass wir Charakteren eine große Wichtigkeit beilegen und glauben, dass sie durch natürliche Zuchtwahl entwickelt worden seien. [...] Überdies kann eine auf einem solchen Wege indirekt erlangte Abänderung der Struktur anfangs oft ohne Vorteil für die Art gewesen sein, kann aber späterhin bei deren unter neue Lebensbedingungen versetzten und neue Lebensweisen erlangenden modifizierten Nachkommen mit Vorteil benutzt worden sein.
http://www.textlog.de/23730.html |
In moderne Terminologie übersetzt spricht Darwin von Exaptations und vom nicht immer zutreffenden adaptationist program.
Kritik an der Evolutionsbiologie läuft ins Leere, wenn's schon bei Darwin steht.
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | smallie hat folgendes geschrieben: |
Dann versteck' ich mich mal hinter einem Authoritätsargument. (Ja, sehr schäbig, ich weiß. ) Ein zentrales Thema in Stephen Goulds 1300-seitigem Spätwerk The Structure Of Evolutionary Theory ist Makroevolution. Der Begriff fällt, geschätzt, in dreistelliger Zahl. Vorkommen von "irreduzibel komplexe Systeme": null. zero. zip. nada.
Hat Gould etwas Wesentliches übersehen? |
Hilf mir mal über die Straße, was ist ein argumentum ex silentio? |
Wenn etwas nicht erwähnt wird, heißt das noch lange nicht, das Unwerwähnte sei wahr. Es könnte auch nur unerwähnenswert sein.
Hmm. Eins verstehe ich nicht. Wie kommst du von Makroevolution eigentlich auf irreduzibel komplexe Systeme? Bei Makroevolution geht's um die Entstehung von Arten. IC hat damit überhaupt nichts zu tun. Oder übersehe ich was?
PS: in einem später Post schreibst du noch was dazu. Mal sehen.
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#1812848) Verfasst am: 31.01.2013, 23:25 Titel: |
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Chinasky hat folgendes geschrieben: | Wenn ich Euch hier jetzt richtig verstanden habe, dann ist das IC-Argument zwar kein Beleg für ID, aber sehr wohl ein Argument wider die These "Makroevolution ist Mikroevolution in vielen Schritten", und damit wider die ET, ja? |
Jein. Dazu müsste man erst einmal definieren, was Mikro- und Makroevolution überhaupt ist. (El Schwalmo kennt vermutlich mehrere Dutzend unterschiedliche Definitionen.) IC ist vielmehr ein Argument gegen die These, dass sich die Entstehung komplexer Systeme (streng genommen ist jedes System "irreduzibel komplex") notwendigerweise in viele graduelle Einzelschritte auflösen lässt.
Dawkins "mount improbable" verdeutlicht das Problem: Es ist nicht ohne Weiteres möglich, eine schroffe Steilwand hinauf zu wandern. Nur wenn hinter dem Berg ein "sanfter Weg" hinauf führt, gelingt es, den Gipfel des Berges zu Fuß zu erklimmen. Wenn nun aber ein solcher Weg fehlt, gibt es keine Möglichkeit, den Berg Schritt für Schritt zu besteigen, allenfalls durch eine (mehr oder weniger unwahrscheinliche) "Saltation".
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
www.ag-evolutionsbiologie.de
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smallie resistent!?
Anmeldungsdatum: 02.04.2010 Beiträge: 3726
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(#1812855) Verfasst am: 31.01.2013, 23:40 Titel: Re: Kritische Fragen zum evolutionstheoretischen Fundament |
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Mit welchem Zeug? Dass es irreduzibel komplexe Systeme gibt, ist selbst unter vielen Evolutionsbiologen unstrittig. Behe hatte diese Systeme ja klar definiert. |
das Problem besteht IMAO darin, dass 'irreduzibel komplex' in (mindestens) zwei Bedeutungen verwendet wird, und zwar von beiden Seiten:
1. System, dessen Funktion vollkommen verschwindet, wenn man ein beliebiges Teil entfernt
2. System, das ohne Design nicht entstehen kann.
Dass es Systeme im ersten Sinn gibt, scheint mir sicher zu sein, obwohl selbst Junker einräumt, dass bisher noch von keinem System experimentell gezeigt werden konnte, dass es in diesem Sinn irreduzibel komplex ist. |
Herzinfarkt, Hirnschlag, Nierenversagen, etc. - das kann alles zum Tode führen. Da hat Junker seinen experimentellen Nachweis.
Sind wir durch diese Definition jetzt klüger? Nein, wir haben nur eine Trivialität in den Rang einer Definition erhoben.
El Schwalmo hat folgendes geschrieben: |
folgt, können derartige Systeme tatsächlich nicht so entstehen, wie Dawkins sich das vorstellt. |
Ich lese den Artikel als Widerlegung des IC-Gedankens. Durchaus kompatibel zu Dawkins. (Link ist übrigens tot. Als du ihn letztens gebracht hast, ging er noch.)
Apropos Dawkins: wie kommst du jetzt auf Dawkins? Evolutionsbiologie ist nicht seine Privatveranstaltung. Es gibt auch andere Autoren mit anderen Meinungen. Die Meinungsverschiedenheiten zwischen Gould und Dawkins wurden in mindestens einem Buch ausgewalzt.
El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Frag doch El Schwalmo, ob sich Gould über Behe äußerte und wenn nicht, warum nicht. |
Gute Frage. Ich habe natürlich nicht alles gelesen, was Gould geschrieben hat, aber ich kann mich nicht erinnern, von ihm etwas zu Irreduzibler Komplexität gelesen zu haben. Vermutlich auf der einen Seite, weil er sich hinsichtlich Intelligent Design vor allem mit Johnson und meist über Fossilbefund gekabbelt hat, vermutlich hat er sich auch weniger mit Biochemie befasst.
Selbst Dawkins lehnte ja eine Diskussion im Fernsehen mit Behe ab, weil er davon ausging, dass seine Kenntnisse in Biochemie nicht für eine derartige Diskussion reichten. Aber Dawkins hat schon Jahre bevor Behe den Begriff Irreduzible Komplexität prägte, exakt dasselbe Phänomen mit den Begriff 'brittle' bezeichnet. Behe hat auch eingeräumt, dass Dawkins das Konzept der Irreduziblen Komplexität verstanden hat. Leider haben viele Kritiker das Konzept nicht verstanden und daher oft an Behe vorbei argumentiert. |
Du weißt es also auch nicht, warum Gould in einem 1300-seitigen Buch über Makroevolution nichts über IC schreibt. So ein Werk ist gerade keine Fernseh-Diskussion, in der man schlagfertig die passenden Argumente parat haben muß. Für ein Buch kann man Argumente recherchieren.
Es bleiben zwei Möglichkeiten: Gould hat IC verschämt verschwiegen, weil er kein Gegenargument hatte. Oder er hat IC verschwiegen, weil ihm die Idee zu albern erschien, um sie auch nur mit einer Zeile zu würdigen.
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Tso Wang Vergiß es
Anmeldungsdatum: 21.09.2003 Beiträge: 1433
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(#1812873) Verfasst am: 01.02.2013, 00:12 Titel: |
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Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | @ Larmarck:
..
Wäre Dir dankbar, wenn Du zeigen könntest, wie das graduell vonstatten ging! Oder weshalb beißt man sich diesbezüglich so hartnäckig die Zähne aus?.. |
.
Mit carnivoren Pflanzen habe ich mich noch nicht beschäftigt. Geht es Dir um einen prinzipiellen Mechanismus, wie es dazu gekommen sein könnte ?
()
_________________ Geh' weiter
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#1812879) Verfasst am: 01.02.2013, 00:27 Titel: |
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Lamarck hat folgendes geschrieben: |
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Je nach Definition von "Mikroevolution" und "Makroevolution" kann die Behauptung sogar logisch falsifiziert werden. Wenn Mikroevolution z.B. als rein quantitative Veränderung (z.B. Allelverschiebung oder das Längerwerden eines Hornschnabels) definitiert wird, kannst Du unendlich viele solcher Schritte summieren, ohne dass daraus jemand eine qualitative Neuerung auftreten wird. Dies gilt in besonderem Maß für IC-Systeme.
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Kannst Du Deine Behauptung - "unendlich viele solcher Schritte" sind nur unendlich viele solcher Schritte, aber niemals eine Reise - belegen? Wie lang muss ein Hornschnabel werden, dass er kein Hornschnabel mehr ist? Wieviele Allelverschiebung braucht's, um als Makroevolution durchzugehen? |
Ein Hornschnabel bleibt nach rein quantitativer Modifikation ein Hornschnabel, egal wie lang/kurz/dick oder dünn er ist. Das ist das, was viele als "Mikroevolution" definieren – die quantitative Änderung einer bestehenden Eigenschaft (Länge, Dicke, Größe, Gewicht etc.). Die Transformation eines bezahnten Kiefers in einen Hornschnabel ist dagegen von einer anderen Qualität, weil sich dadurch nicht nur der numerische Wert einer bestehenden Eigenschaft verändert, sondern Eigenschaften emergieren, die es vorher noch nicht gab.
Mit anderen Worten: Du kannst additiv beliebig viele Verlängerungsschritte aufsummieren, eine qualitative, evolutive Neuerung (vulgo: Makroevolution) wird dabei nicht herum kommen.
Lamarck hat folgendes geschrieben: |
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Also: Wie rechtfertigst Du Deine These?
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Ich zeige Dir den untrennbaren Zusammenhang von Qualität & Quantität auf - Dies wird ein wahrer Quantensprung sein ... . |
Auf diese Erläuterung bin ich wirklich gespannt!
Denk‘ Dir die Rhizophylle von Genlisea beliebig verlängert oder verdickt. Wie lang/dick müssen die Rhizophylle werden, damit aus dem Rhizophyll etwas qualitativ anderes entsteht als ein Rhizophyll? Oder stell Dir eine beliebige Allelverschiebung vor. Welchen Wert muss die Allelfrequenz eines Allels A überschreiten, damit aus Allel A das Allel B wird?
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
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Zuletzt bearbeitet von Darwin Upheaval am 01.02.2013, 00:32, insgesamt einmal bearbeitet |
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